BVwG
30.09.2015
W162 1434157-2
W162 1434154-2/22E
W162 1434155-2/21E
W162 1434156-2/16E
W162 1434157-2/12E
W162 1434158-2/12E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Ulrike LECHNER, LL.M. als Einzelrichterin über die Beschwerde (1.) des XXXX
(2.) römisch 40 (3.) des römisch 40 (4.) des römisch 40 und (5.) der römisch 40 , alle Staatsangehörige der Russischen Föderation, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 29.04.2014, (1.) Zl. 821472305/1466088, (2.) Zl. 821472403/1566070, (3.) Zl. 821472501/1566061, (4.) Zl. 821472610/1566053, und (5.) Zl. 821472708/1566037, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 07.08.2015 zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerden werden hinsichtlich der Spruchpunkte römisch eins. bis römisch III. gemäß den Paragraphen 3, Absatz eins,, 8 Absatz eins, in Verbindung mit 10 Absatz eins, Ziffer 3, AsylG 2005 idgF, Paragraph 9, BFA-VG idgF, und Paragraphen 46, in Verbindung mit 52 FPG idgF als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
römisch eins. Verfahrensgang
1. Der Erstbeschwerdeführer reiste am 11.10.2012 kurz vor Mitternacht schlepperunterstützt mit einem russischen Auslandsreisepass und einem gefälschten Visum von der Ukraine nach einer Grenzkontrolle über die Slowakei nach Wien ein.
Die Zweitbeschwerdeführerin und Ehefrau des Erstbeschwerdeführers reiste gemeinsam mit den drei minderjährigen Kindern (die minderjährigen Dritt-, Viert- und Fünftbeschwerdeführer) am 13.10.2012 schlepperunterstützt mit russischen Auslandsreisepässen und gefälschten deutschen Visa von der Ukraine her nach einer Grenzkontrolle über die Slowakei nach Wien ein, wo sie am 13.10.2012 in den Abendstunden ankam.
In der Folge brachten die fünf Beschwerdeführer am 14.10.2012 beim Bundesasylamt, Erstaufnahmestelle Ost, gegenständliche Anträge auf internationalen Schutz gemäß Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 13, Asylgesetz 2005 ein. Sie führten an, russische Staatsangehörige und Angehörige der Volksgruppe der Awaren mit moslemischem Glaubensbekenntnis aus Dagestan zu sein.
2. Im Zuge der Erstbefragung vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 14.10.2012 gab der Erstbeschwerdeführer im Wesentlichen an:
"Sie hätten keine Beschwerden oder Krankheiten, die Sie an dieser Einvernahme hindern oder das Verfahren in der Folge beeinträchtigen würden, würden keine Medikamente benötigen, könnten dieser Einvernahme ohne Probleme folgen und hätten keine Einwände gegen die anwesenden Personen. Ihre Muttersprache sei Awarisch, weiter würden Sie gut Russisch können und schlecht Englisch sprechen. An Schulbildung hätten Sie 9 Jahre Grundschule und 3 Jahre College in römisch 40 absolviert. Ihr letzter ausgeübter Beruf sei römisch 40 gewesen. Im Herkunftsland hätten Sie noch drei Brüder, geboren 1963, 1967 und 1975 sowie zwei Schwestern, geboren 1957 und 1961. In Österreich oder einem anderen Staat der EU hätten Sie keine Angehörigen. Sie hätten einen russischen Inlandsreisepass und einen russischen Reisepass, ausgestellt von römisch 40 , gehabt. Diese würden sich bei den Schleppern befinden. Sie hätten den Entschluss zur Ausreise im September 2012 gefasst. Ihre Reise hätten Sie von römisch 40 aus begonnen. Den Kontakt zum Schlepper habe Ihr Bruder hergestellt. Es sei dies nicht Ihr leiblicher Bruder, sondern ein Bekannter aus der Moschee in Dagestan.
Sie hätten Ihren Herkunftsstaat gemeinsam mit Ihrer Familie mittels Taxi und Zug Richtung Ukraine verlassen. Am 29.09. am Abend seien Sie in Kiev angekommen. Ein Mann habe auf dem Bahnhof auf Sie gewartet und Ihnen die Zugkarten übergeben und den Zug, in den Sie einsteigen sollten, gezeigt. Am 30.09. seien Sie mit dem Zug an einem Ihnen unbekannten Ort in der Ukraine angekommen. Sodann seien Sie zu einem unbekannten Ort gebracht worden, wo Sie sich bis 13.10. aufgehalten hätten.
In der Nacht gegen 23.00 bis 24.00 Uhr habe Sie ein anderer Mann abgeholt und Sie mit seinem Lkw bis nach Österreich gefahren. Am 14.10.gegen 14.00 Uhr seien Sie zu einem unbekannten Ort gekommen und aufgefordert worden auszusteigen. Auf der Straße hätten Sie einen russischsprachigen Mann angesprochen, der sich bereit erklärt habe, Sie mit einem Pkw bis nach Traiskirchen zu bringen. Nach dem Aussteigen seien Sie zirka 20 Minuten bis zum Lager gegangen.
Der Grund für das Verlassen des Herkunftsstaates sei, dass Sie im März 2012 von uniformierten Polizisten auf der Straße angesprochen und befragt worden seien, ob Sie ein Widerstandskämpfer oder ein Radikaler seien. Grund dafür sei Ihr ziemlich langer Bart gewesen.
Am römisch 40 .2012 seien Sie von maskierten Männern in Ihrer Arbeitsstätte abgeholt und in der Folge drei Tage lang festgehalten, geschlagen und gefoltert worden, bis Sie bewusstlos geworden seien. Es sei versucht worden, Ihnen einen Mord anzuhängen. Sie hätten um Ihr Leben gefürchtet und seien deshalb mit Ihrer Familie geflohen. Bei einer Rückkehr würden Sie um Ihr Leben fürchten.
Konkrete Hinweise, dass Ihnen bei Rückkehr unmenschliche Behandlung, unmenschliche Strafe oder die Todesstrafe drohen würden oder Sie mit irgendwelchen Sanktionen zu rechnen hätten, gebe es keine.
3. Die Zweitbeschwerdeführerin gab im Zuge ihrer Erstbefragung vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 14.10.2012 im Wesentlichen zusammengefasst an:
"Sie habe keine Beschwerden oder Krankheiten, die sie an dieser Einvernahme hindern oder das Verfahren in der Folge beeinträchtigen würden, würde keine Medikamente benötigen, könne dieser Einvernahme ohne Probleme folgen und habe keine Einwände gegen die anwesenden Personen.
Ihre Muttersprache sei Awarisch, weiter würde sie gut Russisch können.
An Schulbildung habe sie 11 Jahre Grundschule und 3 Jahre römisch 40 besucht.
Im Herkunftsland habe sie noch Ihren Vater, ihre Mutter, einen Bruder im Alter von 29 Jahren und zwei Schwestern, geboren 1979 und 1991.
Ihre 28-jährige Schwester römisch 40 sei seit zirka 6 Monaten in Österreich.
Nach dem Verlassen von Dagestan hätten Sie sich bis 13.10.2012 in der Ukraine aufgehalten. In der Folge habe Sie ein Mann in einem Lkw nach Österreich gebracht, wo Sie am 14.10.2013 gegen 14.00 Uhr den Lkw verlassen hätten können.
Der Grund für das Verlassen von Dagestan sei, dass Sie immer einen Bart getragen hätten, so wie es in der Religion bei Ihnen vorgeschrieben sei. Somit seien Sie den staatlichen Organen aufgefallen. Sie seien entführt, geschlagen und gefoltert worden. Die Behörden würden nach Gründen suchen, um Unruhen zwischen den verschiedenen Nationalitäten und Religionen zu stiften. Bei einer Rückkehr würde sie um ihr Leben und das Leben ihrer Familie fürchten.
Ihre Kinder römisch 40 würden sich seit der Geburt ständig bei ihr befinden, es würden daher die gleichen Fluchtgründe wie für sie gelten. Ihre Kinder hätten überdies keine eigenen Fluchtgründe.
Konkrete Hinweise, dass ihr bei Rückkehr unmenschliche Behandlung, unmenschliche Strafe oder die Todesstrafe drohen würden oder sie mit irgendwelchen Sanktionen zu rechnen habe, gebe es keine."
4. Der Drittbeschwerdeführer und Sohn des Erstbeschwerdeführers und der Zweitbeschwerdeführerin gab im Zuge seiner Erstbefragung am 14.10.2012 in Ihrem Beisein vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes im Wesentlichen an:
"Er habe keine Beschwerden oder Krankheiten, die ihn an dieser Einvernahme hindern oder das Verfahren in der Folge beeinträchtigen würden, würde keine Medikamente benötigen, könne dieser Einvernahme ohne Probleme folgen und habe keine Einwände gegen die anwesenden Personen.
Seine Muttersprache sei Awarisch, weiter würde er gut Russisch können.
An Schulbildung habe er 7 Jahre Grundschule in römisch 40 absolviert.
Er habe den Entschluss zur Ausreise im September 2012 gefasst. Am 28.09.2012 seien Sie in die Ukraine gereist und dort am 29.09.2014 angekommen. Am 13.10.2014 seien Sie von einem Mann mit dessen Lkw abgeholt und nach Österreich gebracht worden, wo Sie am 14.10.2012 gegen 14.00 Uhr aussteigen hätten können.
Warum Sie Ihr Land verlassen hätten, würde er nicht wissen. Das hätten Sie, seine Eltern, so entschieden.
Er würde nicht wissen, was er bei einer Rückkehr in die Heimat befürchten würde.
Konkrete Hinweise, dass ihm bei Rückkehr unmenschliche Behandlung, unmenschliche Strafe oder die Todesstrafe drohen würden oder er mit irgendwelchen Sanktionen zu rechnen habe, gebe es keine."
5. Am 22.10.2012 wurden die Anträge der Beschwerdeführer gemäß Paragraph 19, Absatz 2, AsylG 2005 zugelassen.
Am 18.01.2013 wurde der Erstbeschwerdeführer im Bundesasylamt, Außenstelle Innsbruck niederschriftlich einvernommen. Er gab dabei im Beisein einer beeideten Dolmetscherin der Sprache Russisch im Wesentlichen an:
"F: Wie ist die Verständigung mit der hier anwesenden Dolmetscherin und gibt es für Sie gegen die hier anwesende Dolmetscherin irgendwelche Einwände?
A: Mit der Dolmetscherin kann ich mich einwandfrei verständigen. Sprachliche Probleme oder Verständigungsschwierigkeiten liegen keine vor und ich habe keine Einwände.
F: Wie geht es Ihnen. Sind Sie psychisch und physisch in der Lage, die Vernehmung in Ihrem Asylverfahren zur Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durchzuführen?
A: Ja, ich bin dazu in der Lage. Ich habe keine physischen oder psychischen Probleme.
F: Haben Sie irgendwelche Krankheiten und wenn ja, welche?
A: Nein.
Feststellung: Sie wurden bereits am 14.10.2012 in der Polizeiinspektion Traiskirchen einer Erstbefragung unterzogen und zu Ihrem Asylantrag einvernommen. Können Sie sich an Ihre damaligen Angaben erinnern und entsprechen diese der Wahrheit?
A: Ich kann mich erinnern und ich habe damals die Wahrheit gesagt.
Angaben zur Person und Lebensumstände:
Ich bin in römisch 40 geboren, aufgewachsen und lebte dort bis zu meiner Ausreise. Ich lebte dort zusammen mit meiner Familie in unserem eigenen Haus. Von 1979 bis 1988 besuchte ich die Schule. 1997 habe ich geheiratet. Mein Vater verstarb 2010.
Meine Mutter, meine beiden Schwestern und meine drei Brüder leben immer noch dort. Ich habe keinen Kontakt mit ihnen, da ich befürchte, dass sie Probleme dadurch bekommen könnten.
Ich bin gelernter römisch 40 , arbeitete allerdings nur 2 Jahre in diesem Beruf. Anschließend war ich römisch 40 . Finanziell ging es mir gut.
F: Was war der konkrete Grund, warum Sie die Heimat verlassen haben? Erzählen Sie bitte möglichst chronologisch über alle Ereignisse, die Sie zum Verlassen der Heimat veranlasst haben (freie Erzählung!).
A: Am römisch 40 .2012 war ich in Machatschkala bei der Arbeit. Ich wollte kurz Lebensmittel einkaufen, als ich von 4 Polizisten im Fahrzeug angehalten und kontrolliert wurde. Ich wies mich aus und sie nahmen mich trotzdem auf die Dienststelle mit. Sie fragten warum ich einen Bart trage. Ich erklärte ihnen, dass dies in meiner Religion, Islam, so üblich ist. Sie wollten, dass ich sofort den Bart abrasiere. Als ich mich weigerte, begannen sie mich zu schlagen. Allerdings nicht sehr, sie wollten mich vermutlich nur einschüchtern. Nach ein paar Stunden ließen sie mich gehen.
Am römisch 40 .2012 wurde ich am Morgen in römisch 40 auf dem Weg zur Arbeit, als ein Fahrzeug mit 6 maskierten, uniformierten Mitgliedern des FSB, festgenommen.
Sie verbrachten mich in einen Keller, in dem noch 2 andere Festgenommene waren, welche verletzt waren.
Nach ca. 2 Stunden verbrachten mich 2 Beamte in einen anderen Raum. Ich hatte einen Sack über dem Kopf und ohne Worte begannen sie mich zu schlagen. Ich fragte, was ich getan hätte, aber bekam keine Antwort. Ich verlor das Bewusstsein und wachte in irgendeinem anderen Zimmer, in dem auch andere Leute waren, aufgewacht.
Am nächsten Tag verstarb ein Mithäftling.
Am römisch 40 .2012 mittags kamen wieder 2 Beamte, legten mir Handschellen an und stülpten mir einen Sack über dem Kopf und verbrachten mich in ein Zimmer.
Ein Mann in dem Raum stellte sich als Ermittler des FSB vor.
Sie legten mir Fotos vor und nannten mir verschiedene Namen und wollten wissen, ob ich diese Leute kenne.
Ich verneinte und sie legten mir Schriftstücke vor. Diese sollte ich unterschreiben, ansonsten würden sie mir den Mord an dem verstorbenen Mithäftling anlasten.
Daraufhin habe ich unterschrieben.
Am nächsten Tag verbrachten sie mich mit dem Auto an einen Ort und ließen mich frei.
Ich verständigte mich mit meinem Bruder und er erklärte, dass ich das Land verlassen muss, da ich das Schriftstück unterschrieben habe.
Er verbrachte mich und meine Familie zu seinem Freund in ein Dorf,
XXXX
Dort hielten wir uns bis zum 28.09.2012 auf und verließen dann die Heimat.
F: Haben Sie zum Fluchtgrund sonst noch etwas zu sagen?
A: Nein.
F: Was haben sie unterschrieben?
A: Ich weiß es nicht. Es ging sehr schnell und ich hatte Angst. Es waren nur einige Namen darauf.
F: Wie kam dann ihr Bruder zu der Erkenntnis, dass sie aufgrund dessen das Land verlassen müssen?
A: Weil auf den Papieren alles stehen hätte können.
F: Haben sie nach dem römisch 40 2012 jemals Kontakt mit ihren Familienangehörigen in der Heimat aufgenommen?
A: Nein.
Vorhalt: Offensichtlich hatte der FSB gegen sie nichts in der Hand. Aufgrund der Tatsache, dass sie wieder freigelassen wurden, steht auch fest, dass sie keiner Verfolgungsgefahr ausgesetzt waren und sind.
A: Ich weiß ja nicht was ich unterschrieben habe. Es könnte ja sein, dass ich einen Terroranschlag, oder einen Mord zugegeben habe.
Vorhalt: Wenn dies so gewesen wäre, dann wären sie mit Sicherheit nicht freigelassen worden.
A: Das weiß ich nicht.
F: Warum haben sie bei ihrer Ausreise keinerlei Dokumente mitgenommen?
A: Diese wurden mir in der Ukraine vom Schlepper abgenommen.
F: Sind Sie in Ihrer Heimat oder in einem anderen Land vorbestraft?
A: Nein.
F: Werden Sie in der Heimat von der Polizei, einer Staatsanwaltschaft, einem Gericht oder einer sonstigen Behörde gesucht?
A: Natürlich.
F: Waren Sie in Ihrer Heimat jemals Mitglied einer politischen Gruppierung oder Partei?
A: Nein.
F: Wurden Sie in Ihrer Heimat von staatlicher Seite jemals wegen Ihrer Rasse verfolgt?
A: Nein.
F: Wurden Sie in Ihrer Heimat von staatlicher Seite jemals wegen Ihrer Religion verfolgt?
A: Deshalb wurde ich ja festgenommen. Zumindest glaube ich das.
F: Wurden Sie in Ihrer Heimat von staatlicher Seite jemals wegen Ihrer Nationalität oder der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe verfolgt?
A: Nein.
F: Was hätten Sie im Falle einer eventuellen Rückkehr in Ihre Heimat konkret zu befürchten?
A: Ich habe Angst um mein Leben.
Belehrung: Ihnen werden die Feststellungen des Bundesasylamtes zur Lage in Ihrem Heimatland ausgefolgt und Sie haben die Möglichkeit innerhalb einer Frist von 2 Wochen eine schriftliche Stellungnahme abzugeben.
A: Ich verzichte.
F: Sind Sie mit eventuellen amtswegigen Erhebungen vor Ort unter Wahrung ihrer Anonymität, eventuell unter Beiziehung der Österreichischen Botschaft und eines Vertrauensanwaltes einverstanden?
A: Ja.
F: Von welchen finanziellen Mitteln leben Sie hier in Österreich und wie sieht Ihr Alltag in Österreich aus?
A: Von der GVS.
F: Haben Sie in Österreich einen Deutschkurs besucht oder sind Sie Mitglied in einem Verein oder in einer Organisation?
A: Ich besuche derzeit einen Deutschkurs.
F: Wo leben Ihre Verwandten?
A: In der Heimat.
F: Die Befragung wird hiermit beendet. Wollen Sie zu Ihrem Asylverfahren sonst noch etwas vorbringen, was Ihnen von Bedeutung erscheint?
A: Nein, ich habe alles gesagt.
F: Hatten Sie während dieser Befragung irgendwelche Probleme?
A: Nein, ich hatte keine Probleme.
F: Haben Sie alles verstanden bzw. konnten Sie der Vernehmung ohne Probleme folgen und haben Sie die Dolmetscherin während der gesamten Befragung einwandfrei verstehen können?
A: Ja, ich habe alles verstanden und konnte der Vernehmung ohne Probleme folgen und ich konnte die Dolmetscherin sehr gut verstehen und habe alles verstanden.
F: Haben Sie alles verstanden was Sie gefragt wurden, sowohl von der Sprache als auch vom Verständnis her?
A: Ja.
F: Wollen Sie abschließend noch etwas anführen?
A: Nein, ich habe nichts mehr zu sagen."
6. Die Zweitbeschwerdeführerin gab in der Einvernahme im Bundesasylamt, Außenstelle Innsbruck, am 18.01.2013 im Beisein einer beeideten Dolmetscherin der Sprache Russisch im Wesentlichen an:
"F: Wie ist die Verständigung mit der hier anwesenden Dolmetscherin und gibt es für Sie gegen die hier anwesende Dolmetscherin irgendwelche Einwände?
A: Mit der Dolmetscherin kann ich mich einwandfrei verständigen. Sprachliche Probleme oder Verständigungsschwierigkeiten liegen keine vor und ich habe keine Einwände.
Erklärung: Sie werden ausdrücklich darauf hingewiesen, dass Sie im Fall von Verständigungsschwierigkeiten jederzeit rückfragen können.
F: Wie geht es Ihnen. Sind Sie psychisch und physisch in der Lage, die Vernehmung in Ihrem Asylverfahren zur Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durchzuführen?
A: Ja, ich bin dazu in der Lage. Ich habe keine physischen oder psychischen Probleme.
F: Haben Sie irgendwelche Krankheiten und wenn ja, welche?
A: Nein.
Feststellung: Sie wurden bereits am 14.10.2012 in der Polizeiinspektion Traiskirchen einer Erstbefragung unterzogen und zu Ihrem Asylantrag einvernommen. Können Sie sich an Ihre damaligen Angaben erinnern und entsprechen diese der Wahrheit?
A: Ich kann mich erinnern und ich habe damals die Wahrheit gesagt.
Angaben zur Person und Lebensumstände:
Ich bin in römisch 40 geboren. Gelebt habe ich in römisch 40 , bis ich in der 8. Klasse war. Anschließend verzogen wir nach römisch 40 . Geheiratet habe ich 1997 in römisch 40 .
Meine Eltern, mein Bruder und meine beiden Schwestern leben noch dort. Ich habe aus Angst keinen Kontakt.
F: Ist es richtig, dass es keinerlei Übergriffe, Drohungen gegen ihre Person gab und sie die Heimat nur aufgrund der Probleme ihres Ehemannes verlassen haben?
A: Das ist richtig. Dies gilt auch für unsere Kinder.
F: Haben Sie zum Fluchtgrund sonst noch etwas zu sagen?
A: Nein.
F: Sind Sie in Ihrer Heimat oder in einem anderen Land vorbestraft?
A: Nein.
F: Werden Sie in der Heimat von der Polizei, einer Staatsanwaltschaft, einem Gericht oder einer sonstigen Behörde gesucht?
A: Nein.
F: Wurden Sie in Ihrer Heimat jemals von der Polizei angehalten, festgenommen oder verhaftet?
A: Nein.
F: Hatten Sie in Ihrer Heimat Probleme mit den Behörden?
A: Nein.
F: Waren Sie in Ihrer Heimat jemals Mitglied einer politischen Gruppierung oder Partei?
A: Nein.
F: Wurden Sie in Ihrer Heimat von staatlicher Seite jemals wegen Ihrer Rasse verfolgt?
A: Nein.
F: Wurden Sie in Ihrer Heimat von staatlicher Seite jemals wegen Ihrer Religion verfolgt?
A: Nein.
F: Wurden Sie in Ihrer Heimat von staatlicher Seite jemals wegen Ihrer Nationalität oder der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe verfolgt?
A: Nein.
F: Was hätten Sie im Falle einer eventuellen Rückkehr in Ihre Heimat konkret zu befürchten?
A: Ich habe Angst, dass wir alle getötet werden.
Belehrung: Ihnen werden die Feststellungen des Bundesasylamtes zur Lage in Ihrem Heimatland ausgefolgt und Sie haben die Möglichkeit innerhalb einer Frist von 2 Wochen eine schriftliche Stellungnahme abzugeben.
A: Ich verzichte.
F: Sind Sie mit eventuellen amtswegigen Erhebungen vor Ort unter Wahrung ihrer Anonymität, eventuell unter Beiziehung der Österreichischen Botschaft und eines Vertrauensanwaltes einverstanden?
A: Ja.
F: Von welchen finanziellen Mitteln leben Sie hier in Österreich und wie sieht Ihr Alltag in Österreich aus?
A: Von der GVS.
F: Haben Sie in Österreich einen Deutschkurs besucht oder sind Sie Mitglied in einem Verein oder in einer Organisation?
A: Ich besuche derzeit einen Deutschkurs.
F: Wo leben Ihre Verwandten?
A: In der Heimat.
F: Die Befragung wird hiermit beendet. Wollen Sie zu Ihrem Asylverfahren sonst noch etwas vorbringen, was Ihnen von Bedeutung erscheint?
A: Nein, ich habe alles gesagt.
Erklärung: Ihnen wird die mit Ihnen aufgenommene Niederschrift von der Dolmetscherin rückübersetzt. Sie können im Anschluss daran Korrekturen oder Ergänzungen machen oder Rückfragen stellen, wenn Ihnen etwas nicht klar und verständlich erscheint. Mit Ihrer Unterschrift bestätigten Sie, dass Ihre Angaben hier inhaltlich richtig und vollständig wiedergegeben wurden. Ist Ihnen das verständlich?
A: Ja, das verstehe ich.
F: Hatten Sie während dieser Befragung irgendwelche Probleme?
A: Nein, ich hatte keine Probleme.
F: Haben Sie alles verstanden bzw. konnten Sie der Vernehmung ohne Probleme folgen und haben Sie die Dolmetscherin während der gesamten Befragung einwandfrei verstehen können?
A: Ja, ich habe alles verstanden und konnte der Vernehmung ohne Probleme folgen und ich konnte die Dolmetscherin sehr gut verstehen und habe alles verstanden.
F: Haben Sie alles verstanden was Sie gefragt wurden, sowohl von der Sprache als auch vom Verständnis her?
A: Ja.
F: Wollen Sie abschließend noch etwas anführen?
A: Nein, ich habe nichts mehr zu sagen.
Vermerk: Ausdrücklich wird festgehalten, dass der Antragsteller während dieser Vernehmung zeitlich und örtlich orientiert war, der Antragsteller einen völlig normalen Eindruck machte, auf die Fragen klar und spontan antwortete. Es ergaben sich während dieser Vernehmung keinerlei Anzeichen, dass der Asylwerber psychisch beeinträchtigt wäre."
7. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 19.03.2013, Zahl 12 14.723-BAI wurde der Antrag des Erstbeschwerdeführers bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß Paragraph 3, Absatz 1 in Verbindung mit Paragraph 2, Absatz 1 Ziffer 13 AsylG 2005 abgewiesen. Gemäß Paragraph 8, Absatz 1 in Verbindung mit Paragraph 2, Absatz 1 Ziffer 13 AsylG wurde der Antrag bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Russische Föderation abgewiesen. Gemäß Paragraph 10, Absatz 1 Ziffer 2 AsylG wurde der Erstbeschwerdeführer aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Russische Föderation ausgewiesen.
Die Anträge der restlichen Beschwerdeführer wurden in gleicher Weise abgewiesen.
Dieser Entscheidung legte das Bundesasylamt eingangs zugrunde, dass aufgrund der gleichbleibenden und glaubhaften Angaben die Feststellungen zum Nichtvorliegen einer staatlichen Verfolgung aus Gründen der Rasse, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung erfolgt seien. In der Folge ging das Bundesasylamt von der Unglaubhaftigkeit des Vorbringens und dem Bestehen einer innerstaatliche Fluchtalternative sowie davon aus, dass der Erstbeschwerdeführer nicht einmal den Versuch unternommen hätte, sich bei einem Gericht bezüglich der geschilderten Gründe zu beschweren.
8. Gegen diese Entscheidungen brachte der Erstbeschwerdeführer am 03.04.2013 fristgerecht Beschwerde ein.
In einer Beschwerdeergänzung vom 26.04.2013 brachte der Erstbeschwerdeführer im Wesentlich zusammengefasst vor, er sei von einer staatlichen Behörde der Russischen Föderation verfolgt worden. Wenn er sich an ein Gericht, einen Ombudsmann oder eine andere Stelle gewandt hätte, hätte er nur noch mehr Probleme bekommen. Nach dem Vorfall am römisch 40 .2012 hätte er sich vielmehr dazu entschlossen, seinen Bart abzurasieren. Sein Heimatbezirk sei schon aus Pressebereichten bekannt. Dort würden Leute vom FSB abgepasst und ohne Angabe von Gründen mitgenommen werden. Dies sei auch den Kleinkindern der Stadt bekannt und sei auch der Grund, weshalb einer seiner Söhne schon einmal einen Anfall bekommen habe, als beim Erstbeschwerdeführer der Akku des Handys leer gewesen sei und der Erstbeschwerdeführer für seine Familie nicht erreichbar gewesen sei. Die Familie habe geglaubt, dass ihm etwas passiert sei. Der Erstbeschwerdeführer sei unter der Androhung, ihm einen Mord anzulasten, von dessen Verfolgern gezwungen worden, das erwähnte Papier zu unterschreiben, um etwas gegen den Erstbeschwerdeführer in der Hand zu haben und gegen ihn vorgehen zu können. Der Erstbeschwerdeführer sei erst nach drei Tagen Haft entlassen worden, wie es vom Gesetz geregelt werde. Die Polizei fange erst nach drei Tagen an, Personen zu suchen, welche als vermisst gelten würden. In der Russischen Föderation werde gegen Personen, die in Verdacht stehen, terroristisch aktiv zu sein, nicht die Untersuchungshaft verhängt, sondern es werde gegen derartige Personen rigoros in der soeben geschilderten Weise vorgegangen. Der Drittbeschwerdeführer und der Viertbeschwerdeführer würden an schwerwiegenden Angstzuständen leiden. Es sei bereits ein Termin bei einem Psychologen vereinbart worden. Diese Probleme seien in direktem Zusammenhang mit den Erlebnissen der Familie in der Russischen Föderation zu sehen, weshalb eine Rückkehr den Zustand weiter verschlechtern würde.
Der Beschwerde wurden zwei Deutschkursbestätigungen des Erstbeschwerdeführers und der Zweitbeschwerdeführerin sowie medizinische Unterlagen betreffend die Zweitbeschwerdeführerin beigelegt.
9. Mit Faxeingabe vom 18.07.2013 wurden Bestätigungen über den Besuch von Deutschkursen vorgelegt.
Weiters wurde ein Schreiben eines Facharztes für Kinder und Jugendpsychiatrie, OAK-Diplom für psychotherapeutische Medizin, systematische Familientherapie vom 27.06.2013 betreffend die beiden minderjährigen Söhne (Dritt- und Viertbeschwerdeführer) in Vorlage gebracht, in welchem sich auch rudimentäre Ausführungen betreffend der behaupteten Verfolgung fanden.
Mit weiterer Eingabe vom 14.08.2013 wurden weitere Deutschkursbesuchsbestätigungen vorgelegt. Darüber hinaus brachte der Erstbeschwerdeführer eine Bestätigung einer klinischen Psychologin, Gesundheitspsychologin, Praxis für Kinesiologie, vom römisch 40 2013 in Vorlage.
Mit E-Mail vom 23.09.2013 übermittelte der Erstbeschwerdeführer einen Zwischenbericht einer Psychologin vom 28.08.2013 sowie die bereits vorgelegte Bestätigung einer klinischen Gesundheitspsychologin vom 06.08.2013 betreffend die beiden minderjährigen Söhne (Dritt- und Viertbeschwerdeführer).
10. Mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 21.10.2013, Zl. D15 434154-1/2013/7Z wurde der bekämpfte Bescheid hinsichtlich des Erstbeschwerdeführers vom 19.03.2013 behoben und die Angelegenheit gemäß Paragraph 66, Absatz 2, AVG zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesasylamt zurückverwiesen.
Die abweisenden Bescheide der übrigen Beschwerdeführer wurden in gleicher Weise behoben wie der Bescheid hinsichtlich des Erstbeschwerdeführers.
Begründend führte der Asylgerichtshof zusammengefasst im Wesentlichen aus, dass der Erstbeschwerdeführer im Wesentlichen als Fluchtvorbringen geltend gemacht hat, er sei in das Blickfeld der staatlichen Behörden (FSB) geraten. Das erste Mal sei er im März 2012 aufgrund seines langen Bartes - ein religiöses Zeichen - für kurze Zeit festgenommen worden. In der Folge sei er im August 2012 vom FSB festgenommen und drei Tage lang angehalten worden. Dabei sei er geschlagen und gefoltert worden. Man habe ihm den Mord an einem Mithäftling anlasten wollen. Um dieser unzutreffenden Anschuldigung zu entgehen, hätte er irgendein Dokument unterschrieben. Das Bundesasylamt habe den Sachverhalt mangelhaft ermittelt und es unterlassen, die Zweitbeschwerdeführerin zum Fluchtvorbringen ihres Ehemannes konkret und detailliert zu befragen. Auch der Erstbeschwerdeführer selbst sei in keiner Weise abschließend zu dessen Fluchtvorbringen befragt worden. Das Bundesasylamt habe sich letztlich auch gar nicht mit dem konkreten Fluchtvorbringen des Erstbeschwerdeführers auseinandergesetzt.
Die Beweiswürdigung würde sich auf unbelegte Behauptungen des Bundesasylamtes beschränken, die im Übrigen nicht den Tatsachen entsprechen würden. Den Argumenten des Bundesasylamtes, dass die vom Erstbeschwerdeführer unterschriebenen Papiere dem Erstbeschwerdeführer nicht schaden könnten, würden bereits die Länderinformationen im angefochtenen Bescheid entgegenstehen.
Unter anderem erscheine es abgesehen von einer konkreten und detaillierten Befragung zu den beiden geschilderten Vorfällen zur Beurteilung des Vorbringens nicht unwesentlich, welcher besonderen Form des muslimischen Glaubens der Erstbeschwerdeführer und dessen Familie angehören würden.
Der Asylgerichtshof hielt fest, dass im Beschwerdeverfahren medizinische Unterlagen über die Traumatisierung der Kinder vorgelegt worden wären. So sei ausgeführt worden, dass der Sohn Angst gehabt habe, wenn er nicht per Handy erreichbar gewesen sei. Aus dem Schreiben des Facharztes vom 27.06.2013 gehe hervor, dass dessen ältester Sohn Ängste habe, die durch das Ansichtigwerden von Polizeibeamten, bedrohlichen Motorgeräuschen und der Sorge um den Erstbeschwerdeführer ausgelöst würden. Der älteste Sohn (der Drittbeschwerdeführer) habe von Flashbacks und Bildern berichtet, als er bei der Ermordung eines Bürgers in Dagestan dabei gewesen sei. Auch habe der Sohn des Beschwerdeführers berichtet, er habe Misshandlung des Erstbeschwerdeführers durch die Russen ansehen müssen. Das Fluchtvorbringen des Erstbeschwerdeführers gelte es demnach im fortgesetzten Verfahren näher zu beleuchten. Auch eine Befragung des mittlerweile 15jährigen Sohnes (des Drittbeschwerdeführers) erscheine angebracht, zumal dieser - zumindest nach seinen Ausführungen vor einem Facharzt - über entsprechende Wahrnehmungen zu dessen Verfolgung verfüge. Es sei bisher auch verabsäumt worden, den Erstbeschwerdeführer überhaupt zu fragen, ob ihm eine innerstaatliche Fluchtalternative in der Russischen Föderation offenstehe.
Das Bundesasylamt werde daher - unter Einbeziehung aktueller Länderberichte zur Russischen Föderation bzw. zu Dagestan - der Einvernahme des Erstbeschwerdeführers, der Zweitbeschwerdeführerin sowie allenfalls der Einvernahme des ältesten Sohnes (des Drittbeschwerdeführers) zu ergänzen haben.
11. Am 02.04.2014 wurde der Erstbeschwerdeführer im Bundesamt, Regionaldirektion Vorarlberg, im Beisein seines gewillkürten Vertreters, einer von ihm bestellten Vertrauensperson sowie einer von der erkennenden Behörde bestellten und beeideten Dolmetscherin der Sprache Russisch von dem zur Entscheidung berufenen Organwalter des Bundesamtes einvernommen. Bereits eingangs, noch vor Beginn der Einvernahme, brachte der Vertreter vor, er werde den Antrag stellen, dass dessen Einvernahme abberaumt werde, ein neuer Termin anberaumt werde, die Einvernahme sodann im Beisein eines Psychiaters durchgeführt werde und der Psychiater dem Beschwerdeführer im Rahmen der Einvernahme Fragen stellen könne.
Dazu wurde dem Vertreter bekannt gegeben, dass festgestellt werde, ob er einvernahmefähig sowie bereit sei, die Einvernahme durchzuführen und falls er keine gegenteiligen Vorbringen erstatten würde, die Einvernahme zum festgelegten Termin vorgenommen würde.
Die wesentlichen Passagen der Einvernahme des Erstbeschwerdeführers gestalten sich wie folgt:
"LA: Der anwesende Dolmetscher ist als Dolmetscher für die Sprachen Russisch, Englisch und Italienisch bestellt und beeidet worden. Sind Sie einer dieser Sprachen mächtig und damit einverstanden in dieser Sprache einvernommen zu werden?
VP: Ja, in Russisch.
LA: Verstehen Sie den Dolmetscher einwandfrei?
VP: Ja. Da ich römisch 40 bin, kann ich mich einwandfrei verständigen.
LA: Sie werden ausdrücklich darauf hingewiesen, dass Sie im Fall von Verständigungsschwierigkeiten jederzeit rückfragen können.
Der Bescheid des Bundesasylamtes, mit dem Ihr Antrag auf internationalen Schutz abgewiesen wurde, wurde vom Asylgerichtshof behoben. Aus diesem Grunde ist eine weitere Einvernahme erforderlich geworden.
Sie wurden heute zum Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl geladen und werden ergänzend zu Ihrem bisherigen Vorbringen zu Ihrem Asylverfahren befragt.
Bei meiner Person handelt es sich um den Einvernahmeleiter und führe ich das Interview bzw. stelle ich Ihnen Fragen, die Sie aufgefordert sind, wahrheitsgemäß zu beantworten.
Bei der Person zu meiner rechten Seite handelt es sich um den/die Dolmetscher/in und fungiert diese/r lediglich als Sprachvermittler zwischen uns beiden. Diese/r hat weder Einfluss auf die Fragen, noch auf das Verfahren selbst.
Wenn Sie während der Befragung eine Pause machen möchten, bitte sagen Sie es.
LA: Fühlen Sie sich geistig und körperlich in der Lage, die Einvernahme durchzuführen?
VP: Ja. Ich bin natürlich psychisch etwas aufgeregt und unter Stress, weil das heute für mein weiteres Schicksal wichtig ist. Ich bin aber bereit und in der Lage, die Einvernahme zu machen.
LA: Welche Sprache ist Ihre Muttersprache?
VP: Meine Muttersprache ist Awarisch.
LA: Verstehen oder sprechen Sie auch andere Sprachen, insbesondere Deutsch?
VP: Ich verstehe auch Tschetschenisch, weil ich viel mit Tschetschenen zu tun habe. Ich habe auch das A2- Diplom in Deutsch. Ich verstehe ungefähr 80 Prozent und verständigen kann ich mich in Deutsch auch.
LA: Haben Sie gegen eine der anwesenden Personen aufgrund einer möglichen Befangenheit oder aus sonstigen Gründen irgendwelche Einwände?
VP: Nein.
LA: Werden Sie in Ihrem Verfahren vertreten?
VP: Ja, durch den hier anwesenden römisch 40 ist meine Vertrauensperson.
Frage an den Vertreter: Welchen Umfang hat die Ihnen vom Antragsteller erteilte Vollmacht?
Antwort: Ich vertrete den AW im vollen Umfang."
Der ausgewiesene Vertreter des Beschwerdeführers beantragte, die Teilnahme eines psychiatrischen Sachverständigen an der Einvernahme, damit dieser im Rahmen der Einvernahme jene Fragen stellen kann, die er für die Beurteilung der posttraumatischen Belastungsstörung des Erstbeschwerdeführers beantwortet haben müsse.
Folgende Schriftstücke wurden vorgelegt:
Im Einvernahmeprotokoll des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde zur Einvernahme vermerkt, dass der Erstbeschwerdeführer zweifelsfrei erklärt hat, dass er sich geistig und körperlich in der Lage fühlt, die Einvernahme vorzunehmen und er keine Einwände dagegen vorgebracht hat.
Die Einvernahme des Erstbeschwerdeführers am 02.04.2014 vor dem Bundesamt, Regionaldirektion Vorarlberg, gestaltete sich weiters wie folgt:
"LA: Wer vertritt Ihre minderjährigen Kinder in den gegenständlichen fortgesetzten Verfahren?
VP: Meine Frau und ich und Herr Dr. römisch 40 .
LA: Erheben Sie Ihre Angaben auch zu den Angaben Ihrer Kinder?
VP: Ja, natürlich.
LA: Haben Sie in Ihrem bisherigen Asylverfahren in Österreich bis dato immer der Wahrheit entsprechende Angaben gemacht?
VP: Ja.
LA: Haben Sie im Verfahren alle ihre Gründe für Ihren Antrag auf internationalen Schutz angegeben?
VP: Es gibt einen oder zwei Gründe, über die ich noch nicht gesprochen habe.
LA: Halten Sie Ihre bisherigen Angaben aufrecht?
VP: Ja.
LA: Besitzen Sie Identitätsdokumente aus Ihrem Heimatland oder haben Sie jemals welche besessen, insbesondere einen Reisepass, einen sonstigen Pass, einen Personalausweis oder einen Führerschein?
VP: Nein. Ich habe überhaupt keine Dokumente aus Russland. Ich hatte Dokumente, als wir ausgereist sind. Wir hatten russische Auslandsreisepässe für alle Familienmitglieder, Inlandspässe von mir und meiner Frau und die Geburtsurkunden der Kinder.
LA: Wann und von wem haben Sie die Auslandsreisepässe erhalten?
VP: Ich habe im Juni 2012 bei der Passbehörde in römisch 40 die Anträge auf Ausstellung der Pässe gestellt. Bekommen haben wir die Pässe römisch 40 bei der Passbehörde. Das genaue Datum weiß ich nicht mehr.
LA: Schildern Sie, wie die Ausstellung vor sich gegangen ist.
VP: Wir sind zur Antragstellung und zur Abholung der Dokumente selbst zur Behörde gefahren. Ich selbst habe meinen Pass bei der Behörde in römisch 40 bekommen, weil ich in einem Bergdorf gemeldet bin und es dort keine Passbehörde gibt.
LA: Wo sind Ihre Frau und Ihre Kinder gemeldet?
VP: In römisch 40 .
LA: Weshalb sind Sie in dem Bergdorf gemeldet?
VP: Das stammt noch aus meiner Zeit, als ich dort als römisch 40 gearbeitet und gelebt habe. Ich habe mich einfach nie umgemeldet, obwohl ich dann nach römisch 40 gezogen bin. Für das Dorf ist die Passbehörde in römisch 40 zuständig.
LA: Wann haben Sie dort Ihren Reisepass bekommen?
VP: Zur gleichen Zeit wie meine Frau und die Kinder, im römisch 40 2012.
Nach Rückübersetzung.
LA: Hat Ihnen die Dolmetscherin alles, was Sie bisher gesagt haben, richtig und vollständig rückübersetzt?
VP: Ja.
LA: Möchten Sie etwas berichtigen oder ergänzen?
VP: Ich möchte noch hinzufügen, dass ich auch aus diesem Bergdorf stamme. Das Bergdorf heißt römisch 40 .
LA: Hatten Sie vor diesen Auslandsreisepässen schon andere Auslandsreisepässe?
VP: Nein. Weil ich vorher noch nie ausgereist bin.
LA: Aus welchem Grund, zu welchem Zweck, aus welchem Anlass haben Sie sich nun die Reisepässe im Jahr 2012 ausstellen lassen?
VP: Ich wollte eigentlich mit meiner Familie nach Aserbaidschan, nach Baku reisen, um dort einen Urlaub zu verbringen. Wir wollten dort zum Beispiel auch Kleidung kaufen und alles Mögliche machen. Mein Sohn wurde zu dieser Zeit 14 Jahre alt, was bei uns bedeutet, dass er volljährig ist.
LA: Wann hatten Sie die Reise nach Baku vor?
VP: Wir wollten eigentlich Mitte August dorthin reisen und zirka 10 Tage bleiben, damit wir rechtzeitig vor Schulbeginn zurück sind.
LA: Wann und von wem haben Sie die Inlandsreisepässe erhalten?
VP: Den letzten habe ich 2008 oder 2009 bekommen.
LA: Was ist aus Ihren Dokumenten geworden?
VP: Der Schlepper hat gesagt, er will alle unsere Dokumente haben. Er hat sie uns sofort abgenommen, als wir uns mit ihm getroffen haben.
LA: Wann, wie und wo haben Sie Kontakt zum Schlepper erhalten? Schildern Sie Ihre Kontakte zum Schlepper vor Ihrer Abreise unter Angabe der Zeiten und allfälliger Orte.
VP: Ich möchte darauf nicht antworten, weil ich habe das schon alles in Traiskirchen erzählt und ich wurde sogar von der Kriminalpolizei dazu befragt.
Vorbringen des Vertreters: Er möchte zum Fluchtweg wegen der anhängigen Strafsache nichts aussagen. Außerdem ist Gegenstand des Auftrages des Asylgerichtshofes die Fluchtgründe und nicht der Fluchtweg.
LA: Es wird Ihnen zur Kenntnis gebracht, dass die Erfordernis der Fragen vom Referenten festgelegt wird und Sie im Rahmen Ihrer Mitwirkungspflicht dazu verhalten sind, wahrheitsgetreue Angaben dazu zu machen.
LA: Wann und wo hatten Sie erstmals mit dem Schlepper Kontakt?
VP: Ich will die Frage nicht beantworten. Ich bin hergekommen, um Asyl zu bekommen und ich verstehe nicht, warum man mir jetzt solche Fragen stellt, die damit eigentlich nichts zu tun haben. Ich bin hergekommen, weil in der Heimat Lebensgefahr für mich bestand.
LA: Möchten Sie einen Grund nennen, weshalb Sie die Frage nicht beantworten wollen?
VP: Ich möchte mich nicht daran erinnern. Das ist eine Belastung für mich. Ich habe das in Traiskirchen und vor der Kriminalpolizei schon gesagt.
LA: Nennen Sie Ihre genaue letzte Wohnadresse im Heimatland.
VP: Stadt römisch 40 , die Straße hieß früher römisch 40 Jetzt heißt die Straße
XXXX
LA: In welchem Objekt haben Sie dort gewohnt?
VP: Ich habe dort bei meiner Mutter gewohnt. Sie hat dort ein eigenes Haus.
LA: Haben Sie jemals andere Namen oder Identitäten geführt oder sich unter einer anderen Identität ausgegeben?
VP: Nein.
LA: Wann waren Sie das letzte Mal an Ihrem Wohnsitz?
VP: Am 28. September 2012, als ich mich von meiner Mutter verabschiedet habe. Das letzte Mal davor war am römisch 40 August 2012, morgens, als ich zur Arbeit ging. Am 28. September 2012 bin ich nur noch einmal hin, um mich zu verabschieden.
LA: Wann haben Sie Ihr Heimatland verlassen?
VP: Am 28. September 2012.
LA: Was haben Sie in der Zwischenzeit gemacht?
VP: Ich habe mich versteckt. Zusammen mit der Familie habe ich mich versteckt.
LA: Wo haben Sie sich versteckt?
VP: Ich habe mich in einem Dorf namens römisch 40 versteckt, ungefähr 3 Kilometer von römisch 40 entfernt. Mein älterer Bruder hat Bekannte, die dort wohnen, dort haben wir uns versteckt.
LA: Von welchem Ort aus haben Sie und Ihre Familie die Reise angetreten?
VP: Eigentlich von römisch 40 aus. Wir sind mit einem Taxi von dort aus zuerst an meinen Wohnort gefahren. Mit dem selben Taxi sind wir dann nach römisch 40 gefahren.
LA: Wie sind Sie weitergereist?
VP: Darauf möchte ich nicht antworten. Ich habe das ja schon alles gesagt.
LA: Wie sind Sie zu dem Taxi gekommen?
VP: Mein Bruder hat das organisiert.
LA: Aus welchen Mitteln haben Sie Ihren Lebensunterhalt in Ihrem Heimatland bis zu Ihrer Ausreise bestritten?
VP: Ich habe zwei Berufe, römisch 40 . Ich habe in der letzten Zeit als römisch 40 gearbeitet. Ich war selbständig. Ich habe selbst mit den Kunden die Aufträge abgeschlossen. Ich habe auch einen Helfer gehabt.
LA: Welche Angehörige, Verwandte und Ihnen nahe stehende Personen besitzen Sie noch in Ihrem Heimatland?
VP: Ich habe in Dagestan noch drei Brüder und zwei Schwestern. Ich habe dort auch noch 32 Cousins und 20 Cousinen.
LA: Haben Sie Kontakt zu Personen in Dagestan?
VP: Selten, aber ich habe Kontakt.
LA: Welchen Kontakt haben Sie?
VP: Hauptsächlich mit meiner Mutter, ein bis zwei Mal im Monat, telefonisch.
LA: Was machen Ihre Mutter und Ihre Geschwister?
VP: Meine Mutter ist in Pension. Mein ältester Bruder hat eine Werkstatt zur Reparatur von elektronischen Autoteilen. Er hat eine Werkstatt angemietet, dort führt er diese Reparaturen durch. Der zweite Bruder hat eine kleine Werkstatt zur Reparatur von Mobiltelefonen. Der jüngste Bruder hilft entweder beim ältesten Bruder aus oder er repariert Radiatoren und Eisenteile, er ist gelernter Schweißer. Eine Schwester ist verheiratet, die zweite Schwester lebt alleine. Sie ist Volksschullehrerin.
LA: Wie ist Ihr Verhältnis zu Ihrer Mutter und Ihren Geschwistern?
VP: Ich habe ein gutes Verhältnis zu ihnen.
Nach Rückübersetzung.
LA: Hat Ihnen die Dolmetscherin alles, was Sie gesagt haben, richtig und vollständig rückübersetzt?
VP: Ja.
LA: Möchten Sie etwas berichtigen oder ergänzen?
VP: Ich möchte hinzufügen, der Schlepper hat als Erklärung gesagt, er braucht die Dokumente. Ich möchte auch noch sagen, dass meine verheiratete Schwester auch römisch 40 ist.
LA: Möchten Sie sonst noch etwas berichtigen oder ergänzen?
VP: Nein.
LA: Wie viele Einwohner hat Ihr Heimatort römisch 40 , aus welchen Volksgruppen und Religionen setzt sich die Bevölkerung zusammen? Beschreiben Sie Ihren Heimatort.
VP: römisch 40 ist die römisch 40 Stadt Dagestans römisch 40 Es leben dort Awaren, Tschetschenen, Kumyken (Kalmyken), Darginer, Laken, Lesgier. Das sind die wichtigsten, die größten Gruppen. Die Leute sind Christen, Moslem oder Juden.
LA: Wie ist die Verteilung der einzelnen Volksgruppen?
VP: Ich weiß, dass die Awaren der größte Prozentsatz sind. Dann kommen die Tschetschenen und dann die Kumyken. Die Anteile der anderen Volksgruppen sind eher gering.
LA: Wie ist die Verteilung der einzelnen Religionen?
VP: Die Mehrheit sind Moslems, dann kommen die Christen und dann kommen die Juden.
LA: Gibt es bei den Moslems in römisch 40 bestimmte Glaubensrichtungen?
VP: Ich sehe das so, dass es nur einen Islam gibt und die Strömungen innerhalb des Islam vom Staat künstlich geschaffen sind.
LA: Gibt es konkret in römisch 40 bestimmte Glaubensrichtungen unter den Moslem?
VP: Es gibt halt Radikale oder solche, die den traditionellen Islam praktizieren.
LA: Gibt es unter den einzelnen Volksgruppen in römisch 40 Probleme?
VP: Nein, gibt es nicht. Es gibt einige Konflikte, aber das ist alles künstlich geschaffen. Zum Beispiel dass Volksgruppen, zum Beispiel Tschetschenen, unter Stalin vertreiben wurden. Aber von diesbezüglichen aktuellen Problemen in römisch 40 habe ich nie gehört.
LA: Gibt es unter den einzelnen Religionen in römisch 40 Probleme?
VP: Nein, gibt es auch nicht. Nur die Behörden unterscheiden zwischen traditionellen und radikalen Moslems. Die Leute selbst machen keine Unterscheidung.
LA: Gehören Sie einer bestimmten Volksgruppe an?
VP: Ich bin Aware.
LA: Welches Religionsbekenntnis besitzen Sie?
VP: Islam.
LA: Bekennen Sie sich zu irgendeiner bestimmten Glaubensrichtung innerhalb des Islam?
VP: Nein. Es gibt im Wesentlichen nur einen Islam.
LA: Welcher Volksgruppe und welchem Glaubensbekenntnis gehört der Bürgermeister von römisch 40 an?
VP: Er heißt römisch 40 Er ist auch Aware und gehört dem Islam an.
LA: Haben Sie jemals für ein Land der Europäischen Union oder ein anderes Land ein Visum erhalten oder beantragt?
VP: Nein. Nie.
LA: Was war das geographische Ziel Ihrer Reise, als Sie Ihr Heimatland verlassen haben?
VP: Wir hatten kein bestimmtes Ziel. Wir wollten einfach nur irgendwo nach Europa, wo es sicher ist.
LA: Was hatten Sie sich für Ihr Ziel vorgenommen, was hatten Sie in diesem Land vor?
VP: Ich hatte keine Vorstellung, was ich dort machen werde. Ich wollte nur meine Familie in Sicherheit bringen.
LA: Was verstehen Sie unter Asyl?
VP: Erstens einmal stelle ich mir vor, dass ich hier in Ruhe leben kann. Zweitens dass ich Rechte habe, die ich auch nutzen kann. Drittens dass mich niemand verfolgt, weder wegen meiner Religion, noch aus sonstigen Gründen und dass es in ganz Europa Gerechtigkeit geübt wird und dass niemand das Recht hat, jemand anderen grundlos zu verfolgen.
LA: Aus welchen Mitteln bestreiten Sie und Ihre Familienangehörigen Ihren Lebensunterhalt in Österreich?
VP: Alle von der Caritas und aus der Sozialhilfe.
LA: Erhalten Sie sonst von jemandem Unterstützung?
VP: Nein, sonst von niemandem.
LA: Verfügen Sie selbst über Mittel zur Bestreitung Ihres Lebensunterhaltes?
VP: Nein. Ich habe nichts.
LA: Wie verbringen Sie und Ihre Familienangehörigen die Zeit? Schildern Sie, was Ihnen dazu wichtig erscheint.
VP: Morgens bereiten wir die Kinder auf die Schule vor. Dann hole ich die Kinder wieder ab. Dann machen wir den Haushalt, wir essen, ich gehe mit den Kindern spazieren, ich gehe mit den Kindern zum Training. Ich gehe selbst Fußball spielen. Wenn die Caritas Arbeit für mich hat, dann mache ich die natürlich.
LA: Möchten Sie sonst noch etwas dazu angeben?
VP: Wie gesagt, ich bringe die Kinder zum Training und wenn sie ein Spiel in einer anderen Stadt haben, bringe ich sie auch dorthin. Abends gehe ich mit meiner Frau und meinen Kindern spazieren.
LA: Möchten Sie sonst noch etwas dazu angeben?
VP: Nein.
LA: Welche Arbeiten machen Sie bei der Caritas?
VP: Meistens ist es Gartenarbeit. Im März hatte ich einmal zwei Tage eine Malerarbeit. Aber es ist sehr wenig, es gibt wenig Arbeit.
LA: Wo spielen Sie Fußball?
VP: In römisch 40 . Es gibt einen Club. Wir treffen uns im Stadion und dann spielen wir. Im August habe ich angefangen, zum Training zu gehen. Jetzt haben wir wieder angefangen, draußen zu spielen.
LA: In welchem Club spielen Sie dort?
VP: Das ist ein Veteranen-Verein. Erwachsene Männer in meinem Alter. Wir spielen als Freizeitsport, ein Hobby.
LA: Welches Training machen Ihre Kinder?
VP: Meine Söhne gehen beide zum Fußballtraining. Auch in römisch 40 , beim Fußballclub von römisch 40 .
LA: Was machen die Kinder konkret in diesem Club?
VP: Sie trainieren dort und fahren zu Spielen. Der ältere geht zweimal, der jüngere dreimal die Woche.
LA: Was macht Ihre Frau?
VP: Sie ist zu hause. Sie kümmert sich um die Familie. Wenn die Caritas Arbeit für sie hat, macht sie das natürlich. Aber das kommt sehr selten vor.
LA: Haben Sie außer Ihrer Ehefrau und Ihren Kindern noch weitere Angehörige, Verwandte oder Ihnen nahe stehende Personen in Österreich oder einem anderen Land der EU?
VP: Nein, niemanden. Es gibt Schulfreunde, die vor langer Zeit ausgewandert sind, die wohnen jetzt in Belgien und Frankreich. Ich habe aber keinen Kontakt zu ihnen.
LA: Hat Ihre Ehefrau außer Ihnen und den Kindern noch weitere Angehörige, Verwandte oder Ihnen nahe stehende Personen in Österreich oder einem anderen Land der EU?
VP: Meine Frau hat zwar Verwandte hier in Österreich, aber sie hat ein schlechtes Verhältnis zu diesen Leuten. Sonst hat sie niemanden hier.
LA: Haben Sie Kontakt zu diesen Leuten?
VP: Nein.
LA: Wer sind diese Leute?
VP: Ihre Schwester ist das.
LA: Führen Sie alle Gründe und alle Vorfälle für das Verlassen des Heimatlandes an, welche Sie in Ihrem bisherigen Asylverfahren angegeben haben.
VP: Als Gründe habe ich Verfolgung aus religiösen Gründen und Lebensgefahr angegeben. Ich wurde mitgenommen und drei Tage festgehalten. Am römisch 40 morgens wurde ich von 6 bewaffneten maskierten Männern festgenommen. Das war auf dem Weg zur Arbeit. Sie haben mich plötzlich gepackt und mir die Hände auf den Rücken gedreht, einen Sack über den Kopf gestülpt, mich in ein Auto gesetzt, mich auf den Kopf geschlagen. Ich habe gefragt, wer sie sind und was sie wollen. Sie haben keine Antwort gegeben. Wir sind 20 bis 30 Minuten in dem Auto gefahren. Wohin wir gefahren sind, weiß ich nicht. Dann haben sie das Auto angehalten. Dann haben sie mir Handschellen angelegt und mich in einen Kellerraum geführt. Es war dunkel da drinnen, es gab nur ein kleines Fenster. Die Wände und der Boden waren aus Zement. In dem Raum befanden sich noch zwei Männer. Einer von ihnen war übel zugerichtet. Er hatte Schwellungen und Blutergüsse im Gesicht. Das eine Auge war unter den Schwellungen nicht sichtbar. Er versuchte immer wieder aufzustehen, aber es gelang ihm nicht. Der andere hatte zwar auch Spuren von Misshandlungen, er war aber nicht in einem so schlechten Zustand.
LA: Haben Sie noch etwas vorgebracht?
VP: Am römisch 40 2012 gab es auch noch einen Vorfall. Ich war in römisch 40 und habe dort gearbeitet. Ich bin morgens rausgegangen, um etwas zu essen zu kaufen. Da kam ein Polizeiwagen auf mich zu. Es waren 4 Polizeibeamte im Auto. Sie haben nach meinen Dokumenten gefragt. Ich habe mein Dokument hergezeigt. Sie sahen sich das an und sagten, ich müsste mit ihnen aufs Polizeirevier kommen. Ich fragte, warum, ich hätte doch ein Dokument, um mich auszuweisen. Sie haben gesagt, ich soll keine Fragen stellen, ich soll einfach mitkommen und sie haben mich dann relativ gewaltsam ins Auto gesetzt. Sie haben mich dann in eine Zelle gesperrt, wo noch andere Leute waren. Sie haben mich dann gefragt, was ich mache und ich welche Moschee ich gehe. Sie haben mich gefragt, warum ich einen Bart trage. Sie haben mir die Fingerabdrücke abgenommen. Das haben sie gewaltsam gemacht. Ich wollte das eigentlich nicht. Dann haben sie mir noch Blut abgenommen. Zwei haben mich festgehalten und einer hat mir dann den Bart auf einer Seite abrasiert. Ich habe Widerstand geleistet, aber die zwei haben mich festgehalten. Dann wurde ich noch weiter zwei Stunden festgehalten. Ich wollte dann etwas Schriftliches von ihnen haben, ein Protokoll oder eine Erklärung, warum ich überhaupt festgenommen wurde. Sie ließen mich auch nicht telefonieren. Sie haben mich dann einfach so freigelassen. Ich glaube, dass ich Glück gehabt habe.
LA: Haben Sie noch etwas vorgebracht?
VP: Nein. Aber ich möchte heute noch etwas hinzufügen. Ich hatte im bisherigen Verfahren nicht ausreichend Zeit, alles vorzubringen, was ich vorbringen wollte.
Nach Rückübersetzung.
LA: Hat Ihnen die Dolmetscherin alles, was Sie gesagt haben, richtig und vollständig rückübersetzt?
VP: Ja. Was hier steht ist richtig.
LA: Möchten Sie etwas berichtigen oder ergänzen?
VP: Ich möchte sagen, was ich jetzt hier über den römisch 40 2012 erzählt habe, dass das ungefähr nur die Hälfte von dem ist, was alles passiert ist. Ich möchte aber schon alles erzählen, weil das ja einer meiner Hauptgründe ist.
LA: Haben Sie im bisherigen Verfahren noch weitere Gründe vorgebracht?
VP: Nein. Man hat mir gleich von Anfang an gesagt, ich soll mich kurz fassen.
LA: Haben Sie noch weitere Vorfälle vorgebracht?
VP: Nein.
LA: Wenn es noch weitere Gründe oder Vorfälle in Verbindung damit gibt, weshalb Sie Ihr Heimatland verlassen haben oder Sie sonst noch etwas vorbringen möchten, so führen Sie dies jetzt an. Soweit Sie auf Ereignisse Bezug nehmen, werden Sie aufgefordert, den Ort und die Zeit zu nennen, wann diese stattfanden und die Personen zu benennen, die daran beteiligt waren sowie zu schildern, was sich genau ereignet hat und gesprochen wurde.
LA: Was möchten Sie noch vorbringen? Geben Sie nun alles an, was Sie bisher noch nicht vorgebracht haben und noch sagen möchten.
VP: Ich kehre jetzt noch einmal zum römisch 40 zurück. Ich bin also zur Arbeit gegangen und es kamen auf einmal zwei Autos daher, in denen 6 Personen saßen. Wie gesagt, sie waren maskiert und bewaffnet. Die Autos waren ohne Nummerntafeln. Sie haben mich also gepackt und mir Handschellen angelegt. Dann haben sie mich in den Raum geführt, wo die beiden Männer waren. Dort haben sie mir den Sack und die Handschellen abgenommen. Ich habe dann angefangen mit den beiden Männern zu sprechen. Der eine sagte, man habe ihn vor zwei Tagen entführt und hierher gebracht. Sie seien einfach auf der Straße gegangen und man habe sie von dort weggeholt. Mehr wüssten sie aber nicht. So vergingen zwei Stunden, bis wieder zwei Männer kamen, mir wieder einen Sack über den Kopf stülpten und mir Handschellen anlegten. Sie führten mich in einen anderen Raum. Sie setzten mich dann auf einen Stuhl und ich fragte sie, was der Grund sei, warum sie mich mitgenommen haben und warum sie mich schlagen. Sie haben mir dann den Sack vom Kopf abgenommen, mir aber keine Antwort gegeben. Daraufhin begannen sie, mich mit gefüllten Wasserflaschen auf den Kopf und auf die Knie zu schlagen. Dann habe ich das Bewusstsein verloren. Als ich wieder zu mir kam, saß ich immer noch auf demselben Stuhl. Ich stellte erneut die Frage, warum sie das taten. Sie haben mir wieder keine Antwort gegeben. Dann hat mich einer mit dem Fuß getreten, sodass ich auf den Boden fiel. Ich habe versucht, mein Gesicht zu schützen, während sie auf mich eintraten. Sie trafen mich überall hin, besonders aber in die Nieren. Ich habe wieder das Bewusstsein verloren. Als ich dann zu mir kam, war ich in dem ersten Raum wo die beiden Männer waren. Wir saßen dann die ganze Nacht da. Ich konnte nicht schlafen. Sie gaben uns weder etwas zu essen noch zu trinken. Als es dann Morgen wurde, sahen wir, dass der eine Mann gestorben war. Wir fingen dann an, an die Tür zu klopfen, wir riefen und schrien, aber es gab keine Reaktion. Nach wieder ungefähr zwei Stunden kam jemand. Es waren zwei Männer. Sie haben gesehen, dass der eine gestorben war und nahmen ihn mit. Nach einiger Zeit kamen wieder einige Männer, ich weiß nicht, ob es dieselben waren, weil sie alle maskiert waren. Dann haben sie den zweiten Mann mitgenommen. Ich weiß nicht, was aus ihm geworden ist, weil ich ihn nicht mehr gesehen habe. Gegen Abend kamen dann wieder zwei maskierte Männer und haben mich mitgenommen. Sie haben mir wieder einen Sack über den Kopf gestülpt und mir Handschellen angelegt. Sie haben mich in ein Zimmer in die Nähe gebracht. In diesem Raum waren dann insgesamt drei Männer, zwei maskierte und einer ohne Maske. Dieser hat mir dann Fragen gestellt. Er hat mir Fotos gezeigt und Familiennamen gesagt und mich gefragt, ob ich die Leute auf den Fotos und die Familiennamen kenne. Ich habe gesagt, nein, ich kenne niemanden. Ich habe dann noch einmal gefragt, warum ich geschlagen werde. Er hat gesagt, er sei derjenige, der die Fragen stellt und ich solle nichts mehr fragen. Er sagte, dass diese Leute in dieselbe Moschee gehen wie ich und dass ich die Leute kennen müsse und ich solle zugeben und sagen, was ich weiß. Er sagte dann, du lügst, es kann nicht sein, dass du diese Leute nicht kennst und dann fingen diese beiden wieder an, mich zu schlagen. Sie haben mir dann die Hände auf den Rücken gebunden und haben mich so auf die Decke gehängt. Sie haben mich fürchterlich geschlagen, worauf ich wieder das Bewusstsein verloren habe. Sie sagten, wenn ich nicht endlich sage, was ich weiß, werden sie mich umbringen. Sie meinten, ich hätte ja doch keine Wahl, ich bin ihnen ausgeliefert. Sie haben mir Zähne ausgeschlagen. Ich habe mit dem rechten Auge nichts mehr gesehen, weil es zugeschwollen war. Als ich dann wieder zu mir kam, befand ich mich wieder in dem ersten Raum. Ich lag auf dem Boden, da ich unfähig war, aufzustehen. Am römisch 40 morgens kamen sie wieder und haben mich wieder in denselben Raum gebracht, wo ich vorher war. Sie stellten mir wieder dieselben Fragen und zeigten wieder dieselben Fotografien. Es waren 10 bis 12 Fotos. Ich sagte ihnen erneut, dass ich nichts weiß und dass ich die Leute nicht kenne. Sie meinten, ich hätte doch Familie und sie wüssten, wo sich meine Familie aufhält. Sie wussten sogar die Vornamen meiner Kinder und in welche Schule sie gingen. Sie wussten auch die Vornamen meiner Brüder und Schwestern. Sie haben gedroht, sie zu entführen, meine Kinder, meine Frau und meine Geschwister und wenn ich das nicht will, solle ich irgendwelche Papiere unterschreiben. Nach diesen Drohungen meiner Familie gegenüber konnte ich es nicht mehr länger aushalten. Sie sagten, wenn du das unterschreibst, werden sie meiner Familie nichts tun und dann werden sie mich auch nicht mehr schlagen. Ich fragte, was das für Papiere sind, die ich unterschreiben soll. Sie sagten, das geht dich nichts an, unterschreib einfach. Also wie gesagt, ich war dann soweit, dass ich damit einverstanden war, diese Papiere zu unterschreiben. Er brachte mir eine Mappe. Darin sah ich 7 oder 8 Blätter liegen. Als Überschrift stand Akt und meine Daten. Und er blätterte die letzte Seite nur so viel auf, dass ich unterschreiben konnte, gab mir aber keine Gelegenheit, dass ich das lesen konnte. Danach brachte er mich wieder in die Zelle zurück. Gegen Abend kamen wieder diese beiden zu mir. Sie waren wieder maskiert. Sie haben mir wieder einen Sack über den Kopf gestülpt und haben mich wieder in ein Auto gesetzt. Ich habe mir gedacht, dass sie mich umbringen wollen und habe eigentlich schon mit meinem Leben abgeschlossen. Wir sind dann eine Viertelstunde oder 20 Minuten gefahren. Dann sagte sie zu mir, sie würden mich jetzt freilassen, ich solle nach Hause gehen, niemandem etwas erzählen und auch nicht versuchen zu flüchten. Sie sagten ausdrücklich, dass sie vom FSB sind, dass sie mich überall finden würden und dass sie mit mir das tun, was sie wollen. Sie fuhren dann weg und ich bemerkte, dass ich auf einem Feld stand. Es war dunkel und nicht weit entfernt sah ich eine große Straße, auf der Autos fuhren. Ich ging zu dieser Straße hin und hielt dann ein Auto an. Der Fahrer stellte nicht viele Fragen, sondern brachte mich einfach nach Hause. Als ich zu Hause war, rief ich sofort meinen Bruder an. Dieser meinte dann, du kannst hier nicht bleiben, ich bringe dich zu einem Freund von mir. Dort blieb ich dann die restliche Zeit bis zu meiner Ausreise.
LA: Möchten Sie Ihren Angaben sonst noch etwas hinzufügen?
VP: Nein. Das war das, was ich erzählen wollte.
LA: Möchten Sie Ihren Angaben sonst noch etwas hinzufügen?
VP: Nein.
LA: Haben Sie noch weitere Gründe, weshalb Sie Ihr Heimatland verlassen haben?
VP: Nein.
LA: Gab es noch weitere Vorfälle in Verbindung damit, weshalb Sie Ihr Heimatland verlassen haben?
VP: Nein.
LA: Haben Sie sämtliche Gründe und Vorfälle, welche Sie zum Verlassen Ihres Heimatlandes veranlasst haben, angeführt?
VP: Ja.
LA: Wurde Ihnen ausreichend Zeit eingeräumt, ihre Probleme vollständig und so ausführlich, wie Sie es wollten, zu schildern?
VP: Ja.
Nach Rückübersetzung.
LA: Hat Ihnen die Dolmetscherin alles, was Sie gesagt haben, richtig und vollständig rückübersetzt?
VP: Ja.
LA: Möchten Sie etwas berichtigen oder ergänzen?
VP: Nein.
Vermerk. Die Korrektur der Tippfehler wurde vom Vertreter vorgenommen.
LA: Was erwartet Sie im Falle Ihrer Rückkehr in Ihr Heimatland?
VP: Sie würden mich umbringen. Es kommt vor, dass man den Leuten ein Geständnis abpresst und sie dann trotzdem umbringt, weil man sagt, sie hätten an einem Anschlag teilgenommen. Ich weiß ja nicht einmal, was ich damals unterschrieben habe.
LA: Möchten Sie noch etwas dazu angeben?
VP: Wie gesagt, ich denke, dass man mich umbringen wird. Vielleicht würden sie mich dann sogar noch für ihre Zwecke missbrauchen. Es gab Fälle, wo man Leichen an irgendwelchen Plätzen hingelegt hat und behauptet hat, derjenige hätte ein Verbrechen begangen. Man hat Leichen schon in Autos gelegt und hat diese angezündet und behauptet, das wäre einfach passiert, weil Sprengstoff explodiert ist. Ich habe keinen anderen Grund.
LA: Möchten Sie noch etwas dazu angeben?
VP: Es war für mich auch nicht einfach, alles zurückzulassen. Ich habe ja 40 Jahre dort gelebt und innerhalb von 2 Tagen war alles anders. Meine alte Mutter zurückzulassen, ich weiß nicht einmal, ob ich sie jemals wiedersehen werde. Auch meine Brüder.
LA: Möchten Sie noch etwas dazu angeben?
VP: Ich weiß, dass man mich umbringt. Vielleicht auch meine Familie.
LA: Möchten Sie noch etwas dazu angeben?
VP: Nein. Das ist alles.
LA: Haben Sie regelmäßig eine Moschee besucht?
VP: Es ist so, dass ich früher nicht regelmäßig in die Moschee gegangen bin. Ich habe auch die Regeln des Islam nicht besonders ernst genommen. Erst nachdem mein Vater gestorben war, habe ich mich mehr der Religion zugewandt und habe auch angefangen, in die Moschee zu gehen.
LA: Seit wann war das?
VP: Seit 2010. Zum Beten bin ich jeden Abend hingegangen, um mein religiöses Studium zu absolvieren, ging ich dreimal die Woche hin.
LA: Welche Moschee haben Sie dabei besucht?
VP: Es waren zwei oder drei verschiedene. Ich ging gerade in die Moschee, die gerade in der Nähe war.
LA: Wie sind die Namen der Moscheen, die Sie dabei besucht haben.
VP: Meines Wissens haben die keine Namen. Ich ging hauptsächlich in die Moschee, die in meinem Wohnbezirk lag, weil ich hauptsächlich zu Hause war.
LA: Welches religiöse Studium haben Sie betrieben?
VP: Ich meine damit, dass ich den Koran studiert habe. Ich muss ja wissen, woran ich glaube und warum ich diese Regeln einhalten soll.
LA: Beschreiben Sie die maskierten Männer.
VP: Sie hatten Uniformen an, auf denen FSB Russland gestanden ist.
LA: Beschreiben Sie die Uniformen näher. VP: Manche hatten khakifarbene Uniformen an, manche schwarze. Es war unterschiedlich.
LA: Womit wurden Sie bei den Misshandlungen von den Männern geschlagen?
VP: Hauptsächlich mit Füßen und Fäusten, aber auch mit gefüllten Wasserflaschen. Das sind sehr starke Schmerzen, so etwas habe ich überhaupt vorher noch nie gefühlt. Deshalb habe ich auch immer recht schnell das Bewusstsein verloren, wen sie mich damit auf den Kopf oder auf die Knie geschlagen haben.
LA: Haben Sie bei den von Ihnen geschilderten Misshandlungen Verletzungen erlitten?
VP: Ja. Ich hatte Beschwerden. Ich habe jetzt auch noch oft Kopfschmerzen. Dann muss ich mich hinlegen und Tabletten nehmen. Auch bei den Knien habe ich noch Schmerzen, wenn ich länger sitze.
LA: Haben Sie sichtbare Verletzungen erlitten?
VP: Sichtbare Verletzungen habe ich nicht erlitten. Ich hatte auch keine Knochenbrüche. Aber der ganze Rücken war geschwollen. Ich habe hier eine Narbe, wo ich aber nicht weiß, wo sie herkommt. Aber ich hatte sie früher nicht.
Vermerk. Der Antragsteller zeigt eine verheilte Narbe zirka 15 cm unterhalb der rechten Brustwarze.
LA: Seit wann haben sie diese Narbe?
VP: Seit diesem Vorfall. Ich habe sie bemerkt, nachdem ich nach Hause gekommen bin. Ob ich auf dem Kopf irgendwelche Verletzungen gehabt habe, habe ich durch die Haare nicht gesehen.
LA: Was genau haben Sie bemerkt, als Sie nach Hause gekommen sind?
VP: Es haben mindestens 2 Zähne gefehlt. Der ganze Mund tat mir weh.
LA: Was haben Sie betreffend der vorgezeigten Narbe bemerkt, als Sie nach Hause gekommen sind?
VP: Die Stelle tat mir weh. Ich wusste aber nicht genau, was das war. Es war kein blauer Fleck. Es hat im Prinzip genauso ausgesehen wie jetzt auch.
LA: Sie haben gesagt, mindestens 2 Zähne. Können Sie konkret sagen, wie viele Zähne und welche Zähne es waren?
VP: Der vordere rechte obere Schneidezahn und unten die Zähne in der Mitte. Sie waren auch alle krumm und schief.
LA: Sie tragen eine Prothese. Woher stammt diese?
VP: Die habe ich hier in Österreich bekommen.
LA: Haben Sie ärztliche Hilfe in Russland Anspruch genommen?
VP: Nein. Das konnte ich nicht, weil bei uns haben sie vor 2 Jahren ein Gesetz erlassen, dass man zuerst zur Miliz, zur Polizei gehen muss, um abzuklären, woher die Verletzungen stammen.
LA: Muss man zuerst zur Miliz gehen?
VP: Ja. Die Miliz muss zuerst kontrollieren, was passiert ist. Dann erst kann man zum Arzt gehen. Aber der Arzt kann auch nur hinschreiben, welche Verletzungen sichtbar sind. Woher die Verletzungen stammen, kann der Arzt auch nicht feststellen.
LA: Sind Sie zur Miliz, zur Polizei gegangen?
VP: Nein. Ich bin dort nicht hingegangen.
LA: Warum nicht?
VP: Es hätte sowieso kein Resultat gegeben. Die hätten sowieso nichts gemacht. Das System ist so. Sie hätten meine Anzeige sowieso nicht angenommen.
LA: Woher wissen Sie das, wie kommen Sie darauf?
VP: Weil das immer so ist. Ich bin ja nicht der einzige in so einer Situation. Außerdem haben die vom FSB gesagt, ich soll niemandem etwas erzählen. Der FSB hätte sofort erfahren, wenn ich eine Anzeige bei der Miliz erstattet hätte.
LA: Können Sie ein konkretes Beispiel nennen, bei dem ein Vorfall so verlaufen ist, dass die Polizei nichts getan hat?
VP: Das habe ich schon oft in meinem Bekanntenkreis gehört, dass die Miliz keine Anzeigen aufnimmt, dass Rechtsanwälte nicht vorgelassen werden. Sogar Menschenrechtsorganisationen können bestätigen, dass sie in ihrer Arbeit behindert werden.
LA: Können Sie ein konkretes Beispiel nennen, bei dem die Miliz keine Anzeige aufgenommen hat.
VP: Jetzt im Moment kann ich das nicht. Aber ich könnte konkrete Vorfälle herausfinden. Ich könnte auch bei Menschenrechtsorganisationen nachfragen.
LA: Was ist der FSB?
VP: Das heißt Bundesdienst für Sicherheit. Es ist eine staatliche Organisation.
LA: Aus welchem Grund wurden ausgerechnet Sie vom FSB festgenommen?
VP: Wenn ich das wüsste, hätte ich auf viele Fragen eine Antwort. Ich weiß nicht, warum sie gerade mich ausgewählt haben. Solche wie mich gibt es unzählige. Sie haben mich eben für ihre Ziele gebraucht. Wie ich das sehe, beschäftigt sich der FSB besonders mit Menschen, die den Islam streng einhalten. Aber warum, das müssen Sie die Leute selbst fragen. Ich weiß nicht, warum sie gerade mich ausgewählt haben.
LA: Was wollten die Männer des FSB konkret von Ihnen?
VP: Sie wollten, dass ich ihnen etwas erzähle und dass ich ihnen die Papiere unterschreibe. Sie wollten mich für Ihre Ziele benutzen.
LA: Was wollten die Männer konkret von Ihnen wissen?
VP: Sie wollte, dass ich ihnen etwas über die Männer erzähle, deren Fotos sie mir gezeigt haben und deren Familiennamen sie mir genannt haben.
LA: Was wollten die Männer über diese Personen konkret wissen?
VP: Sie wollten wissen, ob ich die Leute kenne, ob ich mit ihnen geredet habe und wenn ja, wo ich sie gesehen habe und was ich mit ihnen geredet habe.
LA: Haben auch andere Einwohner Ihres Heimatortes und Ihrer Heimatregion die gleichen Probleme?
VP: Jeden Tag passiert so etwas.
LA: Können Sie ein konkretes Beispiel nennen? VP: Konkret kann ich jetzt keinen Namen nennen. Aber ich kann das recherchieren, wenn es notwendig ist.
LA: Aus welchem Grund haben Sie Ihr Heimatland ausgerechnet zum gegebenen Zeitpunkt am 28.09.2012 verlassen?
VP: Mein Bruder hat mir 2 Tage zuvor gesagt, dass es jetzt möglich sei wegzufahren, zu flüchten.
LA: Weshalb haben Sie Ihr Heimatland nicht schon früher verlassen?
VP: Ich war doch so schlecht beisammen. Meine erste Aufgabe war, wieder in einen normalen gesundheitlichen Zustand zu kommen und mich zu verstecken.
LA: Haben Sie sich wegen Ihrer Probleme an ein Gericht, eine Behörde, einen Anwalt, eine Menschenrechtsorganisation oder sonst eine Stelle gewandt?
VP: Nein.
LA: Warum nicht?
VP: Aus denselben Gründen. Man hat mich ja gewarnt, dass ich das niemandem erzählen soll und ich habe diese Drohung ernst genommen.
LA: Was haben Sie nun weiter vor?
VP: Ich möchte hier leben wenn es möglich ist. Ich möchte hier leben und arbeiten. Ich möchte meine Kinder aufziehen. Ich muss hier sowieso von vorne anfangen.
LA: Welche Arbeiten könnten und würden Sie annehmen und verrichten?
VP: Ich kann auf dem Bau alles machen. Ich könnte als römisch 40 arbeiten, als Ausbildner.
LA: Hätten Sie die Möglichkeit, in einem anderen Teil Ihres Heimatlandes zu leben?
VP: Wie soll das gehen. Wenn das möglich gewesen wäre, hätte ich nicht ausreisen müssen. Auch wenn ich in einen anderen Teil des Landes gezogen wäre, hätten sie mich sowieso gefunden.
LA: Gibt es sonst noch Gründe, weshalb Sie nicht in einem anderen Teil Ihres Heimatlandes leben könnten?
VP: Nein.
LA: Wie weit ist römisch 40 von Ihrem ursprünglichen Heimatort römisch 40 entfernt?
VP: Ungefähr 80 Kilometer.
LA: Was haben Sie bisher zur Lösung Ihres Problems unternommen?
VP: Was hätte ich denn tun sollen.
LA: Haben Sie irgendetwas unternommen, um das Problem zu lösen?
VP: Nein. Ich konnte nichts tun, auch deswegen, weil mein jüngerer Bruder auch schon Probleme bekommen hat. Es war ein Vorfall, bei dem mein jüngerer Bruder vor einer Moschee angehalten und nach mir gefragt wurde. Sie haben ihn wegen mir befragt. Das war am 15. Dezember letzten Jahres. Sie haben ihn gefragt, wo ich denn sei, wobei ich denke, sie wissen das genau.
LA: Hat Ihre Ehefrau noch weitere, eigene Gründe für ihren Antrag auf internationalen Schutz?
VP: Nein. Es geht nur um die Gründe, die ich erzählt habe, um diese Lebensgefahr. Sie hat keine eigenen Gründe. Es geht um diese Drohungen, die sie mir gesagt haben.
LA: Haben Ihre Kinder noch weitere, eigene Gründe für ihren Antrag auf internationalen Schutz?
VP: Nein. Bei den Kindern gilt dasselbe wie für meine Ehefrau.
LA: Hat Ihre Ehefrau eigene Wahrnehmungen über die Gründe und Vorfälle, die Sie geschildert haben, gemacht?
VP: Nein. Sie war zu Hause. Sie hat das nur mitbekommen, weil die Brüder mich gesucht haben und weil ich nicht mehr nach Hause gekommen bin. Meine Tochter war damals noch sehr klein und sie hat sich um die Kinder müssen.
LA: Haben Ihre Kinder eigene Wahrnehmungen über die Gründe und Vorfälle, die Sie geschildert haben, gemacht?
VP: Nein. Ich war alleine als das passiert ist. Aber natürlich haben die Kinder mitbekommen, dass ich nicht mehr da war und dass man nach mir gesucht hat.
LA: Welche Angehörigen und Verwandte hat Ihre Ehefrau noch in Ihrer Heimatregion?
VP: Ihre Mutter, Ihren Vater, einen Bruder und zwei Schwester.
LA: Wo leben die Verwandten Ihrer Schwester?
VP: Im Bezirk römisch 40 , 32 Kilometer von römisch 40 entfernt. Das Dorf heißt
römisch 40 .
Nach Rückübersetzung.
LA: Hat Ihnen die Dolmetscherin alles, was Sie gesagt haben, richtig und vollständig rückübersetzt?
VP: Ja.
LA: Möchten Sie etwas berichtigen oder ergänzen?
VP: Ich will berichtigen, mein Bruder befand sich nicht vor der Moschee, sondern in der Moschee. Ich möchte auch noch anführen, dass ich zur Frage, ob es noch Gründe gibt, weshalb ich nicht in einem anderen Teil des Heimatlandes leben könnte, noch einen Grund anführen möchte. Ich müsste ja zur Miliz gehen und meinen neuen Wohnort bekannt geben, weil ich natürlich auch meinen Lebensunterhalt verdienen muss und dafür brauche ich eine Meldebestätigung. Also würden sie mich wieder finden, weil ja alles ein System ist. Ich möchte auch noch sagen, mein Bruder hat sich in der Moschee befunden. Es waren wieder bewaffnete maskierte Männer. Sie drangen in die Moschee ein. Sie verhielten sich sehr grob mit den Leuten. Sie haben nicht nur meinen Bruder mitgenommen, sondern auch zirka 30 andere Personen. Sie haben sie auf die nächste Polizeidienststelle mitgenommen und verhört. Bei der Überprüfung der Dokumente haben sie natürlich auch den Namen meines Bruders gesehen und ihn daraufhin auch wegen mir befragt. Ich will auch noch sagen, die 32 Kilometer beziehen sich auf römisch 40 , nicht auf römisch 40 liegt näher.
LA: Möchten Sie noch etwas berichtigen oder ergänzen?
VP: Nein.
LA: Sie haben zuvor angegeben, natürlich hätten die Kinder mitbekommen, dass Sie nicht mehr da waren und dass man nach Ihnen gesucht hat. Was haben Ihre Ehefrau und Ihre Kinder konkret von dem ganzen Problem mitbekommen?
VP: Man hat ihnen erzählt. Dass ich beruflich weg musste. Natürlich hat man ihnen nicht die Wahrheit gesagt.
LA: Haben Ihre Frau und die Kinder sonst noch etwas mitbekommen?
VP: Der ältere Sohn hat schon mitbekommen, dass etwas nicht stimmen kann. Er hat die Verletzungen mitbekommen. Dem jüngeren hat man erzählt, dass ich in eine Schlägerei gekommen und deshalb verletzt sei. Der ältere Sohn ist dann zu einem anderen Zeitpunkt noch in eine Schießerei gekommen. Er war in der Stadt und hat das gesehen. Die Schießerei hat aber mit uns nichts zu tun gehabt.
LA: Tragen auch andere Männer in Ihrem Heimatort und Ihrer Heimatregion Bärte so wie Sie?
VP: Viele haben schon damit aufgehört, das zu machen, weil sie Angst haben. Früher waren es mehr.
LA: Aus welchem Grund müssen die Männer Angst haben, einen Bart zu tragen?
VP: Die Leute die Bärte gelten als Radikale. Sie werden verdächtigt, radikale Islamisten zu sein und deshalb haben sie Nachteile und das will natürlich niemand.
LA: Sie haben zuvor angegeben, dass die Männer auch gedroht haben, ihre Geschwister zu entführen. Weiter haben Sie angegeben, dass Ihr jüngerer Bruder auch bereits festgenommen wurde. Wie können Ihre Geschwister nach wie vor trotz dieser Drohung und trotz des Vorfalls mit Ihrem Bruder nach wie vor dort leben?
VP: Also wenn die Probleme noch weiter andauern beziehungsweise wenn die Repressalien noch schlimmer werden, kann es schon sein, dass meine Geschwister ebenfalls ausreisen.
LA: Sind Sie damit einverstanden, dass ho. Behörde Einsicht in bereits vorliegende und künftig erhobene ärztliche Befunde nehmen kann, sowie dass die Sie behandelnden Ärzte, als auch behördlich bestellte ärztliche Gutachter wechselseitig Informationen zu den Ihre Person betreffenden erhobenen ärztlichen Befunde austauschen können? Sind Sie weiter mit der Weitergabe Ihrer medizinischen Daten an die Sicherheitsbehörde und die für die Grundversorgung zuständigen Stellen einverstanden? Sie werden darauf hingewiesen, dass ein Widerruf Ihrer Zustimmung jederzeit möglich ist.
VP: Ja.
LA: Sind Sie mit amtswegigen Erhebungen und Überprüfungen bezüglich Ihrer Person und Ihrer Angaben vor Ort in Ihrem Heimatland, eventuell durch einen Vertrauensanwalt der Österreichischen Botschaft, einverstanden?
VP: Ja.
Frage an den Vertreter: Haben Sie Vorbringen?
Antwort des Vertreters: Nein. Ich habe kein Vorbringen.
Nach erfolgter Rückübersetzung:
LA: Haben Sie den Dolmetscher während der gesamten Befragung einwandfrei verstanden?
VP: Ja.
LA: Hat Ihnen der Dolmetscher alles, was Sie gesagt haben, richtig und vollständig rückübersetzt?
VP: Ja.
LA: Möchten Sie etwas berichtigen oder ergänzen?
VP: Nein."
12. Die Zweitbeschwerdeführerin gab in der Einvernahme am 02.04.2014 im Bundesamt, Regionaldirektion Vorarlberg im Wesentlichen wie folgt an:
"LA: Die anwesende Dolmetscherin ist als Dolmetscher für die Sprachen Russisch, Englisch und Italienisch bestellt und beeidet worden. Sind Sie einer dieser Sprachen mächtig und damit einverstanden in dieser Sprache einvernommen zu werden?
VP: Ja, natürlich in Russisch.
LA: Verstehen Sie die Dolmetscherin einwandfrei?
VP: Ja.
LA: Sie werden ausdrücklich darauf hingewiesen, dass Sie im Fall von Verständigungsschwierigkeiten jederzeit rückfragen können.
Erklärung:
Der Bescheid des Bundesasylamtes, mit dem Ihr Antrag auf internationalen Schutz abgewiesen wurde, wurde vom Asylgerichtshof behoben. Aus diesem Grunde ist eine weitere Einvernahme erforderlich geworden.
Wenn Sie während der Befragung eine Pause machen möchten, bitte sagen Sie es.
LA: Fühlen Sie sich geistig und körperlich in der Lage, die Einvernahme durchzuführen?
VP: Ja.
LA: Welche Sprache ist Ihre Muttersprache?
VP: Awarisch.
LA: Verstehen oder sprechen Sie auch andere Sprachen, insbesondere Deutsch?
VP: Ich kann Awarisch und Russisch. Deutsch kann ich das, was ich bei meinem Kurs gelernt habe. Ich habe den Kurs A2 besucht und das Zertifikat A2 erhalten.
LA: Haben Sie gegen eine der anwesenden Personen aufgrund einer möglichen Befangenheit oder aus sonstigen Gründen irgendwelche Einwände?
VP: Nein.
LA: Werden Sie in Ihrem Verfahren vertreten?
VP: Ja, der hier anwesende römisch 40 ist meine Vertrauensperson.
Frage an den Vertreter: Welchen Umfang hat die Ihnen vom Antragsteller erteilte Vollmacht?
Antwort: Ich vertrete die Antragstellerin im vollen Umfang.
LA: Wer vertritt Ihre minderjährigen Kinder in den gegenständlichen fortgesetzten Verfahren?
VP: Mein Mann und ich treffen gemeinsam die Entscheidung. Wir gemeinsam.
LA: Erheben Sie Ihre Angaben auch zu den Angaben Ihrer Kinder?
VP: Ja. Meine Angaben gelten auch für meine Kinder.
Nach Rückübersetzung.
LA: Hat Ihnen die Dolmetscherin alles, was Sie bisher gesagt haben, richtig und vollständig rückübersetzt?
VP: Ja.
LA: Möchten Sie etwas berichtigen oder ergänzen?
VP: Nein.
LA: Haben Sie in Ihrem bisherigen Asylverfahren in Österreich bis dato immer der Wahrheit entsprechende Angaben gemacht?
VP: Ja.
LA: Haben Sie im Verfahren vollständige Angaben gemacht und alle ihre Gründe für Ihren Antrag auf internationalen Schutz angegeben?
VP: Ja.
LA: Halten Sie Ihre bisherigen Angaben aufrecht?
VP: Ja.
LA: Besitzen Sie Identitätsdokumente aus Ihrem Heimatland oder haben Sie jemals welche besessen, insbesondere einen Reisepass, einen sonstigen Pass, einen Personalausweis oder einen Führerschein?
VP: Wir hatten Dokumente, als wir weggefahren sind, jetzt haben wir keine mehr.
LA: Welche Dokumente waren das?
VP: Es waren Auslandspässe und Inlandspässe. Die Dokumente hat immer mein Mann gehabt.
LA: Wann und von wem haben Sie die Auslandsreisepässe erhalten?
VP: Das war im Sommer 2012, im August haben wir die Pässe bekommen.
LA: Von wem haben Sie die Pässe bekommen?
VP: Bei einer Stelle in römisch 40 . Es war sicher eine offizielle Behörde.
LA: Hatten Sie vor diesen Auslandsreisepässen schon andere Auslandsreisepässe?
VP: Nein. Es waren die ersten Auslandsreisepässe.
LA: Aus welchem Grund, zu welchem Zweck, aus welchem Anlass haben Sie sich nun diese Reisepässe ausstellen lassen?
VP: Wir sind sonst nirgendwo hinzufahren und wir hatten uns entschlossen, in diesem Jahr nach Baku zu fahren.
LA: Nennen Sie Ihre genaue letzte Wohnadresse im Heimatland.
AW: römisch 40 .
LA: Wo, in welchem Objekt haben Sie dort gewohnt?
VP: Wir haben in einem Eigentumshaus gewohnt. Das Haus gehörte meinem Mann. Ich habe dort hingeheiratet.
LA: Haben Sie jemals andere Namen oder Identitäten geführt oder sich unter einer anderen Identität ausgegeben?
VP: Mein Familienname bei der Geburt war römisch 40 .
LA: Wann waren Sie das letzte Mal an Ihrem Wohnsitz in römisch 40 ?
VP: Am 28. September 2012.
LA: Wann haben Sie Ihr Heimatland verlassen?
VP: An diesem Tag.
LA: Haben Sie Ihr Heimatland vor der jetzigen Reise jemals verlassen?
VP: Nein, niemals. Ich war nie woanders.
LA: Haben Sie jemals für ein Land der Europäischen Union oder ein anderes Land ein Visum erhalten oder beantragt?
VP: Nein. Niemals.
LA: Aus welchen Mitteln haben Sie Ihren Lebensunterhalt in Ihrem Heimatland bestritten?
VP: Mein Mann hat gut verdient. Deswegen musste ich selbst nicht arbeiten. Vor den Kindern habe ich im Krankenhaus gearbeitet. Ich bin ausgebildete Hebamme.
LA: Welche beruflichen Tätigkeiten hat Ihr Mann zuletzt gemacht?
VP: Er war römisch 40 .
LA: Was hat er konkret gemacht?
VP: Er hat römisch 40 gemacht, zum Beispiel Brunnen gestaltet oder Skulpturen gemacht oder im Innenbereich alle möglichen Arbeiten gemacht, tapezieren oder ausmalen. Diese Art von Arbeit ist bei uns sehr verbreitet.
LA: Hat Ihr Mann auch noch einen anderen Beruf?
VP: Er ist auch römisch 40 . Aber seit wir verheiratet sind, hat er nicht mehr in der römisch 40 gearbeitet.
LA: Wissen Sie, aus welchem Grund er nicht mehr als römisch 40 gearbeitet hat?
VP Ich weiß es nicht, ihm haben die anderen Arbeiten besser gefallen.
LA: Welche Angehörige, Verwandte und Ihnen nahe stehende Personen besitzen Sie noch in Ihrem Heimatland?
VP: Meinen Vater, meine Mutter, einen Bruder und zwei Schwestern.
LA: Was machen diese Angehörigen allgemein?
VP: Meine Eltern sind in Pension. Mein Bruder ist römisch 40 Er arbeitet römisch 40 Eine Schwester ist zu Hause, sie ist verheiratet und hat zwei Töchter. Die zweite Schwester ist geschieden, sie hat ebenfalls zwei Töchter und sie arbeitet im römisch 40 des Dorfes, wo sie wohnt.
LA: Wo besitzt Ihr Bruder seinen Wohnsitz?
VP: Mein Bruder besitzt ein eigenes Haus in Dagestan, er ist verheiratet und hat einen Sohn. In der römisch 40 hat er nur eine Wohnung.
LA: Wo leben Ihre Eltern und Ihre Schwestern?
VP: Sie wohnen alle im Bezirk römisch 40 .
LA: Haben Sie Kontakt zu Ihren Angehörigen in Dagestan?
VP: Manchmal rufe ich sie an.
LA: Wie ist Ihr Verhältnis zu Ihren Eltern und Geschwistern?
VP: Ich habe ein gutes Verhältnis zu meinen Eltern. Auch zu meinen Geschwistern. Ich habe noch eine dritte Schwester. Sie ist aber weggefahren. Ich glaube sie ist 2011 weggefahren. Soweit ich weiß, ist sie nach Europa gefahren.
LA: Wo lebt Ihre Schwester derzeit? VP: Das weiß ich nicht.
LA: Wann hatten Sie den letzten Kontakt zu dieser Schwester.
VP: Ich weiß es nicht mehr. Schon ein Jahr bevor sie wegfuhr hatte ich keinen Kontakt mehr zu ihr.
LA: Wie ist Ihr Verhältnis zu dieser Schwester?
VP: Bis dahin war es in Ordnung. Seit einem Jahr bevor sie weggefahren ist hatte ich keinen Kontakt mehr.
LA: Können Sie den Namen und das Geburtsdatum dieser Schwester nennen?
VP: Sie heißt römisch 40 . Ich glaube sie heißt römisch 40 . Ich glaube sie ist 29 Jahre alt.
LA: Aus welchen Volksgruppen und Religionen setzt sich die Bevölkerung in Ihrem Heimatort römisch 40 zusammen? Beschreiben Sie Ihren Heimatort.
VP: Da wohnen viele Nationalitäten und Religionen.
LA: Aus welchen Volksgruppen und Religionen setzt sich die Bevölkerung in Ihrem Heimatort römisch 40 zusammen? Beschreiben Sie Ihren Heimatort.
VP: Dort sind alle Awaren und Moslem.
LA: Gehören Sie einer bestimmten Volksgruppe an?
VP: Ich bin Awarin.
LA: Welches Religionsbekenntnis besitzen Sie?
VP: Moslem.
LA: Gehören Sie einer bestimmten Glaubensrichtung des Islam an?
VP: Für mich gibt es nur einen Islam.
LA: Hatten Sie jemals persönlich mit der Polizei bzw. Polizisten in Ihrem Heimatland zu tun?
VP: Nein. Ich selbst nicht.
LA: Hatten Sie jemals persönlich mit den Behörden oder Gerichten in Ihrem Heimatland zu tun?
VP: Nein, auch niemals.
LA: Von welchem Ort aus haben Sie haben Sie Ihre Reise angetreten?
VP: Von zu Hause aus, von römisch 40 .
LA: Wann und womit haben Sie Reise angetreten?
VP: Wir sind sehr früh von zu Hause mit einem Pkw weggefahren. Es war wahrscheinlich ein Taxi. Es war am 28.09.2012 zirka um 06.00 Uhr früh.
LA: Sind Sie schlepperunterstützt gereist?
Einwurf des Vertreters:
Ich spreche mich gegen eine Beantwortung dieser Frage aus. Beide Personen sind in einem Strafprozess als Beschuldigte involviert.
LA: Wo verbrachten Sie die letzte Nacht vor Antritt der Reise?
VP: Vom römisch 40 08.2012 bis zum 28.09.2012 haben wir nicht zu Hause übernachtet. Wir waren da in einem Dorf und haben dort die Zeit verbracht und uns versteckt.
LA: In welchem Dorf und bei wem waren Sie?
VP: Ich weiß nicht wie das Dorf heißt. Der Bruder meines Mannes hat uns dorthin gebracht. Ich weiß nicht wer die Leute waren.
LA: Wo haben Sie bei den Leuten gewohnt?
VP: Ich kann mich schon gar nicht mehr erinnern.
LA: Beschreiben Sie das Objekt, in dem Sie gewohnt haben.
VP Sie hatten viele Zimmer, mindestens sechs.
LA: Wo haben Sie dort gewohnt?
VP: In einem eigenen Zimmer, wenn man hineinkommt auf der rechten Seite.
LA: Wo haben die Leute selbst während Ihres Aufenthaltes gewohnt?
VP: In den übrigen Zimmern halt.
LA: Wie haben Sie für Ihren Lebensunterhalt gesorgt, für die Lebensmittel?
VP: Wir haben das gegessen, was uns die Leute gegeben haben. Ich glaube, sein ältester Bruder hat sich darum gekümmert.
LA: Was verstehen Sie unter Asyl?
VP: Ich habe das Wort früher nie gehört. Ich habe es hier zum ersten Mal gehört. Ich verstehe es so, dass es Hilfe für Menschen bedeutet, die in Lebensgefahr schweben.
LA: Was erwarten Sie sich persönlich von Ihrem Asylantrag?
VP: Ich erhoffe mir, dass man uns hier in Ruhe leben lässt. Dass wir hier in Sicherheit sind. Das meine ich vor allem in Bezug auf meine Kinder.
LA: Aus welchen Mitteln bestreiten Sie Ihren Lebensunterhalt in Österreich?
VP: Die Caritas gibt uns Geld. Ganz selten gibt es diese Nachbarschaftshilfe durch die Caritas, dafür bekommen wir Geld. Ich glaube es ist so, dass wir 6 Euro in der Stunde bekommen und 6 Euro die Caritas bekommt.
LA: Erhalten Sie sonst von jemandem Unterstützung?
VP: Nein.
LA: Verfügen Sie selbst über Mittel zur Bestreitung Ihres Lebensunterhaltes?
VP: Nein.
LA: Wie verbringen Sie und Ihre Familienangehörigen die Zeit?
VP: Die Kinder gehen zur Schule. Bisher wurde unsere Tochter noch nicht im Kindergarten aufgenommen, deshalb kümmere ich mich um sie. Mein Mann und ich lernen Deutsch. Das ist alles.
LA: Können Sie sonst noch etwas dazu angeben?
VP: Beide Jungs gehen zum Fußballtraining. Mein Mann geht auch zum Fußballtraining.
LA: Haben Sie außer Ihrem Mann und Ihren Kindern Angehörige, Verwandte oder Ihnen nahe stehende Personen in Österreich oder einem anderen Land der EU?
VP: In Österreich habe ich niemanden. In Europa habe ich sonst niemanden.
LA: Geben Sie an, welche Gründe für Ihren Antrag auf internationalen Schutz Sie in Ihrem bisherigen Asylverfahren angegeben haben.
VP: Mein Mann hat in Lebensgefahr geschwebt. Mir direkt hat man nicht gedroht aber man hat ihm bezüglich meiner Person gedroht.
LA: Möchten Sie Ihren Angaben über die Gründe und über Vorfälle, weshalb Sie Ihr Heimatland verlassen haben, noch etwas hinzufügen?
VP: Nein. Es gibt außer der Lebensgefahr keine weiteren Gründe. Aus einem anderen Grund wäre ich auch nicht einverstanden gewesen, meine Familie dort zurückzulassen.
LA: Wenn es noch weitere Gründe oder Vorfälle in Verbindung damit gibt, so führen Sie diese jetzt an. Schildern Sie detailliert alle Gründe und konkreten Vorfälle, welche Sie zum Verlassen Ihres Heimatlandes veranlasst haben! Soweit Sie auf Ereignisse Bezug nehmen, werden Sie auch aufgefordert, den Ort und die Zeit zu nennen, wann diese stattfanden und die Personen zu benennen, die daran beteiligt waren sowie zu schildern, was sich genau ereignet hat und gesprochen wurde.
VP: Ich habe keine weiteren Gründe.
Nach Rückübersetzung.
LA: Hat Ihnen die Dolmetscherin alles, was Sie gesagt haben, richtig und vollständig rückübersetzt?
VP: Ja.
LA: Möchten Sie etwas berichtigen oder ergänzen?
VP: Ich möchte zu unserem Wohnsitz noch sagen, ich weiß schon, dass es das Haus der Eltern meines Mannes ist und dass meine Schwiegermutter dort wohnt, aber nach meinem Dafürhalten gehört das Haus meinem Mann. Ich möchte sagen, wir haben früher Deutsch gelernt, solange wir den Kurs besucht haben.
Vermerk: Die Korrektur der Jahreszahl auf Seite 5 von 2013 auf 2012 wird von der Dolmetscherin und dem Vertreter vorgenommen.
LA: Was erwartet Sie im Falle Ihrer Rückkehr in Ihr Heimatland?
VP: Ich bin davon überzeugt, dass mein Mann verschwinden wird. Möglicherweise wird er auch umgebracht und was dann aus mir und den Kindern wird, weiß ich nicht. Aber sicher nichts Gutes.
LA: Möchten Sie noch etwas dazu vorbringen?
VP: Es könnte auch sein, dass man uns umbringt, aber das kann ich nicht vorhersehen.
LA: Haben Ihre Kinder noch weitere, eigene Gründe für ihren Antrag auf internationalen Schutz?
VP: Nein.
LA: Von wem sollten Ihr Mann und Sie umgebracht werden?
VP: Von den Leuten, die ihn mitgenommen haben und die diese Drohungen ausgesprochen haben.
LA: Aus welchem Grund wurde Ihr Mann von den Leuten bedroht?
VP: Die Polizei hat ihn mitgenommen, wer sonst. Sie haben ihn gezwungen, irgendwelche Papiere zu unterschrieben. Ich glaube, dass sie ihm etwas anhängen wollten. Wahrscheinlich nur deswegen, damit sie ihn dann auch liquidieren können.
LA: Haben Sie selbst irgendwelche Wahrnehmungen in Verbindung mit den Vorfällen, die Sie zum Verlassen des Heimatlandes veranlasst haben, gemacht?
VP: Ich habe nicht gesehen, wie man ihn mitgenommen hat. Aber wie er nach Hause gekommen ist, das habe ich natürlich gesehen.
LA: Was haben Sie gesehen?
VP: In welchem Zustand er war, wie er ausgeschaut hat nach diesen drei Tagen der Abwesenheit.
LA: Schildern Sie den Zustand Ihres Mannes.
VP: Er hat schrecklich ausgesehen. Zwei Zähne waren ihm ausgeschlagen. Überall war Blut. Die rechte Seite des Gesichts war angeschwollen. Auch der rechte Fuß, das Knie besonders. Das tut ihm jetzt noch weh.
LA: Können Sie sonst noch etwas dazu angeben?
VP: Auf dem Rücken waren Blutergüsse und blaue Flecken. Er hat auch immer über Kopfschmerzen geklagt. Die hat er immer noch.
LA: Können Sie sonst noch etwas dazu angeben?
VP: Woran ich mich genau erinnern kann, er hat ganz stark nach Blut gerochen.
LA: Können Sie sonst noch etwas dazu angeben?
VP: Nein. Das war alles, woran ich mich erinnern kann.
LA: Haben Ihre Kinder irgendwelche Wahrnehmungen in Verbindung mit den Vorfällen, die Sie zum Verlassen des Heimatlandes veranlasst haben, gemacht?
VP: Die Kinder haben ihn auch in diesem Zustand gesehen.
LA: Was über die Kinder über die Vorfälle?
VP: Wir haben den Kindern natürlich nichts gesagt. Aber besonders der ältere Sohn hat glaube ich schon verstanden, was passiert ist. Er hatte sogar bevor mein Mann mitgenommen wurde schon Befürchtungen, dass seinem Vater etwas passieren könnte. Er war immer sehr ängstlich, wenn mein Mann nicht gleich nach Hause kam. Als mein Mann dann die drei Tage nicht da war, habe ich ihm gesagt, dass sein Vater beruflich verhindert ist, aber ich hatte den Eindruck, dass er mir das nicht glaubt.
LA: Was haben Sie dem Sohn über den Zustand des Vaters erklärt?
VP: Ich habe gar nichts gesagt. Ich hatte keine Zeit, mich darum zu kümmern. Ich musste mich um meinen Mann kümmern und um meine kleine Tochter. Wir sind ja dann ganz überstürzt weggefahren und haben bei Leuten gewohnt.
LA: Was haben Sie den Kindern über die Gründe, weshalb Sie die Heimat verlassen, erklärt? VP: Ich habe ihnen gar nichts gesagt. Mein Mann hat zwar mit ihnen geredet, aber ich weiß nicht, was er ihnen gesagt hat. Der ältere Sohn ist aber sehr erleichtert, dass wir hier sind und seit wir hier sind, ist er auch viel ruhiger geworden.
LA: Hatten Sie jemals selbst Kontakt mit den Feinden Ihres Mannes?
VP: Nein.
LA: Haben Sie sämtliche Gründe und Vorfälle, welche Sie zum Verlassen Ihres Heimatlandes veranlasst haben, angeführt?
VP: Ja.
LA: Wurde Ihnen ausreichend Zeit eingeräumt, ihre Probleme vollständig und so ausführlich, wie Sie es wollten, zu schildern?
VP: Ja.
LA: Welche zwei Zähne waren das, die Ihrem Mann gefehlt haben, als er nach Hause gekommen ist?
VP: Zwei Zähne im vorderen Bereich. Einer oben und einer unten.
LA: Ihrem Mann fehlen noch weitere Zähne. Aus welchem Grund fehlen ihm die anderen Zähne, wie hat Ihr Mann diese verloren?
VP: Das weiß ich nicht. Ich weiß nicht einmal, wie ich meine eigenen Zähne verloren habe.
LA: Seit wann fehlen Ihrem Mann die anderen Zähne?
VP: Ich kann mich nur daran erinnern, dass ihm da die vorderen gefehlt haben. Das hat ganz schrecklich ausgeschaut. Aber wie lange ihm die anderen schon fehlen, das weiß ich nicht. Er hat mir auch nicht viel über die Vorkommnisse in diesen drei Tagen erzählt. Wahrscheinlich wollte er mich nicht traumatisieren mit seinen Erzählungen.
LA: Was haben Sie den Kindern über die Vorfälle erzählt?
VP: Nichts. Wir haben ihnen nichts gesagt.
LA: Haben auch andere Einwohner Ihrer Heimatregion die gleichen Probleme wie Ihr Mann?
VP: Ja natürlich.
LA: Können Sie ein konkretes Beispiel nennen?
VP: Es ist so, dass man das immer wieder mitbekommt, dass Leute verschwinden und dass die Verwandten zur Polizei gehen und sich beschweren, dass man die Leute nicht finden kann.
LA: Können Sie ein konkretes Beispiel nennen?
VP: Ich kann jetzt keine Adresse und keinen Namen nennen. Ich kann nur ein Beispiel. Eines Tages sind wir aufgewacht, weil ein Nachbarhaus bombardiert wurde. In diesem Haus lebten eine schwangere Frau und ein junger Mann und keiner hat verstanden, warum das Haus angegriffen wurde.
LA: Von wem wurde das Haus angegriffen?
VP: Ich weiß es nicht. Aber irgendeine staatliche Einheit halt.
LA: Wie kommen Sie darauf, dass es eine stattliche Einheit war?
VP: Es waren Leute in Tarnanzügen. Das war nicht das einzige Haus in römisch 40 , das bombardiert wurde.
LA: Haben Sie sich wegen Ihrer Probleme an die Polizei gewandt?
VP: Nein.
LA: Warum nicht?
VP: Ich selbst bin nie hinausgegangen. Ich habe nichts unternommen. Wenn jemand etwas gemacht hat, dann war es der Bruder meines Mannes. Ich weiß nicht, ob er sich an jemanden gewandt hat.
LA: Haben Sie sich wegen Ihrer Probleme an ein Gericht, eine Behörde, einen Anwalt, eine Menschenrechtsorganisation oder sonst eine Stelle gewandt?
VP: Nein, auch nicht. Vielleicht hat er es versucht, ich weiß es nicht.
LA: Warum nicht?
VP: Wir wissen, dass das sinnlos ist.
LA: Wie kommen Sie darauf?
VP: In den ersten drei Tagen unternehmen sie sowieso nichts, weil sie sagen, man muss warten, dass die Person von selbst auftaucht.
LA: Woher wissen Sie das? VP: Ich habe das immer schon gewusst, das weiß ich vom Fernsehen, das weiß doch jeder.
LA: Wird im Fernsehen in Dagestan darüber gesprochen?
VP: Im offiziellen Fernsehen wird das natürlich nicht gezeigt. Aber man sieht es im Internet und man bekommt es mit, weil es in der unmittelbaren Nachbarschaft passiert.
LA: Woher wissen Sie konkret, dass sowieso nichts unternommen wird, wenn man sich an jemanden wendet?
VP: Ich weiß es, weil ich dort lebe.
LA: Können Sie ein konkretes Beispiel nennen, wo jemand verschwunden ist, sich die Leute an die Polizei oder eine Behörde gewandt haben und nichts gemacht wurde.
VP: Mein Mann kennt viele Leute in der Stadt und immer wieder verschwindet jemand und dann verfolgt man halt, wie das alles weitergeht. Es war sogar einmal so, dass es eine Schießerei gab, bei der eine Person getötet wurde und mein Sohn dazukam.
LA: Hatte Ihr Sohn etwas mit dem Vorfall zu tun?
VP: Er war zufällig in der Nähe, als das passiert ist. Das ist auf offener Straße passiert. Er war auf dem Heimweg. Als er nach Hause kam, war er ganz blass und hatte Atemnot wegen des Vorfalles.
LA: Auf wen wurde bei dem Vorfall geschossen?
VP: Er hat nicht viel gesehen, aber es war so, dass ein Mann einen anderen verfolgt hat und derjenige der geflüchtet ist, wurde eben dann erschossen.
LA: Können Sie ein konkretes Beispiel nennen, wo jemand verschwunden ist, sich die Leute an die Polizei oder eine Behörde gewandt haben und nichts gemacht wurde.
VP: Nein. Ich kann nichts Konkretes sagen.
LA: Was haben Sie nun weiter vor?
VP: Wenn man es uns erlaubt, möchten wir hier bleiben. Wir wollen ein ganz normales Leben führen wie alle anderen auch. In Sicherheit leben, dass es den Kindern gut geht. Vielleicht finde ich für mich auch eine Beschäftigung. Ich würde natürlich gerne die Sprache lernen so gut es geht und ich würde gerne in meinem Beruf arbeiten.
LA: Welche Arbeiten könnten und würden Sie sonst noch annehmen und verrichten?
VP: Wenn ich die Sprache gut könnte, würde ich gerne als Übersetzerin arbeiten. Sonst weiß ich nicht, weil ich sonst keine Ausbildung habe.
LA: Könnten Sie auch Hilfsarbeiten verrichten?
VP: Ja, wenn es notwendig ist. Ich würde mich vor keiner Arbeit scheuen.
LA: Hätten Sie die Möglichkeit, in einem anderen Teil Ihres Heimatlandes zu leben?
VP: Nein, weil es wäre auch in einem anderen Teil unseres Landes nicht sicherer gewesen.
LA: Was meinen Sie konkret damit?
VP: Wenn wir in Russland gelebt hätten, wäre es dort auch nicht sicherer gewesen. Man hätte uns dort aus religiösen Gründen verfolgt.
LA: Gibt es sonst noch Gründe, weshalb Sie nicht in einem anderen Teil Ihres Heimatlandes leben könnten?
VP: Nein.
LA: Was haben Sie bisher zur Lösung Ihrer Probleme unternommen?
VP: Wir sind hierher gekommen. Das war die einzige Möglichkeit für uns.
LA: Wer waren die Leute, bei denen Sie vor Ihrer Ausreise gewohnt haben?
VP: Sein Bruder hat uns dorthin gebracht. Ich denke es waren seine Bekannten.
LA: Wie heißen die Leute? VP: Ich weiß die Namen nicht. Ich weiß die Namen nicht mehr.
LA: Mit welchen Namen haben Sie die Leute angesprochen?
VP: Es war so, dass ich nie mit ihnen geredet habe. Deshalb habe ich sie auch nie angesprochen.
LA: Sie haben wochenlang bei Leuten in einem Haus mit 6 Zimmern gewohnt und wurden von diesen Leuten versteckt und verpflegt. Es ist nicht plausibel, dass Sie überhaupt nichts über die Leute wissen.
VP: Ich war diesen Leuten schon dankbar, dass sie uns aufgenommen haben. Aber ich war selber in so einem Stress und so einem Schockzustand, dass mir einfach die Kraft fehlte, um mich auch noch für diese Leute zu interessieren. Das waren ja fremde Menschen für mich.
LA: Wie viele Leute haben außer Ihnen noch in dem Haus gewohnt.
VP: Nur ein Ehepaar, Mann und Frau.
LA: Sind Sie damit einverstanden, dass ho. Behörde Einsicht in bereits vorliegende und künftig erhobene ärztliche Befunde nehmen kann, sowie dass die Sie behandelnden Ärzte, als auch behördlich bestellte ärztliche Gutachter wechselseitig Informationen zu den Ihre Person betreffenden erhobenen ärztlichen Befunde austauschen können? Sind Sie weiter mit der Weitergabe Ihrer medizinischen Daten an die Sicherheitsbehörde und die für die Grundversorgung zuständigen Stellen einverstanden? Sie werden darauf hingewiesen, dass ein Widerruf Ihrer Zustimmung jederzeit möglich ist.
VP: Ja.
LA: Sind Sie mit amtswegigen Erhebungen und Überprüfungen bezüglich Ihrer Person und Ihrer Angaben vor Ort in Ihrem Heimatland, eventuell durch einen Vertrauensanwalt der Österreichischen Botschaft, einverstanden?
VP: Ja.
Frage an den Vertreter: Haben Sie Vorbringen?
Antwort des Vertreters: Nach dem Urteil des EGMR im Fall 2964/12 kennzeichnet sich die Lage in Dagestan durch Aktivitäten bewaffneter Gruppierungen und ein allgemeines Niveau der Gewalt mit regelmäßig wiederkehrenden Menschenrechtsverletzungen und einem Gesamtklima der Straflosigkeit und des Fehlens effektiver Nachforschungen in Fällen des Verschwindens oder der Misshandlung. Die Berichte wiederholen auch Hinweise auf die Praxis von Repressalien und die Praxis der Sippenhaftung von Verwandten und behaupteten Unterstützern präsumptiver Aufständischer. Die Antragstellerin ist durch die Vorfälle vom römisch 40 .08.2012 schwer traumatisiert, war dies auch im unmittelbaren Anschluss daran und ist es bis heute. Beweis zum Thema einer posttraumatischen Belastungsstörung wird beantragt durch Einholung eines psychiatrischen Gutachtens.
Der Vertreter hat keine weiteren Vorbringen.
LA: Ich beende jetzt die Befragung. Hatten Sie Gelegenheit alles vorzubringen, was Ihnen wichtig erscheint oder wollen Sie noch etwas hinzufügen?
VP: Ich habe alles gesagt und möchte nichts mehr hinzufügen.
Nach erfolgter Rückübersetzung:
LA: Haben Sie den Dolmetscher während der gesamten Befragung einwandfrei verstanden?
VP: Ja.
LA: Hat Ihnen der Dolmetscher alles, was Sie gesagt haben, richtig und vollständig rückübersetzt?
VP: Ja."
In der Einvernahme legte der Vertreter folgende Schreiben vor:
43.1 nach ICD-10 gezeigt hat, dass er im Laufe der Beratung zwar stabilisiert werden konnte, die traumatischen Erlebnisse aber noch nicht aufgearbeitet worden seien.
13. Am 10.04.2014 teilte die Landespolizeidirektion Niederösterreich, Landeskriminalamt, Soko-Schlepperei-Nord mit, dass gegen den Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin Erhebungen wegen des Verdachtes der falschen Beweisaussage vor der Kriminalpolizei geführt würden und nach Abschluss der Erhebungen Anzeige an die Staatsanwaltschaft Bregenz erstattet werden würde, weil sie offenbar bewusst falsche Angaben über Ihre schlepperunterstützte Reise vor der Kriminalpolizei gemacht haben.
14. Mit den nunmehr angefochtenen Bescheiden des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl zu den Zahlen 29.04.2014, (1.) Zl. 821472305/1466088, (2.) Zl. 821472403/1566070, (3.) Zl. 821472501/1566061, (4.) Zl. 821472610/1566053, und (5.) Zl. 821472708/1566037, wurden die Anträge aller fünf Beschwerdeführer auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß Paragraph 3, Absatz 1 in Verbindung mit Paragraph 2, Absatz 1 Ziffer 13 AsylG 2005, Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 100 aus 2005, (AsylG) idgF, abgewiesen (Spruchpunkte römisch eins.) und gemäß Paragraph 8, Absatz 1 in Verbindung mit Paragraph 2, Absatz 1 Ziffer 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Russische Föderation abgewiesen (Spruchpunkte römisch II.). Unter Spruchpunkt römisch III. wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß Paragraphen 57 und 55 AsylG nicht erteilt, gemäß Paragraph 10, Absatz 1 Ziffer 3 AsylG in Verbindung mit Paragraph 9, BFA-Verfahrensgesetz, Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 87 aus 2012, (BFA-VG) idgF, gegen die Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß Paragraph 52, Absatz 2 Ziffer 2 Fremdenpolizeigesetz 2005, Bundesgesetzblatt INr 100 aus 2005, (FPG) idgF, erlassen und wurde gemäß Paragraph 52, Absatz 9 FPG festgestellt, dass deren Abschiebung gemäß Paragraph 46, FPG nach Russland zulässig sei. Gemäß Paragraph 55, Absatz 1 bis 3 FPG wurde festgehalten, dass die Frist für die freiwillige Ausreise zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage.
Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl stellte zusammengefasst fest, dass die Beschwerdeführer Staatsangehörige von Russland seien, Moslems, der Volksgruppe der Awaren angehören und aus der Teilrepublik Dagestan stammen. Die Identität stehe nicht fest und der Erstbeschwerdeführer wurde in seiner Person als gänzlich unglaubwürdig erachtet. Er habe in Einvernahmen mit seinem Vertreter in der Einvernahme im fortgesetzten Verfahren Angaben über seine schlepperunterstützte Reise verweigert und seine Mitwirkungspflicht verletzt. Er besitze eine Schulbildung von neun Jahren Grundschule und drei Jahren römisch 40 . Sein weiterer Lebensweg im Heimatland sei nicht erwiesen. Er sei schlepperunterstützt mit einem russischen Auslandsreisepass und einem gefälschten Visum am 11.10.2012 von der Ukraine her nach einer Grenzkontrolle über die Slowakei in die Europäische Union eingereist. Seine Ehefrau und seine drei minderjährigen Kinder seien am 13.10.2012 auf demselben Weg und die gleiche Weise nach Österreich eingereist. Er habe in der ersten Einvernahme am 18.01.2013 jegliche physischen oder psychischen Probleme und das Bestehen jeglicher Krankheiten ausdrücklich verneint. Erst in weiterer Folge habe er zwar Symptome einer posttraumatischen Belastungsstörung vorgebracht, es habe jedoch nicht festgestellt werden können, dass er sich in einem Gesundheitszustand befinde, welcher die Annahme rechtfertige, dass er dauerhaft behandlungsbedürftig sei bzw. unter einer Erkrankung leide, die in seinem Heimatland nicht ausreichend behandelbar wäre. Er wäre in Österreich auch bereit und in der Lage, unter anderem römisch 40 anzunehmen und zu verrichten. Das Verlassen von Dagestan am 28.08.2012 sei mit Bedrohung durch den russischen Inlands-Geheimdienst FSB begründet worden. Dieser Bedrohung habe der Erstbeschwerdeführer zugrunde gelegt, dass er aufgrund seines Bartes als islamistischer Terrorist verdächtigt, am römisch 40 .03.2012 festgenommen und für einen Tag festgehalten sowie am römisch 40 08.2012 festgenommen und bis römisch 40 10.2012 festgehalten und gefoltert worden sei. Jegliche weitere Gründe oder Vorfälle habe er ausdrücklich verneint. Sein Vorbringen sei nicht geeignet, die Gewährung von internationalem oder subsidiärem Schutz zu begründen. Festgestellt werde, dass es sich beim russischen Inlandsgeheimdienst FSB um eine reguläre staatliche Organisation handle, die beispielsweise auch in Zusammenarbeit mit Einheiten aus Österreich, den USA, Frankreich, Deutschland und Georgien zur Überwachung der olympischen Spiele in Sotschi eingesetzt gewesen sei. Zu den Aufgaben des FSB zähle unter anderem die Verhinderung von islamistischem Extremismus. Es habe nicht festgestellt werden können, dass die vom Erstbeschwerdeführer behaupteten Festnahmen aus asylrelevanten Gründen erfolgte wären. Das Bundesamt gehe davon aus, dass es sich bestenfalls um eine reine Überprüfung der Sicherheitskräfte im Zuge von Maßnahmen gegen extremistische Islamisten und allenfalls um Übergriffe einzelner Polizisten gehandelt habe, denen keine vom Staat geduldete ethnische Gewalt zugrunde liege. Der Beschwerdeführer habe außer seines Bartes keinen Grund zu nennen vermocht, weshalb ausgerechnet er festgenommen und geschlagen worden sein sollte. Festgestellt werde, dass das Tragen von Bärten unter den moslemischen Männern in seiner Heimatregion üblich sei. Seine Ehefrau und Kinder hätten sich ausschließlich auf den vom Erstbeschwerdeführer behaupteten Sachverhalt berufen und keine eigenen Gründe für ihre Anträge auf internationalen Schutz vorgebracht.
Die Angaben bezüglich Wahrnehmungen durch die Ehefrau und Kinder seien grundlegend widersprüchlich. Die Kinder und die Ehefrau des Erstbeschwerdeführers hätten in Wahrheit keine unmittelbaren persönlichen Wahrnehmungen von den vom Erstbeschwerdeführer behaupteten Vorfällen gemacht. Auch habe weder der Erstbeschwerdeführer, noch dessen Ehefrau den Kindern konkret etwas über die behaupteten Vorfälle erzählt. Damit habe von einer Einvernahme des ältesten Sohnes, des Drittbeschwerdeführers, Abstand genommen werden können. Es habe selbst bei angenommenem Wahrheitsgehalt des Vorbringens des Erstbeschwerdeführers daraus kein Anlass für psychische Probleme der Ehefrau oder der Kinder abgeleitet werden können. Er verfüge über ausreichend familiäre und soziale Anknüpfungspunkte in seinem Heimatland. Es würden dort nach wie vor die Mutter, drei Brüder und zwei Schwestern sowie 52 Cousins und Cousinen vom Erstbeschwerdeführer sowie verschiedene Verwandte der Zweitbeschwerdeführerin leben. Die Geschwister des Erstbeschwerdeführers sowie die Geschwister der Ehefrau seien berufstätig, unter anderem als römisch 40 und Arzt, die Beschwerdeführer würden zu all diesen Personen ein gutes Verhältnis pflegen. Es würden unter Berücksichtigung aller bekannten Tatsachen keine Umstände existieren, welche einer Rückkehrentscheidung und Abschiebung der Beschwerdeführer aus dem Bundesgebiet der Republik Österreich nach Russland entgegenstehen.
15. Gegen diese Bescheide des Bundesamtes wurde fristgerecht Beschwerde gegen alle drei Spruchpunkte erhoben.
Zusammengefast wurde ausgeführt, dass Artikel 39 der Richtlinie 2005/85/EG des Rates vom 01.12.2005 über Mindestnormen für Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Zuerkennung und Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft, ABl. L126 vom 13.12.2005, Seiten 13 -34, einen wirksamen Rechtsbehelf an ein unabhängiges Gericht oder Tribunal mit Vollkognition garantiere. Beantragt wurde die gänzliche Neudurchführung des Berufungsverfahrens durch ihre persönliche Anhörung vor dem Bundesverwaltungsgericht, wobei bei dieser Verhandlung die Einvernahmeprotokolle ohne weiteres einbezogen werden könnten, jedoch eine fundierte zusätzliche Anhörung unbedingt erforderlich sei.
Grundsätzlich würden die Beschwerdeführer keinen Sinn darin sehen, die rein destruktive Beweiswürdigung der Erstbehörde einzeln auf ihre evidente Unschlüssigkeit zu zerpflücken. Wer mit einem Vorurteil in eine Beweiswürdigung hineingehe, könne immer eine Begründung dafür finden, warum er eine bestimmte Behauptung nicht glaube. Die Beschwerdeführer würden sich beschränken darauf zu verweisen, dass die Struktur der Beweiswürdigung an sich so verfehlt sei, dass eine gänzliche neue Beweiswürdigung anhand persönlicher Anhörung der Beschwerdeführer durch das Bundesverwaltungsgericht erfolgen müsse. Die gänzliche Neudurchführung der Anhörung der Beschwerdeführer, wenn auch unter Heranziehung der Niederschriften vom 02.04.2014, werde auch aus zwei weiteren Gründen zwingend geboten sein. Trotz ausdrücklicher Verwahrung der Beschwerdevertretung habe die Erstbehörde dem Vertreter der Beschwerdeführer ein Fragerecht verweigert. So heiße es auf Seite 2 in der Niederschrift ausdrücklich, dass die Einvernahme ein Beweismittel sei, sie sei keine mündliche Verhandlung, sondern eine Befragung gemäß Paragraph 51, AVG, deren Ablauf der Leiter der Amtshandlung bestimme. Am Schluss der Einvernahme werde die Möglichkeit eingeräumt, sich zu äußern und Anträge zu stellen. Es werde ersucht, ein längeres Vorbringen schriftlich einzubringen. Außerdem werde eine Niederschrift gemäß Paragraph 14, AVG angefertigt, bezüglich derer alle die nach AVG zufließenden Rechte eingeräumt würden. Nun garantiere
Artikel 39 der bereits genannten Richtlinie aber eine mündliche Verhandlung, die die Anhörung vom 02.04.2014 nach eigener schriftlicher Protokollierung nicht gewesen sei und nicht hätte sein sollen. Soweit ersichtlich sei diese Formulierung der Niederschrift nicht vom Leiter der Amtshandlung entwickelt worden, sondern Vorgabe von höchster Stelle der Erstbehörde.
Es handle sich sohin um einen generellen Missstand in der Durchführung von Asylverfahren, der dazu führe, dass die erstinstanzlichen Anhörungen regelmäßig nicht den Mindestanforderungen der Richtlinie und eines geregelten Asylverfahrens entsprechen. Beantragt wurde der Vertretung der Beschwerdeführer im Rechtsmittelverfahren das Fragerecht gegenüber den Beschwerdeführern einzuräumen, da nur dann von einer ernsthaften Verhandlung im Sinne der Richtlinie gesprochen werden könne. Nur durch Befragung seitens qualifizierter Rechtsvertreter könne nämlich sichergestellt werden, dass eine Darstellung nicht rechtskundiger Personen (wie der Beschwerdeführer) juristische Konsistenz aufweise (oder sich im ungünstigen Fall aus der Befragung als inkonsistent erweise).
Der Leiter der erstbehördlichen Anhörung vom 02.04.2014 habe auch den Beweisantrag der Vertretung der Beschwerdeführer in seiner Bedeutung verkannt und behandle ihn daher in seinen Bescheiden unsachgemäß. Eine posttraumatische Belastungsstörung sei das Resultat einer schweren traumatischen Beeinträchtigung. Ob eine solche vorliege oder nicht, könne ein Laie nur in besonders krassen Fällen feststellen. Anderenfalls könne eine posttraumatische Belastungsstörung nur durch einen Fachmann verlässlich diagnostiziert werden. Daher habe die Vertretung der Beschwerdeführer ausdrücklich beantragt, dass bei der Anhörung der Beschwerdeführer ein Sachverständiger teilnehme. Dieser hätte die Möglichkeit gehabt, die Beschwerdeführer bei der Anhörung zu beobachten und daraus seine Schlüsse im Hinblick auf das Vorliegen einer posttraumatischen Belastungsstörung zu ziehen. Außerdem habe er gegebenenfalls an den richtigen Stellen die Möglichkeit gehabt, seinerseits Fragen an die Beschwerdeführer zu stellen, wie dies in jedem Gerichtsverfahren der Fall wäre. Die Durchführung der Anhörung vom 02.04.2014 sei daher in mehrfacher Hinsicht nicht sachgerecht und pflichtwidrig. Diese Einschätzung gelte unabhängig davon, dass die Dolmetscherin einen überdurchschnittlich guten "Job gemacht" habe und die Anhörung durchaus korrekt und protokolliert worden sei. Aus diesen Gründen werde es unerlässlich sein, vor dem für die Beschwerde zuständigen Bundesverwaltungsgericht eine neuerliche Anhörung durchzuführen und dabei der Vertretung der Beschwerdeführer Gelegenheit zu geben, die entsprechenden Fragen zu stellen, und all dies in Anwesenheit eines Spezialisten für traumatische Belastungsstörungen, sei es aus dem Fach der Psychiatrie oder Psychologie mit der Möglichkeit, dass auch dieser Fragen stellen könne.
Somit liege zusammenfassend ein unverwertbares Ergebnis der Anhörungen vom 02.04.2014 vor, die somit durch eine erneute Anhörung vor dem Beschwerdegericht umfassend ergänzt werden müsse. In der Sache beschränke sich die Beschwerde auf wenige Aspekte, die auch hier den destruktiven Charakter der faktischen Würdigung der Bedrohungssituation aufzeigen würde. Um die Glaubwürdigkeit von Asylwerbern einschätzen zu können, müsste man wie gerade auch im Fall der Beschwerdeführer die familiäre und wirtschaftliche Situation im Ausgangsland berücksichtigen. Diesbezügliche nachprüfbare und erschöpfende Feststellungen würden in den Erstbescheiden völlig fehlen.
Ein Familienvater mit Frau und drei Kinder verlasse seine Heimat nicht aus Jux und Tollerei, vor allem dann, wenn er in der Heimat offenkundig wirtschaftlich und sozial recht gut verankert gewesen sei. Aus den gesamten Darstellungen, aus den Sprachkenntnissen und aus der allgemeinen intellektuellen Leistungsfähigkeit der Beschwerdeführer sei abzuleiten, dass diese in ihrem Herkunftsland an sich kein schlechtes Leben gehabt hätten. Es liege daher nahe, davon auszugehen, dass es ein schweres Trauma gegeben habe, damit die Beschwerdeführer das Heimatland verlassen. Mit diesem Hauptgesichtspunkt der Berücksichtigung der konkreten Verhältnisse im Ausgangsstaat, die ein zentrales Anliegen jeder Menschenrechtsorganisation im Flüchtlingsbereich seien, müsse sich ein Bescheid auseinandersetzen, andernfalls sei Willkür der Beweiswürdigung zu unterstellen. Die zweite zentrale Behauptung, die mit großer Souveränität die Realität leugne, auch entgegen den in den Bescheiden zitierten Länderberichten, sei die Behauptung der Bescheide, dass der FSB, also der russische Geheimdienst anlässlich der Olympischen Spiele von Sotschi mit westlichen Geheimdiensten kooperiert habe und daher als Rechtsstaatsorganisation eines rechtsstaatlichen Landes einzuschätzen sei. Man müsse nur die aktuellen Tageszeiten aufschlagen, um den rechtsstaatswidrigen, teilweise aggressiven und brutalen Charakter der Russischen Föderation unter ihrem Staatschef Putin zu erkennen. Das Land habe unlängst, ohne mit der Wimper zu zucken, die zur Ukraine gehörende Krim überfallen und anschließend annektiert. Im Osten der Ukraine unterstütze Russland Terroristen, obwohl diese sogar OSZE-Beobachter in Haft nehmen und versuchen würden, sie gegen Straftäter auszutauschen. Russland anerkenne ausdrücklich Pseudoreferenden wie in der Ostukraine, obwohl deren rechtsstaatswidriger Charakter offensichtlich sei. Die Brutalität der Unterdrückung der Tschetschenen, aber auch des Krieges gegen Georgien sei evident und jedem Zeitungsleser bekannt. Auch der Umgang mit der Zivilgesellschaft sei legendär. Es sei die Neudurchführung des beschwerdegerichtlichen Verfahrens mit nochmaliger Anhörung der Beschwerdeführer in Anwesenheit eines Psychiaters erforderlich.
16. Die Beschwerden wurden unter Anschluss der Akten der zuständigen Gerichtsabteilung des Bundesverwaltungsgerichts am 13.06.2014 zugewiesen.
17. In der Folge wurde aufgrund des Antrags der Beschwerdeführer ein Sachverständiger aus dem Fachgebiet der Psychologie bestellt.
Am 15.05.2015 langte die vom Bundesverwaltungsgericht aufgetragene Stellungnahme, datiert mit 13.05.2014 ein, wonach gegen den vom Bundesverwaltungsgericht bestellten Sachverständigen keine Einwände der Beschwerdeführer bestehe. Es wurde bekannt gegeben, dass sich der minderjährige Drittbeschwerdeführer und der minderjährige Viertbeschwerdeführer nach wie vor in begleitender Psychotherapie befinden. Weiters wurde eine Bestätigung eines Instituts für Sozialdienste vom 12.05.2015 übermittelt, wonach sich der Viertbeschwerdeführer seit 12.08.2014 und der Drittbeschwerdeführer seit 25.06.2014 regelmäßig in psychologischer Beratung befinden.
Am 01.06.2015 langte eine Eingabe beim Bundesverwaltungsgerichte ein, mit welcher ein psychologischer Bericht vom 26.03.2014 übermittelt wurde, der feststellte, dass beim Erstbeschwerdeführer Symptome einer posttraumatischen Belastungsstörung (F 43.1 nach ICD 10) festgestellt wurden. In der psychologischen Bestätigung hinsichtlich der Zweitbeschwerdeführerin vom 26.03.2014 wurde festgestellt, dass die Zweitbeschwerdeführerin seit 24.02.2014 wegen Angst und Depression in die psychologische Beratung komme. Hinsichtlich des Erstbeschwerdeführers wurde in einem Befund vom 06.05.2015 eines Krankenhauses "Refluxösophagitis (K21.0) und Gastritis, HUT positiv (K29.7) diagnostiziert. Im Befund eines Arztes für Allgemeinmedizin vom 08.05.2015 wurde "Gonarthose re."
diagnostiziert.
18. Am 29.06.2015 wurde vom Bundesverwaltungsgericht hinsichtlich des Gesundheitszustandes des Erstbeschwerdeführers und der Zweitbeschwerdeführerin ein psychologisches Gutachten, datiert mit 25.06.2015, erstellt von einem Klinischen- und Gesundheitspsychologen sowie allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen und Psychotherapeut eingeholt.
Im Gutachten wurde hinsichtlich des Erstbeschwerdeführers im Wesentlichen festgestellt, dass beim Erstbeschwerdeführer und bei der Zweitbeschwerdeführerin zum Untersuchungszeitpunkt am 11.06.2015 von einer posttraumatischen Belastungsstörung auszugehen sei. Es komme immer wieder zu psychosomatischen Beschwerden, Nachhallerinnerungen (Flashbacks), panikartigen Angstzuständen, Albträumen und Schlafstörungen. Auch würden Aktivitäten und Situationen vermieden, die die Erinnerung an das Trauma auslösen könnten. Es seien zum Untersuchungszeitpunkt keine Anzeichen einer Persönlichkeitsstörung oder psychotische Symptome im Sinne von psychosetypischen Denk- und Affektstörungen zu erkennen gewesen. Um das Geschehene und Erlebte zu verarbeiten wäre eine psychotherapeutische bzw. psychologische Behandlung sehr zu empfehlen und sinnvoll. Sollte es zu einer Verstärkung der Symptomlage kommen, wäre eine fachärztliche (psychiatrische) und medikamentöse Behandlung (Psychopharmaka) zu empfehlen. Der Erstbeschwerdeführer nehme Schmerzmittel für den Kopf sowie Magenmedikamente ein. Die Einnahme von Psychopharmaka werde sowohl vom Erstbeschwerdeführer als auch von der Zweitbeschwerdeführerin verneint. Auf Grund der zur Verfügung stehenden Informationen und der Befundergebnisse sei beim Erstbeschwerdeführer und der Zweitbeschwerdeführerin zum Untersuchungszeitpunkt von einer posttraumatischen Belastungsstörung auszugehen. Eine Retraumatisierung und eine Verstärkung der Symptomlage wären sehr wahrscheinlich. Dies würde mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit zu einer massiven Verschlechterung der psychischen Gesundheit der Untersuchten führen. Aus klinisch psychologischer Sicht wäre eine Überstellung in den Herkunftsstaat aus den genannten Gründen nicht empfehlenswert. Es würde mit einer sehr hohen Wahrscheinlichkeit zu einer Retraumatisierung und einer Verstärkung der Symptomlage sowie zu einer massiven Verschlechterung der allgemeinen psychischen Gesundheit kommen. Daher wäre es den Untersuchten mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht möglich den Geschäften des täglichen Lebens in ausreichender Form nachzukommen. Mit den zur Verfügung stehenden Informationen könne zum Untersuchungszeitpunkt von keiner Selbst- bzw. Fremdgefährdung gesprochen werden. Auf Grund der zur Verfügung stehenden Information wird im Gutachten davon ausgegangen, dass die Untersuchten in der Lage sind an einer Beschwerdeverhandlung bzw. an einer Befragung teilzunehmen und das Erlebte wiederzugeben. Da dies aber eine enorme psychische Belastung darstelle, seien genügend Pausen und die Beiziehung einer psychologischen bzw. psychotherapeutischen Fachkraft während und vor allem nach der Verhandlung bzw. der Befragung zu empfehlen. Der Erstbeschwerdeführer gebe in der Befundaufnahme an, dass er sich dem gewachsen fühle, wenn es sein müsse.
Die Gefahr einer Retraumatisierung mit einer Verschlechterung der Symptome könne aber nicht gänzlich ausgeschlossen werden. Auf Grund der zu erwartenden hohen psychischen Belastung bezüglich einer Einvernahme sei die Anwesenheit eines Psychologen bzw. Psychotherapeuten währenddessen sehr empfehlenswert. Auch die Untersuchten selbst würden dies als Erleichterung und Unterstützung sehen. Aus klinisch psychologischer Sicht sei auf Grund der hohen psychischen Belastung einer derartigen Befragung eine psychologische bzw. psychotherapeutische Nachbetreuung indiziert. Üblicherweise seien Furcht vor und Vermeidung von Stichworten, die den Betroffenen an das ursprüngliche Träume erinnern könnten. Es komme oft zu einer Vermeidung von Reizen, die eine Wiedererinnerung an das Trauma hervorrufen könnten. Traumaopfer würden immer wieder berichten, dass sie das Erlebte einfach nur vergessen wollten und es nicht immer und immer wieder erzählen wollten und könnten. Es könne aus klinisch psychologischer Sicht gefolgert werden, dass eine psychische Beeinträchtigung Einfluss auf das Aussageverhalten bei den österreichischen Behörden gehabt haben könnte. Dies könne aber nachträglich nicht mit letzter Sicherheit festgestellt und beantwortet werden. Es sei jedoch anzunehmen, dass der Untersuchte Reize und Situationen vermeide, die ihn an das Trauma erinnern bzw. wieder in ihm wachrufen würden. Dadurch könne es auch in weiterer Folge zur Beeinflussung seines Aussageverhaltens kommen. Auf Grund der zu Grunde liegenden Informationen scheinen laut Feststellungen im Gutachten, die Untersuchten derzeit geschäftsfähig zu sein. Die Symptome und das psychische Befinden würden derzeit nicht die Geschäftsfähigkeit der Beschwerdeführer beeinflussen.
19. Am 06.08.2015 wurden hinsichtlich der Beschwerdeführer folgende Unterlagen übermittelt:
20. Der Erstbeschwerdeführer (= BF1) und die Zweitbeschwerdeführerin
(= BF2) wurden im Rahmen der Beschwerdeverhandlung am 07.08.2015 vor
dem Bundesverwaltungsgericht in Anwesenheit der Rechtsberaterin (=
"R zu RB: Ich entnehme dem Akteninhalt, dass der vorherige Regierungsvorlage in den bisherigen Vernehmungen den Eindruck hatten, nicht ausreichend Fragen stellen zu können. Dies wird hier selbstverständlich möglich sein, und ich werde Ihnen hierfür nach Ende meiner Befragung die Möglichkeit einräumen.
RB: Ja.
Eröffnung der Verhandlung
(...)
R verweist auf die Teilnahme von Dr. römisch 40 als Sachverständiger an der gegenständlichen Verhandlung und darauf, dass er bereits durch Beschluss vom 18.05.2015 zum Sachverständigen bestellt wurde und bereits eine Beweisaufnahme am 11.06.2015 stattgefunden hat.
R ermahnt den Sachverständigen, die Wahrheit anzugeben, nichts zu verschweigen, und belehrt über die strafrechtlichen Folgen eines falschen Gutachtens (Paragraphen 288,, 289 StGB).
R befragt die BF, ob diese psychisch und physisch in der Lage sind, der heute stattfindenden mündlichen Verhandlung zu folgen und die an sie gerichteten Fragen wahrheitsgemäß zu beantworten bzw. ob irgendwelche Hindernisgründe vorliegen.
BF1: Ich fühle mich geistig und körperlich in der Lage, an der Verhandlung teilzunehmen.
BF2: Ich fühle mich geistig und körperlich in der Lage, an der Verhandlung teilzunehmen.
R zu SV: Könnten Sie bitte eine kurze Zusammenfassung hinsichtlich der bereits stattgefundenen Begutachtung der beiden BF geben.
SV: Der Eindruck ist ganz gut. Ich bin der Meinung, dass die BF an der Verhandlung teilnehmen können. Ich hatte zwar nicht die Möglichkeit mit ihnen zu sprechen, aufgrund der sprachlichen Schwierigkeiten. Sie wirken weder klinisch depressiv noch bewusstseinsgetrübt.
R: Ich ersuche Sie, mir sofort mitzuteilen, sobald es irgendwelche Hinweise einer problematischen Situation der Einvernahmefähigkeit geben sollte.
R zu SV: Wie schätzen Sie die Einvernahmefähigkeit der Beschwerdeführer nach ihrem letzten Eindruck sowie der heutigen Situation ein?
SV: Unverändert. Sie waren bei der Erstellung des Gutachtens gut befragbar und sind momentan stabil.
R: Wie schätzen Sie die Fähigkeit der beiden BF ein, auf Fragen wahrheitsgemäß zu antworten?
(...)
Befragung des Sachverständigen zum Gutachten vom 29.06.2015
R an SV: Sie sind sowohl bei BF1 als auch bei BF2 von einer "posttraumatischen Belastungsstörung" ausgegangen. Welche Behandlungsmaßnahme erachten Sie als wirkungsvoll im konkreten Fall? Haben Sie den Eindruck, dass diese Maßnahmen von BF1 und BF2 entsprechend konsequent umgesetzt werden?
SV: Ich würde eine psychotherapeutische Behandlung empfehlen mit fachärztlicher Betreuung, dieser sollte entscheiden, ob Medikamente erforderlich sind oder nicht. Es ist auf jedenfalls sinnvoll, eine psychotherapeutische Behandlung durchzuführen. Hierbei gibt es aufgrund der Kapazitäten und sprachlichen Barrieren Mängel. Die Behandlung findet nach meinem Wissenstand nicht stand. Der Sohn ist in psychotherapeutischer Behandlung.
R an BF1: Befinden Sie und Ihre Frau sich in psychotherapeutischer Behandlung?
BF1: Derzeit nicht aber wir hatten psychotherapeutische Behandlung, wir wollten die Therapie weiter fortführen, es war jedoch nicht möglich, aufgrund von Kapazitätsmängel. Wir haben gewartet, weil kein Platz frei war. Wir haben erst 2013 oder 2014 mit der Behandlung begonnen. Wir mussten zuerst Deutschkurse absolvieren.
R: Hat die Therapie mit Dolmetsch stattgefunden?
BF1: Ja.
R: Nehmen Sie Medikamente?
BF1: Nein, auch meine Frau nicht.
R an SV: Was halten Sie von einer Medikation der beiden BF hinsichtlich der PTBS?
SV: Ich würde empfehlen angstlösende und beruhigende Medikamente. Eventuell Schlafmittel
BF1: Man hat uns nichts verschrieben. Meine Frau und ich behandeln uns gegenseitig.
R an SV: Sie schreiben in Ihrem Gutachten, dass eine Abschiebung der BF in die RF wahrscheinlich zu einer Retraumatisierung und Verschlechterung führen würde. Wenn nun im Zielland eine entsprechend medizinische und psychiatrische Versorgung verfügbar ist, wäre eine derartige Verschlechterung des Zustands behandelbar?
SV: Ja, wenn sich die Umstände ändern. D.h. wenn keinerlei Verfolgungshandlungen gegeben wären, wäre die Möglichkeit einer Behandlung gegeben. Die Grundlage dafür ist jedenfalls, dass sie sich sicherfühlen.
R an SV: Sie schreiben, dass durch das Risiko einer Überstellung aufgrund der psychischen Situation eine Überstellung nicht empfehlenswert wäre. Nun kommt es durchaus vor, dass Menschen mit PTBS in die Russische Föderation überstellt werden, da diese dort sehr gut behandelbar ist (Verweis auf Länderberichte). Was sagen Sie dazu?
SV: Wenn sich die Rücküberstellten nicht sicherfühlen und es zu Verfolgungshandlungen kommt, dann besteht die Möglichkeit, dass die psychische Gesundheit sich verschlechtert bis zur klinischen Depression und Suizid-Gefahr.
R: Ist im Fall der BF von einer Depression auszugehen?
SV: Nein, eher von einer depressiven Verstimmung, verbunden mit großen Ängsten.
R an SV: Sie schreiben auch, dass die BF mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht an den Geschäften des täglichen Lebens nachkommen könnten. Wie kommen Sie zu der Annahme? Welche konkrete Gefährdung sehen Sie? Bitte führen Sie dies mit Bezugnahme auf die konkreten BF aus.
SV: Sie könnten nicht arbeiten gehen und das tägliche Brot verdienen. Ich sehe derzeit jedoch keine Einschränkungen, wie z.B. essen, schlafen gehen usw.
R: Sehen Sie ein aktuelles konkretes Risiko einer Fremd- oder Selbstgefährdung der BF?
SV: Nein.
Regierungsvorlage, Das Gutachten galt für die Eltern. Für den Sohn römisch 40 gab es kein Gutachten.
R an Regierungsvorlage, Haben Sie eine Frage an den SV.
Regierungsvorlage, Was wäre Ihre Sorge um BF1, BF2 und Sohn, wenn diese rücküberstellt werden müssten?
SV: Ich denke, dass es zu einer Verschlechterung des psychischen Zustandes kommen könnte, wie bereits oben ausgeführt, falls Verfolgungshandlungen gegeben sind.
Beginn der Befragung von BF1; BF2 verlässt den Gerichtssaal
R: Haben Sie mittlerweile ein Identitätsdokument?
BF1: Nein, nur die weiße Karte.
R: Sie sind mit Auslandsreisepass ausgereist. War es schwierig für Sie, einen derartigen Pass zu erhalten? Wie erklären Sie sich, dass Sie einen derartigen Pass erhalten haben, obwohl Sie andererseits verfolgt wurden?
R: Ich habe den Pass bekommen, bevor mir das alles zugestoßen ist. Wir wollten nämlich anlässlich des Geburtstages meines Sohnes nach Baku fahren. Wir haben 1 1/2 bis 2 Monate vorher, den Pass beantragt. Ich habe den Pass Anfang August 2012 erhalten.
R: Sind Sie sicher, dass Sie den Auslandsreisepass Anfang 2012 erhalten haben?
BF1: Ja, ich habe im Juni den Pass beantragt. Nach einer Wartezeit von 2 Monaten habe ich im August den Pass erhalten.
R: Hatten Sie bis zur Antragstellung des Passes Probleme in Ihrer Heimat?
BF1: Ja, i m März. Ich wurde nur zwei Stunden festgehalten und wurden mir Fingerabdrücke und Blut abgenommen.
R: Wie erklären Sie sich, dass Sie im März 2012 schon erstmals Probleme hatten, und Ihnen dann ein Auslandsreisepass ausgestellt wurde. Das widerspricht sämtlichen Länderberichten.
BF1: Ich hatte keine großen Probleme. Wenn jemand mit Bart unterwegs ist, dann wird er angehalten und erkennungsdienstlich behandelt.
R: Was ist passiert, dass Sie noch im August 2012 auf Urlaub nach Aserbaidschan fahren wollten, sie Ihre ersten Probleme bereits im März 2012 hatten und plötzlich fliehen mussten?
BF1: Im März hatte ich keine richtigen Probleme. Ich wurde das erste Mal angehalten Es war kein Problem an sich. Man hat mir auch nicht gesagt, dass ich nicht wegfahren darf. Ich wollte nur sagen, dass ich das erste Mal mit so einer Situation konfrontiert wurde. Ich wurde wieder freigelassen, es ist nichts Großartiges passiert.
R Hinweis: Es geht darum, Ihr Verfahren und das Ihrer Kinder als Familienverfahren inhaltlich zu entscheiden. Es geht hier um die negativen Bescheide des BFA vom 29.04.2014
R: Sie wurden im Rahmen dieses Asylantrags bereits beim Bundesasylamt bzw. den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes niederschriftlich einvernommen. Wie würden Sie die dortige Einvernahmesituation beschreiben? Haben Sie die Dolmetscher bei Ihren bisherigen Einvernahmen gut verstanden?
BF1: Es gab sowohl das erste als auch das zweite Mal Situation wo ich die D verstanden haben, aber sie mich nicht. Es wurde nicht alles protokolliert, was ich gesagt habe bzw. wurde nicht richtig protokolliert.
R: Wieso haben Sie dann nicht gesagt? Sie haben die Protokolle alle unterschrieben.
BF1: Ich konnte nicht Deutsch.
R: Wurde nicht rückübersetzt?
BF1: Manche Worte wurden mir anders übersetzt bzw. nicht übersetzt.
R: Stimmen die Einvernahmeprotokolle nicht? Was konkret hat nicht gestimmt?
BF1: Das erste Mal wurde ich in Innsbruck einvernommen. Dort wurde nicht richtig protokolliert. Die Einvernahme war sehr kurz, sie hat nur eine halbe Stunde gedauert. Ich habe das verstanden. Was die letzte Einvernahme betrifft, habe ich nichts hinzuzufügen. Meine Kritik betrifft vor allem die erste Einvernahme. Man hat mich immer wieder unterbrochen und mich angewiesen, mich kurz zu halten. Ich wusste das nicht, es hat mir nie erklärt.
R: Verstehen Sie Mag. römisch 40 gut?
BF1: Ja. Ich habe auch das Gefühl, dass sie mich gut versteht
R: Wenn es Probleme mit der Übersetzung gibt, sagen Sie das bitte.
BF1: Ja.
R: Haben Sie bisher in Ihrem Asylverfahren immer die Wahrheit gesagt?
BF1: Ja.
R: Sind Sie vorbestraft in Österreich? Ist derzeit gegen Sie ein Gerichtsverfahren anhängig?
BF1: Nein.
R: Sind Sie vorbestraft in der Russischen Föderation?
BF1: Nein.
R verweist auf Strafregisterauszug vom 06.08.2015 wonach keine Verurteilung aufscheint.
R: Hat sich an den Gründen Ihrer Asylantragstellung seit Erhalt des angefochtenen Bescheids vom 29.04.2014 etwas geändert? Halten Sie den Inhalt der Beschwerdeschrift aufrecht?
BF1: Ich halte alles aufrecht, es hat sich nichts geändert.
R: Erklären Sie mir jetzt bitte, aus welchen Gründen Sie sich konkret verfolgt fühlen, und nicht mehr in die Russische Föderation zurückkehren können. Bitte geben Sie diese Gründe vollständig und wahrheitsgemäß in chronologischer Reihenfolge und ausführlich an!
BF1: Es war am 10.08.2012, in der Früh, ich ging zur Arbeit. Es kamen zwei Autos auf mich zu. Es waren 6 maskierte Personen. Man hat mich sofort gepackt, und mir einen Sack über den Kopf gestülpt. Mir wurden Handschellen am Rücken angelegt. Wir sind ca. 20 Minuten mit dem Auto gefahren. Dann wurde ich in einen Kellerraum gebracht. In diesem Raum hat man mir den Sack und die Handschellen abgenommen. Dort waren noch zwei andere Personen. Sie waren stark misshandelt. Einer von ihnen war stark angeschwollen. Ich habe diese Personen dort das erste Mal gesehen. Einer ist dort gelegen. Er war sehr schlecht beisammen. Nach zwei Stunden kamen die Personen wieder, haben mir wieder einen Sack über den Kopf gestülpt und mich in einen Nachbarraum gebracht. Ich wurde dort geschlagen, mit dem Sack am Kopf. Ich habe gefragt, warum ich geschlagen werde, was man von mir will und was ich getan habe. Man hat mir nicht geantwortet sondern nur auf mich eingeschlagen. Ich wurde auch mit den Füßen getreten. Ich bin vom Stuhl gefallen. Ich wurde weiter misshandelt und wurde bewusstlos. Als ich zu mir kam, war ich wieder in dem Raum, in dem ich mich vorher befand. Ich hatte große Schmerzen, am Kopf und am Körper. In der Nacht ist der Mann, der so stark geschwollen war, gestorben. Er hat aus dem Mund geblutet. Wir haben geschrien, aber es kam niemand. Wir haben die eine Nacht dort verbracht. In der Früh sind die Leute wieder gekommen und haben die Leiche geholt. Tagsüber bin ich dann in dem Raum gesessen. Am Nachmittag wurde ich in einen anderen Raum gebracht und wurde mir wieder ein Sack über den Kopf gestülpt. Mir wurde der Sack runtergenommen, es waren zwei maskierte und eine Person ohne Maske da. Ich wurde befragt. Mir wurden Fotos von Leuten gezeigt. Man hat mich gefragt, in welche Moschee ich gehe. Ich wurde auch nach konkreten Personen gefragt ob ich sie kenne. Ich habe gesagt, ich kenne sie nicht und sehe sie das erste Mal. Mir wurde gesagt, ich sollte diese Leute kennen. Man sagte mir, ich solle in Erfahrung bringen, wer das ist. Ich habe gesagt, dass ich nicht weiß, wer das ist, und ich keine Ahnung habe, woher ich die Leute kennen sollte.
R: Wie geht es Ihnen jetzt?
BF1: Gut.
SV: Er wirkt belastet. Aber ich glaube es geht.
R: Wo waren Sie, als die Leute am 10.08.2012 zu Ihnen kamen?
BF1: ich war unterwegs zur Arbeit.
R: Waren Sie auf der Straße oder in einem Fahrzeug?
BF1: Ich war auf einer Straße, sie heißt römisch 40 . Das ist eine Ausfahrt von römisch 40 .
R: Wie erklären Sie sich, dass Sie in Ihrer ersten Aussage ausgesagt haben, man hätte Sie in Ihrer Arbeitsstätte abgeholt. Jetzt sagen Sie, Sie wären auf der Straße gewesen. Können Sie das erklären?
BF1: Ich war unterwegs zur Arbeit und wurde mitgenommen.
R: Ist es korrekt, dass Sie noch nicht an der Arbeitsstelle waren? (Verweis auf Widerspruch erste Befragung, wonach BF in der Arbeitsstätte abgeholt worden wäre)
BF1: Ich war am Weg dorthin.
R: Können Sie sich erinnern, wie spät es war.
BF1: In der Früh. Es war vielleicht zwischen 8 und 9 Uhr.
R: Wie viele Autos sind gekommen?
BF1: Zwei.
R: Sind Sie sich sicher?
BF1: Ja. Weil ich diese Autos gesehen habe. Eines kam auf der einen, das zweite auf der anderen Seite.
R: Wieso haben Sie dann in Ihrer zweiten Befragung ausgesagt, dass nur ein Auto gekommen ist?
BF1: Ich glaube zwei oder eines.
R: Können Sie sich an die Situation erinnern, oder nicht?
BF1: Ich kann mich nicht gut erinnern. Ich glaube es waren zwei Autos, ich weiß es aber nicht mehr genau. Es ist doch eine Kleinigkeit. Ich muss mich wieder an alles erinnern.
R verweist auf Wahrheitsverpflichtung.
BF1: Ich kann mich nicht mehr erinnern.
R: Wie viele Menschen sind gekommen?
BF1: Es waren 6 Personen, drei haben mich ins Auto verfrachtet. Man hat mir eine Maske und Handschellen angelegt. Ich glaube, es waren 6 Personen, ich denke es waren 6 Personen.
R: 6 Personen und ein oder zwei Autos?
BF1: Deswegen habe ich gesagt, dass ich glaube, dass es zwei Autos waren.
R: Wie haben die Autos ausgesehen?
BF1: Es waren weiße Autos, soweit ich mich erinnern kann. Es waren gewöhnliche russische Autos ohne Kennzeichen. Ich kenne mich mit Autos nicht aus. Es waren Autos, wo 5 Personen hineinpassen. Es waren Autos der Marke LADA.
R: Was haben Sie getan, als diese Männer auf Sie zukamen?
BF1:Nichts, ich habe nichts machen können. Ich habe geglaubt, sie gehen auf jemand anderen zu. Ich ging gerade zur Haltestelle. Es sind Linienbusse, Kleinbusse, wir nennen diese Autos "Gazel".
R: Sie gingen zur Haltestelle, oder von der Haltestelle zur Arbeit?
BF1: Ich wollte zur Arbeit fahren und ich musste umsteigen. Ich bin ausgestiegen, um in einen anderen Kleinbus umzusteigen. Ich wollte gerade die Buslinie wechseln, als die Männer auf mich zukamen.
R: War der Bus schon da, in den Sie einsteigen wollten?
BF1: Das weiß ich nicht, ich war noch weit weg. Die Haltestelle ist weiter entfernt.
R: Beschreiben Sie bitte die 6 Männer, die auf Sie zukamen.
BF1: Sie waren maskiert und hatten auf der Kleidung FSB-Aufschriften. Es war schwarze Militärbekleidung. Sie war unterschiedlich. Sie haben nicht alle gleich ausgesehen. Manche haben ganz schwarze Bekleidung angehabt, andere nicht. Alle 6 Männer waren maskiert. Die Masken waren über den Kopf gestülpt und man hat nur die Augen gesehen.
R: Haben Sie die Männer schon jemals zuvor gesehen?
BF1: Nein, abgesehen davon, waren sie ja maskiert. Ich konnte ihre Gesichter nicht sehen. Nur aufgrund der Augen konnte ich es nicht feststellen. Sie haben nicht gesprochen, sondern nur auf mich eingeschlagen.
R: Haben die Männer die ganze Zeit in der Sie in Ihrer Obhut waren, nie mit Ihnen gesprochen?
BF1. Einer, ohne Maske, hat mit mir im Keller gesprochen. Er hat mit mir russisch gesprochen.
R: Ist es korrekt, dass die Männer während sie Sie mitgenommen haben, kein Wort zu Ihnen gesagt haben?
BF1: Ja, sie haben mich nur geschlagen. Außer "setzt dich hin, setzt dich hin" haben sie nichts gesagt. Ich hatte große Angst und gefragt, was ich gemacht habe.
R: Wurden Sie schon bei der Mitnahme, oder erst im Keller geschlagen?
BF1: Ich wurde im Keller richtig geschlagen. Ich habe Widerstand geleistet und wurden mir deshalb Schläge versetzt.
R: Wurden Sie bei der Mitnahme geschlagen oder nicht? Sie haben es bisher nicht ausgeführt.
BF1: Man hat mich nicht stark geschlagen. Man hat mir immer wieder Schläge versetzt und gesagt, dass ich mich setzten sollte. Man hat mich nicht so geschlagen, wie im Keller. Da ich Widerstand geleistet habe, hat man mich geschlagen.
R: Womit und wohin hat man Sie geschlagen?
BF1 zeigt mit den Fäusten. Ich kann es nicht genau sagen, man hat mir einen Sack über den Kopf gestülpt.
R: Wie lange hatten Sie den Sack auf dem Kopf?
BF1: Ca. 20 Minuten oder eine halbe Stunde, solang bis wir im Keller waren.
R: Wohin hat man Sie mit dem Auto gebracht?
BF1: Das weiß ich nicht. Ich wurde in einen Keller gebracht.
R: Wie lange sind Sie mit dem Auto gefahren?
BF1: 20 Minuten oder maximal eine halbe Stunde.
R: Haben Sie zu keinem Zeitpunkt gesehen, wo Sie sich befinden oder wo Sie sind?
BF1: Nein, ich hatte ja den Sack über dem Kopf.
R: Wieso sind Sie dann der Überzeugung gekommen, dass es Männer des FSB waren?
BF1: Als sie in meine Richtung gingen, habe ich die Aufschrift an ihrer Bekleidung gesehen.
R: Haben Sie, abgesehen von der Aufschrift an der Bekleidung, sonst einen Anhaltspunkt, dass die Männer vom FSB waren?
BF1: Ich habe nur die Aufschriften gesehen. Etwas anderes kann ich nicht sagen. Ich weiß auch, dass sich bei mir zu Hause der FSB damit beschäftigt.
R: Können Sie sich erklären, warum der FSB gerade an Ihnen interessiert sein sollte?
BF1: Wenn ich es erklären könnte, hätte ich es gesagt. Ich kann es nicht erklären. Ich habe nicht einmal eine Verwaltungsübertretung begangen. Ich kann es nicht verstehen, ich kann es nur vermuten.
R: Was ist dann weiter passiert?
BF1: Man hat mir Fotos von Personen gezeigt. Ich habe gesagt, dass ich sie nicht kenne. Man hat mir Handschellen angelegt und mich angehängt. Man hat mich geschlagen. Dann hat man mich runtergelassen. Es wurde eine Flasche mit Wasser befüllt, ich wurde vorwiegend auf die Gelenke geschlagen. Man hat von mir ein Geständnis verlangt. Man hat mich stark mit den Flaschen geschlagen, ich wurde wieder bewusstlos. Als ich wieder zu mir gekommen bin, war ich in dem ersten Kellerraum.
R: Wissen Sie, was Sie unterschrieben haben?
BF1: Nein.
R: Was glauben Sie, haben Sie unterschrieben?
BF1: Das weiß ich nicht. Das kann alles Mögliche sein.
R: Hat die Unterschrift des Dokumentes etwas mit dem Tod des zweiten Mann zu tun?
BF1: Man hat mir das gesagt. Ich wurde aufgefordert zu unterschreiben und nicht nachzuschauen. Man hat mir auch etwas über den Toten gesagt. Ich kann mich aber nicht mehr erinnern, was das war.
R. Was ist nach der Unterschrift passiert?
BF1: Mir wurde wieder der Sack über den Kopf gestülpt, ich wurde in ein Auto verfrachtet und weggebracht. Mir wurde der Sack abgenommen und wurde ich auf einem Feld aus dem Auto hinausgeworfen.
R: Wie erklären Sie sich, dass Sie einerseits wieder freigelassen wurden und anderseits sich so sehr verfolgt fühlten, dass Sie die Heimat verlassen haben. Wenn man Ihnen etwas antun hätte wollen, hätten die Männer dort ausreichend Gelegenheit gehabt.
BF1:Man hat offensichtlich irgendwelche Ziele verfolgt. Sie haben mir gesagt, dass ich freigelassen werde, wenn ich unterschreibe. Sie wussten auch alles über meine Familie. Sie wussten, dass ich eine Frau und einen Sohn habe. Sie haben gesagt, wenn ich unterschreibe komme ich frei. Offensichtlich hat man ein Ziel gehabt.
R: Nun haben die Männer offensichtlich erreicht was sie wollte, nämlich die Unterschrift des Dokumentes. Wovor haben Sie nun konkret Angst? Sie wurden ja freigelassen.
BF1: Es gab Fälle, dass man jemanden gezwungen hat etwas zu unterschreiben. Sie wurden in der Folge umgebracht. Ich hätte alles Mögliche unterschreiben können.
R: Nun haben Sie mir eine generelle Antwort auf meine konkrete Frage gegeben. Haben Sie einen konkreten Anhaltspunkt, dass man Sie nach der Freilassung am römisch 40 08.2012 verfolgen würde?
BF1: Ich hatte Angst um mein Leben. Ich wusste ja nicht, was ich unterschrieben habe. Das konnte alles sein. Ich wusste ja nicht, wozu man mich gemacht hat. Unter normalen Umständen hätte ich eine Ladung bekommen. Ich wurde aber praktisch entführt. Ich hatte Angst. Die Leute wussten alles über mich, auch über meine Brüder. Sie haben mich freigelassen. Warum haben sie mich gebraucht?
R: Sie wurden nun am römisch 40 08.2012 freigelassen, sind dann aber erst Ende September 2012 ausgereist. Wenn Sie so große Angst hatten, Sie hatten ja einen Auslandsreisepass, wieso sind Sie nicht sofort ausgereist?
BF1: Ich wollte nicht alles hinter mir lassen und einfach wegfahren. Ich wurde misshandelt, und hatte überall blaue Flecken.
R wiederholt die Frage.
BF1: Ich konnte nicht gehen. Ich wollte ja nach Pjatigorsk. Ich habe nicht daran gedacht, wegzufahren. Ich habe geglaubt es wird wieder in Ordnung kommen. Ich wollte nicht weg. Ich konnte nicht gleich wegfahren, weil ich mich schlecht gefühlt habe. Ich hatte keine Möglichkeit gleich wegzufahren. Ich bin von Pjatigorsk weggefahren. Es gibt ja keine direkten Fahrten von Dagestan.
R: Haben die Männer, als sie Sie freigelassen haben, zu Ihnen gesagt, dass sie vom FSB wären?
BF1: Der ohne Maske hat das gesagt, er hat auch gesagt, dass ich unterschreiben soll.
R: Haben Sie die Männer nach Ihrer Freilassung am römisch 40 08.2012 nochmals gesehen?
BF1: Nein.
R: Haben Sie die Männer vor dem 10.08.2012 schon einmal gesehen?
BF1: Nein.
R: Wieso glauben Sie, dass diese Männer heute, wenn Sie zurückkehren müssten, Ihnen Probleme machen würden?
BF1: Mein jüngerer Bruder ist zu Hause. Er wurde nach mir gefragt.
R: Wann wurde zuletzt nach Ihnen gefragt?
BF1: Es war Anfang April
R: Wie erklären Sie sich das große Interesse an Ihrer Person fast drei Jahre später?
BF1: Ich weiß es nicht, wüsste ich es, würde ich es sagen. Ich kann mir selbst viele Antworten nicht geben.
R unterbricht die Verhandlung um 12:31 Uhr für eine kurze Pause und setzt diese um 13:00 Uhr fort.
R: Welche Verletzungen haben Sie bei dem Vorfall vom römisch 40 08.2012 davongetragen?
BF1: Man hat mir zwei Schneidezähne (einer oben einer unten) ausgeschlagen. Ich hatte blaue Flecken, Kopfschmerzen und Schmerzen in den Knien.
R: Wie haben Sie die Verletzungen behandelt?
BF1: Behandlung? Ich habe Salben aufgetragen und Tabletten eingenommen. Sonst gab es keine Behandlung. Ich habe Schmerzmittel eingenommen.
R. Haben Sie ein Krankenhaus oder einen Arzt aufgesucht
BF1: Nein, das war nicht möglich. Ich hätte nicht zum Arzt gehen können, weil dies sonst sofort der Polizei gemeldet worden wäre.
R: Sind Sie, als Sie am römisch 40 .08.2012 freigelassen wurden, direkt nach Hause gegangen?
BF1: Ich konnte es nicht. Ich bin zuerst gelegen. Ich hatte große Schmerzen und konnte nicht gehen. Ich habe eine Straße gesehen. Ich habe eine halbe Stunde gebraucht, bis ich die Straße erreicht habe. Ich selbst bin hingegangen, musste aber immer wieder Pause machen. Ich konnte nicht normal gehen, ich musste ja gehen, ich konnte im Feld nicht bleiben. Ich bin dort gelegen, habe die Hand gehoben und es hat ein Auto gehalten. Er hat mich gesehen, bekam Angst, er glaubte ich hätte einen Unfall. Er hat mich gefragt wohin er mich bringen soll, und ich habe ihm meine Adresse genannt.
R: Wie lange waren Sie bis zu Ihrer Ausreise zu Hause?
BF1: Ich habe meinen Bruder angerufen. Er meinte, es wäre für mich zu gefährlich daheim zu bleiben. Ich habe ihm den Vorfall geschildert und er meinte, ich dürfte nicht daheim bleiben.
R: War das der Grund, dass Sie ausgereist sind und den Entschluss fasten auszureisen?
BF1: Damals konnte ich noch keine Entscheidung treffen. Mir war das alles noch nicht bewusst. Ich habe damals überhaupt keine Entscheidung getroffen. Ich hatte große Schmerzen und konnte nicht klar denken.
R: Wann haben Sie den Entschluss gefasst, Ihre Heimat zu verlassen?
BF1: Am 28.09.2012 habe ich den Entschluss gefasst. Damals hat mir mein Bruder gesagt, dass ich ausreisen soll.
R: Wieso hat Ihr Bruder Ihnen dies geraten?
BF1: Mein Bruder hat zu mir gesagt, es wäre zu gefährlich zu bleiben. Er meinte, dass ich alles Mögliche unterschrieben haben könnte. Es wäre möglich, dass ich ein Geständnis für eine Straftat unterschrieben habe.
R: Nun hatten diese Männer das unterschriebene Dokument schon römisch 40 08.2012. Bis zum 28.09.2012 ist nun nichts passiert. Woher kommt diese plötzliche Angst, dass etwas passieren könnte?
BF1: Ich weiß nicht, ob etwas passiert ist, oder nicht. Ich war in einem sehr schlechten Zustand. Mein Bruder kennt sich besser aus. Es gab ja schon solche Vorfälle.
R: Wieso kennt sich Ihr Bruder besser aus? Ist er mit dem FSB vernetzt, oder ist er Widerstandskämpfer? Woher nimmt er diese Informationen?
BF1: Es ist eine kleine Stadt, dort kennt jeder jeden. Er hat seine Beziehungen, er hat es mir nicht erklärt. Für mich war mein Zustand am Wichtigsten.
R: Was macht Ihr Bruder beruflich?
BF1: Er ist selbstständig tätig. Er repariert Autos.
R: Waren Sie jemals Widerstandskämpfer oder haben Sie diese unterstützt?
BF1: Nein.
R: Jemand aus Ihrer Familie?
BF1: Nein.
R: Was haben die Männer zu Ihnen gesagt, als Sie Ihnen die Dokumente zur Unterschrift gaben? Womit wurde Ihnen gedroht?
BF1: Das sie mich umbringen. Sie wussten alles über meine Familie.
R;: Womit haben sie gedroht, wenn sie nicht unterschreiben?
BF1: Sie haben gesagt, dass sie mich umbringen würden, wenn ich nicht unterschreibe.
Vorhalt: In der zweiten Befragung haben Sie ausgesagt zu den Schriftstücken: "Diese sollte ich unterschreiben. Ansonsten würden sie mir den Mord an dem verstorbenen Mithäftling anlasten." Was wurde Ihnen nun angedroht? Ihr Mord oder die Unterstellung des Mordes des Mithäftlings.
BF1: Beides. Man hat mir auch gesagt, dass man mir den Tod des Mithäftlings anlasten wird.
R: Wieso haben Sie das vorher nicht gleich gesagt?
BF1: Ich habe auf den Kopf Schläge bekommen. Es vermischt sich alles. Ich muss alles neu erleben. Dass ist schwer für mich.
R: Sie haben in Ihrer letzten Aussage ausgesagt, dass manche Zähne auch krumm und schief gewesen wären. Ist das durch die Schläge passiert?
BF1: Ja, aufgrund der Schläge.
R: Ich kann verstehen, dass man jemanden zwei Zähne ausschlagen kann. Wie kann man Zähne krumm und schief schlagen?
BF1: Weil sie nicht mehr fix verankert waren.
R: Waren Sie beim Zahnarzt?
BF1: Ja, aber erst in Österreich. Ich habe sowieso kranke Zähne gehabt.
R: Sind Sie streng religiös?
BF1: Ich verstehe die Frage nicht.
R: Welcher Richtung des Islam gehören Sie an?
BF1: Ich bin Moslem. Es gibt keine Richtung.
R: Seit wann tragen Sie einen Bart?
BF1: Seit 2010, als mein Vater gestorben ist.
R: Wieso glauben Sie, dass Sie aufgrund Ihres Bartes Probleme hatten?
BF1: Die Polizisten unterscheiden so zwischen den Menschen. Sie schauen sich den Bart an. Ich hatte allerdings im Heimatland noch nicht so einen langen Bart.
R: Glauben Sie, dass Sie Ihre Probleme aufgrund des Bartes hatten?
BF1: Meine Mutter hatte Angst und riet mir den Bart abzurasieren. Also habe ich dies getan.
R: Hatten Sie am 10.08.2012 einen Bart?
BF1: Ja, einen kurzen.
R: Haben die Männern Ihnen gegenüber betreffend des Bartes etwas zu Ihnen gesagt?
BF1: Nein.
R: Ist es korrekt, dass der Bart bei der Mitnahme römisch 40 .08.2012 nicht der Grund dafür war?
BF1: Über den Bart hat man nichts gesagt.
R: Gibt es in Ihrem Verwandten- und Bekanntenkreis mehrere Leute, die einen Bart tragen, so wie Sie?
BF1: Nein, niemand hat einen getragen. Man hat Angst, einen Bart zu tragen.
R: Wieso haben Sie dann nie überlegt, diesen Bart zu rasieren?
BF1: Ich hatte ihn ja abrasiert. Meine Mutter hat dies immer wieder gesagt, dann habe ich ihn abrasiert.
R: Wann hatten Sie Probleme vor dem 10.08.2012?
Bf1: Es gab eigentlich keine Probleme. Es wurden mir nur Fingerabdrücke und Blut abgenommen. Ich habe es meiner Frau nicht erzählt.
R: Was ist im März 2012 passiert?
BF1: Ich war bei der Arbeit. Ich ging auf die Straße um mir etwas zu Essen zu kaufen. Es kamen Leute auf mich zu. Es waren Polizisten. Sie haben mich nach Identitätsdokumenten gefragt. Ich habe gesagt, dass ich einen Pass habe. Sie haben mich aufgefordert, in die Abteilung mitzukommen. Ich habe gefragt, warum ich mitfahren soll und meinte man habe doch die Identität festgestellt. Sie haben mich mitgenommen.
R: Was war der Grund der Mitnahme?
BF1: Man hat mir gesagt, dass man an Ort und Stelle die Identität feststellen muss.
Vorhalt: Bei Ihrer ersten Einvernahme haben Sie gesagt: Grund wäre gewesen, Ihr ziemlich langer Bart. Jetzt sagen Sie, es wäre eine reine Identitätsüberprüfung gewesen. Was ist passiert?
BF1: Ich hatte damals einen Bart. Deshalb kamen sie auf mich zu. Darum wollte man meine Dokumente überprüfen. Sie kamen auf mich zu und haben mich in die Abteilung mitgenommen. Die Abteilung hieß römisch 40 , das war in der Stad römisch 40 und die Behörde hieß ROWD.
R: Wo waren Sie beim Vorfall im März? Auf der Straße oder in der Arbeit?
BF1: Auf der Straße, ich wollte etwas zu Essen kaufen.
R: Wer hat Sie angesprochen? Wie sahen die Leute aus?
BF1: Es waren uniformierte Polizisten. Es war auch ein Polizeiauto.
R: Hat es sich um dieselben Menschen gehandelt, mit denen Sie das Problem am 10.08.2012 hatten?
BF1: Nein.
Vorhalt: In der ersten Befragung haben Sie angegeben, dass Sie nicht mitgenommen, sondern nur auf der Straße angesprochen wurden. Was ist richtig?
BF1: Nein, sie haben mich mitgenommen.
R: Sind Sie freiwillig mitgefahren, oder wurden Sie gezwungen?
BF1: Freiwillig fährt niemand mit. Ich habe keinen Widerstand geleistet. In Österreich weiß ich, dass die Polizei ganz anders ist. In Russland ist es anders.
R: Sind Sie freiwillig mitgefahren?
BF1: Nein. Ich wurde mitgenommen, ich habe keinen Widerstand geleistet. Ich wusste, dass ich sowieso mitgenommen werde.
R: Wurden Sie gewaltsam mitgenommen oder nicht?
BF1: Man hat mich am Arm gepackt und hingeschoben, und zwar ins Auto.
R: Wie viele Polizisten waren da?
BF1: 4.
R: Haben die Polizisten Sie bei der Mitnahme geschlagen?
BF1: Nein, ich habe keinen Widerstand geleistet. Wieso sollten sie mich schlagen.
Vorhalt: Weil Sie es bei Ihrer zweiten und dritten Einvernahme gesagt haben, dass Sie geschlagen worden wären.
BF1: Das waren keine richtigen Schläge.
R: Was sind keine richtigen Schläge?
BF1: Man hat mich gewaltsam ins Auto gezerrt. Das meinte ich mit Schlägen. Ich bin nicht freiwillig mitgefahren.
R: War der Bart ein Thema bei dieser Mitnahme?
BF1: Sie haben mich danach gefragt. Man wollte mir den Bat gewaltsam wegnehmen. Man hat mir Fingerabdrücke und Blut abgenommen.
R: Hat man Ihnen den Bart gewaltsam "weggenommen"?
BF1: Nein, man wollte es, man hat mich verhöhnt.
Vorhalt: In der dritten Befragung haben Sie gesagt: "Zwei haben mich festgehalten und einer hat mir dann den Bart auf einer Seite abrasierte." Was sagen Sie dazu?
BF1: Ja, das war so. man hat mir den Bart auf einer Seite abrasiert. Man hat mich verhöhnt. Es ist sehr unangenehm für mich, darüber zu sprechen.
R:Wieso haben Sie vorher nicht angegeben, dass Ihnen die Hälfte des Bartes abrasiert wurde? Ich halte das Abrasieren des halben Bartes für jemanden, für den der Bart religiös wichtig ist, für einen sehr starken Eingriff.
BF1: Ich kann mich nicht erinnern. Ich hatte damals keine Probleme. Ich habe danach den Bart komplett abrasiert. Ich wollte deswegen keine Probleme haben. Dort geht es um das Leben, nicht um den Bart. War es lebensnotwendig, dann habe ich den Bart abrasiert.
R: Hat man Sie nach dem halben Abrasieren des Bartes freigelassen oder wo eingesperrt?
BF1: Ich kann mich nicht mehr erinnern. Ich glaube, dass man mich freigelassen hat. Ich weiß es aber nicht genau, weil ich mich nicht mehr daran erinnern kann.
Vorhalt: Bei Ihrer ersten, zweiten und dritten Einvernahme haben Sie diesbezüglich jeweils unterschiedliche Angaben gemacht. Während Sie einerseits aussagten, man hätte Sie freigelassen, haben sie andererseits ausgesagt, man hätte Sie noch in eine Zelle mit Mithäftlingen eingesperrt. Was ist nun korrekt?
BF1: Ich kann mich nicht mehr erinnern.
R: Hätten Sie zwischen März 2012 und August 2012 noch Probleme mit den Behörden?
BF1: Nein.
R: War die Mitnahme im März 2012 Ihr erster Kontakt mit den Behörden?
BF1: Eigentlich schon.
R: War das das erste Mal, dass Sie beim ROWD waren?
BF1: In meinem ganzen Leben, ja. Früher als ich jung war, hat man mich einfach mitgenommen. Es gab aber keiner Probleme. Erst im März 2012 gab es Probleme.
R: Wurden Sie im März 2012 von den Polizisten geschlagen?
BF1: In der Abteilung oder wo?
R: Ja, in der Abteilung dem Auto oder wo ?
BF1: Ja, es gab schon Schläge.
R: Können Sie das näher ausführen.
BF1: Ich wurde gestoßen. Es waren Verhöhnungen, kein richtiges Schlagen. Es war nicht so, dass ich irgendwo gelegen bin und man auf mich eingetreten hätte.
R: War das Ereignis im März 2012 für Sie fluchtauslösend?
BF1: Nein, nicht wirklich. So etwas passiert mit den Leuten immer wieder. Es war kein Fluchtgrund.
R: Was war der wahre, wirkliche Fluchtgrund für Sie?
BF1: Was meinen Sie mit wahrer Fluchtgrund?
R: Durch welches Ereignis?
BF1: Durch Lebensgefahr, im August.
R: Wieso sehen Sie so einen Unterschied zwischen dem Vorfall im März 2012 und dem Vorfall im August 2012? Sie wurden bei beiden Vorfällen geschlagen, mitgenommen, verhöhnt und beim ersten Vorfall hat man Ihnen sogar den Bart abrasiert. Trotzdem stufen Sie das Ereignis im März 2012 nicht als fluchtauslösend ein. Dass im August aber schon. Wieso?
BF1: Das was im März 2012 passiert ist, passiert jeden Tag. Das passiert allen Menschen dort. Ich war damals in einer offenen Abteilung, es gibt Zeugen. Wo ich im August 2012 war, weiß ich nicht. Ich weiß nicht, wer mich mitgenommen hat. Im März habe ich die Gesichter gesehen. Dort gab es auch Zeugen. Ich musste auch nicht unterschreiben. Das war ja kein Grund, um alles zurückzulassen und zu flüchten. Dass wäre dumm.
R: Haben Sie Kontakt zu Ihren Verwandten in der RF? Wenn ja, wie?
BF1: Ja und zwar mit der Mutter und dem jüngeren Bruder per Skype.
R: Wird laut deren Angaben nach Ihnen gesucht bzw. gefragt?
BF1: Ja, mein Bruder wurde nach mir gefragt. Es sind maskierte Personen in der Früh in die Moschee gekommen und sie haben gefragt. Ich weiß nicht, was sie wollten. Sie wussten jedoch, dass er mein Bruder ist.
R: Werden/Wurden Verwandte nach Ihrer Ausreise jemals bedroht? Ihre Eltern?
BF1: Mein Bruder wurde bedroht. Sie haben ihm gesagt, dass sie wissen, dass er mein Bruder ist, das war schon Bedrohung genug.
R: Wurde jemand von Ihrer Familie mitgenommen, bedroht und zusammengeschlagen?
BF1. Mein Bruder, der jüngere, wurde einmal mitgenommen. Als die maskierten Personen in die Moschee gekommen sind. Es waren ca 30 Personen dort und es wurden alle 30 mitgenommen.
R: Haben Sie sich in Ihrem Herkunftsland jemals an die Polizei oder eine andere Organisation gewandt, NGOs etc., um Hilfe zu suchen?
BF1: Nein, es gibt niemanden an den man sich wenden kann. Wenn eine Organisation entsteht, werden die Leute umgebracht.
R: Was würde Sie konkret erwarten, wenn Sie jetzt in Ihren Herkunftsstaat zurückkehren müssten?
BF1: Ich glaube, dass man mich umbringen wird. Ich bin davon überzeugt. Wenn ich die Möglichkeit hätte, nach Hause zu fahren, wäre ich nicht hier.
R: Haben Sie sich in Ihrem Land je politisch betätigt oder waren Sie Mitglied einer politischen Partei?
BF1: Nein.
R: Hatten Sie jemals Probleme in der RF aufgrund Ihrer Religionszugehörigkeit?
BF1: Ich glaube schon, dass die Leute dort Probleme hatten.
R wiederholt die Frage.
BF1: Ja, ich glaube, dass es wegen meines Glaubens war.
R: Kommt es vor, dass in Dagestan die Menschen aufgrund ihrer Religion verfolgt werden?
BF1: Das ist das Hauptproblem.
R: War Verfolgung durch Privatpersonen ein Thema?
BF1: Ich habe die Frage nicht verstanden.
R formuliert die Frage um.
BF1: Nein, ich habe mit niemanden Probleme.
R: Gibt es noch das Haus, in dem Sie in Ihrer Heimat gelebt haben?
BF1: Ja.
R: Könnten Sie dort wieder wohnen?
BF1: Ja. Hätte ich die Möglichkeit dazu, hätte ich das gemacht
BF1 weint
R unterbricht die Verhandlung um 13:58 Uhr für eine kurze Pause. SV hält Rücksprache mit BF1. Die Verhandlung wird um 14:05 Uhr fortgesetzt.
R: Welche Verwandte leben noch in Ihrem Heimatstaat?
BF1: Ich habe noch 20 Cousinen und 32 Cousins, 3 leiblich Brüder und zwei leibliche Schwestern und meine Mutter. Es leben auch noch Onkel und Tanten in der Heimat.
R: Wohnt ein Verwandter außerhalb von Dagestan in der Russischen Föderation?
BF1: Es gibt auch Verwandte die außerhalb von Dagestan leben.
R: Welche Verwandte haben Sie, außer Ihrer Familie, hier in Österreich?
BF1: Keine.
R: Welche Schul- und Berufsausbildung haben Sie?
BF1: Ich habe zwei Berufe gelernt. Ich bin römisch 40 , ich habe eine römisch 40 Schule abgeschlossen und anschließend Pädagogik studiert. Ich bin auch Designer.
R: Wie haben Sie in der Russischen Föderation Ihren Lebensunterhalt vor der Ausreise bestritten?
BF1: Ich habe gearbeitet. Ich habe vor allem als römisch 40 gearbeitet. Damit habe ich mein Geld verdient.
R: Was könnten Sie jetzt in der Russische Föderation arbeiten, wenn Sie jetzt zurückkehren würden?
BF1: Ich kann als römisch 40 arbeiten. Das geht ja nicht, ich fahre nicht nach Hause.
R: Wie sieht Ihr Tagesablauf aus in Österreich?
BF1: Ich helfe den Nachbarn und beschäftige mich mit den Kindern. Ich habe den Deutschkurs A2 abgeschlossen. Ich wollte auch B1 machen, hatte aber keine Möglichkeit dazu.
R: Befinden Sie sich derzeit in ärztlicher Behandlung oder sonst in Therapie?
BF1: Derzeit nicht. Ich habe Kopfschmerzen und Migräne aufgrund der Schläge.
R: Haben Sie diese Kopfschmerzen schon abklären lassen?
BF1. Ich war schon bei einem Arzt, in römisch 40 . Ich hatte Schmerzen am ganzen Kopf. Er hat gesagt, dass es die Folge der Schläge sei und dass ich unter Migräne leide. Eine MRT-Untersuchung habe ich nicht machen lassen. Ich war noch nicht bei einem Neurologen.
R: Wieso waren Sie noch nicht beim Neurologen?
BF1: Ich habe das bei der CARITAS deponiert. Aber sie sagten, dass es teuer ist. Ich kann nicht einfach hingehen. Ich müsste es sonst selbst bezahlen. Aber aufgrund meiner geringen finanziellen Mittel kann ich es nicht tun. Ich würde es tun.
R: Nehmen Sie zurzeit Medikamente ein?
BF1: Nein.
R: Sind Sie in regelmäßiger psychiatrischer Behandlung bei einem Arzt in Österreich? Wenn ja, seit wann und wie oft?
BF1: Nein, aktuell nicht.
R: Gibt es weitere Beweismittel zu Ihrem Gesundheitszustand, die Sie vorlegen möchten?
BF1: Nein.
R: Waren Sie schon in der RF in psychischer/psychiatrischer Behandlung?
BF1: Nein. Dort gibt es das nicht.
Kurze Befragung auf Deutsch ohne Übersetzung durch Dolmetscherin.
R: Was machen Sie den ganzen Tag?
BF1: Verschiedenes. Ich gehe mit meiner Tochter spazieren, fahre mit dem Rad mit ihr. Spiele mit meinem Sohn Fußball. Ich helfe den Nachbarn. Ich selbst spiele auch Fußball.
R: Haben Sie in Österreich je gearbeitet?
BF1: Nachbarschaftshilfe und Gärtner.
R: Sind Sie in irgendwelchen Vereinen tätig?
BF1: Ja, Windig-Menschrechte, und Fußballverein.
R: Haben Sie Freunde in Ö?
BF1: Ja.
R stellt fest, dass BF1 über grundlegende Deutschkenntnisse verfügt.
Fortsetzung der Befragung mit der Dolmetscherin.
R: Haben Sie das österreichische Bundesgebiet seit Ihrer Einreise verlassen?
BF1: Nein.
R: Wie geht es Ihren Kindern? Haben diese gesundheitlichen Probleme?
BF1: Ja, der ältere Sohn hat die meisten Probleme. Er hat Angst in der Nacht. Als wir hierher gefahren sind, hat er geweint und Angst gehabt. Ich musste ihn beruhigen. Der jüngere Sohn weiß wenig, aber er hat auch manchmal Angst in der Nacht. Mein älterer Sohn hat mehr mitbekommen. Ich habe mich bemüht, es zu verheimlichen.
R: Ist Ihr älterer Sohn in Behandlungen? Wenn ja, in welchen?
BF1: Ja, er geht jede Woche zum Psychologen. Der nächste Termin ist am 15.09.2015. Sie sind beide seit einem Jahr in Behandlung. Der jüngere Sohn hatte auch Angst gehabt, alleine im Raum zu bleiben, wenn die Türe offen ist. Er hat auch Angst, als wir zum Zug gegangen sind.
R: Haben Sie noch weitere Beweismittel für Ihre Kinder, die Sie vorlegen möchten?
BF1: Nein, verweis auf Konvolut von Unterlagen, das am 06.08.2015 eingelangt ist.
R: Wie sieht der Tagesablauf der 3 Kinder aus?
BF1: Jetzt im Sommer gehen Sie zum Club, wo sich die Kinder treffen. Auch örtliche Kinder. Sie spielen Fußball. Meine Söhne spielen schon das zweite Jahr für Schwarzach. Mein älterer Sohn wollte eine Ausbildung machen. Er wurde in der HASCH aufgenommen.
R: Hat Ihre Frau eigene Wahrnehmung bezüglich der Vorfälle im März und August 2012. Sie stützt ihren Asylantrag völlig auf Ihr Vorbringen.
BF1: Nein. Sie weiß es jetzt vielleicht, durch meine Erzählungen. Was im März war, habe ich ihr nicht erzählt. Mein Sohn hat auch hier geweint.
R: Hat Ihr Sohn eigene Wahrnehmung betreffend der Vorfälle im März und August 2012?
BF1: Nein, er hat mich nur gesehen, im August. Er weiß fast gar nichts. Er war noch klein. In Traiskirchen wurde er auch nicht einvernommen. Eine Einvernahme des Sohnes ist nicht notwendig.
R: Sie haben mit der Ladung auch Länderberichte zur Situation in der Russischen Föderation und respektive Dagestan zugestellt bekommen, diese stammen aus ausgewogenen unterschiedlichen nationalen und internationalen Quellen. Diese Länderberichte und Anfragebeantwortungen werden eine Grundlage für die ergehende
Entscheidung bilden: Möchten Sie dazu eine Stellungnahme abgeben?
BF1: Ich hatte keine Gelegenheit diese zu lesen.
R räumt eine zweiwöchige Frist zur allfälligen Stellungnahme ein.
R: Hatten Sie die Möglichkeit alles vorzubringen, was Sie vorbringen wollten?
BF1: Ich wollte noch etwas ergänzen. Ich wollte sagen, warum ich nicht sofort weggefahren bin. Mein Gesundheitszustand hat dies nicht zugelassen. Ich wusste nicht, wohin ich fahren sollte. Ich habe die Frage nicht verstanden. Ich musste erst zu mir kommen, ich musste mich behandeln lassen. Ich wusste nicht, was mit mir passiert.
R: Was heißt, Sie mussten sich behandeln lassen?
BF1: Mein frau hat mich behandelt. Ich konnte nicht zum Arzt gehen. Ich habe alles gesagt.
R: Wie fühlen Sie sich? Geht es Ihnen gut?
BF1: Ja. Jetzt geht es wieder.
R: Gibt es irgendetwas, was Sie noch sagen möchten.
BF1: Nein.
R: Haben Sie die Dolmetscherin gut verstanden?
BF: Ja.
R: Ich beende die Befragung.
R zu RB: Sie haben jetzt die Möglichkeit, an BF1 Fragen zu stellen, wenn Sie möchten.
RB an SV: Wie stufen Sie seine psychologische Verfassung ein?
SV: Dem Umständen entsprechend gut. Es ist klar, dass der BF belastet ist, weil er sich mit der Thematik neuerlich auseinandersetzen muss. Es ist Bild der PTBS nicht detailliert über Folterungen zu sprechen.
R: Inwiefern kann Ihrer Meinung nach im Fall des BF, eine PTBS zusammenhängen, mit der Möglichkeit wahrheitsgemäß zu antworten?
SV: Es gibt die Tendenzen der Verdrängung, bis zu Abspaltung, das ist bei dem BF nicht ersichtlich. Im Falle des BF ist die Erinnerung mit Lücken vorhanden, dass er sich nicht erinnern will oder kann. Es ist schon zu lange her. Es ist dies auch schwer feststellbar. Gerade die Erinnerung macht die Belastung.
Beginn der Befragung von BF2; BF1 verlässt den Gerichtssaal um 14:40 Uhr.
R: Wie geht es Ihnen? Gut?
BF2: Ja.
R: Haben Sie mittlerweile ein Identitätsdokument?
BF2: Nein.
R: Sie sind mit Auslandsreisepass ausgereist. War es schwierig für Sie, einen derartigen Pass zu erhalten? Wie erklären Sie sich, dass Sie einen derartigen Pass erhalten haben, obwohl Sie andererseits verfolgt wurden?
R: Ich war daran nicht beteiligt.
R: Ist es korrekt, dass ursprünglich noch geplant war, dass Sie im Jahr 2012 noch auf Urlaub zu fahren nach Baku?
BF2: Ja. Es stimmt auch, dass wir Ende des Jahre 2012 den Pass zur Ausreise nutzen wollten.
R Hinweis: Es geht darum, Ihr Verfahren und das Ihrer Kinder als Familienverfahren inhaltlich zu entscheiden. Es geht hier um die negativen Bescheide des BFA vom 29.04.2014
R: Sie wurden im Rahmen dieses Asylantrags bereits beim Bundesasylamt bzw. den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes niederschriftlich einvernommen. Wie würden Sie die dortige Einvernahmesituation beschreiben? Haben Sie die Dolmetscher bei Ihren bisherigen Einvernahmen gut verstanden?
BF2: Die erste Einvernahme war in Traiskirchen. Da ging es um den Weg wie wir nach Österreich gekommen sind. Das war sehr schnell. Die zweite Einvernahme fand in Innsbruck statt. Dort gab es auch eine sehr kurze Einvernahme. Man hat uns keine besonderen Fragen gestellt und dann haben wir einen negativen Bescheid bekommen.
R wiederholt die Frage.
BF2: Ja.
R: Verstehen Sie Mag. römisch 40 gut?
BF2: Ja.
R: Wenn es Probleme mit der Übersetzung gibt, sagen Sie das bitte.
BF2: Ja.
R: Haben Sie bisher in Ihrem Asylverfahren immer die Wahrheit gesagt?
BF2: Ja.
R: Sind Sie vorbestraft in Österreich? ist derzeit gegen Sie ein Gerichtsverfahren anhängig?
BF2: Nein.
R: Sind Sie vorbestraft in der Russischen Föderation?
BF2: Nein.
R verweist auf Strafregisterauszug vom 06.08.2015 wonach keine Verurteilung aufscheint.
R: Hat sich an den Gründen Ihrer Asylantragstellung seit Erhalt des angefochtenen Bescheids vom 29.04.2014 etwas geändert? Halten Sie den Inhalt der Beschwerdeschrift aufrecht?
BF2: Es hat sich nichts geändert. Ich halte meine Angaben aufrecht.
R: Erklären Sie mir jetzt bitte, aus welchen Gründen Sie sich konkret verfolgt fühlen, und nicht mehr in die Russische Föderation zurückkehren können. Bitte geben Sie diese Gründe vollständig und wahrheitsgemäß in chronologischer Reihenfolge und ausführlich an!
BF2: Wir haben die Heimat aufgrund der Probleme meines Mannes verlassen. Man hat begonnen meinen Mann zu verfolgen. Ihm drohte dort Lebensgefahr. Wir alle mussten deswegen das Land verlassen. Er wurde mitgenommen. Er war 3 Tage nicht zu Hause. Er wurde zusammengeschlagen, er kam verletzt nach Hause. Als es ihm besser ging, sind wir ausgereist.
R: haben Sie eigene Wahrnehmungen bezüglich der Verfolgung Ihres Mannes?
BF2: Er ist von zu Hause verschwunden. Ich habe seinen Zustand gesehen, als er zurückkam.
R: Können Sie den Zustand Ihres Mannes beschreiben, als er nach Hause gekommen ist?
BF2: Man hat gesehen, dass er stark verprügelt wurde. Es haben ihm vorne Zähne gefehlt. Sein Gesicht war angeschwollen. Ich kann mich noch immer an den Geruch des Blutes erinnern.
R: Ist er alleine nach Hause gekommen, oder wurde er nach Hause gebracht?
BF2: Nach Hause ist er alleine gekommen.
R: Wann ist das passiert, dass Ihr Man nicht nach Hause gekommen ist?
BF2: Das war vom römisch 40 08.
R: Kam das öfter vor, dass Ihr Mann am Abend nicht heim kam?
BF2: Es war niemals so, dass er es mir nicht vorher gesagt hat oder es keinen Grund gegeben hat.
R: Was haben Sie gemacht, als Sie am 10.08.bemerkten, dass Ihr Mann nicht heim kam?
BF2: Ich konnte nicht schlafen. Ich ging von einem Zimmer ins andere, ahnte, dass nichts Gutes passiert war. Mein Mann wäre nirgends geblieben.
R: Es erscheint mir unverständlich, dass wenn der Mann, der immer heim kommt, plötzlich nicht heim kommt und Sie niemanden anrufen.
BF2: Seine Mutter hat mit uns gelebt. Wenn es Probleme gab, dann haben sich ihre älteren Söhne darum gekümmert.
R: Haben Sie die Polizei oder die Behörden darüber befragt, wo Ihr Mann ist?
BF2: Mit solchen Sachen beschäftigt sich der ältere Bruder. Die ersten 3 Tage wird eine Anzeige nicht entgegengenommen.
R: Haben Sie mit dem älteren Bruder darüber gesprochen?
BF2: Nein, weil dies bei uns nicht üblich ist. Ich weiß, dass er alles in dieser Richtung unternommen hat.
R: Was meinen Sie mit dieser Aussage?
BF2: Ich weiß, dass er alles unternommen hat, was nötig ist. Ich konnte nichts tun.
R: Was hat Ihr Schwager gemacht?
BF2: Ich weiß es nicht, es ist nicht üblich bei uns, dass Frauen sich in die Sachen von erwachsenen Männern einmischen. Wir haben in einem Hof mit der Mutter gelebt. Der Bruder ging mehrmals zu uns und ist wieder gegangen.
R: ist es ungewöhnlich, dass Ihr Schwager mehrmals hingegangen ist und wieder ging?
BF2: Er ist mehrmals gekommen, weil sein Bruder nicht zu Hause war.
R: Wurde etwas unternommen, nachdem Ihr Mann drei Tage verschwunden war?
BF2: Nein. Ich habe nichts getan und nur gewartet.
R: Welche Verletzungen hatte Ihr Mann, als er nach Hause gekommen ist?
BF2: Ihm haben Zähne, einer oben und einer unten gefehlt. Er war verschwollen und hatte blaue Flecken.
R: Was haben Sie mit Ihrem verletzten Mann gemacht?
BF2: Alles was ich machen konnte. Genau kann ich es nicht sagen. Ich habe ihn vom Blut gereinigt, habe kalte Umschläge gemacht. An mehr kann ich mich nicht erinnern. Ich weiß nicht, was ich sonst noch getan habe.
R: Ist das häufig vorgekommen, dass Ihr Mann verletzt heim kam und Sie ihn verarzten mussten?
BF2: Nein.
R: War das das erste Mal, dass Ihr Mann verletzt heim kam und Sie ihn verarzten mussten?
BF2: Ja.
R: Wenn dies nun das erste Mal ist, dass Ihr Mann so schwer verletzt heim kam, scheint es nicht nachvollziehbar, dass Sie sich nicht erinnern können, wie Sie ihm geholfen haben. Da Sie eine Ausbildung als römisch 40 haben, ist es noch ungewöhnlicher.
BF2: Es sind schon 3 Jahre vergangen. Ich habe ein schlechtes Gedächtnis. Ich vergesse vieles. Mein Gesundheitszustand hat sich nach den Vorkommnissen sehr stark verändert.
R: Hat sich Ihr Gesundheitszustand in Österreich verschlechtert?
BF2: Ja, er hat sich verschlechtert.
R: Inwiefern hat sich Ihr Gesundheitszustand in Österreich verändert?
BF2: Ich habe hier Hautkrankheiten und ungewöhnliche Anfälle bekommen. Ich wurde auch mit der Rettung ins Krankenhaus gebracht. Die Ärzte können mir dies auch nicht erklären. Das größte Problem ist mein Gedächtnisverlust. Ich war auch deswegen schon beim Psychologen. Die Psychologin hat gesagt, dass es das gibt, wenn man unter Stress steht. Ich habe Deutsch gelernt und möchte die Sprache unbedingt gut sprechen.
R: Hatten Sie diese Gesundheitsprobleme schon in der RF, oder erst seit Sie in Österreich sind?
BF2: Nein, daheim hatte ich diese Probleme nicht. Ich habe sie erst hier bekommen, ich leide auch unter starkem Haarausfall.
R: Sind Sie in ärztlicher Behandlung?
BF2: Ich wurde mit der Rettung ins Krankenhaus gebracht. Ich habe schmerzstillende Medikamente bekommen und gegen die Hautkrankheit nehme ich Salben.
R: Sind Sie in psychologischer oder psychotherapeutischer Behandlung?
BF2: Derzeit nicht.
R: Nehmen Sie Medikamente?
BF2: Nein. Weil ich in so einem Zustand bin, glaube ich nicht, dass mir Medikamente, gleich welcher Art, helfen könnten.
R an SV: Was können Sie zum Gesundheitszustand der BF 2 sagen?
SV: Ich würde eine mittelgradige Depression diagnostizieren und eine psychiatrische Abklärung empfehlen. In deren Folge sicher Medikamente verabreicht werden.
R: Waren Sie in Ihrem Heimatland in psychiatrischer Behandlung?
BF2. Nein.
R: Seit wann sind diese Probleme bei Ihnen aufgetreten?
BF2: Als wir die Heimat verlassen haben. Die Probleme haben hier begonnen.
R: Haben Sie eigene Fluchtgründe, bezüglich einer Verfolgung oder stützen Sie sich ausschließlich auf die Gründe Ihres Gatten?
BF2: Wenn so etwas mit dem Gatten passiert, betrifft das die ganze Familie. Mir persönlich ist nichts passiert. Auch hier stelle ich mir vor, dass wir, wenn wir nicht Asyl bekommen.... Dann passiert das, was gewöhnlich passiert. Ich weiß, was mit uns in der Folge passieren wird.
R: Hat Ihr Mann immer einen Bart getragen?
BF2: Nein, nur in den letzten 5 oder 6 Jahren.
R: Hat Ihr Mann den Bart immer getragen, oder hat er ihn auch rasiert?
BF2: In den letzten Jahren seit 2010 in der Heimat, hat er ihn nicht abrasiert.
Vorhalt: Nun hat Ihr Mann ausgesagt, dass er auf Drängen seiner Mutter, den Bart immer wieder abrasiert hat. Was war jetzt der Fall?
BF2: Nein. Seine Mutter hat ihn darum gebeten, aber er ist dieser Bitte nicht nachgekommen. Er wird den Bart niemals abrasieren. Davon bin ich überzeugt.
R: Ist Ihr Mann im Jahr 2012 je nach Hause gekommen, mit einem halb abrasierten Bart?
BF2: Ich kann mich daran nicht erinnern. Der Bart war ja nicht so lange.
R: Hat es vor dem Vorfall im August 2012, schon jemals einen anderen Vorfall gegeben, in dem Ihr Mann Probleme hatte?
BF2: Nein, solche Probleme hatte er nicht.
R: Wissen Sie etwas von einem Vorfall im März 2012?
BF2: Er hat mir das nicht erzählt.
R: War Ihrer Meinung nach, ein Kämpfer oder Unterstützer der Widerstandsbewegung?
BF2: Nein, niemals. Mein Mann ist sehr gut und herzlich. Er würde das nicht tun. Die Leute die ihn verfolgen, wissen das. Es liegt gegen ihn nichts vor. Sie wollten ihn wahrscheinlich benützen.
R: Warum glauben Sie, dass Ihr Mann verfolgt wird?
BF: Was ich sage, ist meine persönliche Meinung. Sein Aussehen passt den Leuten insofern, so wie er aussieht, kann er belangt werden.
R: Wissen Sie etwas von Dokumenten, die Ihr Mann hätte unterschreiben müssen?
BF2: Als er verschwunden ist, die drei Tage? Ja. Ich weiß davon, dass man ihn zwingen wollte, etwas zu unterschreiben. Genauer kann ich dazu nichts sagen.
R: Gab es nach dem römisch 40 08.2012 noch Probleme?
BF2: Nein, wir sind von Zuhause weggefahren.
R: Hatten Sie je Probleme mit den Behörden?
BF2: Nein, niemals.
R: Haben Ihre Kinder, insbesondere der ältere Sohn, eigene Wahrnehmung bezüglich der Probleme Ihres Mannes?
BF2: Er hat den Zustand gesehen, wie sein Vater heim kam. Ich mache mir Sorgen um seinen Zustand.
R: Ich weiß, dass Ihr Sohn in regelmüßiger psychotherapeutischer Behandlung ist. Ich würde von einer Einvernahme absehen, wenn dies nicht notwendig ist.
BF2: Ja.
R: Was ist zwischen dem römisch 40 08.2012 und Ihrer Ausreise passiert?
BF2: Am römisch 40 08.2012 kam mein Gatte heim. Am Abend ist sein Bruder gekommen und am Abend ist die ganze Familie mit dem Auto meines Schwagers weggefahren.
R: Wohin sind Sie gefahren?
BF2: In ein Dorf in der Nähe unserer Stadt. Die Bezeichnung kenne ich nicht, es gibt dort sehr viele Dörfer. Wir waren bis 28.09.2012 dort.
R: Wie kann es sein, dass Sie sich in einem Dorf 6 Wochen lang aufhalten, ohne zu wissen wie es heißt?
BF2: Ich hatte mit niemand Kontakt. Meine Tochter war klein. Es war schrecklich. Ich habe das Haus die ganze Zeit über nicht verlassen. Wir haben in dem Haus von diesem Mann und seiner Frau gelebt. Ich habe vermutet, dass es Bekannte meines Schwagers, des Bruders meines Mannes sind. Er hat uns ja dorthin gebracht. Vorwiegend habe ich mich um das Kind gekümmert. Die Tochter war sehr unruhig. Wir sind ja alle weggefahren.
R: Haben Sie Kontakt zu Ihren Verwandten in der RF? Wenn ja, wie?
BF2: Mit den Eltern, per Skype. Mitmeiner leiblichen Schwester telefoniere ich selten. Sie lebt noch in der Heimat.
R: Wird laut deren Angaben nach Ihnen gesucht bzw. gefragt?
BF2: Der Brudermeines Mannes hat angerufen, er hat mir nichts gesagt. Er sieht meine Angst und erzählt mir schlechte Sachen nicht.
R: Werden/Wurden Verwandte nach Ihrer Ausreise jemals bedroht? Ihre Eltern?
BF2: Meine Eltern wurden nicht bedroht. Sie sind Pensionisten.
R: Wurde jemand von Ihrer Familie mitgenommen, bedroht und zusammengeschlagen?
BF2. Meine Familie nicht. Bezüglich der Familie meines Mannes, weiß ich nichts.
R: Haben Sie sich in Ihrem Herkunftsland jemals an die Polizei oder eine andere Organisation gewandt, NGOs etc., um Hilfe zu suchen?
BF2: Nein. Bei uns gibt es keinen Schutz.
R: Was würde Sie konkret erwarten, wenn Sie jetzt in Ihren Herkunftsstaat zurückkehren müssten?
BF2: Man wird ihn wieder mitnehmen und wird er nicht mehr zurückkommen. Vielleicht verschwindet er. Das ist eine Möglichkeit, die ich mir hier auch vorstelle. Meistens kommen die Leute maskiert, umstellen das Haus und schießen.
R: Haben Sie sich in Ihrem Land je politisch betätigt oder waren Sie Mitglied einer politischen Partei?
BF2: Nein.
R: Hatten Sie jemals Probleme in der RF aufgrund Ihrer Religionszugehörigkeit?
BF2: Nein.
R: War Verfolgung durch Privatpersonen ein Thema?
BF2: Nein.
R: Gibt es noch das Haus, in dem Sie in Ihrer Heimat gelebt haben?
BF2: Ja.
R: Könnten Sie dort wieder wohnen?
BF2: Es ist die Rückkehr in die Heimat derzeit nicht möglich. Das Haus steht zur Verfügung.
R: Welche Verwandte leben noch in Ihrem Heimatstaat?
BF2: Zwei Schwestern, meine Eltern und mein Bruder und noch mehrere Verwandte.
R: Wohnt ein Verwandter außerhalb von Dagestan in der Russischen Föderation?
BF2: Nein.
R: Welche Verwandte haben Sie in Österreich?
BF2: Meine Schwester. Sie hat eine weiße Karte, aber noch keine Antwort.
R: Wie oft haben Sie Kontakt zu Ihrer Schwester?
BF2: Ich rufe an, alle zwei Tage. Es ist unterschiedlich. Sie wohnt in der Steiermark.
R: Welche Schul- und Berufsausbildung haben Sie?
BF2: Ich habe die Grundschule abgeschlossen. Dann habe ich eine Berufsschule für medizinische Berufe abgeschlossen. Nach Abschluss der Schule habe ich als römisch 40 ca. 5 Jahre gearbeitet.
R: Wie haben Sie in der Russischen Föderation Ihren Lebensunterhalt vor der Ausreise bestritten?
BF2: Mein Mann hat gearbeitet. Er ist römisch 40 .
R: Was könnten Sie jetzt in der Russische Föderation arbeiten, wenn Sie jetzt zurückkehren würden?
BF2: Ich könnte im Krankenhaus arbeiten.
R: Wie sieht Ihr Tagesablauf aus in Österreich?
BF2: Ich gehe mit meiner Tochter in den Kindergarten. Ich möchte, dass sie sich an die deutsche Sprache gewöhnt. Ich könnte dann auch besser Deutsch lernen. Es gibt dort auch Deutschkurse. Ich besuche Leute und werde ich von einer Frau besucht. Sie kommt jede Woche und spricht Deutsch mit mir. Damit ich Übung habe.
R: Gibt es weitere Beweismittel zu Ihrem Gesundheitszustand und Integration, die Sie vorlegen möchten?
BF2: Nein, aber ich besuche verschiedene Ärzte aufgrund meiner Probleme. Was die Integration betrifft, bemühe ich mich sehr und nütze jede Gelegenheit. Ich weiß es ist wichtig für mich.
Kurze Befragung auf Deutsch ohne Übersetzung durch Dolmetscherin.
R: Was machen Sie den ganzen Tag?
BF2: Ich koche, gehe mit meinen Kindern spazieren, lerne Deutsch.
R: Haben Sie in Österreich je gearbeitet?
BF2: Ich habe Arbeit von der Caritas. Ich kann keine andere Arbeit ausüben.
R: Sind Sie in irgendwelchen Vereinen tätig? Haben Sie ein Hobby?
BF2: Mein Hobby ist Deutsch lernen.
R: Haben Sie Freunde in Ö?
BF2: Ja.
R stellt fest, dass BF2über grundlegende Deutschkenntnisse verfügt.
Fortsetzung der Befragung mit der Dolmetscherin.
R: Haben Sie das österreichische Bundesgebiet seit Ihrer Einreise verlassen?
BF2: Nein.
R: Haben Sie noch weitere Beweismittel für Ihre Kinder, die Sie vorlegen möchten?
BF2: Nein.
R: Wie sieht der Tagesablauf der 3 Kinder aus?
BF2: Sie spielen regelmäßig Fußball, sind viel draußen.
R: Sie haben mit der Ladung auch Länderberichte zur Situation in der Russischen Föderation und respektive Dagestan zugestellt bekommen, diese stammen aus ausgewogenen unterschiedlichen nationalen und internationalen Quellen. Diese Länderberichte und Anfragebeantwortungen werden eine Grundlage für die ergehende
Entscheidung bilden: Möchten Sie dazu eine Stellungnahme abgeben?
R räumt eine zweiwöchige Frist zur Stellungnahme ein.
R: Hatten Sie die Möglichkeit alles vorzubringen, was Sie vorbringen wollten?
BF2: Ja.
R: Wie fühlen Sie sich? Geht es Ihnen gut?
BF2: Mich verlässt niemals der Zustand von ständiger Unruhe.
R: Gibt es irgendetwas, was Sie noch sagen möchten.
BF2: Ich hoffe sehr, dass Sie uns helfen. Sie konnten sich davon überzeugen, dass das wahr ist. Ich bitte Sie, die richtige Entscheidung zu treffen.
R: Haben Sie die Dolmetscherin gut verstanden?
BF2: Ja.
R: Ich beende die Befragung.
R zu RB: Sie haben jetzt die Möglichkeit, an BF2 Fragen zu stellen, wenn Sie möchten.
RB: Nein, ich habe keine Fragen.
SV: Die BF2 wirkt geistig stabil. Es gibt keinerlei Auffälligkeiten. Sie ist beunruhigt, aber stabil
R: Wie geht es Ihnen?
BF1: Nicht so gut.
R: Sie sind am römisch 40 08.2012 nach Hause zurückgekommen. Wo haben Sie sich danach aufgehalten? Wo haben Sie sich zwischen römisch 40 08 und 28.09.2012 aufgehalten?
BF1: Bei einem Bekannten, meines älteren Bruders. Dort ist ein Dorf in Nähe, namens römisch 40 . Wir sind in der Nacht des römisch 40 08. dorthin gefahren und sind bis 28.09.2012 dort geblieben.
Die Dolmetscherin wird Ihnen jetzt die Niederschrift zurückübersetzen und sagen Sie, wenn Korrekturen anzubringen sind.
Die Verhandlung wird zur Rückübersetzung unterbrochen und BF1 und BF2 nacheinander rückübersetzt.
R: Wurde die Niederschrift korrekt protokolliert und rückübersetzt?
BF1: Ja.
BF2: Ja."
21. In der nachgereichten Stellungnahme zu den vom Bundesverwaltungsgericht vorgehaltenen Länderfeststellungen vom 21.08.2015 wurde ausgeführt, dass diese bestätigt würden. Es wurden weitere Berichte ergänzend aus den Jahren 2014 und 2015 übermittelt und vorgebracht, dass die Lage sich weiter verschärft hätte.
Verwiesen wurde darauf, dass die Familie aus der Volksgruppe der Awaren muslimischen (salafitischen) Glaubens stamme. Das Ehepaar betone, dass aufgrund der Alltagsrealität des in Terrorismus und Gegenterrorismus verfallenen Landes, aufgrund des durch Folter erzwungenermaßen unterschriebenen Papiers unbekannten Inhaltes und des religiösen Bekenntnisses allergrößte Gefährdung weiterer Verhaftungen sowie die Gefahr des Verschwindenlassens oder gar der Ermordung für den Erstbeschwerdeführer bestehe.
Verwiesen wurde im Zusammenhang mit einem im Rahmen der Beschwerdeverhandlung aufgebrachten Widerspruch darauf, dass dem Erstbeschwerdeführer im Zuge eines Verhörs im März 2012 der Bart teilweise abrasiert worden sei. Der Erstbeschwerdeführer habe diesen Vorfall seiner Frau nicht erzählt, um sie nicht zu beunruhigen. Der Erstbeschwerdeführer sei von Ende Februar bzw. Anfang März für zwei Wochen beruflich in römisch 40 gewesen, daher habe seine Ehefrau nichts von dem teilweise abrasierten Bart erfahren. Auch hätten römisch 40 .03.2012 Präsidentschaftswahlen in der gesamten Russischen Föderation stattgefunden, weshalb verstärkte Polizeipräsenz und vermehrt Verhöre und Verhaftungen erfolgt wären.
22. Am 21.08.2015 wurden die Überweisung des Hausarztes für psychotherapeutische Behandlung gemeinsam mit vom 19.08.2015 datierten Bestätigungen übermittelt, wonach der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin von römisch 40 in Betreuung übernommen worden seien. Es wurde in der Eingabe darauf verwiesen, dass römisch 40 im Bereich der Sozialpsychiatrie tätig sei und nach ärztlicher Zuweisung soziotherapeutische Gruppen im Tageszentraum, psychoedukative Einzelberatung und Psychotherapie anbiete. Der Erstbeschwerdeführer sei für Psychotherapie angemeldet und habe mit Einzelgesprächen begonnen, mit der Zweitbeschwerdeführerin sei Soziotherapie (Gruppenaktivitäten) vereinbart worden. Beide seien motiviert und offen in der Zusammenarbeit.
römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen (Sachverhalt):
Der entscheidungsrelevante Sachverhalt steht fest. Auf Grundlage der gegenständlichen Anträge auf internationalen Schutz vom 14.10.2012, der Einvernahmen der Erstbeschwerdeführerin und des Zweitbeschwerdeführers durch das Bundesasylamt, der Beschwerden gegen die angefochtenen Bescheide des Bundesasylamtes, der Einsichtnahme in die bezughabenden Verwaltungsakten, der Einsichtnahme in das Zentrale Melderegister, in das Integrierte Zentrale Register, Strafregister und Grundversorgungsinformationssystem sowie auf Grundlage der vor dem Bundesverwaltungsgericht durchgeführten mündlichen Verhandlung am 07.08.2015 werden folgende Feststellungen getroffen und der Entscheidung zu Grunde gelegt:
1.1. Zu den Beschwerdeführern wird festgestellt:
Die Beschwerdeführer sind Staatsangehörige der Russischen Föderation und Angehörige der Volksgruppe der Awaren mit moslemischem Glaubensbekenntnis aus Dagestan.
Der Erstbeschwerdeführer reiste am 11.10.2012 kurz vor Mitternacht schlepperunterstützt mit einem russischen Auslandsreisepass und einem gefälschten Visum von der Ukraine nach einer Grenzkontrolle über die Slowakei nach Wien ein.
Die Zweitbeschwerdeführerin und Ehefrau des Erstbeschwerdeführers reiste zusammen mit den drei minderjährigen Kindern (die minderjährigen Dritt-, Viert- und Fünftbeschwerdeführer) am 13.10.2012 schlepperunterstützt mit russischen Auslandsreisepässen und gefälschten deutschen Visa von der Ukraine her nach einer Grenzkontrolle über die Slowakei in die Europäische Union ein und kam am 13.10.2012 in den Abendstunden in Wien an.
In der Folge brachten die fünf Beschwerdeführer am 14.10.2012 beim Bundesasylamt, Erstaufnahmestelle Ost, gegenständliche Anträge auf internationalen Schutz gemäß Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 13, Asylgesetz 2005 ein.
Nicht festgestellt werden kann, dass den Beschwerdeführern in der Russischen Föderation bzw. respektive in Dagestan mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine an asylrelevante Merkmale anknüpfende aktuelle Verfolgung maßgeblicher Intensität - oder eine sonstige Verfolgung maßgeblicher Intensität - droht.
Weiters kann nicht festgestellt werden, dass den Beschwerdeführern im Falle einer Rückkehr in die Russische Föderation die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen wäre.
Zahlreiche Verwandte der Beschwerdeführer leben nach wie vor im Herkunftsstaat. Die Beschwerdeführer beherrschen nach wie vor die russische Sprache. Der Erstbeschwerdeführer hat vor der Ausreise den Lebensunterhalt sowie den Familienunterhalt durch seine Tätigkeiten als römisch 40 bestritten, die Zweitbeschwerdeführerin hat bereits rund fünf Jahre als römisch 40 gearbeitet und bestätigt, dieser Tätigkeit im Falle einer Rückkehr wieder nachgehen zu können. Die Beschwerdeführer verfügen in ihrem Herkunftsland über eine Unterkunftsmöglichkeit in ihrem eigenen Haus, welches sie vor ihrer Ausreise bewohnten bzw. steht ihnen zweifellos überdies auch eine Unterkunft im Rahmen des Familienverbandes zur Verfügung.
Nicht festgestellt werden kann, dass die Beschwerdeführer an schweren physischen oder psychischen, akut lebensbedrohlichen und zudem im Herkunftsstaat nicht behandelbaren Erkrankungen leiden würden.
Der Gesundheitszustand der Beschwerdeführer steht ihrer Rückführung in den Herkunftsstaat nicht entgegen. Auch sonst war keine anderweitige Gefährdung im Gefolge ihrer Rückkehr feststellbar, die einer Verletzung der durch die EMRK geschützten Rechte gleichkäme.
Nicht festgestellt werden kann weiters, dass eine ausgeprägte und verfestigte entscheidungserhebliche individuelle Integration der Beschwerdeführer in Österreich vorliegt. Die Beschwerdeführer reisten illegal nach Österreich ein. Es ist aber festzuhalten, dass die Beschwerdeführer um eine Integration in die österreichische Gesellschaft bemüht sind. Die erkennende Richterin konnte im Rahmen der Beschwerdeverhandlung feststellen, dass der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin über grundlegende Deutschkenntnisse verfügen. Die Beschwerdeführer sind unbescholten und hat der Erstbeschwerdeführer ebenso wie die Zweitbeschwerdeführerin eine Prüfung im Niveau "A2 Grundstufe Deutsch 2" Ende 2013 absolviert. Der Erstbeschwerdeführer ist im Rahmen der Nachbarschaftshilfe als Gärtner tätig, spielt in einem österreichischen Fußballverein und ist Mitglied in einem Verein namens " römisch 40 ".
Die Zweitbeschwerdeführerin, welche behauptet, Arbeiten der Caritas nachzugehen, hat zudem vom römisch 40 Deutschkurs für Frauen teilgenommen.
Die Beschwerdeführer sind nicht selbsterhaltungsfähig, in Österreich nicht regelmäßig legal erwerbstätig und leben von der Grundversorgung.
Zu den minderjährigen Beschwerdeführern wurde ausgeführt, dass die Tochter den Kindergarten besuche und die Söhne regelmäßig Fußball spielen würden, die zwei Söhne sind bereits das zweite Jahr in einem Fußballverein und der Drittbeschwerdeführer wurde in einer Handelsschule aufgenommen.
Zahlreiche dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegte Unterstützungsschreiben legen die Integrationsbemühungen der Beschwerdeführer dar. In den Empfehlungsschreiben wurde zudem betont, dass die minderjährigen Söhne (der Drittbeschwerdeführer und der Viertbeschwerdeführer) an Aktionen des " römisch 40 " teilnehmen, diese über sehr gute Deutschkenntnisse verfügen und gute soziale Kompetenzen, Hilfsbereitschaft und Teamfähigkeit zeigen. Hinsichtlich des minderjährigen Viertbeschwerdeführers wurde ausgeführt, dass dieser Freunde gefunden habe, in der Schule engagiert sei und beim Fußballverein spielt. Die vorgelegte Bestätigung vom 31.07.2015 legte dar, dass der minderjährige Drittbeschwerdeführer Nachwuchsspieler und ordentliches Mitglied eines österreichischen Fußballclubs ist.
Eine Schwester der Zweitbeschwerdeführerin hält sich ebenfalls in Österreich auf, ihr Asylverfahren ist jedoch noch nicht abgeschlossen. Die Beschwerdeführer verfügen in Österreich über keine sonstigen besonders intensiven sozialen Bindungen. Die Beschwerdeführer verbrachten ihr gesamtes bisheriges Leben - mit Ausnahme des nicht ganz dreijährigen Aufenthaltes in Österreich - im Herkunftsstaat. Es ist daher anzunehmen, dass sie sich auch im Falle der Rückkehr als Familie wieder problemlos integrieren können, wo sich nach wie vor zahlreiche Verwandte der Beschwerdeführer aufhalten.
1.2. Zur Lage in der Russischen Föderation unter Berücksichtigung der Lage in Dagestan wird festgestellt:
Feststellungen zur Lage in Dagestan (Stand Juli 2014)
1. Politische Lage
Dagestan ist die größte Republik im Nordkaukasus mit einer Bevölkerung von ca. 3 Millionen Menschen. (Jamestown Foundation 31.10.2012)
Über die Hälfte der Einwohner (54,9%) sind Dorfbewohner. Die Bevölkerung in Dagestan wächst verhältnismäßig schnell. In der Republik gibt es 60 verschiedene Nationalitäten, einschließlich der Vertreter der 30 alteingesessenen Ethnien, die verschiedene Sprachen sprechen. Der Großteil der Bevölkerung lebt im Tal und im Vorgebirge. Die Hauptstadt ist Machatschkala.
Die politische Situation in der Republik Dagestan hat ihre eigene Besonderheit. Im Unterschied zu den faktisch monoethnischen Republiken Tschetschenien und Inguschetien, setzt sich die Bevölkerung Dagestans aus einer Vielzahl von Ethnien zusammen. Dieser Umstand legt die Vielzahl der in Dagestan wirkenden Kräfte fest, begründet die Notwendigkeit eines Interessenausgleichs bei der Lösung entstehender Konflikte und stellt ein Hindernis für eine starke autoritäre Zentralmacht in der Republik dar. Allerdings findet dieser "Interessenausgleich" traditionellerweise nicht auf dem rechtlichen Wege statt, was in Auseinandersetzungen zwischen den verschiedenen Clans münden kann. Der Lebensstandard in der Republik Dagestan ist einer der niedrigsten in der gesamten Russischen Föderation und das Ausmaß der Korruption sogar für die Region Nord-Kaukasus beispiellos. (BAMF-IOM 6.2014 und ICG, 19.10.2012)
Quellen:
2. Sicherheitslage
Angesteckt durch die Konflikte in Tschetschenien, hat sich die Sicherheitslage im multiethnischen Dagestan in den letzten Jahren deutlich verschlechtert und bleibt sehr angespannt. Islamistischer Extremismus, Auseinandersetzungen zwischen Ethnien und Clans, Korruption und organisierte Kriminalität führen zu anhaltender Gewalt und Gegengewalt. Die beinahe täglichen Anschläge von Rebellen richten sich gezielt gegen Sicherheits- und Verwaltungsstrukturen, politische Führungskader, Polizeipatrouillen, Bahnlinien, Gas- und Stromleitungen und öffentliche Gebäude. Die Behörden reagieren darauf mit harter Repression.
Im Januar 2013 wurde der seit 2010 als Republikoberhaupt amtierende Magomedsalam Magomedow von Ramasan Abdulatipow abgelöst. Unter Magomedow hatte es vorsichtige Anzeichen gegeben, dass seine Administration stärker auf Dialog zur Bewältigung der Konflikte setzen will. Es wurden erste Mechanismen und Programme entwickelt, die zu einer Wiedereingliederung von Rebellen in die Gesellschaft führen sollen. Stärker propagiert wird ein gemäßigter Islam als Gegenstück zum Fundamentalismus der Extremisten. (AA 3.2013)
Laut "Caucasian Knot" wurden im Nord Kaukasus im Jahr 2013, 986 Personen Opfer von bewaffneten Konflikten. Davon in Dagestan 641. 300 Personen wurden verwundet, davon 124 Zivilisten (Caucasian Knot, 27.1.2014 und FH 23.1.2014)
Die Lage im Nordkaukasus war 2012 weiterhin äußerst instabil. Das Vorgehen der Sicherheitskräfte führte nach wie vor häufig zu Menschenrechtsverletzungen.
In einigen Republiken bemühte man sich, der Bedrohung durch bewaffnete Gruppen mit deeskalierenden Strategien zu begegnen. In Dagestan und in Inguschetien wurden Kommissionen zur Wiedereingliederung ins Leben gerufen. Sie sollen dazu beitragen, dass bewaffnete Kämpfer aufgeben und sich wieder in die Gesellschaft integrieren. Die dagestanischen Behörden nahmen eine tolerantere Haltung gegenüber salafistischen Muslimen ein. (AI 23.5.2013)
Während für Tschetschenien durchwegs eine Verbesserung der allgemeinen Sicherheitslage konstatiert werden kann, ist die Lage besonders in Dagestan weiterhin volatil. Fast täglich kommt es zu Gewalttaten und Anschlägen, die auch Todesopfer fordern. [...]Im besonders unruhigen Dagestan häufen sich seit einiger Zeit Morde an moderaten muslimischen Geistlichen. Sicherheitskräfte und Experten führen dies auf das in der Region verstärkte Auftreten radikaler Islamisten (insbes. Salafisten) zurück. [...]
Seit 2009 kam es zu einem Anstieg von Entführungen, Anschlägen und Tötungen. Menschenrechtsaktivisten und Journalisten sind manchmal repressiven Maßnahmen der Behörden ausgesetzt. Die dagestanische Regierung ist in Folge der ethnischen Zersplitterung der Republik generell sehr schwach. Bei der Besetzung von Ämtern wird nach einem "ethnischen Proporz" vorgegangen. Die einzelnen Ethnien sind ihrerseits wiederum in Clans strukturiert, was die Situation zusätzlich verkompliziert.
Experten konstatieren, dass weite Gebiete staatlicher Kontrolle entzogen sind und die Rebellen dynamisch rekrutieren. Entgegen Erfolgsmeldungen offizieller Stellen zeigen die fast täglich verübten Überfälle und Anschläge auf Polizeiposten oder Militärstreifen die fortbestehende Fähigkeit des bewaffneten Untergrunds zu koordinierten Aktionen. Begünstigt wird die Rebellen- und Sabotagetätigkeit dadurch, dass das schwer kontrollierbare Gebirgsmassiv bis an die dagestanische Hauptstadt Machatschkala reicht. Dies erleichtert die Durchführung von Überraschungsangriffen. (ÖB Moskau 9.2013)
Dagestan bleibt weiterhin das gewalttätigste Gebiet im Nordkaukasus mit mehr als 60 % aller Vorfälle in dieser Region. [...]
Gewalt besteht weiterhin in den Nordkaukasus-Republiken, hervorgerufen durch Separatismus, interethnische Konflikte, Dschihadisten, Blutrache, Kriminalität, Exzesse von Sicherheitskräften und terroristischen Aktivitäten. [...] Es wurde weiterhin berichtet, dass Sicherheitskräfte wahllos Gewalt ausübten, die zu zahlreichen Todesfällen führte und die Täter nicht verfolgt wurden. (USDOS 27.2.2014)
Bernhard Clasen, ein freier Journalist, schreibt im Amnesty Journal vom Oktober 2013, dass unter dem neuen dagestanischen Oberhaupt Ramasan Abdulatipow der zwischen den Sunniten und den gemäßigten Salafisten begonnene Dialog zum Erliegen gekommen ist und durch staatliche Repressionen abgelöst wurde.
Jeden Monat veröffentlicht das Internet-Portal "Caucasian Knot" der russischen Menschenrechtsorganisation "Memorial" Statistiken über Tote und Verletzte im Nordkaukasus. Die monatlichen Zahlen variieren etwas, doch immer ergeben sie das gleiche Bild: Gewalt prägt den Alltag im Nordkaukasus.
Epizentrum der Auseinandersetzungen ist die knapp drei Millionen Einwohner zählende Teilrepublik Dagestan. In keiner Region Russlands wohnen so viele ethnische Gruppen auf so engem Raum zusammen wie in Dagestan. 14 Staatssprachen zählt die Republik.
Bernhard Clasen führt weiter im Amnesty Journal vom Oktober 2013 aus, dass laut MenschenrechtsaktivistInnen die Kommission zur Wiedereingliederung von Aufständischen in Dagestan praktisch nicht mehr existiert. (AI 10.2013)
Im Jänner 2014 erläutert ICG in einem Bericht, dass die Aktivitäten von SalafistInnen in Dagestan in den Monaten zuvor in den Untergrund gedrängt wurden. Es kam zur Schikanierung moderater Anführer der Salafisten, woraufhin einige von ihnen Dagestan verließen und man die von ihnen initiierten Projekte beendete. Die salafistische Menschenrechtsgruppe Prawosaschtschita (Rechtsschutz) wurde zum Ziel von Angriffen, ihre Führungspersonen wurden inhaftiert oder unter Überwachung gestellt und die Wohnungen von AktivistInnen durchsucht. Seit Ende des Jahres 2013 wurde eine große Anzahl SalafistInnen in Cafés, Moscheen und ihren eigenen Wohnungen festgenommen. Festnahmen von Männern mit Bärten und Frauen, die einen Hidschab tragen, sind nach Angaben von ICG inzwischen zu etwas Alltäglichem geworden. Diese Personen werden üblicherweise befragt und nach Überprüfung der Ausweispapiere und Abnahme von Fingerabdrücken wieder freigelassen. Ramasan Abdulatipow, das dagestanische Oberhaupt, hat die Bildung von Bürgerwehren zur Bekämpfung des Extremismus angeregt. In manchen Fällen bestanden diese aus Sufis, die Berichten zufolge an Vorfällen interkonfessioneller Gewalt beteiligt waren.
ICG gibt im Jänner 2014 an, dass Dagestan 2013 nach wie vor das Zentrum der Gewalt im Nordkaukasus war. Es gab im Laufe des Jahres viele bewaffnete Auseinandersetzungen, Vorfälle mit unkonventionellen Spreng- und Brandvorrichtungen, Tötungen von Amtsträgern und Angriffe auf Geschäfte, in denen Alkohol verkauft wurde. Zudem wurde mutmaßlich eine beträchtliche Anzahl an Menschenrechtsverletzungen seitens der Sicherheitskräfte verübt, darunter illegale Inhaftierungen, Fälle von gewaltsam herbeigeführtem Verschwinden, außergerichtliche Tötungen, manipulierte Strafprozesse und Folter (ICG 30.1.2014)
Aufständische sind im gesamten Gebiet Dagestans aktiv. Es wird geschätzt, dass es zwischen 20 und 30 unterschiedliche Gruppen gibt, denen mehrere Hundert Personen angehören. (Jamestown Foundation, 8.11.2013)
Quellen:
3. Sicherheitsbehörden
Die Behörden verstießen systematisch gegen ihre Verpflichtung, bei Menschenrechtsverletzungen durch Polizeikräfte umgehend unparteiische und wirksame Ermittlungen einzuleiten, die Verantwortlichen zu identifizieren und sie vor Gericht zu stellen. In einigen Fällen wurden zwar Strafverfolgungsmaßnahmen ergriffen, meistens konnte im Zuge der Ermittlungen jedoch entweder kein Täter identifiziert werden oder es fanden sich keine Beweise für die Beteiligung von Staatsbediensteten oder man kam zu dem Schluss, es habe sich um keinen Verstoß seitens der Polizeikräfte gehandelt. Nur in Ausnahmefällen wurden Strafverfolgungsmaßnahmen gegen Polizeibeamte wegen Amtsmissbrauchs im Zusammenhang mit Folter- und Misshandlungsvorwürfen ergriffen. Kein einziger Fall von Verschwindenlassen oder außergerichtlicher Hinrichtung wurde im Berichtszeitraum aufgeklärt und kein mutmaßlicher Täter aus den Reihen der Ordnungskräfte vor Gericht gestellt. (AI 23.5.2013)
Die Regierung verabsäumte es angemessene Schritte zu setzen um die meisten Behördenvertreter welche Missbräuche begingen, zu verfolgen oder zu bestrafen, wodurch ein Klima der Straffreiheit entstand. Die Rechtsstaatlichkeit war besonders im Nordkaukasus besonders mangelhaft, wo der Konflikt zwischen Regierungstruppen, Aufständischen, islamischen Militanten und Kriminellen zu zahlreichen Menschenrechtsverletzungen führte, einschließlich Morde, Folter, körperliche Misshandlung und politisch motivierte Entführungen. (USDOS 27.2.2014)
Quellen:
4. Folter und unmenschliche Behandlung
Streitkräfte und Polizeieinheiten folterten Rebellen und Zivilisten in Einrichtungen. Menschenrechtsgruppen wiesen darauf hin, dass die körperliche Misshandlung von Frauen in der Region zunahm. Das Niederbrennen von Häusern mutmaßlicher Rebellen wurde Berichten zufolge fortgesetzt. [...] Im Nordkaukasus wird von Folterungen sowohl durch lokale Sicherheitsorganisationen als auch durch Föderale Sicherheitsdienste berichtet. (USDOS 27.2.2014)
Auch 2012 gab es Berichte über die Schikanierung von Menschenrechtsverteidigern im Nordkaukasus und in anderen Regionen. Engagierte Bürger, Journalisten und Rechtsanwälte, die Opfer von Menschenrechtsverletzungen vertraten, mussten mit tätlichen Angriffen u.a. durch Polizeibeamte rechnen[...].
Im gesamten Nordkaukasus gab es weiterhin regelmäßig Sicherheitseinsätze der Polizeikräfte. Dabei kam es Berichten zufolge häufig zu Menschenrechtsverletzungen wie Verschwindenlassen, rechtswidriger Inhaftierung, Folter und anderen Misshandlungen sowie außergerichtlichen Hinrichtungen. [...]
Wirksame Untersuchungen der Vorwürfe waren jedoch selten. Dem Vernehmen nach umgingen die Ordnungskräfte die bestehenden Vorkehrungen zum Schutz vor Folter häufig mit diversen Mitteln. Dazu zählten der Einsatz von Gewalt unter dem Vorwand, die Häftlinge müssten ruhig gestellt werden, und die Nutzung geheimer Hafteinrichtungen, insbesondere im Nordkaukasus. Außerdem verweigerte man den Häftlingen oft den Zugang zu Rechtsbeiständen ihrer Wahl und ernannte stattdessen Pflichtverteidiger, bei denen man davon ausgehen konnte, dass sie Spuren von Folter ignorieren würden. (AI 23.5.2013)
Quellen:
5. Korruption
Gewalt, staatliche Willkür und Korruption sind in den Kaukasus-Republiken alltäglich. [...] Zahlreiche Provinzgrößen und Bürokraten, sogar die Regierung wurden von Abdulatipow entlassen. Anfang Juni wurde Said Amirow, langjähriger Bürgermeister von Dagestans Hauptstadt Machatschkala, verhaftet und in ein Gefängnis nach Moskau transportiert. Mit dieser Verhaftung machte Abdulatipow deutlich, dass es ihm ernst ist mit seinem Kampf gegen die Korruption (AI, Oktober 2013).
Amnesty International berichtet von Morddrohungen gegen zwei Strafverteidiger/Innen aus Dagestan, welche bekannt dafür sind, dass sie regelmäßig Fälle übernehmen in denen es um Korruption und mutmaßliche Menschenrechtsverletzungen durch Angehörige der Ordnungskräfte geht. (AI, 7.5.2014)
Quellen:
6. Ombudsmann
"Memorial" berichtet, dass der Ombudsmann für Menschenrechte in Dagestan Opfer von Folter erfolgreich anwaltlich vertrat. (USDOS 19.4.2013)
Auch 2012 gab es Berichte über die Schikanierung von Menschenrechtsverteidigern im Nordkaukasus und in anderen Regionen. Engagierte Bürger, Journalisten und Rechtsanwälte, die Opfer von Menschenrechtsverletzungen vertraten, mussten mit tätlichen Angriffen u.a. durch Polizeibeamte rechnen. (AI 23.5.2013)
Quellen:
7. Allgemeine Menschenrechtslage
Schwerpunkt der Menschenrechtsverletzungen bleibt der Nordkaukasus. Im Verlauf des Jahres 2012 hat sich trotz leicht rückläufiger Opferzahlen die Sicherheits- und Menschenrechtslage in der Region insgesamt nicht verbessert und bleibt insbesondere in Dagestan schlecht. (AA 3.2013)
Zwischen Jänner und Juni 2013 wurden laut Memorial Human Rights Center, acht Personen durch Regierungsbehörden in Dagestan im Entführungsstil verhaftet. Fünf wurden zum Zeitpunkt der Berichtsverfassung noch vermisst. (HRW 21.1.2014)
In Dagestan kommt es zu illegalen Verhaftungen und Misshandlungen von Personen, die des religiösen Extremismus verdächtigt werden, zum Inbrandsetzen von Häusern von Angehörigen der Aufständischen und zu Einschüchterungen von BewohnerInnen durch staatlich geduldete Bürgerwehren. (AI, 10.2013)
Die Sicherheitslage im Nordkaukasus war weiterhin instabil, und die Operationen der Sicherheitskräfte waren durch systematische Menschenrechtsverletzungen gekennzeichnet. Doch wurden die Täter fast nie zur Rechenschaft gezogen. (AI 23.5.2013)
Es gibt viele Berichte von willkürlichen Verhaftungen. Die Praxis ist im Nordkaukasus weit verbreitet. (USDOS 27.2.2014)
Quellen:
8. Haftbedingungen
Es gibt keinen Ombudsmann für Gefangene. Im Nordkaukasus gibt es weiterhin "inoffizielle" Gefängnisse. (USDOS, 27.2.2014)
Quellen:
9. Religionsfreiheit
Unter Abdulatipow ist der unter seinem Vorgänger Magomedsalam Magomedow erfolgreich installierte Dialog zwischen traditionellen Sunniten und einem gemäßigten Flügel der Salafisten zum Erliegen gekommen. Stattdessen nimmt die staatliche Repression zu. (AI Oktober 2013)
Am 24. Juli [2013] wurde ein Chabad-Rabbiner angeschossen und ernsthaft verwundet. Behörden vermuten "religiöse Motive" hinter dem Attentat. (USDOS 27.2.2014)
Im Juni 2013 unterzeichnete Präsident Putin ein Gesetz zur Einführung einer Haftstrafe von maximal 3 Jahren für öffentliche "Beleidigung der Gefühle von Gläubigen". Die "Beleidigung" ist jedoch nicht klar definiert. (HRW 21.1.2014)
In Dagestan ist der "extremistische islamische Wahabismus" durch lokale Gesetze verboten. (USDOS 20.5.2013)
Quellen:
10. Ethnische Minderheiten
Laut der International Crisis Group (ICG) ist Dagestan die diverseste Republik im Nordkaukasus mit mehr als 30 verschiedenen ethnischen Gruppen. (ICG, 19. Oktober 2012)
Gemäß der russischen Volkszählung 2010 waren rund 30% der Bevölkerung Dagestans Awaren, 17% Darginer, 15% Kumyken, 13% Lesgier, 5,6% Laken, 3,6% Russen, 4,5% Aserbaidschaner, 4,1% Tabasaren, 3,1% Tschetschenen und 1,4% Nogaier. Rutulen und Agulen machten jeweils 1%, und aller weiteren Volksgruppen weniger als 1% der Bevölkerung aus. (Russian Federation, Federal State Statistics Service, ohne Datum)
Quellen:
11. Binnenflüchtlinge (IDPs) und Flüchtlinge
Der UNHCR-Bericht 2011 beziffert die Anzahl der Binnenflüchtlinge auf 28.500. Obwohl der UNHCR die Lage der Binnenvertriebenen nicht mehr verfolgt, berichtet das Internal Displacement Monitoring Center von mindestens 29.000 Binnenflüchtlinge aufgrund bewaffneter Konflikte und Gewalt im Nordkaukasus sowie einer unbekannten Anzahl von Vertriebenen in Russland. (USDOS, 27.2.2014)
Quellen:
12. Medizinische Versorgung
In Dagestan stehen der Bevölkerung 36 zentrale Bezirkskrankenhäuser (3979 Betten), 3 Bezirkskrankenhäuser (215 Betten), 102 Lokalkrankenhäuser (1970 Betten), 4 Dorfkrankenhäuser (180 Betten), 5 zentrale Bezirkspolykliniken, 175 ärztliche Ambulanzen und 1076 ambulante Versorgungspunkte zur Verfügung. Spezialisierte medizinische Hilfe erhält man in 10 städtischen und 48 republikanischen Prophylaxe- und Heileinrichtungen.
Es gibt 5 Sanatorien für Kinder, 2 Kinderheime, 3 Bluttransfusionseinrichtungen, sowie 7 selbstständige Notdienste und 50 Notdienste, die in andere medizinische Einrichtungen eingegliedert sind. (BAMF-IOM 6.2014)
Quellen:
Hingewiesen wird weiters auf die Feststellungen und Quellen im "Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zur Russischen Föderation" vom 16.09.2014, welches den Beschwerdeführern gemeinsam mit deren Ladung zur mündlichen Verhandlung am 07.08.2015 sowie auch im Zuge der mündlichen Verhandlung übergeben wurde.
2. Beweiswürdigung:
Die erkennende Einzelrichterin des Bundesverwaltungsgerichtes hat nach dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung die folgenden Erwägungen getroffen.
2.1. Zu den Feststellungen zur Situation im Herkunftsstaat
Die Feststellungen zur Situation im Herkunftsstaat, insbesondere zu Dagestan, welche den Beschwerdeführern gemeinsam mit der Ladung zur mündlichen Verhandlung übermittelt und im Rahmen der mündlichen Verhandlung vorgehalten wurden und denen im Zuge dessen nicht substantiiert entgegengetreten wurde, stützen sich auf die zitierten Quellen. Da diese aktuellen Länderberichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen von regierungsoffiziellen und nicht-regierungsoffiziellen Stellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche darbieten, besteht im vorliegenden Fall für das Bundesverwaltungsgericht kein Anlass, an der Richtigkeit der getroffenen Länderfeststellungen zu zweifeln. Insoweit den Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat Berichte älteren Datums zugrunde liegen, ist auszuführen, dass sich seither die darin angeführten Umstände unter Berücksichtigung der dem Bundesverwaltungsgericht von Amts wegen vorliegenden Berichte aktuelleren Datums für die Beurteilung der gegenwärtigen Situation nicht wesentlich geändert haben. Vor dem Hintergrund dieser aktuellen Länderberichte kann nicht erkannt werden, dass in der Russischen Föderation bzw. Dagestan aktuell eine solche extreme Gefährdungslage bestünde, dass gleichsam jeder, der dorthin zurückkehrt, einer Gefährdung ausgesetzt wäre; es ist eine Zivilperson aktuell nicht alleine aufgrund ihrer Anwesenheit einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts ausgesetzt.
2.2. Zu dem Feststellungen zum Verfahrenslauf
Das Datum der Antragstellung und die Ausführungen zum Verfahrensverlauf ergeben sich aus dem Akteninhalt.
2.3. Zu den Feststellungen zur Person der Beschwerdeführer
Die Feststellungen zur Identität, Staatsangehörigkeit und Volksgruppenzugehörigkeit gründen sich auf die diesbezüglich glaubhaften Angaben der Beschwerdeführer.
Die Staatsangehörigkeit sowie die Volksgruppenzugehörigkeit der Beschwerdeführer werden aufgrund der diesbezüglich glaubwürdigen Angaben festgestellt.
Die Feststellungen zur persönlichen und familiären Situation der Beschwerdeführer sowie zu deren Integration in Österreich ergeben sich aus deren Angaben im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 07.08.015, aus den vorgelegten Unterlagen sowie aus Abfragen in den entsprechenden amtlichen österreichischen Registern (Zentrales Melderegister, Integrierte Zentrale Register, Strafregister, Grundversorgungs-Informationssystem).
Die Feststellung, dass die Beschwerdeführer in Österreich auf keine ausreichend ausgeprägten und verfestigten individuellen integrativen Anknüpfungspunkte hinsichtlich ihres Privat- und Familienlebens verweisen können, gründet sich auf den Umstand, dass Gegenteiliges im Verfahren nicht hervorgekommen ist; diesbezüglich wird auf die nachfolgenden rechtlichen Ausführungen zu Spruchpunkt römisch III. verwiesen.
Die Feststellungen zur strafgerichtlichen Unbescholtenheit ergeben sich aus der Einsichtnahme in das Strafregister.
2.4. Zu den Feststellungen zum Fluchtvorbringen der Beschwerdeführer und zu ihrer Rückskehrsituation
Die Erst- und Zweitbeschwerdeführer hatten im Zuge ihrer Asylverfahren und einer Reihe von Einvernahmen vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes und des Bundesasylamtes die Gelegenheit, ihre Fluchtgründe umfassend darzulegen. Der aufgrund dieser Befragungen festgestellte Sachverhalt und die Beweiswürdigung finden bereits ihren Niederschlag in den angefochtenen Bescheiden bezüglich der Erst- und Zweitbeschwerdeführer und ihrer Kinder. In Anbetracht des von der belangten Behörde durchgeführten Ermittlungsverfahrens, angesichts der diesbezüglichen Beweiswürdigung in den angefochtenen Bescheiden sowie insbesondere auf Grund der Angaben im Rahmen der mündlichen Verhandlung hat das Bundesverwaltungsgericht - unter Bedachtnahme auf die Beschwerdeausführungen und die Ausführungen in den weiteren Eingaben
Die erkennende Richterin verkennt nicht, dass mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 21.10.2013, Zl. D15 434154-1/2013/7Z der bekämpfte Bescheid hinsichtlich des Erstbeschwerdeführers vom 19.03.2013 behoben und die Angelegenheit gemäß Paragraph 66, Absatz 2, AVG zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesasylamt zurückverwiesen wurde. Gleichlautende Entscheidungen ergingen hinsichtlich der restlichen Beschwerdeführer. Aus diesem Umstand ergeben sich zweifellos gewisse Verzögerungen im Asylverfahren, welche nicht den Beschwerdeführern anzulasten sind.
In diesen Zusammenhang ist jedoch klar darauf zu verweisen, dass sich im gegenständlichen Verfahren weitere eklatante Widersprüche und Ungereimtheiten ergeben haben, welche den Eindruck der Unglaubwürdigkeit des Fluchtvorbringens zweifellos bestätigt haben. Auch bei Beleuchtung der in den Entscheidungen des Asylgerichtshofs angeführten Punkte, welche im ersten Verfahren im gegenständlichen Verfahren berücksichtigt werden sollten, ergab sich für die erkennende Richterin keine andere Einschätzung. Insbesondere erfolgte eine konkrete und detaillierte Befragung zu den beiden geschilderten Vorfällen, es äußerten die Beschwerdeführer keinerlei Angehörigkeit zu einer besonderen Form des muslimischen Glaubens und wurden diesbezüglich noch mehr widersprüchliche bzw. unvereinbare Angaben zum Bart des Erstbeschwerdeführers getätigt. Die Unterlagen über die Traumatisierung der Kinder wurden im gegenständlichen Fall ebenfalls berücksichtigt und ergab sich aufgrund der ausführlichen Befragung hinsichtlich des Drittbeschwerdeführers - wie in der Folge ausgeführt - keinerlei Notwendigkeit diesen erneut vor dem Bundesverwaltungsgericht zu befragen, weil dies beide Elternteile nicht als erforderlich ansahen und eigene Wahrnehmungen des Drittbeschwerdeführers verneint wurden. Schließlich ergaben sich keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass das Asylverfahren der Schwester mit dem behaupteten Grund für die Ausreise der Zweitbeschwerdeführerin im Zusammenhang steht, da die Zweitbeschwerdeführerin ausdrücklich eigene Probleme verneint hatte und sich einzig auf die Verfolgungsgründe ihres Ehemannes gestützt hatte.
Es haben sich für die erkennende Richterin in Summe keinerlei Anhaltspunkte ergeben, an der festgestellten Unglaubwürdigkeit des Fluchtvorbringens zu zweifeln.
In Anbetracht des von der belangten Behörde durchgeführten Ermittlungsverfahrens, angesichts der diesbezüglichen Beweiswürdigung im angefochtenen Bescheid bzw. in den angefochtenen Bescheiden sowie insbesondere auf Grund der Angaben im Rahmen der mündlichen Verhandlung hat das Bundesverwaltungsgericht - unter Bedachtnahme auf die Beschwerdeausführungen und die Ausführungen in den weiteren Eingaben - keine Bedenken gegen die in den vorliegenden Bescheiden getroffenen individuellen Feststellungen zum Sachverhalt hinsichtlich der geltend gemachten Ausreisegründe.: Es kann - wie bereits oben ausgeführt - nicht festgestellt werden, dass die Beschwerdeführer einer wie immer gearteten Verfolgung oder Gefährdung in ihrer Heimat ausgesetzt waren bzw. im Falle einer Rückkehr ausgesetzt wären, welche die Gewährung von Asyl rechtfertigen würden. Diese Feststellung gründet sich auf den Umstand, dass das individuelle Vorbringen der Beschwerdeführer zu den von ihnen behaupteten Fluchtgründen insbesondere aufgrund der im Verfahren aufgetretenen zahlreichen Widersprüche und Ungereimtheiten in den Angaben der Beschwerdeführer aus folgenden Gründen nicht als glaubhaft zu beurteilen war:
Gemäß der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist es Aufgabe des Asylwerbers durch ein in sich stimmiges und widerspruchfreies Vorbringen, allenfalls durch entsprechende Bescheinigungsmittel, einen asylrelevanten Sachverhalt glaubhaft zu machen (VwGH 25.03.1999, 98/20/0559).
Der Verwaltungsgerichtshof hat in mehreren Erkenntnissen betont, dass die Aussage des Asylwerbers die zentrale Erkenntnisquelle darstellt und daher der persönliche Eindruck des Asylwerbers für die Bewertung der Glaubwürdigkeit seiner Angaben von Wichtigkeit ist (VwGH 24.06.1999, 98/20/0453; 25.11.1999, 98/20/0357, uva.).
Dabei steht die Vernehmung des Beschwerdeführers als wichtigstes Beweismittel zur Verfügung. Die erkennende Behörde kann einen Sachverhalt grundsätzlich nur dann als glaubwürdig anerkennen, wenn der Beschwerdeführer gleichbleibende, substantiierte Angaben macht, wenn diese Angaben wahrscheinlich und damit einleuchtend erscheinen und mit den Tatsachen oder allgemeinen Erfahrungen übereinstimmen.
Es entspricht der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, dass Gründe, die zum Verlassen des Heimatlandes beziehungsweise Herkunftsstaates geführt haben, im Allgemeinen als unglaubwürdig angesehen werden, wenn der Asylwerber die nach seiner Meinung einen Asyltatbestand begründenden Tatsachen im Laufe des Verfahrens - niederschriftlichen Einvernahmen - unterschiedlich oder sogar widersprüchlich darstellt, wenn seine Angaben mit den der Erfahrung entsprechenden Geschehnisabläufen oder mit tatsächlichen Verhältnissen bzw. Ereignissen nicht vereinbar und daher unwahrscheinlich erscheinen oder wenn er maßgebliche Tatsachen erst sehr spät im Laufe des Asylverfahrens vorbringt (VwGH 06.03.1996, 95/20/0650).
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist ein gesteigertes Vorbringen nicht als glaubwürdig anzusehen (so schon VwGH 8. 4. 1987, 85/01/0299; 2. 2. 1994, 93/01/1035). Vielmehr muss grundsätzlich den ersten Angaben des Asylwerbers ein erhöhter Wahrheitsgehalt zuerkannt werden (VwGH 8. 4. 1987, 85/01/0299), weil es der Lebenserfahrung entspricht, dass Angaben, die in zeitlich geringerem Abstand zu den darin enthaltenen Ereignissen gemacht werden, der Wahrheit in der Regel am nächsten kommen (VwGH 11. 11. 1998, 98/01/0261, m.w.H.). Denn kein Asylwerber würde wohl eine sich bietende Gelegenheit, zentral entscheidungsrelevantes Vorbringen zu erstatten, ungenützt vorübergehen lassen (VwGH 7. 6. 2000, 2000/01/0250). Die Richtigkeit der Beurteilung der Unglaubwürdigkeit der Angaben der Erstbeschwerdeführerin konnte in einer Gesamtsicht auch nicht durch die Ausführungen in der Beschwerde und Beschwerdeverhandlung überzeugend in Zweifel gezogen werden.
Im Sinne dieser Judikatur ist es den Beschwerdeführern nicht gelungen, ein asylrelevantes Vorbringen glaubhaft und in sich schlüssig darzulegen. Den Beschwerdeführern ist es zusammengefasst somit nicht gelungen, der schlüssigen Beweiswürdigung der belangten Behörde dermaßen konkret und unsubstantiiert entgegenzutreten, dass Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung aufgekommen wären.
Mit den von den Beschwerdeführern behaupteten Angaben zu den Gründen der Ausreise vermochten die Beschwerdeführer eine Verfolgungsgefahr in ihrer Heimat nicht glaubwürdig darzulegen. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 07.08.2015 hatten die Erst- und Zweitbeschwerdeführer nochmals Gelegenheit, im Zuge einer detaillierten Befragung ihre Fluchtgründe darzulegen. In der Beschwerdeverhandlung hätten sie die Möglichkeit gehabt, das Bundesverwaltungsgericht von der Glaubwürdigkeit ihres Vorbringens zu überzeugen. Dies ist ihnen jedoch nicht gelungen. Nach eingehender Befragung im Rahmen der Verhandlung gelangte das Bundesverwaltungsgericht vielmehr zu dem Eindruck, dass die Beschwerdeführer den von ihnen erzählten Sachverhalt nicht bzw. nicht in dem von ihr geschilderten Ausmaß selbst erlebt haben. So waren sie nicht in der Lage, die Angaben glaubwürdig darzustellen und ihr Fluchtvorbringen anschaulich zu schildern. Vielmehr sind in der mündlichen Beschwerdeverhandlung noch weitere Ungereimtheiten hinzugekommen, die darauf hindeuten, dass das Vorbringen nicht der Wahrheit entspricht. Dass die Beschwerdeführerin eine asylrelevante Verfolgung zu befürchten gehabt habe, konnten sie - wie in weiterer Folge noch genauer dargestellt wird - somit auch im Rahmen der Beschwerdeverhandlung nicht glaubhaft machen. Bereits bei oberflächlicher Durchsicht des oben wiedergegebenen Verhandlungsprotokolls - auch im Vergleich zu den im Verfahrensgang zusammengefassten Einvernahmen - wird augenscheinlich ersichtlich, dass es sich bei den Angaben offensichtlich um ein asylzweckbezogen angelegtes, in der geschilderten Form aber nicht glaubwürdiges Vorbringen handelt.
Auch in der Beschwerdeverhandlung waren die Erst- und Zweitbeschwerdeführer nicht willens bzw. nicht in der Lage, ihr Vorbringen von sich aus ausführlich und anschaulich darzulegen, sondern beantworteten die ihnen gestellten Fragen lediglich ausweichend, teilnahmslos und erweckten somit insgesamt nicht den Eindruck, über tatsächlich Erlebtes zu sprechen. Einzelheiten und anscheinende Nebensächlichkeiten ließen sie vollkommen vermissen. Ihre knappe geschilderte Erzählung ließ erhebliche Zweifel aufkommen, dass sie von tatsächlich selbst erlebten Geschehnissen spricht.
Die erkennende Richterin stimmt der belangten Behörde in ihrer Einschätzung zu, dass das Vorbringen der Erst- und Zweitbeschwerdeführer aufgrund vieler Widersprüche und mangelnder Nachvollziehbarkeit hinsichtlich einer für sie und ihre Kinder angeblich bestehenden Verfolgungsgefahr als unglaubwürdig erachtet wird. Es wird somit insgesamt den schlüssigen und nachvollziehbaren Beweiswürdigungen der angefochtenen Bescheide gefolgt. Die Beschwerdeführer vermochten dieser Beurteilung mit ihren Ausführungen im Beschwerdeschriftsatz und der Einvernahme der Erstbeschwerdeführerin vor dem Bundesverwaltungsgericht am 07.08.2015 weder entscheidend entgegenzutreten, noch eine konkret rechtswidrige Vorgehensweise des Bundesasylamtes, ein grob fehlerhaftes Ermittlungsverfahren oder einen sonstigen relevanten Verfahrensmangel zu relevieren.
Die Behauptung einer konkreten Verfolgung in der Heimat kann im gegenständlichen Fall nur als eine in den Raum gestellte Behauptung gewertet werden, der aufgrund der mangelnden Plausibilität und Nachvollziehbarkeit sowie aufgrund der Widersprüche, wie nachstehend begründet, keine Glaubwürdigkeit geschenkt werden kann.
Die Gründe für die Ausreise der Beschwerdeführer und ihrer Kinder wurden im Laufe des Verfahrens widersprüchlich dargestellt, das Vorbringen war von der erkennenden Richterin insbesondere nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung aufgrund von Ungereimtheiten und Widersprüchen als unglaubwürdig einzustufen.
Vorab ist hinsichtlich der Einvernahmefähigkeit der Beschwerdeführer darauf zu verweisen, dass die Beschwerdeführer im Rahmen der Erstbefragung am 14.10.2012 und auch bei der Einvernahme am 18.01.2013 ausdrücklich angegeben hatten, keinerlei physische oder psychische Probleme zu haben. Erst mit Eingaben vom 18.07.2013, 14.08.2013 und 23.09.2013 wurden diverse Schreiben von Psychiatern und Psychologen vorgelegt.
Im Detail wurden im Verfahren insbesondere zwei Schreiben der römisch 40 vorgelegt, denen zufolge der Erstbeschwerdeführer vom 17.10.2013 bis 16.01.2014 in psychologischer Abklärung und Beratung aufgrund von Symptomen einer Posttraumatischen Belastungsstörung stand und die Zweitbeschwerdeführerin seit 24.02.2014 wegen Angst und Depressionen bei der Caritas in psychologischer Beratung steht. Im Rahmen der Einvernahme am 02.04.2014 gab der Erstbeschwerdeführer im Beisein seines Vertreters sowie seiner Vertrauensperson wiederum lediglich an, dass er aufgrund der Einvernahme psychisch etwas aufgeregt und unter Stress stehe. Nach der allgemeinen Lebenserfahrung wäre jedoch wohl anzunehmen, dass eine Traumatisierung in Verbindung oder zumindest in einem nachvollziehbaren zeitlichen Zusammenhang mit einem traumatischen Erlebnis eintreten würde, nicht aber erst nach rund einem Jahr oder längerem Aufenthalt in einem sicheren Staat. Wie bereits die belangte Behörde ausgeführt hatte, wäre eigentlich davon auszugehen, dass relevante psychische Probleme bereits am 14.10.2012 oder zumindest am 18.01.2013 vorgebracht worden wären. In einer Zusammenschau erscheinen die von den Beschwerdeführern vorgebrachten psychischen Beschwerden somit letztlich deutlich im Lichte eines Versuchs, dadurch einen positiven Ausgang des Asylverfahrens zu bewirken.
Nachdem die Zweitbeschwerdeführerin ausdrücklich angegeben hatte, dass sie ihren Kindern nichts über die behaupteten Vorfälle erzählt habe, ist auch im höchsten Maße anzuzweifeln, dass der älteste Sohn und Drittbeschwerdeführer wegen der vom Erstbeschwerdeführer behaupteten Gründe eine Traumatisierung erlitten hätte. Überdies wird den Verfolgungsbehauptungen gegenüber dem Erstbeschwerdeführer aufgrund der widersprüchlichen Ausführungen von der erkennenden Richterin kein Glaube geschenkt.
Im Rahmen der Beschwerde gegen die nunmehr angefochtenen Bescheide wurde beantragt, dass ein Sachverständiger hinsichtlich der psychischen Verfassung der Beschwerdeführer bei der Einvernahme anwesend sei.
Schließlich wurde auch behauptet, dass dem Rechtsvertreter vor der belangten Behörde kein Fragerecht eingeräumt worden wäre. Dieser Behauptung ist klar entgegenzuhalten, dass der Erstbeschwerdeführer im Rahmen der Beschwerdeverhandlung einräumte, seiner Einvernahme vor dem Bundesasylamt habe er nichts hinzuzufügen, er verwies lediglich darauf, dass seine erste Einvernahme sehr kurz gewesen sei.
Das Bundesverwaltungsgericht holte in der Folge ein Gutachten über den psychischen Zustand der erwachsenen Beschwerdeführer ein und führte eine öffentlich mündliche Beschwerdeverhandlung in Anwesenheit des das Sachverständigengutachten erstellenden Sachverständigen durch. Überdies nahm die Rechtsvertreterin der Beschwerdeführer auch an der Verhandlung teil, der von der nunmehr erkennenden Richterin explizit im Zuge des gesamten Verhandlungsablaufs ein Fragerecht eingeräumt wurde.
Die erkennende Richterin holte aufgrund der intensiven und mehrmaligen Behauptung psychischer Probleme im Rahmen der Beschwerde ein Gutachten über den gesundheitlichen Zustand und die Verhandlungsfähigkeit des Erstbeschwerdeführers und der Zweitbeschwerdeführerin ein. Das hinsichtlich des Gesundheitszustandes des Erstbeschwerdeführers und der Zweitbeschwerdeführerin eingeholte psychologische Gutachten, datiert mit 25.06.2015, von einem klinischen und Gesundheitspsychologen sowie allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen und Psychotherapeut, enthielt im Wesentlichen die Feststellung, dass beim Erstbeschwerdeführer und bei der Zweitbeschwerdeführerin zum Untersuchungszeitpunkt am 11.06.2015 von einer posttraumatischen Belastungsstörung auszugehen sei. Auf Grund der zur Verfügung stehenden Information wird im Gutachten davon ausgegangen, dass die Untersuchten in der Lage sind, an einer Beschwerdeverhandlung bzw. an einer Befragung teilzunehmen und das Erlebte wiederzugeben. Da dies aber eine enorme psychische Belastung darstelle, seien genügend Pausen und die Beiziehung einer psychologischen bzw. psychotherapeutischen Fachkraft während und vor allem nach der Verhandlung bzw. der Befragung zu empfehlen. Auf die Empfehlungen im Gutachten wurde bei Durchführung der Beschwerdeverhandlung höchstes Augenmerk gelegt. Vor Beginn der Beschwerdeverhandlung bejahten der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin ausdrücklich, sich geistig und körperlich in der Lage zu fühlen, an der Verhandlung teilzunehmen. Auch der Sachverständige bestätigte im Zuge der Beschwerdeverhandlung, dass der Zustand der erwachsenen Beschwerdeführer stabil sei und sie nach seiner Einschätzung auch zum Zeitpunkt der Beschwerdeverhandlung vernehmungsfähig seien. Diese Einschätzung wurde auch im Zuge der Verhandlung immer wieder bestätigt. Die erkennende Richterin hatte im Zuge der Beschwerdeverhandlung keinerlei Zweifel an der Einvernahmefähigkeit der Beschwerdeführer.
Am Ende der Verhandlung erklärte der während der Verhandlung anwesende Sachverständige, dass es bei einer PTBS Tendenzen der Verdrängung bis zur Abspaltung gibt, diese wären beim Erstbeschwerdeführer jedoch nicht ersichtlich.
Aufgrund der Einschätzung hinsichtlich des Erstbeschwerdeführers durch den Sachverständigen ergibt sich eindeutig für die erkennende Richterin, dass die psychischen Erkrankungen alleine nicht derart eklatante Widersprüche und Ungereimtheiten bewirken könnten, wie bei Vergleich der Angaben im Rahmen des Asylverfahrens hervorgekommen sind.
Der im Zuge der Beschwerdeverhandlung in den Raum gestellten Behauptung, dass bei Einvernahme vor belangter Behörde der Dolmetsch den Erstbeschwerdeführer nicht verstanden hätte, ist entgegenzuhalten, dass die Einvernahmeprotokolle jedoch eindeutig durch die Beschwerdeführer unterschrieben worden waren, und damit die Korrektheit und Vollständigkeit der Protokolle bestätigt wurden. Völlig unglaubwürdig behauptete der Erstbeschwerdeführer plötzlich weiters, dass manche Worte nicht bzw. anders übersetzt worden wären. Auf Nachfrage der erkennenden Richterin, was im Protokoll konkret nicht korrekt sei, konnte er keine Beispiele nennen und tätigte lediglich ganz allgemeine und vage Aussagen. Schließlich hatte die Zweitbeschwerdeführerin im Gegensatz dazu auf Nachfrage in der Beschwerdeverhandlung sogar ausdrücklich bestätigt, den Dolmetscher bei ihren bisherigen Einvernahmen gut verstanden zu haben.
Auch die Behauptung, dass in der Beschwerde moniert wurde, es sei dem Rechtsvertreter vor der belangten Behörde kein Fragerecht eingeräumt worden, wird vor dem Hintergrund der zahlreichen Behauptungen, welche offensichtlich lediglich die Qualität der Einvernahmen im Rahmen seines Asylverfahrens durch haltlose Behauptungen zu erschüttern versuchen und unter Verweis auf die unterzeichneten Einvernahmeprotokolle, nicht weiter eingegangen und überdies darauf verwiesen, dass im Rahmen der Beschwerdeverhandlung eine Rechtsvertreterin anwesend war, welcher explizit ein Fragerecht eingeräumt worden war.
Mit den von den Beschwerdeführern behaupteten Angaben zu den Gründen der Ausreise vermochten die Beschwerdeführer eine Verfolgungsgefahr in ihrer Heimat nicht glaubwürdig darzulegen. Zusammengefasst behaupteten die Beschwerdeführer Probleme in ihrem Herkunftsstaat, weil der Erstbeschwerdeführer in Dagestan im März 2012 und im August 2012 vom FSB angehalten, bedroht und misshandelt worden wäre, vermutlich weil der Erstbeschwerdeführer einen Bart getragen hätte.
Zusammengefasst ist festzustellen, dass hinsichtlich des minderjährigen Drittbeschwerdeführers, des minderjährigen Viertbeschwerdeführers und der minderjährigen Fünftbeschwerdeführerin keine eigenen Fluchtgründe behauptet wurden und sich die Zweitbeschwerdeführerin in ihren Angaben zu ihrem Ausreisegrund im Wesentlichen auf die Behauptungen ihres Ehemannes, des Erstbeschwerdeführers, stützte. Die Behauptung einer konkreten Verfolgung in der Heimat kann im gegenständlichen Fall nur als eine in den Raum gestellte Behauptung gewertet werden, der aufgrund der mangelnden Plausibilität und Nachvollziehbarkeit sowie aufgrund der Widersprüche, wie nachstehend begründet, keine Glaubwürdigkeit geschenkt wird.
Bereits das Bundesasylamt hatte im angefochtenen Bescheid festgestellt, dass die Gründe für die Ausreise der Erstbeschwerdeführerin und ihrer Kinder unterschiedlich dargestellt wurden und aufgrund von Ungereimtheiten und Widersprüchen das Vorbringen als unglaubwürdig einzustufen war. Wie bereits im Rahmen der ausführlichen Beweiswürdigung in den nunmehr angefochtenen Bescheiden zu Recht ausgeführt wurde, waren der im Asylverfahren befragte Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin, die im Wesentlichen auf die Angaben des Erstbeschwerdeführers hinsichtlich des Ausreisegrundes für sie und die gemeinsamen Kinder verwies, nicht in der Lage, ihren Fluchtgrund glaubhaft darzulegen.
Auch im Rahmen der Beschwerdeverhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht vermochten der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin ihren Angaben keine Glaubwürdigkeit zu verleihen. Hinsichtlich der Ausführungen, wonach auch eine Befragung des ältesten Sohnes (des Drittbeschwerdeführers) angebracht erscheine, zumal dieser - zumindest nach seinen Ausführungen vor einem Facharzt - über entsprechende Wahrnehmungen zu dessen Verfolgung verfüge, ist klar darauf zu verweisen, dass die Einvernahme des ältesten Sohnes vom Erstbeschwerdeführer und der Zweitbeschwerdeführerin nicht für notwendig erachtet wurde, da der minderjährige Drittbeschwerdeführer laut Ausführung der Eltern keine Wahrnehmungen über die behaupteten Vorfälle hatte.
Im Rahmen der Beschwerdeverhandlung ergaben sich weitere Widersprüche und Ungereimtheiten in den Angaben der Beschwerdeführer, welche den Eindruck der belangten Behörde, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht, für die erkennende Richterin klar bestätigte.
Es erscheint grundsätzlich bereits in keiner Weise nachvollziehbar, weshalb der Erstbeschwerdeführer laut eigenen Ausführungen ohne irgendwelchen Grund vom FSB mitgenommen und misshandelt worden wäre. Auf Nachfrage in der Beschwerdeverhandlung führte der Erstbeschwerdeführer aus, er habe nicht einmal eine Verwaltungsübertretung begangen und verstehe den Grund der Mitnahme selbst nicht. Schließlich behauptete der Erstbeschwerdeführer, er hätte etwas unterschreiben müssen, wisse jedoch nicht, was er unterzeichnet hätte. Auch aus diesen Schilderungen lässt sich kein logisch nachvollziehbarer Grund für die Mitnahme, Anhaltung und Misshandlung des Erstbeschwerdeführers ableiten. Der Erstbeschwerdeführer verneinte im Rahmen der Beschwerdeverhandlung ausdrücklich, dass er je Widerstandskämpfer gewesen wäre oder diese unterstützt hätte, auch keiner aus seiner Familie wäre laut seinen Angaben Widerstandskämpfer gewesen.
Der Beschwerdeführer behauptete, dass er im März 2012 erstmals Probleme im Herkunftsstaat gehabt hätte, er aber dennoch einen Auslandsreisepass für eine Urlaubsreise im Juni beantragt hätte und ihm zwei Monate später - Anfang August 2012 - auch ohne Probleme Auslandspässe ausgestellt worden wären. Auf Vorhalt dieses Widerspruches änderte der Erstbeschwerdeführer sein Vorbringen dahingehend ab, dass er behauptete, er hätte im März "keine richtigen Probleme" gehabt, es wäre "kein Problem an sich" gewesen, und wäre sei laut Beschwerdeführer "nichts Großartiges" passiert. Auch wäre ihm nicht gesagt worden, dass er nicht wegfahren dürfe.
Die teilnahmslosen Schilderungen ohne Details und Nebensächlichkeiten des Erstbeschwerdeführers hinsichtlich der angeblichen Schläge, der "nicht richtigen Schläge", seiner Zähne und seines Bartes werden von der erkennenden Richterin nicht als glaubhaft erachtet, wie in der Folge näher ausgeführt wird.
Widersprüchlich erscheint, dass der Erstbeschwerdeführer in der Erstbefragung noch behauptet hatte, dass er in seiner Arbeitsstätte abgeholt worden wäre, im Rahmen der Beschwerdeverhandlung führte er nunmehr im Gegensatz dazu aus, dass dies am Weg zur Arbeit passiert sei. Den Widerspruch zwischen den unterschiedlichen Aussagen konnte der Erstbeschwerdeführer der erkennenden Richterin nicht erklären.
Befragt führte der Erstbeschwerdeführer im Rahmen der Beschwerdeverhandlung aus, dass zwei Autos beim Vorfall dabei gewesen wären. Im Gegensatz dazu hatte der Erstbeschwerdeführer jedoch in seiner zweiten Einvernahme lediglich ein Auto genannt. Auf Vorhalt dieses Widerspruches gab er zunächst an, dass er sich sicher sei, zwei Autos gesehen zu haben ("R: Wieviele Autos sind gekommen?
BF1: Zwei. R: Sind Sie sich sicher? BF1: Ja, weil ich diese Autos gesehen habe. Eines kam auf der einen, das zweite auf der anderen Seite"), danach gab er lapidar an, er glaube, es seien zwei Autos oder ein Auto gewesen. Nach Erinnerung an die Wahrheitsverpflichtung gab der Beschwerdeführer schließlich völlig unglaubwürdig an, sich doch nicht mehr erinnern zu können.
Auf weiteren Vorhalt, dass die Personen, welche den Erstbeschwerdeführer behaupteter Maßen angehalten hätten, offensichtlich erreicht hätten, was sie wollten, nämlich die Unterschrift des Erstbeschwerdeführers auf einem Dokument, weshalb eine weitere Angst des Erstbeschwerdeführers nicht schlüssig nachvollziehbar erscheint, gab dieser völlig allgemein und vage an, es hätte alles Mögliche sein können, was er unterschrieben hätte.
Nicht nachvollziehbar erscheint zudem für die erkennende Richterin, dass der Erstbeschwerdeführer einerseits angeblich wieder freigelassen worden wäre und sich anderseits so sehr verfolgt gefühlt hätte, dass er die Heimat verlassen hätte. Es wäre zweifellos davon auszugehen, dass die Personen, welche den Erstbeschwerdeführer angeblich angehalten hätten, ausreichend Gelegenheit gehabt hätten, wenn sie ihm etwas antun hätten wollen. Auf Vorhalt dieser grundlegenden Unplausibilität im Vorbringen des Erstbeschwerdeführers gab dieser lediglich völlig vage und allgemein an, die Personen hätten offensichtlich irgendwelche Ziele verfolgt.
Die Frage, ob es konkrete Anhaltspunkte dafür gebe, dass man den Erstbeschwerdeführer nach dessen Freilassung am römisch 40 08.2012 verfolgen würde, konnte der Erstbeschwerdeführer nicht schlüssig und nachvollziehbar beantworten: "BF1: Ich hatte Angst um mein Leben. Ich wusste ja nicht, was ich unterschrieben habe. Das konnte alles sein. Ich wusste ja nicht, wozu man mich gemacht hat. Unter normalen Umständen hätte ich eine Ladung bekommen. Ich wurde aber praktisch entführt. Ich hatte Angst. Die Leute wussten alles über mich, auch über meine Brüder. Sie haben mich freigelassen. Warum haben sie mich gebraucht?" Eine konkret nachvollziehbare Angst vor einer Verfolgung im Herkunftsstaat ergibt sich aus diesen vagen Ausführungen jedoch für die erkennende Richterin nicht.
Für die erkennende Richterin erscheint auch nicht nachvollziehbar, dass der Erstbeschwerdeführer am römisch 40 08.2012 freigelassen worden sein soll, jedoch erst Ende September 2012 - somit rund sechs Wochen später - ausgereist ist. Wenn er tatsächlich derart große Angst gehabt hätte und bereits seit Anfang August 2012 Auslandsreisepässe besessen hatte, erscheint nicht nachvollziehbar, weshalb die Ausreise nicht schon früher erfolgt war.
Auf Nachfrage, welche Drohungen geäußert wurden, falls der Erstbeschwerdeführer die Dokumente nicht unterzeichne, gab er im Rahmen der Beschwerdeverhandlung an, man habe ihn mit dem Umbringen gedroht. Im klaren Widerspruch dazu hatte der Erstbeschwerdeführer im Rahmen der zweiten Befragung zu den Schriftstücken folgende Ausführungen getätigt: "Diese sollte ich unterschreiben. Ansonsten würden sie mir den Mord an dem verstorbenen Mithäftling anlasten."
Auf Vorhalt dieses eklatanten Widerspruches, änderte der Erstbeschwerdeführer seine Aussage völlig unglaubwürdig dahingehend, dass er nun behaupte, man hätte ihn mit beiden Konsequenzen bedroht.
Schließlich ist darauf zu verweisen, dass auch der Umstand, dass nach wie vor zahlreiche Verwandte der Beschwerdeführer, insbesondere auch des Erstbeschwerdeführers, unbehelligt in Dagestan leben, klar gegen eine Verfolgung der Familie der Beschwerdeführer spricht. Auf Nachfrage gab die Zweitbeschwerdeführerin an, dass ihre Familie im Herkunftsstaat nach der Ausreise der Beschwerdeführer unbehelligt lebe. Sie verwies darauf, dass sie bezüglich der Familie ihres Ehemannes keine Kenntnis habe. Diese Aussage erzeugt jedoch bei der erkennenden Richterin erhebliche Zweifel an der Behauptung des Erstbeschwerdeführers, wonach dessen Bruder nach der Ausreise der Beschwerdeführer angeblich bedroht worden sei. Wäre nämlich dessen Bruder tatsächlich bedroht worden, kann in keiner Weise nachvollzogen, weshalb die Zweitbeschwerdeführerin darüber keine Kenntnis hat. Hinsichtlich der Behauptung des Erstbeschwerdeführers, dass dessen Bruder angeblich nach dem Erstbeschwerdeführer gefragt worden sei, ist zudem darauf zu verweisen, dass dieser jedoch auf Nachfrage im Rahmen der Beschwerdeverhandlung einräumte, sein Bruder sei zusammen mit 30 Personen in einer Moschee mitgenommen worden. Aus dieser Ausführung ergibt sich vielmehr die Vermutung, dass es sich um eine allgemeine Räumung einer Moschee gehandelt haben dürfte, von der sein Bruder auch betroffen war, und es sich nicht um eine Befragung explizit nach dem Erstbeschwerdeführer gehandelt hatte.
Die Frage, was der Grund der Mitnahme im März 2012 gewesen sei, beantwortete der Erstbeschwerdeführer damit, dass man ihm gesagt hätte, dass man an Ort und Stelle die Identität feststellen hätte müssen. Auf Vorhalt, dass der Erstbeschwerdeführer im Rahmen der ersten Einvernahme im Widerspruch dazu ausgeführt hätte, dass der Grund sein ziemlich langer Bart gewesen wäre, änderte der Erstbeschwerdeführer seine Angaben dahingehen, dass man wegen des Bartes auf ihn zugekommen sei und deshalb seine Dokumente hätte überprüfen wollen.
Während der Erstbeschwerdeführer im Rahmen der Erstbefragung behauptete hatte, er sei im März 2012 nicht mitgenommen, sondern auf der Straße angesprochen worden, änderte er seine Ausführungen im Rahmen der Beschwerdeverhandlung dahingehend, dass er doch mitgenommen worden sei.
Auf Nachfrage im Rahmen der Beschwerdeverhandlung, ob man dem Erstbeschwerdeführer den Bart gewaltsam "weggenommen" habe, verneinte dies der Erstbeschwerdeführer ausdrücklich und verwies darauf, dass er lediglich verhöhnt worden sei. Demgegenüber hatte der Erstbeschwerdeführer im klaren Widerspruch dazu in der dritten Befragung angegeben: "Zwei haben mich festgehalten und einer hat mir dann den Bart auf einer Seite abrasiert." Der Erstbeschwerdeführer änderte auf Vorhalt des Widerspruchs seine Aussage wiederum dahingehend, dass man ihm den Bart tatsächlich auf einer Seite abrasiert habe. Diese widersprüchlichen Behauptungen des Erstbeschwerdeführers sind außerdem unvereinbar mit den Angaben seiner Ehefrau, diese hatte ausdrücklich angegeben, den Erstbeschwerdeführer seit 2010 immer mit Bart gesehen zu haben. Die Zweitbeschwerdeführerin behauptete im Rahmen der Beschwerdeverhandlung, dass ihr Ehemann, der Erstbeschwerdeführer, seit dem Jahr 2010 nie seinen Bart abrasiert hätte. Dies widerspricht jedoch den Ausführungen des Erstbeschwerdeführer, wonach er seinen Bart immer wieder abrasiert habe, da ihn seine Mutter darum gebeten habe. Diese Schilderung widerspricht insbesondere auch der Angabe des Erstbeschwerdeführers, wonach ihm bei seiner ersten Mitnahme im März 2012 von den Männern der halbe Bart abrasiert worden sei. Befragt, ob der Erstbeschwerdeführer jemals mit einem halb rasierten Bart nach Hause gekommen sei, gab die Zweitbeschwerdeführerin an, sie könne sich nicht erinnern. Aus diesem Widerspruch und aufgrund der Aussage, dass der Zweitbeschwerdeführerin von ihrem Ehemann nichts von einem Vorfall im März 2012 erzählt worden sei, ergibt sich der Schluss, dass der Erstbeschwerdeführer offensichtlich wahrheitswidrige Angaben hinsichtlich seiner behaupteten Mitnahmen getätigt hatte. (R: Ist Ihr Mann im Jahr 2012 je nach Hause gekommen, mit einem halb abrasierten Bart? BF2: Ich kann mich daran nicht erinnern. Der Bart war ja nicht so lange.") Diesen weiteren eklatanten Widerspruch versuchte der Erstbeschwerdeführer später im Rahmen einer schriftlichen Stellungnahme dahingehend zu erklären, dass er zu dem Zeitpunkt, als ihm der Bart halb abrasiert worden wäre, von Ende Februar bzw. Anfang März für zwei Wochen beruflich in Machatschkala gewesen wäre und daher seine Ehefrau nichts von dem teilweise abrasierten Bart erfahren hätte. Der Erstbeschwerdeführer behauptete weiters völlig unglaubwürdig, er habe diesen Vorfall zudem seiner Frau nicht erzählt, um sie nicht zu beunruhigen. Diese Ausführung kann in einer Gesamtschau der Umstände jedoch nur als unbrauchbarer Rechtfertigungsgrund gewertet werden.
Befragt, ob man den Erstbeschwerdeführer nach dem Abrasieren des halben Bartes freigelassen oder irgendwo eingesperrt habe, entgegnete dieser, er könne sich nicht erinnern, er glaube jedoch, dass man ihn freigelassen hätte. Der Erstbeschwerdeführer hatte im Widerspruch dazu bei seiner ersten, zweiten und dritten Einvernahme diesbezüglich jeweils unterschiedliche Angaben getätigt, weil er einerseits aussagte, man hätte ihn freigelassen, andererseits, man hätte ihn noch in eine Zelle mit Mithäftlingen eingesperrt. Da es sich - falls sich diese Anhaltung tatsächlich ereignet hätte - um ein überaus einschneidendes Erlebnis im Leben des Erstbeschwerdeführers gehandelt haben muss, können im gegenständlichen Fall die unterschiedlichen Angaben in keiner Weise nachvollzogen werden.
Auch die Aussagen zu den behaupteten Vorfällen des Ehemannes der Zweitbeschwerdeführerin, die im Rahmen der Beschwerdeverhandlung ausdrücklich angegeben hatte, dass ihr persönlich im Herkunftsstaat nichts passiert sei, erscheinen nicht glaubhaft nachvollziehbar:
Nicht nachvollziehbar erscheint für die erkennende Richterin, dass die Zweitbeschwerdeführerin behauptete, ihr Ehemann sei überraschend nicht heimgekommen, sie habe jedoch niemanden darüber informiert. Auf Vorhalt dieser Ungereimtheit verwies die Zweitbeschwerdeführerin lediglich darauf, dass sich mit solchen Sachen der ältere Bruder des Ehemannes beschäftigt habe. Auf Nachfrage, ob die Zweitbeschwerdeführerin mit dem älteren Bruder darüber gesprochen hat, verneinte sie dies jedoch und gab völlig unnachvollziehbar an, dass dies bei ihnen nicht üblich sei. Die Zweitbeschwerdeführerin behauptete, ihr Ehemann sei nach der Anhaltung schwer verletzt nach Hause gekommen. Obwohl dies laut Zweitbeschwerdeführerin das erste Mal gewesen wäre, dass ihr Ehemann mit derartig schweren Verletzungen nach Hause gekommen sei, behauptete sie weiters völlig unnachvollziehbar, sich nicht erinnern zu können, wie sie ihm geholfen hätte. Diese Äußerung erscheint vor dem Hintergrund, dass die Zweitbeschwerdeführerin nach eigenen Angaben fünf Jahre lang als Krankenschwester tätig gewesen wäre und es sich zweifellos um ein besonders einschneidendes Erlebnis gehandelt haben muss, wenn man diesem Glauben schenken würde, noch ungewöhnlicher und unglaubwürdiger. Der Verweis auf ihr schlechtes Gedächtnis und darauf, dass dieser Vorfall rund drei Jahre her ist, kann nur als unbrauchbarer Rechtfertigungsgrund gewertet werden.
Auch wurden im Verfahren keine brauchbaren Beweismittel vorgelegt, die das Vorbringen untermauern hätten können bzw. eine drohende Verfolgungsgefahr glaubhaft machen hätten können.
Zusammenfassend ist daher zu bemerken, dass die zahlreichen divergierenden Angaben der Beschwerdeführer nur den Schluss zulassen, dass die von den Beschwerdeführern ins Treffen geführten Vorfälle bzw. Geschehnisse nicht in der von ihnen geschilderten Art und Weise stattgefunden haben können. Sie waren beide offensichtlich nicht in der Lage, ein konstruiertes Geschehen gleichermaßen wiederzugeben.
In gesamtheitlicher Betrachtungsweise des Vorbringens gelangt die erkennende Einzelrichterin zu dem Schluss, dass die Beschwerdeführer ihren Fluchtgrund zwar asylbezogen geschildert haben, die von ihnen geschilderten Ereignisse aufgrund der widersprüchlichen Angaben, sowie mangels Nachvollziehbarkeit und Plausibilität jedoch nicht tatsächlich erlebt haben dürften, weshalb ihnen Glaubwürdigkeit zu versagen war, und es kann deshalb nicht davon ausgegangen werden, dass die Beschwerdeführer begründete Furcht vor Verfolgung glaubhaft gemacht haben.
Insgesamt betrachtet war das Vorbringen des Erstbeschwerdeführers, auf das auch die Zweitbeschwerdeführerin verwiesen hatte und welches auch für den minderjährigen Drittbeschwerdeführer, den minderjährigen Viertbeschwerdeführer und die minderjährige Fünftbeschwerdeführerin gelten soll, mangels Glaubhaftigkeit nicht geeignet, den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen.
Weder im Rahmen der Beschwerden noch im Rahmen der mündlichen Verhandlung wurden die aufgetretenen und dargelegten Ungereimtheiten und Widersprüche nachvollziehbar aufgeklärt.
In Gesamtbetrachtung der dargelegten Umstände der Beschwerdefälle konnte daher nicht festgestellt werden, dass den Beschwerdeführern in der Russischen Föderation bzw. in Dagestan mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine an asylrelevante Merkmale anknüpfende aktuelle Verfolgung maßgeblicher Intensität - oder eine sonstige Verfolgung maßgeblicher Intensität - droht. Festzuhalten ist, dass die mangelnde Glaubhaftigkeit der Angaben der Beschwerdeführer letztlich auch durch den persönlichen Eindruck im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht untermauert wurde vergleiche dazu die bisherige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, etwa das Erkenntnis vom 21.09.2000, Zl. 2000/20/0286).
2.5. Zum Gesundheitszustand:
Die Feststellungen zum Gesundheitszustand der Beschwerdeführer ergeben sich aus den im Rahmen des Asylverfahrens vorgelegten medizinischen Befunden betreffend die Beschwerdeführer, aus dem während der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht entstandenen Eindruck bezüglich des psychischen und physischen Zustandes der Beschwerdeführer sowie aufgrund der hinsichtlich des Gesundheitszustandes und der Verhältnisse im Herkunftsstaat glaubwürdigen Angaben.
Zu ihrem Gesundheitszustand legten die Beschwerdeführer im Verlauf des Asyl- und des Beschwerdeverfahrens zahlreiche medizinische Befunde vor.
Es wurden bereits eingangs der Beweiswürdigung Feststellungen hinsichtlich der Behauptungen der Beschwerdeführer über ihren psychischen Gesundheitszustand getroffen.
Die erkennende Richterin holte aufgrund der nochmaligen Behauptung psychischer Probleme im Rahmen der Beschwerdeschrift ein Gutachten über den gesundheitlichen Zustand und die Verhandlungsfähigkeit des Erstbeschwerdeführers und der Zweitbeschwerdeführerin ein. Das hinsichtlich des Gesundheitszustandes des Erstbeschwerdeführers und der Zweitbeschwerdeführerin eingeholte psychologische Gutachten, datiert mit 25.06.2015, erstellt von einem Klinischen- und Gesundheitspsychologen sowie allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen und Psychotherapeut, enthielt im Wesentlichen die Feststellung, dass beim Erstbeschwerdeführer und bei der Zweitbeschwerdeführerin zum Untersuchungszeitpunkt am 11.06.2015 von einer posttraumatischen Belastungsstörung auszugehen sei.
Schließlich nahm an der öffentlichen mündlichen Beschwerdeverhandlung der klinische- und Gesundheitspsychologen sowie allgemein beeidete und gerichtlich zertifizierte Sachverständige und Psychotherapeut, der das Gutachten vom 25.06.2015 erstellt hatte, als Sachverständiger teil. Der Sachverständige würde den Beschwerdeführern, welche angeben, keine Medikamente einzunehmen, eine psychotherapeutische Behandlung empfehlen mit fachärztlicher Betreuung, dieser sollte dann entscheide ob Medikamente erforderlich sind oder nicht. Vor Beginn der Beschwerdeverhandlung bejahten der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin - wie bereits beweiswürdigend ausgeführt - ausdrücklich, sich geistig und körperlich in der Lage zu fühlen, an der Verhandlung teilzunehmen. Auch der Sachverständige bestätigte zu Beginn der Beschwerdeverhandlung an, dass der Zustand der erwachsenen Beschwerdeführer stabil ist und diese bei Erstellung des Gutachtens gut befragbar waren, dies seien sie nach seiner Einschätzung auch zum Zeitpunkt der Beschwerdeverhandlung.
Der Sachverständige stellte Behandlungsmöglichkeiten im Herkunftsstaat der Beschwerdeführer fest, weshalb im gegenständlichen Fall deren Abschiebung möglich erscheint laut seiner Einschätzung.
Der Erstbeschwerdeführer, der an Kopfschmerzen und Migräne leidet, nimmt Schmerzmittel für den Kopf sowie Magenmedikamente ein. Die Einnahme von Psychopharmaka wurde sowohl vom Erstbeschwerdeführer als auch von der Zweitbeschwerdeführerin verneint. Die Zweitbeschwerdeführerin behauptete weiters Hautkrankheiten und ungewöhnliche Anfälle sowie starken Haarausfall, aufgrund der Beschwerden behauptete die Zweitbeschwerdeführerin schmerzstillende Medikamente und Salben aufgrund der Hautkrankheiten in Österreich erhalten zu haben. Hinsichtlich der Zweitbeschwerdeführerin diagnostizierte der im Rahmen der Beschwerdeverhandlung anwesende Sachverständige eine mittelgradige Depression.
Die Beschwerdeführer geben in der Beschwerdeverhandlung selbst an, dass ihnen auch keine Medikamente verschrieben worden wären. Auch eine Selbst- oder Fremdgefährdung durch die Beschwerdeführer verneint der Sachverständige.
Der im Rahmen der Beschwerdeverhandlung anwesende Sachverständige stellte auf Nachfrage fest, dass im Fall der Beschwerdeführer von einer depressiven Verstimmung auszugehen ist. Der Sachverständige äußerte die Wahrscheinlichkeit, dass die Beschwerdeführer möglicherweise nicht den Geschäften des täglichen Lebens nachgehen könnten, dem ist entgegenzuhalten, dass der Erstbeschwerdeführer auch derzeit diverse Tätigkeiten als Gärtner und im Zuge der Nachbarschaftshilfe sowie die Zweitbeschwerdeführerin Arbeiten der Caritas nachgeht und beide im Rahmen der Beschwerdeverhandlung bejahen, dass sie im Rahmen ihrer Rückkehr im Herkunftsstaat ihren bisherigen Berufen nachgehen könnten. Eine Verschlechterung des psychischen Zustandes der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr in den Herkunftsstaat hält der Sachverständige für möglich, wenn Verfolgungshandlungen im Herkunftsstaat tatsächlich gegeben sind. Aufgrund der zahlreichen Widersprüche und Ungereimtheiten in den Angaben der Beschwerdeführer wird von der erkennenden Richterin eine Verfolgungsgefahr und damit auch eine Verschlechterung des psychischen Zustandes der Beschwerdeführer jedoch im gegenständlichen Fall - wie beweiswürdigend dargelegt - nicht festgestellt.
Am 01.06.2015 langte eine Eingabe beim Bundesverwaltungsgerichte ein, mit welcher ein psychologischer Bericht vom 26.03.2014 übermittelt wurde, der feststellte, dass beim Erstbeschwerdeführer Symptome einer posttraumatischen Belastungsstörung (F 43.1 nach ICD 10) festgestellt wurden. In der psychologischen Bestätigung hinsichtlich der Zweitbeschwerdeführerin vom 26.03.2014 wurde festgestellt, dass die Zweitbeschwerdeführerin seit 24.02.2014 wegen Angst und Depression in die psychologische Beratung kommt. Hinsichtlich des Erstbeschwerdeführers wurde in einem Befund vom 06.05.2015 eines Krankenhauses "Refluxösophagitis (K21.0) und Gastritis, HUT positiv (K29.7) diagnostiziert. Im Befund eines Arztes für Allgemeinmedizin vom 08.05.2015 wurde "Gonarthose re."
diagnostiziert.
Es wurde bekannt gegeben, dass sich der minderjährige Drittbeschwerdeführer und der minderjährige Viertbeschwerdeführer nach wie vor in begleitender Psychotherapie befinden. Weiters wurde eine Bestätigung eines Instituts für Sozialdienste vom 12.05.2015 übermittelt, wonach sich der Viertbeschwerdeführer seit 12.08.2014 und der Drittbeschwerdeführer seit 25.06.2014 regelmäßig in psychologischer Beratung befinden.
Gleichfalls vorgelegt wurde eine Bestätigung vom 04.08.2015, wonach der minderjährige Drittbeschwerdeführer bei einem Institut für Sozialdienste psychologisch beraten werde. Als Anmeldegründe wurden starke Ängste und Schlafstörungen im Zusammenhang mit Erlebnissen im Heimatland genannt.
Der physische Gesundheitszustand der Beschwerdeführer gestaltet sich insgesamt derart, dass keine schwerwiegenden bzw. lebensbedrohlichen Erkrankungen vorliegen, welche nur in Österreich behandelbar sind.
Weder in der Beschwerdeverhandlung noch in besagter abschließender Stellungnahme wurde den in der Beschwerdeverhandlung vorgehaltenen Länderinformationen zur medizinischen Versorgung im Herkunftsstaat in substantiierter Weise entgegengetreten.
Aus den im Wesentlichen unwidersprochen gebliebenen vom Bundesverwaltungsgericht vorgehaltenen Länderinformationen zur medizinischen Versorgung im Herkunftsstaat geht zweifelsfrei hervor, dass eine ausreichende und umfassende medizinische Versorgung psychischer Erkrankungen - insbesondere auch einer posttraumatischen Belastungsstörung - im Herkunftsstaat gewährleistet ist, was im Übrigen dem hg. Amtswissen entspricht. Auch physische Erkrankungen können im Herkunftsstaat adäquat behandelt werden.
Aufgrund der festgestellten adäquaten Behandlungsmöglichkeiten psychischer und physischer Erkrankungen im Herkunftsstaat ist nicht davon auszugehen, dass es für den Fall einer Rückkehr in den Herkunftsstaat zu einer lebensbedrohlichen Verschlechterung des Gesundheitszustandes der Beschwerdeführer kommen würde.
Die erkennende Richterin des Bundesverwaltungsgerichts geht aufgrund der Angaben der Beschwerdeführer davon aus, dass der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin mit ihren Kindern für den Fall einer Rückkehr in den Herkunftsstaat ein soziales und familiäres Netzwerk vorfinden und sie im Bedarfsfall unterstützen wird.
Aufgrund der zahlreichen vorgelegten medizinischen Unterlagen und Stellungnahmen der behandelnden Ärzte war der maßgebliche Sachverhalt auch hinsichtlich der gesundheitlichen Beeinträchtigungen des Erstbeschwerdeführers und der Zweitbeschwerdeführerin als ausreichend geklärt einzustufen.
Ein weiteres Gutachten zum Gesundheitszustand des Erstbeschwerdeführers oder der Zweitbeschwerdeführerin war nicht einzuholen, da der Akteninhalt und die darin enthaltenen medizinischen Unterlagen sowie Ausführungen und Stellungnahmen sowie die Ausführungen des im Rahmen der Beschwerdeverhandlung anwesenden Sachverständigen ausreichend konkret waren, um den Gesundheitszustand abschließend, jedenfalls in der dargestellten, relevanten Form einzuschätzen. Eine fehlende Behandlungsmöglichkeit in der Russischen Föderation respektive Dagestan konnte nicht festgestellt werden.
Unter Berücksichtigung des Gesundheitszustandes der Beschwerdeführer steht eine Abschiebung Artikel 3, EMRK nicht entgegen und waren andere Gründe, die gegen ihre Rückkehr in den Herkunftsstaat sprechen, nicht feststellbar.
3. Rechtliche Beurteilung:
Die Einzelrichterzuständigkeit ergibt sich aus Paragraph 6, Bundesverwaltungsgerichtsgesetz Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 10 aus 2013, (BVwGG), wonach das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter entscheidet, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gemäß Paragraph 75, Absatz 19, Asylgesetz 2005 in der anzuwendenden Fassung des Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 144 aus 2013, sind alle mit Ablauf des 31. Dezember 2013 beim Asylgerichtshof anhängigen Beschwerdeverfahren ab 1. Jänner 2014 vom Bundesverwaltungsgericht zu Ende zu führen; dies trifft auf das vorliegende Verfahren zu.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 33 aus 2013, in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 122 aus 2013,, geregelt (Paragraph eins, leg.cit.). Gemäß Paragraph 58, Absatz 2, VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß Paragraph 17, VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Artikel 130, Absatz eins, B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der Paragraphen eins bis 5 sowie des römisch IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, Bundesgesetzblatt Nr. 194 aus 1961,, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, Bundesgesetzblatt Nr. 173 aus 1950,, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, Bundesgesetzblatt Nr. 29 aus 1984,, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Zu Spruchteil A):
Im vorliegenden Beschwerdefall wurden die Anträge auf internationalen Schutz der Beschwerdeführer am 14.10.2012 gestellt. Es ist daher auf die Beschwerdeverfahren das Asylgesetz 2005, Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 100 aus 2005, (AsylG 2005) in der Fassung des Bundesgesetzes Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 144 aus 2013, anzuwenden.
Gemäß Paragraph 27, VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung aufgrund der Beschwerde (Paragraph 9, Absatz eins, Ziffer 3 und 4) oder aufgrund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (Paragraph 9, Absatz 3,) zu überprüfen.
Gemäß Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 22, AsylG 2005 ist Familienangehöriger, wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Asylwerbers oder eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits im Herkunftsstaat bestanden hat; dies gilt weiters auch für eingetragene Partner, sofern die eingetragene Partnerschaft bereits im Herkunftsstaat bestanden hat.
Gemäß Paragraph 34, Absatz 4, AsylG 2005 hat die Behörde Anträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind unter einem zu führen; unter den Voraussetzungen der Absatz 2 und 3 erhalten alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang. Entweder ist der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wobei die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten vorgeht, es sei denn, alle Anträge wären als unzulässig zurückzuweisen oder abzuweisen. Jeder Asylwerber erhält einen gesonderten Bescheid. Ist einem Fremden der faktische Abschiebeschutz gemäß Paragraph 12 a, Absatz 4, zuzuerkennen, ist dieser auch seinen Familienangehörigen zuzuerkennen.
Im vorliegenden Fall liegt ein Familienverfahren im Sinne des Paragraph 34, AsylG 2005 vor.
Zu Spruchpunkt römisch eins.:
Gemäß Paragraph 3, Absatz eins, AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit oder Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, Genfer Flüchtlingskonvention droht.
Der Status eines Asylberechtigten ist einem Fremden zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass die Voraussetzungen des Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, der Genfer Flüchtlingskonvention vorliegen. Diese liegen vor, wenn sich jemand aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, der Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen. Ebenso liegen die Voraussetzungen bei Staatenlosen, die sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes ihres gewöhnlichen Aufenthaltes befinden und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt sind, in dieses Land zurückzukehren.
Zentrales Element des Flüchtlingsbegriffes ist die "begründete Furcht vor Verfolgung". Die begründete Furcht vor Verfolgung liegt dann vor, wenn objektiver Weise eine Person in der individuellen Situation des Asylwerbers Grund hat, eine Verfolgung zu fürchten. Verlangt wird eine "Verfolgungsgefahr", wobei unter Verfolgung ein Eingriff von erheblicher Intensität in die vom Staat zu schützende Sphäre des Einzelnen zu verstehen ist, welcher geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen. Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in den in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen haben und muss ihrerseits Ursache dafür sein, dass sich die betreffende Person außerhalb ihres Heimatlandes bzw. des Landes ihres vorigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein. Zurechenbarkeit bedeutet nicht nur ein Verursachen, sondern bezeichnet eine Verantwortlichkeit in Bezug auf die bestehende Verfolgungsgefahr. Die Verfolgungsgefahr muss aktuell sein, was bedeutet, dass sie zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung vorliegen muss. Bereits gesetzte vergangene Verfolgungshandlungen stellen im Beweisverfahren ein wesentliches Indiz für eine bestehende Verfolgungsgefahr dar, wobei hierfür dem Wesen nach einer Prognose zu erstellen ist. Besteht für den Asylwerber die Möglichkeit, in einem Gebiet seines Heimatstaates, in dem er keine Verfolgung zu befürchten hat, Aufenthalt zu nehmen, so liegt eine so genannte inländische Fluchtalternative vor, welche die Asylgewährung ausschließt vergleiche das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom E 24.03.1999, Zl. 98/01/0352).
Glaubhaftmachung bedeutet, die Behörde davon zu überzeugen, dass der behauptete Sachverhalt wahrscheinlich verwirklicht oder nicht verwirklicht worden ist (Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I², Anmerkung 1 zu Paragraph 45,, Sitzung 640). Die "Glaubhaftmachung" wohlbegründeter Furcht setzt positiv getroffene Feststellungen seitens der Behörde und somit die Glaubwürdigkeit der "hierzu geeigneten Beweismittel", insbesondere des diesen Feststellungen zugrundeliegenden Vorbringens des Asylwerbers voraus (VwGH 29.04.1992, 90/13/0201; 22.12.1992, 91/04/0019; 11.06.1997, 95/01/0627; 19.03.1997, 95/01/0466).
Relevant kann darüber hinaus nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein; sie muss bei Bescheiderlassung vorliegen, auf diesen Zeitpunkt hat die der Asylentscheidung immanente Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den in Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen zu befürchten habe (VwGH 19.10.2000, 98/20/0233).
Wie bereits oben unter Punkt 2.1.a. dargelegt wurde, kommt dem individuellen Vorbringen der Beschwerdeführer zu den behaupteten Fluchtgründen keine Glaubhaftigkeit zu, weshalb es den Beschwerdeführern nicht gelungen ist, eine konkret und gezielt gegen sie gerichtete Verfolgung maßgeblicher Intensität, welche ihre Ursache in einem der in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründe hätte, glaubhaft zu machen.
Vor dem Hintergrund der unter Punkt 1.2. getroffenen Feststellungen zur Lage in der Russischen Föderation bzw. in Dagestan, und den Ausführungen unter Punkt 2.1.a. kann daher nicht erkannt werden, dass ihnen im Herkunftsstaat eine konkrete und aktuelle asylrelevante Verfolgung - oder eine sonstige Verfolgung - maßgeblicher Intensität drohen würde.
Aus den dargelegten Gründen waren die Beschwerden gemäß Paragraph 3, Absatz eins, AsylG 2005 abzuweisen.
Zu Spruchpunkt römisch II.:
Gemäß Paragraph 8, Absatz eins, AsylG 2005 ist der Status des subsidiär Schutzberechtigten einem Fremden zuzuerkennen,
1. der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird oder
2. dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist,
wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Artikel 2, EMRK, Artikel 3, EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit in Folge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.
Gemäß Paragraph 8, Absatz 2, AsylG 2005 ist die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Absatz eins, mit der abweisenden Entscheidung nach Paragraph 3, oder der Aberkennung des Status des Asylberechtigten nach Paragraph 7, zu verbinden.
Paragraph 8, Absatz eins, AsylG 2005 beschränkt den Prüfungsrahmen auf den Herkunftsstaat des Antragstellers. Gemäß Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 17, AsylG 2005 ist ein Herkunftsstaat der Staat, dessen Staatsangehörigkeit der Fremde besitzt oder - im Falle der Staatenlosigkeit - der Staat seines früheren gewöhnlichen Aufenthaltes.
Der (vormalige) Paragraph 8, Absatz eins, AsylG 1997 in der Fassung der AsylG-Novelle 2003 verwies auf Paragraph 57, Fremdengesetz (FrG), Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 75 aus 1997, in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 126 aus 2002,, wonach die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig ist, wenn dadurch Artikel 2, EMRK, Artikel 3, EMRK oder das Protokoll Nr. 6 zur Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum vormaligen Paragraph 57, FrG - welche in wesentlichen Teilen auf Paragraph 8, Absatz eins, AsylG 2005 zu übertragen sein wird - ist Voraussetzung für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten, dass eine konkrete, den Berufungswerber betreffende, aktuelle, durch staatliche Stellen zumindest gebilligte oder (infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt) von diesen nicht abwendbare Gefährdung bzw. Bedrohung vorliege. Die Anforderungen an die Schutzwilligkeit und Schutzfähigkeit des Staates entsprechen jenen, wie sie bei der Frage des Asyls bestehen (VwGH 08.06.2000, Zl. 2000/20/0141). Ereignisse, die bereits längere Zeit zurückliegen, sind daher nicht geeignet, die Feststellung nach dieser Gesetzesstelle zu tragen, wenn nicht besondere Umstände hinzutreten, die ihnen einen aktuellen Stellenwert geben vergleiche VwGH 14.10.1998, Zl. 98/01/0122, VwGH 25.01.2001, Zl. 2001/20/0011). Die Gefahr muss sich auf das gesamte Staatsgebiet beziehen (z.B. VwGH 26.06.1997, Zl. 95/21/0294, VwGH 25.01.2001, Zl. 2000/20/0438, VwGH 30.05.2001, Zl. 97/21/0560). Herrscht in einem Staat eine extreme Gefahrenlage, durch die praktisch jeder, der in diesen Staat abgeschoben wird - auch ohne einer bestimmten Bevölkerungsgruppe oder Bürgerkriegspartei anzugehören -, der konkreten Gefahr einer Verletzung der durch Artikel 3, MRK gewährleisteten Rechte ausgesetzt wäre, so kann dies der Abschiebung eines Fremden in diesen Staat entgegenstehen (VwGH 08.06.2000, Zl. 99/20/0203). Die bloße Möglichkeit einer dem Artikel 3, MRK widersprechenden Behandlung in jenem Staat, in den ein Fremder abgeschoben wird, genügt nicht, um seine Abschiebung in diesen Staat unter dem Gesichtspunkt des Paragraph 57, FrG als unzulässig erscheinen zu lassen; vielmehr müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade der Betroffene einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde (VwGH 27.02.2001, Zl. 98/21/0427, VwGH 20.06.2002, Zl. 2002/18/0028).
Die Anerkennung des Vorliegens einer ernsthaften individuellen Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Person, die als Zivilperson die Gewährung von subsidiärem Schutz beantragt, setzt nicht voraus, dass sie beweist, dass sie aufgrund von ihrer persönlichen Situation innewohnenden Umständen spezifisch betroffen ist. Eine solche Bedrohung liegt auch dann vor, wenn der den bestehenden bewaffneten Konflikt kennzeichnende Grad willkürlicher Gewalt ein so hohes Niveau erreicht, dass stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass eine Zivilperson bei einer Rückkehr in das betreffende Land oder gegebenenfalls in die betroffene Region allein durch ihre Anwesenheit im Gebiet dieses Landes oder dieser Region tatsächlich Gefahr liefe, einer solchen Bedrohung ausgesetzt zu sein vergleiche EuGH 17.02.2009, Elgafaji, C-465/07, Slg. 2009, I-0000, Randnr. 45).
Wie bereits oben ausgeführt wurde, haben die Beschwerdeführer keine ihnen mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit konkret drohende aktuelle, an asylrelevante Merkmale im Sinne des Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, GFK anknüpfende Verfolgung - oder eine sonstige Verfolgung - maßgeblicher Intensität glaubhaft gemacht. Es kann daher nicht - wie bereits unter Spruchpunkt römisch eins. ausgeführt wurde - mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass den Beschwerdeführern bei einer Rückkehr in die Russische Föderation eine konkret und gezielt gegen ihre Person gerichtete Verfolgung maßgeblicher Intensität droht.
Dass den Beschwerdeführern im Falle einer Rückkehr in die Russische Föderation die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen und die Schwelle des Artikel 3, EMRK überschritten wäre vergleiche diesbezüglich das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16.07.2003, Zl. 2003/01/0059, zur dargestellten "Schwelle" des Artikel 3, EMRK), kann in den Beschwerdefällen unter Berücksichtigung der schon oben getätigten Ausführungen unter den Punkten 1.2., insbesondere 2.1.b. und 2.2. nicht angenommen werden, zumal der Erstbeschwerdeführer selbst angab, dass seiner Familie das wirtschaftliche Auskommen in Dagestan möglich gewesen sei und die Beschwerdeführer nach wie vor über zahlreiche Verwandte - im Detail 20 Cousinen und 32 Cousins, 3 leiblich Brüder und zwei leibliche Schwestern, Onkeln und Tante sowie die Mutter des Erstbeschwerdeführers und zwei Schwestern, einen Bruder, die Eltern sowie weitere Verwandte der Zweitbeschwerdeführerin - und ein Haus im Herkunftsstaat verfügen.
Vor dem Hintergrund der getroffenen Länderfeststellungen und der Ausführungen unter Punkt 2. kann im Zusammenhalt mit dem genannten Vorbringen des Erstbeschwerdeführers und der Zweitbeschwerdeführerin daher nicht davon ausgegangen werden, dass die Beschwerdeführer in ihrer Existenz bedroht wären. An dieser Stelle ist nochmals festzuhalten, dass die erwachsenen Beschwerdeführer und ihre Kinder im Falle einer Rückkehr im Hinblick auf die zahlreichen familiären Anknüpfungspunkte nicht völlig auf sich alleine gestellt wären. Der Erstbeschwerdeführer gab selbst an, im Herkunftsstaat vor der Ausreise durch seine Tätigkeit als römisch 40 den Lebensunterhalt für sich und die Familie bestritten zu haben, zudem räumte die Zweitbeschwerdeführerin, welche bereits fünf Jahre als römisch 40 gearbeitet hat, ein, sie könnte wieder in diesem Beruf im Falle einer Rückkehr tätig sein. Es ist daher jedenfalls davon auszugehen, dass sich die Unterkunftssituation der Beschwerdeführer, die nach wie vor über ein Haus im Herkunftsstaat verfügen, im Falle einer Rückkehr nach Dagestan als besser gesichert darstellen würde, als die laut dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16.07.2003, Zl. 2003/01/0059, als zwar prekär, aber unter dem Gesichtspunkt des Artikel 3, EMRK noch erträglich beurteilte Situation der Unterbringung einer fünf- bis sechsköpfigen Familie in einem beheizbaren Zelt in der Größe von 9 m². Die Beschwerdeführer waren jedenfalls vor ihrer Ausreise aus der Russischen Föderation in der Lage, ihre Lebensgrundlage zu sichern und es ist nicht ersichtlich und haben die Beschwerdeführer auch nicht dargetan, weshalb dies nicht auch künftig möglich sein sollte.
In diesem Zusammenhang wird auch auf die in den vorgehaltenen Länderfeststellungen konstatierte Gewährleistung der Grundversorgung in der Russischen Föderation respektive in Dagestan sowie auf die von der Rechtsprechung des Gerichtshofes für Menschenrechte (für die Unzumutbarkeit der Abschiebung von Fremden in ihren Herkunftsstaat) angenommene "hohe Schwelle" des Artikel 3, EMRK hingewiesen vergleiche dazu zB VfGH 6.3.2008, B 2004/07 mwN).
Zum gesundheitlichen Zustand der Beschwerdeführer wurde bereits beweiswürdigend ausgeführt, dass dieser einer Rückkehr in den Herkunftsstaat nicht entgegensteht, zumal die Beschwerdeführer an keiner schwerwiegenden bzw. lebensbedrohlichen Erkrankung leiden und sich im Fall der Beschwerdeführer auch kein lebensnotwendiger bzw. exklusiv im österreichischen Bundesgebiet verfügbarer Behandlungsbedarf ergeben hat. Dahingehend wird auf die umfassenden beweiswürdigenden Überlegungen hinsichtlich der durch medizinische Unterlagen dargelegten gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Beschwerdeführer verwiesen. Ein Abschiebehindernis aufgrund gesundheitlicher Probleme liegt demnach nicht vor.
Im Übrigen ist zu bemerken, dass gemäß den Länderberichten und dem Amtswissen des Bundesverwaltungsgerichtes in der Russischen Föderation respektive Dagestan eine medizinische Grundversorgung gewährleistet ist und im Übrigen alle Erkrankungen - wie in Westeuropa - behandelt werden können.
Die erkennende Einzelrichterin des Bundesverwaltungsgerichtes übersieht nicht, dass das russische bzw. dagestanische Gesundheitssystem österreichischen Standards nicht entsprechen mag. Nach der Judikatur des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte und jener des Verfassungsgerichtshofes hat jedoch - aus dem Blickwinkel des Artikel 3, EMRK - im Allgemeinen kein Fremder ein Recht, in einem fremden Aufenthaltsstaat zu verbleiben, bloß um dort medizinisch behandelt zu werden; dies selbst dann nicht, wenn er an einer schweren Krankheit leidet. Dass die Behandlung im Zielland nicht gleichwertig, schwerer zugänglich und kostenintensiver ist, ist unerheblich, solange es grundsätzlich Behandlungsmöglichkeiten im Zielstaat bzw. in einem bestimmten Teil des Zielstaates gäbe (siehe VfGH 6.3.2008, B 2400/07).
Eine lebensbedrohliche Verschlechterung des Gesundheitszustandes der Beschwerdeführer im Falle einer Abschiebung ergibt sich aufgrund adäquater Behandlungsmöglichkeiten im Herkunftsstaat nicht, wie bereits beweiswürdigend ausgeführt wurde. Den Beschwerdeführern ist es daher nicht gelungen darzulegen, dass sie im Falle ihrer Abschiebung in die Russische Föderation in eine "unmenschliche Lage" versetzt würden.
Es sind weiters keine Umstände amtsbekannt, dass in der Russischen Föderation aktuell eine solche extreme Gefährdungslage bestünde, dass gleichsam jeder, der dorthin zurückkehrt, einer Gefährdung iSd Artikel 2 und 3 EMRK ausgesetzt wäre. Wie sich aus den Feststellungen ergibt, ist die Situation in Dagestan auch nicht dergestalt, dass eine Rückkehr der Beschwerdeführer für diese als Zivilpersonen eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts mit sich bringen würde; in Dagestan ist aktuell eine Zivilperson nicht alleine aufgrund ihrer Anwesenheit einer solchen Bedrohung ausgesetzt.
Im Hinblick auf die gegebenen Umstände kann daher ein "reales Risiko" einer gegen Artikel 2, oder 3 EMRK verstoßenden Behandlung bzw. der Todesstrafe im gegenwärtigen Zeitpunkt nicht erkannt werden.
Zu Spruchpunkt römisch III. Zur Frage der Erteilung eines Aufenthaltstitels und Erlassung einer Rückkehrentscheidung (Paragraphen 57 und 55 AsylG sowie Paragraph 52, FPG) wird Folgendes erwogen:
Gemäß Paragraph 10, Absatz eins, Ziffer 3, AsylG 2005 ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird, und in den Fällen der Ziffer eins und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß Paragraph 57, nicht erteilt wird sowie in den Fällen der Ziffer eins bis 5 kein Fall der Paragraphen 8, Absatz 3 a, oder 9 Absatz 2, vorliegt.
Paragraph 55, AsylG 2005 lautet:
"§ 55 (1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine ‚Aufenthaltsberechtigung plus' zu erteilen, wenn
1. dies gemäß Paragraph 9, Absatz 2, BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Artikel 8, EMRK geboten ist und
2. der Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß Paragraph 14 a, NAG erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (Paragraph 5, Absatz 2, Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG), Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 189 aus 1955,) erreicht wird.
(2) Liegt nur die Voraussetzung des Absatz eins, Ziffer eins, vor, ist eine ‚Aufenthaltsberechtigung' zu erteilen."
Paragraph 57, AsylG 2005 lautet:
"§ 57 (1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine ‚Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz' zu erteilen:
1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß Paragraph 46 a, Absatz eins, Ziffer eins, oder Absatz eins a, FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (Paragraph 17, StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des Paragraph 73, StGB entspricht,
2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder
3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach Paragraphen 382 b, oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der ‚Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz' zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.
(2) Hinsichtlich des Vorliegens der Voraussetzungen nach Absatz eins, Ziffer 2 und 3 hat das Bundesamt vor der Erteilung der ‚Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz' eine begründete Stellungnahme der zuständigen Landespolizeidirektion einzuholen. Bis zum Einlangen dieser Stellungnahme bei der Behörde ist der Ablauf der Fristen gemäß Absatz 3 und Paragraph 73, AVG gehemmt.
(3) Ein Antrag gemäß Absatz eins, Ziffer 2, ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein Strafverfahren nicht begonnen wurde oder zivilrechtliche Ansprüche nicht geltend gemacht wurden. Die Behörde hat binnen sechs Wochen über den Antrag zu entscheiden.
(4) Ein Antrag gemäß Absatz eins, Ziffer 3, ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn eine einstweilige Verfügung nach Paragraphen 382 b, oder 382e EO nicht vorliegt oder nicht erlassen hätte werden können."
Paragraph 58, AsylG 2005 lautet:
"§ 58 (1) Das Bundesamt hat die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß Paragraph 57, von Amts wegen zu prüfen, wenn
1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß Paragraphen 4, oder 4a zurückgewiesen wird,
2. der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,
3. einem Fremden der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt,
4. einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird oder
5. ein Fremder sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt.
(2) Das Bundesamt hat einen Aufenthaltstitel gemäß Paragraph 55, von Amts wegen zu erteilen, wenn eine Rückkehrentscheidung auf Grund des Paragraph 9, Absatz eins bis 3 BFA-VG rechtskräftig auf Dauer für unzulässig erklärt wurde. Paragraph 73, AVG gilt.
(3) Das Bundesamt hat über das Ergebnis der von Amts wegen erfolgten Prüfung der Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß Paragraphen 55 und 57 im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen."
Die maßgeblichen Bestimmungen des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG) in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, 68 aus 2013, lauten:
"§ 46 (1) Fremde, gegen die eine Rückkehrentscheidung, eine Anordnung zur Außerlandesbringung, eine Ausweisung oder ein Aufenthaltsverbot durchsetzbar ist, sind von den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes im Auftrag des Bundesamtes zur Ausreise zu verhalten (Abschiebung), wenn
1. die Überwachung ihrer Ausreise aus Gründen der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit notwendig scheint,
2. sie ihrer Verpflichtung zur Ausreise nicht zeitgerecht nachgekommen sind,
3. auf Grund bestimmter Tatsachen zu befürchten ist, sie würden ihrer Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen, oder
4. sie einem Einreiseverbot oder Aufenthaltsverbot zuwider in das Bundesgebiet zurückgekehrt sind.
Paragraph 50, (1) Die Abschiebung Fremder in einen Staat ist unzulässig, wenn dadurch Artikel 2, oder 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), Bundesgesetzblatt Nr. 210 aus 1958,, oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre.
(2) Die Abschiebung in einen Staat ist unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Artikel 33, Ziffer eins, der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, Bundesgesetzblatt Nr. 55 aus 1955,, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, Bundesgesetzblatt Nr. 78 aus 1974,), es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative (Paragraph 11, AsylG 2005).
(3) Die Abschiebung in einen Staat ist unzulässig, solange der Abschiebung die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht.
Paragraph 52, (1) [...]
(2) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt unter einem (Paragraph 10, AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn
1. dessen Antrag auf internationalen Schutz wegen Drittstaatsicherheit zurückgewiesen wird,
2. dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,
3. ihm der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt oder
4. ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird
und kein Fall der Paragraphen 8, Absatz 3 a, oder 9 Absatz 2, AsylG 2005 vorliegt und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.
[...]
(9) Das Bundesamt hat mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, dass eine Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß Paragraph 46, in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist, es sei denn, dass dies aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich sei.
Paragraph 55, (1) Mit einer Rückkehrentscheidung gemäß Paragraph 52, wird zugleich eine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt.
(1a) Eine Frist für die freiwillige Ausreise besteht nicht für die Fälle einer zurückweisenden Entscheidung gemäß Paragraph 68, AVG sowie wenn eine Entscheidung auf Grund eines Verfahrens gemäß Paragraph 18, BFA-VG durchführbar wird.
(2) Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheides, sofern nicht im Rahmen einer vom Bundesamt vorzunehmenden Abwägung festgestellt wurde, dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen.
(3) Bei Überwiegen besonderer Umstände kann die Frist für die freiwillige Ausreise einmalig mit einem längeren Zeitraum als die vorgesehenen 14 Tage festgesetzt werden. Die besonderen Umstände sind vom Drittstaatsangehörigen nachzuweisen und hat er zugleich einen Termin für seine Ausreise bekanntzugeben. Paragraph 37, AVG gilt."
Paragraph 9, Absatz eins bis 3 BFA-VG lautet:
"§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß Paragraph 52, FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß Paragraph 61, FPG, eine Ausweisung gemäß Paragraph 66, FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß Paragraph 67, FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Artikel 8, Absatz 2, EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.
(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Artikel 8, EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:
die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,
das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,
die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,
der Grad der Integration,
die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,
die strafgerichtliche Unbescholtenheit,
Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,
die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,
die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.
(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß Paragraph 52, FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Absatz eins, auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß Paragraph 52, FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß Paragraph 52, FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (Paragraphen 45 und 48 oder Paragraphen 51, ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 100 aus 2005,) verfügen, unzulässig wäre."
Gemäß Paragraph 58, Absatz eins, Ziffer 2, AsylG 2005 ist die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß Paragraph 57, AsylG 2005 von Amts wegen zu prüfen, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten als auch des Status eines subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hat gemäß Paragraph 58, Absatz 2, AsylG 2005 einen Aufenthaltstitel gemäß Paragraph 55, von Amts wegen zu erteilen, wenn die Rückkehrentscheidung aufgrund des Paragraph 9, Absatz eins bis 3 BFA-VG rechtskräftig auf Dauer für unzulässig erklärt wurde und gemäß Paragraph 58, Absatz 3, AsylG 2005 über das Ergebnis der von Amts wegen erfolgten Prüfung gemäß Paragraphen 55 und 57 im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen. Bei Verfahren, die nach Paragraph 75, Absatz 20, AsylG 2005 an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen wurden, ist diese Prüfung im Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung vorzunehmen vergleiche Böckmann-Winkler in Schefler-König/Szymanski, Fremdenpolizei- und Asylrecht, AsylG 2005 Paragraph 75, Anmerkung 4). Dabei sind die Abwägungen des Bundesverwaltungsgerichtes hinsichtlich des Nichtvorliegens der dauerhaften Unzulässigkeit der Rückkehrentscheidung für das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl nicht bindend (Paragraph 75, Absatz 20, AsylG 2005).
Die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß Paragraph 57, AsylG 2005 liegen nicht vor, weil der Aufenthalt der Beschwerdeführer weder seit mindestens einem Jahr gemäß Paragraph 46 a, Absatz eins, Ziffer eins, oder Absatz eins a, FPG geduldet ist, noch zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen notwendig ist noch die Beschwerdeführer Opfer von Gewalt iSd Paragraph 57, Absatz eins, Ziffer 3, FPG wurden. Weder haben die Beschwerdeführer das Vorliegen eines der Gründe des Paragraph 57, FPG behauptet, noch kam ein Hinweis auf das Vorliegen eines solchen Sachverhaltes im Ermittlungsverfahren hervor.
Voraussetzung für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß Paragraph 55, Absatz eins, AsylG 2005 ist, dass dies zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens gemäß Paragraph 9, Absatz 2, BFA-VG iSd Artikel 8, EMRK geboten ist.
Gemäß Artikel 8, Absatz eins, EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Artikel 8, Absatz 2, EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.
Ob eine Verletzung des Rechts auf Schutz des Privat- und Familienlebens iSd Artikel 8, EMRK vorliegt, hängt nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte sowie des Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshofes jeweils von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab. Die Regelung erfordert eine Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit des staatlichen Eingriffes; letztere verlangt eine Abwägung der betroffenen Rechtsgüter und öffentlichen Interessen. In diesem Sinn wird eine Rückkehrentscheidung nicht erlassen werden dürfen, wenn ihre Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden (und seiner Familie) schwerer wiegen würden als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung.
Die Verhältnismäßigkeit einer Rückkehrentscheidung ist dann gegeben, wenn der Konventionsstaat bei seiner aufenthaltsbeendenden Maßnahme einen gerechten Ausgleich zwischen dem Interesse des Fremden auf Fortsetzung seines Privat- und Familienlebens einerseits und dem staatlichen Interesse auf Verteidigung der öffentlichen Ordnung andererseits, also dem Interesse des Einzelnen und jenem der Gemeinschaft als Ganzes gefunden hat. Dabei variiert der Ermessensspielraum des Staates je nach den Umständen des Einzelfalles und muss in einer nachvollziehbaren Verhältnismäßigkeitsprüfung in Form einer Interessenabwägung erfolgen.
Bei dieser Interessenabwägung sind - wie in Paragraph 9, Absatz 2, BFA-VG unter Berücksichtigung der Judikatur der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts ausdrücklich normiert wird - die oben genannten Kriterien zu berücksichtigen vergleiche VfSlg. 18.224/2007; VwGH 26.06.2007, 2007/01/0479; 26.01.2006, 2002/20/0423).
Vom Prüfungsumfang des Begriffes des "Familienlebens" in Artikel 8, EMRK ist nicht nur die Kernfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern umfasst, sondern zB auch Beziehungen zwischen Geschwistern (EKMR 14.03.1980, B 8986/80, EuGRZ 1982, 311) und zwischen Eltern und erwachsenen Kindern (etwa EKMR 06.10.1981, B 9202/80, EuGRZ 1983, 215). Dies allerdings nur unter der Voraussetzung, dass eine gewisse Beziehungsintensität vorliegt. Es kann nämlich nicht von vornherein davon ausgegangen werden, dass zwischen Personen, welche miteinander verwandt sind, immer auch ein ausreichend intensives Familienleben iSd Artikel 8, EMRK besteht, vielmehr ist dies von den jeweils gegebenen Umständen, von der konkreten Lebenssituation abhängig. Der Begriff des "Familienlebens" in Artikel 8, EMRK setzt daher neben der Verwandtschaft auch andere, engere Bindungen voraus; die Beziehungen müssen eine gewisse Intensität aufweisen. So ist etwa darauf abzustellen, ob die betreffenden Personen zusammengelebt haben, ein gemeinsamer Haushalt vorliegt oder ob sie (finanziell) voneinander abhängig sind vergleiche etwa VwGH 26.01.2006, 2002/20/0423; 08.06.2006, 2003/01/0600; 26.01.2006, 2002/20/0235, worin der Verwaltungsgerichtshof feststellte, dass das Familienleben zwischen Eltern und minderjährigen Kindern nicht automatisch mit Erreichen der Volljährigkeit beendet wird, wenn das Kind weiter bei den Eltern lebt).
Die Beschwerdeführer sind als Kernfamilie im selben Umfang von der aufenthaltsbeendenden Maßnahme betroffen. Eine Rückkehrentscheidung stellt demnach keinen Eingriff in das Recht auf Achtung des Familienlebens dar.
Bei der Beurteilung der Frage, ob die Beschwerdeführer in Österreich über ein schützenswertes Privatleben verfügen, spielt die zeitliche Komponente eine zentrale Rolle, da - abseits familiärer Umstände - eine von Artikel 8, EMRK geschützte Integration erst nach einigen Jahren im Aufenthaltsstaat anzunehmen ist vergleiche Thym, EuGRZ 2006, 541). Ausgehend davon, dass der Verwaltungsgerichtshof bei einem dreieinhalbjährigen Aufenthalt im Allgemeinen von einer eher kürzeren Aufenthaltsdauer ausgeht vergleiche Chvosta, ÖJZ 2007/74 unter Hinweis auf die VwGH 8.3.2005, 2004/18/0354; 27.3.2007, 2005/21/0378), und im Erkenntnis vom 26.6.2007, 2007/10/0479, davon ausgeht, "dass der Aufenthalt im Bundesgebiet in der Dauer von drei Jahren [...] jedenfalls nicht so lange ist, dass daraus eine rechtlich relevante Bindung zum Aufenthaltsstaat abgeleitet werden könnte", ist im Fall der Beschwerdeführer, die sich erst seit - längstens - 11. Oktober 2012 - sohin seit nicht ganz drei Jahren - in Österreich aufhalten, anzunehmen, dass der Aufenthalt im Bundesgebiet zu kurz ist, als dass ein Eingriff in das genannte Recht anzunehmen wäre.
Sollte aber - entgegen der Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts - davon auszugehen sein, dass die Ausweisung der Beschwerdeführer in ihr Recht auf Privat- oder Familienleben eingreifen würde, wäre ein solcher Eingriff jedenfalls insofern iSd Artikel 8, Absatz 2, EMRK gerechtfertigt, als das öffentliche Interesse an der Aufenthaltsbeendigung das Interesse der Beschwerdeführer an einem weiteren Verbleib in Österreich überwiegt:
Die Beschwerdeführer halten sich erst seit Mitte Oktober 2012 im Bundesgebiet auf und verfügten nie über ein Aufenthaltsrecht außerhalb des Asylverfahrens. Sie sind illegal nach Österreich eingereist vergleiche dazu VwGH 22.01.2009, 2008/21/0654). Die Dauer des vorliegenden Asylverfahrens übersteigt mit unter drei Jahren nicht das Maß dessen, was für ein rechtsstaatlich geordnetes, den verfassungsrechtlichen Vorgaben an Sachverhaltsermittlungen und Rechtschutzmöglichkeiten entsprechendes Asylverfahren angemessen ist. Es liegt somit jedenfalls kein Fall vor, in dem die öffentlichen Interessen an der Einhaltung der einreise- und fremdenrechtlichen Vorschriften sowie der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung angesichts der langen Verfahrensdauer oder der langjährigen Duldung des Aufenthaltes im Inland nicht mehr hinreichendes Gewicht haben, die Rückkehrentscheidung als "in einer demokratischen Gesellschaft notwendig" erscheinen zu lassen vergleiche VfSlg 18.499/2008, 19.752/2013; EGMR 4.12.2012, Fall Butt, Appl. 47.017/09, Ziffer 85, f.). Außerdem erwies sich das gesamte Vorbringen aufgrund von zahlreichen Widersprüchen und Ungereimtheiten wie beweiswürdigend dargelegt als völlig unglaubwürdig, die Beschwerdeführer haben somit den gesamten Aufenthalt auf einem unwahren Vorbringen aufgebaut.
Dass die Beschwerdeführer strafrechtlich unbescholten sind, vermag weder ihr persönliches Interesse an einem Verbleib in Österreich zu verstärken noch das öffentliche Interesse an der aufenthaltsbeendenden Maßnahme entscheidend abzuschwächen (z.B. VwGH 25.2.2010, 2009/21/0070; 13.10.2011, 2009/22/0273; 19.4.2012, 2011/18/0253).
Die Beschwerdeführer verfügen demgegenüber über starke Bindungen zum Herkunftsstaat: Insbesondere zahlreiche Verwandten der erwachsenen Beschwerdeführer halten sich dort auf. Der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin, die im Alter von 40 bzw. 36 Jahren nach Österreich eingereist sind, haben ihr gesamtes Leben bis zur Ausreise in die Russische Föderation verbracht. Sie können Russisch sprechen, lesen und schreiben, besuchten dort die Schule, verfügen nach wie vor über ein Haus, zahlreiche Verwandten und hatten vor der Ausreise ihren Lebensunterhalt durch ihre Tätigkeiten als römisch 40 bzw. als römisch 40 bestritten. Es ist daher davon auszugehen, dass sie sich nach weniger als drei Jahren Abwesenheit vom Herkunftsstaat in die dortige Gesellschaft wieder eingliedern können werden.
Im Gegensatz dazu sind die Beschwerdeführer in Österreich nur schwach integriert, obwohl zweifellos Integrationsbemühungen erkennbar sind: Die beiden erwachsenen Beschwerdeführer verfügen über grundlegende Deutschkenntnisse, haben zwar einen Deutschkurs besucht, nehmen aber darüber hinaus keine Bildungsmaßnahmen in Anspruch. Sie sind nicht selbsterhaltungsfähig, in Österreich nicht regelmäßig legal erwerbstätig und leben von der Grundversorgung. Eine Schwester der Zweitbeschwerdeführerin hält sich in Österreich auf, ihr Asylverfahren ist jedoch noch nicht abgeschlossen. Der minderjährige Drittbeschwerdeführer sowie der minderjährige Viertbeschwerdeführer besuchen die Schule und die minderjährige Fünftbeschwerdeführerin den Kindergarten im Bundesgebiet. Zahlreiche dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegte Unterstützungsschreiben legen die Integrationsbemühungen der Beschwerdeführer dar. In den Empfehlungsschreiben wurde zudem betont, dass die minderjährigen Söhne (der Drittbeschwerdeführer und der Viertbeschwerdeführer) das zweite Jahr in einem Fußballverein tätig sind, an Aktionen des " römisch 40 " teilnehmen, diese über sehr gute Deutschkenntnisse verfügen und gute soziale Kompetenzen, Hilfsbereitschaft und Teamfähigkeit zeigen. Die vorgelegte Bestätigung vom 31.07.2015 legt dar, dass der minderjährige Drittbeschwerdeführer Nachwuchsspieler und ordentliches Mitglied eines österreichischen Fußballclubs ist.
Den minderjährigen Kindern ist die Anpassung an neue Lebensverhältnisse bei einer Rückkehr im Verbund mit ihrer gesamten Kernfamilie und auch angesichts der in Russland noch lebenden weiteren Verwandten zweifellos zumutbar. Hinsichtlich der Sozialisation der minderjährigen Kinder bei einer Rückkehr in den Herkunftsstaat ist schließlich darauf zu verweisen, dass die Kinder im Heimatland weiter in Obsorge ihrer Eltern sein werden (zur Sozialisation von Kindern etwa nach Vollendung des dritten Lebensjahres vergleiche VwSlg. 14972 A/1998 und VwGH 19.01.2006, 2005/21/0297).
Das Interesse der Beschwerdeführer an der Aufrechterhaltung ihrer privaten Kontakte ist noch zusätzlich dadurch geschwächt, dass sie sich bei allen Integrationsschritten eines unsicheren Aufenthaltsstatus und damit auch der Vorläufigkeit der Integrationsschritte bewusst sein mussten: Die Beschwerdeführer durften sich hier bisher nur aufgrund des Antrages auf internationalen Schutz aufhalten, der zu keinem Zeitpunkt berechtigt war vergleiche zB VwGH 20.02.2004, 2003/18/0347; 26.02.2004, 2004/21/0027; 27.04.2004, 2000/18/0257; sowie EGMR 08.04.2008, Fall Nnyanzi, Appl. 21878/06, wonach ein vom Fremden in einem Zeitraum, in dem er sich bloß aufgrund eines Asylantrages im Aufnahmestaat aufhalten darf, begründetes Privatleben per se nicht geeignet ist, die Unverhältnismäßigkeit des Eingriffes zu begründen).
Die erkennende Richterin verkennt nicht, dass mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 21.10.2013, Zl. D15 434154-1/2013/7Z der bekämpfte Bescheid hinsichtlich des Erstbeschwerdeführers vom 19.03.2013 behoben und die Angelegenheit gemäß Paragraph 66, Absatz 2, AVG zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesasylamt zurückverwiesen wurde. Gleichlautende Entscheidungen ergingen hinsichtlich der restlichen Beschwerdeführer. Aus diesem Umstand ergeben sich zweifellos gewisse Verzögerungen im Asylverfahren, welche nicht den Beschwerdeführern anzulasten sind. In diesen Zusammenhang ist jedoch klar darauf zu verweisen, dass sich im gegenständlichen Verfahren weitere eklatante Widersprüche und Ungereimtheiten ergeben haben, welche den Eindruck der Unglaubwürdigkeit des Fluchtvorbringens zweifellos bestätigt haben. Es haben sich für die erkennende Richterin keinerlei Anhaltspunkte ergeben, an der festgestellten Unglaubwürdigkeit des Fluchtvorbringens zu zweifeln.
Auch der Verfassungsgerichtshof misst in ständiger Rechtsprechung dem Umstand im Rahmen der Interessenabwägung nach Artikel 8, Absatz 2, EMRK wesentliche Bedeutung bei, ob die Aufenthaltsverfestigung des Asylwerbers überwiegend auf vorläufiger Basis erfolgte, weil der Asylwerber über keine, über den Status eines Asylwerbers hinausgehende Aufenthaltsberechtigung verfügt hat. In diesem Fall muss sich der Asylwerber bei allen Integrationsschritten im Aufenthaltsstaat seines unsicheren Aufenthaltsstatus und damit auch der Vorläufigkeit seiner Integrationsschritte bewusst sein (VfSlg 18.224/2007, 18.382/2008, 19.086/2010, 19.752/2013). Dies gilt umso mehr, wenn wie dargestellt das Gesamtvorbringen über die Fluchtgründe sich als völlig unglaubwürdig erwiesen hat.
Demgegenüber kommt den die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Normen aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung - und damit eines von Artikel 8, Absatz 2, EMRK genannten Interesses - ein hoher Stellenwert zu (zB VwGH 12.12.2012, 2012/18/0178; 22.01.2013, 2011/18/0012).
Nach Maßgabe einer Interessensabwägung im Sinne des Paragraph 9, BFA-VG ist die belangte Behörde somit zu Recht davon ausgegangen, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des unrechtmäßigen Aufenthaltes der Beschwerdeführer im Bundesgebiet das persönliche Interesse der Beschwerdeführer am Verbleib im Bundesgebiet überwiegt und daher durch die angeordnete Rückkehrentscheidung eine Verletzung des Artikel 8, EMRK nicht vorliegt. Auch sonst sind keine Anhaltspunkte hervorgekommen, dass im gegenständlichen Fall eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig wäre.
Die erkennende Richterin holte aufgrund der nochmaligen Behauptung psychischer Probleme im Rahmen der Beschwerdeschrift ein Gutachten über den gesundheitlichen Zustand und die Verhandlungsfähigkeit des Erstbeschwerdeführers und der Zweitbeschwerdeführerin ein. Das hinsichtlich des Gesundheitszustandes des Erstbeschwerdeführers und der Zweitbeschwerdeführerin eingeholte psychologische Gutachten, datiert mit 25.06.2015, erstellt von einem Klinischen- und Gesundheitspsychologen sowie allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen und Psychotherapeut enthielt im Wesentlichen die Feststellung, dass beim Erstbeschwerdeführer und bei der Zweitbeschwerdeführerin zum Untersuchungszeitpunkt am 11.06.2015 von einer posttraumatischen Belastungsstörung auszugehen sei.
Schließlich nahm an der öffentlichen mündlichen Beschwerdeverhandlung der klinische und Gesundheitspsychologe sowie allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständige und Psychotherapeut, der das Gutachten vom 25.06.2015 erstellt hatte, als Sachverständiger teil.
Der im Rahmen der Beschwerdeverhandlung anwesende Sachverständige stellte auf Nachfrage fest, dass im Fall der Beschwerdeführer von einer depressiven Verstimmung auszugehen ist. Der Sachverständige äußerte die Wahrscheinlichkeit, dass die Beschwerdeführer nicht den Geschäften des täglichen Lebens nachgehen könnten, dem ist entgegenzuhalten, dass der Erstbeschwerdeführer auch derzeit diverse Tätigkeiten als Gärtner und im Zuge der Nachbarschaftshilfe sowie die Zweitbeschwerdeführerin Arbeiten von der Caritas nachgeht und beide im Rahmen der Beschwerdeverhandlung bejahen, dass sie im Rahmen ihrer Rückkehr im Herkunftsstaat ihren bisherigen Berufen nachgehen könnten. Ein aktuelles Risiko einer Fremd- oder Selbstgefährdung wurde verneint. Eine Verschlechterung des psychischen Zustandes im Falle einer Rückkehr in den Herkunftsstaat hält der Sachverständige für möglich, wenn Verfolgungshandlungen im Herkunftsstaat tatsächlich gegeben sind. Aufgrund der zahlreichen Widersprüche und Ungereimtheiten in den Angaben der Beschwerdeführer im gegenständlichen Fall wird von der erkennenden Richterin eine Verfolgungsgefahr und damit auch eine Verschlechterung des psychischen Zustandes der Beschwerdeführer nicht festgestellt.
Der Sachverständige stellte Behandlungsmöglichkeiten im Herkunftsstaat der Beschwerdeführer fest, weshalb deren Abschiebung möglich erscheint laut seiner Einschätzung. Die Beschwerdeführer geben in der Beschwerdeverhandlung selbst an, dass ihnen auch keine Medikamente verschrieben worden wären.
Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß Paragraph 52, FPG stellt sohin keine Verletzung der Beschwerdeführer in ihren Recht auf Privat- und Familienleben gemäß Paragraph 9, Absatz 2, BFA-VG in Verbindung mit Artikel 8, EMRK dar. Die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß Paragraph 55, Absatz eins, AsylG 2005 ist daher ebenfalls nicht geboten.
Die Voraussetzungen des Paragraph 10, AsylG 2005 liegen vor: Da die Anträge der Beschwerdeführer auf internationalen Schutz abgewiesen wurde, ist die Rückkehrentscheidung gemäß Paragraph 10, Absatz eins, Ziffer 3, AsylG 2005 zu erlassen. Es ist auch - wie bereits ausgeführt - kein Aufenthaltstitel nach Paragraph 57, AsylG 2005 von Amts wegen zu erteilen.
Paragraph 52, Absatz 2, Ziffer 2, FPG setzt weiters voraus, dass kein Fall der Paragraphen 8, Absatz 3 a, oder 9 Absatz 2, AsylG 2005 vorliegt und den Beschwerdeführern kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Weil die Anträge der Beschwerdeführer im Hinblick auf die Zuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten nach Paragraph 8, Absatz eins, AsylG 2005 abgewiesen wurde, liegt weder ein Fall des Paragraph 8, Absatz 3 a, noch des Paragraph 9, Absatz 2, AsylG 2005 vor. Die Beschwerdeführer behaupteten nicht, über ein Aufenthaltsrecht außerhalb des Asylverfahrens zu verfügen.
Mit der Erlassung der Rückkehrentscheidung ist gemäß Paragraph 52, Absatz 9, FPG gleichzeitig festzustellen, dass die Abschiebung gemäß Paragraph 46, leg.cit. in einen bestimmten Staat zulässig ist.
Die Abschiebung in einen Staat ist gemäß Paragraph 50, Absatz eins, FPG unzulässig, wenn dadurch Artikel 2, oder 3 EMRK oder das 6. bzw. 13. ZPEMRK verletzt würden oder für den Betroffenen als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes verbunden wäre. Das entspricht dem Tatbestand des Paragraph 8, Absatz eins, AsylG 2005. Das Vorliegen eines dementsprechenden Sachverhaltes ist im gegenständlichen Fall - wie beweiswürdigend ausgeführt - zu verneinen.
Die Abschiebung in einen Staat ist gemäß Paragraph 50, Absatz 2, FPG unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort das Leben des Betroffenen oder seine Freiheit aus Gründen seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder persönlichen Ansichten bedroht wäre, es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative. Das entspricht dem Tatbestand des Paragraph 3, AsylG 2005. Das Vorliegen eines dementsprechenden Sachverhaltes wurde ist aufgrund der Unglaubwürdigkeit des der Angaben der Beschwerdeführer - wie im Rahmen der Beweiswürdigung ausgeführt - zu verneinen.
Die Abschiebung ist schließlich nach Paragraph 50, Absatz 3, FPG unzulässig, solange ihr die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht. Eine derartige Empfehlung besteht für die Russische Föderation nicht.
Die Abschiebung der Beschwerdeführer nach in die Russische Föderation ist daher zulässig.
Gemäß Paragraph 55, Absatz eins, FPG wird mit einer Rückkehrentscheidung gemäß Paragraph 52, zugleich eine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt. Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt nach Paragraph 55, Absatz 2, FPG 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheides, sofern nicht im Rahmen einer vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl vorzunehmenden Abwägung festgestellt wurde, dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen.
Da derartige besondere Umstände von den Beschwerdeführern nicht behauptet und auch im Ermittlungsverfahren nicht hervorgekommen sind, ist die Frist zu Recht mit 14 Tagen festgelegt worden.
Da alle gesetzlichen Voraussetzungen für die Anordnung einer Rückkehrentscheidung und die gesetzte Frist für die freiwillige Ausreise vorliegen, sind die Beschwerden gegen die angefochtenen Bescheide gemäß Paragraphen 3, Absatz eins,, 8 Absatz eins, in Verbindung mit 10 Absatz eins, Ziffer 3, AsylG 2005 idgF, Paragraph 9, BFA-VG idgF, und Paragraphen 46, in Verbindung mit 52 FPG idgF als unbegründet abzuweisen.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß Paragraph 25 a, Absatz eins, VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung, des Weiteren ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu den einzelnen Spruchpunkten zu Spruchteil A wiedergegeben. Insoweit die in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu früheren Rechtslagen ergangen ist, ist diese nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.
ECLI:AT:BVWG:2015:W162.1434157.2.00