BVwG
31.08.2015
W167 2108026-1
W167 2108026-1/5E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Daria MACA-DAASE als Einzelrichterin über gemeinsam eingebrachte Beschwerde (vormals: Berufung) von römisch 40 und Herrn römisch 40 , gegen den Bescheid des Landeshauptmanns von Niederösterreich, GZ. GS5-A-948/1642-2011, in Anwendung des Paragraph 414, Absatz 2 Allgemeines Sozialversicherungsverfahrensgesetz (ASVG), zu Recht erkannt:
A)
In Erledigung der Beschwerden wird gemäß Paragraph 28, Absatz 1 und 2 Ziffer 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) in Verbindung mit Paragraph 63, Absatz 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG) festgestellt:
römisch 40 unterlag aufgrund ihrer Beschäftigung als Leiterin von Kindertanzkursen für römisch 40 römisch 40 als freie Dienstnehmerin gemäß Paragraph 4, Absatz 4 ASVG
1) vom 12.09.2008 bis 31.12.2008, vom 01.01.2010 bis 29.01.2010 und vom 08.02.2010 bis 30.06.2010 der Teilversicherungspflicht nach Paragraph 7, Ziffer 3 litera a ASVG und
2) vom 01.01.2009 bis 30.01.2009, vom 09.02.2009 bis 30.06.2009, vom 01.09.2009 bis 31.12.2009, vom 01.09.2010 bis 04.02.2011 und vom 14.02.2011 bis 30.06.2011 der Vollversicherungspflicht nach Paragraph 4, Absatz 1 und Absatz 2 ASVG sowie Paragraph eins, Absatz 1 Litera a, Arbeitslosenversicherungsgesetz (AIVG).
B)
Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
römisch eins. Verfahrensgang:
1. Mit Bescheid vom 11.10.2011 stellte die Niederösterreichische Gebietskrankenkasse (NÖGKK) die Teilversicherungspflicht in der Unfallversicherung als geringfügig beschäftigte Dienstnehmerin bzw. die Vollversicherungspflicht von römisch 40 (im Folgenden: Tanzlehrerin) als Dienstnehmerin gemäß Paragraph 4, Absatz 2 ASVG aufgrund ihrer Tätigkeit als Leiterin von Kindertanzkursen für römisch 40 (im Folgenden: Organisator) fest.
2. Gegen den Bescheid der NÖGKK erhoben die Beschwerdeführerin und der Organisator Einspruch.
3. Mit Bescheid vom 28.02.2012 änderte der Landeshauptmann von Niederösterreich den angefochtenen Bescheid dahingehend ab, dass er die Tanzlehrerin als freie Dienstnehmerin gemäß Paragraph 4, Absatz 4 ASVG qualifizierte.
4. Gegen den Bescheid des Landeshauptmanns erhoben die Tanzlehrerin und der Organisator Berufung.
5. Mit Bescheid vom 23.05.2013, Zl. BMASK-428311/0001-II/A/3/2013, stellte der Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz fest, dass die Tanzlehrerin aufgrund ihrer Beschäftigung als Leiterin von Kindertanzkursen für den Organisator als Dienstgeber in der Zeit von 12.09.2008 bis 31.12.2008, von 01.01.2010 bis 29.01.2010 und von 08.02.2010 bis 30.06.2010 der Teilversicherungspflicht nach Paragraph 7, Ziffer 3 litera a ASVG und in der Zeit von 01.01.2009 bis 30.01.2009, von 09.02.2009 bis 30.06.2009, von 01.09.2009 bis 31.12.2009, von 01.09.2010 bis 04.02.2011 und von 14.02.2011 bis 30.06.2011 der Vollversicherungspflicht nach Paragraph 4, Absatz 1 und Absatz 2 ASVG sowie Paragraph eins, Absatz eins, Litera a, AIVG unterlegen sei. Begründet wurde dies zusammengefasst damit, dass sich die Tanzlehrerin gegenüber dem Organisator in den festgestellten Zeiträumen zu periodisch wiederkehrenden Leistungen verpflichtet habe und sie auch tatsächlich im Sinne der festgestellten Vereinbarungen tätig gewesen sei. Die Tanzlehrerin sei im Rahmen dieser Beschäftigung an Ordnungsvorschriften über Arbeitszeit und Arbeitsort gebunden gewesen. Sie sei weisungsgebunden und kontrollunterworfen im Sinne einer stillen Autorität des Dienstgebers gewesen. Die Tanzlehrerin sei zur persönlichen Arbeitsleistung verpflichtet gewesen. Während jener Zeiträume, in denen ihr Entgelt über der Geringfügigkeitsgrenze lag, habe sie der Voll- und Arbeitslosenversicherung unterlegen, während der Zeiten ihrer geringfügigen Beschäftigung der Teilversicherungspflicht.
6. Gegen den Bescheid des BMASK erhob die Tanzlehrerin Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof.
7. Mit Erkenntnis vom 29.04.2015, ZI. 2013/08/0198, hat der Verwaltungsgerichtshof den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben und der Tanzlehrerin Aufwandersatz zugesprochen. Begründend wurde ausgeführt, der BMASK sei zu Unrecht vom Überwiegen der Merkmale persönlicher Abhängigkeit und somit von einem Dienstverhältnis im Sinn des Paragraph 4, Absatz 1 Ziffer 1 in Verbindung mit Absatz 2 ASVG ausgegangen.
römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen
1.1. Die Tanzlehrerin hat während des Semesters, nicht jedoch in den Schulferien, wöchentlich Kindertanzkurse geleitet. Diese hat sie eigenständig geplant und durchgeführt.
1.2. Die Tanzlehrerin war für den Organisator als Gewerbetreibenden (Organisation von Veranstaltungen, Erwachsenentanzkurse) tätig und wurde mit einer aus den Akten ersichtlichen Summe (fixer Anteil an den Kursgebühren) entlohnt.
1.3. Die Tanzlehrerin hat sich für ein ganzes Semester im Vorhinein zur Abhaltung von wöchentlichen Kindertanzkursen zu für das Semester festgelegten Tageszeiten verpflichtet. Dies war Gegenstand des zwischen ihr und dem Organisator eingegangenen Vertragsverhältnisses.
1.4. Die Tanzlehrerin hat die Kurszeiten und die Dauer der einzelnen Tanzkurse jeweils zu Beginn des Semesters festgelegt. Der Organisator hat die Räumlichkeiten in Absprache mit ihr, den Gemeinden und den Schulleitungen festgelegt. Die Tanzlehrerin hat daher jeweils zu Beginn ihrer befristeten Beschäftigungen Einfluss auf die Lage und Dauer ihrer Arbeitszeit nehmen können. Ein Abändern der einmal festgelegten Kurszeiten war der Tanzlehrerin nur im Ausnahmefall und nur unter Kontaktnahme mit dem Organisator möglich. Dieser hat dann seinerseits die Benutzung des Turnsaales umorganisieren müssen. Die Tanzlehrerin war während der im Spruch genannten Zeiträume an die festgelegten Arbeitszeiten gebunden.
1.5. Arbeitsort waren die Turnsäle zweier Volksschulen, deren Benützung der Organisator organisiert hat. Da der Organisator wegen seines Gewerbes ein geschäftliches Interesse an einer konfliktfreien Vertragsbeziehung mit den Gemeinden und Schulleitungen gehabt hat, war eine beliebige Abänderung des Arbeitsortes durch die Tanzlehrerin nicht möglich.
1.6. Für nähere Informationen zum Tanzkurs wurde auf der Homepage einer Volksschule der Organisator mit einer Telefonnummer genannt.
1.7. Der Organisator hätte die Möglichkeit gehabt, das Arbeitsverhalten (Pünktlichkeit, Freundlichkeit) der Tanzlehrerin zu überwachen und bei Bedarf einzuschreiten.
1.8. Die Tanzlehrerin stellte für die Tanzkurse folgendes zur Verfügung: CD-Player, CDs, Verlängerungskabel, Kostüme, Luftballons, Seidentücher, Bücher, Djembe, Cajon, Tamburin, Altbockflöte.
2. Beweiswürdigung
Der VwGH hat die Feststellungen des BMASK nicht in Zweifel gezogen und diese seiner Entscheidung zugrunde gelegt. Das Bundesverwaltungsgericht geht ebenfalls von diesem Sachverhalt aus. Die Feststellungen zu den von der Tanzlehrerin zur Verfügung gestellten Materialien ergeben sich aus den nachvollziehbaren Angaben der Tanzlehrerin vom 18.08.2011 im Fragebogen der NÖGKK.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts
Artikel 151 Absatz 51 Ziffer 8 und 9 B-VG regelt den Übergang der Zuständigkeit auf die Verwaltungsgerichte.
Paragraph 414, Absatz 1 ASVG bestimmt: "Gegen Bescheide der Versicherungsträger oder des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz oder des Bundesministers für Gesundheit in Verwaltungssachen und wegen Verletzung ihrer (seiner) Entscheidungspflicht in Verwaltungssachen kann Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht erhoben werden."
Im vorliegenden Fall hat der VwGH im Jahr 2015 einen Bescheid des BMASK aus dem Jahr 2013 wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben. Daher hat das Bundesverwaltungsgericht den Beschwerdefall zu entscheiden.
3.2. Keine mündliche Verhandlung
Gemäß Paragraph 24, VwGVG ist keine mündliche Verhandlung erforderlich, da sich der Sachverhalt aus dem Akteninhalt ergibt und im vorliegenden Fall Rechtsfragen zu entscheiden sind, welche zudem überwiegend bereits vom Verwaltungsgerichtshof für das vorliegende Verfahren entschieden wurden.
3.3. Zu Spruchpunkt A) Abweisung der Beschwerde (vormals: Berufung)
Paragraph 63, Absatz 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG) bestimmt:
"Wenn der Verwaltungsgerichtshof einer Revision stattgegeben hat, sind die Verwaltungsgerichte und die Verwaltungsbehörden verpflichtet, in der betreffenden Rechtssache mit den ihnen zu Gebote stehenden rechtlichen Mitteln unverzüglich den der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtshofes entsprechenden Rechtszustand herzustellen."
Die zentrale Regelung zur Frage der Kognitionsbefugnis der Verwaltungsgerichte bildet Paragraph 28, VwGVG. Das Verwaltungsgericht hat die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist (Absatz 1). Über Bescheidbeschwerden hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht (Absatz 2 Ziffer 1).
3.3.1. Maßgebliche Bestimmungen des ASVG und des AlVG
Gemäß Paragraph 4, Absatz 1 Ziffer 1 ASVG sind die bei einem oder mehreren Dienstgebern beschäftigten Dienstnehmer in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung versichert (vollversichert), wenn die betreffende Beschäftigung weder gemäß den Paragraphen 5 und 6 ASVG von der Vollversicherung ausgenommen ist, noch nach Paragraph 7, ASVG nur eine Teilversicherung begründet.
Gemäß Paragraph 4, Absatz 2 1. Satz ASVG ist Dienstnehmer im Sinne dieses Bundesgesetzes, wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird; hiezu gehören auch Personen, bei deren Beschäftigung die Merkmale selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen.
Gemäß Paragraph 4, Absatz 4 ASVG stehen den Dienstnehmern im Sinne dieses Bundesgesetzes Personen gleich, die sich auf Grund freier Dienstverträge auf bestimmte oder unbestimmte Zeit zur Erbringung von Dienstleistungen verpflichten, und zwar für
1. einen Dienstgeber im Rahmen seines Geschäftsbetriebes, seiner Gewerbeberechtigung, seiner berufsrechtlichen Befugnis (Unternehmen, Betrieb usw.) oder seines statutenmäßigen Wirkungsbereiches (Vereinsziel usw.), mit Ausnahme der bäuerlichen Nachbarschaftshilfe,
2. eine Gebietskörperschaft oder eine sonstige juristische Person des öffentlichen Rechts bzw. die von ihnen verwalteten Betriebe, Anstalten, Stiftungen oder Fonds (im Rahmen einer Teilrechtsfähigkeit),
wenn sie aus dieser Tätigkeit ein Entgelt beziehen, die Dienstleistungen im wesentlichen persönlich erbringen und über keine wesentlichen eigenen Betriebsmittel verfügen; es sei denn,
a) dass sie auf Grund dieser Tätigkeit bereits nach Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer eins bis 3 GSVG oder Paragraph 2, Absatz eins, BSVG oder nach Paragraph 2, Absatz eins und 2 FSVG versichert sind oder
b) dass es sich bei dieser Tätigkeit um eine (Neben-)Tätigkeit nach Paragraph 19, Absatz eins, Ziffer eins, Litera f, B-KUVG handelt oder
c) dass eine selbständige Tätigkeit, die die Zugehörigkeit zu einer der Kammern der freien Berufe begründet, ausgeübt wird oder
d) dass es sich um eine Tätigkeit als Kunstschaffender, insbesondere als Künstler im Sinne im Sinne des Paragraph 2, Absatz eins, des Künstler-Sozialversicherungsfondsgesetzes, handelt.
Gemäß Paragraph 4, Absatz 6 ASVG schließt eine Pflichtversicherung gemäß Absatz eins, für dieselbe Tätigkeit (Leistung) eine Pflichtversicherung gemäß Absatz 4, aus.
Paragraph 5, Absatz 1 Ziffer 2 ASVG bestimmt, dass unter anderem Dienstnehmer und ihnen gemäß Paragraph 4, Absatz 4 gleichgestellte Personen, wenn das ihnen aus einem oder mehreren Beschäftigungsverhältnissen im Kalendermonat gebührende Entgelt den Betrag gemäß Absatz 2 nicht übersteigt (geringfügig beschäftigte Personen) von der Vollversicherung nach Paragraph 4, - unbeschadet einer nach Paragraph 7, oder nach Paragraph 8, eintretenden Teilversicherung - ausgenommen sind.
Paragraph 7, Ziffer 3 Litera a, ASVG sieht eine Teilversicherung in der Unfallversicherung für die im Paragraph 5, Absatz 1 Ziffer 2 ASVG von der Vollversicherung ausgenommenen Beschäftigten (geringfügige Beschäftigung) vor.
Gemäß Paragraph eins, Absatz 1 Litera a, Arbeitslosenversicherungsgesetz (AlVG) sind Dienstnehmer, die bei einem oder mehreren Dienstgebern beschäftigt sind, für den Fall der Arbeitslosigkeit versichert (arbeitslosenversichert).
3.3.2. Die Tanzlehrerin war im gegenständlichen Zeitraum im Rahmen eines freien Dienstverhältnisses gemäß Paragraph 4, Absatz 4 ASVG tätig und unterlag der Versicherungspflicht
Der VwGH hat am 29.04.2015, Zl 2013/08/0198, im vorliegenden Fall über die Beschwerde der Tanzlehrerin nach Verweis auf seine umfangreiche Judikatur zum Dienstnehmerbegriff abgesprochen und den angefochtenen Bescheid des BMASK wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts aufgehoben.
3.3.2.1. Keine selbständige Tätigkeit aufgrund eines Werkvertrags
Der VwGH hat im vorliegenden Fall erwogen:
"Entgegen dem Beschwerdevorbringen liegt keine selbständige Tätigkeit im Rahmen eines zwischen der [Tanzlehrerin] und dem [Organisator] bestehenden Werkvertragsverhältnisses vor, da sich - wie die belangte Behörde zutreffend dargelegt hat - die getroffene Vereinbarung über die regelmäßige Abhaltung von Kindertanzkursen nicht auf die entgeltliche Herstellung eines Werkes als in sich geschlossene Einheit einer individualisierten, konkretisierten und gewährleistungstauglichen Leistung bezieht vergleiche dazu das hg. Erkenntnis vom 31. Juli 2014, 2012/08/0253, mwN), sondern die [Tanzlehrerin] vielmehr ein dauerndes Bemühen geschuldet hat, was ebenfalls gegen einen Werkvertrag spricht vergleiche das hg. Erkenntnis vom 24. November 2010, 2007/08/0129)."
3.3.2.2. Kein Dienstverhältnis gemäß Paragraph 4, Absatz 1 Ziffer 1 in Verbindung mit Absatz 2 ASVG
Der VwGH hat im vorliegenden Fall erwogen:
"Die [Tanzlehrerin] bestreitet das Vorliegen einer Beschäftigung in persönlicher Abhängigkeit und bringt vor, sie habe ihre Kindertanzkurse völlig selbständig, ohne Mitwirkung des [Organisators] durchgeführt. Dies umfasse die Ausschreibung der Tanzkurse, das Auswahlverfahren für die teilnehmenden Kinder, die Festlegung der Kurszeiten und der Kursdauer, die Zusammenstellung des Programms und die musikalische Gestaltung. Für das Zustandekommen und die Durchführung der pädagogischen Kindertanzkurse sei sie völlig allein verantwortlich gewesen. Allein ihrem unternehmerischen Einsatz sei es zuzuschreiben, dass diese Tanzkurse auch tatsächlich durchgeführt worden seien. Lediglich die Überweisung der Kursgebühr sei durch den [Organisator] abgewickelt worden, der im Rahmen der getroffenen Übereinkunft 50% der Kursgebühren an die [Tanzlehrerin] weitergeleitet habe. Alle Wareneinsätze habe sie selbst bezahlen müssen.
Die belangte Behörde hat die persönliche Abhängigkeit zum einen mit der Gebundenheit der [Tanzlehrerin] an bestimmte Arbeitszeiten und Arbeitsorte begründet. Dabei handelt es sich im vorliegenden Fall aber um kein unterscheidungskräftiges Kriterium, weil sich schon aus der Natur der Tätigkeit - der Abhaltung von Tanzkursen - ergibt, dass diese nur zu den vorher festgelegten Zeiten und an den dafür reservierten Orten stattfinden konnten. Die belangte Behörde hat zum anderen festgestellt, dass der [Organisator] die "faktische Möglichkeit" gehabt habe, das "Arbeitsverhalten (Pünktlichkeit, Freundlichkeit)" der [Tanzlehrerin] zu überwachen und bei Bedarf "einzuschreiten". Aus der bloßen abstrakten Möglichkeit, Kontrollen durchzuführen, lässt sich eine persönliche Abhängigkeit aber im vorliegenden Fall nicht ableiten. Die belangte Behörde hat im Übrigen weder festgestellt, dass derartige Kontrollen jemals durchgeführt worden wären, noch gibt es Hinweise darauf, dass die [Tanzlehrerin] irgendwelchen (fachlichen oder persönlichen) Weisungen unterlegen wäre und ihr im Fall weisungswidrigen Verhaltens Sanktionen gedroht hätten. Es wurde auch nicht festgestellt, dass die [Tanzlehrerin] in einen Betrieb des [Organisators] etwa eine Tanzschule - eingegliedert gewesen wäre vergleiche das zur Vortragstätigkeit ergangene hg. Erkenntnis vom 27. April 2011, 2009/08/0123, mwN) oder dass eine Berichtspflicht bestanden hätte. Auf der anderen Seite sprechen mehrere Merkmale insbesondere die von der [Tanzlehrerin] schon im Verwaltungsverfahren in den Vordergrund gestellte Eigenständigkeit bei der Planung und Durchführung der Kurse sowie ihre Honorierung mit einem fixen Anteil an den Kursgebühren - für ihre persönliche Unabhängigkeit.
Die belangte Behörde ist daher zu Unrecht vom Überwiegen der Merkmale persönlicher Abhängigkeit und somit von einem Dienstverhältnis im Sinn des Paragraph 4, Absatz eins, Ziffer eins, in Verbindung mit Absatz 2, ASVG ausgegangen."
3.3.2.3. Freies Dienstverhältnis im Sinne des Paragraph 4, Absatz 4 ASVG und Versicherungspflicht
Der VwGH hat im Erkenntnis vom 24.01.2006, Zl. 2004/08/0101, ausgesprochen, dass Paragraph 4, Absatz 6 nicht nur die Reihenfolge der Prüfung der Frage der Pflichtversicherung nach Paragraph 4, ASVG festlegt, sondern diese Frage auch zum Gegenstand eines einzigen Verfahrens macht. Diese Bestimmung verknüpft nämlich die Verfahrensgegenstände des Paragraph 4, Absatz 1 und Paragraph 4, Absatz 4 ASVG zu einer Rechtssache. Über die Pflichtversicherung nach Paragraph 4, ASVG ist somit in einem (umfassenden) Verfahren abzusprechen, und zwar mit der Konsequenz, dass beispielsweise bei Feststellung der Pflichtversicherung gemäß Absatz 1 als festgestellt gilt, dass eine solche nach Absatz 4 nicht vorliegt. Es ist aber nicht notwendig, dass die Absprüche über alle Tatbestände in den Spruch aufgenommen werden. Dies gilt nicht nur für die Gebietskrankenkasse, sondern auch für die im Instanzenzug angerufenen Behörden mit der Folge, dass die Rechtsmittelinstanz in ihrem Bescheid eine Pflichtversicherung nach einem anderen Absatz des Paragraph 4, ASVG feststellen kann als die Unterinstanz, weil "Sache" (im Sinne des AVG) des Rechtsmittelverfahrens die Pflichtversicherung nach Paragraph 4, ASVG ist.
Wie der VwGH zum vorliegenden Fall im Erkenntnis vom 29.04.2015, Zl 2013/08/0198-8, erwogen hat, liegt weder ein Dienstverhältnis der Tanzlehrerin gemäß Paragraph 4, Absatz 1 Ziffer 1 in Verbindung mit Absatz 2 ASVG (siehe oben 3.3.2.2.) noch eine selbständige Tätigkeit im Rahmen eines Werkvertragsverhältnisses vor (siehe oben 3.3.2.1.). Daher ist zu prüfen, ob die Tätigkeit der Tanzlehrerin als freies Dienstverhältnis im Sinne des Paragraph 4, Absatz 4 ASVG qualifiziert werden kann.
Eine wesentliche Voraussetzung für die Bejahung eines freien Dienstverhältnisses im Sinne des Paragraph 4, Absatz 4 ASVG ist, dass die (potentielle) freie Dienstnehmerin über keine wesentlichen eigenen Betriebsmittel verfügt. Der VwGH hat im Erkenntnis vom 24.01.2006, Zl. 2004/08/0101, betreffend eine Aerobic-Trainerin die geeigneten Räumlichkeiten für die Abhaltung der Kurse als erforderlich qualifziert. Unter Verweis auf die Gesetzesmaterialien zu Paragraph 4, Absatz 4 ASVG stellte der VwGH fest, dass bei der Trainerin eine für die Abhaltung von Aerobic-Kursen eigene unternehmerische Struktur mit beträchtlichen Betriebsmitteln nicht vorlag.
"§ 4 Absatz 4, ASVG in der ab 1. Jänner 1998 geltenden Fassung kommt nämlich, wie sich aus den Gesetzesmaterialien ergibt, nicht bloß dann zur Anwendung, wenn keinerlei eigene Betriebsmittel eingesetzt werden, sondern nur dann nicht, wenn derjenige, der die Leistung erbringt, im Wesentlichen nicht auf ihm zur Verfügung gestellte Betriebsmittel angewiesen ist. Dem ist hier aber jedenfalls nicht so, da die Räumlichkeiten für die Aerobic-Kurse von der beschwerdeführenden Partei zur Verfügung gestellt wurden. Im Hinblick darauf kommt dem Einsatz eigener Gummibänder, Bälle und Tonträger sowie eines Abspielgerätes durch die [Trainerin] nur eine untergeordnete Bedeutung zu. Auch ist ein entsprechender Raum für die Durchführung der Kurse von essenzieller Bedeutung, nicht hingegen in gleichem Ausmaß die von der belangten Behörde festgestellte büromäßige Ausstattung der [Trainerin]. Der belangten Behörde kann daher nicht mit Erfolg widersprochen werden, wenn sie zu dem Ergebnis gelangt ist, dass die [Trainerin] über keine wesentlichen eigenen Betriebsmittel im Sinne des Paragraph 4, Absatz 4, ASVG in der ab 1. Jänner 1998 geltenden Fassung verfügt."
Für den vorliegenden Fall bedeutet das:
Der VwGH ging davon aus, dass die Tanzlehrerin dauerndes Bemühen geschuldet hat. Die Tanzlehrerin hat sich gegenüber dem Organisator im Rahmen dessen Gewerbe auf bestimmte Zeit zur Erbringung von Dienstleistungen verpflichtet. Sie hat aus ihrer Tätigkeit unstrittig ein Entgelt bezogen und die Dienstleistungen im Wesentlichen persönlich erbracht. Zudem hat sie über keine wesentlichen eigenen Betriebsmittel verfügt, da die Turnsäle vom Organisator organisiert wurden und demgegenüber dem Einsatz der eigenen Materialien (CD-Player etc.) nur eine untergeordnete Bedeutung zukommt. Die Ausnahmebestimmungen Paragraph 4, Absatz 4 ASVG treffen auf die Tanzlehrerin nicht zu. Somit liegt ein freies Dienstverhältnis nach Paragraph 4, Absatz 4 ASVG vor, weshalb eine Gleichstellung der Tanzlehrerin mit Dienstnehmern im Sinn des Paragraph 4, Absatz 2 ASVG und damit eine Versicherungspflicht nach ASVG und bei Überschreiten der Geringfügigkeitsgrenze auch eine Versicherungspflicht nach AlVG vorliegt.
Die Zeiten der Teil- bzw. Vollversicherungspflicht ergeben sich aus den Zeiten der Durchführung der Tanzkurse sowie dem Verdienst der Tanzlehrerin.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
3. Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß Paragraph 25 a, Absatz eins, VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Im vorliegenden Fall liegt vielmehr eine konkrete Entscheidung des VwGH vor, der das Bundesverwaltungsgericht im vorliegenden Erkenntnis Rechnung getragen hat.
ECLI:AT:BVWG:2015:W167.2108026.1.00