BVwG
27.08.2015
W168 2110997-1
W168 2110997-1/6E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Bernhard MACALKA über die Beschwerde von römisch 40 ,
StA. Afghanistan, gegen den Bescheid des Bundesamtes für
Fremdenwesen und Asyl vom 09.07.2015, FZ: 1049429708 / 150004895, zu
Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird gemäß Paragraph 5, AsylG 2005 und Paragraph 61, FPG als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
römisch eins. Verfahrensgang:
Die beschwerdeführende Partei brachte nach illegaler Einreise in das Bundesgebiet am 03.01.2015 gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz ein und gab hierzu oben angeführte Personalien an.
Bei der Erstbefragung gab die beschwerdeführende Partei an, dass sie aus ihrer Heimat kommend zunächst in die Türkei gereist wo sie für 2 Jahre gelebt habe. Von dort sei sie schlepperunterstützt und illegal nach Griechenland gelangt. Dort sei sie registriert worden und wäre in Folge über Mazedonien und Serbien illegal weiter nach Ungarn gefahren. In Ungarn sei sie in Ungarn aufgegriffen und registriert und anschließend in ein Lager gebracht worden. Nachdem sie nach 8 Stunden wieder freigelassen worden wäre, hätte sie sich in Folge wiederum illegal weiter nach Österreich begeben. Sie wolle nicht mehr nach Ungarn zurück. Dort hätte die Polizei sie geschlagen. Befragt zu den Gründen für das Verlassen ihrer Heimat führte die beschwerdeführende Partei aus, dass sie ein großes Problem habe. Sie sei geschlechtlich weder ein Mann, noch eine Frau. Sie schäme sich dafür. Sie habe kaum einen Penis. In Afghanistan hätte ihre Familie sie zu heiraten zwingen wollen. Da sie wussten, dass sie nicht heiraten könne, sei sie eine Schande für die Familie gewesen. Daraufhin hätte die Familie sie umbringen wollen und ihre Cousins hätten sie vergewaltigt. Deshalb habe sie ihre Heimat verlassen.
Eine durchgeführte Eurodac - Abfrage ergab hinsichtlich der beschwerdeführenden Partei einen Kategorie 2 von Griechenland vom 19.11.2014, sowie einen Kategorie 2 und einen Kategorie 1 Treffer von Ungarn am 31.12.2014.
Aufgrund der Angaben der beschwerdeführenden Partei zu ihrem Reiseweg und der unzweifelhaften Eurodac - Treffer leitete das Bundesamt ein Konsultationsverfahren mit Ungarn ein. Dies wurde der beschwerdeführenden Partei mit Mitteilung gem. §29 Absatz , AsylG zur Kenntnis gebracht.
Mit Schreiben vom 17.02.2015 stimmten die ungarischen Behörden ausdrücklich der Übernahme der beschwerdeführenden Partei gem. Artikel 18, Absatz eins, (b) Dublin römisch III - VO zu und teilten mit, dass die beschwerdeführende Partei in Ungarn um Asyl angesucht hätte.
Bei der am 19.02.2015 nach Inanspruchnahme einer Rechtsberatung durchgeführten Einvernahme der beschwerdeführenden Partei durch das BFA brachte diese zunächst vor der Einvernahme folgen zu können. Befragt zum gesundheitlichen Zustand führte die beschwerdeführende Partei aus, dass sie sei ca. sechseinhalb Jahren unter psychischen Problemen leide, da sie sich Sorgen über ihre Zukunft mache. Sie wäre bei einem Arzt gewesen und müsse nun Tabletten und Beruhigungsmittel einnehmen. Sie hätte jedoch diesbezüglich keine weiteren ärztlichen Unterlagen. Der Einholung weiterer medizinischer Unterlagen seitens des Bundesamtes wurde zugestimmt. Weiters wurde ausgeführt, dass in Österreich keine näheren Verwandten leben würden. Die Angaben zum Reiseweg würden der Wahrheit entsprechen. Befragt zum beabsichtigten weiteren Vorgehen der Behörde, bzw. von der Annahme der Zuständigkeit Ungarns für gegenständliches Verfahren führte die beschwerdeführende Partei aus, dass sie nicht nach Ungarn zurück fahren werde. Dies, da sie dort nicht um Asyl angesucht habe. Die Behörden in Ungarn hätten ihr Unterlagen vorgelegt, die sie nicht verstanden hätte, jedoch unterschrieben habe. Sie hätte in Ungarn auch angegeben, dass ihre Frau und Kinder sich in Österreich befinden würden, nur um nicht in Ungarn bleiben zu müssen. Das Zielland sei immer schon Österreich gewesen. Befragt zu konkreten Vorfällen in Ungarn führte die beschwerdeführende Partei aus, dass das Verhalten der Polizei in Ungarn im Allgemeinen sehr schlecht gewesen wäre. Persönlich wäre sie nicht geschlagen worden. Nochmals nachgefragt, führte sie aus, dass sie persönlich keine Probleme in Ungarn gehabt habe. Sie hätte jedoch gesehen, dass sie Polizei andere Personen schlagen würde. Belehrt über die Möglichkeit die Länderfeststellungen zu Ungarn übersetzt zu bekommen, führte sie aus, dass sie dies nicht wolle. Sie wolle nichts mit Ungarn zu tun haben. Sonstige Ausführungen wurden nicht erstattet. Abschließend wurde seitens der beschwerdeführenden Partei ausgeführt, dass sie nun beginnen wolle ihre medizinischen Angelegenheiten zu erledigen.
Am 15.04.2015 nahm die beschwerdeführende Partei 6 Tabletten Trittico 150 mg und 6 Tabletten Dominal 80 mg ein. Nach Aufnahme in das LK römisch 40 wurde hierzu festgestellt, dass hierdurch der toxische Bereich nach Abklärung nicht erreicht wurde. In Folge wurde am selben Tag die beschwerdeführende Partei in das KH römisch 40 stationär überstellt um abzuklären, ob die Medikamentenintoxination in suspekter suizidaler Absicht erfolgt sei.
Am 16.04.2015 wurde eine Überweisung eines Facharztes für Haut und Geschlechtskrankheiten übermittelt.
Im Kurzarztbrief des KH XXXXvom 18.05.2015 wurde aufgrund der Einweisung wegen des Verdachtes auf SMV am 14.04.2015 festgehalten, dass seitens der beschwerdeführenden Partei vor Allem eine "Anpassungsstörung mit längerer depressiver Reaktion bestehen würde. Eine medikamentöse Therapie bzw. hinsichtlich der vorliegenden Kopfschmerzen eine neurologische Abklärung im niedergelassenen Bereich wären zu empfehlen. Zudem würde eine Einzelunterbringung empfohlen werden. Eine Kontrolle und eine Wiederbestellung würde verneint werden.
Am 10.06.2015 beauftragte das BFA eine Bundabklärung durch eine Ärztin. Diese ergab, dass aufgrund der bereits vorgenommenen Selbstschädigungen nicht ausgeschlossen werden könne, dass ein solches Verhalten nicht noch einmal gesetzt werden würde. Jedoch könne gegenwärtig eine Überstellung momentan aus ärztlicher Sicht erfolgen. Auf die Mitführung der verschriebenen Medikamente sei zu achten. Auch müsse im Ausland der Zugang zur entsprechenden medizinischen Kontrollen möglich sein.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde römisch eins. der Antrag der beschwerdeführenden Partei auf internationalen Schutz gemäß Paragraph 5, Absatz eins, AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass Ungarn gemäß Artikel 18, Absatz eins, (b) der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates) zur Prüfung des Antrages zuständig sei, sowie römisch II. gemäß Paragraph 61, Absatz eins, Fremdenpolizeigesetz, Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 100 aus 2005, (FPG) idgF die Außerlandesbringung des Antragstellers angeordnet und festgestellt, dass demzufolge gem. Paragraph 61, Absatz 2, FPG dessen Abschiebung nach Ungarn zulässig sei.
Dieser Bescheid legt in seiner Begründung insbesondere auch ausführlich dar, dass in dem zuständigen Mitgliedstaat die Praxis der asylrechtlichen und subsidiären Schutzgewährung sowie die Grund- und Gesundheitsversorgung unbedenklich sind und den Grundsätzen des Unionsrechts genügen. Im Einzelnen lauten die Länderfeststellungen folgendermaßen (unkorrigiert, gekürzt durch das Bundesverwaltungsgericht):
"Allgemeines zum Asylverfahren
...
Das Büro für Immigration und Nationalität (Office of Immigration and Nationality, OIN; ungarisch: Bevándorlási és Állampolgársági Hivatal, BAH) hat die Verantwortung für Entscheidungen in Asylverfahren und das Management der Unterbringungszentren. Es untersteht dem ungarischen Innenministerium ...
Asylverfahren
Asyl kann an der Grenze oder im Land beantragt werden. Das Verfahren beginnt mit der persönlichen Einbringung des Asylantrags vor dem BAH. Im Zulassungsverfahren wird geklärt, ob Ungarn oder ein anderer Dublin-Staat für das Verfahren zuständig ist. Ein Interview unter Anwesenheit eines Übersetzers ist vorgesehen. Auch die Unterbringung des Asylwerbers (AW) in einem offenen Zentrum oder in asylrechtlicher Haft wird entschieden. Das Zulassungsverfahren soll binnen 30 Tagen (am Flughafen in 8 Tagen) abgeschlossen sein. Wird der Antrag für unzulässig oder offensichtlich unbegründet befunden und somit nicht zum inhaltlichen Verfahren zugelassen, ist binnen 3 Tagen Beschwerde vor dem zuständigen Gericht möglich. Die Beschwerde hat aufschiebende Wirkung. Das inhaltliche Verfahren soll binnen 2 Monaten abgeschlossen sein. Gegen eine negative Entscheidung des BAH im inhaltlichen Verfahren ist binnen 8 Tagen Beschwerde vor dem zuständigen Gericht möglich. Die Beschwerde hat aufschiebende Wirkung. Das Gericht hat binnen 60 Tagen zu entscheiden, in der Praxis dauert es aber mehrere Monate bis zu einer Entscheidung. Auch während des inhaltlichen Verfahrens kann der AW offen oder in Asylhaft untergebracht werden, wenn Gründe dafür vorliegen. (AIDA 30.4.2014)
Wenn ein AW seinen Antrag am Flughafen, vor Betreten ungarischen Territoriums einbringt, wird er im Transitbereich des Flughafens untergebracht. Das Vorverfahren verkürzt sich auf 8 Tage. Sind diese verstrichen oder wird der Antrag zugelassen, wird dem AW das Betreten ungarischen Territoriums erlaubt. Ist der AW vulnerabel, gelten die Bestimmungen für das Flughafenverfahren nicht (auch nicht für Familienmitglieder). (Asylgesetz 2007 24.12.2010, Artikel 72, / Regierungserlass 290/2010, Artikel 97,)
Jeder bedürftige Asylwerber hat gesetzlichen Anspruch auf kostenlose Rechtsberatung. Diese wird von NGOs oder von staatlicher Seite geleistet. Der Nachweis der Bedürftigkeit erfolgt durch Eigendeklaration. Die rechtliche Vertretung im Verfahren ist davon nicht umfasst. In der Beschwerdephase gegen eine negative Entscheidung der ersten Instanz im Asylverfahren ist Rechtshilfe vorgesehen. Sie wird von Anwälten, NGOs oder staatlichen Stellen geleistet. Obwohl diese Möglichkeit seit 2004 offensteht, haben sie nur wenige AW wahrgenommen. Die Gründe dafür sind hauptsächlich Unwissenheit bzw. fehlende Übernahme von Übersetzungskosten. Seit Anfang 2013 gibt es ein Projekt des staatlichen Rechtshilfedienstes unter Förderung durch den Europäischen Flüchtlingsfonds. 2013 soll es in 312 Fällen Rechtsberatung und in 155 Fällen Rechtsvertretung für AW geleistet haben. Für Anwälte soll die geringe finanzielle Entschädigung bei Rechtshilfe für AW ein gewisser negativer Anreiz sein. (AIDA 30.4.2014) NGOs, welche kostenlose Rechtshilfe anbieten, sind u.a. HHC, Mahatma Gandhi Association usw. (VB 10.5.2014) Anwälte besuchen im Auftrag von HHC weiterhin wöchentlich alle Unterbringungs- und Asylhaftzentren und bieten dort rechtliche Unterstützung an. (AIDA 30.4.2014; vergleiche auch HHC 5.2014) HHC hat 2013 1.126 AW rechtliche Hilfe angedeihen lassen. (AIDA 30.4.2014)
Fremdenpolizeiliche Haft
Für fremdenpolizeiliche Maßnahmen (Aufgriff und Verhaftung illegaler Migranten, Rückführungen) ist in Ungarn die Aliens Policing Unit der ungarischen Polizei zuständig. Die Polizei kann einen Ausländer für bis zu 72 Stunden inhaftieren, danach kann ein Gericht die Haftdauer um jeweils 30 Tage bis zu insgesamt einem Jahr verlängern. Ein Ausländer muss aus der Haft entlassen werden, wenn die Rückführung auch so gesichert ist; wenn es offensichtlich wird, dass die Rückführung nicht durchgeführt werden kann (dann ist er in einer festgelegten offenen oder privaten Unterkunft unterzubringen); bzw. wenn die maximale Haftdauer von 12 Monaten erreicht ist. Minderjährige können nicht inhaftiert werden. Familien mit minderjährigen Kindern dürfen als letztes Mittel für maximal 30 Tage inhaftiert werden. (Info Stdok 5.2012)
Die Polizei verfügt über fremdenpolizeiliche Haftzentren in Györ, Budapest Airport, Nyírbátor und Kishkunhalas. Dort sind Psychologen der NGO Menedék verfügbar und es gibt damit gute Erfahrungen. (HHC 5.2014)
Asylrechtliche Haft
Mitte 2013 entschied sich die ungarische Regierung, das Asylrecht anzupassen und neben der fremdenpolizeilichen auch eine asylrechtliche Haft zu schaffen. Die Änderungen des ungarischen Asylgesetzes ab dem 1.7.2013 betreffen die Neuregelung der Inhaftierung von AW in folgenden Fällen:
a) bei ungeklärter Identität und Nationalität
b) wenn ein AW sich versteckt oder das Verfahren sonstwie behindert hat
c) wenn die begründete Annahme besteht, dass der AW das Asylverfahren verzögern oder sich diesem entziehen wird
d) wenn die Haft notwendig ist zum Schutz der nat. Sicherheit, der öffentlichen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung (weil der AW in ernster Weise oder mehrfach die Hausordnung des festgelegten Ortes des verpflichtenden Aufenthalts verletzt hat)
e) bei einem Antrag am Flughafen
f) wenn der AW das Dublin-Verfahren behindert, weil er nicht zu Ladungen erschienen ist.
Die Haft kann zuerst für 72 Stunden verhängt werden. Binnen der ersten 24 Stunden kann BAH die Verlängerung beim zuständigen Bezirksgericht beantragen. Das Gericht kann aufgrund dessen die Haft jeweils um max. 60 Tage verlängern, bis zu einer Maximaldauer von 6 Monaten. BAH muss die Verlängerungsanträge begründen. Eine persönliche Anhörung des Inhaftierten hat bei der ersten Verlängerung zwingend zu erfolgen, bei allen weiteren Verlängerungen kann diese auf Antrag des AW erfolgen. Haft von unbegleiteten Minderjährigen darf nicht angeordnet werden. (UNHCR 12.4.2013 vergleiche auch: AIDA 30.4.2014) Die asylrechtliche Haft für Familien mit Kindern (als letztes Mittel unter Bedachtnahme auf das beste Interesse des Kindes) ist grundsätzlich für max. 30 Tage erlaubt, wird aber in der Praxis nicht mehr angewendet. Alleinstehende Frauen werden auch nicht mehr inhaftiert. (AIDA 30.4.2014)
Gegen die Anordnung der asylrechtlichen Haft gibt es kein Rechtsmittel. Die Rechtmäßigkeit der Haft kann nur durch die regelmäßige richterliche Kontrolle überprüft werden. Die erste richterliche Überprüfung findet, wie oben beschrieben, nach 3 Tagen statt, danach in 60-Tages-Intervallen. Diese Intervalle kritisiert HHC als zu lang. Eine Auswertung von 64 Gerichtsentscheidungen zur Verlängerung der Asylhaft (gefällt zwischen 4.10.2013 und 21.2.2014) veranlasste HHC, die richterliche Aufsicht als ineffektiv zu bezeichnen. Die Entscheidungen seien schematisch und es fehle ihnen die individualisierte Abwägung der Haftgründe bzw. der individuellen Situation (z. B. Vulnerabilität). Laut HHC soll aber die Kuria (ungarisches Höchstgericht) eine Arbeitsgruppe zur Untersuchung dieser Praxis eingesetzt haben, anhand von deren Ergebnissen Empfehlungen ausgearbeitet werden sollen. (HHC 5.2014) BAH selbst verfügt zwar über keine Statistiken hierzu, führt aber aus, dass die zuständigen Gerichte "recht häufig" nicht mit BAH übereinstimmen würden und die Haft beenden oder für einen kürzeren Zeitraum als den von BAH geforderten anordnen. Die Behauptung, die Haftverlängerungen wären ein Automatismus, bezeichnet BAH jedenfalls als unwahr. (VB 10.7.2014)
Betroffene können Beschwerde bezüglich der asylrechtlichen Haft einlegen, wenn BAH gewisse Pflichten verletzt hat (Information über Rechte/Pflichten in verständlicher Sprache; Unterbringung für abhängige Angehörige des zu Inhaftierenden; Einhaltung d. Haftbedingungen usw.). Über diese Beschwerde hat das zuständige Wohnsitzgericht binnen 8 Tagen zu entscheiden. (UNHCR 12.4.2013)
Um die praktischen Auswirkungen der Asylhaft auf Personen einschätzen zu können, die im Rahmen der Dublin-VO aus Österreich nach Ungarn zurückkehren, wurde mit den ungarischen Behörden ein Monitoring von 15 Fällen vereinbart. Von Interesse waren bei diesem Monitoring insbesondere die Punkte: Art der Unterbringung nach Überstellung (offene Unterbringung oder Haft); Zugang zum Asylverfahren; im Falle von Haft, deren Gründe und Zugang zu Rechtsschutz. Im Zeitraum zwischen 1. und 29. Juli 2013 wurden 15 ausgewählte Fälle (betreffend 16 Personen) von Österreich nach Ungarn überstellt. Es handelte es sich bei den überstellten Personen um 12 erwachsene Männer, zwei erwachsene Frauen und einen Vater mit minderjährigem Sohn. Zugang zum Asylverfahren/Zugang zu Rechtsschutz war nach Angaben des BAH für alle gesichert. Über 3 der Rückkehrer wurde die neu geschaffene asylrechtliche Haft verhängt. Mit Stand 19.9.2013 war noch 1 Person mit anhängigem Asylverfahren in asylrechtlicher Haft. Die anderen hatten ihren Antrag zurückgezogen und wurden nach Serbien abgeschoben. In offener Unterbringung befanden sich noch 3 von ursprünglich 8 Personen. Von diesen dreien hatte eine ein noch nicht rechtskräftig eingestelltes Verfahren, eine weitere eine anhängige Beschwerde und die dritte Person (die Frau) ein anhängiges fremdenpolizeiliches Verfahren. Die anderen 5 Personen waren unbekannten Aufenthalts. Sie hatten das Zentrum Debrecen verlassen, weswegen 4 dieser Verfahren eingestellt wurden, ein Verfahren befand sich im Stadium einer anhängigen Beschwerde. Insgesamt wurden 5 Personen nach Serbien abgeschoben, 3 wegen zurückgezogener Anträge, 2 aus der fremdenpolizeilichen Haft heraus. Eine Person wurde wegen zurückgezogenen Antrags in den Kosovo abgeschoben. Eine Person ist freiwillig ausgereist. Vater und Sohn zählen zu jenen mit unbekanntem Aufenthalt, ihre Verfahren wurden eingestellt. (BAA 19.9.2013)
Laut Entscheidung des Verwaltungsgerichtes Würzburg sind keine systemischen Mängel der Asylpraxis Ungarns festzustellen. Aus der im Juli 2013 in Kraft getretenen Gesetzesänderung, wonach die Inhaftierung von Asylwerbern für bis zu sechs Monate möglich ist, folgen keine systemischen Mängel. Die Haftgründe entsprechen ganz überwiegend denen des Artikel 8, römisch III RL 2013/33/EU. (BAMF 16.1.2014)
Nach Angaben der NGO Hungarian Helsinki Committee (HHC) wurde die Asylhaft zwischen 1.7.2013 und 17.4.2014 in 2.372 Fällen angewandt. Darin enthalten sind Mehrfachnennungen, denn es kam immer wieder vor, dass Personen aus verschiedenen Gründen aus der Asylhaft entlassen wurden und später erneut inhaftiert werden mussten, weil sie versuchten, das Land zu verlassen. Da Frauen und Familien mit Kindern kaum noch inhaftiert werden, folgert HHC, dass Asylhaft hauptsächlich erwachsene männliche AW betrifft, und bezweifelt anhand der Zahlen den Charakter der Asylhaft als ausnahmsweises Mittel.
...
Nach Eigenangaben des BAH wurde zwischen 1.7.2013 und 10.5.2014 die Asylhaft in 2.703 Fällen angewandt. Diese Zahl enthält ebenfalls mehrfach Inhaftierte. Im selben Zeitraum hatte Ungarn 10.651 Asylwerber zu verzeichnen, was eine Haftquote von 25-30% ergibt. BAH gibt an, dass sie rein rechtlich 90% der Antragsteller inhaftieren könnten, es aber nicht tun. Die Asylhaft ist eine Einzelfallentscheidung, aber der Herkunftsstaat ist ein wichtiger Faktor bei der Schutzentscheidung und spielt natürlich eine Rolle. Die meisten Inhaftierten sind aus Pakistan (591 Fälle), Kosovo (481), vorgeblich Afghanistan (417), Bangladesch (144), Algerien (136) und Senegal (109). (VB 10.5.2014)
Momentan gibt es drei permanente Asylhaftzentren in Ungarn. Békéscsaba (Kapazität: 185 Plätze), Debrecen (182) und Nyírbátor (105). Sie unterstehen dem BAH, das Wachpersonal stellt allerdings die Polizei (sogenannte Armed Security Guards, eine Art Hilfspolizisten, die unter Polizeiaufsicht agieren). Das Klima darin wird von HHC als "angespannt und niedergeschlagen" bezeichnet, ein Mangel an Beschäftigungsmöglichkeiten mache sich bemerkbar. Jedenfalls können sich die Asylwerber tagsüber frei im Zentrum bewegen und auch den Hof benützen, der in Békéscsaba und Nyírbátor auch sehr geräumig, in Debrecen hingegen klein und schlecht ausgestattet sei. Auch liegt das Asylhaftzentrum Debrecen inmitten des offenen AW-Unterbringungszentrums, was eher zur Frustration beitrage. In allen Asylhaftzentren gibt es Computerräume mit Internetzugang, die für Zeiträume von 20-30 Minuten genützt werden können. Es gibt TV-Geräte und das BAH beschäftigt Sozialarbeiter. Diese Maßnahmen würdigt HHC zwar, zeigt sich damit aber nicht zufrieden. Jedenfalls gibt es in den Zentren kein Problem mit Überbelegung, es gibt aber Beschwerden über hygienische Bedingungen in Debrecen und Nyírbátor. HHC nennt die Hafteinrichtungen für Vulnerable ungeeignet, es sei dort keine psychologische Betreuung verfügbar, im Gegensatz zu den fremdenpolizeilichen Haftzentren. (HHC 5.2014)
Alternativen zur Haft stehen zur Verfügung: Kaution, Ort des verpflichtenden Aufenthalts und Meldeauflagen. Die durchschnittliche Kaution betrug 1.000 Euro, wurde aber verdoppelt, weil immer noch viele versuchten, nach der Zahlung das Land zu verlassen. Seither wird die Kaution kaum mehr beantragt. Es gibt Kritik, Alternativen zur Haft würden aufgrund legislativer Schwächen nicht gut genug geprüft. (AIDA 30.4.2014)
Quellen
AIDA - Asylum Information Database of the European Council on Refugees and Exiles, Forum Refugiés-Cosi, the Hungarian Helsinki Committee and the Irish Refugee Council (30.4.2014): National Country Report Hungary ...;
Asylgesetz 2007 (24.12.2010): Act LXXX of 2007 on Asylum;
BAA Monitoringbericht (19.9.2013): Dublin-Rückkehrer in Ungarn und Anwendung der neugeschaffenen asylrechtlichen Haft 1.-29.7.2013;
BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (16.1.2014):
Entscheiderbrief 1/2014 ...;
EMN (4.2011): European Migration Network: ANNUAL POLICY REPORT 2010. Developments in Hungarian Migration and Asylum Policy 1 January 2010 - 31 December 2010 ...;
Eurostat (24.3.2014): Pressemitteilung 46/2014 ...;
Eurostat (22.3.2013): Pressemitteilung 48/2013 ...;
HHC - Hungarian Helsinki Committee (5.2014): Information Note on Asylum-seekers in Detention and in Dublin Procedures in Hungary ...;
Info der Staatendokumentation (5.2012): Ungarn: Ergebnisse der Konferenz über das ungarische Asyl- und Fremdenpolizeiwesen, 28.2.-2.3.2012;
Regierungserlass 290/2010 (römisch XII.21.) zu Gesetz XXXV/2010;
UNHCR (12.4.2013): UNHCR COMMENTS AND RECOMMENDATIONS ON THE DRAFT
MODIFICATION OF CERTAIN MIGRATION-RELATED LEGISLATIVE ACTS FOR THE
PURPOSE OF LEGAL HARMONISATION ...;
VB des BM.I in Ungarn (10.5.2014): Auskunft des VB, per E-Mail;
VB des BM.I in Ungarn (10.7.2014): Auskunft des VB, per E-Mail.
Dublin-Rückkehrer
Seit 1.1.2014 ist für Dublin-Rückkehrer die volle inhaltliche Prüfung ihres Antrags garantiert. (HHC 5.2014) Dublin-Rückkehrer werden nach dem "take back" automatisch als Asylwerber betrachtet. (VB 11.7.2014b) Wenn ihr vorheriges Verfahren noch läuft, sei es im Verwaltungsverfahren oder auf Ebene der Gerichte, wird es fortgesetzt. Ist die Entscheidung im früheren Verfahren endgültig geworden (weil der Erstantrag schriftlich zurückgezogen wurde; gegen eine negative Entscheidung im Zulassungs- oder Asylverfahren kein Rechtsmittel eingelegt wurde; oder wegen negativer Entscheidung der 2. Instanz (HHC 5.2014)), werden Rückkehrer in "take back"-Fällen als Folgeantragsteller betrachtet. (VB 11.7.2014b) Diese Folgeanträge müssen neue Elemente enthalten, um zulässig zu sein, außer der Erstantrag wurde schriftlich zurückgezogen, bevor eine Entscheidung gefällt wurde. (HHC 5.2014) Wenn das Erstverfahren abgebrochen wurde, weil der AW den Erstantrag schriftlich oder stillschweigend zurückgezogen hat, und der Folgeantrag als unzulässig oder offensichtlich unbegründet befunden wird, hat eine Beschwerde gegen diese Entscheidung (binnen 3 Tagen beim zuständigen Gericht, zu entscheiden binnen 8 Tagen (AIDA 30.4.2014)) keine aufschiebende Wirkung auf eine Außerlandesbringung. (HHC 5.2014) Es ist nicht eindeutig geregelt, worin "neue Elemente" bestehen, das ist jedoch angeblich kein großes Problem, da die meisten AW mit neuen Informationen über Verwandte oder das Herkunftsland zum inhaltlichen Verfahren zugelassen werden. (AIDA 30.4.2014)
Dublin-Rückkehrer, die als Folgeantragsteller gelten, haben in bestimmten Konstellationen (z. B. Folgeantrag unzulässig oder offensichtlich unbegründet), nicht denselben Zugang zu Versorgung wie andere AW. Sie werden in der Regel bis zu 2 Monate in der Gemeinschaftsunterkunft Balassagyarmat untergebracht. Laut HHC kann ihnen nach diesen 2 Monaten Obdachlosigkeit drohen. (HHC 5.2014) Seit November 2012 ist in Balassagyarmat jede zweite Woche ein HHC-Rechtsberater anwesend. (AIDA 30.4.2014)
Die Bestimmungen der Asylhaft sind auch auf Dublin-Rückkehrer anwendbar. (HHC 5.2014)
BAH ist es möglich, in einem Asylverfahren eine Entscheidung in Abwesenheit zu fällen, wenn sich der AW dem Verfahren entzogen hat und BAH über genügend Material für eine inhaltliche Entscheidung verfügt. BAH bezieht sich dabei auf die EU-RL 2005/85/EC (Artikel 20, para 1.; 2013/32/EU Artikel 28, para 1.). (VB 11.7.2014b) Ein Folgeantrag würde in diesem Fall neue Elemente verlangen. (HHC 5.2014)
Ist die Rechtsmittelfrist gegen eine negative Entscheidung des BAH verstrichen, ist auch nach Dublin-Rückkehr keine Beschwerde mehr möglich. (VB 11.7.2014b) HHC kritisiert, dass diese Praxis bei einer in Abwesenheit ergangenen zurückweisenden Entscheidung einen Bruch der Dublin-III-VO darstellen würde. (HHC 5.2014) BAH hingegen sieht sich auch hier in Übereinstimmung mit der EU-RL 2005/85/EC (2005/85/EC Artikel 39, para 2.; 2013/32/EU Artikel 46, para 4.) und bestreitet eine Verletzung der Dublin-III-VO. (VB 11.7.2014b)
Im Fall Mohammadi vs. Austria kommt der Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in seinem Urteil vom 3.7.2014 zu dem Schluss, dass die Länderberichte bezüglich der Situation von Asylwerbern in Ungarn keine systematischen Defizite im ungarischen Asylsystem feststellen konnten. Außerdem hat es in der jüngsten Vergangenheit Verbesserungen der Bedingungen für Asylwerber gegeben. Das Gericht entschied daher, dass im Falle einer Überstellung nach Ungarn keine Gefahr einer Verletzung von Artikel 3, EMRK besteht. (EGMR 3.7.2014)
Quellen
AIDA - Asylum Information Database of the European Council on Refugees and Exiles, Forum Refugiés-Cosi, the Hungarian Helsinki Committee and the Irish Refugee Council (30.4.2014): National Country Report Hungary ...;
EGMR - Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte (3.7.2014): CASE OF MOHAMMADI v. AUSTRIA (Application no. 71932/12) JUDGMENT ...;
HHC - Hungarian Helsinki Committee (5.2014): Information Note on Asylum-seekers in Detention and in Dublin Procedures in Hungary ...;
VB des BM.I in Ungarn (11.7.2014b): Auskunft des VB, per E-Mail.
Non-Refoulement
Ungarn gewährt in der Praxis Schutz vor Ausweisung bzw. Rückkehr von Flüchtlingen in Länder, in denen ihr Leben oder ihre Freiheit aufgrund von Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe oder politischer Gesinnung bedroht wäre. (USDOS 19.4.2013)
Gemäß dem Gesetz (Act römisch II of 2007) kann eine Rückführung in Länder, die nicht als sichere Herkunfts- bzw. Drittländer (in Übereinstimmung mit dem Non-Refoulement-Prinzip) gelten, weder angeordnet noch durchgeführt werden. Die Übereinstimmung mit diesem Prinzip und der Zugang zum Asylverfahren werden regelmäßig vom ungarischen Helsinki Komitee überwacht. Dies geschieht aufgrund einer sog. "Drei-Parteien-Grenzüberwachungs-Vereinbarung" zwischen der ungarischen Polizei, der UNHCR Regionalrepräsentation in Mitteleuropa und dem Helsinki Komitee. (UN 14.9.2011)
Eine Ausweisungsverfügung bzw. Abschiebemaßnahmen können gem. Paragraph 51, Absatz eins, i. römisch fünf. m. Paragraph 52, Absatz eins, des ungarischen Ausländergesetzes (Act römisch II of 2007) nur unter Beachtung des Non-Refoulement-Gebotes erlassen werden. Insoweit ist durch die ungarische Fremdenpolizei eine vorherige Stellungnahme der Asylbehörde einzuholen, ob im konkreten Einzelfall im Falle einer Abschiebung das Non-Refoulement-Gebot verletzt sein könnte. (VB 13.9.2012)
Quellen
UN - United Nations General Assembly, Human Rights Council, 18th session (14.9.2011): Report of the Working Group on the Universal Periodic Review, Hungary, Addendum, Views on conclusions and/or recommendations, voluntary commitments and replies presented by the State under review ...;
USDOS - US Department of State (19.4.2013): Country Report on Human Rights Practices 2012 - Hungary...;
VB des BM.I in Ungarn (13.9.2012): Auskunft des VB, per E-Mail.
Versorgung
Asylwerber sind ab Antragstellung bis zur rechtskräftig abschließenden Entscheidung in ihrem Asylverfahren zur materiellen Versorgung berechtigt. Diese Versorgung besteht aus Unterbringung, Verpflegung oder Geld zur Selbstverpflegung, monatlicher Zuwendung für den Kauf von Hygieneartikeln und ab Zulassung zum inhaltlichen Verfahren Taschengeld. Für bedürftige AW ist das alles kostenlos, AW mit Geldmitteln oder Jobs können zur teilweisen oder vollständigen Übernahme der Kosten verpflichtet werden. Es gibt keine Berichte, dass Asylwerbern der Zugang zur Versorgung in der Praxis verweigert worden wäre. (AIDA 30.4.2014)
Quellen
AIDA - Asylum Information Database of the European Council on Refugees and Exiles, Forum Refugiés-Cosi, the Hungarian Helsinki Committee and the Irish Refugee Council (30.4.2014): National Country Report Hungary ...
Unterbringung
Laut Angaben des BAH haben im ersten Halbjahr 2014 2.866 Personen ihre Unterbringungszentren mit unbekanntem Ziel verlassen. Nicht umfasst ist die private Unterbringung. Auch müssen nicht notgedrungen alle Personen, die ein Zentrum verlassen, auch das Land verlassen. (VB 11.7.2014a)
In Ungarn gibt es mit Stand April 2014 4 offene Unterbringungszentren und 2 Zentren für UMA:
1. Unterbringungszentrum Debrecen: das größte Zentrum. Kapazität:
773 Plätze.
2. Gemeinschaftsunterkunft Balassagyarmat: für Folgeantragsteller, Tolerierte, Personen im fremdenrechtlichen Verfahren, usw. neuerdings auch Erstantragsteller und Schutzberechtigte. Kapazität:
111 Plätze.
3. Pre-integration Center Bicske: neuerdings mehr und mehr ein Unterbringungszentrum für AW. Kapazität: 464 Plätze.
4. Unterbringungszentrum Vámosszabadi: das neueste Zentrum (eröffnet August 2013). Kapazität: 200 Plätze.
Die Zentren unterstehen dem BAH. NGOs, die mit dem BAH kooperieren und Dienstleistungen in den Zentren anbieten, werden von BAH koordiniert. Es ist noch nicht vorgekommen, dass AW wegen Platzmangels obdachlos geworden wären; auch im Falle von Überbelegung bekommt jeder ein eigenes Bett. Vulnerable werden nach Möglichkeit gesondert untergebracht. Familien werden in eigenen Zimmern untergebracht. Unbegleitete Minderjährige werden entweder im Kinderheim in Fót, dessen Kapazität bei 56 Plätzen liegt, oder in Hódmezovásárhely untergebracht, wo eine katholische Wohltätigkeitsorganisation eine Unterkunft mit 18 Plätzen betreibt. Dort sind soziale und psychologische Dienste verfügbar. (AIDA 30.4.2014)
In den Zentren erhalten die Untergebrachten 3 Mahlzeiten am Tag, in Debrecen und Bicske alternativ auch eine Essenszulage. Es kann überall selbst gekocht werden, religiöse Essensvorschriften werden beachtet. Die Verhältnisse sind sauber. Sozialarbeiter organisieren Freizeitaktivitäten. Jede Einrichtung verfügt über Computer, Gemeinschaftsräume, Sportplätze, manche auch über einen Spielplatz. Die AW können, wann immer sie wollen, ins Freie gehen. AW können sich auf eigene Kosten privat unterbringen, verlieren dann aber die meisten materiellen Zuwendungen der Versorgung. (AIDA 30.4.2014)
Quellen
AIDA - Asylum Information Database of the European Council on Refugees and Exiles, Forum Refugiés-Cosi, the Hungarian Helsinki Committee and the Irish Refugee Council (30.4.2014): National Country Report Hungary ...;
VB des BM.I in Ungarn (11.7.2014a): Auskunft des VB, per E-Mail.
Medizinische Versorgung
Medizinische Dienste sind in jedem Unterbringungszentrum verfügbar. Mehrmals wöchentlich sind Ärzte anwesend, eine Krankenschwester täglich. Die Untergebrachten beschweren sich jedoch über Verständigungsschwierigkeiten mit dem medizinischen Personal. Es besteht grundsätzlich ein Recht auf Behandlung durch einen Allgemeinmediziner. Spezialbehandlungen werden in umliegenden Spitälern durchgeführt - kostenlos nur im Notfall und wenn von einem Allgemeinmediziner überwiesen. Auch dort gibt es Verständigungsprobleme. In Bicske und Vámosszabadi ist der Mangel an medizinischer Betreuung am Wochenende ein Problem. Es ist die Verantwortung von BAH, Personen mit besonderen Bedürfnissen (Vulnerablen) die geeignete Betreuung zukommen zu lassen. Sie haben das Recht auf zusätzliche kostenlose medizinische Hilfe, Rehabilitation, psychologische oder psychotherapeutische Behandlung usw., die nach Einschätzung eines Experten nötig ist. Es gibt die Möglichkeit, Ärzte oder Psychologen beizuziehen. In Vámosszabadi gibt es keine psychologische Unterstützung. Im Zentrum Debrecen gibt es einen eigenen Flügel für Traumatisierte. Psychologische Betreuung und Psychotherapie für Traumatisierte wird von der NGO Cordelia im Rahmen eines EFF-Projekts in Debrecen und Bicske bereitgestellt. Cordelia arbeitet mit verbaler, non-verbaler, individueller oder Familien- bzw. Gruppentherapie, psychologischer und sozialer Beratung. (AIDA 30.4.2014)
In seinem Bericht Hungary as a Country of Asylum sagte UNHCR, dass in Debrecen und Balassagyarmat fachärztliche Betreuung, etwa durch Dermatologen, nicht erhältlich, sowie Zahnbehandlung sehr teuer sei. In Balassagyarmat war im Rahmen eines Besuches ein Aushang zu sehen, auf dem sich Asylwerber für den nächsten Zahnarzttermin eintragen konnten. Hinweise zu etwaigen Kosten der Behandlung konnten nicht wahrgenommen werden. (Info Stdok 5.2012 / UNHCR 24.4.2012)
Die kostenlose Gesundheitsversorgung beinhaltet bei Krankheit zunächst die Versorgung durch einen Allgemeinmediziner und, wenn dieser eine entsprechende Überweisung ausstellt, auch die Versorgung in Polikliniken oder Krankenhäusern. Hierbei handelt es sich um Ausnahmefälle, in denen eine adäquate Versorgung innerhalb der Aufnahmeeinrichtung nicht sichergestellt werden kann. In Notfällen werden Patienten auch direkt in Kliniken aufgenommen. Notwendige Medikamente erhält ein Patient ebenfalls kostenfrei. Zahnarztbehandlungen werden in Notfällen gewährt. (BT 2.3.2012)
Eine wichtige Rolle bei der Versorgung psychisch kranker Asylwerber spielt die ungarische Nichtregierungsorganisation Cordelia Foundation. Diese stellte im Jahr 2009 850 gefolterten und/oder traumatisierten Asylwerbern psychiatrische und psychosoziale Hilfe zur Verfügung. Die Cordelia Foundation verfügt über mehrere Psychiater (inkl. einen Kinderpsychiater), Psychologen, Sozialarbeiter, Übersetzer usw., die in einem "rehabilitation team" von 11 Personen mit den Traumatisierten in mehreren Zentren des BAH arbeiten. (Cordelia 31.5.2010, vergleiche Pro Asyl 10.2013)
Quellen
AIDA - Asylum Information Database of the European Council on Refugees and Exiles, Forum Refugiés-Cosi, the Hungarian Helsinki Committee and the Irish Refugee Council (30.4.2014): National Country Report Hungary ...;
BT - Deutscher Bundestag (2.3.2012): Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage mehrerer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE;
Drucksache 17/8653; Überstellung von Asylsuchenden im Dublin-Verfahren nach Ungarn trotz drohender Inhaftierung und Abschiebung vor Ende des Asylverfahrens;
Cordelia Foundation for the Rehabilitation of Torture Victims (31.5.2010): Report on Public Interest, 1 January 2009 - 31 December 2009 ...;
Info der Staatendokumentation (5.2012): Ungarn: Ergebnisse der Konferenz über das ungarische Asyl- und Fremdenpolizeiwesen, 28.2.-2.3.2012;
Pro Asyl (10.2013): Ungarn: Flüchtlinge zwischen Haft und Obdachlosigkeit. Aktualisierung und Ergänzung des Berichts vom März 2012 ...;
UNHCR (24.4.2012): Hungary as a country of asylum. Observations on the situation of asylum-seekers and refugees in Hungary ..."
Beweiswürdigend wurde im Wesentlichen ausgeführt, aus den Angaben der beschwerdeführenden Partei würden sich keine stichhaltigen Gründe für die Annahme ergeben, dass sie tatsächlich konkret Gefahr liefe, in Ungarn Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen zu werden oder ihr eine Verletzung seiner durch Artikel 3, EMRK gewährleisteten Rechte dadurch drohen könnte. Die beschwerdeführende Partei leide insbesondere an keiner schweren körperlichen oder ansteckenden Krankheit und hätte auch keine schwere psychische Störung, die bei einer Überstellung eine unzumutbare Verschlechterung des Gesundheitszustandes bewirken würde. Die medizinische Versorgung in Ungarn wäre gesichert. Insbesondere wäre gegenwärtig nicht vom Vorliegen einer schweren und akuten psychischen Beeinträchtung der beschwerdeführenden Partei auszugehen, die eine Überstellung als unzulässigen Eingriff in durch Artikel 3, EMRK geschützte Rechte erscheinen lassen könnte. Ebenso könne nicht festgestellt werden, dass die Überstellung nach Ungarn eine Verletzung von Artikel 8, EMRK bedeuten würde.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, zeitgerecht erhobenen, Beschwerde, in welcher im Wesentlichen ausgeführt wird, dass der gegenständliche Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften angefochten werden würde. Es wären die Anträge zu stellen, den gegenständlichen Bescheid zu beheben und gegenständliches Verfahren in Österreich zuzulassen, die ausgesprochene Anordnung zur Außerlandesbringung zu beheben und der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, da eine Überstellung eine reale Gefahr der Verletzung von Artikel 3, EMRK bedeuten würde. Begründend wurde hierzu zusammenfassend ausgeführt, dass die Lage in Ungarn sich gegenwärtig besonders verschlimmert hätte. Es würden systemische Mängel im Verfahren, als auch in der notwendigen Versorgung der Antragsteller in Ungarn existieren. Zahlreiche deutsche Erkenntnisse würden hierauf Bezug nehmen und Überstellungen nach Ungarn aufgrund des Bestehens von dieserart systemischer Mängel als generell unzulässig erachten. Die Behörde hätte dem zu folgen somit zwingend von ihrem Selbsteintrittsrecht Gebrauch machen müssen. In einem dieser Beschwerde beigefügten handschriftlichen Schreiben der beschwerdeführenden Partei wurde ausgeführt, dass sie noch nicht genau wisse, welche gesundheitlichen Probleme sie genau habe. Sie wäre im April über eine längere Zeit, 31 Tage in stationärer Pflege gewesen. Aufgrund der Tatsache, dass sie keinen Dolmetscher hätte, wäre es ihr nicht möglich zu einem Arzt zu gehen. Sie selbst könne die Kosten für einen Dolmetscher nicht übernehmen. Österreich solle die gesamten Kosten übernehmen. Sie wolle nie Sozialhilfe in Anspruch nehmen. Sie werde in Zukunft arbeiten und sich selber erhalten und finanzieren. Ungarn sei kein Land in dem sie leben könne. Sie wolle dort nicht leben. Ungarn hätte ein großes Problem mit Drogen. Wenn sie nach Ungarn gehen müsste, dann würde sie drogenabhängig werden. Sie sei gezielt nach Österreich gefahren. Sie liebe Österreich, da dies ein Rechtsstaat sei. Flüchtlinge würde hier menschenwürdig behandelt. Sobald sie wieder gesund sei, könne sie arbeiten gehen. Sie habe Erfahrungen im technischen Bereich und könne diese nutzen. Sie könne als Schweißer, Bildhauer oder auch als Koch arbeiten. Sie beherrsche all diese Berufe. Sie hätte sieben Jahre lang nach Österreich reisen wollen. Vier Jahre wäre sie unterwegs gewesen. Sie hätte immer gewusst, dass sie Österreich erreichen würde. Sie würde ersuchen, dass sie in Österreich bleiben könne und nicht, dass mit ihrer Zukunft gespielt würde.
Mit Datum 22.07.2015 wurde gegenständliches Verfahren der Gerichtsabteilung W168 zugewiesen.
römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die beschwerdeführende Partei reiste illegal über mehrere Staaten, jedoch nachweislich über Ungarn, kommend in das österreichische Bundesgebiet ein und brachte in Folge den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz ein.
Es wird weiters festgestellt, dass die Zuständigkeit Ungarns durch die ausdrückliche Zustimmung gem. Artikel 18, Absatz eins, b Dublin römisch III VO nach Konsultierung unzweifelhaft ist. Für die Zuständigkeit eines anderen Mitgliedsstaates ergeben sich keine Hinweise.
Besondere in der Person der beschwerdeführenden Partei gelegene Gründe, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung in Ungarn sprechen, liegen nicht vor. Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich den Feststellungen des angefochtenen Bescheides zur Lage im Mitgliedstaat an.
Die beschwerdeführende Partei leidet an keinen akut lebensbedrohenden schweren Krankheiten. Sämtliche gesundheitlichen Beschwerden sind in Ungarn behandelbar. Eine entsprechende medizinische Versorgung und Behandlung der beschwerdeführenden Partei in Ungarn ist aufgrund der unzweifelhaften Ausführungen zum Gesundheitssystem in Ungarn unzweifelhaft gegeben.
Die beschwerdeführende Partei hat in Österreich keine nahen Verwandten oder Angehörige.
Besondere individuelle Gründe, die für ein Verbleiben der beschwerdeführenden Partei in Österreich sprechen, wurden während sämtlicher Befragungen und in der Beschwerde nicht vorgebracht.
2. Beweiswürdigung:
Die Gesamtsituation des Asylwesens im zuständigen Mitgliedstaat ergibt sich aus den umfangreichen und durch aktuelle Quellen belegten Länderfeststellungen des angefochtenen Bescheides, die auf alle entscheidungswesentlichen Fragen eingehen.
Die Feststellungen zum Reiseweg der Beschwerdeführer und zu ihrer Antragstellung in Ungarn ergeben sich aus dem eigenen Vorbringen in Zusammenhalt mit den vorliegenden Eurodac - Treffern, sowie aus dem Akteninhalt.
Die Feststellung bezüglich der Zustimmung Ungarns zur Wiederaufnahme der beschwerdeführenden Partei ergibt sich aus dem durchgeführten Konsultationsverfahren zwischen den österreichischen und den ungarischen Dublin-Behörden.
Die Feststellungen zum Gesundheitszustand ergeben sich aus der Aktenlage. Diesbezüglich wurde kein konkretes Vorbringen erstattet, welches geeignet wäre, zum gegenwärtigen Zeitpunkt den Schutzbereich des Artikel 3, EMRK zu tangieren. Insbesondere den Schlussfolgerungen der eingeholten ärztlichen Befundinterpretation vom 15.06.2015 zu folgen ist aktuell nicht vom Vorliegen einer Überstellungsfähigkeit aufgrund des gegenwärtigen Gesundheitszustandes auszugehen.
Die festgestellten, persönlichen Verhältnisse der beschwerdeführenden Partei ergeben sich aus ihren eigenen Angaben und der damit im Einklang stehenden Aktenlage.
Eine die beschwerdeführende Partei konkret treffende aktuelle und reale Bedrohungssituation in Ungarn wurde nicht ausreichend substantiiert vorgebracht.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Abweisung der Beschwerde:
Die gegenständliche Beschwerde ist nach dem 01.01.2014 beim Bundesverwaltungsgericht anhängig geworden, sodass insgesamt nach der Rechtslage ab diesem Tag vorzugehen ist.
Gemäß Paragraph 6, BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Paragraph eins, BFA-VG, BGBl römisch eins 2012/87 in der Fassung BGBl römisch eins 2013/144 bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und FPG bleiben unberührt. In Asylverfahren tritt das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl an die Stelle des Bundesasylamtes vergleiche Paragraph 75, Absatz 18, AsylG 2005 in der Fassung BGBl römisch eins 2013/144).
Das Asylgesetz 2005 (AsylG 2005) ist im vorliegenden Fall in der Fassung nach dem Bundesgesetz Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 144 aus 2013, anzuwenden. Die maßgeblichen Bestimmungen lauten:
"§ 5 (1) Ein nicht gemäß Paragraphen 4, oder 4a erledigter Antrag auf internationalen Schutz ist als unzulässig zurückzuwiesen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist. Mit der Zurückweisungsentscheidung ist auch festzuhalten, welcher Staat zuständig ist. Eine Zurückweisung des Antrages hat zu unterbleiben, wenn im Rahmen einer Prüfung des Paragraph 9, Absatz 2, BFA-VG festgestellt wird, dass eine mit der Zurückweisung verbundene Anordnung zur Außerlandesbringung zu einer Verletzung von Artikel 8, EMRK führen würde.
...
(3) Sofern nicht besondere Gründe, die in der Person des Asylwerbers gelegen sind, glaubhaft gemacht werden oder beim Bundesamt oder beim Bundesverwaltungsgericht offenkundig sind, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung sprechen, ist davon auszugehen, dass der Asylwerber in einem Staat nach Absatz eins, Schutz vor Verfolgung findet.
...
Paragraph 10, (1) Eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz ist mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn
1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß Paragraphen 4, oder 4a zurückgewiesen wird,
2. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß Paragraph 5, zurückgewiesen wird,
...
und in den Fällen der Z1 und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß Paragraph 57, nicht erteilt wird sowie in den Fällen der Z1 bis 5 kein Fall der Paragraphen 8, Absatz 3 a, oder 9 Absatz 2, vorliegt.
Paragraph 9, Absatz eins und 2 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 144 aus 2013, lautet:
"§ 9 (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß Paragraph 52, FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß Paragraph 61, FPG, eine Ausweisung gemäß Paragraph 66, FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß Paragraph 67, FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Artikel 8, Absatz 2, EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.
(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Artikel 8, EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:
1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war.
2: das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,
3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,
4. der Grad der Integration,
5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,
6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,
7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl- Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,
8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, indem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,
9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist."
Paragraph 61, Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 87 aus 2012, lautet:
"§ 61 (1) Das Bundesamt hat gegen einen Drittstaatsangehörigen eine Außerlandesbringung anzuordnen, wenn
1. dessen Antrag auf internationalen Schutz gemäß Paragraphen 4 a, oder 5 AsylG 2005 zurückgewiesen wird oder nach jeder weiteren, einer zurückweisenden Entscheidung gemäß Paragraphen 4, a oder 5 AsylG 2005 folgenden, zurückweisenden Entscheidung gemäß Paragraph 68, Absatz eins, AVG oder
....
(2) Eine Anordnung zur Außerlandesbringung hat zur Folge, dass eine Abschiebung des Drittstaatsangehörigen in den Zielstaat zulässig ist. Die Anordnung bleibt binnen 18 Monaten ab Ausreise des Drittstaatsangehörigen aufrecht.
(3) Wenn die Durchführung der Anordnung zur Außerlandesbringung aus Gründen, die in der Person des Drittstaatsangehörigen liegen, eine Verletzung von Artikel 3, EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind, ist die Durchführung für die notwendendige Zeit aufzuschieben.
(4) Die Anordnung zur Außerlandesbringung tritt außer Kraft, wenn das Asylverfahren gemäß Paragraph 28, AsylG 2005 zugelassen wird."
In Artikel 49, Absatz eins und 2 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 (Dublin III-Verordnung) ist zu deren Inkrafttreten und Anwendbarkeit Folgendes geregelt:
"Diese Verordnung tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.
Die Verordnung ist auf Anträge auf internationalen Schutz anwendbar, die ab dem ersten Tag des sechsten Monats nach ihrem Inkrafttreten gestellt werden, und gilt ab diesem Zeitpunkt - ungeachtet des Zeitpunkts der Antragstellung - für alle Gesuche um Aufnahme oder Wiederaufnahme von Antragstellern. Für einen Antrag auf internationalen Schutz, der vor diesem Datum eingereicht wird, erfolgt die Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats nach den Kriterien der Verordnung (EG) Nr. 343/2003."
Artikel 18, Dublin-III-VO lautet:
(1) Der nach dieser Verordnung zuständige Mitgliedstaat ist verpflichtet:
a) einen Antragsteller, der in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat, nach Maßgabe der Artikel 21, 22 und 29 aufzunehmen;
b) einen Antragsteller, der während der Prüfung seines Antrags in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat oder der sich im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats ohne Aufenthaltstitel aufhält, nach Maßgabe der Artikel 23, 24, 25 und 29 wieder aufzunehmen;
c) einen Drittstaatsangehörigen oder einen Staatenlosen, der seinen Antrag während der Antragsprüfung zurückgezogen und in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat oder der sich ohne Aufenthaltstitel im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats aufhält, nach Maßgabe der Artikel 23, 24, 25 und 29 wieder aufzunehmen;
d) einen Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen, dessen Antrag abgelehnt wurde und der in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat oder der sich im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats ohne Aufenthaltstitel aufhält, nach Maßgabe der Artikel 23, 24, 25 und 29 wieder aufzunehmen.
Auf gegenständliches Verfahren angewandt sind in concreto folgende Ausführungen zu erstatten:
a.) Die Zuständigkeit Ungarns basiert auf der ausdrücklichen Zustimmung Ungarns gem. Artikel 18, Absatz eins, b Dublin römisch III VO. Für die Zuständigkeit eines anderen Mitgliedstaates gibt es keine Anhaltspunkte.
Die erste Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit der getroffenen Unzuständigkeitsentscheidung ist somit gegeben.
b.) Hinsichtlich der angegebenen Gründe die zum Verlassen des Mitgliedsstaates geführt haben ist auszuführen, dass diesbezüglich kein konkretes und die beschwerdeführenden Partei unmittelbar betreffendes glaubwürdiges Vorbringen ergangen ist, welches auf eine tatsächliche konkret und unmittelbar bestehende rechtliche oder faktische Bedrohung des Beschwerdeführers im relevanten Dublinstaat Ungarn schließen lassen würde.
Der angefochtene Bescheid enthält ausführliche und aktuelle Feststellungen zum ungarischen Asylwesen, sowie hinsichtlich der Unterbringungs- und Versorgungslage. Diese Feststellungen basieren auf einer aktuellen Zusammenstellung der Staatendokumentation des Bundesamtes, und zu den einzelnen Passagen sind jeweils detaillierte Quellenangaben angeführt.
Auch gehen die aktuellen Länderfeststellungen ausführlich auf die Veränderungen der Rechtslage nach den Gesetzesänderungen in Ungarn insbesondere nach dem 1.Juli 2013 ein. Hierzu ist ergänzend auf ein Erkenntnis des EGMR CASE OF MOHAMMADI v. AUSTRIA mit Datum 3. Juli 2014 (Application no. 71932/12) zu verweisen. In diesem Entscheid wird ausführlich auch die geänderte Rechtslage erörtert und ausdrücklich festgehalten, dass in Ungarn systemische Verletzungen aufgrund dieser geänderten Rechtslage gegenwärtig nicht erkennbar sind.
Vor dem Hintergrund der Feststellungen kann somit nicht erkannt werden, dass im Hinblick auf Asylwerber, die von Österreich im Rahmen der Dublin-Verordnung nach Ungarn rücküberstellt werden, aufgrund der ungarischen Rechtslage oder Vollzugspraxis systematische Verletzungen von Rechten nach der EMRK erfolgen würden, sodass diesbezüglich eine maßgebliche Wahrscheinlichkeit im Sinn einer realen Gefahr für den Einzelnen bestehen würde. Wie aus den Länderfeststellungen zur Lage von Asylwerbern in Ungarn vielmehr ersichtlich ist, herrschen in diesem Mitgliedstaat nach dem gegenwärtigen Informationsstand keineswegs derartige systemische Mängel im Asylverfahren und den Aufnahmebedingungen, die mit der Situation in Griechenland vergleichbar wären.
Einzelne beanstandete Grundrechtsverletzungen oder Verstöße gegen Asylrichtlinien in einem Mitgliedstaat stellen jedenfalls noch keine Grundlage dafür dar, die auf unionsrechtlicher Stufe stehenden Dublin-Verordnung auf diesen Mitgliedstaat nicht mehr anzuwenden, etwa durch regelmäßige Ausübung des Selbsteintrittsrechtes vergleiche EGMR 06.06.2013, 2293/12, Mohammed).
Auch sonst konnte die beschwerdeführende Partei keine auf sich selbst bezogenen besonderen Gründe, die für eine reale Gefahr einer Verletzung des Artikel 3, EMRK sprächen, glaubhaft machen, weshalb die Rechtsvermutung des Paragraph 5, Absatz 3, AsylG 2005 zur Anwendung kommt, wonach ein Asylwerber im zuständigen Mitgliedstaat Schutz vor Verfolgung findet.
Ebenso konnte nicht erkannt werden, dass die ungarischen Behörden Sonderrechtspositionen gegenüber Antragstellern aus bestimmten Ländern einnehmen würden.
Hinsichtlich der in der Beschwerde geäußerten Bedenken zur mangelhaften Grundversorgung bzw. der Gefahr einer Inhaftierung ist auszuführen, dass der EGMR in seinem jüngsten Urteil vom 03.07.2014 im Fall Mohammadi, 71932/12, ausgesprochen hat, dass es nicht gegen Artikel 3, EMRK verstoße, wenn ein Asylwerber aufgrund der Dublin römisch II Verordnung von Österreich nach Ungarn ausgewiesen werde. Es gebe keine systematische Praxis der Inhaftierung von Asylwerbern mehr, die höchstmögliche Anhaltungsdauer betrage sechs Monate und ungeachtet weiter bestehender Unzukömmlichkeiten habe es eine Verbesserung der Haftbedingungen gegeben. Auch das UNHCR habe keine allgemeine Empfehlung abgegeben, keine Abschiebungen von Asylwerbern nach der Dublin - Verordnung vorzunehmen. Soweit es um die Gefahr einer möglichen Kettenabschiebung gehe, sei Ungarn von seinem früheren Konzept sicherer Drittstaaten abgegangen und prüfe nunmehr Asylanträge in der Sache, falls es im konkreten Fall noch keine inhaltliche Entscheidung gebe. Auch in seiner Entscheidung vom 06.06.2013, 2283/12, Fall Mohammed, ging der EGMR bei einer Überstellung nach Ungarn nicht vom Bestehen der Gefahr einer Verletzung von Artikel 3, EMRK aus.
Insbesondere ist den unzweifelhaften Länderfeststellungen zu entnehmen, dass Dublin Rückkehrer wieder Zugang zur Grundversorgung haben, ihre Anträge weiter beandelt werden. Auch ist den Feststellungen zu entnehmen, dass es keineswegs zu einer grundsätzlichen oder willkürlichen Inschubhaftnahme von Asylantragstellern in Ungarn kommt.
Auch die mit 01.08.2015 in Kraft getretenen geänderten asylrechtlichen Regelungen in Ungarn lassen eine Verletzung von Grundrechten des Beschwerdeführers, wie Vergewisserung anhand der nachstehenden Zusammenfassung des Inhalts der Bestimmungen durch die Staatendokumentation des BFA ergibt, nicht erwarten und es wurde dies vom Beschwerdeführer auch nicht konkret behauptet. Diese Zusammenfassung lautet:
"Das ungarische Parlament hat im Juli 2015 eine Reihe von Änderungen des Asylgesetzes beschlossen. Wichtigste Neuerungen sind u.a. umfassende Mitwirkungspflichten; klarere Formulierung der Asylhaftgründe sowie deren verpflichtende Anwendung; Verbesserungen bei der Bestellung eines Vormunds für UM; Aufhebung der aufschiebenden Wirkung bei Folgeanträgen; Unzulässigkeit des Antrags bei Einreise aus sicherem Drittstaat usw. (VB 6.7.2015; VB 2.7.2015). Zudem wurde das Gesetz über die Staatsgrenzen zur Vorbereitung des Grenzzaunes geändert. Die Regierung ist nunmehr befugt, Boden von der Staatsgrenze beginnend bis 10m ins Landesinnere zum Bau des Zauns zu verwenden. Der zuständige Minister rechnet mit Errichtung innerhalb weniger Wochen (VB 6.7.2015). Die Durchführungsverordnung für die Regelung der sicheren Dritt- & Herkunftsstaaten wurde am 21. Juli veröffentlicht und trat am 22. Juli in Kraft (VB 31.7.2015). Als sichere Herkunftsstaaten laut dieser VO gelten die Mitgliedsstaaten der EU sowie ihre Kandidatenländer außer der Türkei; Mitgliedsstaaten des Europäischen Wirtschaftsraums; und jene Bundesstaaten der USA, welche die Todesstrafe nicht mehr anwenden; sowie darüber hinaus: Schweiz, Bosnien-Herzegowina, Kosovo, Kanada, Australien und Neuseeland. Dieselben Staaten gelten auch als sichere Drittstaaten (Regierungserlass 191/2015).
Die neue ungarische Gesetzeslage betreffend Asyl ist ab 1. August 2015 anzuwenden. (VB 31.7.2015). Im Asylverfahren wird die Einteilung in Vorverfahren und inhaltliches Verfahren aufgehoben. Ein Antrag soll binnen 15 Tagen auf Zulässigkeit, Dublin-Relevanz oder Eignung für das beschleunigte Verfahren geprüft werden. Danach soll das Verfahren binnen max. 60 Tagen abgeschlossen sein. Unzulässig ist ein Antrag, wenn der Antragsteller EU-Bürger ist, bereits einen Schutzstatus in der EU besitzt, wenn der Antrag einen Folgeantrag ohne neue Elemente darstellt, usw. und wenn der ASt. über einen sicheren Drittstaat eingereist ist. Wenn der ASt. im sicheren Dritt- oder Herkunftsstaat nicht die Chance auf effektiven Schutz hatte, muss er binnen 3 Tagen erklären, warum der betreffende Staat in seinem spezifischen Fall nicht sicher ist. Das beschleunigte Verfahren ist u.a. anwendbar, wenn der ASt. illegal eingereist ist und keinen Antrag stellte, obwohl das möglich gewesen wäre. Trotzdem ist ein inhaltliches Verfahren zu führen und binnen 3 Tagen inhaltliche Beschwerde möglich, die im Falle, dass der ASt. illegal eingereist ist und keinen Antrag stellte, obwohl das möglich gewesen wäre; bzw. wenn er über einen sicheren Drittstaat eingereist ist, auch aufschiebende Wirkung hat (Draft Amendment 29.6.2015). Bei Folgeanträgen nach abschließender beendender oder zurückweisender Entscheidung, ist zu prüfen, ob neue Elemente vorliegen. Ist das nicht der Fall und der Folgeantrag wurde direkt vor einer Abschiebung gestellt, hat der Folgeantragsteller kein Recht auf materielle Unterbringung. Beschwerden haben keine aufschiebende Wirkung (Draft Amendment 29.6.2015). Die Behörde kann das Verfahren des ASt. einstellen oder aufgrund der bereits vorhandenen Informationen entscheiden, u.a. wenn der Antragsteller nicht zum Interview erscheint oder er die festgelegte Unterkunft ohne Genehmigung für mehr als 48 Stunden verlässt. Der ASt. kann in diesen Fällen bis zu 9 Monate nach Beendigung, die Wiederaufnahme des Verfahrens beantragen (Draft Amendment 29.6.2015). Beschwerde gegen negative Entscheidungen im Asylverfahren ist binnen 8 Tagen möglich und das zuständige Gericht soll binnen 60 Tagen darüber entscheiden (Draft Amendment 29.6.2015).
...
Mit 22.7. trat die neue VO der ungarischen Regierung zu sicheren Herkunfts- und Drittstaaten in Kraft, ihre Formulierung entsprach den bisherigen Verlautbarungen. Die Sachlage ist ab 1.8. durch die Migrationsbehörde anzuwenden und trifft Dublin-Rückkehrer vorläufig nur bedingt: Zwar wurde in den meisten Fällen das ursprüngliche Verfahren bereits eingestellt und wird in diesem Fall ein neues Verfahren begonnen; Dublin-Rückkehrer haben jedoch in jenen Fällen, in denen die Einstellung maximal neun Monate zurückliegt, die Möglichkeit, einmalig die Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand zu beantragen, die in der Regel auch gestattet wird. Zur Frage eines etwaigen erhöhten Haftrisikos für Rückkehrer wird auf die bisherige Praxis verwiesen, nach der nur ein sehr geringer Prozentsatz auch der Dublin-Rückkehrer in Asylhaft genommen wurde. Da sie sich jedoch dem Verfahren entzogen haben, erfüllen sie, wie auch andere, grundsätzlich eine der Voraussetzung zur Verhängung derselben (VB 3.8.2015). Die im neuen Asylgesetz umrissene Einführung von sicheren Dritt- und Herkunftsstaaten wird durch die entsprechende Verordnung umgesetzt, entspricht aber inhaltlich dem bereits angekündigten: Mit Regierungsdekret 191/2015 wurde am 21.7. die entsprechende Verordnung bekannt gemacht, welche nunmehr alle EU und EWR-Mitgliedsstaaten, alle EU Beitrittskandidaten mit Ausnahme der Türkei (d.h. Albanien, Mazedonien, Montenegro und Serbien), die Westbalkanstaaten Bosnien-Herzegowina und den Kosovo sowie Australien, Kanada, Neuseeland, die Schweiz und jene US-Bundesstaaten, die keine Todesstrafe verhängen, als sichere Dritt- und Herkunftsstaaten behandelt. Das Migrationsamt hat in allen Verfahren, die nach dem 1.8. anhängig werden, die neue Verordnung anzuwenden, d.h. in der Praxis sind Asylanträge dann als unzulässig abzulehnen, wenn der Antragssteller aus einem dieser Länder stammt, durch ein solches gereist ist, dort die Möglichkeit zur Stellung eines Asylantrags hatte oder in einem dieser Länder Verwandte hat. Die Anträge von Personen, die aus einem der genannten Länder stammen, müssen binnen 15 Tagen in einer beschleunigten Prozedur erledigt werden. Gegen die Entscheidung des Migrationsamtes kann zwar Beschwerde eingebracht werden, jedoch nur binnen einer Frist von drei Tagen. Im Rahmen der Beschwerde trägt der Antragssteller die Beweislast für die Unmöglichkeit einer Antragsstellung im betroffenen Drittstaat. Das Gericht hat die Beschwerde binnen acht Tagen zu erledigen, dabei bleibt es dem Gericht überlassen, ob eine persönliche Befragung des Betroffenen durchgeführt wird. Aus dem Umfeld von UNHCR und v.a. Helsinki Komitee gibt es schon mehrere Aussagen, massiv gegen die neuen Gesetze vorgehen zu wollen, v.a. durch die Führung von Musterprozessen, sobald die ersten Fälle zur Anwendung kommen. Zudem hat UNHCR Anfang des Monats einen offenen Brief an das ungarische Parlament geschrieben, um das Zustandekommen des Gesetzes zu kritisieren, Amnesty legte vor kurzem nach (VB 3.8.2015).
Quellen:
Diese Zusammenfassung lässt insbesondere auch erkennen, dass der Beschwerdeführer als Dublin-Rückkehrer derzeit die Möglichkeit hat, das Verfahren über seinen in Ungarn gestellten Asylantrag fortzusetzen und selbst im Falle einer erfolgten Einstellung des Verfahrens die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu beantragen, die in der Regel auch gestattet werde, wodurch er auch nicht von der Regelung betreffend sichere Herkunfts- und Drittstaaten betroffen wäre.
Vor dem Hintergrund der aktuellen Feststellungen kann letztlich nicht erkannt werden, dass im Hinblick auf Asylwerber, die von Österreich im Rahmen der Dublin III-Verordnung nach Ungarn rücküberstellt werden, aufgrund der ungarischen Rechtslage oder Vollzugspraxis systematische Verletzungen von Rechten nach der EMRK erfolgen würden, sodass diesbezüglich eine maßgebliche Wahrscheinlichkeit im Sinn einer realen Gefahr für den Einzelnen bestehen würde. Wie aus den Länderfeststellungen zur Lage von Asylwerbern in Ungarn vielmehr ersichtlich ist, herrschen in diesem Mitgliedstaat nach dem gegenwärtigen Informationsstand keineswegs derartige systemische Mängel im Asylverfahren und den Aufnahmebedingungen, die mit der Situation in Griechenland vergleichbar wären. Einzelne beanstandete Grundrechtsverletzungen oder Verstöße gegen Asylrichtlinien in einem Mitgliedstaat stellen aber noch keine Grundlage dafür dar, die auf unionsrechtlicher Stufe stehenden Dublin III-Verordnung auf diesen Mitgliedstaat nicht mehr anzuwenden, etwa durch regelmäßige Ausübung des Selbsteintrittsrechtes vergleiche EGMR 06.06.2013, 2293/12, Mohammed; EuGH 21.12.2011, C-411/10 und C-493/10, N.S./Vereinigtes Königreich, Rn. 82 bis 85).
Wenn die beschwerdeführende Partei ausführt in Ungarn schlecht behandelt worden zu sein, bzw. gesehen hätte, dass andere Personen Übergriffen ausgesetzt gewesen wären, so ist diesbezüglich darauf zu verweisen, dass sie diesbezügliche Übergriffe von Einzelpersonen bei den ungarischen Behörden zur Anzeige bringen kann. Dass Ungarn, ein Mitgliedsstaat der europäischen Union, solcherart Übergriffe tolerieren bzw. trotz Anzeige nicht verfolgen würde, kann den unzweifelhaften Länderfeststellungen nicht entnommen werden.
Zur Aussage der beschwerdeführenden Partei, dass Österreich ich Zielstaat gewesen sei, bzw. sie nach dem erfolgten Aufgriff gezwungen worden wäre einen Asylantrag in Ungarn zu stellen ist auszuführen, dass es nicht in der Disposition von Antragstellern auf internationalen Schutz steht sich beliebig einen gewünschten Mitgliedsstaat auszusuchen, um Asylanträge ausschließlich in diesen von ihnen gewollten Staat zu stellen. Eine verfolgte Person hat insbesondere im ersten für sie sicheren Staat der Dublin VO Schutz vor dieser Bedrohung zu suchen und dort abklären zu lassen, ob die Voraussetzungen für eine Zuerkennung eines Asylschutzes vorliegen oder nicht. Auch die Dublin VO normiert keine subjektiven Rechte von Einzelpersonen auf die Zuständigkeit eines bestimmten Staates, sondern stellt ein Regelwerk dar, welches ausschließlich die Rechte und Pflichten der Mitgliedsstaaten untereinander festlegt.
Jedenfalls hat die beschwerdeführende Partei die Möglichkeit, etwaige konkret drohende oder eingetretene Verletzungen in ihren Rechten, etwa durch eine unmenschliche Behandlung im Sinn des Artikel 3, EMRK, bei den zuständigen Behörden und letztlich beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte, insbesondere auch durch Beantragung einer vorläufigen Maßnahme gemäß Artikel 39, EGMR-VerfO, geltend zu machen.
c.) Zu einer möglichen Verletzung von Artikel 7, GRC bzw. Artikel 8, EMRK wurde erwogen:
Im vorliegenden Verfahren wurde ein Bestehen eines Privat- oder Familienlebens der beschwerdeführenden Partei in Österreich nicht dargelegt.
Die Abwägungen hinsichtlich Artikel 8, EMRK wurden somit insgesamt vollkommen richtig seitens des Bundesamtes zu Ungunsten den beschwerdeführenden Partei durchgeführt und der Wahrung der öffentlichen Ordnung durch Beendigung des bewusst illegal begonnenen Aufenthaltes ist in einer solchen Konstellation der Vorzug zu geben.
d.) Hinsichtlich des Gesundheitszustandes ist auszuführen.
Unbestritten ist, dass nach der allgemeinen Rechtsprechung des EGMR zu Artikel 3, EMRK bei Vorliegen einer relevanten Erkrankung eine Überstellung nach Ungarn nicht zulässig wäre, wenn durch den Überstellungsvorgang eine existenzbedrohende Situation drohte und diesfalls das Selbsteintrittsrecht der Dublin VO zwingend auszuüben wäre.
In diesem Zusammenhang ist auf diesbezügliche Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes (VfGH vom 06.03.2008, Zl: B 2400/07-9) zu verweisen, welche die Rechtsprechung des EGMR zur Frage der Vereinbarkeit der Abschiebung Kranker in einen anderen Staat mit Artikel 3, EMRK festhält (etwa: D. v. the United Kingdom, EGMR 02.05.1997, Appl. 30.240/96, newsletter 1997,93; Bensaid, EGMR 06.02.2001, Appl. 44.599/98, newsletter 2001,26; Ndangoya, EGMR 22.06.2004, Appl. 17.868/03; Salkic and others, EGMR 29.06.2004, Appl. 7702/04; Ovdienko, EGMR 31.05.2005, Appl. 1383/04; Hukic, EGMR 29.09.2005, Appl. 17.416/05; EGMR Ayegh, 07.11.2006; Appl. 4701/05; EGMR Goncharova & Alekseytsev, 03.05.2007, Appl. 31.246/06).
Zusammenfassend führt der VfGH aus, dass sich aus den erwähnten Entscheidungen des EGMR ergibt, dass im Allgemeinen kein Fremder ein Recht hat, in einem fremden Aufenthaltsstaat zu verbleiben, bloß um dort medizinisch behandelt zu werden, und zwar selbst dann nicht, wenn er an einer schweren Krankheit leidet oder selbstmordgefährdet ist. Dass die Behandlung im Zielland nicht gleichwertig, schwerer zugänglich oder kostenintensiver ist, ist unerheblich, solange es grundsätzlich Behandlungsmöglichkeiten im Zielstaat bzw. in einem bestimmten Teil des Zielstaates gibt. Nur bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände führt die Abschiebung zu einer Verletzung in Artikel 3, EMRK. Solche liegen etwa vor, wenn ein lebensbedrohlich Erkrankter durch die Abschiebung einem realen Risiko ausgesetzt würde, unter qualvollen Umständen zu sterben (Fall D. v. the United Kingdom).
Jüngste Rechtsprechung des EGMR und Literaturmeinungen (Premiszl, Migralex 2/2008, 54ff, Schutz vor Abschiebung von Traumatisierten in "Dublin-Verfahren") bestätigen diese Einschätzung, wobei noch darauf hinzuweisen ist, dass EU-Staaten verpflichtet sind, die Aufnahmerichtlinie umzusetzen und sohin jedenfalls eine begründete Vermutung des Bestehens einer medizinischen Versorgung besteht.
Aus diesen Judikaturlinien des EGMR ergibt sich jedenfalls der für die vorliegenden Beschwerdeverfahren relevante Prüfungsmaßstab.
Aufgrund des vorliegenden Akteninhaltes kann gegenwärtig nicht davon ausgegangen werden, dass eine Überstellung nach Ungarn ein unzulässiger Eingriff in durch Artikel 3, EMRK geschützte Rechte darstellt. Eine konkrete schwere Erkrankung der beschwerdeführenden Partei ist dem Akteninhalt nicht zu entnehmen. Auch, wenn die beschwerdeführende Partei psychische Probleme angibt und das -chronische- Vorliegen von solchen auch durch ärztliche Begutachtungen belegbar ist, so ist diesbezüglich auszuführen, dass die beschwerdeführende Partei diesbezüglich in medikamentöser Behandlung steht. Vom Vorliegen einer akuten Suizidalität kann aufgrund des vorliegenden Akteninhaltes nicht ausgegangen werden. Insbesondere ist diesbezüglich auf die ärztliche Befundinterpretation vom 15.06.2015 zu verweisen in der vom Vorliegen einer Überstellungsfähigkeit der beschwerdeführenden Partei ausgegangen wird. Auch, wenn aufgrund eines Selbstmordversuches nicht ausgeschlossen werden kann, dass ein weiterer solcher vorgenommen werden könnte, so indiziert diese Möglichkeit noch nicht, dass tatsächlich mit einem solchen Versuch konkret zu rechnen sei. Jedenfalls ist festzuhalten, dass Ungarn sich ausdrücklich zur Übernahme der beschwerdeführenden Partei zugestimmt hat. Hierdurch hat es auch ausdrücklich seine Verpflichtung zur Übernahme der notwendigen, auch medizinischen Versorgung, anerkannt. Dass eine grundsätzliche medizinische Versorgung im entsprechenden Ausmaß auch tatsächlich der beschwerdeführenden Partei zuglänglich in Ungarn zur Verfügung steht, kann den aktuellen und unzweifelhaften Länderfeststellungen des BFA entnommen werden. Somit kann aus den vorliegenden Informationen betreffend des gegenwärtigen Gesundheitszustandes nicht auf das Vorliegen einer schweren oder akuten Erkrankung geschlossen werden, die die Überstellung nach Ungarn als eine reale Gefahr im Sinne des Artikel 3, EMRK erscheinen lassen würde.
Jedenfalls ist festzuhalten, dass das Bundesverwaltungsgericht auf jeden Fall davon ausgeht, dass die beschwerdeführende Partei unter möglichster Schonung ihrer Person nach Ungarn überstellt werden wird, wofür das Bundesamt Sorge zu tragen haben wird.
Hinsichtlich des psychischen Gesundheitszustandes der beschwerdeführenden Partei ist ferner abschließend festzuhalten, dass keine unmittelbar konkreten Indizien vorliegen würden, die eine konkrete, aktuell vorliegende schwere psychische Beeinträchtigung indizieren würden, sodass hieraus eine rechtlich relevante Gefährdung iSd Artikel 3, EMRK und dadurch eine Zuständigkeitsderogation eintreten könnte.
Insgesamt konnte somit die beschwerdeführenden Partei in Hinblick auf ihren gesundheitlichen Zustand somit keine hinreichenden Gründe anführen, die insbesondere unter Berücksichtigung der in Ungarn vorhandenen und tatsächlich zugängigen medizinischen Versorgung, eine Überstellung in diesen Mitgliedsstaat als eine Gefährdung iSd Artikel 3, EMRK erscheinen lassen würden.
Die beschwerdeführende Partei konnte somit letztlich insgesamt keinesfalls besondere Gründe, die für eine reale Gefahr einer Verletzung des Artikel 3, EMRK sprechen, glaubhaft machen, weshalb die Regelvermutung des Paragraph 5, Absatz 3, AsylG 2005, wonach ein Asylwerber in einem Dublin-Staat Schutz vor Verfolgung findet, greift.
e.) Das Bundesamt hat ferner von der Möglichkeit der Ausübung des Selbsteintrittsrechts keinen Gebrauch gemacht. Es war daher zu prüfen, ob von diesem Selbsteintrittsrecht im gegenständlichen Verfahren ausnahmsweise zur Vermeidung einer Verletzung der EMRK zwingend Gebrauch zu machen gewesen wäre.
Im Lichte der Judikatur des EGMR als auch der österreichischen Höchstgerichte zur Auslegung des Artikel 3, EMRK ist nicht erkennbar und wurde auch nicht behauptet, dass die Grundrechtscharta der EU für den konkreten Fall relevante subjektive Rechte verliehe, welche über jene durch die EMRK gewährleisteten, hinausgingen. Auch spezifische Verletzungen der unionsrechtlichen Asylrichtlinien, die in ihrer Gesamtheit Verletzungen der Grundrechtscharta gleichkämen, sind nicht behauptet worden. Weitergehende Erklärungen dazu konnten also mangels Entscheidungsrelevanz in concreto entfallen.
Das Bundesverwaltungsgericht gelangt daher insgesamt zu dem Ergebnis, dass im vorliegenden Fall keine Verletzung von Bestimmungen der GRC oder der EMRK zu befürchten ist. Daher bestand auch keine Veranlassung, von dem Selbsteintrittsrecht gem. Artikel 17, Dublin - VO Gebrauch zu machen und in Österreich eine inhaltliche Prüfung der Anträge auf internationalen Schutz vorzunehmen.
f.) Eine mündliche Verhandlung konnte gemäß Paragraph 21, Absatz 6 a und 7 BFA-VG unterbleiben.
g.) Die Voraussetzungen für die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß Paragraph 17, BFA-VG lagen aufgrund der oben angeführten Ausführungen zu keinem Zeitpunkt vor.
Aus diesen Gründen war sämtlichen Anträgen der Beschwerdeschrift nicht zu folgen und spruchgemäß zu entscheiden.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß Paragraph 25 a, Absatz eins, VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Nach Artikel 133, Absatz 4, erster Satz B-VG in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 51 aus 2012, ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im vorliegenden Fall ist die ordentliche Revision gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängt. Denn das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu den einzelnen Spruchpunkten des angefochtenen Bescheides wiedergegeben.
ECLI:AT:BVWG:2015:W168.2110997.1.00