BVwG
11.06.2015
L508 2107931-1
L508 2107931-1/3E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. HERZOG als Einzelrichterin über die Beschwerde des römisch 40 , geb. römisch 40 , StA. Pakistan, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 05.05.2015, Zl. römisch 40 , zu Recht erkannt:
A) Die Beschwerde wird gemäß den Paragraph 3, Absatz eins,, Paragraph 8, Absatz eins,, Paragraph 10, Absatz eins, Ziffer 3,, Paragraphen 55 und 57 AsylG 2005 idgF. in Verbindung mit Paragraph 9, BFA-VG sowie Paragraph 52, Absatz 2, Ziffer 2 und Absatz 9,, Paragraph 46 und Paragraph 55, FPG 2005 idgF als unbegründet abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
römisch eins. Verfahrensgang
1. Der Beschwerdeführer (nachfolgend: BF), ein Staatsangehöriger aus Pakistan, stellte nach illegaler Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 27.02.2014 einen Antrag auf internationalen Schutz.
Im Rahmen der verschiedenen Befragungen gab der Beschwerdeführer zu seinen Fluchtgründen zu Protokoll, dass er Pakistan aufgrund von privaten Bedrohungen verlassen habe. Er sei von Investoren seiner damaligen Firma, für welche er Gold hätten verkaufen wollen, bedroht worden wären, da er deren Geld veruntreut hätten. Diese Investoren hätten- sowie er selbst auch - sehr viel Geld in Gold investiert. Dieses Geld hätte er in der Firma in Dubai abgegeben und hätte er dafür Provision bekommen sollen. Wo das Geld geblieben wäre, wüsste er nicht. Daraufhin wäre der BF von den Investoren wegen dieses Betruges bedroht worden. Er hätte zwar Anzeige erstattet, die Polizei hätte jedoch gesagt, dass sie das untereinander regeln sollten. Danach wäre der BF nach Saudi Arabien gereist, wo er sich drei Jahre lang aufgehalten und gearbeitet hätte. Dann folgte ein zweijähriger Aufenthalt im Sudan, bevor er schließlich nach Pakistan zurückkehrte. Zurück in Pakistan hätte er sich sechs Monate in Karachi aufgehalten, aber diese Leute hätten ihn neuerlich gesucht und bedroht. Danach hätte er sein Haus verkauft und sei nach Österreich gereist.
Eine Verfolgung seitens des Staates sowie aufgrund der Volksgruppenzugehörigkeit, der politischen Gesinnung und Religion wurde nicht vorgebracht.
2. Mit dem angefochtenen Bescheid des BFA vom 05.05.2015 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß Paragraph 3, Absatz eins, in Verbindung mit Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 13, AsylG abgewiesen. Gemäß Paragraph 8, Absatz eins, in Verbindung mit Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 13, AsylG wurde der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Pakistan abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß Paragraphen 57 und 55 AsylG wurde nicht erteilt. Gemäß Paragraph 10, Absatz eins, Ziffer 3, AsylG in Verbindung mit Paragraph 9, BFA-VG wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß Paragraph 52, Absatz 2, Ziffer 2, FPG erlassen und gemäß Paragraph 52, Absatz 9, FPG festgestellt, dass dessen Abschiebung nach Pakistan gemäß Paragraph 46, FPG zulässig sei. Gemäß Paragraph 55, Absatz eins bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung. Dem Fluchtvorbringen wurde die Glaubwürdigkeit versagt und ferner ausgeführt, dass diesem auch keine Asylrelevanz beizumessen sei, da dieses nicht auf den in der GFK genannten Gründen basiere.
3. Dagegen erhob der Beschwerdeführer fristgerecht mit Schriftsatz vom 21.05.2015 Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. In der Beschwerde wird ausgeführt, dass die belangte Behörde die gesamte Situation in ihrem kulturellen Kontext verkannt habe. Die reduzierte Form der Einvernahme im Vergleich zum tatsächlich Vorgebrachten sei auf eine großteils sinngemäße und nicht tatsächliche Übersetzung des Gesagten zurückzuführen. Der Beschwerdeführer habe bereits in der Einvernahme erklärt, dass die Dolmetscherin aus dem Süden Indiens stammen würde und diese einen stark abweichenden Urdu-Dialekt von jenem des BF sprechen würde. Daher gäbe es keinen Grund an der Glaubwürdigkeit des BF zu zweifeln, da die Übersetzung teilweise fehlerhaft gemacht worden sei.
Hinsichtlich der Person des BF würde es sich um einen semi-professionellen Cricket-Spieler handeln, welcher aufgrund der allgemeinen Beliebtheit des Sports in Pakistan einen gewissen Bekanntheitsgrad habe. Um sich ein Zusatzeinkommen zu verschaffen nutzte der seinen lokalen Bekanntheitsgrad und versuchte sich in den beiden in der Einvernahme erwähnten Vertriebsnetzwerken. Der BF sei von den Investoren verprügelt worden. Danach habe er Pakistan verlassen. Nach fünf Jahren sei er im Jahr 2010 wieder zurückgekehrt aber abermals von den Investoren in Karachi, also etwa 1500km weit entfernt von Sialkot aufgespürt und verfolgt, weswegen er sich im Jahr 2011 abermals zum Verlassen Pakistans entschied. Die Asylrelevanz sei erwiesen, da der pakistanische Staat nicht schutzfähig sei. Auch eine innerstaatliche Fluchtalternative stünde ihm nicht zur Verfügung, da er selbst in Karachi von seinen Gegnern aufgespürt worden sei.
Letztlich wurde die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung beantragt.
Mit diesem Rechtsmittel wurde jedoch kein hinreichend substantiiertes Vorbringen erstattet, welches geeignet wäre, zu einer anderslautenden Entscheidung zu gelangen.
4. Am 28.05.2015 langte der gegenständliche erstinstanzliche Verwaltungsakt beim BVwG ein.
4. Beweis wurde erhoben durch die Einsichtnahme in den erstinstanzlichen Verwaltungsakt unter zentraler Zugrundelegung der niederschriftlichen Angaben des Beschwerdeführers, des Bescheidinhaltes sowie des Inhaltes der gegen den Bescheid des BFA erhobenen Beschwerde.
römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Verfahrensbestimmungen
1.1. Zuständigkeit, Entscheidung durch den Einzelrichter
Gemäß Paragraph 7, Absatz eins, Ziffer eins, des Bundesgesetzes, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden (BFA-Verfahrensgesetz - BFA-VG), Bundesgesetzblatt Teil eins, 87 aus 2012, idgF entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.
Gemäß Paragraph 6, des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG), Bundesgesetzblatt Teil eins, 10 aus 2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gegenständlich liegt somit mangels anderslautender gesetzlicher Anordnung in den anzuwendenden Gesetzen Einzelrichterzuständigkeit vor.
1.2. Anzuwendendes Verfahrensrecht
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG), Bundesgesetzblatt Teil eins, 33 aus 2013, in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, 122 aus 2013,, geregelt (Paragraph eins, leg.cit.). Gemäß Paragraph 58, Absatz 2, VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß Paragraph 17, VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Artikel 130, Absatz eins, B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der Paragraphen eins bis 5 sowie des römisch IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, Bundesgesetzblatt Nr. 194 aus 1961,, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, Bundesgesetzblatt Nr. 173 aus 1950,, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, Bundesgesetzblatt Nr. 29 aus 1984,, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Paragraph eins, BFA-VG (Bundesgesetz, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden, BFA-Verfahrensgesetz, BFA-VG), Bundesgesetzblatt Teil eins, 87 aus 2012, in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, 144 aus 2013, bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und FPG bleiben unberührt.
Gem. Paragraphen 16, Absatz 6,, 18 Absatz 7, BFA-VG sind für Beschwerdevorverfahren und Beschwerdeverfahren, die Paragraphen 13, Absatz 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anzuwenden.
1.3. Prüfungsumfang
Gemäß Paragraph 27, VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (Paragraph 9, Absatz eins, Ziffer 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (Paragraph 9, Absatz 3,) zu überprüfen.
Gemäß Paragraph 28, Absatz 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
Gemäß Paragraph 28, Absatz 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Artikel 130, Absatz eins, Ziffer eins, B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn
1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder
2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Gemäß Paragraph 28, Absatz 3 VwGVG hat das Verwaltungsgericht wenn die Voraussetzungen des Absatz 2, nicht vorliegen, im Verfahren über Beschwerden gemäß Artikel 130, Absatz eins, Ziffer eins, B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hierbei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.
2. Zur Entscheidungsbegründung:
Beweis erhoben wurde im gegenständlichen Beschwerdeverfahren durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl unter zentraler Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben des Beschwerdeführers, des bekämpften Bescheides sowie des Beschwerdeschriftsatzes.
2.1. Auf der Grundlage dieses Beweisverfahrens gelangt das BVwG nach Maßgabe unten dargelegter Erwägungen zu folgenden entscheidungsrelevanten Feststellungen:
2.1.1. Zur Person des Beschwerdeführers und dessen Fluchtgründen:
Der Beschwerdeführer ist pakistanischer Staatsangehöriger und sunnitischen Glaubens.
Die Identität und Nationalität des Antragstellers konnte mangels Vorlage von geeigneten Dokumenten nicht festgestellt werden.
Aufgrund der Angaben des Beschwerdeführers zu seinem Herkunftsstaat und seinem Wohnort, sowie des Umstandes, dass der Antragsteller eine für Pakistan gebräuchliche Sprache spricht sowie aufgrund seiner Kenntnisse über Pakistan ist festzustellen, dass es sich bei ihm um einen pakistanischen Staatsangehörigen handelt.
Der von ihm vorgebrachte Fluchtgrund (Verfolgung wegen Geldschulden) wird mangels Glaubwürdigkeit des diesbezüglichen Vorbringens nicht festgestellt. Es kann sohin nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer aus Gründen der GFK asylrelevant verfolgt bzw. dessen Leben bedroht wurde beziehungsweise dies im Falle einer Rückkehr nach Pakistan mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eintreffen könnte.
Dem Fluchtvorbringen kann aber auch bei Glaubhaftunterstellung keine Asylrelevanz beigemessen werden.
Es konnten im konkreten Fall auch keine stichhaltigen Gründe für die Annahme festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer Gefahr liefe, in Pakistan einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe bzw. einer sonstigen konkreten individuellen Gefahr unterworfen zu werden.
Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer im Falle der Rückkehr nach Pakistan in eine existenzgefährdende Notsituation geraten würde.
Im Entscheidungszeitpunkt konnte auch keine sonstige aktuelle Gefährdung des Beschwerdeführers in seinem Heimatland festgestellt werden.
Der Beschwerdeführer leidet weder an einer schweren körperlichen noch an einer schweren psychischen Erkrankung.
Der BF lebte vor seiner Ausreise im Distrikt Gujranwala. Er besuchte in Pakistan die Schule und hat als Elektriker gearbeitet. Seine Mutter, sieben Geschwister, seine Ehegattin und seine vier Kinder leben nach wie vor in Pakistan. Ende Februar 2014 reiste er illegal in das österreichische Bundesgebiet ein.
Der Beschwerdeführer verfügt zum Entscheidungszeitpunkt über keine relevanten Bindungen zu Österreich. Der Beschwerdeführer reiste im Februar 2014 illegal in Österreich ein, wo er sich seither ununterbrochen befindet. Der BF ist strafrechtlich unbescholten. Er verfügt in Österreich über keine familiären Bindungen. Er führt zwar eine Beziehung mit einer Österreicherin, lebt mit dieser jedoch nicht im gemeinsamen Haushalt und führt kein Familienleben. Es konnte nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer in einer Lebensgemeinschaft mit seiner Freundin lebt. Er hat keine Sorge- bzw. Unterhaltspflichten.
Der BF hat von November 2014 bis Februar 2015 einen "Deutschkurs für Erwachsene mit nichtdeutscher Muttersprache" der Caritas besucht. Derzeit besucht er einen Lehrgang "Basisbildung für Migranten und Migrantinnen". Seit Herbst 2014 besucht er ehrenamtlich die Einrichtung "Lerncafe" der Caritas. Es wurden mehrere Unterstützungserklärungen sowie Empfehlungsschreiben von Privatpersonen in Vorlage gebracht.
Es konnte letztlich nicht festgestellt werden, dass der BF einer regelmäßigen Beschäftigung in Österreich nachgeht. Der BF befindet sich in der Grundversorgung und lebt von staatlicher Unterstützung. Seinen gesamten Unterhalt bezieht der Beschwerdeführer aus öffentlichen Mitteln, nämlich aus der Grundversorgung. Auch kann nicht festgestellt werden, dass sich der BF in wirtschaftlicher Hinsicht besonders engagiert oder über besonders herausragende Deutschkenntnisse verfügt. Auch sonst konnten keine maßgeblichen Anhaltspunkte für die Annahme einer hinreichenden Integration des BF in Österreich in sprachlicher, beruflicher oder gesellschaftlicher Hinsicht festgestellt werden. Es hat sich im gegenständlichen Fall sohin nicht unmittelbar ergeben, dass die Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig wäre.
Des Weiteren liegen weder die Voraussetzungen für die Erteilung einer "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz", noch für einen Aufenthaltstitel aus Gründen des Artikel 8, EMRK vor und ist die Erlassung einer Rückkehrentscheidung geboten. Es ergibt sich aus dem Ermittlungsverfahren überdies, dass die Zulässigkeit der Abschiebung des BF nach Pakistan festzustellen ist.
2.1.2. Zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in Pakistan war insbesondere festzustellen:
Politische Lage
Pakistan ist ein Bundesstaat mit den vier Provinzen Punjab, Sindh, Baluchistan, Khyber Pakhtunkhwa (ehemals North West Frontier Province) und den "Federally Administered Tribal Areas" (FATA). Die pakistanische Verfassung bestimmt, dass die vom Parlament beschlossenen Gesetze in den FATA nur gelten, wenn dies der Präsident explizit anordnet. Daneben kontrolliert Pakistan die Gebiete von Gilgit-Baltistan (die früheren "Northern Areas") und Azad Jammu & Kashmir (AJK - "freies Kaschmir"), den auf der pakistanischen Seite der Demarkationslinie ("Line of Control") zwischen Indien und Pakistan liegenden Teil Kaschmirs. Beide Gebiete werden offiziell nicht zum pakistanischen Staatsgebiet gerechnet. Gilgit-Baltistan hat im September 2009 eine Teilautonomie erhalten. Es war bis dahin von Islamabad aus regiert worden. AJK genießt ebenfalls Autonomie, ist aber finanziell und politisch von der Regierung in Islamabad abhängig (AA 10.2014a).
Die pakistanische Bevölkerung wird vom CIA World Factbook mit Stand Juli 2014 auf über 196 Millionen geschätzt. Pakistan ist damit der siebtbevölkerungsreichste Staat der Welt (CIA 20.6.2014).
Die gesetzgebende Gewalt in Pakistan liegt beim Parlament. Das Parlament besteht aus zwei Kammern, der Nationalversammlung und dem Senat. Daneben werden in den Provinzen Pakistans Provinzversammlungen gewählt. Die Nationalversammlung umfasst 342 Abgeordnete, von denen 272 vom Volk direkt gewählt werden. 60 Sitze sind für Frauen, 10 weitere für Vertreter religiöser Minderheiten reserviert. Die Legislaturperiode dauert fünf Jahre (AA 10.2014a).
Im April 2010 wurde eine weitreichende Verfassungsreform verabschiedet, die von einem parteiübergreifenden Parlamentsausschuss seit Juni 2009 vorbereitet worden war. Ziel war es, zur Grundgestalt der unter Präsident Zulfikar A. Bhutto 1973 verabschiedeten Verfassung zurückzukehren, die nach zahlreichen Eingriffen der Militärherrscher Zia-ul Haq und Musharraf fast bis zur Unkenntlichkeit verändert worden war. Kernelemente der vorgenommenen Verfassungsänderungen sind eine Stärkung der Position des Ministerpräsidenten bei gleichzeitiger Einschränkung der Machtbefugnisse des Präsidenten, eine Stärkung des Föderalismus durch eine deutliche Ausweitung der Kompetenzen der Provinzen, eine Stärkung der Unabhängigkeit der Justiz durch ein neues Ernennungsverfahren für die obersten Richter und die Einführung zweier neuer Grundrechte: des Rechts auf Information und des Rechts auf Erziehung (AA 10.2014a).
Die Wahlbeteiligung bei den Parlamentswahlen am 11. Mai 2013 war überraschend hoch. Unter den Wartenden befanden sich ungewöhnlich viele junge Wähler und Frauen. (NZZ 11.5.2013). Die mit der Al-Kaida verbündete TTP (Tehrik-e-Taliban Pakistan) hielt die Wahl für unislamisch und hatte für den Wahltag Selbstmordanschläge angekündigt. Die Wahl fand deshalb unter großen Sicherheitsvorkehrungen statt, mehr als 620.000 Polizisten, Paramilitärs und Soldaten waren im Einsatz (Zeit 11.5.2013). Rund ein Drittel der Wahlkreise wurde als riskant eingestuft. Noch nie war eine Parlamentswahl in Pakistan so blutig wie diese. Doch die Wähler haben bewiesen, dass ihnen die Demokratie wichtig ist und sie sich von Extremisten nicht einschüchtern lassen (NZZ 11.5.2013). Es gab um die 170 Tote und 700 Verwundete in mehr als 150 Terroranschlägen ausgeübt durch die Taliban und anderen Gruppen (BFA 10.2014). Die Hauptlast der Anschläge entfiel auf die bis zur Übergangsregierung in der Provinz Khyber Pakhtunkhwa regierende und an der nationalen Regierungskoalition beteiligte ANP, mit 37 Anschlägen, gefolgt von unabhängigen Kandidaten, der PPP und der in Karatschi regierenden MQM. Die konservativen Parteien blieben allerdings nicht verschont, Aktivisten und Kandidaten der Pakistan Muslim League-Nawaz (PML-N), der Pakistan Tehreek-e-Insaf (PTI), der islamistischen Jamiat Ulema-e-Islami, Jamaat-e-Islami, belutschische nationalistische Parteien sowie einige kleinere Parteien waren, etwas seltener, ebenfalls von Attacken betroffen (PIPS 5.2013; vergleiche auch: BFA 10.2014).
Bei den Parlamentswahlen am 11. Mai 2013 wurde eine von der Pakistan Peoples Party (PPP) geführte Regierung von der Pakistan Muslim League-N (PML-N) unter Nawaz Sharif abgelöst. Die PML-N erreichte bei den Wahlen eine absolute Mehrheit der Mandate. Zweitstärkste Partei in der Nationalversammlung wurde die ehemalige Regierungspartei PPP, dicht gefolgt von der PTI des ehemaligen Cricket-Stars Imran Khan. Die MQM (Muttahida Quami Movement), mit ihren Hochburgen in den beiden Großstädten der Provinz Sindh, Karatschi und Hyderabad, stellt die viertstärkste Fraktion im Parlament. Am 5. Juni 2013 wurde Nawaz Sharif vom Parlament zum Ministerpräsidenten gewählt. Es war das erste Mal in der Geschichte Pakistans, dass eine zivile Regierung eine volle Legislaturperiode (2008 - 2013) regieren konnte und dass der demokratische Wechsel verfassungsgemäß ablief (AA 10.2014a). Erst im Herbst 2008 war Pakistan zu demokratischen Verhältnissen zurückgekehrt, nachdem der seit 1999 regierende Militärherrscher Musharraf das Land verlassen hatte, um einem drohenden Amtsenthebungsverfahren zuvorzukommen (AA 8.4.2014).
Ebenfalls am 11. Mai 2013 fanden die Wahlen zu den vier Provinzversammlungen statt. In Punjab, der bevölkerungsreichsten Provinz (ca. 50% der Bevölkerung Pakistans), errang die PML-N mehr als zwei Drittel der Mandate. In Sindh konnte die PPP ihre Vormachtstellung verteidigen, in Khyber-Pakhtunkhwa errang die PTI die meisten Mandate und führt dort nun eine Koalitionsregierung. Die Regierung von Belutschistan wird von einem Chief Minister der belutschischen Nationalistenpartei NP geführt, die eine Koalition mit PML-N und weiteren Parteien eingegangen ist (AA 10.2014a).
Am 30. Juli 2013 wählten beide Kammern des Parlaments und Abgeordnete der Provinzparlamente mit großer Mehrheit den PML-N Politiker Mamnoon Hussain zum neuen pakistanischen Staatsoberhaupt, der am 9. September 2013 vereidigt wurde. Hussain löst Asif Ali Zardari im Amt des Staatspräsidenten ab, der als erstes Staatsoberhaupt in der Geschichte Pakistans seine Amtszeit geordnet beenden konnte. Der verfassungsmäßige Machtübergang sowohl in der Regierung als auch im Amt des Staatsoberhaupts hat die Demokratie in Pakistan erheblich gestärkt (AA 10.2014a; vergleiche auch: BFA 10.2014).
Ministerpräsident Nawaz Sharif hat wirtschafts- und finanzpolitische Themen sowie die Verbesserung der Beziehungen zu den Nachbarstaaten Afghanistan und Indien zu den Schwerpunkten seiner Amtszeit erklärt. Die Regierung von Ministerpräsident Nawaz Sharif hatte sich zunächst, mandatiert durch eine Allparteienkonferenz, um eine Verständigung mit den pakistanischen Taliban auf dem Verhandlungsweg bemüht. Da sich ungeachtet der von der Regierung demonstrierten Dialogbereitschaft die schweren Terrorakte im ganzen Land fortsetzten (u.a. Anschlag auf den Flughafen Karatschi am 9. Juni 2014), begannen die pakistanischen Sicherheitskräfte am 15. Juni 2014 eine umfassende Militäroperation in der bis dahin weitgehend von militanten und terroristischen Organisationen kontrollierten Region Nord-Wasiristan, in deren Verlauf inzwischen die Rückzugsräume und Infrastruktur der Militanz in der Region weitgehend zerstört werden konnten (AA 10.2014a; vergleiche auch: BFA 10.2014).
Sicherheitslage
Pakistan ist mit einer erheblichen terroristischen Bedrohung durch die Taliban und andere jihadistische Gruppen konfrontiert, die sich in den vergangenen Jahren zur zentralen Bedrohung des Landes entwickelt haben (AA 8.4.2014). Die pakistanischen Taliban, die Lashkar-e-Jhangvi, die Belutschistan Liberation Army und andere bewaffnete Gruppen zielen auf Sicherheitskräfte und Zivilisten, unter anderem Mitglieder religiöser Minderheiten, Mitarbeiter von Hilfsorganisationen, Aktivisten und Journalisten (AI 5.2013; vergleiche auch: USDOS 27.2.2014). Die westlichen Grenzgebiete zu Afghanistan - Belutschistan, die FATA (Federal Administered Tribal Areas) und Khyber Pakhtunkhwa - leiden seit Jahren an Gewalt zwischen Militanten und Regierungskräften (Reuters 11.4.2013; vergleiche auch: BFA 10.2014).
Die pakistanischen Taliban haben in bestimmten Regionen an der Grenze zu Afghanistan eigene Herrschaftsstrukturen etabliert und ihre extrem konservative Interpretation der Scharia durchgesetzt. Wesentliche Menschenrechte und Grundfreiheiten werden in diesen Gebieten verletzt. Dabei kommt es auch immer wieder zu Auseinandersetzungen mit "Lashkars" (Bürgerwehren der Stämme) (AA 8.4.2014).
Der Schwerpunkt der Armee liegt mehr und mehr auf der Bekämpfung der Taliban und anderer jihadistischer Gruppen (BFA 10.2014). Seit Ende April 2009 haben sich die militärischen Auseinandersetzungen zwischen dem pakistanischen Militär und den Taliban verschärft. Zuvor hatten die Taliban eine Vereinbarung mit der Provinzregierung von Khyber-Pakhtunkhwa im Februar 2009 genutzt, um die Herrschaft im Swat-Tal zu übernehmen und anschließend in zwei Nachbardistrikte vorzurücken. Die Armee antwortete daraufhin am 26. April 2009 mit einer Gegenoffensive und beendete die Taliban-Herrschaft im Swat-Tal. Von Oktober bis Dezember 2009 wurden die Taliban aus Süd-Wasiristan (FATA) vertrieben, einer Region, die von ihnen jahrelang kontrolliert worden war (AA 10.2014a; vergleiche auch: Reuters 11.4.2013). Die meisten Taliban-Kämpfer sind in entlegenere Gebiete der sog. "Stammesgebiete" ausgewichen. Terroranschläge richten sich zumeist gegen Einrichtungen der Sicherheitskräfte (Armee, Polizei und ISI); aber auch viele unbeteiligte Zivilisten fallen den Anschlägen zum Opfer. So gab es zwischen Januar 2012 und August 2013 nach Angaben des pakistanischen Innenministeriums 2.174 Anschläge, bei denen über 1.600 Tote und mehr als 5.600 Verletzte zu verzeichnen waren (AA 8.4.2014).
In Teilen der FATA finden darüber hinaus weiterhin immer wieder Gefechte statt. 2013 lag der Schwerpunkt der Auseinandersetzungen auf dem Tirah-Tal unweit Peshawar, wo die Taliban zunächst die örtlichen Milizen und Sicherheitskräfte überrennen und die Kontrolle übernehmen konnten, bevor sie durch eine umfangreiche Militäroperation wieder vertrieben wurden (AA 10.2014a).
Regierungsstrategie ist es, kurz vor Militäroperationen gegen Taliban die Bevölkerung der jeweils betroffenen Agency bzw. Region zu informieren, das bedeutet die Agency wird "notified". Nach den Militäroperationen wird die Zone "denotified" und damit vom Militär als sicher für die Rückkehr erklärt und somit für die Rückkehr freigegeben. Das Militär arbeitet in diesem Prozess mit den Zivilbehörden zusammen, die zum Teil bei der Rückkehr unterstützen. Oft jedoch wurden die Regionen nicht vorher informiert, was zu massiven Vertreibungen der Menschen und zur Zerstörung der Häuser führte (BAA 6.2013; vergleiche auch: BFA 10.2014).
Die Taliban verüben seit Jahren auch außerhalb von FATA z.T. schwere Terroranschläge, von denen v.a. die Provinz Khyber-Pakhtunkhwa, aber auch die pakistanischen Großstädte wie Karatschi, Lahore und Rawalpindi betroffen sind (AA 10.2014a; vergleiche auch: Reuters 11.4.2013). Die Anschläge zielen vor allem auf Einrichtungen des Militärs und der Polizei. Opfer sind aber auch politische Gegner der Taliban, religiöse Minderheiten, Schiiten sowie Muslime, die nicht der strikt konservativen Scharia-Auslegung der Taliban folgen, wie z. B. die Sufis (AA 10.2014a).
2013 führten militante nationalistisch und konfessionell motivierte Gruppen in Pakistan 1.717 Terrorattacken aus, welche 2.451 Menschen töteten. Die Anzahl der Terrorattacken in Vergleich zu 2012 stieg im Jahr 2013 um 9 %. In 208 sektiererischen - gegen andere muslimische Konfessionen gerichteten - Terrorakten verschiedener Gruppen, wie der TTP (Tehreek-i Taliban) wurden 658 Menschen getötet (PIPS 4.1.2014).
Bei insgesamt 2.555 Vorfällen im Zusammenhang mit Gewalt (Terroranschläge, Operationen durch die Sicherheitskräfte und deren Zusammenstöße mit Militanten, ethnopolitische Gewalt, Drohnenangriffe, Gewalt zwischen den Stämmen und zwischen den Militanten, interreligiöse Zusammenstöße, religiös-kommunale Gewalt, grenzübergreifende Zusammenstöße und Zusammenstöße zwischen kriminellen Banden bzw. zwischen diesen und der Polizei) wurden 2013
4.725 getötet. Der Trend eines Rückgangs der Anzahl der Vorfälle von Gewalt und Todesopfer, der 2010 begann und bis 2012 anhielt, hielt im Jahr 2013 nicht an (PIPS 4.1.2014).
Die Taktiken der Terroristen waren divers, der größte Anteil aller Anschläge, 686 bzw. 40 Prozent, waren gezielte Tötungen (in diesem Wert sind 224 Fälle politisch motivierter gezielter Tötungen nicht inkludiert). Andere signifikante Taktiken waren u.a. improvisierte Sprengsätze (710) und Explosionen von Handgranaten (122) (PIPS 4.1.2014).
Bis Ende 2012 sind die Vorfälle von Terror und Gewalt, Terroranschläge und Opferzahlen insgesamt zurückgegangen. Die Vorfälle der Gewalt stiegen in der Wahlzeit 2013 an und blieben weiterhin erhöht. Staatliche Maßnahmen führten in einigen kritischen Regionen zur Verbesserung der Lage. Im Swat-Tal und in Süd-Wasiristan ist ein Erfolg der Militäroperationen sichtbar. Den Drohnenangriffen der USA im Grenzgebiet zu Afghanistan fielen einige hohe Führer der Taliban zum Opfer, dies schadete besonders den strategischen Kapazitäten der Extremisten. Die Bevölkerung hat die Militanten satt. Der Staat geht gegen die Militanten vor, für eine substantielle Verbesserung der Unsicherheiten fehlt eine breitere, konsistente Strategie. Die distriktweise Auswertung der digitalen Datenbank zeigt allerdings, dass die roten Zonen, jene Distrikte, die von einer hohen Anzahl sicherheitsrelevanter Gewaltvorfälle betroffen sind, über die letzten Jahre zurückgegangen sind (BAA 6.2013; vergleiche auch: PIPS 4.1.2014, BFA 10.2014). Am 15. Juni 2014 wurden Militäroperationen in Nord-Wasiristan gestartet. Das Militär gibt an 500 Aufständische bis Ende Juli getötet zu haben, aber es wird auch berichtet, dass die meisten extremen Aufständischen die Agency vor den Operationen verlassen hatten. Über 800.000 Menschen sind aus Nord-Wasiristan geflohen (BFA 10.2014).
Es wurde erwartet, dass die neue Regierung konkrete Maßnahmen gegen Terrorismus und andere Formen von Gewalt einführen würde. Jedoch wurden 2.113 Menschen in 1.345 Vorfällen zwischen dem 4. Juni - als Premierminister Nawaz Sharif seinen Amtseid ablegte - und 31. Dezember 2013 getötet. Der Schwerpunkt der neuen Regierung war auf Gespräche mit der Taliban gerichtet. In der Hinsicht gab es kleine Fortschritte, jedoch die hartnäckige Haltung der pakistanischen Taliban, Zurückhaltung seitens des Sicherheit-Establishment, die ungeschickte Handhabung des Problem durch die Regierung und schließlich die Tötung des TTP-Chef Hakeemullah Mehsud durch einen amerikanischen Drohnenangriff zerstörte die Hoffnung der Regierung auf weitere Gespräche mit der Taliban (PIPS 4.1.2014).
Die Reaktionen der politischen Parteien - einschließlich der Parteien die Sitze in der Bundesregierung und der Landesregierung haben - sind in Folge des Todes von Mehsud durcheinander und unzusammenhängend. Dies zeigt die inhärente Schwäche und den mangelnden politischen Willen der Staatsführung die Bedrohung der Militanz, die hauptsächlich von der pakistanischen Taliban ausgeht, zu konfrontieren. Andererseits zeigt die Reaktion des pakistanischen Militärs in Folge eines TTP Angriff auf die Khajori Kontrollstelle in Mirali, Nord-Wasaristan, dass die Sicherheits-Establishments kaum noch Geduld und keine Toleranz mehr für solche Angriffe haben. Eine Änderung in der operativen Strategie des Militärs gegen die Aufständischen würde den Raum für Friedensverhandlungen mit der Taliban weiter verkleinern. Dies bringt die Regierung weiter in ein Dilemma und die Situation wird voraussichtlich so bleiben bis es eine klare und kohärente Vorgehensweise gegen die Militanz gibt (PIPS 4.1.2014; vergleiche auch: CRSS 11.2.2014).
Die Regierung ergreift zum Schutz der Bevölkerung einige Maßnahmen. Das pakistanische Militär führte in der FATA Anti-Terrorismus Maßnahmen durch (USDOS 27.2.2014). 60 operative Militärschläge wurden im Jahr 2013 in dieser Region durchgeführt. 3.390 mutmaßliche Militante und Mitglieder radikaler Organisationen wurden 2013 verhaftet. (PIPS 4.1.2014). Es wurden auch Maßnahmen ergriffen um die Verbindungen zwischen den Terroristen zu schwächen und Rekrutierungen durch militante Organisationen zu verhindern. Große Waffenarsenale wurden in städtischen Gebieten, wie Islamabad und Karatschi, ausgehoben, Gang-Mitglieder und TTP Kommandanten, die logistische Unterstützung für Militante in Stammesgebieten boten, wurden in Karatschi verhaftet, Selbstmordattentäter wurden vor der Tat verhaftet und Anschlagspläne vereitelt (USDOS 27.2.2014). Ein weiterer Weg der Bekämpfung ist die Kontrolle und Beschneidung des internationalen Geldflusses zu diesen Organisationen (BAA 6.2013).
Die Vorwahlzeit in 2013 war allerdings von überdurchschnittlich stark ausgeprägter terroristischer Gewalt geprägt. Militante Kräfte versuchten die politische Lage zu destabilisieren, um die Wahlen zu verhindern. Bereits zum Jahresende 2012 kulminierten Anschläge und Attentate in einer Gewaltwelle (BAA 6.2013).
Für Jänner 2014 verzeichnete PIPS 171 Terroranschläge, einschließlich sieben Selbstmordanschläge, mit 258 Toten. 62 Attacken, oder 36% der Terroranschläge, waren gegen Sicherheitskräfte, ihre Konvoys und Check-Posts gerichtet (PIPS 6.2.2014). Insgesamt gab es 517 Tote bei Gewaltvorfällen in Pakistan. Gezielte Tötungen stiegen um 60%, Angriffe von Aufständischen stiegen um 80% und die Zahl der Todesopfer in Folge von Terrorakten stieg um 150% (CRSS 26.2.2014).
Im Februar 2014 gab es laut PIPS einen Rückgang der Terrorangriffe von etwa 23%. Es gab 132 Terrorangriffe mit 192 Toten. Etwa 30% der Terrorattacken waren gegen Sicherheitskräfte, ihre Konvoys und Check-Posts gerichtet. PIPS gibt an, dass 394 Menschen in Gewaltvorfällen in Pakistan gestorben sind, während CRSS 571 Todesopfer angibt (PIPS 14.3.2014; vergleiche auch: CRSS 17.3.2014).
Für März 2014 gibt PIPS an, dass es 114 Terrorattacken gab und dass es in Folge dessen 129 Tote gab. Insgesamt starben laut PIPS 228 Menschen bei 172 Gewaltvorfällen in Pakistan (PIPS 8.4.2014). Laut CRSS gab es insgesamt 385 Tote bei Gewaltvorfällen. Auch CRSS gibt an, dass es einen starken Rückgang von Todesopfern gab. Dies könnte das Resultat von Friedensverhandlungen, eingeleitet von der Regierung, und den Waffenstillstand zwischen dem Tehreek-i-Taliban und der Regierung sein. Es gab einen Rückgang in jeglicher Form von Gewalt, mit der Ausnahme von gezielten Tötungen. Die FATA und KP Regionen profitierten am meisten von diesem Rückgang. Dieser Rückgang der Gewalt zeigt auch, dass die TTP hauptsächlich für die Gewalt verantwortlich ist (CRSS 14.4.2014).
Im April 2014 verzeichnete PIPS 84 Terroranschläge mit 123 Toten, insgesamt starben bei 137 relevanten Sicherheitsvorfällen 297 Personen in Pakistan (PIPS 8.5.2014). CRSS berichtet jedoch, dass es eine Erhöhung der Anzahl von Gewaltvorfällen gab. Im Vergleich zu den 385 Todesopfern im März, ist die Zahl zu 514 gestiegen. Der plötzliche Anstieg kann darauf zurückgeführt werden, dass die Taliban sich weigerten den Waffenstillstand einen weiteren Monat fortzusetzten und, dass anschließend Streitigkeiten unter den Taliban Gruppen erfolgten (CRSS 14.5.2014).
Im Mai 2014 wurden vom PIPS 105 Terroranschläge in ganz Pakistan berichtet mit 106 Toten, alle sicherheitsrelevanten Gewaltvorfälle zusammen forderten 314 Todesopfer. KP war im Laufe des Monats am meisten von terroristischen Anschlägen betroffen (PIPS 9.6.2014).CRSS spricht für Mai von 510 Toten durch Gewalt (CRSS 15.7.2014).
Im Juni 2014 zählte PIPS 100 Terroranschläge mit 168 Toten und insgesamt 185 Gewaltvorfälle mit 772 Toten (PIPS 8.7.2014). CRSS gibt für Juni 953 Todesopfer durch Gewalt an (CRSS 15.7.2014).
Für Juli 2014 verzeichnete PIPS 99 Anschläge, die 112 Todesopfer forderten. Insgesamt gab es bei 194 verschiedensten Gewaltvorkommnissen 440 Tote (PIPS 8.8.2014). Nach der Auswertung wird die Zahl der Toten durch Gewalt von CRSS für Juli mit 690 angegeben (CRSS 18.8.2014).
Für August 2014 berichtet PIPS von insgesamt 85 terroristischen Anschlägen mit 97 Todesopfern. Alle sicherheitsrelevante Gewalt zusammen genommen starben in 168 Gewaltvorfällen 371 Menschen (PIPS 8.9.2014). CRSS verzeichnete im August 549 Todesopfer in verschiedenen Arten der Gewalt (CRSS 12.9.2014).
Insgesamt wurden im September 2014 landesweit 79 Terroranschläge mit 101 Toten verzeichnet, bei allen 153 Gewaltvorfällen zusammen 509 Tote (PIPS 12.10.2014). Von CRSS wurden 652 Todesopfer recherchiert (CRSS 15.10.2014).
Für Oktober 2014 berichtet PIPS von 86 Terroranschlägen mit 98 Todesopfern. Bei 168 Gewaltvorfällen starben 440 Menschen (PIPS 12.11.2014).
Quellen:
Regionale Verteilung der Gewalt
Die heftige Welle der Gewalt im Laufe des Berichtsjahres 2013 ergriff auch Gegenden, die vorher als friedlich bezeichnet wurden (CRSS 11.2.2014). Die westlichen Grenzgebiete sind geplagt von Gewalt. Die Gebiete, die in erster Linie betroffen sind, sind Khyber Pakhtunkhwa und die FATA, die eine starke Taliban Präsenz aufweisen, sowie Belutschistan, in der militante Stammesgruppen aufständische Gewaltakte verüben. Der Rest von Pakistan ist von sporadischen terroristischen Attacken betroffen, wie etwa Selbstmordanschläge in den Städten und bewaffnete Attacken auf das Militär (Reuters 11.4.2013; vergleiche auch: AA 5.11.2014). 2014 kam es erneut zu Terroranschlägen in den Städten Islamabad und Rawalpindi, die Todesopfer unter der Zivilbevölkerung forderten (AA 5.11.2014). Am 9. April 2014, wurden bei einem Anschlag auf einen Markt am Stadtrand der Hauptstadt Islamabad mindestens 20 Personen getötet. Es ist der blutigste Anschlag in der Hauptstadt seit Jahren (Reuters 9.4.2014a). Am 2. November 2014 kamen bei einem Selbstmordanschlag am indisch-pakistanischen Grenzübergang Wagah bei Lahore über 55 Menschen, überwiegend Besucher der allabendlichen traditionellen Flaggenzeremonie, ums Leben (AA 5.11.2014).
Insgesamt divergiert somit die Sicherheitslage stark zwischen und innerhalb einzelner Provinzen. Der Vertreter des PIPS erläutert, dass die - mit um die 90 Millionen Einwohner bevölkerungsreichste Provinz Punjab als sicher eingestuft werden kann, auch Sindh ist sicher, mit Ausnahme von Karatschi, das ein Hotspot der Gewalt ist, außerdem versuchen terroristische Gruppen den Inneren Sindh zu infiltrieren. Islamabad gilt ebenfalls als relativ sicher. Doch Anschläge kommen auch in diesen Gebieten vor. Die paschtunischen Gebiete in Belutschistan sind relativ sicher, die belutschischen stark unsicher. In Khyber Pakhtunkhwa ist die Sicherheitslage kritisch - nur wenige Distrikte sind sicher, während andere schwer von Anschlägen gezeichnet sind. Belutschistan, die FATA, Khyber Pakhtunkhwa und die Metropole Karatschi sind somit die kritischen Gebiete Pakistans (BAA 6.2013).
Im Berichtsjahr 2013 wurde die höchste Zahl der Terroranschläge mit 499 und 706 Todesopfern aus der Provinz Khyber Pakhtunkhwa, in der die Taliban aktiv waren, gemeldet. Belutschistan hatte die meisten Todesopfer zu beklagen. 727 Menschen haben ihr Leben bei 487 Terroranschlägen verloren. Sindh, vor allem Karatschi, und die FATA waren die dritt- und viertvolatilsten Regionen in 2013. In Sindh wurden 390 (356 in Karatschi allein) und in FATA 293 Terroranschläge gemeldet. Aus Punjab wurden 38, aus Gilgit Baltistan fünf und aus Islamabad vier terroristische Vorfälle gemeldet. In Azad Jammu und Kaschmir war nur ein Terroranschlag gemeldet (PIPS 4.1.2014).
Die regionale Differenzierung ist auch in der mit den Wahlen verbundenen gestiegenen Gewalt 2013 erkennbar. Stark betroffen waren die FATA, Khyber Pakhtunkhwa und Belutschistan, sowie Karatschi (BAA 6.2013).
Quellen:
Wichtige Terrorgruppen
Taliban und andere militante Organisationen in Pakistan sind in inneren Konflikten, in regionalen Kämpfen (Afghanistan, Kaschmir) und im globalen Jihad aktiv. Sie sind lose koordiniert, teilen sich aber oftmals Ressourcen und Rekruten. Verschiedene militante Gruppen haben sich zur Tehrik-e-Taliban Pakistan (TTP), den pakistanischen Taliban, im Jahr 2007 zusammengeschlossen (Reuters 11.4.2013; vergleiche auch: BFA 10.2014). Die TTP ist primär für die Instabilität im Land verantwortlich. Angriffsziele der TTP sind neben Sicherheitskräften nunmehr auch die politische Führung und Friedensaktivisten. Die TTP kämpft mit internen Krisen. Ihre Stärke liegt in der Verbindung von externen und internen Terrorgruppen. Sie fungiert auch als Brücke zwischen internationalen (z.B. Al Qaeda) und lokalen Terrorgruppen - von den Punjabi Taliban bis zur Lashkar-e-Jhangvi (PIPS 4.1.2013; vergleiche auch: BFA 10.2014).
Die TTP verfügt über eine Stärke von mindestens 30.000 - 35.000 Mitgliedern (Reuters 11.4.2013; vergleiche auch: SATP o.D.). Der Vertreter des PIPS erläutert, dass die TTP nicht über eine einheitliche Struktur verfügt und auch die vorhandene Struktur nicht mehr intakt ist. Jede Gruppe hat eigene Operationen. Die von der TTP ausgehende Gewalt konzentriert sich regional auf die Stammesgebiete, thematisch auf Parteien, Pro-Regierungsstämme, regierende Politiker, auf Pro-Regierungs-Älteste, Sicherheitskräfte, Moscheen, die von Sicherheitskräften aufgesucht werden oder in denen Imame oder Mullahs die Regierung unterstützen, Friedensaktivist/innen (wie Malala Yousafzai), Einrichtungen des Militärs und der Polizei, Minderheiten sowie Muslime, die nicht ihrer Scharia-Auslegung folgen. Ursprünglich waren Schiiten in den Stammesgebieten nicht Ziel der Taliban, dies hat sich geändert (BAA 6.2013). Die Awami National Party war das Hauptziel von TTP-Gewalt, einige Anschläge richteten sich gegen Führungspersonen und Aktivisten (PIPS 4.1.2013; vergleiche auch: BFA 10.2014). Die Aktivitäten der Taliban beschränken sich hauptsächlich auf den Nordwesten Pakistans, allerdings wurden sie in den letzten Jahren auch in der Wirtschaftsmetropole Karatschi sichtbar (CRSS 13.7.2013; vergleiche auch: Reuters 11.4.2013). Am 9. Juni 2014 übte die TTP einen Terrorangriff bei dem Karatschi Flughafen aus (BFA 10.2014). Einige Taliban Gruppen haben Basen in Belutschistan (Reuters 11.4.2013).
Die TTP benutzt seit 2009 auch Entführungen von "high profile" Personen (u.a. reiche Geschäftsmänner, Akademiker, westliche Mitarbeiter von Hilfsorganisationen und Angehörige von Militärs) in den großen pakistanischen Städten, um Geldmittel zu lukrieren (Reuters 11.4.2013). Drei Mitglieder der TTP wurden im Juli 2013 in Islamabad festgenommen, da sie dort und in Khyber Pakhtunkhwa Geschäftsleute erpressten. Dies zeigt das Verschwimmen zwischen kriminellen Syndikaten und religiösen Militanten (CRSS 13.7.2013).
Außerhalb der TTP agieren lokale Taliban-Gruppen, die entweder mit der TTP in loser Verbindung stehen oder mit ähnlichen Zielen formiert wurden. Die meisten dieser Gruppen agieren in Khyber Pakhtunkhwa, hauptsächlich in Charsadda, Swabi, Nowshera und der Peripherie von Peschawar. Allerdings gebrauchen auch viele kriminelle Gruppen dieses Label. Die meisten dieser Gruppen sind klein und ihre Operationen sind auf ihre Umgebung begrenzt (BAA 6.2013).
Es gibt auch im Punjab sunnitische Terrorgruppen. Eine von diesen, die Lashkar-e-Jhangvi, zielt darauf ab, Schiiten aus Pakistan zu vertreiben (Reuters 11.4.2013). Sie ist in viele Gruppen zersplittert, deren Taktiken und Ziele sich von einem Gebiet zum anderem unterscheiden. Sie ist eine lokal orientierte Gruppe, ihre Zielsetzung auf Schiiten richtet sich z.B. in Belutschistan vor allem gegen Hazara. Höhepunkt waren die Anschläge in Quetta im Jänner und im Februar 2013 (ca. 200 Tote) (BAA 6.2013; BFA 10.2014). Die Punjabi Taliban sind eine eigene, von der TTP gesonderte Gruppe, doch unterhalten sie zu dieser Verbindungen. Ihre Ziele sind hauptsächlich Sicherheitskräfte und Schiiten. Sie agieren im Punjab wie terroristische Zellen, derzeit sind sie allerdings wenig aktiv (BAA 6.2013). Im September 2014 hat die Punjabi Taliban bekannt gegeben, dass sie ab sofort nur mit friedlichen Mitteln die Umsetzung der Scharia verfolgen würden. Sie würden jedoch in Afghanistan weiter kämpfen (TET 14.9.2014; vergleiche auch: Dawn 13.9.2014).
Hauptakteur nationalistischer Gewalt ist die Balochistan Liberation Army. Sie ist in Belutschistan aktiv, vereinzelt auch in Karatschi und in den Stammesgebieten des angrenzenden Südpunjabs. Weitere Beispiele belutschischer Terrororganisationen sind Lashkar-e-Balochistan, die Balochistan Liberation Front und die United Baloch Army. 2012 verübten auch Sindhi nationalistische Gruppen im Inneren Sindh Terrorakte (BAA 6.2013). Belutschische Nationalisten und Sindhi Nationalisten übten im Jahr 2013 450 Attacken und töteten dabei 375 Menschen (The Hindu 20.1.2014).
Quellen:
Regionale Problemzone FATA
Der schmale, von paschtunischen Stämmen bewohnte Streifen an der Demarkationslinie (Durand Linie) zu Afghanistan ist administrativ in den Federal Administered Tribal Areas (FATA) zusammengefasst (BAA 6.2013). Die FATA sind charakterisiert durch eine stark tribale Struktur. Es finden sich 26 Hauptstämme mit ungefähr 32 Unterstämmen. Die Bevölkerung wird auf 4,45 Millionen geschätzt mit einer Wachstumsrate von 3,76 Prozent seit 1998 (FRC 11.2014). Die FATA umfassen ca. 3 % der Fläche Pakistans (AA 8.4.2014).
In den FATA operieren unterschiedliche terroristische Organisationen. Das Spektrum reicht dabei von einheimischen Aufständischen bis hin zu internationalen Terrororganisationen, welche die FATA als Ausgangspunkt ihrer Operationen verwenden. Die Organisationen kooperieren fallweise (BAA 31.1.2011). Viele Taliban flohen während des NATO Eingriffes im Jahr 2001 in Afghanistan in die FATA, wo der pakistanische Staat lange Zeit nicht gegen sie vorging. Erst nach dem Vorrücken von Taliban Gruppen in das Swat-Tal und weitere Teile Khyber Pakhtunkhwas entstand ein Umdenken und Regierung und Armee schritten ein. Die pakistanische Bodenoffensive und der Einsatz von US-Drohnen drängte die Führerschaft der Pakistanischen Taliban zurück. Die staatliche Kontrolle konnte in Teilen der FATA wiederhergestellt werden, jedoch ist die Sicherheitslage unbeständig, da viele Militante in andere Gebiete der FATA flohen (BAA 6.2013; vergleiche auch: BFA 10.2014, Reuters 11.4.2013, PIPS 4.1.2012). Die meisten sind in entlegenere Gebiete der sog. "Stammesgebiete" ausgewichen (AA 8.4.2014).
PIPS unterteilt die FATA in Gebiete mit Taliban-Einfluss - wo eine staatliche Administration vorhanden ist, allerdings die Taliban weiterhin Netzwerke haben - und Gebiete unter Taliban Kontrolle, wo keine Administration aktiv ist. Es gibt keine Agencies mehr, in denen das gesamte Gebiet unter der vollständigen Kontrolle der Taliban ist, doch bei Teilen einiger Agencies trifft dies zu. Die Taliban haben allerdings Netzwerke und damit Einfluss in allen Agencies. Es gibt weiterhin Anschläge von Terroristen und Militärschläge (BAA 6.2013).
In den zurückeroberten Gebieten stehen die Behörden vor den Herausforderungen des Wiederaufbaus, auch der öffentlichen Verwaltung und der Justiz. Binnenvertriebene (IDPs), die vor den Kämpfen in FATA und Khyber Pakhtunkhwa geflohen sind, warten auf die Rückkehr in ihre Heimatorte (AA 8.4.2014). In Teilen der FATA wurde der Wiederaufbau begonnen. In Bauvorhaben wie dem Transregional Highway, verschiedenen Wasserreservoirs und anderen Projekten sind hauptsächlich chinesische Firmen und Arbeiter vor Ort tätig (BAA 6.2013). Über 400 - 481 Schulen, darunter über 100 für Mädchen wurden in der FATA in den letzten fünf Jahren zerstört. Die Armee begann mit der Rekonstruktion von Schulen, auch für Mädchen - in einigen Gebieten der FATA. Es wurden jedoch bis jetzt nur 158 Schulen wiederaufgebaut. Die finanziellen Ressourcen zum Wiederaufbau sind gering, während weiterhin Schulen durch Militante zerstört werden. UNICEF stellt Zelte für den Unterricht für Buben und für Mädchen zur Verfügung (Dawn 30.5.2012; vergleiche auch: CAO 30.4.2014).
Militäroperationen und militante Gewalt vertreiben weiterhin Menschen aus der FATA, auch aus Gebieten, die offiziell als von Militanten befreit erklärt wurden (Reuters 11.4.2013). Mit Stand November 2014 schätzte UNHCR die Zahl der IDPs aus Khyber Pakhtunkhwa und FATA auf 228.883 Familien. Davon sind 6.540 oder 3% der Familien in Lagern untergebracht. 74.371 IDP Familien oder 32% sind aus Nord-Wasiristan geflohen (UNHCR 12.11.2014a). Zwischen 2010 - 2014 sind 165.603 Familien in die FATA zurückgekehrt (UNHCR 12.11.2014b). OCHA berichtet das mit Stand 15. November 2014 insgesamt 1.002.002 registrierte IDPs (95.356 Familien) aus Nord-Wasiristan kommen (OCHA 15.9.2014).
Bei der Offensive im Jahre 2009 in Süd-Wasiristan wurden eine halbe Million Menschen intern vertrieben und zivile Einrichtungen zerstört. Eine Kombination der Offensive und der U.S. Drohnen half, die Führerschaft der Pakistanischen Taliban aus Süd-Wasiristan zu vertreiben. Die Armee sucht nach Wegen, die Menschen davon zu überzeugen, dass die Rückkehr sicher ist, doch bisher sind nur 41.000 Flüchtlinge zurückgekehrt. Geschäfte, Straßen und Schulen - auch für Mädchen - wurden wiederaufgebaut. Das "Waziristan Institute of Technical Education" und ein Kadetten College wurden gebaut. Es gibt allerdings nur geringe Anzeichen dafür, dass die zivile Administration Fuß fassen kann. Der höchste Verwaltungsbeamte, der "political agent", lebt nicht in Süd-Wasiristan, da die Taliban in den letzten Jahren mehrere Hundert Führungspersonen in den Stammesgebieten töteten (Reuters 3.2.2013). Eine IDP Statistik zeigt, dass 38.641 IDP registrierte Familien aus Süd-Wasiristan noch nicht zurückgekehrt sind (PC 15.9.2014). Die Sicherheitslage hat sich in Süd-Wasiristan seit einem Jahr verbessert. Es gibt Gerüchte, dass die Taliban mit den Sicherheitskräften ein stillschweigendes Friedensabkommen eingegangen sind. Jedoch weder das Militär noch die Aufständischen haben die Bedingungen des Abkommen bekannt gemacht (FRC 7.2014).
In der FATA gab es im Jahr 2013 293 terroristische Anschläge mit 425 Toten. Die Zahl der gewalttätigen Zwischenfälle ist 2013 mit 24% gesunken (PIPS 4.1.2014).
In den Monaten Juli bis September 2014 war Nord-Wasiristan die unruhigste Agency. Nord-Wasiristan ist bekannt dafür vielen aufständischen Gruppen, einschließlich denen mit nationalen und internationalen Plänen, Schutz zu bieten. Die Agency ist international für das Haqqini-Netzwerk, eine afghanische Taliban-Gruppe, bekannt. Viele landesweite Aktivitäten der Aufständischen konnten auch zu fremden Gruppen, sowie al-Qaida und der Islamische Bewegung Usbekistan, aber auch zur Punjabi Taliban und TTP zurückgeführt werden, die sich in dieser Agency eingenistet haben. Nord-Wasiristan ist die volatilste Agency geprägt von Unsicherheiten jeglicher Form: Angriffe auf Konvois, gezielte Tötungen, Drohnenangriffe und grenzüberschreitende Angriff. Machtkämpfen zwischen aufständische Gruppen verursachte noch weiteres Blutvergießen. Schließlich startete das Militär eine Offensive, genannt "Zarb-e-Azb", gegen die Aufständischen in Nord-Wasiristan am 15. Juni 2014. Die Medienabteilung des Militärs, Inter-Services Public Relations (ISPR), gab an, dass über 400 Aufständischen getötet wurden. Jedoch ist dies die einzige Quelle und die Information konnte nicht verifiziert werden (FRC 7.2014). Durch diese Offensive wurden eine große Anzahl von Menschen vertrieben und FRC berichtet von 1.016.611 IDPs. Die meisten IDPs flohen zu den naheliegend besiedelten Distrikten von KP einschließlich Bannu, Lakki Marwat, Karak, Tank, Dera Ismail Khan, Peshawar und andere Teile des Landes. Laut Militärischen Quellen wurden große Teile der Agency von Aufständischen befreit, sogar die großen Städte (FRC 11.2014).
Orakzai Agency, die ehemals sehr stark von Gewalt der Aufständischen betroffen war, ist ruhiger denn je zuvor im dritten Quartal 2014 gewesen. Um die Infiltration von Aufständischen aus anderen Agencies aufzuhalten, haben die Stammesangehörigen Check-Points aufgestellt und somit wurde die Bewegung der Aufständischen in die Agency eingeschränkt. Die Kurram Agency war auch im letzten Quartal wenig von aufständischen Aktivitäten betroffen gewesen. Dies bedeutet nicht, dass die Agency von Aufständischen befreit ist. Viele IDPs aus Nord-Wasiristan haben Schutz und Kurram gesucht. Es wird berichtet, dass alle Schritte genommen werden um die Sicherheit der IDPs zu gewährleisten. Den IDPs werden kostenloser Transport, kostenlose medizinischen Versorgung und tägliche Rationen zu Verfügung gestellt. Weiteres wurden sie in staatlichen Schulen untergebracht (FRC 11.2014). Die Welle von Gewalt hielt in den Monaten von Juli bis September 2014 in der Khyber Agency an. Es ist die zweitunruhigste Agency im FATA. Die häufigsten Anschläge der Aufständischen waren gezielte Tötungen gefolgt von Entführungen (FRC 11.2014).
Laut UNHCR verließen etwa 80.000 Menschen das Tirah-Tal, nach einer Intensivierung des Kampfes zwischen zwei militanten Gruppen, Ansarul Islam (AI) und Lashkar-e-Islam, wobei die Pakistanischen Taliban die letztere Gruppe unterstützt. Im September 2013 wurde eine militärische Operation gestartet, welche die Gegend von den Aufständischen befreite. Daraufhin sind noch im Jahre 2013 etwa 30.000 IDPs zurückgekehrt. Im Mai 2014 waren etwa 46.000 IDPs bereit zum Tirah-Tal zurückzukehren, obwohl die meisten ihre Häuser zerstört vorfinden werden (IRIN 26.5.2014).
Im ersten Quartal 2014 waren alle Agencies der FATA von zahlreichen terroristischen Anschlägen betroffen. Insgesamt zeichnete das FATA Research Center in diesem Quartal 74 Vorfälle mit 257 Toten auf. In der Khyber Agency war die Gewalt am höchsten. Die Hälfte aller Opfer war in dieser Agency zu verzeichnen. Unter den Todesopfern befanden sich 455 Militante (71%), 86 Zivilsten und 70 Sicherheitskräfte. Die Agencies Khyber, Kurram und Süd-Wasiristan die nach Militärischen Operationen friedlich wurden, waren nun wieder mit einer hohen Welle von Gewalt konfrontiert (FRC 5.2014).
Im zweiten Quartal 2014 wurden 129 Terroranschläge gezählt mit 652 Todesopfern. Die häufigsten Anschläge waren gezielte Tötungen, welche in der Khyber Agency, Nord-Wasiristan und Bajaur am häufigsten vorkamen. Ein weiterer Trend waren Bombenanschläge, einschließlich improvisierte Sprengsätze, die oft eingesetzt wurden, um die beweglichen Kontingente der Sicherheitskräfte oder regierungsfreundliche Stammesälteste zu treffen.
Im dritten Quartal 2014 war die Sicherheitslage weiterhin unruhig. 91 terroristische Anschläge wurden gezählt, dabei kamen 628 Menschen ums Leben. Die volatilste Agency war Nord-Wasiristan gefolgt von Khyber und Bajaur Agencies. Seit dem Start der militärischen Operation "Zarb-e-Azb" im Juni, gab es in Nord-Wasiristan eine große Anzahl verschiedener Militärschläge. Die Boden- und Luftoffensiven haben Berichte zufolge die TTP erheblich geschwächt. In der Khyber Agency wurden 32 Terrorvorfälle gezählt mit 82 Toten. Die häufigsten Anschläge der Aufständischen waren gezielte Tötungen und Entführungen. Die Sicherheitslage verbesserte sich in Süd-Wasiristan. Es gab 4 Terroranschläge mit fünf Toten (FRC 11.2014).
Die lokale Regierung der FATA versucht durch Sportförderung die Jugendlichen der FATA von Militanten wegzuholen. Den Jugendlichen sollen alternative Zukunftsmöglichkeiten, als sich den Taliban anzuschließen, geboten werden. Cricket-Turniere und andere Sportveranstaltungen werden gefördert. Bis 2012 war die Bajaur Agency Konfliktgebiet, nachdem eine große Offensive gegen die Taliban 2008 stattgefunden hatte. Von den 300.000 geflohenen Zivilisten sind nur 18.000 zurückgekehrt. Ungefähr 100 kleine Cricket Teams sind nun in der Bajaur Agency entstanden. Aus der Orakzai Agency wird berichtet, dass um die 150 Jugendliche, die zuvor den Taliban angehörten zum Sport wechselten (AT 25.7.2013). Im Swat-Tal wird durch die Regierung ein Rehabilitationszentrum für frühere Kindersoldaten der Taliban unterhalten (USDOS 27.2.2014).
Quellen:
USDOS - US Department of State (27.2.2014): Country Report on Human Rights Practices 2013 - Pakistan, http://www.ecoi.net/local_link/270793/400683_de.html, Zugriff 20.11.2014
Regionale Problemzone Khyber Pakhtunkhwa
Die Provinz Khyber Pakhtunkhwa ist in 24 Distrikte mit einer Bevölkerungszahl um die 20 Millionen unterteilt. Die Region zählt zu den unsicheren in Pakistan (BAA 6.2013). Die Zahl an Sicherheitsvorfällen ist zwar 2012 mit 456 zurückgegangen, bleibt allerdings hoch (BAA 6.2013; vergleiche auch: PIPS 4.1.2014).
Khyber Pakhtunkhwa leidet wie die anderen Regionen an der Grenze zu Afghanistan seit Jahren an Gewalt, da Sicherheitskräfte gegen Militante kämpfen. Die pakistanischen Taliban kontrollierten vor der Militäroperation 2009 Teile von Khyber Pakhtunkhwa (Reuters 11.4.2013; vergleiche auch: AA 10.2014a). Nachdem im April 2009 die pakistanische Armee einen Großangriff in der Swat-Region und den umliegenden Distrikten startete, wo zahlenmäßig ein Viertel der Bevölkerung der Provinz Khyber Pakhtunkhwa beheimatet ist, schätzten die Vereinten Nationen, dass mehr als 3,5 Millionen Menschen in Pakistan aus ihrer Heimat geflohen sind (DACH 3.2011). Allein aus dem Swat Tal, aus dem die Taliban in den heftigen Kämpfen 2009 vertrieben wurden, wurden auch 2 Millionen Einwohner vertrieben. Nachdem die Armee das Swat Tal im Juli 2009 als sicher und von Taliban befreit erklärt hatte, begannen die Menschen langsam wieder zurückzukehren (Reuters 11.4.2013; vergleiche auch: AA 10.2014a). 2011 sollen bereits zwischen 80 bis 90 % der Flüchtlinge in das Swat-Tal zurückgekehrt sein (DACH 3.2011). Die aktuellen Zahlen an IDPs sind bei weitem geringer als jene im Jahr 2009 (Reuters 11.4.2013).
Obwohl die Regierungskräfte die Taliban in der Militäroffensive 2009 von den meisten Gebieten Khyber Pakhtunkhwas vertrieben und die Taliban in der Provinz nun weniger stark sind, gibt es weiterhin regelmäßig Anschläge und trotz der fortbestehenden Militärpräsenz operieren militante Gruppen (Reuters 11.4.2013). Im Berichtsjahr 2013 gab es in Khyber Pakhtunkhwa 499 terroristische Vorfälle mit 706 Todesopfern (PIPS 4.1.2014). Die Hauptstadt Peschawar war mit 160 Anschlägen 2013 das am stärksten betroffene Gebiet, gefolgt vom Distrikt Bannu mit 52 Anschlägen. Danach kam Charsadda mit 51 Anschlägen. Die Distrikte Swabi (38), Hangu (34), Mardan (29), und Swat (22) waren ebenfalls stark von Angriffen betroffen. Mehr als 10 Angriffe wurden in den folgenden Distrikten gemeldet: Khan, Kohat, Lakki Marwat, Nowshera und Tank. Im Vergleich zu 2012 stieg die terroristische Gewalt um 9% an und die Zahl der Todesfälle stieg um 76% an (PIPS 4.1.2014).
Seit Januar 2014 ist ein konstanter Abwärtstrend an der Zahl der Opfer von Gewalt in Khyber Pakhtunkhwa zu bemerken. Allerdings ist das Verhältnis der Todesfälle der Zivilisten und den Aufständischen unverhältnismäßig. Mehr als 80% der gesamten Todesopfer durch Gewalt sind Zivilisten und Sicherheitskräfte. 2014 war die Hauptstadt Peschawar am meisten von Gewalt betroffen, gefolgt von Kohat, Bannu, D.I. Khan und Nowshera (CRSS 14.11.2014).
Die Taliban haben 640 Schulen, darunter 400 Schulen für Mädchen, in KP zerstört. Offizielle Vertreter der Provinz geben jedoch an, dass sie es nicht zulassen werden, dass die Taliban das Bildungssystem der Provinz zerstören. 160 neue Schulen, einschließlich 112 für Mädchen, werden in diesem Geschäftsjahr (2014/2015) gebaut (CAO 27.8.2014). Es wird auch berichtet, dass 8.000 neue Lehrer eingestellt wurden, dazu wurden noch 700 Inspektoren eingestellt, die die Leistung der Schulen kontrollieren sollen (KN 8.11.2014).
Durch mehrere administrative Änderungen wurden die Polizeikräfte verstärkt und ihre Leistung hat sich verbessert. Polizisten, die ihre Aufgaben nicht erfüllen, werden durch interne Kontrollmechanismen zur Verantwortung gezogen. Im Juli und August 2014 wurden etwa 300 Polizisten bestraft. Sie wurde entweder entlassen, suspendiert oder degradiert (CAO 19.8.2014). Die Polizei in KP gab an, dass sie IDPs in Polizeiarbeit miteinbeziehen werden. Die Einstellung von IDPs wird den Behörden helfen Sicherheit und Frieden in IDP-Camps zu bewahren und zudem werden somit Arbeitsplätze für junge Erwachsene geschaffen (KN 18.11.2014).
Sicherheitsvorkehrungen werden in Peshawar getroffen. Polizei und Frontier Constabulary patrouillieren KPs Grenze zu FATA. Die Polizei hat auch mehrere Check-Points eingerichtet. Bei diesen Check-Points haben sie Spürhunde und Bombenerkennungsgeräte. Die Sicherheitslage hat sich in den letzten Monaten deutlich verbessert, jedoch fürchten viele, dass dies nur von kurzer Dauer sein könnte (CAO 19.8.2014).
Quellen:
Regionale Problemzone Karatschi
Karatschi, die Hauptstadt der Provinz Sindh, ist die Handels-, Wirtschafts- und Finanzmetropole Pakistans. Sie ist mit circa 18 Millionen Einwohnern eine der größten Städte der Welt. Die Lage in Karatschi ist volatil. Politisch motivierte, ethnische Spannungen zwischen den Muhajir, den nach der Teilung von Indien nach Pakistan emigrierten Muslimen, und den aus Afghanistan und von der Nordwestgrenze Pakistans zugewanderten Paschtunen halten seit Jahren an (BAA 6.2013). Es gibt signifikante Berichte zu politisch motivierten Tötungen durch die verschiedenen politischen Gruppierungen (USDOS 27.2.2014). Die TTP, ihre affiliierten Gruppen und mehrere sektiererische Gruppen nutzten weiterhin die schlechte Sicherheitslage in der Stadt aus. Eine Militäroperation, die am 4. September 2013 begann und bis Ende Dezember 2013 anhielt, verbesserte die Situation etwas. Die Strafverfolgungsbehörden waren durch gezielte Operationen erfolgreich politisch motivierte Morde unter Kontrolle zu bringen. Jedoch waren sie nicht in der Lage die religiös motivierte Gewalt aufzuhalten. Terroranschläge sind im Jahr 2013 in der Stadt Karatschi um 90% gestiegen und die Zahl der Todesopfer stieg um 80%. (PIPS 4.1.2014).
Tötungen werden von bewaffneten Gruppen, die von allen in der Stadt vertretenen politischen Parteien geschützt werden, begangen (HRW 22.1.2012). Karatschi ist eine Hochburg für die politischen Parteien Muttahida Quami Movement (MQM) und Pakistan Peoples Party (PPP), die ihren Sitz dort haben, sowie für die Pakistani Taliban und andere bewaffneten Gruppen die ihre Präsenz in den letzten fünf Jahren dort verstärkt haben. Alle diese Akteure und dazugehörige Gruppen kontrollieren gesamte Nachbarschaften durch Erpressungen, Tötungen und Entführungen. Laut offiziellen Angaben der Karatschi Polizei wurden 2013 166 Polizisten in der Stadt getötet. Im Jahr 2014 wurden mit Stand 16. März bereits 45 Polizisten getötet. Die Polizei hielt die Pakistani Taliban und ihre dazugehörigen Gruppen für die meisten Tötungen verantwortlich, aber die MQM war auch in Tötungen und Einschüchterungen von Polizisten verwickelt. Journalisten in Karatschi fürchten die MQM am meisten, da diese hinter vielen Tötungen von Journalisten steckt (AI 30.4.2014).
Im Jahr 2013 wurde von PIPS eine erhöhte Terrorwelle, neben häufigen Fällen ethnopolitischer Gewalt beobachtet. In Karatschi stieg die Anzahl der Terroranschläge in 2013 um 90% im Vergleich zu 2012. PIPS verzeichnete 356 Terroranschläge mit 492 Todesopfern. Dazu kamen 183 Anschläge die ethnopolitisch motiviert waren und es wurden 222 Todesopfer verzeichnet. 107 Anschläge trafen die Sicherheitskräfte und ihre Check Points. Viele Polizisten und Offiziere der Sicherheitskräfte wurden Opfer von gezielten Tötungen in Karatschi. Im Jahr 2013 war die Stadt Karatschi am schlimmsten von sektiererischer Gewalt betroffen. 130 Angriffe töteten 210 Menschen, und somit stiegen die Gewaltvorfälle um 34% im Vergleich zu 2012. Die Hauptvorfälle waren gezielte Tötungen und wurden meistens von rivalisierenden sektiererischen Gruppen, einschließlich die sunnitischen Gruppen Lashkar-e-Jhangvi und Ahl-e-Sunnat Wal Jamaat (ASWJ), und die schiitisch Gruppe Sipah-e-Muhammad Pakistan, ausgeübt (PIPS 4.1.2014).
Taliban-Mitglieder, die durch die Swat-Operation vertrieben wurden, flohen nach Karatschi (BBC 21.3.2013; vergleiche auch: Dawn 9.3.2014). Im Zuge der starken, durch die Militäroperationen ausgelösten Wanderungsbewegung von Paschtunen aus Swat und Süd-Wasiristan nach Karatschi, konnten dort auch Taliban aus den betreffenden Gegenden Fuß fassen. Diese Entwicklung, welche die Außenbezirke Karatschis betrifft, findet auch vermehrt Niederschlag in den Medien. Immer stärker sind Taliban dort präsent und geben die Regeln vor. Durch diese Vereinnahmung mancher Bezirke gibt es Berichte von Personen, welche gegen die Taliban im Swat-Tal arbeiteten und in Karatschi getötet wurden. Viele Splittergruppen der TTP haben sich mit verbotenen sektiererischen Gruppen und kriminellen Syndikate zusammengeschlossen, um ihre subversiven Tätigkeiten und ihre Fundraising-Kampagnen (meistens durch Erpressungen, Raub und Entführungen für Lösegelder) zu verstärken. Die TTP toleriert keine Oppositionen und haben es zu ihrem Ziel gemacht die politische Rolle der ANP zu verringern (BAA 6.2012; vergleiche auch: Dawn 9.3.2014). Bewohner von armen, infrastrukturell schlecht ausgestatteten, paschtunischen Vororten bringen ihre Probleme vor die Taliban und diese fällen Urteile und verhängen Strafen. Zwischen kriminellen Gangs und Taliban Gruppen gibt es Machtkämpfe. Taliban nutzen Entführungen zur Finanzierung und attackieren ANP und MQM Aktivisten in Karatschi (BBC 21.3.2013; vergleiche auch: BAA 6.2012).
Bei einem Angriff von Taliban auf den internationalen Flughafen in Karatschi wurden in der Nacht vom 8. Juni 2014 34 Personen getötet (Reuters 10.6.2014). Es war der ambitionierteste Angriff der Islamisten seit dem Sturm auf die Luftwaffenbasis von Karatschi vor drei Jahren. Zehn offenbar gut ausgebildete Angreifer in Uniformen von Sicherheitskräften, bewaffnet mit Raketenwerfern und Sturmgewehren, lieferten sich fünf Stunden lang Gefechte mit pakistanischen Soldaten, Paramilitärs und Polizisten (FAZ 9.6.2014a; vergleiche auch: auch Dawn 10.6.2014a). An den internationalen Flughäfen Lahore und Islamabad wurden die Sicherheitsvorkehrungen stark erhöht (Dawn 9.6.2014).
Quellen:
Regionale Problemzone Belutschistan
Belutschistan umfasst 31 Distrikte. Die Einwohnerzahl beläuft sich auf ca. 8 Millionen. Es ist flächenmäßig die größte, gleichzeitig allerdings die am geringsten besiedelte, am wenigsten entwickelte und ärmste Provinz Pakistans. Mehrere nationalistische Gruppen greifen zu Terror um eine Unabhängigkeit zu erreichen (BAA 6.2013). So sind militante Stämme in einem Aufstand auf niederschwelligem Niveau aktiv, um größere Kontrolle über die Ressourcen (Bodenschätze) und die politische Macht bzw. politische Autonomie zu erhalten (Reuters 11.4.2013).
Belutschistan zählt zu den kritischen Regionen Pakistans, besonders die belutschischen Gebiete in Belutschistan sind stark unsicher, während die paschtunisch besiedelten etwas sicherer sind. Belutschistan ist seit Jahren ein Unruheherd nationalistischer Rebellen und interkonfessioneller Gewalt (BAA 6.2013).
2013 war in Bezug auf die Anzahl der Opfer von Terrorvorfällen Belutschistan die Region die am meisten von Gewalt betroffen war. 487 Angriffe mit 727 Todesopfern wurden für 2013 von PIPS aufgezeichnet. Unter den Todesopfern befanden sich 560 Zivilisten, 97 Polizisten und 26 Aufständische. In Quetta wurden 398 Menschen bei 112 Angriffen getötet. 424 von den 487 Angriffe waren terroristische Vorfälle, 33 wurden von sektiererischer Gruppen, hauptsächlich Lashkar-e-Jhangvi, ausgeübt und 30 von anderen militanten Gruppen einschließlich der Tehreek-e-Taliban Balochistan (TTB). Eine große Anzahl der Todesopfer, 278, gab es bei sektiererischer Gewalt, die meisten davon waren schiitischen Hazara aus Quetta. Weiterhin gab es 43 Operationen von Sicherheitskräften, 18 Vorfälle von Entführungen durch nationalistischen Aufständische und 12 ethnopolitische Vorfälle. 130 Terrorangriffe haben Sicherheitskräfte getroffen. Dabei kamen 174 Menschen, einschließlich 85 Polizisten und 43 Zivilisten, ums Leben. Hauptziel der Aufständischen waren Sicherheitskräfte nicht-belutschische Siedler, Pro-Regierungs-Stammesmitglieder und politische Aktivisten, sowie Infrastruktureinrichtungen, wie Gas-Pipelines, Bahngleise und elektrische Leitungen (PIPS 4.1.2014).
Hauptakteur nationalistischer Gewalt ist die Belutschistan Liberation Army. Weitere Beispiele belutschischer Terrororganisationen sind Lashkar-e-Balochistan, Balochistan Liberation Front und United Baloch Army (BAA 6.2013).
Besonderes Ziel in Belutschistan ist die schiitische Hazara-Minderheit, an der sich mehrere Kategorien des Terrors kreuzen (BAA 6.2013). Sunnitische extremistische Bewaffnete attackieren in Quetta systematisch Angehörige der Hazara. Es gab keine Verhaftungen, was schwere Vorwürfe gegen die Regierung hervorruft. Hauptdrahtzieher ist die Lashkar-e-Jhangvi. Die Angstkampagne hat viele Hazara gezwungen, sich in ethnische Enklaven am Rande der Stadt zurückzuziehen, wo bewaffnete Männer an Straßenecken Wache halten (NYT 3.12.2012; NYT 23.10.2014).
Am 10. Jänner 2013 starben mindestens 92 Menschen, davon 86 schiitische Hazara, bei einem Anschlag in Quetta. Die sunnitische Extremistengruppe Lashkar-i-Jhangvi bekannte sich dazu. Bei einem erneuten Anschlag in einer überwiegend von schiitischen Hazara bewohnten Enklave in Quetta starben am 16. Februar 2013 mindestens 84 Personen (BAA 6.2013; vergleiche auch: HRCP 3.2014). Bei einem Anschlag auf einen Bus im Distrikt Mastung am 21. Jänner 2014 starben mindestens 22-26 schiitische Pilger (Dawn 21.1.2014; vergleiche auch: TET 23.1.2014).
Nach den nationalen Wahlen nominierte der neue Premierminister Nawaz Sharif den belutschischen Nationalisten Dr. Abdul Malik Baloch von der Nationalpartei zum Chief Minister von Belutschistan, obwohl die PML-N in der Provinzversammlung von Belutschistan in den Wahlen die Mehrheit erringen konnte. Die Ernennung wird als wichtiger Schritt der Stabilisierungsbemühungen von Nawaz Sharif angesehen (BAA 6.2013).
Quellen:
Regionale Problemzone Gilgit-Baltistan und Azad Jammu und Kaschmir
Gilgit-Baltistan und Azad Jammu und Kaschmir sind jene Gebiete Kaschmirs, welche auf der pakistanischen Seite der Demarkationslinie mit Indien liegen und unter Kontrolle Pakistans sind. Sie verfügen über einen teilautonomen Status (BAA 6.2013). Die lokale Regierung verfügt nur über eine scheinbare Souveränität und ist tatsächlich der Regierung in Islamabad unterstellt. Die wahre Macht geht aber vom Militär aus (ICG 3.5.2012; vergleiche auch: BFA 10.2014, Aljazeera 2.7.2014). Die politischen Rechte der Bewohner des von Pakistan verwalteten Teil Kaschmirs sind eingeschränkt, trotz einiger Verbesserungen. Gilgit Baltistan wird direkt von der pakistanischen Föderalregierung verwaltet und erfüllt damit nicht den durch den pakistanischen Supreme Court festgelegten Status. Die Region ist nicht in der pakistanischen Verfassung enthalten und hat keine eigene Verfassung. Sie verfügt über einen Premierminister, eine gesetzgebende Versammlung und einen Rat für Gilgit Baltistan, dem der pakistanische Premierminister vorsteht (FH 1.2013; vergleiche auch:
BFA 10.2014, Aljazeera 2.7.2014).
Azad Jammu und Kaschmir verfügt über eine Übergangsverfassung, ein Ein-Kammer-Parlament und einen Premierminister. Doch Pakistan hält beträchtliche Kontrolle über die Regierungsstruktur. Auch das pakistanische Militär hält eine führende Rolle. Die Wahlen von 2011 waren getrübt von Vorwürfen des Wahlbetruges, sowie von einigen Vorfällen von Gewalt und Belästigung, wobei mindestens drei in Bezug zu den Wahlen stehende Morde berichtet wurden (FH 1.2013). Das zweite Jahr in Folge gab es 2012 keinen Terroranschlag in Azad Jammu und Kaschmir (PIPS 4.1.2013). Im Jahr 2013 gab es einen terroristischen Vorfall. Ansonsten gab es 48 grenzüberschreitende Angriffe an der Grenze zu Indien, dabei starben 15 Menschen (PIPS 4.1.2014).
Konflikte zwischen Schiiten und Sunniten in Gilgit-Baltistan führen gelegentlich zu gewaltsamen Auseinandersetzungen (AA 5.11.2014). Seit 2009 gab es in Gilgit Baltistan einen Anstieg an sektiererischer Gewalt zwischen schiitischen Muslimen, welche die Mehrheit der Bevölkerung in Gilgit Baltistan ausmachen, und sunnitischen Muslimen, welche mit Unterstützung der Regierung in die Region zogen. Dieser Trend hielt auch 2012 an (FH 1.2013). Am 3. April 2012 wurde in der Stadt Gilgit durch das pakistanische Militär eine Ausgangssperre verhängt, um religiös motivierte Unruhen, die zuvor 14 Tote und über 50 Verletzte gefordert hatten, einzudämmen. Die Lage beruhigte sich wieder und aus dem Jahr 2013 wurden Vorfälle dieser Art allerdings nicht bekannt (AA 5.11.2014). Es wurde von den verschiedenen Konfessionsgruppen gemeinsam sehr viel im Bereich des interreligiösen Dialogs unternommen. Im ländlichen Bereich gibt es weniger Zwischenfälle, hier ist das Zusammenleben relativ harmonisch, auch mit der ismailitischen Glaubensgemeinde (BAA 6.2013).
Für das Berichtsjahr 2013 verzeichnet PIPS fünf Terrorangriffe mit 16 Todesopfern in Gilgit Baltistan. Im Juni 2013 wurden im Distrikt Diamer elf Leute, einschließlich neun Touristen und zwei Pakistanis, von bewaffneten Männern erschossen. Die TTP übernahm die Verantwortung für diesen Angriff. PIPS berichtet von keinem sektiererischen Gewaltvorfall in Gilgit (PIPS 4.1.2014). Freedom House berichtet von einem tödlichen sektiererischen Vorfall im Dezember 2013 in Gilgit Baltistan (FH 23.1.2014).
In der Region kommt es außerdem zu gelegentlichen Schusswechseln zwischen indischen und pakistanischen Grenzsoldaten (BAA 6.2013). Anfang Jänner 2013 wurden zwei indische Soldaten und drei pakistanische Soldaten bei Schusswechsel an der Grenze getötet. Beide Seiten versicherten, dass dies die begonnenen Gespräche zur Verbesserung der wechselseitigen Beziehungen nicht beeinträchtigen würde (Reuters 16.1.2013). Im August 2013 kam es weiterhin zu mehreren Zwischenfällen an der indisch-pakistanischen Grenze (PIPS 11.9.2013). Im Oktober 2014 kamen bei einem Schusswechsel neun Zivilisten ums Leben (Reliefweb 6.10.2014).
Seit März 2011 kommt zu einer langsamen Entspannung zwischen Indien und Pakistan. Dennoch bleibt die Region hoch militarisiert (ICG 3.5.2012). Trotz periodischer Gespräche zwischen Indien und Pakistan wurden nur kleine Fortschritte hinsichtlich einer umfassenden Lösung des Kaschmirkonfliktes erzielt (FH 1.2013). Indien hatte die Friedensgespräche, die am 25. August 2014 stattfinden sollten, abgesagt, da Pakistan mit indischen Kashmiri Separatisten konsultierte (Reliefweb 6.10.2014; vergleiche auch: DW 19.8.2014).
Quellen:
Reuters (16.1.2013): UPDATE 5-Pakistan protests to India over Kashmir killing,
http://www.reuters.com/article/2013/01/16/pakistan-india-shooting-idUSL6N0AKHCN20130116, Zugriff 26.11.2014
Rechtsschutz/Justizwesen
Die Justiz verteidigt ihre nach Ende der Militärherrschaft zurückgewonnene Unabhängigkeit erfolgreich und bemüht sich, den Rechtsstaat in Pakistan zu stärken (AA 8.4.2014). Das pakistanische Justizwesen bleibt weiterhin unabhängig aber auch umstritten (HRW 21.1.2014).
Erhebliche Unzulänglichkeiten im Justizapparat und Schwächen bei der Durchsetzung des geltenden Rechts bestehen allerdings fort. Nach dem Index des "World Justice Project" zur Rechtsstaatlichkeit gehört Pakistan zu den Ländern mit großen Defiziten in diesem Bereich. Teil römisch VII der Verfassung garantiert die Unabhängigkeit der Judikative, die zwar eine politische Stärkung erfahren hat, die aber insgesamt gesehen nach wie vor ineffizient und vor allem in den unteren Gerichtsinstanzen auch weitgehend wirkungslos ist (AA 8.4.2014). In der Praxis ist die Justiz oft von externen Einflüssen, wie der Angst vor Repressionen bei Fällen von Terrorismus, beeinträchtigt. Viele Gerichte unterer Instanzen bleiben korrupt, ineffizient und Opfer des Drucks prominenter wohlhabender, religiöser und politischer Akteure. Die politische Ernennung von Richtern erhöht den Einfluss der Regierung auf die Justiz Die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes und der Hohen Gerichte ist für einige Gebiete, die andere juristische Systeme haben, nicht zuständig (USDOS 27.2.2014).
Die erwähnte weitverbreitete Korruption vor allem unterer Gerichtsinstanzen in Zusammenhang mit einem veralteten Prozessrecht sowie überlasteten und überforderten Strafverfolgungsbehörden führen zu einer Vielzahl unerledigter Fälle, langen Inhaftierungen ohne gerichtliches Verfahren oder nach Fehlurteilen, da Beweissicherungen nicht möglich sind (AA 8.4.2014; vergleiche auch: USDOS 27.2.2014). Laut dem Obersten Richter gab es 1,6 Millionen ausstehende Verfahren (USDOS 27.2.2014). Trotz der Annahme der "National Judicial Policy" 2009 blieb der Rückstand an Fällen auf allen Ebenen hoch, die Probleme der Korruption und Inkompetenz in den Gerichten weiterhin verbreitet (HRW 31.1.2013) und der Zugang zur Gerichtsbarkeit kostenintensiv und schwierig (AA 8.4.2014; vergleiche auch: HRW 21.1.2014). Schließlich ist der Aufbau der Judikative mit unterschiedlichen Sondergerichten (z.B. Militär, Scharia, zur Bekämpfung des Terrorismus usw.) komplex und wird als nicht jedermann zugänglich empfunden (AA 8.4.2014).
Im Januar 2010 wurde der "Public Defender and Legal Aid Office Act (PDLAOA) 2009" verabschiedet. Das Gesetz soll insbesondere sicherstellen, dass alle Angeklagten unabhängig von ihren finanziellen Möglichkeiten gleichermaßen Zugang zu einem Rechtsbeistand vor Gericht und, soweit notwendig, Anspruch auf Armenrecht haben. Eine Implementierung des Gesetzes steht allerdings bislang noch aus (AA 8.4.2014).
Bei der Bearbeitung von unpolitischen Fällen werden der Hohe Gerichtshof und der Oberste Gerichtshof durch Medien und Öffentlichkeit generell als zuverlässig eingestuft (USDOS 27.2.2014). Der in den vergangenen Jahren durch die hartnäckige Verfolgung von Korruptionsvorwürfen aufgefallene Oberste Richter am Supreme Court of Pakistan, Justice Iftikar Chaudhry, scheint inzwischen auch ranghohe Angehörige des pakistanischen Militärs und Geheimdienstes nicht mehr zu schonen. Erstmals in der facettenreichen Justizgeschichte Pakistans wird die de facto Immunität von Armee- und Militärvertretern aufgehoben und - mit dem früheren Chef des pakistanischen Geheimdienstes (ISI) sowie dem früheren Oberbefehlshaber der pakistanischen Armee - Generälen in aller Öffentlichkeit der Prozess gemacht (HSS 10.10.2012). Im Juni 2012 entließ der Oberste Gerichtshof in einer kontroversen Entscheidung darüber hinaus Premierminister Gilani aufgrund der Weigerung an die Schweizer Behörden einen Aufruf zur Untersuchung von Korruptionsvorwürfen gegen Präsident Zardari zu übermitteln (HRW 31.1.2013). Im Jahr 2013 war der Supreme Court im Aufgreifen der Thematik von Regierungsmissbräuchen in Belutschistan aktiv. Allerdings wurde noch kein hoher Militär dafür zur Verantwortung gezogen, was die Grenzen der richterlichen Unabhängigkeit in einem Land, wo das Militär der stärkste Akteur ist, demonstriert. Der Gebrauch von suo motu [auf eigene Veranlassung] Gerichtsverfahren durch den Supreme Court war häufig. Der Oberste Gerichtshof und die Oberen Provinzgerichte begegneten Medienkritik mit Androhungen eines "Missachtung des Gerichts" Verfahrens. Der Präsident des Obersten Gerichtshof der eine führende Rolle gegen diese Medienkritik nahm, ist im Dezember 2013 in den Ruhestand getreten (HRW 21.1.2014; vergleiche auch: HRW 31.1.2013).
Im Zivil-, Kriminal- und Familiengerichtssystem gibt es öffentliche Verhandlungen, es gilt die Unschuldsvermutung, und es gibt die Möglichkeit einer Berufung. Angeklagte haben das Recht auf Anhörung und der Konsultation eines Anwalts. Die Kosten für die rechtliche Vertretung vor den unteren Gerichten muss der Angeklagte übernehmen, in Berufungsgerichten kann ein Anwalt auf öffentliche Kosten zur Verfügung gestellt werden. Angeklagte können Zeugen befragen, eigene Zeugen und Beweise einbringen und haben rechtlichen Zugang zu den Beweisen, die gegen sie vorgebracht werden (USDOS 27.2.2014).
Gerichte versagen oft dabei, die Rechte religiöser Minderheiten zu schützen. Gesetze gegen Blasphemie werden diskriminierend gegen Christen, Ahmadis und andere religiöse Minderheiten eingesetzt. Untere Gerichte verlangen oft keine ausreichenden Beweise in Blasphemie Fällen, und einige Angeklagte oder Verurteilte verbringen Jahre im Gefängnis, bevor ein höheres Gericht ihre Freilassung anordnet oder ihren Schuldspruch aufhebt (USDOS 27.2.2014).
In Pakistan, insbesondere in feudalen und von Stämmen bewohnten Gebieten, existiert ein informelles, paralleles Rechtssystem, das Jirga und Panchayat System [Informelle Versammlungen von Älteren, welche über Dispute entscheiden]. Es hat keine rechtliche Deckung und man kann dagegen verfassungsrechtlich vorgehen. Viele Menschen in ländlichen Gegenden machen aber davon Gebrauch, da sie den Gerichten oder der Polizei misstrauen (Dawn 29.3.2013). Die Panchayats oder Jirgas werden von feudalen Landherren und lokalen Führern in Sindh und Punjab und Stammesführer in paschtunischen und belutschischen Gebieten, manchmal auch in Missachtung des Rechtssystems, abgehalten (USDOS 27.2.2014).
Die Gesetzeslage hinsichtlich der Jirgas ist jedoch unklar. Erkenntnisse des Supreme Courts und anderer Gerichte haben sie für illegal erklärt. Sie haben jedoch nicht definiert, was eine Jirga ausmacht und keine Strafen für die Teilnahme an einer solchen Ratssitzung festgelegt. Im pakistanischen Gesetzbuch existiert kein spezifisches Gesetz, das Jirgas verbieten würde. Jirgas sprechen regelmäßig Urteile aus, die selbst ein Verbrechen darstellen, wie die Erlaubnis, jemanden zu töten. Trotzdem scheuen sich die Behörden oft, gegen diese Räte vorzugehen, weil sie Stammesgemeinschaften in ihren Traditionen nicht verärgern wollen. Menschenrechtsaktivisten treten stark für eine Strafbarkeit der Teilnahme an Jirgas, die widerrechtliche Urteile und Strafen aussprechen, ein. Im März 2012 hielt der Oberste Richter des Verfassungsgerichtshofs die Führung der Provinzpolizei an, gegen Jirgas vorzugehen, die Zwangsheiraten als Kompensation anordneten (LAT 1.8.2012; vergleiche auch: ÖB 11.2014).
Zunehmend geht die Justiz gegen die Jahrhunderte alte Tradition der Jirgas oder Panchayats vor. Im Großteil des Landes werden Jirgas toleriert, aber nicht anerkannt durch die formalen Gerichte. Jirga Entscheidungen sind rechtlich nicht bindend - außer in den Stammesregionen an der afghanischen Grenze [FATA], solange sie nach den Gesetzen dieser Region gefällt werden - aber werden für gewöhnlich durch die Dorfgemeinschaft umgesetzt. Jirga Entscheidungen werden meist besser befolgt als solche von Gerichten. Wenn man nicht gehorcht, muss man das Dorf verlassen. In den letzten Jahren haben Richter begonnen, die Entscheidungen der meistens konservativen und nur von Männern abgehaltenen Jirgas zu untersuchen, allen voran Bestrafungen wie Tod, Vergewaltigung oder erzwungene Kinderheiraten. Richter gehen immer öfter gegen Jirgas vor, auch weil Medien sehr viel darüber berichten. Außerdem wenden sich immer mehr Menschen auch an die Gerichte, weil sie von erfolgreichen Verfahren gegen Jirgas hören. Seit 2005 wurden 60 Fälle der seit 2004 verbotenen, allerdings weiterhin verbreiteten Zwangsehen aufgehoben. Da viele Pakistanis allerdings Jirgas unterstützen, weil sie diesen eher vertrauen als den Gerichten, meinen einige NGOs, man müsste deren System verbessern und die Strafmöglichkeiten einschränken, anstatt sie zu verbieten (Reuters 14.3.2013; vergleiche auch: UKHO 6.10.2014).
Quellen:
USDOS - US Department of State (27.2.2014): Country Report on Human Rights Practices 2013 - Pakistan, http://www.ecoi.net/local_link/270793/400683_de.html, Zugriff 15.10.2014
FATA
Der schmale, von paschtunischen Stämmen bewohnte Streifen an der Demarkationslinie (Durand Linie) zu Afghanistan ist administrativ als Federal Administered Tribal Areas (FATA) zusammengefasst. Diese gliedern sich in sieben sogenannte Agencies (Bajaur, Khyber, Kurram, Mohmand, Orakzai, Nord- und Süd-Wasiristan) denen jeweils ein Political Agent vorsteht, sowie in Frontier Regions, die von den Bezirken Bannu, Dera Ismail Khan, Kohat, Lakki Marwat, Peschawar und Tank in Khyber Pakhtunkhwa aus verwaltet werden. In den FATA gelten die bereits von den Briten eingeführten Frontier Crimes Regulations, die gewisse paschtunische Rechtsvorstellungen mit dem Versuch einer externen Kontrolle kombinieren. Die Zentralregierung verfügt mit Hilfe des Political Agent über indirekte Einflussmöglichkeiten, während die Stämme über eine gewisse Autonomie verfügen (BAA 6.2013). Die FATA unterliegen nur beschränkt der pakistanischen Jurisdiktion. Die Verfassung gewährt den FATA eine weitgehende Autonomie. Pakistanische Gesetze haben nur dann Geltung, wenn sie durch ein Dekret des Präsidenten für die FATA in Kraft gesetzt werden, was bislang nur selten geschehen ist. 2011 wurde der Geltungsbereich des Political Parties Act auf die "Stammesgebiete" FATA ausgedehnt. Seitdem dürfen - erstmals in der Geschichte Pakistans - politische Parteien dort aktiv werden (AA 8.4.2014).
Der administrative Vorstand jeder "Agency" (Bezirk) der FATA ist ein political agent, der extensive administrative und juristische Macht hat. Jede Agency hat je nach Größe zwei bis drei Assistant Political Agents. Administrativ ist der Gouverneur von Khyber Pakhtunkhwa die oberste exekutive Führungsperson (chief executive) der FATA, als Agent bzw. Repräsentant des Präsidenten von Pakistan. Es gibt drei administrative Einrichtungen, das Ministry of States and Frontier Regions, das FATA Sekretariat und die FATA Development Authority, welche das Gebiet unter der Leitung des Gouverneurs von Khyber Pakhtunkhwa verwalten und unterstützen. Die FATA wird rechtlich durch den Frontier Crimes Regulation Act (FCR) von 1901, novelliert 2011, geregelt (FRC 9.2013).
Administrativ finden sich in den FATA zwei regionale Kategorien:
"geschützte" Gebiete sind Gebiete unter direkter Kontrolle der Regierung, "nicht-geschützte" Gebiete sind solche, welche indirekt - über lokale Stämme - administriert werden (Gov FATA o.D.).
In den FATA hat sich ein auf dem Stammesrecht (z.B. Pashtunwali) basierendes Rechtssystem mit Jirga-Gerichten der Stammesältesten erhalten. Es greift zur Lösung von Streitfällen auf eine zum Teil archaische, zum Teil an der Scharia orientierte Rechtspraxis zurück. Während sich männliche Angeklagte im Wege von Geldleistungen der Verhängung schwerer Strafen entziehen können, werden Frauen bei Verstößen gegen den Sittenkodex hart bestraft. Auch sind Fälle bekannt, in denen stellvertretend für die Delinquenten weibliche Familienangehörige getötet oder in anderer Weise bestraft werden (AA 8.4.2014; vergleiche auch: TET 31.5.2012).
Die Kategorie 'Sarkari Jirga' wurde unter der Frontier Crimes Regulation (FCR) 1901 eingerichtet, welche den Magistrat oder den Political Agent oder seinen Assistenten ermächtigt, einen Rat von Älteren einzusetzen um zivile oder Kriminalfälle zu verfolgen. Sie darf höchstens eine Strafe von 15 Jahren Haft aussprechen (INP 23.10.2012).
In den "geschützten" Gebieten der FATA findet die vom Staat unterstützte Form der Jirga, deren Regelungen in der Frontier Crimes Regulation festgehalten ist, Anwendung. Die Jirga wird durch den Political Agent der jeweiligen Agency ernannt, der als District Magistrat [Funktion eines Distriktrichters] fungiert. Der Agent ist auch für die Implementierung des Urteils zuständig. Die Urteile sind vor einer übergeordneten Jirga anfechtbar, allerdings meist ohne Erfolg. In den "nicht geschützten" Gebieten der FATA werden die Entscheidungen durch informelle, vom Staat nicht sanktionierte Jirgas gefällt und können sehr harte Strafen beinhalten, die von der für diesen Zweck von der Dorfgemeinschaft selbst aufgestellten Lashkar [~Stammesmiliz] implementiert werden (CAMP 2010).
Eine Todesstrafe, die in den "nicht-geschützten" Stammesgebieten sehr häufig ist, ist nicht erlaubt, wo es eine Regierungskontrolle über die Stammesgesetze gibt. Allerdings wird sie auch dort in bestimmten Fällen als rechtens erachtet. In den "nicht-geschützten" Stammesgebieten kann die Todesstrafe für unterschiedliche Verbrechen ausgesprochen werden. In diesen Gebieten gibt es keine Gefängnisstrafe. In den Stammesgebieten in Verbindung mit der Regierung sind Gefängnisse vorhanden und hier hat die Jirga keine Befugnis eine Todesstrafe auszusprechen (Hassan M. Yousufzai & Ali Gohar 2005; Anmerkung: es handelt sich hierbei um eine ältere Quelle, die als Handbuch zu Jirgas diese allerdings genau erläutert, während die Aussagen im Groben z.B. mit INP 23.10.2012 übereinstimmen).
Kollektivstrafen werden unter der FCR angewandt.
Terrorismus-Verdächtige dürfen ein Jahr ohne Anklage unter der FCR festgehalten werden. Berichten zufolge werden viele "incommunicado" festgehalten. Die FCR wird seit langem für ihre harten und inhumanen Regelungen kritisiert, einige davon wurden durch die Novellierung von August 2011 gemildert. So wurde die Kollektivverantwortung des Stammes und die übermäßige Macht der politischen Agenten eingeschränkt sowie den Bürgern das Recht gegen die Entscheidungen der politischen Agenten vor einem Gericht (FATA Tribunal) zu berufen eingeräumt (USDOS 27.2.2014).
Quellen:
USDOS - US Department of State (27.2.2014): Country Report on Human Rights Practices 2012 - Pakistan, http://www.ecoi.net/local_link/270793/400683_de.html, Zugriff 15.10.2014
Sicherheitsbehörden, inkl. Dokumente
Die polizeilichen Zuständigkeiten sind zwischen nationalen und regionalen Behörden aufgeteilt. Die Bundespolizei (Federal Investigation Agency, FIA) ist dem Innenministerium unterstellt. Sie ist zuständig für die Bereiche Einwanderung; organisierte Kriminalität; Interpol; Terrorismus- und Rauschgiftbekämpfung. Die Abteilung zur Terrorismusbekämpfung innerhalb der FIA ist der Counter Terrorism Wing (CTWI). In diesem Bereich sind auch die pakistanischen Geheimdienste ISI [Inter-Services Intelligence] und IB [Intelligence Bureau] aktiv. Die führende Behörde in der Rauschgiftbekämpfung ist die ANF ("Anti Narcotics Force"), die dem Innenministerium (Ministry of Interior and Narcotics Control) angegliedert ist. Bei der Rauschgiftbekämpfung wirken allerdings auch andere Behörden (z.B. Custom oder Frontier Corps) mit, wobei die Kompetenzen nicht immer klar abgegrenzt sind. Die einzelnen Provinzen verfügen über eigene Verbrechensbekämpfungsbehörden. Gegenüber diesen Provinzbehörden ist die FIA nicht weisungsbefugt (AA 8.4.2014).
Die Effizienz der Arbeit der Polizeikräfte ist pro Bezirk sehr unterschiedlich und reicht von gut bis ineffizient. Einige Polizeibeamte verüben Menschenrechtsverletzungen oder lassen sich von politischen Interessen beeinflussen (USDOS 27.2.2014). In der Öffentlichkeit genießt die vor allem in den unteren Rängen schlecht ausgebildete, gering bezahlte und oft unzureichend ausgestattete Polizei kein Ansehen. Dazu trägt die extrem hohe Korruptionsanfälligkeit ebenso bei, wie häufige unrechtmäßige Übergriffe (2012 wurden bei 350 Polizeieinsätzen 403 Verdächtige getötet und 26 verletzt) und Verhaftungen sowie Misshandlungen von in Polizeigewahrsam genommenen Personen. Illegaler Polizeigewahrsam - 2012 wurden 87 Fälle bekannt- und Misshandlungen durch die Polizei gehen oft Hand in Hand, um den Druck auf die inhaftierte Person bzw. deren Angehörige zu erhöhen, durch Zahlung von Bestechungsgeldern eine zügige Freilassung zu erreichen. Die Polizeikräfte sind oftmals in lokale Machtstrukturen eingebunden und daher nicht in der Lage, unparteiische Untersuchungen durchzuführen. So werden häufig Strafanzeigen gar nicht erst aufgenommen und Ermittlungen verschleppt (AA 8.4.2014). Neben diesen Vorwürfen gibt es auch solche des "Verschwinden Lassens". In den Stammesgebieten im Nordwesten des Landes beugen Sicherheitskräfte Gesetze um Gerichte zu umgehen (AI 5.2013). Bei Anti-Terror-Operationen verletzen Sicherheitskräfte regelmäßig Grundrechte, Verdächtige werden oft ohne Anklage verhaftet oder ohne fairen Prozess verurteilt. Die Armee verweigert Anwälten, Verwandten, unabhängigen Beobachtern und humanitärem Personal weiterhin den Zugang zu Personen, die bei Militäroperationen verhaftet wurden (HRW 21.1.2014).
Die Polizei versagt häufig dabei, Minderheitenangehörige, wie Christen, Ahmadis und Schiiten vor Attacken zu schützen. Das häufige Versagen darin, Missbräuche zu bestrafen, trägt zu einem Klima der Straflosigkeit bei. Interne Ermittlungen und Strafen können bei Missbräuchen vom Generalinspektor, den Bezirkspolizeioffizieren, den "Bezirks-Nazims" [~Bezirksleiter], Provinzinnenministern oder Provinzministerpräsidenten, dem Innenminister, dem Premierminister und den Gerichten angeordnet werden. Die Exekutive und Polizeibeamte können in solchen Fällen auch Kriminalstrafverfolgung empfehlen, und die Gerichte können eine solche anordnen. Diese Mechanismen werden in der Praxis auch manchmal eingesetzt. Es gab Verbesserungen bei der Professionalität der Polizei. Wie im Jahr zuvor führte die Regionalregierung des Punjab regelmäßige Aus- und Fortbildungen der technischen Fertigkeiten und zum Schutz der Menschenrechte auf allen Ebenen der Polizei durch (USDOS 27.2.2014).
Die Islamabad Capital Police richtete eine Menschenrechtseinheit ein, um die Einwohner zu ermutigen, über Menschenrechtsverletzungen zu berichten (persönlich, per Telefon-Hotline oder Email). Außerdem wurden in allen Polizeistationen Menschenrechtsoffiziere bzw. Ansprechpartner aus der Gemeinde postiert. Diese können Polizeistationen jederzeit besuchen, Gefangene befragen und bei Berichten über Missbräuche disziplinäre Maßnahmen empfehlen. Rechtsdurchsetzungsorgane der föderalen und der Provinzebenen besuchten Schulungen zu Menschen-, Opfer- und Frauenrechten. Zwischen 2008 und 2010 hat die "Society for Human Rights and Prisoners' Aid" mehr als 2.000 Polizeioffiziere in Menschenrechtsthemen fortgebildet (USDOS 8.4.2011; vergleiche auch: USIP 5.2013).
Ein "First Information Report" (FIR) ist die gesetzliche Grundlage für alle Inhaftierungen. Die Befähigung der Polizei, selbst einen FIR zu initiieren, ist begrenzt. Oft muss eine andere Person dies tun. Dabei ist es gleichgültig, ob plausible Beweise vorliegen. Ein FIR erlaubt der Polizei, einen Verdächtigen 24 Stunden festzuhalten. Eine Verlängerung der Untersuchungshaft um weitere 14 Tage ist nach Vorführung vor einen Polizeirichter möglich, wenn die Polizei triftige Gründe anführt, dass eine solche Verlängerung für die Ermittlungen unbedingt notwendig ist. Einige halten sich nicht an diese Beschränkung. Es gibt Berichte, dass Staatsorgane entweder einen FIR ohne Beweise ausstellten, oder aber erst nach dem Erhalt von Bestechungsgeld (USDOS 27.2.2014).
Die Zahl der [pakistanischen, in Deutschland] vorgelegten inhaltlich ge- oder verfälschten Dokumente ist hoch. Es ist in Pakistan problemlos möglich, ein (Schein-)Strafverfahren gegen sich selbst in Gang zu bringen, in dem die vorgelegten Unterlagen (z.B. "First Information Report" oder Haftverschonungsbeschluss) echt sind, das Verfahren in der Zwischenzeit aber längst eingestellt wurde. Verfahren können zum Schein jederzeit durch einfachen Antrag wieder in Gang gesetzt werden. Ebenso ist es ohne große Anstrengungen möglich, Zeitungsartikel, in denen eine Verfolgungssituation geschildert wird, gegen Bezahlung oder aufgrund von Beziehungen veröffentlichen zu lassen (AA 8.4.2014).
Quellen:
USIP - United States Institute of Peace (5.2013): Special Report - Empowering the Police,
http://www.usip.org/sites/default/files/SR332-Empowering-the-Pakistan-Police.pdf, Zugriff 26.11.2014
Folter und unmenschliche Behandlung
Die Verfassung verbietet Folter und andere grausame und unmenschliche oder degradierende Behandlung, aber es gab Berichte, dass Sicherheitskräfte, darunter die Geheimdienste, Personen in der Haft folterten und misshandelten. Gelegentlich führte Folter zum Tod oder zu schweren Verletzungen (USDOS 27.2.2014). Die Menschenrechtsverletzungen, derer die Sicherheitskräfte beschuldigt werden, umfassen willkürliche Verhaftungen, Verschwindenlassen, Folter, Tod in der Haft und außergerichtliche Hinrichtungen (AI 5.2013). Es ist zu vermuten, dass bei den 2012 in Haft verstorbenen 92 Strafgefangenen in der Mehrzahl der Fälle Folter zum Tod beigetragen hat oder sogar die Todesursache gewesen ist. Folter ist im Polizeigewahrsam, aber auch in Gefängnissen weit verbreitet. Sie findet u.a. auch Anwendung, um bei polizeilichen Ermittlungen Geständnisse oder Kooperation zu erzwingen. In Fällen mit terroristischem Hintergrund oder von Landesverrat sind Berichte über die Anwendung von Folter durch die Sicherheitsdienste häufig. Sie entziehen sich häufig der gerichtlichen Kontrolle. Unter Folter erzwungene Geständnisse werden zwar als Beweismittel vor Gericht grundsätzlich nicht zugelassen. Dies gilt allerdings nicht nach dem Gesetz zur Bekämpfung des Terrorismus für Geständnisse gegenüber ranghohen Beamten und Offizieren (AA 8.4.2014). 2010 wurden 521 Fälle bekannt, in denen Frauen Opfer von Misshandlungen in Polizeigewahrsam wurden (AA 2.11.2012).
Im Gesetz gibt es keinen speziellen Abschnitt gegen Folter; es sanktioniert nur "Verletzen" und enthält keine Hinweise auf eine Bestrafung von Folterern. Laut der Asian Human Rights Commission trägt das Fehlen eines angemessenen Beschwerdezentrums und einer speziellen Sektion im Strafgesetzbuch gegen Folter zur Verbreitung bei (USDOS 27.2.2014). Folter wird von der Regierung offiziell verurteilt, doch ist die Strafverfolgung landesweit generell so unzureichend, dass es bisher selbst in Fällen von Folter mit Todesfolge so gut wie nie zu einer Verurteilung der Täter gekommen ist. In einer Reihe von Fällen wurde eine Strafanzeige erst nach gerichtlicher Intervention durch die Angehörigen der Opfer von der Polizei registriert. In einigen wenigen Fällen wurden Verantwortliche vom Dienst suspendiert und Untersuchungen angeordnet, an deren Ende aber in der Regel lediglich die Versetzung der Beschuldigten an eine andere Dienststelle stand. Die Gerichtsbarkeit unternimmt erst seit 2006 größere Anstrengungen, um Fälle von Folter aufzuklären und gegen die Verantwortlichen Strafverfahren einzuleiten (AA 8.4.2014).
Quellen:
USDOS - US Department of State (27.2.2014): Country Report on Human Rights Practices 2013 - Pakistan, http://www.ecoi.net/local_link/270793/400683_de.html, Zugriff 1.10.2014
Korruption
Die Korruption ist in allen Bereichen der öffentlichen Verwaltung, der Justiz und bei den Sicherheitsorganen nach wie vor weit verbreitet (AA 8.4.2014). Im Transparency International Corruption Perceptions Index 2013 nimmt Pakistan den 127. Platz von 177 Ländern ein (TI 2013).
Behördliche Korruption ist strafgesetzlich verboten, die Regierung setzt das Gesetz aber nicht effektiv um und Beamte sind oft in korrupte Praktiken involviert. Vor allem in der Politik und der Regierung ist Korruption weit verbreitet. Mehreren Politikern und Inhabern öffentlicher Ämter wurde Korruption vorgeworfen, beispielsweise Bestechung, Erpressung, Vetternwirtschaft, Protektion oder Untreue. Bei der Polizei ist Korruption insbesondere in den unteren Rängen verbreitet. Grund hierfür dürften die fehlenden Kontrollmechanismen und niedrige Löhne sein. Einige Polizisten verlangen Gebühren, um Anzeigen entgegen zu nehmen oder nehmen gegen Bestechungsgelder falsche Anzeigen entgegen. Auch um einer Anklage zu entgehen werden Bestechungsgelder bezahlt. Stellen in Polizeiwachen werden Kritikern zufolge oft politisch besetzt. Des Weiteren gibt es sporadische Berichte über Korruption im Justizsystem, etwa kleinere Schmiergeldzahlungen an Gerichtsbedienstete (USDOS 27.2.2014).
Das Gesetz sieht strafrechtliche Konsequenzen für Korruption von Staatsangestellten vor, jedoch wurde das Gesetz im Berichtszeitraum nicht effektiv umgesetzt und Behördenvertreter waren häufig ungestraft in korrupte Praktiken verstrickt. Die Nationale Rechenschaftsbehörde (NAB) dient als höchste Antikorruptionsorganisation mit einem Mandat um Korruption durch Vollstreckung, Bewusstseinsbildung und Prävention zu eliminieren (USDOS 27.2.2014).
Nachdem eine noch unter Musharraf eingeführte Amnestie aus dem Jahr 2007 unter anderem für Korruptionsanschuldigungen für die Zeit zwischen 1986 und 1999 vom Obersten Gerichtshof 2009 aufgehoben wurde, eröffnete dieser 8000 Fälle, unter anderem gegen [bis zu den Wahlen amtierende] Präsidenten, Minister und Parlamentarier. Im November 2012 kam die Regierung der Anordnung des Obersten Gerichts nach, an die Schweizer Behörden ein Amtshilfeersuchen über verschobene Gelder zu richten (USDOS 27.2.2014). Im Juni 2012 entließ der Oberste Gerichtshof in einer kontroversen Entscheidung Premierminister Zardari aufgrund der Weigerung an die Schweizer Behörden einen Aufruf zur Untersuchung von Korruptionsvorwürfen in Bezug auf Präsident Gilani zu übermitteln (HRW 31.1.2013).
Der durch die hartnäckige Verfolgung von Korruptionsvorwürfen aufgefallene Oberste Richter am Supreme Court of Pakistan, Justice Iftikar Chaudhry, eröffnete auch gegen den früheren Chef des pakistanischen Geheimdienstes (ISI) bzw. den früheren Oberbefehlshaber der pakistanischen Armee den Prozess (HSS 10.10.2012).
Das Gesetz erlaubt den Bürgern Zugang zu allen öffentlichen Berichten der föderalen Regierung und Behörden, nicht inkludiert sind Provinzregierungen und staatliche Firmen. Einige Berichte sind davon ausgenommen (USDOS 27.2.2014).
Quellen:
US DOS - U.S. Department of State (27.2.2014): Country Report on Human Rights Practices 2013 - Pakistan, http://www.ecoi.net/local_link/270793/400683_de.html, Zugriff 8.10.2014
Nichtregierungsorganisationen (NGOs)
Nichtregierungs- und Menschenrechtsorganisationen, auch regierungskritische, können sich in Pakistan betätigen (AA 8.4.2014, FH 23.1.2014). Nationale und internationale Menschenrechtsorganisationen operieren ohne Behinderung seitens staatlicher Stellen, führen Untersuchungen von Menschenrechtsverletzungen durch und veröffentlichen deren Ergebnisse. Andere Gruppen, die über Themen in Zusammenhang mit Regierung, Militär oder Geheimdienste berichten, sind in ihren Aktivitäten mit Restriktionen konfrontiert (USDOS 27.2.2014).
In den letzten Jahren sind die Aktivitäten der Zivilgesellschaft wieder aufgeblüht und haben viel Aufmerksamkeit erhalten. Die Anzahl von lokalen, nationalen und internationalen NGOs ist stark angewachsen. Es gibt ein breites Spektrum - von international vernetzten Frauenrechts- bis zu eher konservativ-religiösen Organisationen. Bereits die Musharraf Administration suchte aktiv die Hilfe von Frauenrechtsorganisationen wie der Aurat Foundation oder der Shirkat Gah, um fortschrittlichere Gesetze wie die Frauenschutzverordnung von 2006 zu entwickeln. Lokale religiöse Gruppen intervenieren aber auch gegen Änderungen in den Blasphemie Gesetzen (FH 4.11.2011). Es gibt in Pakistan über 100.000 aktive NGOs, jedoch ist die genaue Zahl aber unklar (USDOS 27.2.2014).
Weiblichen Mitarbeiterinnen von Hilfsorganisationen wird in vielen Teilen des Landes vorgeworfen, sich nicht an die kulturellen Normen zu halten, weil sie z.B. keinen Schleier tragen, andere Frauen zum Arbeiten ermutigen oder zusammen mit Männern arbeiten. Organisationen, welche sich für die Rechte der Frauen einsetzen sind mit besonderen Herausforderungen konfrontiert (USDOS 27.2.2014). In der pakistanisch verwalteten Kaschmirregion (Azad Kaschmir und Gilgit-Baltistan) können Nichtregierungsorganisationen, die zu humanitären Themen arbeiten, im allgemeinen frei agieren, während jene, welche sich auf politische oder Menschenrechtsthemen fokussieren mehr Kontrolle und gelegentlich auch Belästigungen erfuhren (FH 23.1.2014).
Visa für regierungskritische ausländische Mitarbeiter von Hilfsorganisationen wurden verzögert oder blockiert. Nur wenige NGOs hatten Zugang zu Khyber Pakhtunkhwa, FATA und Teilen Belutschistans. Regierungsstellen sind manchmal kooperativ, reagieren aber nur wenig auf die Ansichten dieser Gruppen. Sicherheitsbedrohungen sind für NGOs in FATA und Khyber Pakhtunkhwa ein Problem. Militante töteten zwischen 2009 und Ende 2012 mindestens 19 Mitarbeiter von Hilfsorganisationen und entführten mehr als 20 (USDOS 27.2.2014). Laut dem United Nations Office for the Coordination of Humanitarian Affairs (OCHA) wurden von Januar 2013 bis November 2013 insgesamt 91 Mitarbeiter der Hilfsorganisationen angegriffen. 29 wurden getötet, 41 verletzt und 21 entführt. Allein in Khyber Pakhtunkhwa wurden 37 angegriffen (HRCP 3.2014).
Die Situation unterscheidet sich in Pakistan sowohl regional, als auch für die einzelnen Menschenrechtsorganisationen, je nachdem wie groß ihr Bekanntheitsgrad ist. Die Human Rights Commission of Pakistan (HRCP) ist international stark vernetzt und bekannt, sie genießt auch in Pakistan Anerkennung, und damit Schutz. Die Arbeit ist somit für sie leichter. Kleine, unbekanntere Organisationen sind verletzlicher. An und für sich können Menschenrechtsorganisationen, insbesondere große wie HRCP, und Medien frei schreiben und tun dies auch. Es gibt viele Menschenrechtsorganisationen in Pakistan. In den Konfliktgebieten ist die Arbeit allerdings schwierig, hier erhalten Organisationen Drohungen von Militanten und es kommt auch in Einzelfällen zu Morden an Menschenrechtsaktivisten und Journalisten. 3 Mitarbeiter der HRCP wurden 2012 getötet, 2 in Belutschistan und 1 in Khyber Pakhtunkhwa (BAA 6.2013). Auch 2011 wurden drei Mitarbeiter der HRCP ermordet. Aufgabe der angesehenen NGO HRCP ist die Aufklärung und Bekämpfung von Menschenrechtsverletzungen jeder Art. In allen Landesteilen gibt es Provinzbüros und freiwillige Helfer, die Menschenrechtsverletzungen anzeigen oder ihnen angezeigte Fälle aufnehmen, Fakten sammeln und gegebenenfalls die Fälle der Justiz zuführen. Speziell für bessere Haftbedingungen und die Begnadigung von zum Tode Verurteilten sowie für die Suche nach vermissten Personen setzt sich z.B. der im Jahre 1980 gegründete Ansar Burney Welfare Trust International ein (AA 8.4.2014).
Quellen:
USDOS - US Department of State (27.2.2014): Country Report on Human Rights Practices 2013- Pakistan, http://www.ecoi.net/local_link/270793/400683_de.html, Zugriff 16.10.2014
Allgemeine Menschenrechtslage
Der Schutz der Menschenrechte ist in der Verfassung verankert. Kapitel 1, Teil römisch II der Verfassung ist den Grundrechten gewidmet. Artikel 4, der Verfassung garantieren den Schutz der körperlichen Unversehrtheit und Selbstbestimmung, die nur auf der Basis der geltenden Gesetzgebung eingeschränkt werden dürfen, den Schutz vor willkürlicher Verhaftung, des persönlichen Ansehens sowie das Recht auf Freiheit und Eigentum. Artikel 9, der Verfassung verbietet willkürliche Verhaftungen und Tötungen ohne gesetzliche Grundlage (die Todesstrafe ist nach wie vor in Pakistan nicht abgeschafft). Artikel 24, Absatz 2, garantiert den Schutz vor willkürlicher Enteignung persönlichen Eigentums und Artikel 25, Paragraph eins, die Gleichheit aller Bürger vor dem Gesetz. Artikel 25, Absatz 2, der Verfassung verbietet Diskriminierung auf Grund des Geschlechts. Zwischen Verfassungsanspruch und Wirklichkeit besteht eine erhebliche Diskrepanz (AA 8.4.2014; vergleiche auch: AA 10.2014a). Pakistan hat im Juni 2010 den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte sowie die Konvention gegen Folter ratifiziert. Nach der Ratifikation des Internationalen Pakts über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte im April 2008 hat Pakistan damit eine Reihe wichtiger menschenrechtlicher Kodifikationen ratifiziert (AA 10.2014a).
Seit der Rückkehr zur Demokratie 2008 hat sich die Menschenrechtslage in Pakistan leicht verbessert, bleibt aber kritisch. Menschenrechtsverletzungen werden vom Staat in der Regel nicht angeordnet oder initiiert; die pakistanische Regierung bekennt sich zu den Menschenrechten. Es gelingt ihr aber aufgrund schwacher staatlicher Institutionen, auch im Justizbereich, oftmals nicht, Menschenrechtsverletzungen aufzuklären, Rechtsbrecher zur Verantwortung zu ziehen und gefährdete Personengruppen zu schützen (AA 8.4.2014). Auch die seit dem Ende der Militärherrschaft wieder erstarkte Judikative ist bisher noch nicht in der Lage gewesen, einen besseren gerichtlichen Schutz der Menschenrechte zu gewährleisten, auch wenn sich der Oberste Gerichtshof punktuell mit konkreten Fällen in der Öffentlichkeit thematisierter Menschenrechtsverletzungen (z.B. dem Verschwindenlassen von Personen im Rahmen der Aufstandsbekämpfung in Belutschistan und in den Stammesgebieten und dem Schutz der Minderheitenrechte) befasst. In jüngerer Zeit bildet sich in den Städten eine bürgerliche Mittelschicht heraus, die zunehmend politisches Selbstbewusstsein entfaltet. Es ist dieser Teil der Gesellschaft, der die Anwaltsbewegung getragen hat, die sich schließlich erfolgreich für die Wiedereinsetzung des unter Präsident Musharraf 2007 abgesetzten Obersten Richters Iftikhar Chaudhry und eine unabhängige Justiz eingesetzt und damit das Ende der Ära Musharraf eingeleitet hat (AA 10.2014a).
Am 4. Mai 2012 wurde das Gesetz zur Gründung der National Commission for Human Rights im Parlament verabschiedet (AA 8.4.2014). Das Gesetz sieht eine Kommission von 10 Mitgliedern vor, denen ein Richter vom Obersten Gerichtshof oder ein Menschenrechtsexperte vorsteht, ein Sitz ist für Frauen, einer für religiöse Minderheiten reserviert (USDOS 19.4.2013). Die Kommission soll die Kompetenz bekommen jede Institution für Menschenrechtsverbrechen zur Verantwortung ziehen zu können (USDOS 20.5.2013). Die Kommission ist zwar staatlich finanziert, soll aber unabhängig agieren können. Ihre Aufgabe ist die Untersuchung von Menschenrechtsverletzungen. Die Kommission soll zudem Empfehlungen an die zuständigen Regierungsbehörden oder Gerichte aussprechen (AA 8.4.2014).
Die größten Probleme im Bereich Menschenrechte stellen extralegale Tötungen, "Verschwinden lassen" von Personen und Folter durch Sicherheitskräfte dar. Weitere Menschenrechtsprobleme sind unter anderem schlechte Haftbedingungen, außergerichtliche Haft, ein schwaches Kriminalstrafsystem, ein Mangel an juristischer Unabhängigkeit in den Gerichten unterer Instanzen, Korruption, Verletzung der Religionsfreiheit der Minderheiten, verschiedene Formen schwerwiegender Gewalt gegen Frauen, wie Ehrverbrechen sowie Diskriminierung. Gewalt und religiöse Intoleranz durch militante Organisationen tragen in einigen Teilen des Landes - in erster Linie Belutschistan, Khyber Pakhtunkhwa und FATA - zu einer Kultur der Gesetzlosigkeit bei (USDOS 27.2.2014).
Fälle von "Verschwinden lassen" (Journalisten, Aktivisten, Terrorverdächtige oder Stammesführer) durch die Sicherheitskräfte stammen überwiegend aus der Zeit der Militärdiktatur, kommen aber immer noch vor. 2012 hat die Menschenrechtskommission 87 neue Fälle registriert, davon 34 in Belutschistan und 50 in Sindh (AA 8.4.2014).
Regierung und vor allem Justiz bemühen sich, Menschenrechtsverletzungen aus der Zeit der Militärherrschaft aufzuklären. Der Oberste Gerichtshof hat sich seit Anfang Januar 2010 der Thematik der "verschwundenen Personen" angenommen und damit Regierung und Sicherheitskräfte unter Druck gesetzt, die Aufklärung der ungeklärten Fälle zu beschleunigen (AA 8.4.2014). Der Oberste Gerichtshof erreichte durch ein beispielloses Vorgehen, 2012 einen noch nie dagewesenen Zugang zu einigen Opfern des Verschwinden Lassens. Ab Februar 2012 erschienen einige Entführte aus Belutschistan vor Gericht. Der Präsident des Obersten Gerichtshofs drohte den Mitarbeitern der Strafverfolgungsbehörden mit Haft, sollten sie keine rechtlichen Grundlagen für die Inhaftierungen in Belutschistan vorweisen können. Das Obere Gericht in Peschawar übte Druck auf die Behörden aus, die genauen Daten aller Häftlinge anzugeben, die in den nordwestlichen Stammesgebieten in "Sicherheitshaft" gehalten wurden. Kein aktiver oder ehemaliger Angehöriger der Sicherheitskräfte wurde wegen mutmaßlicher Verwicklung in diese oder andere Menschenrechtsverletzungen vor Gericht gestellt. Es gab allerdings weiterhin Berichte von Fällen von "Verschwindenlassen" im Land, insbesondere in Belutschistan und den nord-westlichen Stammesgebieten, wofür niemand vor Gericht gestellt wurde. Die UN Arbeitsgruppe zu gewaltsamem Verschwinden durfte ihren ersten Besuch im Land abhalten, allerdings weigerten sich wichtige Amtsträger sich mit ihr zu treffen (AI 5.2013). Berichte zu außergerichtlichen Verhaftungen, in einigen Fällen mit Folter und Todesfällen sowie Fälle von "Verschwindenlassen" gibt es auch aus der pakistanisch verwalteten Kaschmir Region (FH 23.1.2014).
Außergerichtliche Tötungen kommen vor allem in Form der so genannten "police encounters" vor, d.h. bei Zusammenstößen zwischen mutmaßlichen Straftätern und der Polizei, die mit dem Tod des mutmaßlich Straffälligen enden. Als Begründung führt die Polizei regelmäßig an, dass die Opfer versuchten, aus dem Polizeigewahrsam zu flüchten oder bei ihrer Verhaftung von der Schusswaffe Gebrauch gemacht hätten. Willkürliche Festnahmen kommen insbesondere aufgrund der weit verbreiteten Korruption innerhalb der Polizei vor. Selbst bei offensichtlich unbegründeten Beschuldigungen kann eine lange Inhaftierung erfolgen, ohne dass es dabei zu einer Haftprüfung kommt. Beispiel hierfür sind die Blasphemie Fälle. Die Regierung des Punjab hat verstärkt Haftprüfungen in den Gefängnissen der Provinz durchführen lassen, um bei Bagatelldelikten und überlanger Untersuchungshaft Abhilfe zu schaffen. Auch die Sicherheitsdienste greifen in Fällen mit terroristischem Hintergrund oder in Fällen von Landesverrat auf willkürlichen und rechtswidrigen Gewahrsam zurück (AA 8.4.2014).
Der Senat und die Ständigen Komitees der Nationalversammlung zu Recht, Justiz, Minderheiten und Menschenrechte hielten Anhörungen zu einer breiten Reihe von Problemen ab. Sie dienten als nützliches Forum, um das öffentliche Bewusstsein für solche Probleme zu wecken, doch ihre Tätigkeit war nicht viel mehr als eine breite Übersicht über die Problematiken (USDOS 27.2.2014).
Quellen:
USDOS - US Department of State (20.5.2013): International Religious Freedom Report for 2012 - Pakistan, http://www.ecoi.net/local_link/247481/371066_de.html, Zugriff 17.10.2014
Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit / Opposition
Die Versammlungsfreiheit wird durch die Verfassung garantiert, kann aber aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung eingeschränkt werden. Dies äußert sich teilweise durch die Anordnung von Sicherheitsverwahrung und durch massiven Gewalteinsatz der Polizei gegenüber Demonstranten. Nach HRCP-Angaben, die auf Medienberichten beruhen, sollen bei der gewaltsamen Auflösung von Demonstrationen durch die Polizei 2012 insgesamt 28 Menschen umgekommen und mehr als 300 verletzt worden sein. Allein während der Proteste gegen den Film "The Innocence of Muslims" starben 19 Menschen, mehr als 200 wurden verletzt (AA 8.4.2014). Versammlungen von mehr als vier Personen können von den Distriktbehörden untersagt werden, wenn keine polizeiliche Genehmigung vorliegt. Das Gesetz erlaubt es der Regierung, alle Arten von Versammlungen, außer Begräbnisprozessionen, aus Sicherheitsgründen zu verbieten (USDOS 27.2.2014).
Das Recht auf Versammlungsfreiheit wird auch durch die Gefahr terroristischer Anschläge eingeschränkt, da der Staat nicht in der Lage ist, angemessenen Schutz zu gewähren (AA 8.4.2014).
Vereinigungsfreiheit ist durch die Verfassung gewährleistet. Sie ist jedoch durch gesetzliche Regelungen eingeschränkt (USDOS 27.2.2014).
Eine Einschränkung der politischen Opposition findet nicht statt. Politische Auseinandersetzungen werden jedoch vor allem in Karatschi zum Teil gewalttätig ausgetragen. Dort kamen in diesem Zusammenhang allein 2013 222 Menschen ums Leben. (AA 8.4.2014).
Auch in Belutschistan gehen die politisch motivierten Gewalttaten unvermindert weiter. 2011 wurde der Geltungsbereich der Political Parties Act auf die "Stammesgebiete" ("Federally Administered Tribal Areas", FATA) ausgedehnt. Seitdem dürfen - erstmals in der Geschichte Pakistans - politische Parteien dort aktiv werden (AA 8.4.2014). Der Geheimdienst Inter-Services Intelligence Directorate führt in der pakistanisch verwalteten Kaschmir Region ausführliche Überwachung, insbesondere von Unabhängigkeitsgruppen durch. Die Polizei unterdrückte in Azad Jammu und Kaschmir in den letzten Jahren regelmäßig Demonstrationen gegen die Regierung, in manchen Fällen auch mit Gewalt (FH 1.2013).
Landesweite Wahlkämpfe waren begleitet von Terrordrohungen und Taliban-Angriffen, wobei mindestens 117 Menschen darunter auch politische Kandidaten getötet wurden. Die Taliban hat vor allem die Pakistan People's Party (PPP) und die Koalitionspartner, die Awami National Party (ANP) die Muttahida Qaumi Movement (MQM), bedroht, so dass diese sich zurückhalten mussten (Dawn 10.5.2013).
Nach einem Anschlag mit Schusswaffen und Sprengstoff auf ein Büro der ANP im Gulshan-e-Bunair Gebiet im Juli in Karatschi schloss die ANP ihre Büros in der ganzen Stadt. 2 ANP Aktivisten wurden getötet. Die ANP hatte angenommen, dass nach den Wahlen keine Anschläge mehr folgen würden und die Sicherheitsvorkehrungen herunter gefahren (TET 23.7.2013). Die ANP ist eine Partei, die auf paschtunisch-ethnischer Zugehörigkeit basiert. Sie war Juniorpartner in der vorigen Föderalregierung und hielt die Macht in der Provinz Khyber Pakhtunkhwa. Über 100 ihrer Mitglieder wurden durch die Taliban seit 2008 getötet, sie ist das Hauptziel der Taliban unter den politischen Parteien (RFI 29.4.2013).
Quellen:
USDOS - US Department of State (27.2.2014): Country Report on Human Rights Practices 2013 - Pakistan, http://www.ecoi.net/local_link/270793/400683_de.html, Zugriff 10.10.2014
Haftbedingungen
Das Verhältnis der Zahl der Strafgefangenen (75.444 Ende 2012) zur Gesamtbevölkerung (geschätzt auf 185 Mio.) liegt bei ca. 1:2440 und ist damit gering. Ungefähr 65% der Häftlinge sind nicht zuletzt wegen der allgemein überlangen Verfahrensdauer Untersuchungshäftlinge; Ende 2012 waren landesweit mehr als 1,4 Mio. unerledigte Strafverfahren anhängig. Dabei übersteigt die Dauer der Untersuchungshaft nicht selten das zu erwartende Strafmaß. (AA 8.4.2014).
Die Verhältnisse in den Gefängnissen sind sehr schlecht. Dies gilt verstärkt für Strafgefangene, die zum Tode verurteilt wurden. Nach Feststellung von UNODC und Human Rights Commission of Pakistan (HRCP) sind die Grundrechte der Strafgefangenen, insbesondere auf körperliche Unversehrtheit und Menschenwürde, nicht gewahrt (AA 8.4.2014). Menschenrechtsgruppen, welche die Haftbedingungen kontrollierten, fanden sexuellen Missbrauch, Folter und überlange Untersuchungshaft vor. Manchmal folterte und misshandelte die Polizei Personen in Haft und manchmal wurden außergerichtliche Tötungen durchgeführt (USDOS 27.2.2014).
Unzureichende medizinische und Nahrungsversorgung in den Gefängnissen führte zu chronischen Gesundheitsproblemen und Unterernährung bei jenen, die nicht in der Lage waren, ihre Nahrung mit Hilfe von Familie oder Freunden zu ergänzen. Einrichtungen für Hygiene, Belüftung, Beleuchtung und Trinkwasserzugang waren inadäquat. Es existierte ein System für grundlegende medizinische Versorgung und Notfallversorgung aber dieses funktionierte nicht immer effektiv (USDOS 27.2.2014).
Haftanstalten sind chronisch überbelegt. Dies gilt insbesondere für die Gefängnisse im Punjab. Die landesweit 97 vorhandenen Einrichtungen sind für rund 44.500 Gefangene ausgelegt, tatsächlich waren dort aber rund 75.444 Personen (Ende 2012) untergebracht; die Belegungsquote liegt bei 169%. Mit Verabschiedung der "National Judicial Policy" 2009 wurde zwar versucht, u.a. durch konsequentere Anwendung der gesetzlichen Bestimmungen zur Entlassung auf Kaution und zur Bewährung, das Problem der Überbelegung der Gefängnisse in den Griff zu bekommen. Eine deutliche Verbesserung der Lage war aber auch 2012 noch nicht festzustellen (AA 8.4.2014). Eine andere Quelle - SHARP, eine NGO für Gefängnisinsassen - schätzte, dass 94.000 Personen in Haft waren bei einer landesweiten Kapazität der Gefängnisse von 36.000. Zwar konnte die Zahl der Häftlinge durch Umsetzung der Justizpolitik von 2009 und die Abarbeitung von Fällen stark reduziert werden, allerdings blieb Überfüllung ein Problem (USDOS 27.2.2014).
Es gibt besondere Frauengefängnisse. Bei gemischten Gefängnissen sind Frauen- und Männerabteilungen voneinander getrennt. Die Zahl der weiblichen Strafgefangenen belief sich 2012 auf rund 1.100, von denen 422 in Untersuchungshaft und 151 zum Tode verurteilt waren. Wenn auch nicht in gleichem Grad wie bei den übrigen Haftanstalten, gibt es auch in den Einrichtungen für Frauen schlechte Haftbedingungen unter unzureichenden hygienischen Bedingungen und mangelhafter medizinischer Versorgung (AA 8.4.2014).
Jugendliche Straftäter waren oft in den gleichen Einrichtungen untergebracht wie Erwachsene, allerdings in anderen Abteilungen, wobei diese aber in Kontakt kamen und sie oft Opfer von Gewalt, Missbrauch oder Vergewaltigung wurden (USDOS 27.2.2014). Jugendgefängnisse existieren nicht. 2012 gab es rund 1.289 jugendliche Strafgefangene; davon waren nur 163 (12,6%) rechtskräftig verurteilt (AA 8.4.2014).
Rechtlich ungeklärt ist die Lage der ca. 2.500 Gefangenen aus den militärischen Operationen im Swat-Tal und in Süd-Wasiristan, die sich in der Gewalt des Militärs befinden. Zum einen fehlt es an einer eindeutigen auf ihren Fall anwendbaren Strafgesetzgebung, zum anderen gibt es weder ordentliche Strafanstalten noch ein funktionierendes Justizwesen in den vom Militär befreiten Gebieten. Das Militär hat im Swat Tal zur Rehabilitation radikaler Muslime vier "Deradikalisierungszentren", zwei für Männer und je eins für Frauen und Heranwachsende, eingerichtet. In dreimonatigen Kursen werden psychiatrische Behandlung und religiöse Unterweisung angeboten (AA 8.4.2014).
Es gibt einen Ombudsmann für Häftlinge mit einem Zentralbüro in Islamabad und einem in jeder Provinz. Obwohl ein Beschwerdesystem für Gefangene existierte, um Missstände aufzuzeigen, funktionierte dieses nicht effektiv. Nach einer Beschwerde muss der Beschwerdeführer im gleichen Gefängnis verbleiben, weshalb Gefangene schweigen. Inspektoren besuchen die Gefängnisse, allerdings nicht regelmäßig. Das Internationale Rote Kreuz durfte keine Gefängnisse in den Konfliktgebieten Khyber Pakhtunkhwa, FATA und Belutschistan besuchen, die Regierungen von Sindh, Gilgit-Baltistan und Azad Kaschmir erlauben dem Roten Kreuz unabhängiges Monitoring in Zivilgefängnissen. Behörden auf lokaler, Provinz- und nationaler Ebene erlauben einigen Menschenrechtsgruppen und Journalisten die Gefängnisbedingungen für jugendliche und weibliche Häftlinge zu beobachten (USDOS 27.2.2014).
Quellen:
USDOS - US Department of State (27.2.2014): Country Report on Human Rights Practices 2013 - Pakistan, http://www.ecoi.net/local_link/270793/400683_de.html, Zugriff 13.10.2014
Religionsfreiheit
Laut CIA World Factbook mit Stand Juli 2013 sind 96,4 % der rund 193 Millionen Pakistanis (Schätzung) offiziell Muslime, davon 85-90 % Sunniten und 10-15% Schiiten (CIA 20.6.2014; vergleiche auch: BFA 10.2014). Anhand der letzten Volkszählung von 1998 geben USDOS und BAMF die Aufteilung mit 75 % Sunniten und 25 % Schiiten an (USDOS 28.7.2014, BAMF 8.2011). Die restlichen 5 % machen Hindus, Christen, Zoroastrier, Bahais, Sikhs, Buddhisten, Ahmadis und weitere Gruppen wie Kalasha, Kihal und Jainisten aus (USDOS 28.7.2014; vergleiche auch:
BFA 10.2014).
Der Secretary des Ministerium für Nationale Harmonie geht von circa 10 Millionen Minderheitenangehörigen aus, vier Millionen Christen, drei Millionen Hindus, 20.000 Sikhs, dazu Bahais und Parsen sowie Ahmadis. Insgesamt ist die Zahl der Nicht-Muslime in Pakistan stark zurückgegangen, bei der Staatsgründung machten sie noch 29 % der Bevölkerung aus, 1970 10 % und bei der letzten Volkszählung 1998 waren dies nur noch 3 %. Es ist nicht klar, ob dies auf Konversionen, Abwanderungen oder unterschiedliches Bevölkerungswachstum zurückgeführt werden könnte. Möglich ist auch, dass bei der Volkszählung der Anteil der Minderheiten nach unten redigiert wurde, um diesen weniger politische Repräsentation zugestehen zu müssen (BAA 6.2013; vergleiche auch: BFA 10.2014).
Artikel 227 der Verfassung besagt, dass alle Gesetze mit den Regeln des Islams konform sein müssen, wobei der Artikel auch dezidierten Schutz der Rechte von Nicht-Muslimen vorsieht (BFA 10.2014; vergleiche auch: Murad Ullah 1.-2.10.2012).
Obwohl die Verfassung die Einrichtung adäquater Regelungen zum Schutz der religiösen Minderheiten und der freien Ausübung ihrer Religionen verlangt, begrenzen andere Bestimmungen der Verfassung und weiterer Gesetze diese Rechte. Die Verfassung und andere Gesetze schränken somit die Religionsfreiheit ein. In der Praxis setzte die Regierung diese Einschränkungen auch durch, insbesondere gegenüber Ahmadis. Die Verfassung erklärt den Islam zur Staatsreligion. Aufgrund einer diskriminierenden Gesetzgebung waren Minderheitenangehörige oft verängstigt, ihre Religion frei auszuüben und die Politik der Regierung bietet den Angehörigen der Minderheitenreligionen nicht denselben Schutz wie den Mehrheitsreligionsgruppen. Es gibt weiterhin Missbrauch der Blasphemie-Gesetzregelungen und anderer Gesetze, wie der "Anti-Ahmadiyya" genannten Gesetzesregelungen (USDOS 28.7.2014; vergleiche auch: BAMF 8.2011, BFA 10.2014). Diese Gesetze diskriminieren religiöse Minderheiten und bieten Anlass zur Strafverfolgung, wobei hier insbesondere die Strafandrohungen gegen die Ahmadiyya-Gemeinschaften zu nennen sind, die zudem auch bei der Ausübung ihres religiösen Glaubens behindert werden (BAMF 8.2011; vergleiche auch: BFA 10.2014). Religiöse Minderheiten waren überproportional von Vorfällen betroffen, in denen private Individuen versuchten, die vage formulierten Blasphemie Gesetze missbräuchlich gegen sie zu verwenden (AI 5.2013).
Es gibt keine offizielle Einschränkung zur Errichtung von Glaubensstätten, doch Behörden auf Distriktebene verweigerten regelmäßig die Genehmigung zur Errichtung von Glaubensstätten, insbesondere für Ahmadis. Minderheitenvertreter werfen Behörden Untätigkeit bei Übergriffen von Extremisten auf ihre Gebetsstätten vor. Die Religionszugehörigkeit wird in Pässen angegeben und bei einem Antrag auf eine Identitätskarte wird danach gefragt (USDOS 28.7.2014; vergleiche auch: BFA 10.2014).
Angehörige religiöser Minderheiten wie Ahmadi, Hindu und Christen erfahren ein beträchtliches Risiko, wegen ihres Glaubens eingeschüchtert und gewaltsam angegriffen zu werden (AI 5.2013). Es gab viele Angriffe auf Versammlungen und religiöse Plätze von Ahmadis, Hindus, Sufis, Schiiten und Christen bei denen es zahlreiche Tote und große Zerstörungen gab. Es kam vermehrt zu Gewalt durch aufgebrachte Menschenmengen und Selbstjustiz (USDOS 28.7.2014). Die Lage der religiösen Freiheit hat sich im Berichtszeitraum verschlechtert (USCIRF 30.4.2014).
Minderheiten sind ein Ziel von Extremisten. Die Taliban haben eine repressive Interpretation des Islams, die Situation für Nicht-Muslime stuft die Human Rights Commission of Pakistan (HRCP) deshalb als kritisch ein. Kritischer sei sie allerdings für jene Muslime, bei denen die Taliban denken, dass sie vom Glauben abgefallen sind. Die terroristische Gewalt zielt besonders auf Schiiten. UNHCR nennt die Lage der religiösen Minderheiten als eines der gröbsten Menschenrechtsprobleme Pakistans, insbesondere die Lage der Hazara, unter anderem aufgrund ihrer Zugehörigkeit zum Schiitentum. Gezielte Tötungen betreffen vor allem lokal bekannte Personen, die z.B. einflussreiche Positionen in ihrer Gemeinschaft haben oder angesehene Berufe, wie Ärzte und Rechtsanwälte. Durch die Anschläge der Terroristen entsteht Misstrauen zwischen den Religionen (BAA 6.2013; vergleiche auch: AA 10.2014a, BFA 10.2014).
Es gibt eine "Infrastruktur" von Hass und Gewalt - Zentren von Intoleranz, Organisationen, die Hass verbreiten, Institutionen, die sie schützen sowie Interessensgruppen, die sich ökonomischen Vorteil aus der Diskriminierung von Minderheiten erwarten, führt der Vertreter der NCJP [National Commission for Justice and Peace] aus. Die NRJP geht davon aus, dass eigentlich Extremisten hinter Ausschreitungen stehen. Auch gibt es den Verdacht, dass hinter den Vorwürfen zu Blasphemie gegen Christen, Versuche einflussreicher Personen oder Gruppen stehen, sich Land anzueignen. Einige lokale Führer zündeln und hetzten eine Menschenmenge auf. Es ist ein System der "Checks and Balances", eine Kontrolle der Moscheen notwendig, aber es mangelt an politischem Willen (BAA 6.2013; vergleiche auch: BFA 10.2014).
Per Gesetz ist es Madrassen verboten interkonfessionellen oder interreligiösen Hass oder Gewalt zu propagieren. In der Praxis gibt es allerdings Kleriker, die Intoleranz predigen. Außerdem gibt es - wenige, aber einflussreiche - Madrassen, an welchen Gewalt oder Extremismus gepredigt werden. Um dies zu drosseln wurde vorgeschrieben, dass sich Madrassen in einem von fünf Verbänden registrieren lassen müssen und keine Finanzierung aus dem Ausland annehmen dürfen (BFA 10.2014; vergleiche auch: USDOS 28.7.2014).
Im Alltag ist die Kommunikation relativ unproblematisch zwischen den Religionen, dies bestätigen alle Interviewpartner. Man heiratet häufig untereinander, versteht sich, lebt friedlich. Aber die Situation ist labil, so die Deutsche Botschaft. Wenn sich ein Vorfall ereignet und jemand die Leute aufhetzt, kann es zu Ausschreitungen kommen. Seit der Anwendung des Paragraph 295, C gegen Blasphemie traten zwei bis drei Vorfälle von Ausschreitungen auf, so wie im März 2013 gegen die christliche Gemeinde in Lahore. Die HRCP gibt an, dass trotz des grundsätzlich friedlichen Alltags die Gewaltvorfälle und die Spannungen zunehmen. Neben vereinzelten Ausschreitungen gegen christliche Siedlungen richten sich Demonstrationen mit Hetzkampagnen bestimmter extremistischer Gruppen immer wieder gegen Ahmadis. Es gäbe allerdings mehr Spannungen unter den Muslimen als zwischen Muslimen und den Minderheiten. Daneben kommt es auch immer wieder zu kleineren Gewaltakten gegen Einrichtungen und Glaubensstätten der Minderheiten. Die NCJP hat für 2012 für alle nicht-muslimische Minderheiten neun solcher Vorfälle gesammelt, in denen Gräber geschändet, sowie Kirchen, Tempel und Ahmadiyya Moscheen vandalisiert wurden, darunter die Brandstiftung an einer Kirche in Mardan, Khyber Pakhtunkhwa, im Zuge der Proteste gegen einen Mohammed beleidigenden US-Film (BAA 6.2013; vergleiche auch:
BFA 10.2014).
Bei Drohungen kümmert sich die Polizei oft nicht darum. Allgemein gibt es eine schlechte Performance der Polizei bei solchen Vorfällen, sie steht eher daneben, als dass sie eingreifen würde. Für die NCJP stellt sich die Lage so dar, dass Gewaltakte durch eine aufgebracht Menschenmenge ausbrechen können, da die Gewalttäter meistens nicht bestraft werden und damit eine abschreckende Wirkung fehlt. Das Rechtssystem ist für jeden gleich, meint allerdings HRCP, aber es gibt große Problemstellungen, die Polizei untersucht oft nicht genau. Bei Prozessionen, wie Palmsonntagprozessionen, werden als Prävention allerdings Polizeischutzmaßnahmen ergriffen (BAA 6.2013; vergleiche auch: BFA 10.2014).
Die begrenzte Kapazität und Willen der Regierung Täter der steigenden extremistischen Übergriffe gegen Minderheiten und Personen, die sich für Toleranz einsetzen, zu verfolgen, lässt ein Klima von Straflosigkeit zu (USDOS 28.7.2014).
Die religiöse Intoleranz hat zugenommen. Die Mehrheit befürwortet jedoch Toleranz und ist gegen Extremisten. Die Menschen wählen säkulare Parteien. Das Land hat auch positive Veränderungen in diesem Bereich gesehen. Bis vor einigen Jahren konnte man kaum über interreligiöse Toleranz sprechen. Schon Musharraf versuchte zu de-islamisieren, zwar nicht erfolgreich, doch der Prozess wurde durch die PPP forciert. Es ist heute möglich, vieles zu diskutieren, was vorher nicht ging. Es gibt unterschiedliche Organisationen in Pakistan, die für Toleranz und Zusammenarbeit zwischen den Religionen arbeiten (BAA 6.2013, BFA 10.2014).
Im Alltag gibt es keinen aktiven Konflikt, aber es gibt Diskriminierung und Ungleichheit und dies ist die Basis für Disharmonie. Minderheiten treffen auf Diskriminierung im wirtschaftlichen und sozialen Bereich, in Bildung, Gesundheit und Regierung. Die Diskriminierungen gehen allerdings nicht in die Richtung einer tatsächlichen Abgrenzung (BAA 6.2013; vergleiche auch: BFA 10.2014). Die meisten Minderheitengruppen, außer Schiiten, berichteten von Diskriminierungen bei Anstellungen. Auch der Karriere-Aufstieg von Minderheitenangehörigen im Staatsdienst ist anscheinend begrenzt, insbesondere für Ahmadis (USDOS 28.7.2014,).
Seit Juli 2013 ist das frühere eigenständige Nationale Ministerium für Interreligiöse Harmonie ein Teil des Ministeriums für religiöse Angelegenheiten geworden (USDOS 28.7.2014; vergleiche auch: AA 8.4.2014, BFA 2014). Das zusammengeführte Budget des Ministeriums dient als finanzielle Assistenz zur Förderung ärmerer Minderheiten und die Renovierung von Glaubensstätten fällt ebenfalls in die Verantwortlichkeit des Ministeriums (USDOS 28.7.2014). Im Rahmen der Umsetzung der 18. Verfassungsänderung wurden in allen Provinzen Ministerien zur Wahrung der Rechte der Minderheiten eingerichtet (AA 8.4.2014).
Die Bildungskampagne ist ein Fokus der NCJP und des damaligen Nationalen Ministerium für Harmonie. In der Lehrerausbildung, in den Lehrplänen und Schulbüchern wird versucht vorhandene Diskriminierung zu eliminieren und Toleranz zu fördern. Der Vertreter der PIL betont die Bedeutung der Zusammenarbeit zwischen den religiösen Führern unterschiedlicher Religionen, insbesondere muslimischen. Wenn ein bedeutender, muslimischer geistlicher Führer, wie der Vorsitzende des Pakistan Ulema Council, für interreligiöse Harmonie spricht, findet dies Gehör (BAA 6.2013; vergleiche auch: BFA 10.2014).
2009 wurde in allen staatlichen Bereichen bei der Anstellung eine 5-Prozent-Quote für Minderheiten eingeführt. Diese wurde allerdings noch nicht erreicht und wird im Land ungleich umgesetzt. Auch auf Distriktebene wurden Komitees zur Interreligiösen Harmonie zur Förderung von Toleranz zwischen den Religionen eingerichtet (USCIRF 30.4.2013; vergleiche auch: BFA 10.2014).
Das Gesetz sieht für die Einrichtung einer unabhängigen Nationalen Kommission für Menschenrechte vor, bestehend aus 10 Mitgliedern, mit einem Sitz für einen Vertreter der Minderheiten. Von den 342 Parlamentariern sind 10 Angehörige einer religiösen Minderheit. Im Senat sind vier der 104 Sitze für religiöse Minderheiten reserviert - je einer für jede Provinz. Reservierte Sitze für religiöse Minderheiten bestehen auch in den Provinzversammlungen, drei in Khyber Pakhtunkhwa, acht im Punjab, neun im Sindh und drei in Belutschistan (USDOS 28.7.2014). In den lokalen Regierungen ist ein Minimum von einem Sitz pro Zila (Distrikt) und pro Tehsil (~Bezirk) vorgesehen, in Belutschistan mindestens zwei (BFA 10.2014; vergleiche auch: Murad Ullah 1.-2.10.2012).
Für Beschwerden gegen Menschenrechtsverletzung sind in den verschiedenen Provinzen Büros des Ombudsmannes eingerichtet, Verletzungen der Rechte der Minderheiten fallen in ihren Zuständigkeitsbereich (BAA 6.2013).
In Pakistan finden sich nicht nur unterschiedliche Religionen, sondern viele Variationen der muslimischen Identität und der religiösen Intensität. Religiöse Intoleranz findet sich auch zwischen den muslimischen Sekten und innerhalb der sunnitischen Konfession, z.B. zwischen der Barelvi Sekte [auch Ahle Sunnat wal Jama'at], die sehr viel Sufi-Einfluss aufweist, aufgeschlossener ist und die Mehrheit der Pakistanis ausmacht, und der Deobandi, die islamistisch geprägt ist (BAA 6.2013; vergleiche auch: BFA 10.2014). Die sunnitischen hanafitischen Barelvi Muslime hängen traditionellen Glaubenspraktiken, darunter auch der Verehrung von Heiligen (Sufis) und deren Gräber, an. Die Hanafiten sind mit 50% Anteil an der islamischen Bevölkerung die zahlenstärkste muslimische Gruppe in Pakistan. Die Barelvi werden von den Deobandi und den Ahle Hadith, zwei weiteren sunnitischen Glaubensrichtungen, wegen der Verehrung von Sufi-Heiligen sowie sonstiger Praktiken abgelehnt und von Extremisten unter diesen bekämpft. Auch die Barelvi lehnen die Anschauungen der anderen sunnitischen Sekten ab. Angehörige der sunnitischen hanafitischen Barelvi Muslime und Schiiten werden vielfach Opfer sunnitischer Extremisten, wobei sich diese Vorfälle meist in Städten abspielten. Häufig wurden Selbstmordattentäter auf schiitische Prozessionen angesetzt (BAMF 8.2011; vergleiche auch: BFA 10.2014).
In Khyber Pakhtunkhwa kommt es zu interkonfessionellen Anschlägen auf Moscheen, in den Stammesgebieten zu Zusammenstößen zwischen schiitischen und sunnitischen Stämmen. In Karatschi setzen sich die Schiiten zur Wehr. Die Sipah-e-Muhammad Pakistan ist z.B. eine schiitische Gruppe, die in Karatschi in gezielte Tötungen an religiösen Führern und Aktivisten der verbotenen, terroristischen sunnitischen Sipah-e-Sahaba involviert ist. In Karatschi finden auch Schießereien zwischen schiitischen und sunnitischen Gangs statt. Im Sindh, außerhalb Karatschis, gibt es wenige interkonfessionelle Zwischenfälle. Im Punjab ebenfalls, aber es gibt dennoch vereinzelte Anschläge auf Schiiten (BAA 6.2013; vergleiche auch: BFA 10.2014). In 2013 ist im Vergleich zu 2012 die Anzahl von sektiererischen Attacken gestiegen, allerdings ist Zahl der Opfer gesunken (BFA 10.2014). Schiiten leben vor allem in Lahore. In der Stadt sind die Kontrollen hoch und sie ist relativ unter Kontrolle der Sicherheitskräfte (BAA 6.2013; vergleiche auch: BFA 10.2014). Klerikern, die als zur Gewalt anstiftend gesehen werden, wird während Muharram die Einreise in viele Distrikte des Punjabs und des Sindhs verwehrt (HRCP 3.2014; vergleiche auch: BFA 10.2014). Für schiitische Prozessionen wird Polizeischutz zur Verfügung gestellt, dennoch kommt es dabei zu Anschlägen (BAA 6.2013; vergleiche auch: BFA 10.2014).
Im Jahr 2013 sind bei 208 sektiererischen Attacken 687 Menschen gestorben. Mehr als die Hälfte dieser sektiererischen terroristischen Attacken waren gegen die schiitische Gemeinde gerichtet und 37% zielten auf die Sunniten. 471 Angehörige der schiitischen Gemeinde wurden getötet und 99 Sunniten starben. Anschläge und Zusammenstöße zusammengenommen wurden 220 Vorfälle von Gewalt zwischen den muslimischen Konfessionen mit 687 Todesopfern von PIPS registriert (PIPS 4.1.2014). Wie in den letzten Jahren sind circa 80 % aller Vorfälle sektiererischer Gewalt 2013, laut PIPS, gezielte Tötungen (PIPS 4.1.2014). HRW schätzt, dass 2013 über 400 Angehörige der schiitischen Bevölkerung in gezielten Anschlägen in Pakistan getötet wurden, mindestens 200 davon in Belutschistan, die meisten von diesen wiederum Hazara (HRW 21.1.2014). Allein in den ersten Wochen von 2013 starben über 200 Hazara in gezielten Anschlägen in Quetta (HRCP 3.2014).
2012 nahm die sektiererische Gewalt in Pakistan somit zu, obwohl sie 2011 zurückgegangen war. In 2013 gab es einen noch höheren Anstieg von Opfern der sektiererischen Gewalt (BFA 10.2014). In der Berichtszeit Juli 2013 bis Juni 2014 gab es 122 Vorfälle von sektiererischer Gewalt. Es gab 1.200 Opfer einschließlich 430 Todesfälle (USCIRF 8.2014). Karatschi, Quetta und Peschawar waren die Hotspots von sektiererischer Gewalt in 2013. Eine beträchtliche Zahl an Vorfällen von sektiererischer Gewalt wurde auch aus Hangu, Parachinar, Islamabad-Rawalpindi gemeldet. Aufgeschlüsselt fanden laut PIPS 84% aller Vorfälle von sektiererischer Gewalt in diesen sechs Städten statt. Weitere Schwerpunkte 2013 waren: Bolan in Belutschistan, Bhakkar, Lahore und Gujrat in Punjab. Vorfälle von sektiererischer Gewalt wurden in 29 Distrikten der vier Provinzen und aus dem FATA gemeldet. Dies bedeutet, dass die Verbreitung der sektiererischen Gewalt allmählich wächst und dass einige Regionen zu regelmäßigen Hotspots der sektiererischer Gewalt werden (PIPS 4.1.2014).
Auch die ersten beiden Monate 2013 waren, verbunden mit der Vorwahlzeit, von stark erhöhter interkonfessioneller Gewalt gezeichnet, in erster Linie in Karatschi und Quetta. Im Jänner und Februar 2013 wurden bei interkonfessionellen Anschlägen 238 Menschen getötet, ein Großteil davon bei zwei verheerenden Anschlägen in einem Viertel der schiitischen Hazara in Quetta. Nach diesem Höhepunkt nahm diese Art des Terrors in den nächsten beiden Monaten ab. Nichtsdestotrotz traf ein weiterer der größeren Anschläge der Vorwahlzeit am 3. März ebenfalls die schiitische Minderheit, diesmal in Karatschi, 48 Menschen starben bei einem Anschlag auf ein schiitisches Viertel (BAA 6.2013; vergleiche auch: BFA 10.2014).
Verbotene Gruppen wie die Lashkar-e-Jhangvi übernahmen die Verantwortung für Anschläge auf Schiiten (HRCP 3.2014). Sunnitische militante Gruppen operierten mit weiter Straflosigkeit in Pakistan (HRW 21.1.2014). Die Reaktion der Regierung war Großteils unzureichend. In Anerkennung dieser Tatsache kritisierte der Oberste Gerichtshof die Regierung im Jahr 2012 aufgrund der unzureichenden Bemühungen, in Quetta Sicherheit zu gewährleisten. (USCIRF 30.4.2013, BFA 10.2014).
Quellen:
USDOS - US Department of State (28.7.2014): 2013 International Religious Freedom Report- Pakistan, http://www.ecoi.net/local_link/281968/412326_de.html, Zugriff 24.10.2014
Ethnische Minderheiten
Die pakistanische Bevölkerung wird mit Stand Juli 2014 auf über 196,2 Millionen Menschen geschätzt und setzt sich wie folgt zusammen: Punjabi 44,68%, Paschtunen (Pathan) 15,42%, Sindhi 14,1%, Saraiki 8,38%, Muhajirs 7,57%, Belutschen 3,57%, andere ethnische Gruppen 6,28% (CIA 20.7.2014).
Pakistan ist ein multiethnischer und multireligiöser Staat. Die Armee wird v.a. durch Punjabis dominiert. Die Sprachen sind nicht immer deckungsgleich mit der ethnischen Gruppenzugehörigkeit. So verschieden die ethnischen und sprachlichen Gruppen sind, überwiegen doch die Gemeinsamkeiten. Zwei der wichtigsten sind der hohe Respekt vor dem Alter und das Primat der Familienloyalität (Murad Ullah 1.-2.10.2012).
Es kommt zu Diskriminierungen, unter anderem gegenüber nationalen und ethnischen Minderheiten (USDOS 27.2.2014).
Politisch motivierte, ethnische Spannungen zwischen den Muhajir, den nach der Teilung von Indien nach Pakistan emigrierten Muslimen, und den aus Afghanistan und der Nordwestgrenze Pakistans zugewanderten Paschtunen halten in Karatschi seit Jahren an (BAA 6.2013). Gezielte Tötungen werden von bewaffneten Gangs, die von allen in der Stadt vertretenen politischen Parteien patronisiert wurden, begangen. Die größte politische Partei in Karatschi, das Muttaheda Qaumi Movement (MQM) [Partei der Muhajir], mit schwer bewaffneten Kadern und einer gut dokumentierten Vergangenheit von Menschenrechtsverletzungen und politischer Gewalt, wurde weithin als Haupttäter der gezielten Tötungen betrachtet. Gangs in Verbindung zur ANP (Awami National Party; eine Partei der Paschtunen) oder PPP (Pakistan People's Party) verüben wiederum gezielte Tötungen auf Aktivisten der MQM in Karatschi (HRW 22.1.2012; vergleiche auch: Reliefweb 3.7.2013, NYT 11.8.2014). Diese drei Parteien waren allerdings gleichzeitig in der bisherigen Bundesregierung in einer gemeinsamen Koalition (Dawn 1.5.2013). Der ethno-politische Konflikt in der Millionenstadt Karatschi dauert an. Die Zahl der gezielten Tötungen ist weiterhin hoch (HSS 10.10.2012; vergleiche auch: TET 18.1.2014).
Quellen:
USDOS - US Department of State (27.2.2014): Country Report on Human Rights Practices 2012 -
Pakistanhttp://www.refworld.org/docid/53284a8e21.html, Zugriff 8.10.2014
Bewegungsfreiheit
Das Gesetz gewährleistet die Bewegungsfreiheit im Land und uneingeschränkte internationale Reisen, doch die Regierung beschränkt diese Rechte in der Praxis. Die Regierung schränkte den Zugang zu bestimmten Gebieten der FATA, Khyber Pakhtunkhwa und Belutschistan aufgrund von Sicherheitsbedenken ein. Regierungsangestellte und Studenten müssen vor Reisen ins Ausland ein "no objection certificate" einholen, doch bei Studenten wird dies selten durchgesetzt. Personen auf der Exit Control List ist es verboten, ins Ausland zu reisen. Diese Liste soll Personen, welche ein Kriminalverfahren anhängig haben, von Auslandsreisen abhalten. Allerdings ist keine gerichtliche Handlung notwendig, damit das Innenministerium einen Namen auf die Liste setzen kann. Sie wird manchmal benutzt, um Menschenrechtsaktivisten und Führer nationalistischer Parteien zu schikanieren. Personen auf der Liste haben das Recht, bei Gericht Einspruch einzulegen (USDOS 27.2.2014)
Die Reisefreiheit in Pakistan wurde 2012 und 2013 häufig eingeschränkt. Durch die interkonfessionelle Gewalt in Gilgit Batlisten und Belutschistan wurden einige Gegenden für einen nicht unbeachtlichen Teil der Bevölkerung zur "no go area". Durch die Sicherheitslage in vielen Agencies der FATA sind diese für Personen von außerhalb und manchmal auch für die Bewohner selbst zur "no go area" geworden. Sicherheitsmaßnahmen führten bei Terrordrohungen zur Einschränkung der Bewegungsfreiheit für alle Bürger. Gewalt zwischen ethnischen Gruppen machten bestimmte Teile Karatschis, die von einer ethnischen Gruppe dominiert wurden, zu einer "no go area" für die andere ethnische Gruppe. Ethnische Gewalt in Teilen Belutschistans schränkten auch hier - vor allem für Hazara - die Bewegungsfreiheit ein. Arbeiter in illegaler Schuldknechtschaft gehörten zu den Gruppen mit den stärksten Beschränkungen der Bewegungsfreiheit. Die Opfer wurden durch bewaffnete Wächter davon abgehalten zu fliehen und die Familien wurden als Geiseln gehalten (HRCP 3.2013; vergleiche auch: HRCP 3.2014).
Für Angehörige aller Gruppen gilt, dass ein Ausweichen in der Regel das Aufgeben der wirtschaftlichen Basis mit sich bringt. In den Städten, vor allem den Großstädten Rawalpindi, Lahore, Karatschi, Peshawar oder Multan, leben potentiell Verfolgte aufgrund der dortigen Anonymität sicherer als auf dem Lande. Selbst Personen, die wegen Mordes von der Polizei gesucht werden, können in einer Stadt, die weit genug von ihrem Heimatort entfernt liegt, unbehelligt leben (AA 8.4.2014).
Ahmadis bietet eine Flucht nach Rabwah, ihrem religiösen Zentrum, keinen sicheren Schutz vor Repressionen (AA 1.7.2011), aber einen erheblichen. Sie sind dort weitgehend unter sich, doch für ihre Gegner sehr sichtbar (AA 8.4.2014). 95 % der Einwohner der Stadt Rabwah sind Ahmadis. In einer Antwort erklärte die Human Rights Commission of Pakistan, dass die Sicherheit in Rabwah für Ahmadis von der Art der Verfolgung und dem Einfluss der verfolgenden Person abhängt. Rabwah ist zwar sicherer für Ahmadis als die meisten anderen Orte in Pakistan, doch wenn jemand in ganz Pakistan verfolgt wird, dann wird er auch in Rabwah gefunden. In Rabwah zu leben zeigt, dass man Ahmadi ist, sollte man einen Ahmadi aufspüren wollen, würde man dort suchen (UKHO 9.8.2013).
Auch besteht die Möglichkeit, in den Schutz der größeren Städte zu fliehen, falls es sich nicht um Personen handelt, die bereits überregional bekannt geworden sind. Dies wird auch von Vertretern unabhängiger pakistanischer Menschenrechtsorganisationen als Ausweichmöglichkeit gesehen. Für verfolgte Angehörige der christlichen Minderheit bestehen - abgesehen wiederum von den Fällen, die überregionale Bekanntheit erlangt haben - generell Ausweichmöglichkeiten in andere Landesteile (AA 8.4.2014).
Zum Spruch des Europäischen Gerichtshofes, Deutschland gegen Y & Z [2012] EUECJ C-71/11 (05 September 2012): Es ist und war im Allgemeinen möglich für Ahmadis ihren Glauben auf einer eingeschränkten Basis sowohl im privaten Bereich als auch in der Gemeinschaft auszuüben, ohne das heimische pakistanische Gesetz zu verletzen. In Bezug auf eine volle Glaubensübung über die Einschränkungen des pakistanischen Strafgesetzes unter Sektion 298B und 298C hinaus, gilt das Gesetz landesweit [Anmerkung: die länderkundlichen Aspekte wurden verwendet, die diesbezüglichen Entscheidungsvorgaben der britischen Behörde wurden nicht miteinbezogen] (UKHO 1.2013).
Für jene Individuen, denen aufgrund schädlicher religiöser Normen oder traditioneller Praktiken Leid droht, wie Opfer von oder Personen in Gefahr von Zwangsheirat, Zwangskonversion oder Ehrenmorden und für die eine interne Relokation in einen anderen Teil des Landes relevant sein kann, muss die Anerkennung solcher Normen durch breite Teile der Gesellschaft und mächtige, konservative Elemente in der Verwaltung berücksichtigt werden (Murad Ullah o.D.).
Laut Bericht des Vertrauensanwaltes, kann eine Person, die von einem Konfliktherd mit Taliban flieht, relativ sicher in einer pakistanischen Stadt in den Provinzen Sindh oder Punjab leben. Hinsichtlich der Sicherheit existieren in Pakistan - schon aufgrund der Größe des Landes - interne Fluchtalternativen. Wenn die Taliban direkt eine Person verfolgen, ist es schwierig sich zu verstecken, Karatschi kann im allgemeinen eine Option für Sicherheit sein, wie weit dies sicher ist, hängt allerdings vom Profil der Person und von der Art des Konfliktes ab, von dem die Person flieht. Es muss sorgfältig auf einer Einzelfallbasis abgeklärt werden. Es hängt von der Ernsthaftigkeit des jeweiligen Konfliktes ab, ob diese Person durch die Taliban gesucht und gefunden werden wird. Paschtunen haben ein enges Familiennetz und da die meisten in Karatschi wieder in diesem Familiennetz bzw. "community" leben, kann man sie über diesen Weg finden. Doch es ist möglich sich aufgrund der Größe Pakistans aus dem Radar der Taliban begeben. Eine "low profile" Person, die z. B. nach Karatschi flüchtet, wird dort von den Taliban nicht aufgespürt werden, da es für die Taliban auch keine Priorität hat, "low profile" Personen zu suchen (ÖB 25.7.2013).
Nach Einschätzung des Vertreters des PIPS (Pakistan Institute for Peace Studies) ist es nicht die Strategie der Taliban, einzelne Personen durch das Land zu verfolgen. Eine Assistenzprofessorin erzählt von Fällen aus Karatschi - wo sich die Taliban im Zuge der durch die Militärinterventionen im Swat-Tal ausgelösten Wanderung in einigen Vororten etablieren konnten - in denen Personen, die gegen die Taliban im Swat-Tal agierten, in Karatschi getötet wurden. Der UNHCR betont, dass die Terrororganisationen zwar meist lokal agieren, einige aber teilweise vernetzt sind und zum Teil zusammen arbeiten. Eine innerstaatliche Fluchtalternative kann somit nicht generell angenommen werden, sondern muss in jedem Fall einzeln geprüft werden (BAA 6.2013).
Männer können bei privaten Disputen oder der Gefährdung, Opfer eines Ehrverbrechens zu werden, also in Fällen, wo nur durch Privatpersonen eine Verfolgung besteht, grundsätzlich meist in andere Gebiete Pakistans ausweichen. Es kommt allerdings auf die Vernetzung und den Einfluss der verfolgenden Person bzw. Personengruppen an. Wenn ein ganzer Stamm eine Person aufgrund einer Ehrverletzung verfolgt, wird er, laut Aussage von HRCP, auch "in New York gefunden" werden. Es ist somit der individuelle Einzelfall zu berücksichtigen (BAA 6.2013).
Quellen:
USDOS - US Department of State (27.2.2014): Country Report on Human Rights Practices 2013 - Pakistan, http://www.ecoi.net/local_link/270793/400683_de.html, Zugriff 20.10.2014
Grundversorgung/Wirtschaft
Pakistan verfügt über ein hohes Potenzial für wirtschaftliches Wachstum, bedingt durch seine günstige geographische Lage mit Brückenfunktion zwischen Zentral- und Südasien sowie zwischen China und dem Arabischen Meer, seinen Ressourcenreichtum, einen vergleichsweise deregulierten Markt, niedrige Lohnkosten, eine junge, wachsende Bevölkerung und eine wachsende Mittelschicht. Dieses Potenzial wird jedoch aufgrund jahrzehntelanger Vernachlässigung der sozialen und wirtschaftlichen Infrastruktur, periodisch wiederkehrender politischer Instabilität und schwacher institutioneller Kapazitäten nicht ausgeschöpft. Als größte Wachstumshemmnisse gelten die prekäre Sicherheitslage und die unzureichende Energieversorgung. Mit 4,1 Prozent blieb das Wirtschaftswachstum auch im Haushaltsjahr 2013/14 (01.07.2013-30.06.2014) hinter den Möglichkeiten des Landes zurück und bewegte sich auf dem Niveau der Vorjahre (2010: 3,8 Prozent; 2011: 2,4 Prozent; 2012: 4,4 Prozent; 2013: 3,6 Prozent) (AA 10.2014b). Das Wirtschaftswachstum kann nicht mit dem Bevölkerungswachstum mithalten (BAA 6.2013). Nach den Fluten 2010 und 2011 und der weltweiten Nahrungsmittelpreiskrise gab es eine merkbare Zunahme der absoluten Armut (BAA 6.2013). Die Überschwemmungen im September 2014 hatten wie in den Jahren zuvor gravierende Auswirkungen auf die wirtschaftliche Entwicklung durch Schäden in Milliardenhöhe und zerstören die Lebensgrundlage der in diesen Gebieten lebenden Bauern, die sich noch nicht gänzlich von den Überschwemmungen des Vorjahres erholt hatten (DW 17.9.2014).
Lag die Inflationsrate 2012 noch bei fast 14 Prozent, konnte sie sich 2013 bei 8 bis 9 Prozent halten. Das Haushaltsdefizit konnte von knapp 9 Prozent des Bruttoinlandsprodukts im Haushaltsjahr 2012/13 nach Angaben der Regierung auf 5,8 Prozent im vergangenen Haushaltsjahr gesenkt werden. Die Staatsverschuldung Pakistans liegt bei 62,2 Prozent des BIP. Nachdem die Devisenreserven Pakistans seit 2011 geschrumpft waren, ist seit Anfang 2014 wieder ein Aufwärtstrend zu verzeichnen. Die Währungsreserven liegen derzeit bei ca. 10 Mrd. US-Dollar. Defizitäre Staatsbetriebe belasten die öffentlichen Finanzen und benötigen regelmäßig staatliche Finanzspritzen. Pakistan wird seine Staatseinnahmen deutlich erhöhen müssen; mit knapp 9 % des BIP hat es eine der niedrigsten Steuerquoten der Welt (AA 10.2014b).
Es gibt eine Energiekrise, ein großer Teil der Bevölkerung hat keinen regelmäßigen Zugang zu Strom. Die Energiesituation hat sich in den letzten Jahren rapide verschlechtert, es ist jedoch schwer dies zu quantifizieren, da es in letzter Zeit keine Erhebungen gab. Der Stromausfall beträgt landesweit im Sommer bis zu 18 Stunden am Tag. Besonders betroffen ist der Punjab, in anderen Provinzen ist die Situation etwas besser Es gibt ein System des "load shedding shedule", ein öffentlicher Plan und Information, wann die Elektrizität wo abgeschaltet wird (BAA 6.2013; vergleiche auch: BFA 10.2014). Die Stromausfälle haben nicht nur negative Auswirkungen auf die Lebensumstände der Bevölkerung. Sie führen auch zu einem um 1,5 bis 1,7 Prozentpunkte niedrigeren Wirtschaftswachstum. Die von der neuen Regierung im Juli 2013 vorgestellte Nationale Energiepolitik benennt als erste Priorität die Schließung der Lücke zwischen Stromangebot und -nachfrage (AA 10.2014b).
Die Landwirtschaft Pakistans ist mit einem Beitrag von rund 21 % zum BIP immer noch in vielerlei Hinsicht der wichtigste Sektor der pakistanischen Volkswirtschaft. Über 44 % der arbeitenden Bevölkerung sind in der Landwirtschaft beschäftigt; knapp 60 % der ländlichen Bevölkerung hängen direkt oder indirekt vom landwirtschaftlichen Sektor ab. Die Provinz Punjab gehört in vielen Bereichen (u.a. Getreideanbau u. Viehzucht) zu den weltweit größten Produzenten und verfügt über das größte zusammenhängende landwirtschaftliche Bewässerungsgebiet weltweit. Der Industriesektor trägt ebenfalls mit 21 % zum BIP bei. Der bei weitem wichtigste Exportsektor ist die Textilbranche, die ca. 60 % aller pakistanischen Exportgewinne ausmacht. Der Dienstleistungssektor hat sich zu einem wichtigen Wachstumsfaktor entwickelt, er trägt inzwischen mit über 50 % zum BIP bei. Wichtigste Bereiche sind hier v. a. Bankwesen, Versicherungswesen, Transportwesen und der Kommunikationssektor, aber auch der überproportional große öffentliche Verwaltungsapparat (AA 10.2014b). Die Telekommunikations- und die Baubranche haben ihre Expansion fortgesetzt und viele formelle und informelle Arbeitsplätze geschaffen. Diese Expansionen haben zu einem besseren Stellenangebot geführt (IOM 8.2013).
Die Gehaltsstruktur ist sehr unterschiedlich verteilt. In den Städten wie Multan, Lahore und Islamabad ist eine ausgeprägte Mittelschicht vorhanden, in den ländlichen Gebieten allerdings weniger. Laut IOM liegt das Einkommen der Mittelklasse bei ca. 20.000-30.000 Rupien (ca. € 152-227) im Monat. Durch die Inflation ist das bei einer Familie mit 2 Kindern gerade genug, um die wichtigsten Bedürfnisse zu befriedigen - im Fall eines eigenen Hauses und ohne private Schule. Muss man Miete zahlen, ist es schwieriger (BAA 6.2013).
Im niedrigen öffentlichen Dienst, als Tagelöhner oder Kleinstangestellter zeichnet sich ein Gehalt von 10.000-20.000 Rupien (ca. € 76-152) im Monat ab. Dies reicht kaum, um über die Runden zu kommen, 80 % der Haushaltsausgaben werden für Lebensmittel aufgewendet. Die geschätzte Arbeitslosigkeit ist gering, aber der Arbeitsmarkt ist durch eine Unterbeschäftigung bzw. Unterbezahlung gekennzeichnet. Lahore und Karatschi sind teurer, hier braucht man zwischen 30.000 und 35.000 Rupien (ca. € 227-265) im Monat, allerdings gibt es hier mehr Einkommensmöglichkeiten und ein stärker ausgeprägtes Mietwohnungswesen. Es sind zwar alle "irgendwie beschäftigt", aber die Löhne sind gering und reichen schlecht für das notwendigste Auskommen. In Karatschi, Rawalpindi und Lahore haben die Menschen eher ihre eigenen kleinen Geschäfte oder Kleinstunternehmen als eine Arbeitsstelle. In den ländlichen Gegenden ist der Großteil in der Land- oder Viehwirtschaft tätig (BAA 6.2013).
Die Organisation National Rural Support Programme erläutert, dass es aufgrund der großen Bevölkerung sehr viele Möglichkeiten für Geschäfte auf kleiner Basis gibt, neue gut laufende Trends sind z.B. kleine Schönheitssalons oder Handyreparaturwerkstätten. Die Organisation SEPLAA spricht den Bereichen IT, Energie-Sektor, Training und Unterricht hohes Potential in Pakistan zu. Die Leiterin des Women Entrepreneurial Development Programme führt aus, dass es viele Möglichkeiten am Markt gibt, aber das Problem sei oft, das Individuum mit den Marktanforderungen zu verknüpfen (BAA 6.2013).
Nur rund 1.59 Millionen der 59 Millionen Arbeitskräfte in Pakistan hatten 2013 Zugang zum Sozialversicherungssystem. Die Zahl der Arbeitslosen nahm von 3,4 Millionen 2010/2011 auf 3,72 Millionen 2013 zu. Rund zwei Millionen Pakistani sind in verschiedenen Formen moderner Sklaverei tätig (HRCP 3.2014).
Es fehlen rund neun Millionen Wohneinheiten. Vertreibungen durch den bewaffneten Konflikt und Naturkatastrophen erschweren die Problematik zusätzlich. 2013 wurden mehr als 20.000 Häuser durch Überflutungen zerstört. 33% der Pakistani leben ohne Kanalisierung. Slumbewohner in Städten hatten kaum grundlegende städtische Infrastruktur zur Verfügung. Hunderte Menschen kamen bei Zusammenbrüchen schlecht gebauter Gebäude ums Leben (HRCP 3.2014).
Quellen:
Soziale Wohlfahrt und staatliche Beschäftigungsförderungsprogramme
Das Ministerium für religiöse Angelegenheiten, Zakat und Ushr, verwaltet die staatlich eingehobene Zakat [Anmerkung: religiöse Pflicht für Muslime, einen geregelten Anteil des Einkommens an Arme und Bedürftige abzugeben, in Pakistan wird sie staatlich eingehoben], die 2,5% des Einkommens beträgt, und finanziert damit Projekte für Arme und Bedürftige. Aber auch in diesem Bereich herrscht Korruption (Murad Ullah 1.-2.10.2012). Ein durchgehendes, konsistentes Sozialsystem ist auf Regierungsebene laut IOM nicht vorhanden. Das staatliche Zakat System finanziert Pakistan Bait-ul-Mal (PBM), das dem Premierminister untersteht, sowie das "Benazir Income Project" (BAA 6.2013). PBM ist eine autonome Behörde, die einen erheblichen Beitrag zur Bekämpfung der Armut durch die verschiedenen Maßnahmen für die ärmsten Mitglieder der Gesellschaft leistet und Unvermögende, Witwen, Waisen, Invaliden sowie schwache und andere bedürftige Menschen unterstützt (IOM 8.2013). PBM hat ein Budget von 2 Milliarden Rupien (ca. 15.157.710 €). Es werden unterschiedliche Projekte und Hilfsschemen finanziert, einige Programme für Kinder sowie das Individuelle Finanzielle Unterstützungsprogramm. Das Individuelle-Finanz-Assistenz-Programm richtet sich an besonders bedürftige Personen und setzt sich aus drei Komponenten zusammen. Einerseits kann bedürftigen Antragsstellern eine allgemeine finanzielle Unterstützung bei Armut gewährt werden. Die zweite Komponente des Programms ist eine finanzielle Assistenz zur Förderung von Eigenerwerbsfähigkeit. Dabei wird einer Person finanzielle Unterstützung gewährt, um ein kleines Geschäft zu gründen. Die dritte Möglichkeit der finanziellen Unterstützung wird über die Finanzierung einer medizinischen Behandlung geboten (BAA 6.2013).
Anträge müssen mit der Kopie der nationalen ID Karte beim District Officer eingereicht werden. Es gibt 144 zuständige District Officers für Pakistan, 30 für die FATA, 40 für Gilgit Baltistan und 40 für Kaschmir. Die Zahl der Empfänger des individuellen Unterstützungsprogrammes beträgt ca. 50.000. Die private Wohltätigkeitsebene ist in Pakistan sehr gut ausgeprägt (BAA 6.2013).
Die Overseas Pakistanis Foundation (OPF) wurde 1979 im Rahmen des Emigrations Erlasses gegründet. Ihr Ziel ist die Unterstützung der im Ausland lebenden Pakistanis und ihrer in Pakistan gebliebenen Familien. Ihre Angebote umfassen ökonomische Hilfen, medizinische Versorgung und Hilfe (IOM 8.2012). Zielgruppe der OPF sind im Ausland arbeitende Pakistanis und ihre in Pakistan gebliebenen Familien, ein Ziel dabei sind auch Dienstleistungen für zurückkehrende Migranten. Die OPF untersteht dem Ministerium für Auslandspakistanis (OPF o.D.).
Arbeitsvermittlungsbüros von staatlicher Seite gibt es nicht. Es gibt private Arbeitsvermittlungsagenturen (BAA 6.2013).
Zur Beschleunigung des wirtschaftlichen Wachstums wurden durch die Regierung verschiedene Maßnahmen getroffen. Eine Reihe initiierter Projekte soll eine positive Auswirkung auf die Schaffung neuer Arbeitsplätze haben. Hierzu zählen unter anderem die Verbesserung der physischen Infrastruktur, die Ausweitung des landwirtschaftlichen Potenzials des Landes und die Anwendung neuer Ressourcen zur Bekämpfung der Armut. Das Tameer-e-Pakistan-Programm wurde als Maßnahme zur Verringerung der Armut initiiert und dient dazu, die Einkommensquellen für arme Menschen zu verbessern und Beschäftigungsmöglichkeiten im gesamten Land zu schaffen. Die SME Bank (kleine und mittelständische Unternehmen) wurde am 1. Jänner 2002 mit dem primären Ziel der finanziellen und geschäftlichen Unterstützung von SME gegründet (IOM 8.2013).
Die Aufgabe der Nationalen Kommission zur beruflichen und technischen Bildung ist es, politische Richtlinien für die berufliche und technische Bildung zu erarbeiten und in diesem Bereich regulierend tätig zu sein, damit der nationale und internationale Bedarf an Fachkräften besser gedeckt werden kann. In den folgenden Fachgebieten werden Ausbildungsmaßnahmen angeboten:
Dienstleistungen (Krankenpflege, Tourismus, IT und Telekommunikation); Baugewerbe; Landwirtschaft, Milchproduktion und Viehzucht; Feinmechanik; ähnlich arbeitet der Rat für Berufliche Ausbildung in Punjab (PVTC), der von der Provinzregierung getragen wird. Er bietet nachfrageorientierte Ausbildungen an und ist vor allem um die Vermittlung benachteiligter Jugendlicher bemüht. Die verschiedenen Institute des Rates bieten folgende Ausbildungen an:
Computerreparatur und Wartung, EDV-gestütztes Textildesign, Betriebswirtschaftliche EDV, Reparatur von Mobiltelefonen, Textilverarbeitung, Import / Export Dokumentation, EDV-gestütztes technisches Zeichnen, KFZ-Elektriker, KFZ-Mechaniker, Stickerei, Schneiderei, Kosmetik; Es gibt im privaten Sektor viele NGOs und Institute, die berufliche Aus- und Weiterbildungen anbieten (IOM 8.2013).
Quellen:
Rückkehrhilfe und -projekte
Personen, die nach Pakistan zurückkehren, erhalten keinerlei staatliche Wiedereingliederungshilfen oder sonstige Sozialleistungen (AA 8.4.2014). Kehren sie in ihren Familienverband zurück, ist ihre Grundversorgung im Rahmen dessen wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit gesichert (AA 1.7.2011).
IOM betreibt ein Freiwilliges Rückkehrprogramm für Pakistanis aus Österreich, das Projekt ist für das Jahr 2013 auf 30 Personen konzipiert, elf sind bis zum März bereits zurückgekehrt, darunter auch Familien. Bis auf zwei Personen, die ins Swat-Tal zurückgekehrt sind, kommen alle aus dem Punjab. Es wird eine finanzielle Rückkehrunterstützung sowie eine Reintegrationsunterstützung, u.a. durch berufliche Weiterbildung geboten. Die Situation bei der Rückkehr hängt von der Person und den Umständen sowie der Zeit, die sie außer Landes verbracht hat, ab (BAA 6.2013).
Im Rahmen dieses Projekts werden pakistanische Staatsangehörige, die in Österreich (i) Asylwerber/innen, (ii) asylberechtigt, (iii) subsidiär schutzberechtigt, oder (iv) nicht oder nicht mehr aufenthaltsberechtigt sind, bei ihrer freiwilligen Rückkehr und nachhaltigen Reintegration in ihrem Herkunftsland unterstützt. Die Maßnahmen werden gemeinsam mit den Teilnehmer/innen erarbeitet und sind auf deren individuelle Bedürfnisse und Fähigkeiten abgestimmt.
IOM implementiert folgende Aktivitäten: Finanzielle Unterstützungsleistung; Reintegrationsunterstützung; IOM unterstützt Reintegrationsmaßnahmen durch Sachleistungen bis zu einem Maximalwert von EUR 3.000,-, darunter fallen: Berufsberatung und Arbeitsvermittlung, Berufliche und schulische Aus- und Weiterbildungsangebote, z.B. als Mechaniker/in, Computertechniker/in, Frisör/in, Installateur/in, Elektriker/in, etc.; Unterstützung bei der Neugründung von Kleinbetrieben sowie Geschäftsgründungs- und Managementseminare; Unterstützung beim Ankauf von Werkzeugen und Ausrüstungen; Sonderunterstützung für Projektteilnehmer/innen mit besonderen Bedürfnissen (IOM o.D.).
Die Unterstützung zur Erwerbstätigkeit wird, laut IOM, an die Person angepasst. Bei der Aus- und Weiterbildung für den Arbeitsmarkt wird darauf aufgebaut, welche beruflichen Erfahrungen die Betroffenen mitbringen, und dies mit den Marktanforderungen abgeglichen. Die finanziellen Mittel sind auf kleine Geschäftsgründungen angelegt. Geschäfte, die so eröffnet wurden, sind z.B. kleine Kleider-, Lebensmittel-, Mobiltelefongeschäfte oder Schönheitssalons - diese sind derzeit erfolgreich (BAA 6.2013). IOM in Pakistan führt kontinuierliches Monitoring mit den Projektteilnehmer/innen vor Ort durch (IOM o.D.).
Auch die pakistanische NGO WELDO betreut Rückkehrprogramme. Es gibt unterschiedliche Programme für die freiwillige Rückkehr. Es werden Leistungen zur Reintegration und Unterstützung bereitgestellt. Sie versuchen die Rückkehrer wieder in den Arbeitsmarkt zu integrieren und vermitteln Arbeitsplätze. Das Ausbildungsprogramm wird mit dem Bedarf am Arbeitsmarkt und an die jeweilige Person angepasst. Meist sind jene Migranten nur schlecht ausgebildet. Beratung und Unterstützung in der Zielregion wird geboten. Die meisten Programme enthalten auch finanzielle Leistungen für die Betroffenen. Es gibt verschiedene Programme z.B. für vulnerable Personengruppen, unbegleitete Minderjährige und Menschen, die psychische Hilfe benötigen. WELDO kümmert sich ebenfalls und im gleichen Umfang um zwangsweise Abgeschobene (BAA 6.2013).
Quellen:
IOM - Internationale Organisation für Migration (o.D.):
Unterstützung der freiwilligen Rückkehr und Reintegration von Rückkehrenden nach Pakistan, Informationsblatt
Behandlung nach Rückkehr und Dokumente
Zurückgeführte Personen haben bei ihrer Rückkehr nach Pakistan allein wegen der Stellung eines Asylantrags nicht mit staatlichen Repressalien zu rechnen. Eine über eine Befragung hinausgehende besondere Behandlung Zurückgeführter ist nicht festzustellen. Aus Ländern wie der Türkei, Griechenland und Großbritannien, werden regelmäßig Abschiebungen nach Pakistan durchgeführt. Die Rückführung von pakistanischen Staatsangehörigen ist nur mit gültigem pakistanischem Reisepass oder mit einem von einer pakistanischen Auslandsvertretung ausgestellten so genannten "emergency passport" möglich, nicht aber mit deutschen oder europäischen Passersatzdokumenten (AA 8.4.2014). Rückkehrer sind, ebenso wie die restliche Bevölkerung, mit den alltäglichen Problemen des Landes konfrontiert. Dies betrifft in erster Linie die hohe Arbeitslosigkeit, Korruption, wirtschaftliche Aspekte, Strom- und Gasversorgung usw. Zum großen Teil werden diese Probleme jedoch durch die umfassende Einbindung in die großflächigen und weitverzweigen Familienstrukturen abgemildert und aufgefangen (ÖB 1.2013).
Die nationale Datenbank- und Registrierungsbehörde (NADRA) ist für die Ausstellung der Ausweispapiere (National Identity Card, Pakistan Origin Card - PIC, National Identity Card for Overseas Pakistanis - NICOP und Children Registration Certificates) verantwortlich. Die zuständigen Swift Centres sind in den meisten Städten zu finden (IOM 8.2013).
Pakistan Origin Card (POC): Eine Person kann eine POC erhalten, wenn sie ausländischer Staatsbürger ist und zu einem Zeitpunkt des Lebens ein Staatsbürger Pakistans gewesen ist. National Identity Card for Overseas Pakistanis - NICOP: Die NADRA-Behörde stellt dieses Papier pakistanischen Arbeitern/Emigranten und Bürgern im Ausland aus, sowie Pakistanis, die die doppelte Staatsbürgerschaft haben und bei einer NADRA-Behörde gemeldet sind. Die NICOP und auch die POC können wenn nötig auch anstelle der National Identity Card verwendet werden (IOM 8.2013).
Children Registration Certificate: Die NADRA-Behörde sieht vor, für jedes Kind unter 18 Jahren ein solches Meldezertifikat auszustellen. Das Zertifikat enthält Informationen wie Name, Meldenummer, Namen der Eltern und Nummer ihrer computerisierten Nationalen Ausweise, Geburtsdatum, Geburtsort und Geschlecht (IOM 8.2013).
Quellen:
ÖB - Österreichische Botschaft Islamabad (1.2013): Asylländerbericht Islamische Republik Pakistan
2.2. Das BVwG stützt sich im Hinblick auf diese Feststellungen auf folgende Erwägungen:
2.2.1. Der oben unter Punkt römisch eins. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.
2.2.2. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hat den entscheidungsrelevanten Sachverhalt im Rahmen eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens erhoben und in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Ergebnisse dieses Verfahrens sowie die aus seiner Sicht bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen klar und übersichtlich zusammengefasst. Das BVwG schließt sich im entscheidungswesentlichen Umfang diesen Ausführungen mit den nachstehenden Erwägungen an.
2.2.4.1. Der angefochtene Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl basiert auf einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren und fasst in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung in der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammen. Das Bundesamt hat sich mit dem individuellen Vorbringen auseinander gesetzt und in zutreffenden Zusammenhang mit der Situation des Beschwerdeführers gebracht.
2.2.3. Die Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers ergeben sich aus den Einvernahmen vor dem BAA bzw. dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im Einklang mit dem Akteninhalt.
Soweit in der gegenständlichen Rechtssache Feststellungen zur Identität (Name, Geburtsdatum), Staatsangehörigkeit, Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit des BF getroffen wurden, beruhen diese auf den im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen, denen in der gegenständlichen Beschwerde nicht entgegengetreten wurde, sowie auf der Kenntnis und Verwendung einer für Pakistan gebräuchlichen Sprache und auf den Kenntnissen der geografischen Gegebenheiten Pakistans. Diese Feststellungen gelten ausschließlich für die Identifizierung der Person des Beschwerdeführers im gegenständlichen Verfahren.
Der Beschwerdeführer hat weder vor der belangten Behörde noch vor dem Bundesverwaltungsgericht Dokumente, die seine Identität zweifelsfrei belegen hätten können und mit seinen Identitätsangaben übereinstimmen würden, im Original vorgelegt.
Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer weder an einer schweren körperlichen noch an einer schweren psychischen Erkrankung leidet, ergibt sich daraus, dass der Beschwerdeführer im bisherigen Verfahren diesbezüglich keinerlei Angaben getätigt hat.
Die Feststellungen zum persönlichen Umfeld bzw. Lebensunterhalt im Herkunftsstaat ergeben sich aus den diesbezüglichen Angaben im Verfahren, zumal kein Grund ersichtlich ist, warum der Beschwerdeführer etwa in Bezug auf seinen Lebensunterhalt in Pakistan falsche Angaben hätte machen sollen.
Der Umstand, dass nicht festgestellt werden konnte, dass der Beschwerdeführer über relevante schützenswerte Bindungen zu Österreich verfügt, dass er einer regelmäßigen Beschäftigung in Österreich nachgeht oder dass sonstige Gründe für eine hinreichende Integration bestehen würden, ergibt sich daraus, dass der Beschwerdeführer im bisherigen Verfahren diesbezüglich keine entsprechenden Angaben getätigt oder Beweismittel in Vorlage gebracht hat. Der Beschwerdeführer gab zwar an, dass er eine Freundin in Österreich habe, jedoch lebt er mit dieser nicht im gemeinsamen Haushalt. Er brachte zwar vor dem BFA Unterstützungserklärungen, Empfehlungsschreiben, eine Bestätigung über einen "Deutschkurs für Erwachsene mit nichtdeutscher Muttersprache", eine Besuchsbestätigung über einen Lehrgang "Basisbildung für Migranten und Migrantinnen". Sowie eine Bestätigung über den ehrenamtlichen Besuch einer Einrichtung namens "Lerncafe" der Caritas vor.
Allein aus der Vorlage dieser Bestätigungen kann aber nicht auf das Vorliegen einer hinreichenden Integration geschlossen werden.
2.2.4. Die Feststellungen zum Vorbringen des Beschwerdeführers bzw. dessen Fluchtgründen und zu seiner Situation im Fall der Rückkehr in den Herkunftsstaat beruhen auf den Angaben des Beschwerdeführers in der Erstbefragung und in der Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, den getroffenen Länderfeststellungen sowie auf den Ausführungen in der Beschwerde.
Die Feststellung zum Nichtvorliegen einer asylrelevanten Verfolgung oder sonstigen Gefährdung des Beschwerdeführers ergibt sich einerseits aus dem seitens des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl sowie des Bundesverwaltungsgerichtes als unglaubwürdig erachteten Vorbringen des Beschwerdeführers sowie andererseits aus den detaillierten, umfangreichen und aktuellen Länderfeststellungen zur Lage in Pakistan.
2.2.4.1. Der angefochtene Bescheid basiert auf einem ordnungsgemäßen Ermittlungs-verfahren und fasst in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung in der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammen. Das Bundesamt hat sich mit dem individuellen Vorbringen auseinander gesetzt und in zutreffenden Zusammenhang mit der Situation des Beschwerdeführers gebracht.
Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl legte im Rahmen der Beweiswürdigung dar, dass es dem BF nicht gelungen sei, sein Fluchtvorbringen glaubhaft zu machen. Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich den beweiswürdigenden Argumenten der belangten Behörde an.
2.2.4.2. So teilt das Bundesverwaltungsgericht die Auffassung des Bundesamtes, dass sich das Vorbringen des Beschwerdeführers in Bezug auf die Schilderungen der fluchtauslösenden Ereignisse wenig detailliert darstellt und ist dem BFA ferner zuzustimmen, dass die Angaben des Beschwerdeführers zu den einzelnen Vorfällen auch als äußerst vage einzustufen sind. Dem BFA ist folglich zuzustimmen, das der BF weder glaubhaft machen konnte, dass er wegen der Geldschulden in seinem Heimatdorf gesucht und bedroht wurde, noch dass dies in der Stadt Karachi geschehen ist.
Dem BFA ist insbesondere zuzustimmen, wenn es festhält, dass es dem Beschwerdeführer möglich sein hätte müssen, ausführliche Informationen zu den Bedrohern anzugeben. Er war jedoch nicht in der Lage irgendwelche genauen Angaben über diese Leute, von denen er bedroht worden wäre, anzugeben. Er konnte lediglich angeben, dass es sich um "Bekannte und Verwandte" handeln würde, nähere Ausführungen dazu blieb er jedoch schuldig.
Ferner ist dem BFA zuzustimmen, wenn es festhält, dass ein Indiz für die mangelnde Glaubwürdigkeit auch der Umstand darstellt, dass es dem Beschwerdeführer auch nicht möglich war, eine Anzeigebestätigung der Polizei, angeblich habe er gemäß eigenen Angaben eine Anzeige bei der Polizei erstattet, als Beweismittel vorzulegen.
Bei tatsächlichem Zutreffen dieses Vorbringens könnte doch vorausgesetzt werden, dass der Beschwerdeführer eine Anzeigebestätigung, welche dieses Vorbringen belegen kann, in Vorlage gebracht hätte, wie es auch von anderen Beschwerdeführern aus seinem Heimatland praktiziert wird. Ferner ist diesbzgl. festzuhalten, dass abseits der nationalen Rechtsprechung zur Beurteilung der Glaubhaftmachung auch die europarechtlichen Vorgaben von Bedeutung sind. So normiert die - nicht direkt anwendbare - Statusrichtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29. April 2004 als Ausfluss der Staatenpraxis in deren Artikel 4 Absatz 1 und 5 Folgendes: "Wenden die Mitgliedstaaten den in Absatz 1 Satz 1 genannten Grundsatz an, wonach der Antragsteller seinen Antrag auf internationalen Schutz begründen muss, und fehlen für Aussagen des Antragstellers Unterlagen oder sonstige Beweise, so bedürfen diese Aussagen keines Nachweises, wenn
a) der Antragsteller sich offenkundig bemüht hat, seinen Antrag zu substantiieren;
b) alle dem Antragsteller verfügbaren Anhaltspunkte vorliegen und eine hinreichende Erklärung für das Fehlen anderer relevanter Anhaltspunkte gegeben wurde;
c) festgestellt wurde, dass die Aussagen des Antragstellers kohärent und plausibel sind und zu den für seinen Fall relevanten besonderen und allgemeinen Informationen nicht in Widerspruch stehen;
d) der Antragsteller internationalen Schutz zum frühest möglichen Zeitpunkt beantragt hat, es sei denn, er kann gute Gründe dafür vorbringen, dass dies nicht möglich war;
e) die generelle Glaubwürdigkeit des Antragstellers festgestellt worden ist."
Wendet man im Wege einer richtlinienkonformen Auslegung diese sekundärrechtliche Norm auf das gegenständliche Verfahren an, so führt auch dies nicht zum Verzicht auf die Beischaffung von Bescheinigungsmitteln seitens des BF, zumal dessen generelle Glaubwürdigkeit nicht festgestellt werden konnte.
Überdies ist dem BFA zu folgen, wenn es festhält, dass sich sein Vorbringen, aus wirtschaftlichen Gründen nach Österreich gereist zu sein, als vielmehr glaubwürdiger darstellt, hat er dies doch auch im Rahmen seiner Einvernahme vor dem BFA am 29.04.2015 angegeben. Insbesondere gab er an, dass er in Österreich legal arbeiten wollen um seine im Heimatland lebende Ehefrau und die gemeinsamen Kinder finanziell unterstützen zu können.
Zusammengefasst ist es dem Beschwerdeführer jedenfalls - wie bereits vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl festgestellt - nicht gelungen, eine Verfolgungsgefahr glaubhaft zu machen.
2.2.4.3. Die seitens des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vorgenommene Beweiswürdigung ist im Sinne der allgemeinen Denklogik und der Denkgesetze in sich schlüssig und stimmig. Sie steht auch im Einklang mit der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, wonach die Behörde einen Sachverhalt grundsätzlich nur dann als glaubwürdig anerkennen kann, wenn der Asylwerber während des Verfahrens im Wesentlichen gleich bleibende Angaben macht, wenn diese Angaben wahrscheinlich und damit einleuchtend erscheinen und wenn erst sehr spät gemachte Angaben nicht den Schluss aufdrängten, dass sie nur der Asylerlangung um jeden Preis dienen sollten, der Wirklichkeit aber nicht entsprechen. Als glaubhaft könnten Fluchtgründe im Allgemeinen nicht angesehen werden, wenn der Asylwerber die nach seiner Meinung einen Asyltatbestand begründenden Tatsachen im Laufe des Verfahrens unterschiedlich oder sogar widersprüchlich darstellt, wenn seine Angaben mit den der Erfahrung entsprechenden Geschehnisabläufen nicht vereinbar und daher unwahrscheinlich erscheinen oder wenn er maßgebliche Tatsachen erst sehr spät im Laufe des Asylverfahrens vorbringt (VwGH 6.3.1996, 95/20/0650).
Die freie Beweiswürdigung ist ein Denkprozess der den Regeln der Logik zu folgen hat und im Ergebnis zu einer Wahrscheinlichkeitsbeurteilung eines bestimmten historisch-empirischen Sachverhalts, also von Tatsachen, führt. Der Verwaltungsgerichtshof führt dazu präzisierend aus, dass eine Tatsache in freier Beweiswürdigung nur dann als erwiesen angenommen werden darf, wenn die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens ausreichende und sichere Anhaltspunkte für eine derartige Schlussfolgerung liefern (VwGH 28.09.1978, Zahl 1013, 1015/76). Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens,
5. Auflage, Paragraph 45, AVG, E 50, Seite 305, führen beispielsweise in Zitierung des Urteils des Obersten Gerichtshofs vom 29.02.1987, Zahl 13 Os 17/87, aus: "Die aus der gewissenhaften Prüfung aller für und wider vorgebrachten Beweismittel gewonnene freie Überzeugung der Tatrichter wird durch eine hypothetisch denkbare andere Geschehensvariante nicht ausgeschlossen. Muss doch dort, wo ein Beweisobjekt der Untersuchung mit den Methoden einer Naturwissenschaft oder unmittelbar einer mathematischen Zergliederung nicht zugänglich ist, dem Richter ein empirisch-historischer Beweis genügen. Im gedanklichen Bereich der Empirie vermag daher eine höchste, ja auch eine (nur) hohe Wahrscheinlichkeit die Überzeugung von der Richtigkeit der wahrscheinlichen Tatsache zu begründen, (...)".
Aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts ist unter Heranziehung dieser, von der höchstgerichtlichen Judikatur festgelegten Prämissen für den Vorgang der freien Beweiswürdigung dem Bundesasylamt nicht entgegenzutreten.
2.2.4.4. Ferner bestehen aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts erhebliche Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Fluchtvorbringens des Beschwerdeführers; dies aus folgenden Gründen:
2.2.4.4.1. So ist festzuhalten, dass sich seine Mutter, sieben Geschwister, seine Ehegattin und seine vier Kinder nach wie vor unbehelligt in Pakistan aufhalten. Der Umstand, dass der gesamte Familie des Beschwerdeführers ein unbehelligtes Leben in Pakistan möglich ist, spricht zum einen gegen die Glaubwürdigkeit des Fluchtvorbringens und zum anderen auch gegen eine Gefährdung des BF im Falle seiner Rückkehr nach Pakistan, ist es doch naheliegend, dass sich die Bedroher, bei einer tatsächlichen Verfolgung des BF, zunächst auch an die Familie des BF wenden würden.
2.2.4.4.2. Ergänzend ist festzuhalten, dass hätte der Beschwerdeführer tatsächlich eine asylrelevante Verfolgung aus den von ihm genannten Gründen befürchtet, so hätte er wohl bereits bei seinem Aufenthalt in Griechenland einen Asylantrag gestellt.
In diesem Zusammenhang ist auf die Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29.04.2004 über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (sog. Statusrichtlinie) zu verweisen, welche in ihrem Artikel 4, Absatz 5, Litera d, vorsieht, dass dann, wenn für Aussagen des Antragstellers Unterlagen oder sonstige Beweise fehlen, diese Aussagen keines Nachweises bedürfen, wenn der Antragsteller internationalen Schutz zum frühest möglichen Zeitpunkt beantragt hat, es sei denn, er kann gute Gründe dafür vorbringen, dass dies nicht möglich war. Wendet man diese sekundärrechtliche Norm im Wege einer richtlinienkonformen Auslegung auf das gegenständliche Verfahren an, so ergibt sich um Umkehrschluss, dass gegenständlich jedenfalls - glaubwürdige - Beweise erforderlich gewesen wären.
Weiters ist auf Artikel 23, Absatz 4, der Richtlinie 2005/85/EG des Rates vom 01.12.2005 über Mindestnormen für Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Zuerkennung und Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft (sog. Verfahrensrichtlinie) zu verweisen, nach dessen Litera i, ein Prüfungsverfahren dann beschleunigt durchgeführt werden kann, wenn es der Antragsteller ohne vernünftigen Grund versäumt hat, den Antrag zu stellen, obwohl er Gelegenheit dazu gehabt hätte.
Den gleichen Tenor hat auch die Bestimmung des Paragraph 38, Absatz eins, Ziffer 2, AsylG, wonach einer Beschwerde gegen eine abweisende Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz und die damit verbundene Ausweisung die aufschiebende Wirkung aberkannt werden kann, wenn sich der Asylwerber vor der Antragstellung schon mindestens drei Monate in Österreich aufgehalten hat, es sei denn, dass er den Antrag auf internationalen Schutz auf Grund besonderer, nicht von ihm zu vertretender Umstände nicht binnen drei Monaten nach der Einreise stellen konnte.
Der BF musste auf seiner Reise nach Österreich zudem auch durch andere als sicher geltende Staaten reisen und wäre es ihm möglich und zumutbar gewesen schon dort um Schutz anzusuchen. Durch das Unterlassen kann geschlossen werden, dass er andere Motive als jene der Schutzsuche hat.
2.2.4.4.3. Das Bundesverwaltungsgericht hält auch fest, dass es grundsätzlich möglich erscheinen mag, dass der Beschwerdeführer aufgrund von Geldschulden Probleme mit Gläubigern gehabt haben könnte, derartige Probleme weisen jedoch keinen Asylkonnex auf, sondern basieren auf rein persönlichen, finanziellen bzw. kriminellen Gründen. Selbst wenn man dem Vorbringen hinsichtlich der Übergriffe und Bedrohungen Glauben schenken würde, so kann darin kein Asylkonnex erkannt werden, gab der Beschwerdeführer doch nicht an, dass die Konflikte auf Gründen der GFK basieren würde, weswegen grundsätzlich auch von der Überprüfung der Frage der Glaubwürdigkeit abgesehen hätte werden können.
Selbst wenn man also das Vorbringen des Beschwerdeführers der rechtlichen Beurteilung zugrunde legt, gelangt man - wie unten näher ausgeführt werden wird - zu keinem anderen Ergebnis.
2.2.4.4.4. Die Zulässigkeit für das Bundesverwaltungsgericht über die Beweiswürdigung des Bundesamtes hinaus ergänzende Schlüsse aus den bisherigen Ermittlungen zu ziehen, ergibt sich aus Paragraph 21, Absatz 7,,
2. Fall, BFA-VG (entspricht in diesem Punkt der Vorgängerbestimmung Paragraph 41, Absatz 7, AsylG 2005 aF), wonach von einer mündlichen Verhandlung auch dann abgesehen werden kann, wenn sich aus "den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht". Um der Begründungspflicht, resultierend aus dem sinngemäß anwendbaren Paragraph 60, AVG, wonach der Bescheid [das Erkenntnis] erkennen lassen muss, aus welchen Erwägungen die Behörde [das Bundesverwaltungsgericht] zu dieser Ansicht gelangt ist, zu entsprechen, bedarf es aber einer (nachvollziehbaren) Darstellung der dafür maßgeblichen gedanklichen Vorgänge.
Der Gesetzgeber verwendet hier in Paragraph 21, Absatz 7,, 2. Fall, BFA-VG bzw. zuvor in Paragraph 41, Absatz 7,, 2. Fall, AsylG 2005 aF mit "zweifelsfrei" eine andere Diktion wie im Paragraph 6, Absatz eins, Ziffer 4, AsylG 1997 idFd Asylgesetz-Novelle 2003, wonach ein Asylantrag als offensichtlich
unbegründet abzuweisen ist, wenn das "......Bedrohungsszenario
offensichtlich den Tatsachen nicht entspricht". Schon aus dem anders gewählten Wortlaut leuchtet es ein, dass der Gesetzgeber hier im Paragraph 21, Absatz 7,, 2. Fall, BFA-VG (entspricht in diesem Punkt der Vorgängerbestimmung Paragraph 41, Absatz 7,, 2. Fall, AsylG 2005 aF) - womit eine Erweiterung der Möglichkeit der Abstandnahme von einer mündlichen Verhandlung geschaffen werden sollte - mit "zweifelsfrei" auf Grund des anderen Wortsinnes eine andere Wertung anlegen wollte, als mit der "Offensichtlichkeit", ansonsten es keiner Änderung der Diktion bedurft hätte. Daraus resultiert aber auch, dass sich die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Offensichtlichkeit vergleiche Feßl/Holzschuster, Asylgesetz 1997 Praxiskommentar, S 100ff mwN auf die Judikatur des VwGH) im zitierten Paragraph 6, AsylG 1997 nicht ohne weiteres auf diese Bestimmung übertragen lässt. Dem Wortsinn nach ist unter "zweifelsfrei" die "Freiheit von (innerer) Unsicherheit, Ungewissheit, mangelndem Glauben oder innerem Schwanken gegenüber einem (möglichen) Sachverhalt oder einer Behauptung" zu verstehen. Zu dieser Überzeugung hat der Richter (das Gericht) auf Basis der "bisherigen Ermittlungen" zu gelangen.
Hier ergeben sich derartige Fakten aus den eigenen Angaben des Beschwerdeführers im Rahmen des Ermittlungsverfahrens des Bundesasylamtes und des Rechtsmittelschriftsatzes. Das Bundesverwaltungsgericht ist nicht verhalten, den Asylwerber zu Widersprüchen in Ansehung seines Asylantrages zu befragen, weil keine Verpflichtung besteht, ihm im Wege eines behördlichen Vorhalts zur Kenntnis zu bringen, dass Widersprüche in seinen eigenen Aussagen vorhanden seien, die im Rahmen der gem. Paragraph 45, Absatz 2, AVG vorzunehmenden Beweiswürdigung zu seinem Nachteil von Bedeutung sein könnten, und ihm aus diesem Grunde eine Stellungnahme hierzu zu ermöglichen (VwGH 4.11.1992, 92/01/0560; vergleiche ua. auch VwGH 27.6.1985, 85/18/0219; 3.4.1998, 95/19/1734; 30.1.1998, 95/19/1713 wonach keine Verpflichtung besteht, den vom Antragsteller selbst vorgebrachten Sachverhalt zu Gehör zu bringen [siehe auch Hengstschläger/Leeb, AVG Kommentar, Rz 29 zu Paragraph 45, mwN]). Die Behörde (bzw. das Gericht) ist auch nicht verpflichtet, dem Antragsteller Gelegenheit zur Stellungnahme hinsichtlich einer vorgenommenen Beweiswürdigung zu geben [Hinweis E 23. April 1982, 398/80] (VwGH25.11.2004, 2004/03/0139; Hengstschläger/Leeb, AVG Kommentar, Rz 25 zu Paragraph 45, mwN). Wenn die Behörde bzw. das Gericht aufgrund der vorliegenden Widersprüche zur Auffassung gelangte, dass dem Asylwerber die Glaubhaftmachung (seiner Fluchtgründe) nicht gelungen ist, so handelt es sich um einen Akt der freien Beweiswürdigung (VwGH 4.11.1992, 92/01/0560).
Der Verwaltungsgerichtshof (Beschluss vom 18.06.2014, Zl. Ra 2014/20/0002-7) hielt in diesem Zusammenhang nunmehr auch explizit fest, dass, insoweit das Erstgericht die die Beweiswürdigung tragenden Argumente der Verwaltungsbehörde teilt, das im Rahmen der Beweiswürdigung ergänzende Anführen weiterer - das Gesamtbild nur abrundenden, aber nicht für die Beurteilung ausschlaggebenden - Gründe, nicht dazu führt, dass die im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom 28.05.2014, Zlen. Ra 2014/20/0017 und 0018 dargestellten Kriterien für die Abstandnahme von der Durchführung der Verhandlung gemäß dem ersten Tatbestand des Paragraph 21, Absatz 7, BFA-VG nicht erfüllt sind.
2.2.4.5. Wenn der Beschwerdeführer das durchgeführte Ermittlungsverfahren bemängelt, ist diesbezüglich anzumerken, dass das Protokoll der Einvernahme den Eindruck vermittelt, dass der zuständige Organwalter den Beschwerdeführer ausführlich und objektiv zu seinem behaupteten Herkunftsstaat und seinem Fluchtvorbringen befragt und ihn mit entscheidungswesentlichen Fragen konfrontiert hat. Bei Betrachtung der gegenständlichen Niederschrift kann dieser Vorwurf daher nicht nachvollzogen werden. Die Asylbehörde hat die materielle Wahrheit von Amts wegen zu erforschen. Hierbei kann oftmals nur auf eine genaue Befragung des Asylwerbers zurückgegriffen werden. Hinsichtlich der Fragestellung lassen sich aber keine Besonderheiten feststellen und bei genauer Betrachtung hinterlässt die Niederschrift den Eindruck, dass sie den konkreten Verlauf wiedergibt. Der Niederschrift ist weiters nicht zu entnehmen, dass der BF während der Einvernahme Beanstandung kundtat, was aber seiner Mitwirkungsverpflichtung entsprochen hätte. Zur Vollständigkeit sei erwähnt, dass der BF am Ende der Einvernahme vor dem BFA am 29.04.2015 nach der Rückübersetzung der Niederschrift ausdrücklich erklärte, dass er keine Ergänzungen vorzubringen habe. Im Übrigen bestätigte der BF mit seiner Unterschrift die Richtigkeit und Vollständigkeit der Niederschrift und die vollständige Rückübersetzung.
Der Beschwerdeführer wurde im Rahmen des Asylverfahrens umfassend niederschriftlich vom BFA einvernommen, wobei er in dieser Einvernahme die Gelegenheit hatte, sich zu seinen Verfolgungsgründen und Rückkehrbefürchtungen zu äußern. Das BFA beließ es dabei nicht bei offenen Fragen, sondern versuchte auch durch konkrete Fragestellung den Grund seiner Furcht und zu erwartende Rückkehrprobleme zu erhellen, was nach Ansicht der erkennenden Richterin auch hinreichend geschehen ist. Die Verpflichtung der Behörde zur amtswegigen Ermittlungspflicht geht nicht so weit, dass sie in jeder denkbaren Richtung Ermittlungen durchzuführen hätte, sondern sie besteht nur insoweit, als konkrete Anhaltspunkte aus den Akten (etwa das Vorbringen der Partei (VwSlg 13.227 A/1990) dazu Veranlassung geben (VwGH 4.4.2002, 2002/08/0221).
Die Behörde ist auch im Rahmen der Refoulementprüfung nur in dem Umgang zu amtswegigen Ermittlungen verhalten, in dem ein ausreichend konkretes, eine maßgebliche Bedrohung aufzeigendes Vorbringen erstattet wird, nicht aber zur Prüfung, ob die Partei denkbarerweise irgendwelchen Gefährdungen ausgesetzt wäre vergleiche VwGH 19.11.2002, 2002/21/0185, 3.9.1997, 96/01/0474, 30.9.1997, 96/01/0205).
2.2.4.6. Wenn der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde Verständigungsschwierigkeiten mit der Dolmetscherin bzw. von dieser begangene Übersetzungsfehler ins Treffen führt, so ist dem dahingehend entgegenzutreten, dass er am Ende der niederschriftlichen Einvernahme vom 29.04.2015 nach der Rückübersetzung angegeben hat, dass alles richtig und vollständig wiedergegeben worden sei, es keine Verständigungsprobleme gegeben und er nichts hinzuzufügen habe.
Ebenso gab der Beschwerdeführer eingangs der niederschriftlichen Einvernahme am 29.04.2015 an, die Dolmetscherin sehr gut zu verstehen und bestätigte auch am Ende - nach erfolgter Rückübersetzung - die Dolmetscherin während der gesamten Einvernahme einwandfrei verstanden zu haben sowie dass er nach Rückübersetzung der Niederschrift keine Einwände habe.
Das nunmehrige Argument in der Beschwerdeschrift, dass die reduzierte Form der Einvernahme im Vergleich zum tatsächlich Vorgebrachten auf eine großteils sinngemäße und nicht tatsächliche Übersetzung des Gesagten zurückzuführen sei und der Beschwerdeführer bereits in der Einvernahme erklärt habe, dass die Dolmetscherin aus dem Süden Indiens stammen würde und diese einen stark abweichenden Urdu-Dialekt von jenem des BF sprechen würde, ist daher nicht nachvollziehbar. Es ist auszuschließen, dass die Dolmetscherin ihre Tätigkeit unkorrekt oder unvollständig ausgeführt hat; dies umso mehr unter Berücksichtigung des Umstandes, dass häufig der Versuch unternommen wird, Widersprüche im Vorbringen auf die Übersetzungstätigkeit des Dolmetsch zu überwälzen.
Überdies ist festzuhalten, dass der Beschwerdeführer in der Beschwerdeschrift lediglich ausgeführt hat, dass die reduzierte Form der Einvernahme im Vergleich zum tatsächlich Vorgebrachten auf eine großteils sinngemäße und nicht tatsächliche Übersetzung des Gesagten zurückzuführen sei und es daher keinen Grund gäbe an der Glaubwürdigkeit des BF zu zweifeln, da die Übersetzung teilweise fehlerhaft gemacht worden sei. Konkrete Kritikpunkte, welche durch eine angeblich fehlerhafte Übersetzung entstanden seien, lässt die Beschwerde aber zur Gänze vermissen und ist daher auch der Einwand, die Dolmetscherin habe eine fehlerhafte Übersetzung vorgenommen, nicht von Relevanz. Im übrigen ist aber auch festzuhalten, dass dem Fluchtvorbringen auch bei Glaubwürdigunterstellung keine Asylrelevanz beizumessen ist, weswegen sich sämtliche Rechtfertigungsversuche in Bezug auf die mangelnde Glaubwürdigkeit als obsolet erweisen.
2.2.4.7. Letztlich ist sohin festzuhalten, dass der Beschwerdeführer im Beschwerdeschriftsatz keine substantiierten Argumente, welche die festgestellte Unglaubwürdigkeit zu entkräften vermögen, vorgebracht hat und auch sonst den Ausführungen im angefochtenen Bescheid nicht substantiiert entgegengetreten ist respektive auch keinerlei relevante Mängel aufgezeigt wurden.
2.2.5. Zur Lage im Herkunftsstaat:
Die von der belangten Behörde und dem Bundesverwaltungsgericht im gegenständlichen Verfahren getroffenen Feststellungen zur allgemeinen Lage im Herkunftsstaat ergeben sich aus den in das Verfahren eingebrachten und im Bescheid bzw. Erkenntnis angeführten herkunftsstaatsbezogenen Erkenntnisquellen. Die belangte Behörde hat dabei Berichte verschiedenster allgemein anerkannter Institutionen berücksichtigt. Diese Quellen liegen dem Bundesverwaltungsgericht von Amts wegen vor und decken sich im Wesentlichen mit dem Amtswissen des Bundesverwaltungsgerichtes, das sich aus der ständigen Beachtung der aktuellen Quellenlage (Einsicht in aktuelle Berichte zur Lage im Herkunftsstaat) ergibt.
Insoweit die belangte Behörde ihren Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat Berichte älteren Datums zugrunde gelegt hat, ist auszuführen, dass sich seither die darin angeführten Umstände unter Berücksichtigung der dem Bundesverwaltungsgericht von Amts wegen vorliegenden Berichte aktuelleren Datums für die Beurteilung der gegenwärtigen Situation nicht wesentlich geändert haben.
Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.
Der BF trat den Quellen und deren Kernaussagen auch nicht entgegen.
Abschließend ist anzumerken, dass die vom BFA und dem Bundesverwaltungsgericht herangezogenen länderspezifischen Feststellungen zum Herkunftsstaat zwar nicht den Anspruch absoluter Vollständigkeit erheben (können), jedoch als so umfassend qualifiziert werden können, dass der Sachverhalt bezüglich der individuellen Situation des Beschwerdeführers in Verbindung mit der Beleuchtung der allgemeinen Situation im Herkunftsstaat als geklärt angesehen werden kann, weshalb gemäß hg. Ansicht nicht von einer weiteren Ermittlungspflicht, die das Verfahren und damit gleichzeitig auch die ungewisse Situation des Beschwerdeführers unverhältnismäßig und grundlos prolongieren würde, ausgegangen werden kann (dazu auch Hengstschläger-Leeb, Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, Kommentar, RZ 65 zu Paragraph 52, AVG).
Es wurden somit im gesamten Verfahren keinerlei Gründe dargelegt, die an der Richtigkeit der Informationen zur allgemeinen Lage im Herkunftsstaat Zweifel aufkommen ließen.
2.2.6. Der Beschwerdeführer beantragte in der Beschwerde die Durchführung einer mündlichen Verhandlung. Hierbei wurde aber nicht angeführt, was bei einer weiteren - persönlichen Einvernahme im Asylverfahren - konkret an entscheidungsrelevantem und zu berücksichtigendem Sachverhalt noch hervorkommen hätte können. So argumentiert auch der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung, dass schon in der Beschwerde darzulegen ist, was eine ergänzende Einvernahme an vorliegenden Widersprüchen hätte ändern können bzw. welche wesentlichen Umstände (Relevanzdarstellung) dadurch hervorgekommen wären (z.B. VwGH 4.7.1994, 94/19/0337). Wird dies unterlassen, so besteht keine Verpflichtung zur neuerlichen Einvernahme, da damit der erstinstanzlichen Beweiswürdigung, der sich das Bundesverwaltungsgericht anschließt, nicht substantiiert entgegengetreten wird.
2.2.7. Der Beschwerdeschriftsatz enthält im Übrigen keine konkreten Ausführungen, die zu einer anders lautenden Entscheidung führen könnten und vermag daher die erkennende Richterin auch nicht zu weiteren Erhebungsschritten und insbesondere auch nicht zur Abhaltung einer mündlichen Verhandlung veranlassen.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) (Spruchpunkt römisch eins)
3.1. Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten
3.1.1. Gemäß Paragraph 3, Absatz eins, AsylG ist einem Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit, Schutz im EWR-Staat oder in der Schweiz oder Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Artikel eins,, Abschnitt A, Ziffer 2, der Genfer Flüchtlingskonvention droht und keiner der in Artikel eins, Abschnitt C oder F der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Endigungs- oder Ausschlussgründe vorliegt.
Nach Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, Bundesgesetzblatt Nr. 55 aus 1955,, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, Bundesgesetzblatt Nr. 78 aus 1974,, ist Flüchtling, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen.
Zentrales Element des Flüchtlingsbegriffs ist die "wohlbegründete Furcht vor Verfolgung". Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist vergleiche zB. VwGH 22.12.1999, Zl. 99/01/0334; VwGH 21.12.2000, Zl. 2000/01/0131; VwGH 25.1.2001, Zl. 2001/20/0011). Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation (aus Konventionsgründen) fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH E vom 21.12.2000, Zl. 2000/01/0131; VwGH 25.1.2001, Zl. 2001/20/0011).
Für eine "wohlbegründete Furcht vor Verfolgung" ist es nicht erforderlich, dass bereits Verfolgungshandlungen gesetzt worden sind; sie ist vielmehr bereits dann anzunehmen, wenn solche Handlungen zu befürchten sind (VwGH 26.02.1997, Zl. 95/01/0454, VwGH 09.04.1997, Zl. 95/01/055), denn die Verfolgungsgefahr - Bezugspunkt der Furcht vor Verfolgung - bezieht sich nicht auf vergangene Ereignisse vergleiche VwGH 18.04.1996, Zl. 95/20/0239; VwGH 16.02.2000, Zl. 99/01/0397), sondern erfordert eine Prognose.
Verfolgungshandlungen die in der Vergangenheit gesetzt worden sind, können im Rahmen dieser Prognose ein wesentliches Indiz für eine Verfolgungsgefahr sein vergleiche VwGH 09.03.1999, Zl. 98/01/0318).
Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in einem der Gründe haben, welche Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, GFK nennt (VwGH 09.09.1993, Zl. 93/01/0284; VwGH 15.03.2001, Zl. 99/20/0128); sie muss Ursache dafür sein, dass sich der Asylwerber außerhalb seines Heimatlandes bzw. des Landes seines vorigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein (VwGH 16.06.1994, Zl. 94/19/0183, VwGH 18.02.1999, Zl. 98/20/0468).
Relevant kann darüber hinaus nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein; sie muss bei Bescheiderlassung vorliegen, auf diesen Zeitpunkt hat die der Asylentscheidung immanente Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den in Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen zu befürchten habe (VwGH 19.10.2000, Zl. 98/20/0233).
Eine Verfolgung, d.h. ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen, kann weiters nur dann asylrelevant sein, wenn sie aus den in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen (Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politische Gesinnung) erfolgt, und zwar sowohl bei einer unmittelbar von staatlichen Organen ausgehenden Verfolgung als auch bei einer solchen, die von Privatpersonen ausgeht (VwGH 27.01.2000, Zl. 99/20/0519, VwGH 22.03.2000, Zl. 99/01/0256, VwGH 04.05.2000, Zl. 99/20/0177, VwGH 08.06.2000, Zl. 99/20/0203, VwGH 21.09.2000, Zl. 2000/20/0291, VwGH 07.09.2000, Zl. 2000/01/0153, u.a.).
3.1.2. Im gegenständlichen Fall sind nach Ansicht der erkennenden Richterin die dargestellten Voraussetzungen, nämlich eine aktuelle Verfolgungsgefahr aus einem in der GFK angeführten Grund nicht gegeben.
Der Beschwerdeführer vermochte nämlich keine asylrelevante Verfolgung glaubhaft zu machen vergleiche Punkt 2 ff des gegenständlichen Erkenntnisses).
3.1.3. Auch wenn man das Vorbringen des Beschwerdeführers der rechtlichen Beurteilung zugrunde legt, konnte der Beschwerdeführer keine Umstände dartun, die die Annahme rechtfertigen würden, dass er in seinem Heimatstaat einer Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention ausgesetzt sei, und konnten daher die von ihm geltend gemachten Fluchtgründe nicht zur Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft führen. Es ist dem Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang nicht gelungen, eine gezielt und konkret gegen ihn gerichtete, mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eintretende, Asylrelevanz erreichende Verfolgung darzutun.
3.1.3.1. Die geltend gemachten Verfolgungshandlungen der Kontrahenten weisen keinen GFK-Konnex auf, sondern basieren auf einer rein persönlichen und kriminellen Motivation.
Dem Vorbringen des Beschwerdeführers, dass er wegen Geldschulden bzw. in seiner Funktion auf der Suche nach Investoren bedroht worden sei, fehlt es an einem Zusammenhang zu den in der Genfer Flüchtlingskonvention taxativ aufgezählten Verfolgungsgründen. Vielmehr lässt sich aus den Aussagen des Beschwerdeführers selbst entnehmen, dass die Bedrohung aus rein zwischenmenschlichen Konflikten bzw. Streitigkeiten erfolgte und es sich dabei um ein kriminelles Delikt handelt.
Kriminelle Machenschaften reichen als Begründung eines Asylantrages nicht aus (VwGH vom 08.06.2000, 99/20/0111, 0112, 0113; VwGH vom 26.07.2000, 2000/20/0250). Es ist festzuhalten, dass die Bedrohungen durch die Personen der MQM - würde man diesem Vorbringen Glauben schenken - als eigenständiger krimineller Akt zu qualifizierender Missbrauch des Beschwerdeführers nicht aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität oder politischen Gesinnung erfolgt ist. Daher bedarf es im Grunde keiner Erörterung mehr über die Fähigkeit und den Willen des pakistanischen Staates zur Schutzgewährung, aber auch nicht der Frage, ob es sich um Verfolgung durch staatliche Organe handelt. Der Beschwerdeführer hat nämlich nicht ausgeführt, dass ihn die Personen aufgrund eines in der GFK genannten Grundes geschlagen bzw. bedrohen würden, sondern liegt die Vermutung nahe, dass es sich um kriminelle Delikte handelt.
3.1.3.2. Selbst wenn man den Übergriffen und der Bedrohung durch Kriminelle einen GFK-Konnex zu Grunde legen würde, wäre eine Verfolgung durch Drittpersonen im Hinblick auf die Genfer Flüchtlingskonvention auch nur insofern relevant, als der Staat aus einem GFK-Grund nicht willig bzw. fähig ist, dem Beschwerdeführer Schutz zu gewähren. Dies kann jedoch im konkreten Fall nicht angenommen werden. Weder kann aufgrund der Länderberichte davon ausgegangen werden, dass die pakistanischen Behörden generell bei Übergriffen und Bedrohungen durch Privatpersonen schutzunfähig oder schutzunwillig wären, noch haben sich im konkreten Fall des Beschwerdeführers Anhaltspunkte dafür ergeben, dass die Polizei untätig geblieben wäre und ihn nicht schützen könnte bzw. würde. Der Beschwerdeführer hat zwar behauptet, dass ihm die pakistanische Polizei keinen Schutz bieten würde bzw. dass sie ihm mitgeteilt hätten, er solle diese Angelegenheit alleine lösen, doch kann aus diesem Vorbringen (bei Glaubhaftunterstellung) nicht auf die generelle Schutzunfähigkeit des pakistanischen Staates geschlossen werden. Auch wenn das BVwG nicht verkennt, dass Bestechung und Korruption der Behörden in Pakistan vorkommen können, kann auf Basis der Länderberichte nicht geschlossen werden, dass die Polizei systematisch in strafrechtlichen Angelegenheiten nichts unternimmt oder sich systematisch politisch beeinflussen lässt und bei einer entsprechenden Anzeige untätig bleiben würde. Ebenso wenig kann aufgrund der Quellenlage angenommen werden, dass die pakistanische Justiz bei begründetem Sachverhalt kein Verfahren einleiten würde, und hat der Beschwerdeführer dies auch nicht behauptet. Wie sich aus den Länderberichten ergibt, agiert die pakistanische Polizei prinzipiell auf Grundlage der Gesetze.
Es haben sich somit im gegenständlichen Fall keine ausreichend nachvollziehbaren Anhaltspunkte dafür ergeben, dass die pakistanischen Behörden dem Beschwerdeführer effektiven Schutz gegen allfällige Angriffe und Bedrohungen tatsächlich verweigern würden.
Selbst wenn man annehmen würde, dass die Polizisten bezüglich dieser Vorfälle nichts unternommen haben, wäre dem Beschwerdeführer die Möglichkeit unbenommen gewesen, sich an eine übergeordnete Dienststelle zu wenden bzw. mit Hilfe eines Anwalts bei Gericht gegen vermeintliche Verfolgungshandlungen der Polizei vorzugehen.
Lediglich ergänzend ist dazu anzumerken, dass die Polizei zwar nicht in jedem Fall im Stande sein wird, ein Verbrechen (bzw. eine gerichtlich strafbare Handlung) bereits im vornherein zu verhindern oder in der Folge lückenlos aufzuklären, dies jedoch nicht als Argument für ein völliges Fehlen staatlichen Schutzes herangezogen werden kann. Der Vollständigkeit halber ist festzustellen, dass polizeiliche Erhebungen auch längere Zeit andauern und unter Umständen auch erfolglos bleiben können. Daraus kann jedoch weder auf eine mangelnde Schutzfähigkeit noch auf die fehlende Schutzwilligkeit der Behörden geschlossen werden.
3.1.4. Letztlich ist auf das Erkenntnis des VwGH vom 26.06.2007, 2007/01/0479 zu verweisen, in welchem dieser judiziert, dass die Eigenschaft des Fremden als "Geldschuldner" (mag er auch von kriminellen Gläubigern verfolgt werden) nicht ausreicht, um ihm aufgrund der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe Asylschutz zu gewähren. Überdies judiziert der VwGH in seinem Erkenntnis vom 31.05.2006, 2004/20/0474, dass es dem Beschwerdeführer mit dem Vorbringen, "Mafiastrukturen" hätten das Inkassowesen in der Türkei "unterwandert", nicht gelingt - am Maßstab des E 13. November 2001, 2000/01/0098, gemessen - einen ausreichenden Zusammenhang mit einem Konventionsgrund herzustellen (siehe auch VwGH vom 31.05.2006, Zl: 2004/20/0474-13) Selbst bei Glaubwürdigunter-stellung des Vorbringens lässt dieses sohin keinen Asylkonnex zu erkennen und war die Beschwerde hinsichtlich Spruchpunkt römisch eins jedenfalls abzuweisen.
3.1.5. Zu einer allfällig existenziellen Gefährdung des Beschwerdeführers im Falle einer Rückkehr ist auszuführen, dass unter Berücksichtigung der getroffenen Länderfeststellungen, jedenfalls keine existentiellen Gefährdungen von Angehörigen seiner Volksgruppe festgestellt werden kann. Sonstige Fluchtgründe, insbesondere jene aufgrund seiner Volksgruppenzugehörigkeit oder Religion, hat der Beschwerdeführer nicht vorgebracht. Zum Entscheidungszeitpunkt sind auch keine Umstände notorisch sind, aus denen sich eine ernste Verschlechterung der allgemeinen Lage oder der wirtschaftlich-sozialen Lage in Pakistan ergeben würde.
3.1.6. Was das Vorbringen hinsichtlich der allgemeinen unsicheren Lage in Pakistan betrifft, so ist wie folgt auszuführen:
Das Asylrecht schützt Personen, gegen die mit staatlichen Maßnahmen von erheblicher Intensität in Verfolgungsabsicht vorgegangen wird. In diesem Sinne gilt als Verfolgung zielgerichtetes Handeln des Heimatstaates, das sich direkt gegen den einzelnen wendet und in dessen Leib, Leben, Freiheit oder psychische Integrität eingreift. Nicht als Verfolgung gilt aber ein Nachteil, der sich aus der allgemeinen Situation ergibt. Nachteile, welche auf die allgemeinen politischen, wirtschaftlichen oder sozialen Lebensbedingungen in einem Staat zurückzuführen sind, stellen keine Verfolgung im Sinne des Asylgesetzes dar.
Eine Kriegssituation oder eine allgemein schlechte Situation bzw. Unruhen im Heimatstaat indizieren nach der ständigen Rechtsprechung, aber auch nach der Auslegung, die die Genfer Flüchtlingskonvention in anderen Staaten und auf internationaler Ebene gefunden hat, für sich allein nicht die Flüchtlingseigenschaft.
Das Asylrecht hat nicht die Aufgabe, vor den allgemeinen Unglücksfolgen zu bewahren, die aus Krieg, Bürgerkrieg, Revolution und sonstigen Unruhen hervorgehen.
Wesentlich für den Flüchtlingsbegriff ist die Furcht vor einer gegen den Asylwerber selbst konkret gerichteten Verfolgungshandlung, nicht die Tatsache, dass es Kämpfe zwischen verschiedenen Gruppen im Heimatstaat des BF gibt.
Eine Bürgerkriegssituation in der Heimat des Beschwerdeführers schließt eine aus asylrechtlich relevanten Gründen drohende Verfolgung zwar nicht generell aus. Der Asylwerber müsste in diesem Zusammenhang jedoch behaupten und glaubhaft machen, dass die Ereignisse in seiner Heimat, die zu seiner Flucht geführt haben, als eine individuell gegen seine Person aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität etc. gerichtete Verfolgung zu werten wären und nicht als mehr oder weniger zufällige Folge im Zuge der Bürgerkriegshandlungen vergleiche VwGH 08.06.2000, 99/20/0203, VwGH 19.01.2000, 99/01/0384, VwGH 26.11.1998, 98/20/0309, 0310,VwGH 19.03.1997, 95/01/0466,VwGH 26.01.2006, 2005/01/0537
Besondere Umstände, dass die Vertreter staatlicher bzw. quasi-staatlich agierender Autoritäten, ein individuell sich gegen die Person des Antragstellers richtendes Interesse an einer Verfolgung aus einem der in der GFK genannten Gründe gehabt hätten, wurden nicht dargetan.
3.1.7. Auch der Wunsch nach Arbeitsaufnahme in Österreich kann nicht zur Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft führen:
Mit diesem Wunsch nimmt der Beschwerdeführer auf keinen in der Genfer Flüchtlingskonvention taxativ aufgezählten Grund Bezug, sondern hat im Besonderen die schlechtere wirtschaftliche Lage in seinem Heimatland und den Wunsch der Arbeitsaufnahme in Österreich angeführt. Diese kann jedoch nicht zu einer Asylgewährung führen, setzt eine solche doch konkrete gegen den Asylwerber gerichtete Verfolgung oder Furcht vor Verfolgung voraus. Nachteile, die auf die allgemeinen politischen, wirtschaftlichen oder sozialen Lebensbedingungen in einem Staat zurückzuführen sind, stellen keine Verfolgung im Sinne des Asylgesetzes dar und sind auch, da eine Existenzbedrohung, respektive wirtschaftliche Nachteile nicht basierend auf den Gründen der GFK vorgebracht wurde, nicht asylrelevant; derartiges (mangelnde Lebensgrundlage) wäre ausschließlich unter Spruchpunkt römisch II zu prüfen.
Zu einer allfällig existenziellen Gefährdung des Beschwerdeführers im Falle einer Rückkehr ist zusätzlich auszuführen, dass unter Berücksichtigung der getroffenen Länderfeststellungen, jedenfalls keine existentiellen Gefährdungen von Angehörigen seiner Volksgruppe festgestellt werden kann. Darüber hinaus stünde es dem Beschwerdeführer offen, sich in einem anderen Landesteil von Pakistan niederzulassen und ist aus den getroffenen Länderfeststellungen weder ersichtlich, dass er dort einer existentielle Gefährdung noch einer anderweitigen Gefährdung ausgesetzt wäre, noch asylrelevante Gefährdung zu befürchten hätte. Sonstige Fluchtgründe, insbesondere jene aufgrund seiner Volksgruppenzugehörigkeit oder Religion, hat der Beschwerdeführer dezidiert verneint. Zum Entscheidungszeitpunkt sind auch keine Umstände notorisch sind, aus denen sich eine ernste Verschlechterung der allgemeinen Lage oder der wirtschaftlich-sozialen Lage in Pakistan ergeben würde. Eine existenzielle Gefährdung kann, insbesondere auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass es sich beim Beschwerdeführer um einen arbeitsfähigen Erwachsenen handelt, nicht erkannt werden.
3.1.8. Auch das Vorliegen eines Nachfluchtgrundes ist im gegenständlichen Fall zu verneinen. Nach den getroffenen Feststellungen gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass pakistanische Staatsangehörige, die aus dem Ausland in ihre Heimat zurückkehren, nunmehr asylrelevanten Verfolgungshandlungen ausgesetzt wären.
3.1.9. In einer Gesamtschau sämtlicher Umstände und mangels Vorliegens einer aktuellen Verfolgungsgefahr aus einem in der GFK angeführten Grund war die Beschwerde gegen Spruchpunkt römisch eins. des erstinstanzlichen Bescheides abzuweisen.
3.2. Nichtzuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Pakistan
3.2.1. Gemäß Paragraph 8, Absatz eins, AsylG 2005 hat die Behörde einem Fremden den Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn er in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird oder dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist (Z1), wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine "reale Gefahr" einer Verletzung von Artikel 2, EMRK (Recht auf Leben), Artikel 3, EMRK (Verbot der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung) oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 (Abschaffung der Todesstrafe) zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. Die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Absatz eins, ist mit der abweisenden Entscheidung nach Paragraph 3, oder der Aberkennung nach Paragraph 7, zu verbinden (Absatz 2, leg cit). Anträge auf internationalen Schutz sind bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative (Paragraph 11,) offen steht (Absatz 3, leg cit).
Unter "realer Gefahr" ist eine ausreichend reale, nicht nur auf Spekulationen gegründete Gefahr möglicher Konsequenzen für den Betroffenen im Zielstaat zu verstehen vergleiche VwGH 99/20/0573 v. 19.2.2004 mwN auf die Judikatur des EGMR)
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Antragsteller das Bestehen einer aktuellen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten oder nicht effektiv verhinderbaren Bedrohung der relevanten Rechtsgüter glaubhaft zu machen, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffender, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerter Angaben darzutun ist (VwGH 26.6.1997, Zl. 95/18/1293, 17.7.1997, Zl. 97/18/0336). So auch der EGMR in stRsp, welcher anführt, dass es trotz allfälliger Schwierigkeiten für den Antragsteller "Beweise" zu beschaffen, es dennoch ihm obliegt - so weit als möglich - Informationen vorzulegen, die der Behörde eine Bewertung der von ihm behaupteten Gefahr im Falle einer Abschiebung ermöglicht ( zB EGMR Said gg. die Niederlande, 5.7.2005).
3.2.2. Unter Berücksichtigung der Ergebnisse des Beweisverfahrens kann nicht angenommen werden, dass der Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr in sein Herkunftsland einer existentiellen Gefährdung noch einer sonstigen Bedrohung ausgesetzt sein könnte, sodass die Abschiebung eine Verletzung des Artikel 3, EMRK bedeuten würde. Eine Gefährdung durch staatliche Behörden bloß aufgrund des Faktums der Rückkehr ist nicht ersichtlich, auch keine sonstige allgemeine Gefährdungslage durch Dritte.
Der Beschwerdeführer hat weder eine lebensbedrohende Erkrankung noch einen sonstigen auf seine Person bezogenen "außergewöhnlichen Umstand" behauptet oder bescheinigt, der ein Abschiebungshindernis im Sinne von Artikel 3, EMRK in Verbindung mit Paragraph 8, Absatz eins, AsylG darstellen könnte.
In Pakistan erfolgen weder grobe, massenhafte Menschenrechtsverletzungen unsanktioniert, noch ist nach den seitens des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl getroffenen Feststellungen von einer völligen behördlichen Willkür auszugehen ist, weshalb auch kein "real Risk" (dazu jüngst VwGH vom 31.03.2005, Zl. 2002/20/0582) einer unmenschlichen Behandlung festzustellen ist.
Da sich der Herkunftsstaat des Beschwerdeführers nicht im Zustand willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes befindet, kann bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen nicht festgestellt werden, dass für den Beschwerdeführer als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines solchen internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes besteht.
Es ist unter Berücksichtigung seiner individuellen Situation (gesunder erwachsener arbeitsfähiger Mann, mit Schulausbildung und Arbeit als Elektriker) nicht ersichtlich, warum dem Beschwerdeführer eine Existenzsicherung in Pakistan, auch an anderen Orten bzw. in anderen Landesteilen Pakistans, zumindest durch Gelegenheitsarbeiten, nicht möglich und zumutbar sein sollte. Außerdem war der Beschwerdeführer in Pakistan laut eigenen Angaben als Elektriker tätig. Er verfügt über ein soziales Netz in Pakistan und ging einer Arbeit als Elektriker nach; es ihm sohin schon vor der Ausreise gelungen seinen Lebensunterhalt zu bestreiten. Es wurden keine substantiierten Gründe vorgebracht, weshalb dies nach einer Rückkehr nach Pakistan nicht möglich sein sollte. Es wäre dem Beschwerdeführer letztlich auch zumutbar, durch eigene und notfalls wenig attraktive und seiner Vorbildung nicht entsprechende Arbeit oder durch Zuwendungen von dritter Seite, zB. Verwandte, sonstige ihn schon bei der Ausreise unterstützende Personen, Hilfsorganisationen, religiös-karitativ tätige Organisationen - erforderlichenfalls unter Anbietung seiner gegebenen Arbeitskraft als Gegenleistung - jedenfalls auch nach Überwindung von Anfangsschwierigkeiten, beizutragen, um das zu seinem Lebensunterhalt unbedingt Notwendige erlangen zu können. Zu den regelmäßig zumutbaren Arbeiten gehören dabei auch Tätigkeiten, für die es keine oder wenig Nachfrage auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt gibt, die nicht überkommenen Berufsbildern entsprechen, etwa weil sie keinerlei besondere Fähigkeiten erfordern und die nur zeitweise, etwa zur Deckung eines kurzfristigen Bedarfs ausgeübt werden können.
Es gibt auch keine entsprechenden Hinweise darauf, dass eine existenzielle Bedrohung des Beschwerdeführers im Hinblick auf seine Versorgung und Sicherheit in Pakistan gegeben ist.
Im Fall des erwachsenen Beschwerdeführers kann bei einer Gesamtschau nicht davon ausgegangen werden, dass er im Fall einer Rückkehr nach Pakistan gegenwärtig einer spürbar stärkeren, besonderen Gefährdung ausgesetzt wäre. Die Familie des Beschwerdeführers (Mutter, Ehefrau, vier Kinder und sieben Geschwister) lebt nach wie vor in Pakistan und ist somit ein soziales Netz gegeben, in welches er bei seiner Rückkehr wieder Aufnahme finden wird. Es ist somit nicht davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer in Pakistan völlig allein und ohne jede soziale Unterstützung wäre. Es sind zudem keine Gründe ersichtlich, warum er als Erwachsener nicht selbst in Pakistan einer Erwerbstätigkeit, wie schon zuvor, nachgehen können sollte. Er ist in Pakistan aufgewachsen, hat dort die überwiegende Zeit seines Lebens verbracht und für mehrere Jahre die Schule besucht und einen Beruf (Elektriker) ausgeübt, wurde dort sozialisiert und es kam nicht hervor, dass er in Pakistan keine familiären und privaten Anknüpfungspunkte mehr hat. Seine Mutter, sieben Geschwister, seine Ehefrau und vier Kinder leben nach wie vor in Pakistan und ist für seine Versorgung im Falle der Rückkehr nach Pakistan gesorgt.
Hinweise auf das Vorliegen einer allgemeinen existenzbedrohenden Notlage (allgemeine Hungersnot, Seuchen, Naturkatastrophen oder sonstige diesen Sachverhalten gleichwertige existenzbedrohende Elementarereignisse) liegen nicht vor, weshalb hieraus aus diesem Blickwinkel bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen kein Hinweis auf das Vorliegen eines Sachverhaltes gem. Artikel 2, und/oder 3 EMRK abgeleitet werden kann.
Vor allfälligen Übergriffen oder Bedrohungen seitens seiner Feinde (immer unter der Annahme der Glaubhaftunterstellung des Vorbringens) könnte, wie bereits ausgeführt, staatlicher Schutz bei den Behörden des Heimatlandes erlangt werden.
Was die Folgen des Hochwassers in Pakistan nach den Monsunregenfällen 2011 betrifft, so ist festzustellen, dass dieses hauptsächlich die Provinz Sindh getroffen hat. Die Provinz Punjab etwa ist lediglich geringfügig betroffen, so etwa südlich der Stadt Lahore. Der Bezirk Gujranwala (Wohndistrikt des Beschwerdeführers) im Punjab, gehört jedoch nicht zu den betroffenen Gebieten, wie die Recherchen des AsylGH unter Einsichtnahme in die vom United Nations Office for the Coordination of Humanitarian Affairs (UNOCHA) erstellte Karte zu den vom Hochwasser betroffenen Gebieten ergeben haben, sodass aus diesem Grund von keiner Artikel 3, EMRK Relevanz im konkreten Fall des BF auszugehen ist. Zudem ist internationale Hilfe bereits in der Folge des Hochwassers des vergangenen Jahres angelaufen, sodass von einer Möglichkeit zur Versorgung auszugehen ist vergleiche Erk. des AsylGH vom 2.12.2011, Zl. C8 421.069-1/2011). Ergänzend sei festzustellen, dass der BF gegenteilige Bedenken nicht dargelegt hat.
Aufgrund der Ausgestaltung des Strafrechts des Herkunftsstaates des Beschwerdeführers (die Todesstrafe wurde zwar nicht abgeschafft, es bestehen jedoch keine glaubhaften Hinweise, dass der Beschwerdeführer einen Sachverhalt verwirklichte, welche in Pakistan mit der Todesstrafe bedroht ist) scheidet das Vorliegen einer Gefahr im Sinne des Artikel 2, EMRK, oder des Protokolls Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe aus.
Auch wenn sich die Lage der Menschenrechte im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers in wesentlichen Bereichen als problematisch darstellt, kann nicht festgestellt werden, dass eine nicht sanktionierte, ständige Praxis grober, offenkundiger, massenhafter Menschenrechts-verletzungen (iSd VfSlg 13.897/1994, 14.119/1995, vergleiche auch Artikel 3, des UN-Übereinkommens gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe vom 10. Dezember 1984) herrschen würde und praktisch, jeder der sich im Hoheitsgebiet des Staates aufhält, schon alleine aufgrund des Faktums des Aufenthaltes aufgrund der allgemeinen Lage mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit damit rechnen muss, von einem unter Paragraph 8, Absatz eins, AsylG subsumierbaren Sachverhalt betroffen zu sein. Ebenso betreffen die festgestellten Problemfelder zu einem erheblichen Teil Bereiche, von denen der Beschwerdeführer nicht betroffen ist.
Aus der sonstigen allgemeinen Lage im Herkunftsstaat kann ebenfalls bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen kein Hinweis auf das Bestehen eines unter Paragraph 8, Absatz eins, AsylG subsumierbaren Sachverhalt abgeleitet werden.
Weitere, in der Person des Beschwerdeführers begründete Rückkehrhindernisse können bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen ebenfalls nicht festgestellt werden.
Somit war auch die Beschwerde gegen Spruchpunkt römisch II. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl abzuweisen.
3.3. Zur Frage der Erteilung eines Aufenthaltstitels und Erlassung einer Rückkehrentscheidung (Paragraphen 57 und 55 AsylG sowie Paragraph 52, FPG):
3.3.1. Gemäß Paragraph 10, Absatz eins, Ziffer 3, AsylG 2005 ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß Paragraph 57, AsylG 2005 nicht erteilt wird sowie kein Fall der Paragraphen 8, Absatz 3 a, oder 9 Absatz 2, AsylG 2005 vorliegt.
3.3.2. Gemäß Paragraph 57, Absatz eins, AsylG 2005 ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen:
1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß Paragraph 46 a, Absatz eins, Ziffer eins, oder Absatz eins a, FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (Paragraph 17, StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des Paragraph 73, StGB entspricht,
2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder
3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach Paragraphen 382 b, oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.
3.3.2.1. Der Beschwerdeführer befindet sich seit Ende Februar 2014 im Bundesgebiet und sein Aufenthalt ist nicht geduldet. Er ist nicht Zeuge oder Opfer von strafbaren Handlungen und auch kein Opfer von Gewalt. Die Voraussetzungen für die amtswegige Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß Paragraph 57, AsylG 2005 liegen daher nicht vor, wobei dies weder im Verfahren noch in der Beschwerde behauptet wurde.
Im vorliegenden Verfahren erfolgte die Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz im Hinblick auf den Status des subsidiär Schutzberechtigten auch nicht gemäß Paragraph 8, Absatz 3 a, AsylG 2005 und ist auch keine Aberkennung gemäß Paragraph 9, Absatz 2, AsylG 2005 ergangen, wie aus dem Verfahrensgang ersichtlich ist.
3.3.3. Gemäß Paragraph 52, Absatz 2, FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen unter einem (Paragraph 10, AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird, und kein Fall der Paragraphen 8, Absatz 3 a, oder 9 Absatz 2, AsylG 2005 vorliegt und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.
3.3.3.1. Der Beschwerdeführer ist als Staatsangehöriger von Pakistan kein begünstigter Drittstaatsangehöriger und es kommt ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zu, da mit der erfolgten Abweisung seines Antrags auf internationalen Schutz das Aufenthaltsrecht nach Paragraph 13, AsylG 2005 mit der Erlassung dieser Entscheidung endet.
3.3.4. Gemäß Paragraph 55, Absatz , AsylG 2005 ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung plus" zu erteilen, wenn 1. dies gemäß Paragraph 9, Absatz 2, BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Artikel 8, EMRK geboten ist und 2. der Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß Paragraph 14 a, NAG erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (Paragraph 5, Absatz 2, Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG), Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 189 aus 1955,) erreicht wird. Nach Paragraph 55, Absatz 2, AsylG 2005, ist eine "Aufenthaltsberechtigung" zu erteilen, wenn nur die Voraussetzung des Absatz eins, Ziffer eins, vorliegt.
Paragraph 9, Absatz eins bis 3 BFA-VG lautet:
(1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß Paragraph 52, FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß Paragraph 61, FPG, eine Ausweisung gemäß Paragraph 66, FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß Paragraph 67, FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Artikel 8, Absatz 2, EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.
(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Artikel 8, EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:
1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,
2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,
3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,
4. der Grad der Integration,
5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,
6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,
7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,
8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,
9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.
(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß Paragraph 52, FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Absatz eins, auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß Paragraph 52, FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß Paragraph 52, FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (Paragraphen 45 und 48 oder Paragraphen 51, ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 100 aus 2005,) verfügen, unzulässig wäre.
Der Begriff des "Familienlebens" in Artikel 8, EMRK umfasst nicht nur die Kleinfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern und Ehegatten, sondern auch entferntere verwandtschaftliche Beziehungen, sofern diese Beziehungen eine gewisse Intensität aufweisen, etwa ein gemeinsamer Haushalt vorliegt vergleiche dazu EKMR 19.07.1968, 3110/67, Yb 11, 494 (518); EKMR 28.02.1979, 7912/77, EuGRZ 1981/118; Frowein - Peukert, Europäische Menschenrechtskonvention, EMRK-Kommentar, 2. Auflage (1996) Rz 16 zu Artikel 8 ;, Baumgartner, Welche Formen des Zusammenlebens schützt die Verfassung? ÖJZ 1998, 761; vergleiche auch Rosenmayer, Aufenthaltsverbot, Schubhaft und Abschiebung, ZfV 1988, 1). In der bisherigen Spruchpraxis der Straßburger Instanzen wurden als unter dem Blickwinkel des Artikel 8, EMRK zu schützende Beziehungen bereits solche zwischen Enkel und Großeltern (EGMR 13.06.1979, Marckx, EuGRZ 1979, 458; s. auch EKMR 07.12.1981, B 9071/80, X-Schweiz, EuGRZ 1983, 19), zwischen Geschwistern (EKMR 14.03.1980, B 8986/80, EuGRZ 1982, 311) und zwischen Onkel bzw. Tante und Neffen bzw. Nichten (EKMR 19.07.1968, 3110/67, Yb 11, 494 (518); EKMR 28.02.1979, 7912/77, EuGRZ 1981/118; EKMR 05.07.1979, B 8353/78, EuGRZ 1981, 120) anerkannt, sofern eine gewisse Beziehungsintensität vorliegt vergleiche Baumgartner, ÖJZ 1998, 761; Rosenmayer, ZfV 1988, 1). Das Kriterium einer gewissen Beziehungsintensität wurde von der Kommission auch für die Beziehung zwischen Eltern und erwachsenen Kindern gefordert (EKMR 06.10.1981, B 9202/80, EuGRZ 1983, 215).
Nach ständiger Rechtssprechung der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts kommt dem öffentlichen Interesse aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung iSd Artikel 8, Absatz 2, EMRK ein hoher Stellenwert zu. Der Verfassungsgerichtshof und der Verwaltungsgerichtshof haben in ihrer Judikatur ein öffentliches Interesse in dem Sinne bejaht, als eine über die Dauer des Asylverfahrens hinausgehende Aufenthaltsverfestigung von Personen, die sich bisher bloß auf Grund ihrer Asylantragsstellung im Inland aufhalten durften, verhindert werden soll (VfSlg. 17.516 und VwGH vom 26.06.2007, Zl. 2007/01/0479).
3.3.4.1. Der Beschwerdeführer hat keine Verwandten oder sonstige nahen Angehörigen in Österreich. Die aufenthaltsbeendende Maßnahme bildet daher keinen unzulässigen Eingriff in das Recht des Beschwerdeführers auf Schutz des Familienlebens.
Im Falle einer bloß auf die Stellung eines Asylantrags gestützten Aufenthalts wurde in der Entscheidung des EGMR (N. gegen United Kingdom vom 27.05.2008,
Nr. 26565/05) auch ein Aufenthalt in der Dauer von zehn Jahren nicht als allfälliger Hinderungsgrund gegen eine aufenthaltsbeendende Maßnahme unter dem Aspekt einer Verletzung von Artikel 8, EMRK thematisiert.
In seiner davor erfolgten Entscheidung Nnyanzi gegen United Kingdom vom 08.04.2008 (Nr. 21878/06) kommt der EGMR zu dem Ergebnis, dass bei der vorzunehmenden Interessensabwägung zwischen dem Privatleben des Asylwerbers und dem staatlichen Interesse eine unterschiedliche Behandlung von Asylwerbern, denen der Aufenthalt bloß aufgrund ihres Status als Asylwerber zukommt, und Personen mit rechtmäßigem Aufenthalt gerechtfertigt sei, da der Aufenthalt eines Asylwerbers auch während eines jahrelangen Asylverfahrens nie sicher ist. So spricht der EGMR in dieser Entscheidung ausdrücklich davon, dass ein Asylweber nicht das garantierte Recht hat, in ein Land einzureisen und sich dort niederzulassen. Eine Abschiebung ist daher immer dann gerechtfertigt, wenn diese im Einklang mit dem Gesetz steht und auf einem in Artikel 8, Absatz 2, EMRK angeführten Grund beruht. Insbesondere ist nach Ansicht des EGMR das öffentliche Interesse jedes Staates an einer effektiven Einwanderungskontrolle jedenfalls höher als das Privatleben eines Asylwerbers; auch dann, wenn der Asylwerber im Aufnahmestaat ein Studium betreibt, sozial integriert ist und schon 10 Jahre im Aufnahmestaat lebte.
Die bisherige Aufenthaltsdauer des Beschwerdeführers beträgt rund ein Jahr und drei Monate, womit diese zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch als äußerst kurz beurteilt werden kann. Von einer außergewöhnlichen schützenswerten dauernden Integration kann daher nicht gesprochen werden. In Anbetracht des Umstandes, dass der Antrag auf internationalen Schutz unbegründet ist, er versuchte diesen mit einem nicht glaubhaften Sachverhalt zu begründen und der Beschwerdeführer zur Antragstellung illegal in das Bundesgebiet von Österreich eingereist war, sind gravierende öffentliche Interessen festzustellen, die für eine aufenthaltsbeendende Rückkehrentscheidung sprechen. Diese Interessen überwiegen in ihrer Gesamtheit das private Interesse des Beschwerdeführers am weiteren Verbleib, selbst wenn er in Österreich Sprachkurse besucht(e) haben soll und soziale Kontakte knüpfte. Private Interessen von Fremden am Verbleib im Gastland sind jedenfalls weniger stark zu gewichten, wenn diese während eines noch nicht abgeschlossenen Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz begründet werden, da der Antragsteller zu diesem Zeitpunkt nicht von vornherein von einem positiven Ausgang des Verfahrens ausgehen konnte und sein Status bis zum Abschluss des Verfahrens ungewiss ist. Auch nach der Judikatur des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte bewirkt in Fällen, in denen das Privat- und Familienleben in einem Zeitpunkt entstanden ist, in dem sich die betroffenen Personen der Unsicherheit ihres Aufenthaltsstatus bewusst sein mussten, eine aufenthaltsbeendende Maßnahme nur unter ganz speziellen bzw. außergewöhnlichen Umständen ("in exceptional circumstances") eine Verletzung von Artikel 8, EMRK vergleiche VwGH 29.4.2010, 2009/21/0055 mwN).
3.3.4.2. Der BF hat gemäß seinen Angaben eine österreichische Staatbürgerin als Freundin. Er befindet sich mit dieser jedoch nicht in Lebensgemeinschaft und besteht auch keine Haushaltsgemeinschaft. Er hat auch keine Sorge- bzw. Unterhaltspflichten.
Nach der oben angeführten Rechtsprechung des EGMR kann eine nichteheliche Lebensgemeinschaft je nach Art und Dauer und ab Erreichen einer besonderen Stärke ihrer tatsächlichen Intensität durchaus eine (eheähnliche) Familiengemeinschaft iSd. Artikel 8, Absatz eins, EMRK darstellen, insbesondere wenn die Lebensgefährten bereits seit längerer Zeit im gemeinsamen Haushalt leben und gemeinsame Kinder haben.
Im gegenständlichen Fall besteht aber keine Lebensgemeinschaft. Jedoch würde auch bei tatsächlichem Bestehen einer solchen die tatsächliche Intensität dieser im Hinblick auf die Frage, ob ein tatsächliches Familienleben im Sinne des Artikel 8, EMRK vorliegt, aber dadurch vermindert, dass diese Lebensgemeinschaft erst seit kurzer Zeit besteht und zu einem Zeitpunkt begründet wurde, in welchem dem Beschwerdeführer die unsichere Situation seines Aufenthaltes in Österreich bewusst war. Der Beschwerdeführer durfte bei Eingang der Beziehung nicht darauf vertrauen, dass er in Österreich bleiben kann. Der BF lebt mit seiner Freundin auch nicht im selben Haushalt. Die vorliegende Beziehung des Beschwerdeführers zu einer österreichischen Staatsbürgerin geht folglich über die übliche emotionale Bindung als Lebensgefährten nicht hinaus.
Dem BF musste daher bereits zum Zeitpunkt der Begründung der Beziehung bewusst gewesen sein, dass sein weiterer Aufenthalt in Österreich während des Asylverfahrens nur ein vorläufiger ist und er zum damaligen Zeitpunkt im Hinblick auf die Anhängigkeit des Verfahrens nicht mit Sicherheit mit einer dauerhaften Aufenthaltsberechtigung in Österreich rechnen konnte. In diesem Zusammenhang kann eine Ausweisung jedoch nur in Ausnahmefällen eine Verletzung von Artikel 8, EMRK bedeuten vergleiche EGMR 31.07.2008, Omoregie ua., Zl. 265/07, mwN; 28.06.2011, Nunez, Zl. 55597/09; 03.11.2011, Arvelo Aponte, Zl. 28770/05; 14.02.2012, Antwi u. a., Zl. 26940/10). In der gegenständlichen Rechtssache liegt ein solcher Ausnahmefall jedoch nicht vor, zumal allein die Tatsache des Bestehens einer Beziehung bzw. Lebensgemeinschaft mit einer österreichischen Staatsbürgerin nicht ausreicht, um annehmen zu können, dass mit der zum Zeitpunkt des Entstehens dieser Beziehung bereits angeordneten Ausweisung jedenfalls in unzulässiger Weise in das nach Artikel 8, EMRK geschützte Recht auf Familienleben eingegriffen werden würde.
Soweit der BF sohin über private Bindungen in Österreich verfügt, ist darauf hinzuweisen, dass diese zwar durch eine Rückkehr nach Pakistan gelockert werden, es deutet jedoch nichts darauf hin, dass der BF hierdurch gezwungen wird, den Kontakt zu jenen Personen, die ihm in Österreich nahe stehen, gänzlich abzubrechen. Die Kontakte zur Freundin können, wenn auch mit nennenswerter Einschränkung, im Ausland aufrechterhalten werden. Auch hier steht es ihm frei, die Kontakte anderweitig (telefonisch, elektronisch, brieflich, durch kurzfristige Urlaubsaufenthalte) aufrecht zu erhalten.
3.3.4.3. Der Beschwerdeführer geht in Österreich keiner legalen Erwerbstätigkeit nach. Der BF befindet sich in der Grundversorgung und ist nicht selbsterhaltungsfähig. Er lebt von staatlicher Unterstützung. Ebenso wenig wurden substantielle Deutschkenntnisse vorgebracht. Der BF brachte vor dem BFA zwar eine Bestätigung der Caritas in Vorlage aus welcher sich ergibt, dass er von November 2014 bis Februar 2015 einen "Deutschkurs für Erwachsene mit nichtdeutscher Muttersprache" besucht hat, ein Diplom oder ein Zeugnis, welchen den positiven Abschluss eines Kurses belegen könnte, wurde vom BF jedoch nicht vorgelegt. Auch wenn der BF über ein solches Diplom verfügen sollte, so befänden sich die Deutschkenntnisse des BF dann insoweit lediglich auf A1-Niveau, obwohl der Spracherwerb und der tatsächliche Wille, die deutsche Sprache zu erlernen, zweifellos ein wesentliches Kriterium bei der Beurteilung der Integration in Österreich darstellen. Davon abgesehen bezieht sich die gesamte Stufe "A" (A1 und A2) dem Amtswissen des Gerichts nach auf den Standard der elementaren Sprachverwendung und reichen die derartigen Ausbaustufen bis zum Stand "C2", welcher einer nahezu muttersprachlichen Verwendung der jeweiligen Sprache - hier Deutsch - gleichkommt.
3.3.4.4. Der Beschwerdeführer ist erst einen relativ kurzen Zeitraum von etwas mehr als einem Jahr in Österreich aufhältig und hat hier keine qualifizierten Anknüpfungspunkte.
Ebenso geht aus dem Akteninhalt nicht hervor, dass der BF selbsterhaltungsfähig wäre bzw. ernsthafte Bemühungen zur Herstellung der Selbsterhaltungsfähigkeit unternommen hätte. Zwar dokumentierte der BF seine Arbeitswilligkeit und auch Arbeitsfähigkeit durch die Vorlage von Bestätigungen über die Teilnahme an einem Lehrgang "Basisbildung für Migranten und Migrantinnen" sowie den Besuch einer ehrenamtlichen Einrichtung der Caritas, jedoch vermochte er keinerlei bescheidmäßig Entscheidung des AMS in Vorlage zu bringen, weshalb dieses Vorbringen insoweit zu relativieren war. Eine ev. Verhinderung der beruflichen Reintegration im Heimatland der BF ist aus der Aktenlage weder ersichtlich noch wurde eine solche im Verfahren oder in der Beschwerdeschrift behauptet.
In diesem Zusammenhang sei auch auf die höchstgerichtliche Judikatur verwiesen, wonach selbst die - hier bei weitem nicht vorhandenen - Umstände, dass selbst ein Fremder, der perfekt Deutsch spricht sowie sozial vielfältig vernetzt und integriert ist, über keine über das übliche Maß hinausgehenden Integrationsmerkmale verfügt und diesen daher nur untergeordnete Bedeutung zukommt (Erk. d. VwGH vom 6.11.2009, 2008/18/0720; 25.02.2010, 2010/18/0029). Insoweit bescheinigen die Sprachdiplome ihrer deutschsprachigen Kenntnisse sowie der Besuch von unterschiedlichen Deutsch-Kursen die sprachliche Integration der BF, jedoch ist darin keine über das übliche Maß hinausgehende Integration zu erblicken.
3.3.4.5. Letztlich ist festzustellen, dass eine Gegenüberstellung der vom BF in seinem Herkunftsstaat vorzufindenden Verhältnissen mit jenen in Österreich im Rahmen einer Interessensabwägung zu keinem Überwiegen der privaten Interessen des BF am Verbleib in Österreich gegenüber den öffentlichen Interessen an einem Verlassen des Bundesgebietes führen würde.
Aufgrund des festgestellten Sachverhalts kann gerade nicht davon ausgegangen werden, dass der BF die in Österreich verbrachte Zeit dazu genutzt hätten, um sich in maßgeblicher Weise zu integrieren.
Abgesehen von Unterstützungsschreiben, die zwar zweifelsfrei aufzeigen, dass der BF in Österreich über einen Freundes- und Bekanntenkreis aus der Nachbarschaft verfügt, wurden im Verfahren keine weiteren Unterlagen vorgelegt, die auf eine besonders ausgeprägte und gelungene soziale Eingliederung des BF in die österreichische Gesellschaft hinweisen würden (zum hohen Maßstab einer gelungenen Integration vergleiche im Ergebnis auch das Erkenntnis des VwGH 29.06.2010, 2010/18/0195, in welchem ausgeführt wird, dass die Ausweisung einer im Jahr 2003 illegal nach Österreich eingereisten, unbescholtenen Beschwerdeführerin, die zahlreiche Deutschkurse sowie einen EDV-Kurs absolviert und ehrenamtlich in einer sozialen Einrichtung gearbeitet habe, über eine Einstellungszusage und zahlreiche Empfehlungsschreiben verfüge und zudem seit zwei Jahren eine Lebensgemeinschaft mit einem österreichischen Staatsbürger führe, im Sinne des Artikel 8, Absatz 2, EMRK gerechtfertigt sei).
Hinzu tritt die geringe Aufenthaltsdauer von etwas mehr als einem Jahr und kann nicht erkannt werden, dass die während des bisherigen Aufenthalts im Bundesgebiet erlangte Integration ein solches Ausmaß erlangt hätte und von solchem Gewicht wäre, dass unter dem Gesichtspunkt des Artikel 8, EMRK von der Erlassung von Ausweisungen hätte Abstand genommen werden müssen.
Der BF ist in Österreich noch keiner Arbeit nachgegangen und nicht selbsterhaltungsfähig. Ferner ist auch der Vollständigkeit halber darauf hinzuweisen, dass der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung zum Ausdruck gebracht hat, dass der Ausübung einer Beschäftigung sowie einer etwaigen Einstellungszusage oder Arbeitsplatzzusage eines Asylwerbers, der lediglich über eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz und über keine Arbeitserlaubnis verfügt hat, keine wesentliche Bedeutung zukommt (VwGH 22.02.2011, 2010/18/0323 mit Hinweis auf VwGH 15.09.2010, 2007/18/0612 und VwGH 29.06.2010, 2010/18/0195 jeweils mit weiteren Nachweisen).
Hinweise auf eine zum Entscheidungszeitpunkt vorliegende berücksichtigungswürdige Integration des BF in sprachlicher, beruflicher und gesellschaftlicher Sicht sind nicht erkennbar. Der BF hält sich erst einen äußerst kurzen Zeitraum von etwas mehr als einem Jahr in Österreich auf, ist auf die Grundversorgung angewiesen und eine gesellschaftliche Integration im beachtlichen Ausmaß ist nicht erkennbar, auch wenn er eigenen, Angaben zu Folge einen bestimmten Freundeskreis in Österreich erlangt hat und dies seitens des Gerichtes nicht in Abrede gestellt wird. Für den BF spricht, dass er einen Deutschkurse besucht hat sowie die ehrenamtliche Tätigkeit bei der Caritas.
Verwandte des BF leben noch im Herkunftsstaat, wo er den Großteil des Lebens verbracht haben und sozialisiert wurden, und ist daher davon auszugehen, dass auf Grund dieser familiären und privaten Beziehungen im Herkunftsstaat im Vergleich mit dem bisherigen Leben in Österreich die Beziehungen zu Pakistan eine Integration in Österreich bei weitem überwiegen. Wie bereits dargelegt steht es den BF frei den Kontakt zu Österreich aufrecht zu erhalten.
Die Verhältnismäßigkeit der Maßnahme der Verhängung seitens der belangten Behörde getroffenen fremdenpolizeilichen Maßnahme ergibt sich aus dem Umstand, dass es sich hierbei um das gelindeste fremdenpolizeiliche Mittel handelt, welches zur Erreichung des angestrebten Zwecks geeignet erschien.
Der Umstand, dass der Beschwerdeführer in Österreich nicht straffällig geworden ist, bewirkt keine Erhöhung des Gewichtes der Schutzwürdigkeit von persönlichen Interessen an einem Aufenthalt in Österreich, da das Fehlen ausreichender Unterhaltsmittel und die Begehung von Straftaten eigene Gründe für die Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen darstellen (VwGH 24.07.2002, 2002/18/0112).
Auch der Verfassungsgerichtshof erblickte in einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gegen einen kosovarischen (ehemaligen) Asylwerber keine Verletzung von Artikel 8, EMRK, obwohl dieser im Laufe seines rund achtjährigen Aufenthaltes seine Integration u.a. durch gute Kenntnisse der deutschen Sprache, Besuch von Volkshochschulkursen in den Fachbereichen Rechnen, Computer, Deutsch, Englisch, Engagement in einem kirchlichen Verein, erfolgreiche Kursbesuche des Ausbildungszentrums des Wiener Roten Kreuzes und ehrenamtliche Mitarbeit beim Österreichischen Roten Kreuz sowie durch die Vorlage einer bedingten Einstellungszusage eines Bauunternehmers unter Beweis stellen konnte (VfGH 22.09.2011, U 1782/11-3, vergleiche ähnlich auch VfGH 26.09.2011, U 1796/11-3).
Das Bundesverwaltungsgericht kann aber auch sonst keine unzumutbaren Härten in einer Rückkehr des Beschwerdeführers erkennen: Der Beschwerdeführer beherrscht sowohl die Sprache Urdu als auch die Sprache Punjabi, sodass auch seine Resozialisierung und die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit an keiner Sprachbarriere scheitert und von diesem Gesichtspunkt her möglich ist. Im Hinblick auf den Umstand, dass der erwachsene Beschwerdeführer den überwiegenden Teil seines Lebens im Herkunftsstaat verbracht hat, ist davon auszugehen, dass anhaltende Bindungen zum Herkunftsstaat bestehen, zumal dort seine engsten Familienangehörigen leben. Es kann daher nicht gesagt werden, dass der Beschwerdeführer seinem Kulturkreis völlig entrückt wäre und sich in seiner Heimat überhaupt nicht mehr zurecht finden würde. Im Übrigen sind nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch Schwierigkeiten beim Wiederaufbau einer Existenz in Pakistan - letztlich auch als Folge des Verlassens des Heimatlandes ohne ausreichenden (die Asylgewährung oder Einräumung von subsidiärem Schutz rechtfertigenden) Grund für eine Flucht nach Österreich - im öffentlichen Interesse an einem geordneten Fremdenwesen hinzunehmen vergleiche VwGH 29.4.2010, 2009/21/0055).
Angesichts der - somit in ihrem Gewicht erheblich geminderten - Gesamtinteressen des Beschwerdeführers am Verbleib in Österreich überwiegen nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes die öffentlichen Interessen an der Aufenthaltsbeendigung, die sich neben den gefährdeten Sicherheitsinteressen insbesondere im Interesse an der Einhaltung fremdenrechtlicher Vorschriften sowie darin manifestieren, dass das Asylrecht (und die mit der Einbringung eines Asylantrags verbundene vorläufige Aufenthaltsberechtigung) nicht zur Umgehung der allgemeinen Regelungen eines geordneten Zuwanderungswesens dienen darf vergleiche dazu im Allgemeinen und zur Gewichtung der maßgeblichen Kriterien VfGH 29.9.2007, B 1150/07).
Nach Maßgabe einer Interessensabwägung im Sinne des Paragraph 9, BFA-VG ist daher davon auszugehen, dass die Interessen des Beschwerdeführers an einem Verbleib im Bundesgebiet nur geringes Gewicht haben und gegenüber dem öffentlichen Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Bestimmungen aus der Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung, dem nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ein hoher Stellenwert zukommt, in den Hintergrund treten. Die Verfügung der Rückkehrentscheidung war daher im vorliegenden Fall dringend geboten und erscheint auch nicht unverhältnismäßig.
Daher sind auch die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung nach Paragraph 55, AsylG 2005 nicht gegeben.
3.3.5. Gemäß Paragraph 52, Absatz 9, FPG hat das Bundesamt mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, dass eine Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß Paragraph 46, in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist, es sei denn, dass dies aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich sei.
Nach Paragraph 50, Absatz eins, FPG ist die Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn dadurch Artikel 2, oder 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), Bundesgesetzblatt Nr. 210 aus 1958,, oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre.
Nach Paragraph 50, Absatz 2, FPG ist Abschiebung in einen Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Artikel 33, Ziffer eins, der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, Bundesgesetzblatt Nr. 55 aus 1955,, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, Bundesgesetzblatt Nr. 78 aus 1974,), es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative (Paragraph 11, AsylG 2005).
Nach Paragraph 50, Absatz 3, FPG ist Abschiebung in einen Staat unzulässig, solange der Abschiebung die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht.
3.3.5.1. Die Zulässigkeit der Abschiebung des Beschwerdeführers in den Herkunftsstaat ist gegeben, da nach den die Abweisung seines Antrages auf internationalen Schutz tragenden Feststellungen der vorliegenden Entscheidung keine Gründe vorliegen, aus denen sich eine Unzulässigkeit der Abschiebung im Sinne des Paragraph 50, FPG ergeben würde.
3.3.6. Gemäß Paragraph 55, Absatz eins, FPG wird mit einer Rückkehrentscheidung gemäß Paragraph 52, zugleich eine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt. Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt nach Paragraph 55, Absatz 2, FPG 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheides, sofern nicht im Rahmen einer vom Bundesamt vorzunehmenden Abwägung festgestellt wurde, dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen.
3.3.6.1. Da derartige Gründe im Verfahren nicht vorgebracht wurden, ist die Frist zu Recht mit zwei Wochen festgelegt worden.
4. Entfall einer mündlichen Verhandlung
Da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint, konnte gemäß Paragraph 21, Absatz 7, BFA-VG eine mündliche Verhandlung unterbleiben.
Der Verwaltungsgerichtshof (Erkenntnis vom 28.05.2014, Zl. Ra 2014/20/0017 und 0018) hielt in diesem Zusammenhang fest, dass sich die bisher zu Paragraph 67 d, AVG ergangene Rechtsprechung auf das Verfahren vor den Verwaltungsgerichten erster Instanz insoweit übertragen lässt, als sich die diesbezüglichen Vorschriften weder geändert haben noch aus systematischen Gründen sich eine geänderte Betrachtungsweise als geboten darstellt.
Die in Paragraph 24, Absatz 4, VwGVG getroffene Anordnung kann nach dessen Wortlaut nur zur Anwendung gelangen, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist. Schon deswegen kann - entgegen den Materialien - nicht davon ausgegangen werden, diese Bestimmung entspräche (zur Gänze) der Vorgängerbestimmung des Paragraph 67 d, Absatz 4, AVG. Zudem war letztgenannte Norm nur auf jene Fälle anwendbar, in denen ein verfahrensrechtlicher Bescheid zu erlassen war. Eine derartige Einschränkung enthält Paragraph 24, Absatz 4, VwGVG nicht (mehr).
Für den Anwendungsbereich der vom BFA-VG 2014 erfassten Verfahren enthält Paragraph 21, Absatz 7, BFA-VG 2014 eigene Regelungen, wann - auch:
trotz Vorliegens eines Antrages - von der Durchführung einer Verhandlung abgesehen werden kann. Lediglich "im Übrigen" sollen die Regelungen des Paragraph 24, VwGVG anwendbar bleiben. Somit ist bei der Beurteilung, ob in vom BFA-VG erfassten Verfahren von der Durchführung einer Verhandlung abgesehen werden kann, neben Paragraph 24, Absatz eins bis 3 und 5 VwGVG in seinem Anwendungsbereich allein die Bestimmung des Paragraph 21, Absatz 7, BFA-VG 2014, nicht aber die bloß als subsidiär anwendbar ausgestaltete Norm des Paragraph 24, Absatz 4, VwGVG, als maßgeblich heranzuziehen.
Mit Blick darauf, dass der Gesetzgeber im Zuge der Schaffung des Paragraph 21, Absatz 7, BFA-VG 2014 vom bisherigen Verständnis gleichlautender Vorläuferbestimmungen ausgegangen ist, sich aber die Rechtsprechung auch bereits damit auseinandergesetzt hat, dass sich jener Rechtsrahmen, in dessen Kontext die hier fragliche Vorschrift eingebettet ist, gegenüber jenem, als sie ursprünglich geschaffen wurde, in maßgeblicher Weise verändert hat, geht der Verwaltungsgerichtshof davon aus, dass für die Auslegung der in Paragraph 21, Absatz 7, BFA-VG 2014 enthaltenen Wendung "wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint" nunmehr folgende Kriterien beachtlich sind:
der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt muss von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein und
bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des BVwG immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen
die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in gesetzmäßiger Weise offen gelegt haben und
das BVwG diese tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen
in der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinausgehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten ebenso außer Betracht bleibt wie ein Vorbringen, das gegen das in Paragraph 20, BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt.
Auf verfahrensrechtlich festgelegte Besonderheiten ist bei der Beurteilung Bedacht zu nehmen.
Im gegenständlichen Fall ist dem angefochtenen Bescheid ein umfassendes Ermittlungsverfahren durch das BFA vorangegangen. Eine Mangelhaftigkeit des erstinstanzlichen Verfahrens wurde in der Beschwerde nicht substantiiert behauptet und ergeben sich auch aus der Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes hierfür keinerlei Anhaltspunkte. Was das Vorbringen des Beschwerdeführers in der Beschwerde betrifft, so findet sich in diesen kein Tatsachenvorbringen, welches zu einem anderen Verfahrensausgang führen könnte.
Vielmehr wurde im Verfahren den Grundsätzen der Amtswegigkeit, der freien Beweiswürdigung und der Erforschung der materiellen Wahrheit entsprochen. Der Sachverhalt wurde daher nach Durchführung eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens unter schlüssiger Beweiswürdigung des BFA festgestellt.
Das BFA hat die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offen gelegt und das Bundesverwaltungsgericht teilt die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung.
Bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes weist die Entscheidung des BFA vom 09.05.2015 jedenfalls die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit auf.
Was das Vorbringen des BF in der Beschwerde betrifft, so findet sich in diesen kein neues glaubwürdiges bzw. kein ausreichend konkretes Tatsachenvorbringen hinsichtlich allfälliger sonstiger Fluchtgründe. Auch tritt der BF in der Beschwerde den seitens der belangten Behörde getätigten beweiswürdigenden Ausführungen nicht substantiiert entgegen.
Im Ergebnis bestand daher kein Anlass für die Durchführung einer mündlichen Verhandlung, wobei im Übrigen darauf hinzuweisen ist, dass auch die Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht zu keinem anderen Verfahrensausgang geführt hätte.
Letztlich ist auch nochmals auf den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 18.06.2014, Zl. Ra 2014/20/0002-7 hinzuweisen, in welchem dieser nunmehr auch explizit festhält, dass, insoweit das Erstgericht die die Beweiswürdigung tragenden Argumente der Verwaltungsbehörde teilt, das im Rahmen der Beweiswürdigung ergänzende Anführen weiterer - das Gesamtbild nur abrundenden, aber nicht für die Beurteilung ausschlaggebenden - Gründe, nicht dazu führt, dass die im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom 28.05.2014, Zlen. Ra 2014/20/0017 und 0018 dargestellten Kriterien für die Abstandnahme von der Durchführung der Verhandlung gemäß dem ersten Tatbestand des Paragraph 21, Absatz 7, BFA-VG nicht erfüllt sind.
Abschließend ist auch auf nachfolgend angeführte Entscheidungen des Verwaltungsgerichts-hofes sowie des Verfassungsgerichtshofes, in welchen insbesondere die Frage der Zulässigkeit vom Absehen der Verhandlungspflicht thematisiert wird, zu verweisen. In diesen Entscheidungen wurden, gegen Erkenntnisse der Gerichtsabteilung L508 (folglich der auch in diesem Verfahren zuständigen Gerichtsabteilung) eingebrachte Revisionen wegen Unzulässigkeit zurückgewiesen bzw. wurde die Behandlung der Beschwerde abgelehnt:
Vgl. etwa VwGH: Ra 2014/01/0029-4 vom 18. Juni 2014, Ra 2014/20/0002-7 vom 18. Juni 2014, Ra 2014/01/0047-5 vom 16. Juli 2014, Ra 2014/18/0020-5 vom 02.09.2014, Ra 2014/01/0003-10 vom 28.11.2014, Ra 2014/19/0106-7 vom 26.11.2014 sowie Ra 2014/180059-12 vom 22.04.2015) sowie VfGH: E 1191/2014-7 vom 18.09.2014.
Zu B) Zum Ausspruch über die Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß Paragraph 25 a, Absatz eins, VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab vergleiche die unter Punkt 2. bis 4. angeführten Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes), noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden, noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.
Die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des VwGH ist zwar zu früheren Rechtslagen ergangen, sie ist jedoch nach Ansicht der erkennenden Richterin auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.
Aus den dem gegenständlichen Erkenntnis entnehmbaren Ausführungen geht hervor, dass das ho. Gericht in seiner Rechtsprechung im gegenständlichen Fall nicht von der bereits zitierten einheitlichen Rechtsprechung des VwGH, insbesondere zum Erfordernis der Glaubhaftmachung der vorgebrachten Gründe, zum Flüchtlingsbegriff, zur Asylrelevanz, zur Schutzfähigkeit, dem Refoulementschutz bzw. zum durch Artikel 8, EMRK geschützten Recht auf ein Privat- und Familienleben abgeht.
Ebenso wird zu diesen Themen keine Rechtssache, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, erörtert. In Bezug auf die Spruchpunkte römisch eins. und römisch II. des angefochtenen Bescheides liegt das Schwergewicht zudem in Fragen der Beweiswürdigung.
Zur Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung ist die zur asylrechtlichen Ausweisung ergangene zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs übertragbar. Die fehlenden Voraussetzungen für die amtswegige Erteilung des Aufenthaltstitels nach Paragraph 55, AsylG 2005 ergeben sich aus der Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung, jene für den Aufenthaltstitel nach Paragraph 57, AsylG 2005 aus durch den klaren Wortlaut der Bestimmung eindeutig umschriebene Sachverhaltselemente, deren Vorliegen im Fall des Beschwerdeführers nicht einmal behauptet wurde. Die Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung des Beschwerdeführers in den Herkunftsstaat knüpft an die zitierte Rechtsprechung zu den Spruchpunkten römisch eins. und römisch II. des angefochtenen Bescheids an.
ECLI:AT:BVWG:2015:L508.2107931.1.00