BVwG
09.04.2015
L512 1421348-1
L512 1421348-1/42E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Marlene JUNGWIRT als Einzelrichterin über die Beschwerde von römisch 40 , geb. römisch 40 , StA. der islamischen Republik Pakistan, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 03.09.2011, Zl. 11 08.866-EAST Ost, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 14.04.2014, zu Recht erkannt:
A) Die Beschwerde wird gemäß Paragraphen 3 und 8 Absatz eins, Ziffer eins, AsylG 2005, BGBl römisch eins 2005/100 idgF als unbegründet abgewiesen.
Gemäß Paragraph 75, Absatz 20, AsylG 2005 idgF wird das Verfahren insoweit zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.
Der Antrag von römisch 40 , geb.XXXX vom 06.03.2015 (Verfahrenshilfe) wird gemäß Paragraph 40, VwGVG zurückgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
römisch eins. Verfahrensgang:
römisch eins.1. Der Beschwerdeführer (in weiterer Folge kurz als "BF" bezeichnet), ein Staatsangehöriger der islamischen Republik Pakistan, (in weiterer Folge "Pakistan" genannt) stelllte nach illegaler Einreise am 13.08.2011 bei der belangten Behörde einen Antrag auf internationalen Schutz.
Vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes brachte der BF am 14.08.2011 Folgendes vor:
Er sei in Pakistan geboren, sei verheiratet und Sunnit. Er habe 10 Jahre lang die Grundschule und 2 Jahre lang die Berufsschule für Elektriker in Pakistan besucht. Der BF sei gelernter Elektriker und habe diesen Beruf zuletzt als selbstständiger Unternehmer in römisch 40 ausgeübt. Sein Vater, seine drei Brüder, seine Schwester, seine Ehefrau und seine zwei Töchter würden in Pakistan leben. Zwei seiner Brüder seien bereits verstorben.
Zum Fluchtgrund führte der BF an, er habe seine Heimat verlassen, weil er dort keine Arbeit gehabt habe. Er müsse eine große Familie ernähren. Ansonsten habe er keine weiteren Gründe. Das seien seine Asylgründe. Mehr habe er diesbezüglich nicht zu sagen [Aktenseite (AS) 27 ff.].
Vor einem Organwalter der belangten Behörde bestätigte der BF am 22.08.2011 seine bisherigen Angaben und gab zudem an, dass er noch hinzufügen möchte, dass er durch seinen älteren Bruder große Probleme habe. Es würde hierbei um Immobilien gehen.
Der BF sei illegal aus Pakistan ausgereist, habe in Griechenland einen Asylantrag gestellt, aber habe bislang keine Antwort bekommen. Er sei im Jahr 2008 von Griechenland nach Pakistan zurückgekehrt. Vor vier oder fünf Monaten habe er Pakistan schlepperunterstützt verlassen und sei neuerlich auf dem Landweg nach Griechenland eingereist. In Griechenland habe er keine Arbeit gefunden. Deshalb sei er nach Österreich gekommen.
Sein Vater, seine Ehefrau, seine zwei Töchter sowie fünf Brüder des BF würden in Pakistan leben. Der BF habe mit seinem Vater, drei Brüdern, seiner Ehefrau und den beiden Kindern in einem Haushalt gelebt. Er habe sich außer mit seinem älteren Bruder mit allen anderen Verwandten gut verstanden. Der BF sei nicht vorbestraft, sei von den Behörden in seinem Herkunftsland nicht erkennungsdienstlich behandelt worden. Er sei nie im Gefängnis gewesen, habe keiner politischen Partei angehört und habe mit Behörden in Pakistan keine Probleme gehabt. Er werde auch nicht von Behörden in Pakistan gesucht bzw. bestehe auch kein Haftbefehl gegen die Person des BF. Er habe nie einer bewaffneten Gruppierung angehört. Er habe elektronische Geräte repariert und habe nur sehr schwer den Lebensunterhalt dadurch bestreiten können. Er habe noch die Familie seines verstorbenen Bruders erhalten müssen. Sein Gehalt wäre nicht für zwei Familien ausreichend gewesen.
Zum Fluchtgrund befragt, führte der BF aus, er habe große Probleme mit seinem älteren Bruder, welcher den BF umbringen wolle. Die Frau des BF habe den BF mitgeteilt, dass er dreimal beim BF zu Hause gewesen sei und zum Vater des BF gesagt habe, er werde den BF umbringen. Bei dem Grundstücksstreit gehe es um das Familienhaus. Der Vater des BF habe dem älteren Bruder bereits seinen Anteil ausbezahlt, trotzdem möchte der ältere Bruder das Haus in Besitz nehmen. Deswegen möchte dieser den BF umbringen. Das Haus gehöre noch immer dem Vater des BF. Der Vater habe bestimmt, dass der BF das Haus nach seinem Tod erben solle, da der BF die ganze Familie versorge. Der Streit bestehe seit den letzten 6 oder 7 Monaten. Der BF sei einmal telefonisch bedroht worden. Der ältere Bruder habe gesagt, er werde ihn umbringen, wenn er ihn sehe. Sonst habe der BF keine Probleme in seiner Heimat. Der BF werde nicht aufgrund der Rasse, Religion, Volkszugehörigkeit, politischen Gesinnung, Zugehörigkeit zu einer bestimmen sozialen Gruppe oder ethnischen Herkunft verfolgt. Er habe seinen Problemen nicht durch eine Wohnsitzverlegung innerhalb seines Herkunftslandes entgehen können, da er in Pakistan keine Arbeit finden würde. Der BF müsse drei Familien versorgen. Im Falle seiner Rückkehr würde es zu einem Streit mit seinem Bruder kommen. Dieser Streit könne eskalieren und der Bruder könne den BF umbringen. Der BF möchte zudem in Österreich arbeiten und Geld verdienen.
Der BF beabsichtige Kurse zu besuchen und befinde sich in Bundesbetreuung (AS 47 ff).
Am 22.08.2011 wurde dem BF eine Mitteilung gemäß Paragraph 29, Absatz 3, AsylG (Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz) zur Kenntnis gebracht (AS 59 ff).
Vor einem Organwalter der belangten Behörde gab der BF am 31.08.2011 an, er fühle sich gut und sei in der Lage der Einvernahme zu folgen. Ein Cousin des BF lebe in Frankreich. Der BF lebe mit keiner Person in einer Familiengemeinschaft oder familienähnlichen Lebensgemeinschaft. Der BF habe am 28.08.2011 einen Anruf seiner Frau erhalten. Diese habe ihm mitgeteilt, dass sie am 24.08.2011 von seinem ältesten Bruder angeschossen worden sei und sich im Spital befinden würde. Sie sei am Bein verletzt worden. Welches Bein verletzt worden sei, wisse der BF nicht. Die Frau des BF habe Anzeige gegen den älteren Bruder des BF erstattet. Die Frau des BF würde heute nach Hause kommen. Der BF habe gestern zu Hause angerufen und habe dies von seinem Vater erfahren. Die Frau und die Kinder des BF seien nicht in Sicherheit. Wenn er zurückkehre, sei sein Leben in Gefahr. Seine Frau habe die jüngste Tochter geschützt, sonst wäre diese verletzt worden. Der Bruder des BF sei Mitglied der PPP und arbeite bereits seit 10 Jahren mit diesen zusammen. Diese würden den BF in ganz Pakistan ausfindig machen (AS 69 ff).
römisch eins.2. Der Antrag des BF auf internationalen Schutz wurde folglich mit im Spruch genannten Bescheid gemäß Paragraph 3, Absatz eins, AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt römisch eins.). Gem. Paragraph 8, Absatz eins, Ziffer eins, AsylG wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Pakistan nicht zugesprochen (Spruchpunkt römisch II.). Gemäß Paragraph 10, Absatz eins, Ziffer 2, AsylG wurde die Ausweisung aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Pakistan verfügt (Spruchpunkt römisch III.).
römisch eins.2.1. Im Rahmen der Beweiswürdigung erachtete die belangte Behörde das Vorbringen des BF als unglaubwürdig. Zusammengefasst wurde ausgeführt, dass der BF in der Erstbefragung angab, deshalb einen Asylantrag gestellt zu haben, da er in Pakistan keine Arbeit gefunden hätte. Er hätte in Pakistan eine große Familie zu ernähren und habe deshalb das Herkunftsland verlassen. Bei der niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesasylamt habe der BF große Probleme mit seinem älteren Bruder angegeben. Es würde dabei um das Familienhaus gehen.
Der BF sei insbesondere dazu angehalten worden im Zuge der Einvernahmen die Wahrheit zu sagen und an der Feststellung des für das Asylverfahren notwendigen Sachverhaltes mitzuwirken. Der BF habe bereits bei der Erstbefragung falsche Angaben zum Reiseweg gemacht. Er habe seinen Aufenthalt und die Asylantragstellung in Griechenland zunächst bestritten. Das Vorbringen in Bezug auf Probleme mit dem Bruder des BF sei nicht nachvollziehbar. So wäre es nicht schlüssig, weswegen der Bruder des BF diesen umbringen sollte, wenn dieser bereits seinen Anteil am Haus erhalten hätte und das Haus nach wie vor dem Vater des BF gehöre. Auch wäre es möglich, dass der BF gegen seinen Bruder Anzeige erstatte. Soweit der BF vorbrachte, dass seine Frau von seinem Bruder angeschossen worden sei, sei zu bedenken, dass der BF diesen Sachvortrag durch keinerlei Beweismittel belegte und nicht angeben konnte, an welchem Fuß seine Frau verletzt worden sei. Das Vorbringen in Bezug auf private Unstimmigkeiten mit dem älteren Bruder des BF werde als Steigerung des Vorbringens angesehen, die belangte Behörde gehe davon aus, dass der BF aus wirtschaftlichen Gründen seine Heimat verlassen habe. Weiters gebe es - selbst bei Wahrheitsunterstellung der Angaben des BF - keine Hinweise, dass der pakistanische Staat und seine Behörden nicht gewillt wären bzw. versuchen würden seine Bürger von derartigen kriminellen Aktivitäten zu schützen (AS 105 ff).
römisch eins.2.2. Zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in Pakistan traf die belangte Behörde Feststellungen.
römisch eins.2.3. Rechtlich führte die belangte Behörde aus, dass weder ein unter Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2 der GKF noch unter Paragraph 8, Absatz eins, AsylG zu subsumierender Sachverhalt hervorkam. Ebenso stelle eine Ausweisung keinen unzulässigen Eingriff in das durch Artikel 8, EMRK geschützte Recht auf ein Privat- und Familienleben des BF dar.
römisch eins.3. Mit im Akt ersichtlichen Schriftsatz wurde vom BF rechtzeitig Beschwerde gegen den Bescheid der belangten Behörde erhoben. Der Bescheid wurde in vollem Umfang wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften angefochten.
Der BF erläuterte zusammengefasst, dass die belangte Behörde ihrer in Paragraph 37, AVG festgelegten und in Paragraph 18, AsylG 2005 konkretisierten Pflicht zu amtswegigen Ermittlungen nicht nachgekommen sei. Darüber hinaus sei das Parteiengehör des BF gemäß Paragraph 45, Absatz 3, AVG verletzt worden, da die belangte Behörde dem BF nicht in ausreichendem Maße die Möglichkeit gegeben habe, zu den Länderberichten sowie zu den von der belangten Behörde herangezogenen Gründen für die Abweisung des Asylantrages Stellung zu nehmen. Der BF stellte zudem den Antrag auf Beigabe eines Rechtsberaters gemäß Paragraph 66, AsylG 2005, um eine Beschwerdeergänzung vorzunehmen.
Es wurden die Anträge gestellt,
römisch eins.4. Die gegenständliche Beschwerde und der Bezug nehmende Verwaltungsakt wurden dem Asylgerichthof am 19.09.2011 vorgelegt und der Gerichtsabteilung C7 zugewiesen.
römisch eins.5. Mit Beschluss des Asylgerichtshofes vom 19.09.2011, Zl. C7 421.348-1/2011/2Z wurde dem Antrag des BF auf Beigabe eines Rechtsberaters stattgegeben und diesem einen Rechtsberater beigegeben [Ordnungszahl (OZ) 2.].
römisch eins.6. Mit Schreiben vom 24.10.2011 gab das Bundesasylamt bekannt, dass dem Ersuchen des deutschen Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge um Übernahme des BF gemäß Artikel 16 Absatz eins, lit. C der Dublin römisch II Verordnung zugestimmt wurde.
römisch eins.7. Mit Verfügung vom 02.01.2012 wurde die gegenständliche Rechtssache der Gerichtsabteilung C7 abgenommen und der Gerichtsabteilung E10 zugewiesen.
römisch eins.8. Mit Schreiben vom 25.09.2013 wurden den Verfahrensparteien Länderberichte zur Lage in Pakistan zur Kenntnis gebracht und die Möglichkeit eingeräumt, sich innerhalb einer Frist von 2 Wochen dazu zu äußern. Zudem wurde der BF eingeladen alle dem BF zur Verfügung stehenden und ihm zugänglichen Dokumente und Beweismittel zu übermitteln (OZ 9).
römisch eins.9. Am 03.10.2013 langte ein Antrag des BF auf Beigabe eines Rechtsberaters gemäß Paragraph 75, Absatz 16, AsylG ein (OZ 10).
römisch eins.10. Mit Verfahrensanordnung vom 07.10.2013, Zl. E10 421.348-1/2011-12Z wurden dem BF amtswegig ein Rechtsberater zur Seite gestellt.
römisch eins.11. Mit Schriftsatz vom 09.10.2013 nahm der BF wie folgt Stellung:
Zur Bescheinigung seines Vorbringens legte der BF ein Schreiben seines Anwaltes in Pakistan vor, in dem der Rechtsanwalt die Bedrohungssituation bestätigte. Der BF erörterte diesbezüglich, dass seine Frau diesen Rechtsanwalt engagierte um rechtliche Schritte gegen seinen Bruder zu setzen. Als der Bruder des BF davon erfahren habe, habe er begonnen den Anwalt zu bedrohen, weswegen dieser entschied, Abstand von der Sache zu nehmen und keine weiteren Schritte gegen den Bruder des BF zu setzen. Der BF habe bereits versucht mithilfe einer innerstaatlichen Fluchtalternative dem Bruder zu entkommen. Nachdem der BF ein Jahr in Griechenland verbracht habe, sei er nach Pakistan zurückgekehrt und habe versucht in einem anderen Landesteil mit seiner Familie in Frieden zu leben, was jedoch misslang, da der Bruder des BF dessen Aufenthaltsort erfuhr und ihn abermals bedrohte. Dieser Umstand habe den BF erneut dazu gezwungen sein Heimatland zu verlassen. Auch die Ehefrau und die beiden gemeinsamen Kinder würden vom Bruder des BF regelmäßig bedroht werden, weswegen sie sich fortwährend verstecken und ihren Wohnsitz regelmäßig verändern müssten. Vom jüngeren Bruder des BF fehle jede Spur, weswegen gemutmaßt werde, dass dieser vom älteren Bruder gekidnappt worden sei. Der BF leide an Hepatitis C. Diesbezügliche medizinische Unterlagen wurden vorgelegt. Zudem wurden zahlreiche Berichte über die allgemeine Lage zitiert und teilweise wiedergegeben. Da der BF nicht die Chance gehabt hätte sein gesamtes Vorbringen auszuführen, wurde die Anberaumung einer mündlichen öffentlichen Verhandlung beantragt, damit der BF seine ausführliche Fluchtgeschichte noch einmal vor unabhängigen Richtern vorbringen und glaubhaft machen könne. Es wurde weiters die Bestellung eines länderkundlichen Sachverständigen zum Beweis für die Richtigkeit der Angaben des BF und das Vorliegen eines asylrelevanten Sachverhaltes beantragt.
Der BF wiederholte die Anträge,
römisch eins.12. Für den 14.04.2014 lud das erkennende Gericht die Verfahrensparteien zu einer mündlichen Verhandlung.
römisch eins.12.1. Mit Schreiben vom 21.03.2014 wurde dem BF eine Aufforderung zur Mitwirkung im Beschwerdeverfahren und zur Vorlage von Dokumenten und Beweismitteln übermittelt. Den Verfahrensparteien wurden zudem mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichts ebenfalls vom 21.03.2014 aktuelle Länderberichte zur Lage in Pakistan zur Kenntnis gebracht und die Möglichkeit eingeräumt, sich bis zum Zeitpunkt der anberaumten Verhandlung schriftlich bzw. in der Verhandlung mündlich hierzu zu äußern.
römisch eins.13. Mit Schreiben vom 27.03.2014 teilte die belangte Behörde (nunmehr das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl) mit, dass die Teilnahme eines informierten Vertreters an der Verhandlung aus dienstlichen und personellen Gründen nicht möglich sei (OZ 20).
römisch eins.14. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung (OZ 22) bestätigte der BF seine im Verfahren bekannt gegebene Identität und dass er verhandlungsfähig sei. Zum Gesundheitszustand befragt führte der BF an, er habe Hepatitis C. Er habe lange Zeit Medikamente nehmen müssen. Jetzt nehme er keine mehr. Durch die Medikamenteneinnahme sei er vergesslich geworden.
Zur Einvernahmesituation im bisherigen Verfahren führte der BF an, es sei alles in Ordnung gewesen. Er habe damals die Wahrheit gesagt und alles sei korrekt gewesen.
Der BF hatte zudem die Möglichkeit zu seiner Integration, seinem Fluchtvorbringen und seiner Rückkehrsituation Stellung zu nehmen bzw. Beweismittel vorzulegen.
römisch eins.15. Nach Einräumung des Parteiengehörs zur beabsichtigten Bestellung eines Sachverständigen wurde ein Sachverständiger gemäß Paragraph 52, Absatz 2, AVG in Verbindung mit 17 VwGVG bestellt und ersucht ein Gutachten in Bezug auf psychische/neurologische Erkrankungen zu erstellen. Der BF erteilte dem Bundesverwaltungsgericht nicht die Zustimmung in medizinische Unterlagen des BF Einsicht zu nehmen bzw. ärztliche Auskünfte zur Person des BF einzuholen.
römisch eins.16. Nach Einlangen des neurologisch-psychiatrischen Gutachtens vom 25.01.2015 wurde dieses den Verfahrensparteien mit Schreiben vom 17.02.2015 samt aktualisierten Feststellungen zur medizinischen Versorgung in Pakistan zur Kenntnisnahme gebracht. Den Verfahrensparteien wurde zudem die Gelegenheit eingeräumt sich dazu innerhalb einer Frist von 2 Wochen zu äußern.
römisch eins.17. Der BF gab im Rahmen eines Schreibens, eingelangt am 06.03.2015 insofern eine Stellungnahme ab, indem er ausführte, dass er ein Gutachten vom Arzt seiner Wahl beibringen möchte. Dieser wäre erst am 19.03.2015 wieder erreichbar und werde der BF einen entsprechenden Befund nach seiner Untersuchung zeitnah vorlegen. Zur Behandelbarkeit von Hepatitis C in Pakistan wurde ein Bericht zitiert und ausgeführt, dass aus dem Befundbericht vom 02.03.2015 hervorgehe, dass eine Therapie abgebrochen wurde und keine Re-Therapie derzeit geplant sei, jedoch müsse der BF jährlich Kontrolltermine wahrnehmen. Es bestehe keine Garantie, dass sich der BF eine entsprechende Therapie in Pakistan leisten könnte oder ihm unentgeltlich eine gewährt werden würde, weshalb er bei seiner Rückkehr in eine aussichtslose Lage geraten würde. Im Übrigen wurde auf die Stellungnahme vom 09.10.2013 verwiesen. Der BF stellte den Antrag auf unentgeltliche Beigabe eines Verfahrenshelfers gemäß Paragraph 40, VwGVG. Dieser Antrag wurde zusammengefasst damit begründet, dass das Asylverfahren in den Anwendungsbereich der Grundrechtecharta fallen würde. Die in Artikel 47, GRC garantierten Rechte hätten die gleiche Bedeutung und Tragweite wie Artikel 6, Absatz eins, EMRK. Der BF habe hinsichtlich Spruchpunkt römisch eins und römisch II des angefochtenen Bescheides lediglich Anspruch auf Beigabe eines Rechtsberaters gemäß Paragraph 52, Absatz eins, BFA-VG, die im Lichte des Gesetzesprüfungsbeschlusses des VfGH zur Zahl E 599/2014-19 vom 9.12.2014 nicht mit Verfahrenshilfe iSd Paragraph 40, VwGVG gleichwertig ist.
Es wurden die Anträge gestellt,
römisch eins.18. Mit Schreiben vom 19.03.2015 wurde der BF aufgefordert innerhalb einer Frist von 2 Wochen ein von ihm angekündigtes Gutachten vorzulegen bzw. bekannt zu geben, warum eine Vorlage eines derartigen Gutachtens nicht möglich sei (OZ 37).
römisch eins.19. Am 27.03.2015 legte der BF einen psychiatrischen Befund vom 26.03.2015 vor (OZ 39).
römisch eins.20. Hinsichtlich des Verfahrensherganges im Detail wird auf den Akteninhalt verwiesen.
römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
römisch II.1.1. Der Beschwerdeführer
Bei dem BF handelt es sich um einen männlichen, pakistanischen Staatsbürger, welcher die Sprachen punjabi, urdu und ein wenig englisch spricht. Der BF gehört dem Mehrheitsglauben der Sunniten an. Der BF ist ein verheirateter, arbeitsfähiger Mann mit bestehenden familiären Anknüpfungspunkten im Herkunftsstaat und einer - wenn auch auf niedrigerem Niveau als in Österreich - gesicherten Existenzgrundlage. Er stammt aus der Provinz Punjab.
Die Eltern, die Ehefrau, die beiden Kinder sowie vier Brüder und zwei Schwestern des BF leben in Pakistan.
Die Identität des BF steht nicht fest.
Der BF leidet an Hepatitis und an einer Anpassungsstörung mit einer leichtgradigen depressiven Episode.
Der BF war bezüglich seiner Hepatitis C Erkrankung in Österreich in medizinischer Behandlung. Zurzeit muss der BF deshalb keine Medikamente einnehmen; es ist auch keine Therapie geplant.
Der BF möchte offensichtlich sein künftiges Leben in Österreich gestalten und hält sich seit seiner Antragstellung am 13.08.2011 im Bundesgebiet auf. Er reiste rechtswidrig und mit Hilfe einer Schlepperorganisation in das Bundesgebiet ein. Der BF befindet sich in Grundversorgung. Der BF geht keiner Arbeit nach. Der BF hat einen Deutschkurs besucht, den er jedoch abgebrochen hat. Der BF versteht und spricht Deutsch in einfacher Art und Weise. Der BF hat keine Freunde und Verwandten in Österreich. Der BF ist strafrechtlich unbescholten.
römisch II.1.2. Die Lage im Herkunftsstaat Pakistan:
Politische Lage
Pakistan ist ein Bundesstaat mit den vier Provinzen Punjab, Sindh, Baluchistan, Khyber Pakhtunkhwa (ehemals North West Frontier Province) und den "Federally Administered Tribal Areas" (FATA). Die pakistanische Verfassung bestimmt, dass die vom Parlament beschlossenen Gesetze in den FATA nur gelten, wenn dies der Präsident explizit anordnet. Daneben kontrolliert Pakistan die Gebiete von Gilgit-Baltistan (die früheren "Northern Areas") und Azad Jammu & Kashmir (AJK - "freies Kaschmir"), den auf der pakistanischen Seite der Demarkationslinie ("Line of Control") zwischen Indien und Pakistan liegenden Teil Kaschmirs. Beide Gebiete werden offiziell nicht zum pakistanischen Staatsgebiet gerechnet. Gilgit-Baltistan hat im September 2009 eine Teilautonomie erhalten. Es war bislang von Islamabad aus regiert worden. AJK genießt ebenfalls Autonomie, ist aber finanziell und politisch von der Regierung in Islamabad abhängig (AA 10.2013a).
Die pakistanische Bevölkerung wird vom CIA World Factbook mit Stand Juli 2013 auf über 193 Millionen geschätzt. Pakistan ist damit der sechstbevölkerungsreichste Staat der Welt (CIA 11.9.2013).
Die gesetzgebende Gewalt in Pakistan liegt beim Parlament. Das Parlament besteht aus zwei Kammern, der Nationalversammlung und dem Senat. Daneben werden in den Provinzen Pakistans Provinzversammlungen gewählt. Die Nationalversammlung umfasst 342 Abgeordnete. 60 Sitze sind für Frauen, 10 weitere für Vertreter religiöser Minderheiten reserviert. Die Legislaturperiode dauert fünf Jahre (AA 10.2013a).
Im April 2010 wurde eine weitreichende Verfassungsreform verabschiedet, die von einem parteiübergreifenden Parlamentsausschuss seit Juni 2009 vorbereitet worden war. Ziel war es, zur Grundgestalt der unter Präsident Zulfikar A. Bhutto 1973 verabschiedeten Verfassung zurückzukehren, die nach zahlreichen Eingriffen der Militärherrscher Zia-ul Haq und Musharraf fast bis zur Unkenntlichkeit verändert worden war. Kernelemente der vorgenommenen Verfassungsänderungen sind eine Stärkung der Position des Ministerpräsidenten bei gleichzeitiger Einschränkung der Machtbefugnisse des Präsidenten, eine Stärkung des Föderalismus durch eine deutliche Ausweitung der Kompetenzen der Provinzen, eine Stärkung der Unabhängigkeit der Justiz durch ein neues Ernennungsverfahren für die obersten Richter und die Einführung zweier neuer Grundrechte: des Rechts auf Information und des Rechts auf Erziehung (AA 10.2013a).
Die Wahlbeteiligung bei den Parlamentswahlen am 11. Mai 2013 war überraschend hoch. In vielen Wahlkreisen blieben die Lokale wegen des großen Ansturms länger offen. Unter den Wartenden befanden sich ungewöhnlich viele junge Wähler und Frauen. Eine Wahlhelferin in einer zum Wahllokal umfunktionierten Mädchenschule in Rawalpindi, erklärte, eine so hohe Beteiligung habe sie in ihrer langen Karriere noch nie gesehen. Die Tehrik-e Taliban Pakistan hatten am Freitag einmal mehr zum Wahlboykott aufgerufen (NZZ 11.5.2013). Die mit der Al-Kaida verbündete TTP (Tehrik-e-Taliban Pakistan) hält die Wahl für unislamisch und hatte für den Wahltag Selbstmordanschläge angekündigt. Die Wahl fand deshalb unter großen Sicherheitsvorkehrungen statt, mehr als 620.000 Polizisten, Paramilitärs und Soldaten waren im Einsatz (Die Zeit 11.5.2013). Rund ein Drittel der Wahlkreise wurde als riskant eingestuft. Noch nie war eine Parlamentswahl in Pakistan so blutig wie diese. Doch die Wähler haben bewiesen, dass ihnen die Demokratie wichtig ist und sie sich von Extremisten nicht einschüchtern lassen (NZZ 11.5.2013).
Drohungen der Taliban hatten die Wahlkampagnen der ANP, der PPP (Pakistan People's Party), und der MQM (Muttahida Qaumi Movement) geschwächt. Ein Sprecher der Taliban warnte pakistanische Wähler, Veranstaltungen dieser säkularen Parteien fern zu bleiben. Alle drei Parteien sind säkular und waren in der Regierungskoalition. Die ANP, welche die Regierung in Khyber Pakhtunkhwa führte, war am stärksten betroffen. Die durch die Drohungen eingeschränkten Zugangsmöglichkeiten zu den Wählern erschwerten es für diese Parteien die Unbeliebtheit, die sie während ihrer Regierungszeit erlangten, wieder auszugleichen (BBC 5.4.2013).
Insgesamt starben zwischen 1. Jänner und 15.Mai laut Daten des Sicherheitsinstituts PIPS bei 148 Anschlägen, die spezifisch politische Führer, politische Aktivisten, Kandidaten, Parteibüros und Wahllokale betrafen, 170 Menschen in Pakistan. Die Hauptlast der Anschläge entfiel auf die bis zur Übergangsregierung in der Provinz Khyber Pakhtunkhwa regierende und an der nationalen Regierungskoalition beteiligte ANP, mit 37 Anschlägen, gefolgt von unabhängigen Kandidaten, der PPP und der in Karatschi regierenden MQM. Die konservativen Parteien blieben allerdings nicht verschont, Aktivisten und Kandidaten der Pakistan Muslim League-Nawaz (PML-N), der Pakistan Tehreek-e-Insaf (PTI), der islamistischen Jamiat Ulema-e-Islami, Jamaat-e-Islami, belutschische nationalistische Parteien sowie einige kleinere Parteien waren, etwas seltener, ebenfalls von Attacken betroffen (PIPS 5.2013).
Bei den Wahlen wurde die bisherige Regierungspartei Pakistan Peoples Party (PPP) von der Pakistan Muslim League-N (PML-N) unter Nawaz Sharif abgelöst. Die PML-N erreichte bei den Wahlen eine absolute Mehrheit der Mandate. Zweitstärkste Partei in der Nationalversammlung wurde die ehemalige Regierungspartei PPP, dicht gefolgt von der PTI des ehemaligen Cricket-Stars Imran Khan. Die MQM (Muttahida Quami Movement), mit ihren Hochburgen in den beiden Großstädten der Provinz Sindh, Karachi und Hyderabad, stellt jetzt die viertstärkste Fraktion im Parlament. Am 5. Juni 2013 wurde Nawaz Sharif vom Parlament zum Ministerpräsidenten gewählt. Es war das erste Mal in der Geschichte Pakistans, dass eine zivile Regierung eine volle Legislaturperiode (2008 - 2013) regieren konnte und dass der demokratische Wechsel verfassungsgemäß ablief (AA 10.2013a). Erst im Herbst 2008 war Pakistan zu demokratischen Verhältnissen zurückgekehrt, nachdem der seit 1999 regierende Militärherrscher Musharraf das Land verlassen hatte, um einem drohenden Amtsenthebungsverfahren zuvorzukommen (AA 2.11.2012).
Ebenfalls am 11. Mai 2013 fanden die Wahlen zu den vier Provinzversammlungen statt. In Punjab, der bevölkerungsreichsten Provinz (ca. 50% der Bevölkerung Pakistans), errang die PML-N mehr als zwei Drittel der Mandate. In Sindh konnte die PPP ihre Vormachtstellung verteidigen, in Khyber-Pakhtunkhwa errang die PTI die meisten Mandate und führt dort nun eine Koalitionsregierung. Die Regierung von Belutschistan wird nunmehr von einem Chief Minister der belutschischen Nationalistenpartei NP geführt, die eine Koalition mit PML-N und weiteren Parteien eingegangen ist (AA 10.2013a).
Am 30. Juli 2013 wählten beide Kammern des Parlaments und Abgeordnete der Provinzparlamente mit großer Mehrheit den PML-N Politiker Mamnoon Hussain zum neuen pakistanischen Staatsoberhaupt, der am 9. September 2013 vereidigt wurde. Hussain löst Asif Ali Zardari im Amt des Staatspräsidenten ab, der als erstes Staatsoberhaupt in der Geschichte Pakistans seine Amtszeit geordnet beenden konnte. Der verfassungsmäßige Machtübergang sowohl in der Regierung als auch im Amt des Staatsoberhaupts hat die Demokratie in Pakistan erheblich gestärkt (AA 10.2013a).
Ministerpräsident Nawaz Sharif hat wirtschafts- und finanzpolitische Themen sowie die Verbesserung der Beziehungen zu den Nachbarstaaten Afghanistan und Indien zu den Schwerpunkten seiner Amtszeit erklärt. Bereits wenige Monate nach seinem Amtsantritt rückt allerdings auch die Sicherheitslage in Pakistan, und insbesondere die Bedrohung durch die islamistischen Extremisten der pakistanischen Taliban (TTP), wieder in den Vordergrund. Eine Allparteienkonferenz am 9. September 2013 hat die Regierung einvernehmlich mandatiert, mit den Taliban in Gespräche einzutreten. Dieser Dialogansatz wurde allerdings bereits wenige Tage nach der Konferenz durch mehrere blutige Taliban-Anschläge in Frage gestellt (AA 10.2013a).
Überschwemmungen / Katastrophen
Pakistan wurde in der zweiten Jahreshälfte 2010 von der größten humanitären Krise seiner Geschichte getroffen, als starke Monsunregenfälle Anfang August sintflutartige Überschwemmungen auslösten. Fast 2.000 Tote waren zu beklagen, ein großer Teil der Infrastruktur wurde in den betroffenen Gebieten beschädigt oder zerstört (AA 6.2011). Ein Fünftel Pakistans stand unter Wasser. Etwa 20 Millionen Menschen in den Provinzen Khyber Pakhtunkhwa, Punjab und Sindh waren davon betroffen (HSS 17.10.2011). Mitte April 2011 wurden offiziell die letzten flutbedingten humanitären Hilfsmaßnahmen im Land beendet und der Wiederaufbau eingeleitet (AA 6.2011). Doch Anfang August 2011 verursachten erneut starke Regenfälle große Zerstörungen. In der Provinz Sindh waren mehr als 8,5 Millionen Menschen von der Flut betroffen. Etwa 450 Menschen kamen ums Leben (HSS 17.10.2011). Die pakistanische Regierung reagierte nur langsam auf die Flut (Reuters 12.12.2011).
Auch im August und September 2012 starben bei Überschwemmungen durch Monsunregen in Pakistan mehr als 450 Menschen. Insgesamt waren mehr als fünf Millionen Menschen von den Fluten betroffen (DS 17.10.2012). Humanitäre Hilfsorganisationen sind vor Ort, um von den Fluten Betroffen Unterstützung zu leisten (OCHA 8.11.2012). Mit Stand 10.1.2013 waren laut FAO 97,6% des Flutwassers abgeebbt (UNICEF 18.1.2013). Im August 2013 sind eine Million von den Fluten 2012 betroffene Menschen in Südpakistan noch ohne adäquate Unterkunft, Großbritannien unterstützt für 50.000 Familien den Wiederaufbau der Häuser (Reliefweb 26.8.2013).
Ein Problem ist, dass die aufeinanderfolgenden Regierungen nur geringe Investitionen in die Bewältigung von Naturkatastrophen tätigten. 2012 wurden Katastrophenmanagement Behörden eingerichtet, doch gibt es einen Mangel an ausgebildeten Personal und finanziellen Ressourcen (TRF 9.9.2013). Bei einem Erdbeben am 24.9.2013 in der Unruheprovinz Belutschistan, das mindestens 515 Menschenleben kostete, war die Katastrophenhilfe der Regierung erschwert durch Angriffe separatistischer Terrorgruppen, die fürchteten den Hilfsarbeiten der Armee könnten mehr Truppen in der Region folgen (Reuters 28.9.2013)
Quellen:
AA - Auswärtiges Amt (2.11.2012): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Pakistan
AA - Auswärtiges Amt (6.2011): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Pakistan
AA - Auswärtiges Amt (10.2013a): Pakistan - Innenpolitik, , http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Pakistan/Innenpolitik_node.html, Zugriff 14.10.2013
BBC (5.4.2013): Pakistan election: Taliban threats hamper secular campaign, http://www.bbc.co.uk/news/world-asia-22022951, Zugriff 11.10.2013
CIA - Central Intelligence Agency (22.8.2013): World Factbook, https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/pk.html, Zugriff 3.9.2013
HSS - Hanns Seidel Stiftung (17.10.2011): Quartalsbericht Projektland Pakistan, III/2011, http://www.hss.de/fileadmin/media/downloads/QB/Pakistan_QB_2011_III.pdf, Zugriff 23.10.2013
NZZ - Neue Zürcher Zeitung (11.5.2013): Hohe Wahlbeteiligung in Pakistan Anschläge fordern mindestens 24 Todesopfer, http://www.nzz.ch/aktuell/international/anschlaege-islamistischer-extremisten-auf-wahllokale-fordern-mindestens-16-todesopfer-1.18079638, Zugriff 30.10.2013
OCHA - United Nations Office for the Coordination of Humanitarian Affairs (8.11.2012): Pakistan, Monsoon Monsoon Situation Report No. 7,
http://reliefweb.int/report/pakistan/pakistan-monsoon-situation-report-no-7-2012, Zugriff 30.10.2013
PIPS - Pak Institute for Peace Studies (5.2013): Elections 2013:
Violence against Political Parties, Candidates and Voters
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Sicherheitslage
Pakistan ist mit einer erheblichen terroristischen Bedrohung durch die Taliban und andere jihadistische Gruppen konfrontiert, die sich in den vergangenen Jahren zur zentralen Bedrohung des Landes entwickelt haben (AA 2.11.2012). Die pakistanischen Taliban, die Lashkar-e-Jhangvi, die Belutschistan Liberation Army und andere bewaffnete Gruppen zielen auf Sicherheitskräfte und Zivilisten, unter anderem Mitglieder religiöser Minderheiten, Mitarbeiter von Hilfsorganisationen, Aktivisten und Journalisten (AI 5.2013; vergleiche USDOS 19.4.2013). Die westlichen Grenzgebiete zu Afghanistan - Belutschistan, die FATA (Federal Administered Tribal Areas) und Khyber Pakhtunkhwa - leiden seit Jahren an Gewalt zwischen Militanten und Regierungskräften (Reuters 11.4.2013).
In den vergangenen Jahren hatten Taliban-Gruppen in Teilen der Stammesgebiete an der Grenze zu Afghanistan eigene Herrschaftsstrukturen etabliert und ihre extrem konservative Interpretation der Scharia durchgesetzt. Wesentliche Menschenrechte und Grundfreiheiten werden in diesen Gebieten verletzt. Dabei kommt es auch immer wieder zu Auseinandersetzungen mit Lashkars (Bürgerwehren der Stämme) (AA 2.11.2012). Das Heranziehen von Stammesmilizen, die die Menschenrechte verletzten, um militärische Ziele zu erreichen, ging auf Kosten der Rechte von IDPs und anderer Bürger (Brookings Institution 11.2011).
Das Hauptaugenmerk der Armee liegt mehr und mehr auf der Bekämpfung der Taliban und anderer jihadistischer Gruppen. Seit Ende April 2009 haben sich die militärischen Auseinandersetzungen zwischen dem pakistanischen Militär und den Taliban verschärft. Zuvor hatten die Taliban eine Vereinbarung mit der Provinzregierung von Khyber-Pakhtunkhwa im Februar 2009 genutzt, um die Herrschaft im Swat-Tal zu übernehmen und anschließend in zwei Nachbardistrikte vorzurücken. Mit einer Offensive im April 2009 beendete die Armee die Taliban-Herrschaft im Swat-Tal. Von Oktober bis Dezember 2009 wurden die Taliban aus Süd-Wasiristan (FATA) vertrieben, einer Region, die von ihnen jahrelang kontrolliert worden war (AA 10.2013a; vergleiche Reuters 11.4.2013). Die meisten Taliban-Kämpfer sind in entlegenere Gebiete der sog. "Stammesgebiete" ausgewichen. Gleichzeitig haben sie Pakistan im Jahr 2009 mit einer Welle von Terroranschlägen überzogen, die sich zumeist gegen Einrichtungen der Sicherheitskräfte richtete (Armee, Polizei und ISI), der aber auch viele unbeteiligte Zivilisten zum Opfer fielen (AA 2.11.2012).
Die pakistanische Regierung steht in dieser Auseinandersetzung vor großen Herausforderungen: Einerseits müssen, um die militärischen Erfolge zu konsolidieren und einer Rückkehr der Taliban vorzubeugen, in den zurück gewonnenen Gebieten funktionierende zivile Verwaltungsstrukturen etabliert werden, das gilt v.a. für das Rechtssystem. Außerdem muss die große Zahl der Binnenvertriebenen bewältigt und die wirtschaftliche Entwicklung dieser Gebiete vorangetrieben werden (AA 10.2013a). Schließlich wird die Verbreitung der Taliban in den Grenzgebieten auf Jahre der Vernachlässigung und schlechter Regierungsführung sowie auf die Unsicherheit in Afghanistan zurückgeführt (Reuters 11.4.2013).
In Teilen der FATA finden darüber hinaus weiterhin immer wieder Gefechte statt (AA 10.2013a). Die Armee führt hier Militäroperationen durch, um die Taliban und al Qaida Militante zu vertreiben. Dies vertreibt weiterhin Menschen aus der FATA, auch aus Gebieten, die offiziell als von Militanten befreit erklärt wurden (Reuters 11.4.2013).
Regierungsstrategie ist es, kurz vor Militäroperationen gegen Taliban die Bevölkerung der jeweils betroffenen Agency bzw. Region zu informieren, das bedeutet die Agency wird "notified". Nach den Militäroperationen wird die Zone "denotified" und damit vom Militär als sicher für die Rückkehr erklärt und somit für die Rückkehr freigegeben. Das Militär arbeitet in diesem Prozess mit den Zivilbehörden zusammen, die zum Teil bei der Rückkehr unterstützen (BAA 6.2013).
Die Taliban reagieren auf die Militäroperationen weiterhin mit Terroranschlägen, von denen v.a. Khyber-Pakhtunkhwa und die FATA betroffen sind, die sich aber auch gegen Ziele in pakistanischen Großstädten wie z.B. Karachi, Lahore und Faisalabad richten (AA 10.2013a; vergleiche Reuters 11.4.2013). Der regionale Schwerpunkt terroristischer Anschläge liegt allerdings sehr deutlich in Khyber-Pakhtunkhwa, den Stammesgebieten FATA und in Belutschistan; dort sind auch die meisten Opfer zu beklagen (AA 24.10.2013; vergleiche Reuters 11.4.2013). Die Anschläge zielen vor allem auf Einrichtungen des Militärs und der Polizei. Opfer sind aber auch politische Gegner der Taliban, religiöse Minderheiten, Schiiten sowie Muslime, die nicht der strikt konservativen Scharia-Auslegung der Taliban folgen, wie z.B. die Sufis (AA 10.2013a).
Insgesamt gab es im Jahr 2011 in Pakistan 1.966 terroristische Anschläge mit 2.391 Todesopfern. Terroristischen Anschläge, militärische Operationen, Drohnen, ethno-politische Gewalt, Gewalt zwischen verschiedenen Stämmen und grenzüberschreitende Gewalt zusammen genommen, wurden im Jahr 2011 in Pakistan bei 2.985 Zwischenfällen 7.107 Menschen getötet. Die Gewaltvorfälle gingen damit um 12% im Vergleich zu 2010 zurück (22% im Vergleich zu 2009), die Zahl der Todesopfer um 29% (PIPS 4.1.2012).
2012 führten militante nationalistisch und konfessionell motivierte Gruppen in Pakistan 1.577 Terrorattacken aus, welche 2.050 Menschen töteten, bei 501 Anschlägen gab es keine Opfer. In 202 sektiererischen - gegen andere muslimische Konfessionen gerichteten -Terrorakten verschiedener Gruppen, wie der TTP (Tehreek-i Taliban) wurden 537 Menschen getötet (PIPS 4.1.2013).
Terroranschläge, Operationen durch die Sicherheitskräfte und deren Zusammenstöße mit Militanten, ethnopolitische Gewalt, Drohnenangriffe, Gewalt zwischen den Stämmen und zwischen den Militanten, interreligiöse Zusammenstöße, religiös-kommunale Gewalt, grenzübergreifende Zusammenstöße und Attacken sowie Zusammenstöße zwischen kriminellen Banden bzw. zwischen diesen und der Polizei zusammengerechnet, wurden 2012 5.047 Menschen bei 2.217 solchen Gewaltvorfällen getötet. Der Trend eines Rückgangs der Anzahl der Vorfälle von Gewalt und Todesopfer, der 2010 begann, hielt 2011 und 2012 an (PIPS 4.1.2013).
Zielgerichtete Anschläge auf Personen oder Gruppen, die sich gegen die TTP aussprechen, hielten an. Neben Trauerumzügen wurden vermehrt auch Moscheen zu Anschlagszielen, die von Mitgliedern von Pro-Regierungsmilizen aufgesucht werden. Die Anschläge konzentrieren sich auf die Provinz Khyber-Paschtunistan (KPK) und die FATA (HSS 5.4.2012). Im dritten Quartal 2012 weitete die TTP ihre Angriffe auf pakistanische Sicherheitskräfte und ihre Einrichtungen aus. Nicht nur in der vorwiegend betroffenen Provinz Khyber-Pakhtunkhwa, sondern auch in anderen Landesteilen kommt es zu Anschlägen. Schiiten sind weiterhin Ziel von Angriffen (HSS 10.10.2012).
Die Taktiken der Terroristen waren divers, der größte Anteil aller Anschläge, 587 bzw. 37 Prozent, waren gezielte Tötungen (in diesem Wert sind 177 Fälle politisch motivierter gezielter Tötungen nicht inkludiert). Andere signifikante Taktiken waren u.a. improvisierte Sprengsätze (375) und ferngezündete Bomben (139) (PIPS 4.1.2013).
Bis Ende 2012 sind die Vorfälle von Terror und Gewalt, Terroranschläge und Opferzahlen insgesamt zurückgegangen. So führten staatliche Maßnahmen in einigen kritischen Regionen zur Verbesserung der Lage. Im Swat-Tal und in Südwasiristan ist ein Erfolg der Militäroperationen sichtbar. Den Drohnenangriffen der USA im Grenzgebiet zu Afghanistan fielen einige hohe Führer der Taliban zum Opfer, dies schadete besonders den strategischen Kapazitäten der Extremisten. Die Bevölkerung hat die Militanten satt. Der Staat geht gegen die Militanten vor, für eine substantielle Verbesserung der Unsicherheiten fehlt eine breitere, konsistente Strategie. Die distriktweise Auswertung der digitalen Datenbank zeigt allerdings, dass die roten Zonen, jene Distrikte, die von einer hohen Anzahl sicherheitsrelevanter Gewaltvorfälle betroffen sind, über die letzten Jahre zurückgegangen sind (BAA 6.2013).
Die Sicherheitsstruktur, die lange nicht den wachsenden Einfluss von Extremisten auf das Land erkennen wollte, sieht diesen nun formal als Bedrohung. Zwischen den einzelnen Behörden mangelt es jedoch an Koordination und Vertrauen. Die öffentliche Meinung ist noch geteilt, wie mit den Terroristen in den Stammesgebieten umgegangen werden soll. Trotzdem reduzierten die militärischen Offensiven im Swat und in Südwasiristan die Terror-Bedrohung. Ernste Sicherheitsherausforderungen bleiben der Anstieg der Gewalt zwischen den muslimischen Glaubensrichtungen; die verstärkten ethnopolitischen Spannungen in Karatschi; die TTP und ihre Verbündeten; die Situation in Belutschistan (PIPS 4.1.2013).
Die Regierung ergreift zum Schutz der Bevölkerung einige Maßnahmen. Das pakistanische Militär führte in der FATA Anti-Terrorismus Maßnahmen durch (USDOS 19.4.2013). 107 operative Militärschläge wurden im Jahr 2012 in dieser Region durchgeführt. 79 Suchoperationen gegen Terroristen verzeichnet PIPS für 2012 im ganzen Land, 27 in Khyber Pakhtunkhwa, 24 in der FATA, elf in Belutschistan und vier im Sindh. Dabei wurden hohe Mengen an Sprengstoff, Selbstmordjacken und Waffen gefunden. 1.287 mutmaßliche Militante wurden 2012 verhaftet, allerdings nur wenige davon verurteilt. Oft werden Verdächtige ohne Verfahren verhaftet oder aufgrund mangelnder Beweise wieder freigelassen (PIPS 4.1.2013). Es wurden auch Maßnahmen ergriffen um die Verbindungen zwischen den Terroristen zu schwächen und Rekrutierungen durch militante Organisationen zu verhindern. Große Waffenarsenale wurden in städtischen Gebieten, wie Islamabad und Karatschi, ausgehoben, Gang-Mitglieder und TTP Kommandanten, die logistische Unterstützung für Militante in Stammesgebieten boten, wurden in Karatschi verhaftet, Selbstmordattentäter wurden vor der Tat verhaftet und Anschlagspläne vereitelt (USDOS 19.4.2013). Mindestens 14 Anschläge konnten z.B. auch im August 2013 vereitelt werden (PIPS 11.9.2013). Ein weiterer Weg der Bekämpfung ist die Kontrolle und Beschneidung des internationalen Geldflusses zu diesen Organisationen (BAA 6.2013).
Die Vorwahlzeit war allerdings von überdurchschnittlich stark ausgeprägter terroristischer Gewalt geprägt. Militante Kräfte versuchten die politische Lage zu destabilisieren, um die Wahlen zu verhindern. Bereits zum Jahresende 2012 kulminierten Anschläge und Attentate in einer Gewaltwelle. Obwohl Ende November landesweit die Sicherheitsmaßnahmen anlässlich des Aschura-Festes in einem außergewöhnlich starken Ausmaß erhöht wurden, kam es zu zahlreichen Anschlägen, bei denen dutzende Menschen starben (BAA 6.2013). In einer landesweiten Welle der Gewalt starben in der vorletzten Woche des Jahres 2012 mindestens 75 Menschen durch Anschläge. Beobachter verbinden die drastische Zunahme der Gewalt mit den Parlamentswahlen. Auch im 4. Quartal 2012 standen viele Attentate im Zusammenhang mit dem Konflikt zwischen Sunniten und Schiiten. Die meisten Angriffe ereigneten sich in Karatschi, doch auch in der Provinz Belutschistan starben zahlreiche Menschen (HSS 17.1.2013).
Der Anstieg der Gewalt hielt 2013 weiter an. Die ersten beiden Monate 2013 verzeichneten darüber hinaus einen außergewöhnlich hohen Anstieg der interkonfessionellen Gewalt (BAA 6.2013). Mindestens 92 Tote, davon 86 Angehörige der schiitischen Hazara Minderheit, forderte ein Doppelanschlag in einer Billardhalle in einem Hazara-Viertel der belutschischen Provinzhauptstadt Quetta am 10. Jänner. Der Anschlag, zu dem sich die sunnitische Extremistengruppe Lashkar-i-Jhangvi bekannte, war der schwerste seit fast zwei Jahren und der blutigste Anschlag auf die schiitische Minderheit in Pakistan bisher (BAA 6.2013; vergleiche Spiegel 11.1.2013, Dawn 11.1.2013b). Insgesamt wurden im Jänner von PIPS 215 Anschläge mit 321 Toten verzeichnet (PIPS 13.2.2013; Anmerkung; wissenschaftliches Institut - zur Methodik siehe BAA 6.2013). Von der NGO CRSS wird nach ihrer endgültigen Auswertung die Zahl der Toten durch verschiedene Arten sicherheitsrelevanter Gewalt für Jänner mit 591 angegeben (CRSS 25.9.2013).
Für Februar 2013 verzeichnete PIPS 129 Terroranschläge mit 247 Toten, sowie insgesamt 492 Tote bei 183 unterschiedlichen relevanten Gewaltvorfällen in Pakistan. Sektiererische Anschläge stiegen im Februar, hauptsächlich in Quetta und Karatschi (PIPS 11.3.2013). Von CRSS wird nach der endgültigen Auswertung die Zahl der Toten durch sicherheitsrelevante Gewalt für Februar mit 454 angegeben (CRSS 25.9.2013). Allein bei einem erneuten Anschlag in einer überwiegend von schiitischen Hazara bewohnten Enklave in Quetta starben am 16. Februar mindestens 84 Personen. Es kam zu weiten Protestaktionen (BAA 6.2013; vergleiche NYT 17.2.2013).
Nach dem Höhepunkt im Jänner und Februar nahm diese interkonfessionelle Kategorie des Terrors in den nächsten beiden Monaten ab, im April sank die Zahl signifikant. Nichtsdestotrotz traf ein weiterer der größeren Anschläge der Vorwahlzeit am 3. März ebenfalls die schiitische Minderheit, diesmal in Karatschi, 48 Menschen starben bei einem Anschlag auf ein schiitisches Viertel (BAA 6.2013). Insgesamt wurden im März laut PIPS 152 Terroranschläge in ganz Pakistan durchgeführt mit 220 Toten, zusammengenommen gab es 206 berichtete Vorfälle von Gewalt mit 504 Toten. Der Zuwachs geht hauptsächlich auf die nationalistische Gewalt in Belutschistan und die Taliban in Khyber Pakhtunkhwa zurück (PIPS 11.4.2013). Von CRSS wird nach der endgültigen Auswertung die Zahl der Toten durch Gewaltvorfälle für März mit 570 angegeben (CRSS 25.9.2013).
Im April verzeichnete PIPS 198 Anschläge mit 183 Toten, insgesamt starben bei 253 relevanten Sicherheitsvorfällen 404 Personen in Pakistan. Entsprechend der Vorwahlzeit war ein hoher Anteil (56 Anschläge) auf politische Ziele - politische Parteien, Kandidaten, Wahlkampfbüros und Wahlveranstaltungen (PIPS 8.5.2013). Von CRSS wird die Zahl der Toten durch Gewalt für April mit 429 angegeben (CRSS 25.9.2013).
Im Mai wurden vom PIPS 197 Terroranschläge in ganz Pakistan berichtet mit 242 Toten, alle sicherheitsrelevante Gewaltvorfälle zusammen forderten 514 Todesopfer (PIPS 13.6.2013). CRSS spricht für Mai von 622 Toten durch Gewalt (CRSS 25.9.2013). Unter den zivilen Opfern befand sich eine hohe Zahl politischer Kandidaten, politischer Aktivisten und Unterstützern aller Parteien (CRSS 18.6.2013; vergleiche PIPS 13.6.2013).
Zwischen 1. Jänner und 15. Mai starben insgesamt bei 148 spezifisch auf politische Führer, politische Aktivisten, Kandidaten, Parteibüros und Wahllokale gerichtete Anschlägen, laut Daten des Sicherheitsinstituts PIPS, 170 Menschen in Pakistan, die meisten davon im April und Mai. Zusätzlich zu terroristischen Anschlägen wurden 97 Vorfälle von Gewalt und Zusammenstöße zwischen den Aktivisten und Anhänger verschiedener Parteien im selben Zeitraum aufgezeichnet, bei denen 128 Menschen starben (PIPS 5.2013).
Im Juni zählte PIPS 130 Anschläge mit 283 Toten und insgesamt 202 Gewaltvorfälle mit 510 Toten (PIPS 8.7.2013). CRSS gibt für Juni 616 Todesopfer durch Gewalt an (CRSS 25.9.2013).
Für Juli verzeichnete PIPS 122 Anschläge, die 208 Todesopfer forderten. Insgesamt gab es bei 179 verschiedensten Gewaltvorkommnissen 399 Tote (PIPS 8.8.2013). Nach der Auswertung wird die Zahl der Toten durch Gewalt von CRSS für Juli mit 572 angegeben (CRSS 25.9.2013).
Für August berichtet PIPS von insgesamt 124 terroristischen Anschlägen mit 171 Todesopfern. Alle sicherheitsrelevante Gewalt zusammen genommen starben in 227 Gewaltvorfällen 272 Menschen (PIPS 11.9.2013). CRSS verzeichnete im August 432 Todesopfer in verschiedenen Arten der Gewalt (CRSS 25.9.2013). Es gab insgesamt einen starken Rückgang der Gewaltvorfälle im August 2013, der Rückgang der im Wahljahr stark angestiegenen Gewalt begann ab Juni. In Khyber Pakhtunkhwa und FATA fiel die Gewalt stark, in Belutschistan und Sindh (Karatschi) nahm sie allerdings stark zu (CRSS 25.9.2013; vergleiche PIPS 11.9.2013).
Im September stiegen aufgrund zweier großer Anschläge in Peschawar die Opferzahlen in Khyber Pakhtunkhwa stark an. Insgesamt wurden im September landesweit 135 Anschläge mit 270 Toten verzeichnet, bei allen 219 Gewaltvorfällen zusammen 380 Tote (PIPS 14.10.2013). Von CRSS wurden 493 Todesopfer recherchiert (CRSS 21.10.2013).
Es werden 2013 immer wieder auch Schulen und andere Infrastruktureinrichtungen in der FATA, in Belutschistan und Khyber Pakhtunkhwa zerstört (z.B. CRSS 11.2.2013). Außerdem kommt es in Teilen von Khyber Pakhtunkhwa, FATA, Belutschistan und Karatschi 2013 immer wieder zu bewaffneten Zusammenstößen zwischen Sicherheitskräften und Militanten (z.B. PIPS 8.5.2013).
Quellen:
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Regionale Verteilung der Gewalt
Die verschiedenen Provinzen leiden an unterschiedlichen Formen und Intensitäten der Gewalt. Die Aktivitäten der Talibangruppen beschränken sich hauptsächlich auf den Nordwesten Pakistans, allerdings wurden sie in den letzten Jahren auch in der Wirtschaftsmetropole Karatschi sichtbar (CRSS 13.7.2013). Die westlichen Grenzgebiete sind geplagt von Gewalt. Die Gebiete, die in erster Linie betroffen sind, sind Khyber Pakhtunkhwa und die FATA, die eine starke Talibanpräsenz aufweisen, sowie Belutschistan, in dem militante Stammesgruppen aufständische Gewaltakte verüben. Der Rest von Pakistan ist von sporadischen terroristischen Attacken betroffen, indem sich etwas der militanten Gewalt auch in andere Teile Pakistans ergießt mit Selbstmordanschlägen in den Städten und bewaffneten Attacken auf das Militär (Reuters 11.4.2013 vergleiche AA 24.10.2013).
Insgesamt divergiert somit die Sicherheitslage stark zwischen und innerhalb einzelner Provinzen. Der Vertreter des PIPS erläutert, dass die - mit um die 90 Millionen Einwohner bevölkerungsreichste Provinz Punjab als sicher eingestuft werden kann, auch Sindh ist sicher, mit Ausnahme von Karatschi, das ein Hotspot der Gewalt ist, außerdem versuchen terroristische Gruppen den Inneren Sindh zu infiltrieren. Islamabad gilt ebenfalls als relativ sicher. Doch Anschläge kommen auch in diesen Gebieten vor. Die paschtunischen Gebiete in Belutschistan sind relativ sicher, die belutschischen stark unsicher. In Khyber Pakhtunkhwa ist die Sicherheitslage kritisch - nur wenige Distrikte sind sicher, während andere schwer von Anschlägen gezeichnet sind. Belutschistan, die FATA, Khyber Pakhtunkhwa und die Metropole Karatschi sind somit die kritischen Gebiete Pakistans (BAA 6.2013). Auf Belutschistan, die FATA und Khyber Pakhtunkhwa entfielen im Jahr 2011 1.827 von insgesamt 1.966 terroristischen Anschlägen. Khyber Pakhtunkhwa wies dabei mit 890 die höchste Zahl an Todesopfern auf, die FATA mit 675 die höchste Zahl an terroristischen Anschlägen (612 Tote). In Belutschistan gab es 640 Anschläge (710 Tote), in Karatschi 58, in den anderen Teilen der Provinz Sindh 21, im Punjab 30, in Gilgit-Baltistan 26, in Islamabad 4 und in Azad Jammu und Kaschmir keine (PIPS 4.1.2012).
2012 wurde mit 474 die höchste Anzahl an Terroranschlägen aus Belutschistan berichtet. Die durch die Taliban und Militante heimgesuchten Khyber Pakhtunkhwa und die FATA waren die zweit- und drittbrisantesten Regionen des Landes mit 456 respektive 388 Terroranschlägen. 187 Terroranschläge wurden aus Karatschi gemeldet und 28 aus anderen Teilen Sindhs, 26 aus Gilgit Baltistan, 17 aus dem Punjab, einer aus Islamabad und keiner aus Azad Jammu und Kaschmir. Die meisten Todesopfer gab es dabei in den FATA und in Belutschistan (je 631 Tote). In Khyber Pakhtunkhwa gab es 2012 401 Tote, in Karatschi 272, im inneren Sindh 17, im Punjab 75, in Gilgit Baltistan 22, in Islamabad bei einem Anschlag einen Toten (PIPS 4.1.2013). In 28 von 36 Distrikten des Punjabs wurden 2012 keine Anschläge verzeichnet (BAA 6.2013).
Die regionale Differenzierung ist auch in der mit den Wahlen verbundenen gestiegenen Gewalt 2013 erkennbar. Stark betroffen waren die FATA, Khyber Pakhtunkhwa und Belutschistan, sowie Karatschi (BAA 6.2013).
Im Zeitraum zwischen Jänner und September 2013 verzeichnete PIPS im Punjab Anschläge und Todesopfer, in Islambad, Sindh -Karatschi, Khyber Pkt. Belut-schistan, FATA, Azad Kaschmir, Giligt-Balt.
Juni zählte PIPS 130 Anschläge mit 283 Toten und insgesamt 202 Gewaltvorfälle mit 510 Toten (PIPS 8.7.2013). CRSS gibt für Juni 616 Todesopfer durch Gewalt an (CRSS 25.9.2013). verzeichnete PIPS 122 Anschläge, die 208 Todesopfer forderten. Insgesamt gab es bei 179 verschiedensten Gewaltvorkommnissen 399 Tote (PIPS 8.8.2013). Nach der Auswertung wird die Zahl der Toten durch Gewalt von CRSS für Juli mit 572 angegeben (CRSS 25.9.2013).
Auch von den spezifischen, auf politische Aktivisten, Kandidaten oder Wahllokale durch PIPS vom 1. Jänner bis 15. Mai 2013 aufgezeichneten Anschlägen entfiel mit 50 die höchste Anzahl auf Khyber Pakhtunkhwa (55 Tote). 49 solcher Anschläge betrafen Belutschistan (19 Tote), 30 den Sindh (25 davon in Karatschi; 60 Tote), 12 die FATA (33 Tote), 7 den Punjab (3 Tote). Die ANP und die PPP wurden in fast jeder Region angegriffen, die MQM in Karatschi. Von den 97 zusätzlichen Vorfällen von Gewalt und Zusammenstößen zwischen Aktivisten und Anhängern verschiedener Parteien vom 1. Jänner bis 15. Mai 2013 betraf der überwiegende Anteil Karatschi (70 Vorfälle/ 90 Tote). 3 Zusammenstöße mit 7 Toten wurden aus dem übrigen Sindh, 9 mit 4 Toten aus Khyber Pakhtunkhwa, 9 mit 11 Toten aus dem Punjab und 6 mit 16 Toten aus Belutschistan gemeldet (PIPS 5.2013).
Quellen:
AA - Auswärtiges Amt Deutschland (24.10.2013): Pakistan - Reise- und Sicherheitshinweise (Teilreisewarnung) http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Laenderinformationen/00-SiHi/PakistanSicherheit.html, Zugriff 24.10.2013
BAA - Bundesasylamt (6.2013): Bericht zur Fact Finding Mission Pakistan vom 8-16.3.2013 mit den Schwerpunkten Sicherheitslage, Religiöse Minderheiten Landrechte Medizinische und soziale Versorgung, Afghanische Flüchtlinge
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CRSS - Center for Research and Security Studies (13.3.2013) Pakistan Conflict Tracker Monthly Report (February 2013), http://crss.pk/story/3939/pakistan-conflict-tracker-monthly-report-february-2013/, Zugriff 20.9.2013
CRSS - Center for Research and Security Studies (19.4.2013):
Pakistan Conflict Tracker Monthly Report (March 2013), http://crss.pk/story/4028/pakistan-conflict-tracker-monthly-report-march-2013/, Zugriff 24.10.2013
CRSS - Center for Research and Security Studies (8.5.2013): Pakistan Conflict Tracker Monthly Report (April 2013), http://crss.pk/story/4100/pakistan-conflict-tracker-monthly-report-april-2013/, Zugriff 10.10.2013
CRSS - Center for Research and Security Studies (18.6.2013):
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CRSS - Center for Research and Security Studies Pakistan (13.7.2013): Conflict Tracker Monthly Report (June 2013), http://crss.pk/?p=4555 , Zugriff 18.9.2013
CRSS - Center for Research and Security Studies (17.8.2013):
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CRSS - Center for Research and Security Studies (25.9.2013):
Pakistan Conflict Tracker Monthly Report (August 2013), http://crss.pk/story/4756/monthly-report-august-2013/, Zugriff 30.9.2013
CRSS - Center for Research and Security Studies (21.10.2013):
Pakistan Conflict Tracker Monthly Report (September 2013), http://crss.pk/story/4871/monthly-report-september-2013/, Zugriff 23.10.2013
PIPS - Pak Institute for Peace Studies (4.1.2012): Pakistan Security Report 2011, http://san-pips.com/download.php?f=108.pdf, Zugriff 13.10.2013
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PIPS - Pak Institute for Peace Studies (5.2013): Elections 2013:
Violence against Political Parties, Candidates and Voters
Reuters (11.4.2013): Pakistan violence, http://www.trust.org/spotlight/Pakistan-violence, Zugriff 21.9.2013
Wichtige Terrorgruppen
Taliban und andere militante Organisationen in Pakistan sind in inneren Konflikten, in regionalen Kämpfen (Afghanistan, Kaschmir) und im globalen Jihad aktiv. Sie sind lose koordiniert, teilen sich aber oftmals Ressourcen und Rekruten. Verschiedene militante Gruppen haben sich zur Tehrik-e-Taliban Pakistan (TTP), den pakistanischen Taliban, zusammengeschlossen (Reuters 11.4.2013). Die TTP ist der Hauptakteur von Instabilität im Land. Ziele der TTP sind neben Sicherheitskräften nunmehr auch die politische Führung und Friedensaktivisten. Die TTP kämpft mit internen Krisen. Ihre Stärke liegt in der Verbindung von externen und internen Terrorgruppen. Sie fungiert auch als Brücke zwischen internationalen (z.B. Al Qaeda) und lokalen Terrorgruppen - von den Punjabi Taliban bis zur Lashkar-e-Jhangvi (PIPS 4.1.2013).
Die TTP verfügt über eine Stärke von mindestens 30.000 Mitgliedern (Reuters 11.4.2013). Der Vertreter des PIPS erläutert, dass die TTP nicht über eine einheitliche Struktur verfügt und auch die vorhandene Struktur nicht mehr intakt ist. Jede Gruppe hat eigene Operationen. Die von der TTP ausgehende Gewalt konzentriert sich regional auf die Stammesgebiete, thematisch auf Parteien, Pro-Regierungsstämme, regierende Politiker, auf Pro-Regierungs-Älteste, Sicherheitskräfte, Moscheen, die von Sicherheitskräften aufgesucht werden oder in denen Imame oder Mullahs die Regierung unterstützen, Friedensaktivist/innen (wie Malala Yousafzai), Einrichtungen des Militärs und der Polizei, Minderheiten sowie Muslime, die nicht ihrer Scharia-Auslegung folgen. Ursprünglich waren Schiiten in den Stammesgebieten nicht Ziel der Taliban, dies hat sich geändert (BAA 6.2013). Die Awami National Party war das Hauptziel von TTP-Gewalt, einige Anschläge richteten sich gegen Führungspersonen und Aktivisten (PIPS 4.1.2013). Die Aktivitäten der Taliban beschränken sich hauptsächlich auf den Nordwesten Pakistans, allerdings wurden sie in den letzten Jahren auch in der Wirtschaftsmetropole Karatschi sichtbar (CRSS 13.7.2013, vergleiche Reuters 11.4.2013). Einige Taliban Gruppen haben Basen in Belutschistan (Reuters 11.4.2013).
Die TTP benutzt seit 2009 auch Entführungen von "high profile" Personen (u.a. reiche Geschäftsmänner, Akademiker, westliche Mitarbeiter von Hilfsorganisationen und Angehörige von Militärs) in den großen pakistanischen Städten, um Geldmittel zu lukrieren (Reuters 11.4.2013). Drei Mitglieder der TTP wurden im Juli in Islamabad festgenommen, da sie dort und in Khyber Pakhtunkhwa Geschäftsleute erpressten. Dies zeigt das Verschwimmen zwischen kriminellen Syndikaten und religiösen Militanten (CRSS 13.7.2013).
Außerhalb der TTP agieren lokale Taliban-Gruppen, die entweder mit der TTP in loser Verbindung stehen oder mit ähnlichen Zielen formiert wurden. Die meisten dieser Gruppen agieren in Khyber Pakhtunkhwa, hauptsächlich in Charsadda, Swabi, Nowshera und der Peripherie von Peschawar. Allerdings gebrauchen auch viele kriminelle Gruppen dieses Label. Die meisten dieser Gruppen sind klein und ihre Operationen sind auf ihre Umgebung begrenzt (BAA 6.2013).
Es gibt auch im Punjab sunnitische Terrorgruppen. Eine von diesen, die Lashkar-e-Jhangvi, zielt darauf ab, Schiiten aus Pakistan zu vertreiben (Reuters 11.4.2013). Sie ist in viele Gruppen zersplittert, deren Taktiken und Ziele sich von einem Gebiet zum anderem unterscheiden. Sie ist eine lokal orientierte Gruppe, ihre Zielsetzung auf Schiiten richtet sich z.B. in Belutschistan vor allem gegen Hazara. Höhepunkt waren die Anschläge in Quetta im Jänner und im Februar 2013 (ca. 200 Tote) (BAA 6.2013) Die Punjabi Taliban sind eine eigene, von der TTP gesonderte Gruppe, doch unterhalten sie zu dieser Verbindungen. Ihre Ziele sind hauptsächlich Sicherheitskräfte und Schiiten. Sie agieren im Punjab wie terroristische Zellen, derzeit sind sie allerdings wenig aktiv (BAA 6.2013).
Hauptakteur nationalistischer Gewalt ist die Balochistan Liberation Army. Sie ist in Belutschistan aktiv, vereinzelt auch in Karatschi und in den Stammesgebieten des angrenzenden Südpunjabs. Weitere Beispiele belutschischer Terrororganisationen sind Lashkar-e-Balochistan, die Balochistan Liberation Front und die United Baloch Army. 2012 verübten auch Sindhi nationalistische Gruppen im Inneren Sindh Terrorakte (BAA 6.2013).
Quellen:
BAA - Bundesasylamt (6.2013): Bericht zur Fact Finding Mission Pakistan vom 8-16.3.2013 mit den Schwerpunkten Sicherheitslage, Religiöse Minderheiten Landrechte Medizinische und soziale Versorgung, Afghanische Flüchtlinge
BAA - Bundesasylamt (31.1.2011): Analyse der Staatendokumentation - Afghanistan / Pakistan - Extremistische Gruppierungen im afghanisch-pakistanischen Grenzgebiet
CRSS - Center for Research and Security Studies Pakistan (13.7.2013): Conflict Tracker Monthly Report (June 2013), http://crss.pk/?p=4555, Zugriff 18.9.2013
PIPS - Pak Institute for Peace Studies: Pakistan Security Report 2012, 4.1.2013,
http://san-pips.com/index.php?action=reports&id=psr_list_1, Zugriff 13.10.2013
Reuters (11.4.2013): Pakistan violence, http://www.trust.org/spotlight/Pakistan-violence, Zugriff 21.9.2013
Rechtsschutz/Justizwesen
Die Justiz hat ihre Unabhängigkeit zurückgewonnen und bemüht sich, den Rechtsstaat in Pakistan zu stärken (AA 2.11.2012). Das pakistanische Justizwesen behauptete auch 2012 weiterhin seine Unabhängigkeit von der Regierung (HRW 31.1.2013).
Erhebliche Schwächen bei der Durchsetzung des geltenden Rechts bestehen allerdings fort. Nach dem Index des "World Justice Project" zur Rechtsstaatlichkeit gehört Pakistan zu den Ländern mit großen Defiziten in diesem Bereich. Teil römisch VII der Verfassung garantiert die Unabhängigkeit der Judikative, die zwar eine politische Stärkung erfahren hat, die aber insgesamt gesehen nach wie vor ineffizient und vor allem in den unteren Gerichtsinstanzen auch weitgehend wirkungslos ist (AA 2.11.2012). In der Praxis ist die Justiz oft von externen Einflüssen, wie der Angst vor Repressionen bei Fällen von Terrorismus, beeinträchtigt. Viele Gerichte unterer Instanzen bleiben korrupt, ineffizient und Opfer des Drucks prominenter wohlhabender, religiöser und politischer Akteure. Die politische Ernennung von Richtern erhöht den Einfluss der Regierung auf die Justiz (USDOS 19.4.2013).
Die erwähnte weitverbreitete Korruption vor allem unterer Gerichtsinstanzen in Zusammenhang mit einem veralteten Prozessrecht sowie überlasteten und überforderten Strafverfolgungsbehörden führen zu einer Vielzahl unerledigter Fälle, langen Inhaftierungen ohne gerichtliches Verfahren oder nach Fehlurteilen, da Beweissicherungen nicht möglich sind (AA 2.11.2012; vergleiche USDOS 19.4.2013). Laut dem Obersten Richter gab es 1,6 Millionen ausstehende Verfahren (USDOS 19.4.2013). Trotz der Annahme der "National Judicial Policy" 2009 blieb der Rückstand an Fällen auf allen Ebenen hoch, die Probleme der Korruption und Inkompetenz in den Gerichten weiterhin verbreitet (HRW 31.1.2013) und der Zugang zur Gerichtsbarkeit kostenintensiv und schwierig (AA 2.11.2012; vergleiche HRW 31.1.2013). Schließlich ist der Aufbau der Judikative mit unterschiedlichen Sondergerichten (z.B. Militär, Scharia, zur Bekämpfung des Terrorismus usw.) komplex und wird als nicht jedermann zugänglich empfunden (AA 2.11.2012).
Im Januar 2010 wurde der "Public Defender and Legal Aid Office Act (PDLAOA) 2009" verabschiedet. Das Gesetz soll insbesondere sicherstellen, dass alle Angeklagten unabhängig von ihren finanziellen Möglichkeiten gleichermaßen Zugang zu einem Rechtsbeistand vor Gericht und, soweit notwendig, Anspruch auf Armenrecht haben. Eine Implementierung des Gesetzes steht allerdings bislang noch aus (AA 2.11.2012).
Bei der Bearbeitung von unpolitischen Fällen werden der Hohe Gerichtshof und der Oberste Gerichtshof durch Medien und Öffentlichkeit generell als zuverlässig eingestuft (USDOS 19.4.2013). Der in den vergangenen Jahren durch die hartnäckige Verfolgung von Korruptionsvorwürfen aufgefallene Oberste Richter am Supreme Court of Pakistan, Justice Iftikar Chaudhry, scheint inzwischen auch ranghohe Angehörige des pakistanischen Militärs und Geheimdienstes nicht mehr zu schonen. Erstmals in der facettenreichen Justizgeschichte Pakistans wird die de facto Immunität von Armee- und Militärvertretern aufgehoben und - mit dem früheren Chef des pakistanischen Geheimdienstes (ISI) sowie dem früheren Oberbefehlshaber der pakistanischen Armee - Generälen in aller Öffentlichkeit der Prozess gemacht (HSS 10.10.2012). Im Juni 2012 entließ der Oberste Gerichtshof in einer kontroversen Entscheidung darüber hinaus Premierminister Gilani aufgrund der Weigerung an die Schweizer Behörden einen Aufruf zur Untersuchung von Korruptionsvorwürfen gegen Präsident Zardari zu übermitteln. Der Supreme Court war im Aufgreifen der Thematik von Regierungsmissbräuchen in Belutschistan aktiv. Allerdings wurde kein hoher Militär dafür zur Verantwortung gezogen. Der Gebrauch von suo motu [auf eigene Veranlassung] Gerichtsverfahren durch den Supreme Court war exzessiv. Der Oberste Gerichtshof und die Oberen Provinzgerichte begegneten Medienkritik mit Androhungen eines "Missachtung des Gerichts" Verfahrens (HRW 31.1.2013).
Im Zivil-, Kriminal- und Familiengerichtssystem gibt es öffentliche Verhandlungen, es gilt die Unschuldsvermutung, und es gibt die Möglichkeit einer Berufung. Angeklagte haben das Recht auf Anhörung und der Konsultation eines Anwalts. Die Kosten für die rechtliche Vertretung vor den unteren Gerichten muss der Angeklagte übernehmen, in Berufungsgerichten kann ein Anwalt auf öffentliche Kosten zur Verfügung gestellt werden. Angeklagte können Zeugen befragen, eigene Zeugen und Beweise einbringen und haben rechtlichen Zugang zu den Beweisen, die gegen sie vorgebracht werden (USDOS 19.4.2013).
Gerichte versagen oft dabei, die Rechte religiöser Minderheiten zu schützen. Gesetze gegen Blasphemie werden diskriminierend gegen Christen, Ahmadis und andere religiöse Minderheiten eingesetzt. Untere Gerichte verlangen oft keine ausreichenden Beweise in Blasphemiefällen, und einige Angeklagte oder Verurteilte verbringen Jahre im Gefängnis, bevor ein höheres Gericht ihre Freilassung anordnet oder ihren Schuldspruch aufhebt (USDOS 19.4.2013).
In Pakistan, insbesondere in feudalen und von Stämmen bewohnten Gebieten, existiert ein informelles, paralleles Rechtssystem, das Jirga und Panchayat System [Informelle Versammlungen von Älteren, welche über Dispute entscheiden]. Es hat keine rechtliche Deckung und man kann dagegen verfassungsrechtlich vorgehen. Viele Menschen in ländlichen Gegenden machen aber davon Gebrauch, da sie den Gerichten oder der Polizei misstrauen (Dawn 29.3.2013). Die Panchayats oder Jirgas werden von feudalen Landherren und lokalen Führern in Sindh und Punjab und Stammesführer in paschtunischen und belutschischen Gebieten, manchmal auch in Missachtung des Rechtssystems, abgehalten (USDOS 19.4.2013).
Die Gesetzeslage hinsichtlich der Jirgas ist jedoch unklar. Erkenntnisse des Supreme Courts und anderer Gerichte haben sie für illegal erklärt. Sie haben jedoch nicht definiert, was eine Jirga ausmacht und keine Strafen für die Teilnahme an einer solchen Ratssitzung festgelegt. Im pakistanischen Gesetzbuch existiert kein spezifisches Gesetz, das Jirgas verbieten würde. Jirgas sprechen regelmäßig Urteile aus, die selbst ein Verbrechen darstellen, wie die Erlaubnis, jemanden zu töten. Trotzdem scheuen sich die Behörden oft, gegen diese Räte vorzugehen, weil sie Stammesgemeinschaften in ihren Traditionen nicht verärgern wollen. Menschenrechtsaktivisten treten stark für eine Strafbarkeit der Teilnahme an Jirgas, die widerrechtliche Urteile und Strafen aussprechen, ein. Im März 2012 hielt der Oberste Richter des Verfassungsgerichtshofs die Führung der Provinzpolizei an, gegen Jirgas vorzugehen, die Zwangsheiraten als Kompensation anordneten (LAT 1.8.2012).
Zunehmend geht die Justiz gegen die Jahrhunderte alte Tradition der Jirgas oder Panchayats vor. Im Großteil des Landes werden Jirgas toleriert, aber nicht anerkannt durch die formalen Gerichte. Jirga Entscheidungen sind rechtlich nicht bindend - außer in den Stammesregionen an der afghanischen Grenze [FATA], solange sie nach den Gesetzen dieser Region gefällt werden - aber werden für gewöhnlich durch die Dorfgemeinschaft umgesetzt. Jirga Entscheidungen werden meist besser befolgt als solche von Gerichten. Wenn man nicht gehorcht, muss man das Dorf verlassen. In den letzten Jahren haben Richter begonnen, die Entscheidungen der meistens konservativen und nur von Männern abgehaltenen Jirgas zu untersuchen, allen voran Bestrafungen wie Tod, Vergewaltigung oder erzwungene Kinderheiraten. Richter gehen immer öfter gegen Jirgas vor, auch weil Medien sehr viel darüber berichten. Außerdem wenden sich immer mehr Menschen auch an die Gerichte, weil sie von erfolgreichen Verfahren gegen Jirgas hören. Seit 2005 wurden 60 Fälle der seit 2004 verbotenen, allerdings weiterhin verbreiteten Zwangsehen aufgehoben. Da viele Pakistanis allerdings Jirgas unterstützen, weil sie diesen eher vertrauen als den Gerichten, meinen einige NGOs, man müsste deren System verbessern und die Strafmöglichkeiten einschränken, anstatt sie zu verbieten (Reuters 14.3.2013).
Die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes und der Hohen Gerichte ist für einige Gebiete, die andere juristische Systeme haben, nicht zuständig (USDOS 19.4.2013).
Quellen:
AA - Auswärtiges Amt (2.11.2012): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Pakistan vom 2.11.2012
Dawn (29.3.2013): Jirga system and plight of women, http://dawn.com/2013/03/29/jirga-system-and-plight-of-women/, Zugriff 23.9.2013
HRW - Human Rights Watch (31.1.2013): World Report 2013 - Pakistan, http://www.ecoi.net/local_link/237129/360003_de.html, Zugriff 15.10.2013
HSS - Hanns-Seidel-Stiftung (10.10.2012): Quartalsbericht, Pakistan III/2012,
http://www.hss.de/fileadmin/media/downloads/QB/Pakistan_QB_2012_III.pdf, Zugriff 27.8.2013
LAT - Los Angeles Times (1.8.2012): Pakistan's tribal justice system: Often a vehicle for revenge, http://articles.latimes.com/2012/aug/01/world/la-fg-pakistan-jirga-justice-20120801, 23.9..2013
Reuters (14.3.2013): In Pakistan, ancient and modern justice collide,
http://in.reuters.com/article/2013/03/13/pakistan-jirgas-idINDEE92C0HM20130313, Zugriff 23.9.2013
USDOS - US Department of State (19.4.2013): Country Report on Human Rights Practices 2012 - Pakistan, http://www.refworld.org/docid/517e6df418.html, Zugriff 15.10.2013
Sicherheitsbehörden, inkl. Dokumente
Die polizeilichen Zuständigkeiten sind zwischen nationalen und regionalen Behörden aufgeteilt. Die Bundespolizei (Federal Investigation Agency, FIA) ist dem Innenministerium unterstellt. Sie ist zuständig für die Bereiche Einwanderung; organisierte Kriminalität; Interpol; Terrorismus- und Rauschgiftbekämpfung. Die Abteilung zur Terrorismusbekämpfung innerhalb der FIA ist der Counter Terrorism Wing (CTWI). In diesem Bereich sind auch die pakistanischen Geheimdienste ISI [Inter-Services Intelligence] und IB [Intelligence Bureau] aktiv. Die Rauschgiftbekämpfungsbehörde ANF untersteht einem eigenen Ministerium, dem Ministry for Narcotics Control. Bei der Rauschgiftbekämpfung wirken allerdings auch andere Behörden (z.B. Custom oder Frontier Corps) mit, wobei die Kompetenzen nicht immer klar abgegrenzt sind. Die einzelnen Provinzen verfügen über eigene Verbrechensbekämpfungsbehörden. Gegenüber diesen Provinzbehörden ist die FIA nicht weisungsbefugt (AA 2.11.2012).
Die Effizienz der Arbeit der Polizeikräfte ist pro Bezirk sehr unterschiedlich und reicht von gut bis ineffizient. Einige Mitglieder der Polizei verübten Menschenrechtsverletzungen oder ließen sich von politischen Interessen beeinflussen (USDOS 19.4.2013). Die Menschenrechtsverletzungen, derer die Sicherheitskräfte werden sind weitreichend (AI 5.2013). In der Öffentlichkeit genießt die vor allem in den unteren Rängen schlecht ausgebildete, gering bezahlte und oft unzureichend ausgestattete Polizei kein Ansehen. Dazu trägt die extrem hohe Korruptionsanfälligkeit ebenso bei, wie häufige unrechtmäßige Übergriffe (2011 wurden bei 254 Polizeieinsätzen 337 Verdächtige getötet und 71 verletzt) und Verhaftungen sowie Misshandlungen von in Polizeigewahrsam genommenen Personen. Illegaler Polizeigewahrsam - 2010 wurden 174 Fälle bekannt - und Misshandlungen durch die Polizei gehen oft Hand in Hand, um den Druck auf die inhaftierte Person bzw. deren Angehörige zu erhöhen, durch Zahlung von Bestechungsgeldern eine zügige Freilassung zu erreichen. Die Polizeikräfte sind oftmals in lokale Machtstrukturen eingebunden und daher nicht in der Lage, unparteiische Untersuchungen durchzuführen. So werden häufig Strafanzeigen gar nicht erst aufgenommen und Ermittlungen verschleppt (AA 2.11.2012). Neben diesen Vorwürfen gibt es auch solche des "Verschwinden Lassens". In den Stammesgebieten im Nordwesten des Landes verzerren Sicherheitskräfte Gesetze um Gerichte zu umgehen (AI 5.2013). Bei Anti-Terror-Operationen verletzen Sicherheitskräfte regelmäßig Grundrechte, Verdächtige werden oft ohne Anklage verhaftet oder ohne fairen Prozess verurteilt. Die Armee verweigert Anwälten, Verwandten, unabhängigen Beobachtern und humanitärem Personal weiterhin den Zugang zu Personen, die bei Militäroperationen verhaftet wurden (HRW 31.1.2013).
Die Polizei versagt häufig dabei, Minderheitenangehörige, wie Christen, Ahmadis und Schiiten vor Attacken zu schützen. Das häufige Versagen darin, Missbräuche zu bestrafen, trägt zu einem Klima der Straflosigkeit bei. Interne Ermittlungen und Strafen können bei Missbräuchen vom Generalinspektor, den Bezirkspolizeioffizieren, den "Bezirks-Nazims" [~Bezirksleiter], Provinzinnenministern oder Provinzministerpräsidenten, dem Innenminister, dem Premierminister und den Gerichten angeordnet werden. Die Exekutive und Polizeibeamte können in solchen Fällen auch Kriminalstrafverfolgung empfehlen, und die Gerichte können eine solche anordnen. Diese Mechanismen werden in der Praxis auch manchmal eingesetzt. Es gab Verbesserungen bei der Professionalität der Polizei. Wie im Jahr zuvor führte die Regionalregierung des Punjab regelmäßige Aus- und Fortbildungen der technischen Fertigkeiten und zum Schutz der Menschenrechte auf allen Ebenen der Polizei durch (USDOS 19.4.2013).
Die Islamabad Capital Police richtete eine Menschenrechtseinheit ein, um die Einwohner zu ermutigen, über Menschenrechtsverletzungen zu berichten (persönlich, per Telefon-Hotline oder Email). Außerdem wurden in allen Polizeistationen Menschenrechtsoffiziere bzw. Ansprechpartner aus der Gemeinde postiert. Diese können Polizeistationen jederzeit besuchen, Gefangene befragen und bei Berichten über Missbräuche disziplinäre Maßnahmen empfehlen. Rechtsdurchsetzungsorgane der föderalen und der Provinzebenen besuchten Trainings zu Menschen-, Opfer- und Frauenrechten. Zwischen 2008 und 2010 hat die "Society for Human Rights and Prisoners' Aid" mehr als 2.000 Polizeioffiziere in Menschenrechtsthemen fortgebildet (USDOS 8.4.2011).
Ein "First Information Report" (FIR) ist die gesetzliche Grundlage für alle Inhaftierungen. Die Befähigung der Polizei, selbst einen FIR zu initiieren, ist begrenzt. Oft muss eine andere Person dies tun. Dabei ist es gleichgültig, ob plausible Beweise vorliegen. Ein FIR erlaubt der Polizei, einen Verdächtigen 24 Stunden festzuhalten. Eine Verlängerung der Untersuchungshaft um weitere 14 Tage ist nach Vorführung vor einen Polizeirichter möglich, wenn die Polizei triftige Gründe anführt, dass eine solche Verlängerung für die Ermittlungen unbedingt notwendig ist. Einige halten sich nicht an diese Beschränkung. Es gibt Berichte, dass Staatsorgane entweder einen FIR ohne Beweise ausstellten, oder aber erst nach dem Erhalt von Bestechungsgeld (USDOS 19.4.2013).
Die Zahl der [pakistanischen, in Deutschland] vorgelegten inhaltlich ge- oder verfälschten Dokumente ist hoch. Es ist in Pakistan problemlos möglich, ein (Schein-)Strafverfahren gegen sich selbst in Gang zu bringen, in dem die vorgelegten Unterlagen (z.B. "First Information Report" oder Haftverschonungsbeschluss) echt sind, das Verfahren in der Zwischenzeit aber längst eingestellt wurde. Verfahren können zum Schein jederzeit durch einfachen Antrag wieder in Gang gesetzt werden. Ebenso ist es ohne große Anstrengungen möglich, Zeitungsartikel, in denen eine Verfolgungssituation geschildert wird, gegen Bezahlung oder aufgrund von Beziehungen veröffentlichen zu lassen (AA 2.11.2012).
Quellen:
AA - Auswärtiges Amt (2.11.2012): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Pakistan
AI - Amnesty International (5.2013): Annual Report 2013, The state of the world's human rights, Pakistan, http://www.amnesty.org/en/region/pakistan/report-2013, Zugriff 2.9.2013
HRW - Human Rights Watch (31.1.2013): World Report 2013 - Pakistan, http://www.ecoi.net/local_link/237129/360003_de.html, Zugriff 15.10.2013
USDOS - US Department of State (19.4.2013): Country Report on Human Rights Practices 2012 - Pakistan, http://www.refworld.org/docid/517e6df418.html, Zugriff 15.10.2013
USDOS - US Department of State (8.4.2011): Country Report on Human Rights Practices 2010 - Pakistan, http://www.refworld.org/docid/4da56d9c8e.html, Zugriff 15.10.2013
Folter und unmenschliche Behandlung
Die Verfassung verbietet Folter und andere grausame und unmenschliche oder degradierende Behandlung, aber es gab Berichte, dass Sicherheitskräfte, darunter die Geheimdienste, Personen in der Haft folterten und misshandelten. Gelegentlich führte Folter zum Tod oder zu schweren Verletzungen (USDOS 19.4.2013). So ist zu vermuten, dass bei den 2011 in Haft verstorbenen 92 Strafgefangenen in der Mehrzahl der Fälle Folter zum Tod beigetragen hat oder sogar die Todesursache gewesen ist. Folter ist im Polizeigewahrsam, aber auch in Gefängnissen weit verbreitet. Sie findet u.a. auch Anwendung, um bei polizeilichen Ermittlungen Geständnisse oder Kooperation zu erzwingen. In Fällen mit terroristischem Hintergrund oder von Landesverrat sind Berichte über die Anwendung von Folter durch die Sicherheitsdienste häufig; sie entziehen sich häufig der gerichtlichen Kontrolle. Unter Folter erzwungene Geständnisse werden zwar als Beweismittel vor Gericht grundsätzlich nicht zugelassen; dies gilt allerdings nicht nach dem Gesetz zur Bekämpfung des Terrorismus für Geständnisse gegenüber ranghohen Beamten und Offizieren. 2010 wurden 521 Fälle bekannt, in denen Frauen Opfer von Misshandlungen in Polizeigewahrsam wurden (AA 2.11.2012).
Im Gesetz gibt es keinen speziellen Abschnitt gegen Folter; es sanktioniert nur "Verletzen" und enthält keine Hinweise auf eine Bestrafung von Folterern. Laut der Asian Human Rights Commission trägt das Fehlen eines angemessenen Beschwerdezentrums und einer speziellen Sektion im Strafgesetzbuch gegen Folter zur Verbreitung bei (USDOS 19.4.2013). Folter wird von der Regierung offiziell verurteilt, doch ist die Strafverfolgung landesweit generell so unzureichend, dass es bisher selbst in Fällen von Folter mit Todesfolge so gut wie nie zu einer Verurteilung der Täter gekommen ist. In einer Reihe von Fällen wurde eine Strafanzeige erst nach gerichtlicher Intervention durch die Angehörigen der Opfer von der Polizei registriert. In einigen wenigen Fällen wurden Verantwortliche vom Dienst suspendiert und Untersuchungen angeordnet, an deren Ende aber in der Regel lediglich die Versetzung der Beschuldigten an eine andere Dienststelle stand. Die Gerichtsbarkeit unternimmt erst seit 2006 größere Anstrengungen, um Fälle von Folter aufzuklären und gegen die Verantwortlichen Strafverfahren einzuleiten (AA 2.11.2012).
Quellen:
AA - Auswärtiges Amt (2.11.2012): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Pakistan
USDOS - US Department of State (19.4.2013): Country Report on Human Rights Practices 2012 - Pakistan, http://www.refworld.org/docid/517e6df418.html, Zugriff 15.10.2013
Korruption
Die Korruption in allen Bereichen der öffentlichen Verwaltung, der Justiz und bei den Sicherheitsorganen ist weiterhin endemisch (AA 2.11.2012). Im Transparency International Corruption Perceptions Index 2012 nimmt Pakistan den 139. Platz von 174 Ländern ein (TI 5.12.2012).
Korruption ist bei den unteren Ebenen der Polizei üblich. Eine Umfrage von Tranparency International vom Juli 2010 besagt, dass der Hauptgrund für Korruption ein Mangel an Rechenschaftspflicht, gefolgt von niedrigen Gehältern, war. Einige Polizeiangehörige verlangen für die Annahme von Beschwerden Gebühren, oder sie nehmen falsche Beschwerden gegen Bestechungsgeld auf. Die Zahlung von Bestechungsgeld zur Vermeidung von Strafen ist üblich. Es gibt auch Einzelberichte zu Korruption im Gerichtssystem, wie etwa zu kleineren Zahlungen an Angestellte zur Beschleunigung von Verfahren. Die Gerichte unterer Instanzen sind korrupt. Korruption ist bei Politikern und in der Regierung weit verbreitet, verschiedene Politiker sind mit Korruptionsvorwürfen konfrontiert (USDOS 19.4.2013).
Das Gesetz sieht strafrechtliche Konsequenzen für Korruption von Staatsangestellten vor, jedoch wurde das Gesetz im Berichtszeitraum nicht effektiv umgesetzt und Behördenvertreter waren häufig ungestraft in korrupte Praktiken verstrickt. Die Nationale Rechenschaftsbehörde (NAB) dient als höchste Antikorruptionsorganisation mit einem Mandat um Korruption durch Vollstreckung, Bewusstseinsbildung und Prävention zu eliminieren (USDOS 19.4.2013).
Nachdem eine noch unter Musharraf eingeführte Amnestie aus dem Jahr 2007 unter anderem für Korruptionsanschuldigungen für die Zeit zwischen 1986 und 1999 vom Obersten Gerichtshof 2009 aufgehoben wurde, eröffnete dieser 8000 Fälle, unter anderem gegen [bis zu den Wahlen amtierende] Präsidenten, Minister und Parlamentarier. Im November 2012 kam die Regierung der Anordnung des Obersten Gerichts nach, an die Schweizer Behörden ein Amtshilfeersuchen über verschobene Gelder zu richten (USDOS 19.4.2013). Im Juni 2012 entließ der Oberste Gerichtshof in einer kontroversen Entscheidung Premierminister Zardari aufgrund der Weigerung an die Schweizer Behörden einen Aufruf zur Untersuchung von Korruptionsvorwürfen in Bezug auf Präsident Gilani zu übermitteln (HRW 31.1.2013).
Der durch die hartnäckige Verfolgung von Korruptionsvorwürfen aufgefallene Oberste Richter am Supreme Court of Pakistan, Justice Iftikar Chaudhry, eröffnete auch gegen den früheren Chef des pakistanischen Geheimdienstes (ISI) bzw. den früheren Oberbefehlshaber der pakistanischen Armee den Prozess (HSS 10.10.2012).
Das Gesetz erlaubt den Bürgern Zugang zu allen öffentlichen Berichten der föderalen Regierung und Behörden, nicht inkludiert sind Provinzregierungen und staatliche Firmen. Einige Berichte sind davon ausgenommen (USDOS 19.4.2013).
Quellen:
AA - Auswärtiges Amt (2.11.2012): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Pakistan
HRW - Human Rights Watch (31.1.2013): World Report 2013 - Pakistan, http://www.ecoi.net/local_link/237129/360003_de.html, Zugriff 15.10.2013
HSS - Hanns-Seidel-Stiftung (10.10.2012): Quartalsbericht, Pakistan III/2012,
http://www.hss.de/fileadmin/media/downloads/QB/Pakistan_QB_2012_III.pdf, Zugriff 27.8.2013
TI - Transparency International (5.12.2012): Corruption Perceptions Index 2012, http://www.transparency.org/cpi2012/results, Zugriff 26.8.2013
USDOS - US Department of State (19.4.2013): Country Report on Human Rights Practices 2012 - Pakistan, http://www.refworld.org/docid/517e6df418.html, Zugriff 15.10.2013
Nichtregierungsorganisationen (NGOs)
Menschenrechtsorganisationen können sich in Pakistan betätigen (AA 2.11.2012). Nationale und internationale Menschenrechtsorganisationen operieren ohne Behinderung seitens staatlicher Stellen, führen Untersuchungen von Menschenrechtsverletzungen durch und veröffentlichen deren Ergebnisse. Andere Gruppen, die über Themen in Zusammenhang mit Regierung, Militär oder Geheimdienste berichten, sind in ihren Aktivitäten mit Restriktionen konfrontiert (USDOS 19.4.2013).
In den letzten Jahren sind die Aktivitäten der Zivilgesellschaft wieder aufgeblüht und haben viel Aufmerksamkeit erhalten. Die Anzahl von lokalen, nationalen und internationalen NGOs ist stark angewachsen. Es gibt ein breites Spektrum - von international vernetzten Frauenrechts- bis zu eher konservativ-religiösen Organisationen. Bereits die Musharraf Administration suchte aktiv die Hilfe von Frauenrechtsorganisationen wie der Aurat Foundation oder der Shirkat Gah, um fortschrittlichere Gesetze wie die Frauenschutzverordnung von 2006 zu entwickeln. Lokale religiöse Gruppen intervenieren aber auch gegen Änderungen in den Blasphemiegesetzen (FH 4.11.2011). Laut dem aufgelösten Ministerium für soziale Wohlfahrt und Sonderpädagogik gibt es in Pakistan über 100.000 aktive NGOs. Die genaue Zahl ist aber unklar (USDOS 19.4.2013).
Weiblichen Mitarbeiterinnen von Hilfsorganisationen wird in vielen Teilen des Landes vorgeworfen, sich nicht an die kulturellen Normen zu halten, weil sie z.B. keinen Schleier tragen, andere Frauen zum Arbeiten ermutigen oder zusammen mit Männern arbeiten. Organisationen, welche sich für die Rechte der Frauen einsetzen sind mit besonderen Herausforderungen konfrontiert (USDOS 19.4.2013). In der pakistanisch verwalteten Kaschmirregion (Azad Kaschmir und Gilgit-Baltistan) können Nichtregierungsorganisationen, die zu humanitären Themen arbeiten, im allgemeinen frei agieren, während jene, welche sich auf politische oder Menschenrechtsthemen fokussieren mehr Kontrolle und gelegentlich auch Belästigungen erfuhren (FH 1.2013).
Visa für regierungskritische ausländische Mitarbeiter von Hilfsorganisationen wurden verzögert oder blockiert. Nur wenige NGOs hatten Zugang zu Khyber Pakhtunkhwa, FATA und Teilen Belutschistans. Regierungsstellen sind manchmal kooperativ, reagieren aber nur wenig auf die Ansichten dieser Gruppen. Sicherheitsbedrohungen sind für NGOs in FATA und Khyber Pakhtunkhwa ein Problem. Militante töteten zwischen 2009 und Ende 2012 mindestens 19 Mitarbeiter von Hilfsorganisationen und entführten mehr als 20 (USDOS 19.4.2013).
Die Situation unterscheidet sich in Pakistan sowohl regional, als auch für die einzelnen Menschenrechtsorganisationen, je nachdem wie groß ihr Bekanntheitsgrad ist. Die Human Rights Commission of Pakistan (HRCP) ist international stark vernetzt und bekannt, sie genießt auch in Pakistan Anerkennung, und damit Schutz. Die Arbeit ist somit für sie leichter. Kleine, unbekanntere Organisationen sind verletzlicher. An und für sich können Menschenrechtsorganisationen, insbesondere große wie HRCP, und Medien frei schreiben und tun dies auch. Es gibt viele Menschenrechtsorganisationen in Pakistan. In den Konfliktgebieten ist die Arbeit allerdings schwierig, hier erhalten Organisationen Drohungen von Militanten und es kommt auch in Einzelfällen zu Morden an Menschenrechtsaktivisten und Journalisten. 3 Mitarbeiter der HRCP wurden 2012 getötet, 2 in Belutschistan und 1 in Khyber Pakhtunkhwa (BAA 6.2013). Auch 2011 wurden drei Mitarbeiter der HRCP ermordet. Aufgabe der angesehenen NGO HRCP ist die Aufklärung und Bekämpfung von Menschenrechtsverletzungen jeder Art. In allen Landesteilen gibt es Provinzbüros und freiwillige Helfer, die Menschenrechtsverletzungen anzeigen oder ihnen angezeigte Fälle aufnehmen, Fakten sammeln und gegebenenfalls die Fälle der Justiz zuführen. Speziell für bessere Haftbedingungen und die Begnadigung von zum Tode Verurteilten sowie für die Suche nach vermissten Personen setzt sich z.B. der im Jahre 1980 gegründete Ansar Burney Welfare Trust International ein (AA 2.11.2012).
Quellen:
AA - Auswärtiges Amt (2.11.2012): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Pakistan
BAA - Bundesasylamt (6.2013): Bericht zur Fact Finding Mission Pakistan vom 8-16.3.2013 mit den Schwerpunkten Sicherheitslage, Religiöse Minderheiten Landrechte Medizinische und soziale Versorgung, Afghanische Flüchtlinge
FH - Freedom House (4.11.2011): Countries at the Crossroads 2011 - Pakistan,
http://www.freedomhouse.org/sites/default/files/inline_images/Pakistan%20final.pdf, Zugriff 15.10.2013
FH - Freedom House 1.2013 Freedom in the World 2013, Pakistani Kashmir,
http://www.freedomhouse.org/report/freedom-world/2013/pakistani-kashmir, Zugriff 24.10.2013
USDOS - US Department of State (19.4.2013): Country Report on Human Rights Practices 2012 - Pakistan, http://www.refworld.org/docid/517e6df418.html, Zugriff 15.10.2013
Ombudsmann
Es gibt einen Ombudsmann für Häftlinge mit einem Zentralbüro in Islamabad und einem in jeder Provinz. Obwohl ein Beschwerdesystem für Gefangene existiert, um Missstände aufzuzeigen, funktioniert dieses nicht effektiv (USDOS 19.4.2013).
Für Beschwerden gegen Menschenrechtsverletzung sind in den verschiedenen Provinzen Büros des Ombudsmannes eingerichtet, diese wurden in den letzten Jahren erweitert. Durch das neue Gesetz gegen sexuelle Belästigung wurde auch eine Ombudsperson gegen die Belästigung von Frauen am Arbeitsplatz eingerichtet, mit Büros in jeder Provinz (BAA 6.2013).
Quellen:
BAA - Bundesasylamt (6.2013): Bericht zur Fact Finding Mission Pakistan vom 8-16.3.2013 mit den Schwerpunkten Sicherheitslage, Religiöse Minderheiten Landrechte Medizinische und soziale Versorgung, Afghanische Flüchtlinge
USDOS - US Department of State (19.4.2013): Country Report on Human Rights Practices 2012 - Pakistan, http://www.refworld.org/docid/517e6df418.html, Zugriff 15.10.2013
Allgemeine Menschenrechtslage
Pakistan hat im Juni 2010 den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte sowie die Konvention gegen Folter ratifiziert. Nach der Ratifikation des Internationalen Pakts über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte im April 2008 hat Pakistan damit eine Reihe wichtiger menschenrechtlicher Kodifikationen ratifiziert (AA 10.2013a).
Der Schutz der Menschenrechte ist in der Verfassung verankert. Kapitel 1, Teil römisch II der Verfassung ist den Grundrechten gewidmet. Artikel 4, Paragraphen eins und 2 der Verfassung garantieren den Schutz der körperlichen Unversehrtheit und Selbstbestimmung, die nur auf der Basis der geltenden Gesetzgebung eingeschränkt werden dürfen, den Schutz vor willkürlicher Verhaftung, des persönlichen Ansehens sowie das Recht auf Freiheit und Eigentum. Artikel 9, der Verfassung verbietet willkürliche Verhaftungen und Tötungen ohne gesetzliche Grundlage (die Todesstrafe ist nach wie vor in Pakistan nicht abgeschafft). Artikel 24, Absatz 2, garantiert den Schutz vor willkürlicher Enteignung persönlichen Eigentums und Artikel 25, Paragraph eins, die Gleichheit aller Bürger vor dem Gesetz. Artikel 25, Paragraph 2, der Verfassung verbietet Diskriminierung auf Grund des Geschlechts. Zwischen Verfassungsanspruch und Wirklichkeit besteht eine erhebliche Diskrepanz (AA 2.11.2012, vergleiche AA 10.2013a).
Seit der Rückkehr zur Demokratie 2008 hat sich die Menschenrechtslage in Pakistan leicht verbessert, bleibt aber kritisch. Menschenrechtsverletzungen werden vom Staat in der Regel nicht angeordnet oder initiiert, die pakistanische Regierung bekennt sich zu den Menschenrechten. Es gelingt ihr aber aufgrund schwacher staatlicher Institutionen, auch im Justizbereich, oftmals nicht, Menschenrechtsverletzungen aufzuklären, Rechtsbrecher zur Verantwortung zu ziehen und gefährdete Personengruppen zu schützen (AA 2.11.2012). Auch die seit dem Ende der Militärherrschaft wiedererstarkte Judikative ist bisher noch nicht in der Lage gewesen, einen besseren gerichtlichen Schutz der Menschenrechte zu gewährleisten. In jüngerer Zeit bildet sich in den Städten eine bürgerliche Mittelschicht heraus, die zunehmend politisches Selbstbewusstsein entfaltet. Es ist dieser Teil der Gesellschaft, der die Anwaltsbewegung getragen hat, die sich schließlich erfolgreich für die Wiedereinsetzung des unter Präsident Musharraf 2007 abgesetzten Obersten Richters Iftikhar Chaudhry und eine unabhängige Justiz eingesetzt und damit den Rückzug Musharrafs eingeleitet hat (AA 10.2013a).
In der Menschenrechtsgesetzgebung ist es seit Ende 2011 v.a. im Bereich der Frauenrechte zu erkennbaren Fortschritten gekommen, diese wurden bislang aber nur teilweise umgesetzt (AA 10.2013a). Im Dezember 2008 wurde von der Regierung ein Gesetzentwurf zur Wiedereinrichtung einer staatlichen Menschenrechtskommission eingebracht. Am 4. Mai 2012 wurde das Gesetz zur Gründung der (unabhängigen, staatlich finanzierten) National Commission for Human Rights im Parlament verabschiedet (AA 2.11.2012). Das Gesetz sieht eine Kommission von 10 Mitgliedern vor, denen ein Richter vom Obersten Gerichtshof oder ein Menschenrechtsexperte vorsteht, ein Sitz ist für Frauen, einer für religiöse Minderheiten reserviert (USDOS 19.4.2013). Die Kommission soll die Kompetenz bekommen jede Institution für Menschenrechtsverbrechen zur Verantwortung ziehen zu können (USDOS 20.5.2013). Die Kommission ist zwar staatlich finanziert, soll aber unabhängig agieren können. Ihre Aufgabe ist die Untersuchung von Menschenrechtsverletzungen; die Kommission soll zudem Empfehlungen an die zuständigen Regierungsbehörden oder Gerichte aussprechen (AA 2.11.2012).
Die größten Probleme im Bereich Menschenrechte stellen extralegale Tötungen, "Verschwinden lassen" von Personen und Folter durch Sicherheitskräfte dar. Weitere Menschenrechtsprobleme sind unter anderem schlechte Haftbedingungen, außergerichtliche Haft, ein schwaches Kriminalstrafsystem, ein Mangel an juristischer Unabhängigkeit in den Gerichten unterer Instanzen, Korruption, Verletzung der Religionsfreiheit der Minderheiten, verschiedene Formen schwerwiegender Gewalt gegen Frauen, wie Ehrverbrechen sowie Diskriminierung. Gewalt und religiöse Intoleranz durch militante Organisationen tragen in einigen Teilen des Landes - in erster Linie Belutschistan, Khyber Pakhtunkhwa und FATA - zu einer Kultur der Gesetzlosigkeit bei (USDOS 19.4.2013).
Fälle von "Verschwinden lassen" (Journalisten, Aktivisten, Terrorverdächtige oder Stammesführer) durch die Sicherheitskräfte stammen überwiegend aus der Zeit der Militärdiktatur, kommen aber immer noch vor. 2011 hat die Menschenrechtskommission 62 neue Fälle registriert, davon 35 in Belutschistan und 20 in Sindh. Die im Jahre 2011 eingesetzte Commission on Missing Persons gibt an, dass 83 Personen wieder aufgefunden werden konnten (AA 2.11.2012).
Regierung und vor allem Justiz bemühen sich, Menschenrechtsverletzungen aus der Zeit der Militärherrschaft aufzuklären. Der Oberste Gerichtshof hat sich seit Anfang Januar 2010 der Thematik der "verschwundenen Personen" angenommen und damit Regierung und Sicherheitskräfte unter Druck gesetzt, die Aufklärung der ungeklärten Fälle zu beschleunigen (AA 2.11.2012). Der Oberste Gerichtshof erreichte durch ein beispielloses Vorgehen, 2012 einen noch nie dagewesenen Zugang zu einigen Opfern des Verschwinden Lassens. Ab Februar 2012 erschienen einige Entführte aus Belutschistan vor Gericht. Der Präsident des Obersten Gerichtshofs drohte den Mitarbeitern der Strafverfolgungsbehörden mit Haft, sollten sie keine rechtlichen Grundlagen für die Inhaftierungen in Belutschistan vorweisen können. Das Obere Gericht in Peschawar übte Druck auf die Behörden aus, die genauen Daten aller Häftlinge anzugeben, die in den nordwestlichen Stammesgebieten in "Sicherheitshaft" gehalten wurden. Kein aktiver oder ehemaliger Angehöriger der Sicherheitskräfte wurde wegen mutmaßlicher Verwicklung in diese oder andere Menschenrechtsverletzungen vor Gericht gestellt. Es gab allerdings weiterhin Berichte von Fällen von "Verschwinden lassen" im Land, insbesondere in Belutschistan und den nord-westlichen Stammesgebieten, wofür niemand vor Gericht gestellt wurde. Die UN Arbeitsgruppe zu erzwungenen Verschwinden durfte ihren ersten Besuch im Land abhalten, allerdings weigerten sich wichtige Amtsträger sich mit ihr zu treffen (AI 5.2013). Berichte zu außergerichtlichen Verhaftungen, in einigen Fällen mit Folter und Todesfällen sowie Fälle von "Verschwinden lassen" gibt es auch aus der pakistanisch verwalteten Kaschmir Region (FH 1.2013).
Außergerichtliche Tötungen kommen vor allem in Form der so genannten "police encounters" vor, d.h. bei Zusammenstößen zwischen mutmaßlichen Straftätern und der Polizei, die mit dem Tod des mutmaßlich Straffälligen enden. Als Begründung führt die Polizei regelmäßig an, dass die Opfer versuchten, aus dem Polizeigewahrsam zu flüchten oder bei ihrer Verhaftung von der Schusswaffe Gebrauch gemacht hätten. Willkürliche Festnahmen kommen insbesondere aufgrund der weit verbreiteten Korruption innerhalb der Polizei vor. Selbst bei offensichtlich unbegründeten Beschuldigungen kann eine lange Inhaftierung erfolgen, ohne dass es dabei zu einer Haftprüfung kommt. Beispiel hierfür sind die Blasphemiefälle. Die Regierung des Punjab hat verstärkt Haftprüfungen in den Gefängnissen der Provinz durchführen lassen, um bei Bagatelldelikten und überlanger Untersuchungshaft Abhilfe zu schaffen. Auch die Sicherheitsdienste greifen in Fällen mit terroristischem Hintergrund oder in Fällen von Landesverrat auf willkürlichen und rechtswidrigen Gewahrsam zurück (AA 2.11.2012).
Der Senat und die Ständigen Komitees der Nationalversammlung zu Recht, Justiz, Minderheiten und Menschenrechte hielten Anhörungen zu einer breiten Reihe von Problemen ab. Sie dienten als nützliches Forum, um das öffentliche Bewusstsein für solche Probleme zu wecken, doch ihre Tätigkeit war nicht viel mehr als eine breite Übersicht über die Problematiken (USDOS 19.4.2013).
Die Wahlen vom Mai 2013 brachten einen historischen Übergang von einer demokratisch gewählten Regierung zu einer anderen. Pakistan hat beeindruckende Fortschritte unter herausfordernden Umständen seit der Wiedererrichtung der Demokratie erreicht, um diese Fortschritte zu halten, so Human Rights Watch, muss Menschenrechtsverletzungen Einhalt geboten werden (HRW 23.8.2013).
Quellen:
AA - Auswärtiges Amt (2.11.2012): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Pakistan vom 2.11.2012, Stand: September 2012
AA - Auswärtiges Amt (10.2013a): Pakistan, Staatsaufbau/Innenpolitik,
http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Pakistan/Innenpolitik_node.html#doc344388bodyText3, Zugriff 14.10.2013
AI - Amnesty International (5.2013): Annual Report 2013, The state of the world's human rights, Pakistan, http://www.amnesty.org/en/region/pakistan/report-2013, Zugriff 2.9.2013
HRW - Human Rights Watch (23.8.2013): Pakistan: 10 Steps to Improve Human Rights,
http://www.hrw.org/news/2013/08/23/pakistan-10-steps-improve-human-rights, Zugriff 23.9.2013
FH - Freedom House 1.2013 Freedom in the World 2013, Pakistani Kashmir,
http://www.freedomhouse.org/report/freedom-world/2013/pakistani-kashmir, Zugriff 24.10.2013
USDOS - US Department of State (19.4.2013): Country Report on Human Rights Practices 2012 - Pakistan, http://www.refworld.org/docid/517e6df418.html, Zugriff 15.10.2013
USDOS - US Department of State (20.5.2013): International Religious Freedom Report for 2012 - Pakistan, http://www.ecoi.net/local_link/247481/371066_de.html, Zugriff 15.10.2013
Meinungs- und Pressefreiheit
Die Medienlandschaft ist breit und pluralistisch. In den letzten Jahren haben sich 75 private Fernsehsender neu etabliert, es gibt neue online-Magazine und neue Radiostationen. Selbst in den FATA an der Grenze zu Afghanistan gab es Ende 2011 trotz der schwierigen und gefährlichen Arbeitsbedingungen für Journalisten mindestens zwölf Presse-Clubs in Selbstorganisation mit dem Ziel, auch aus dieser Region die Medienberichterstattung zu verbessern. Die zahlreichen Medien können weitgehend frei berichten, Kritik an der Regierung ist möglich und verbreitet (AA 2.11.2012). Unabhängige Medien verleihen einer Vielzahl an Ansichten Ausdruck, Journalisten kritisieren oft die Regierung. Themen, über die früher nicht berichtet wurde (z.B. Verfolgung von Minderheiten), werden behandelt. Es gibt eine Vielzahl von unabhängigen englisch-, urdu- und regionalsprachigen Zeitung und Magazinen. Private Kabel- und Satellitenkanäle strahlen heimische Nachrichten aus und sind gegenüber der Regierung kritisch. Um in Azad Kaschmir zu publizieren, benötigt man eine Erlaubnis des Kaschmir Rates und des Ministeriums für Kaschmir Angelegenheiten (USDOS 19.4.2013).
Das Gesetz gewährt Rede- und Pressefreiheit, aber es gibt etwas Zensur. Es gab Fälle, bei denen die Regierung private Fernsehsender schloss, und die Ausstrahlung bestimmter Programme blockierte. Die diesbezüglichen Gesetze sind laut den Sendeanstalten vage und lassen Raum für Missbrauch. Außerdem führen Drohungen, Gewalt und Tötungen dazu, dass Journalisten und Redakteure Selbstzensur praktizieren (USDOS 19.4.2013). Ernste Drohungen von Sicherheitskräften und bewaffneten Gruppen gab es in erster Linie in Belutschistan, Sindh und den nordwestlichen Stammesgebieten (AI 5.2013). In Einzelfällen berichten Journalisten über Repressionen durch Regierungsstellen, dies betrifft vor allem Reaktionen auf Fälle von investigativem Journalismus gegenüber einzelnen Regierungsmitgliedern. Nicht geduldet wird auch eine ein bestimmtes Maß überschreitende Kritik an der Institution des Militärs oder den Sicherheitsdiensten. In diesen Fällen sehen sich Journalisten Repressionen ausgesetzt (AA 2.11.2012; vergleiche AI 5.2013). Ein Klima von Angst erschwert somit die Berichterstattung über das Militär und über militante Gruppen. Journalisten berichten selten über vom Militär begangene Menschenrechtsverletzungen bei Anti-Terroroperationen (HRW 31.1.2013; vergleiche USDOS 19.4.2013). Einschüchterungen oder Gewalt gehen auch von politischen Parteien aus (USDOS 19.4.2013).
Die Hauptgefahr für die Meinungsfreiheit und die freie Betätigung der Medien geht von nichtstaatlichen bewaffneten Gruppen wie den Taliban und mit ihnen verbündeten Gruppen sowie anderen religiös-extremistischen Gruppen aus. Sie setzen Morde, Entführungen und Einschüchterungen, auch gegenüber Familienangehörigen, ein, um missliebige Journalisten zu beseitigen oder mundtot zu machen. In von Taliban kontrollierten Gebieten ist eine Taliban-kritische Berichterstattung unmöglich, in den übrigen Landesteilen werden Taliban-kritische Journalisten gezielt bedroht und eingeschüchtert. Viele Journalisten aus der Provinz Khyber Pakhtunkhwa oder den FATA sind in die Städte Karachi, Lahore oder Islamabad geflohen und arbeiten von dort aus. Auch in Belutschistan ist die freie Betätigung der Presse sehr eingeschränkt und sehen sich Journalisten Drohungen und Einschüchterungen ausgesetzt. Urheber sind zumeist nichtstaatliche bewaffnete Gruppen oder kriminelle Banden. Insgesamt wurden 2011 landesweit mindestens zehn Journalisten getötet, vor allem in Belutschistan, Khyber-Pakhtunkhwa und den FATA (dort zwölf in den vergangenen zehn Jahren) (AA 2.11.2012; vergleiche USDOS 19.4.2013; HRW 31.1.2013).
Laut dem Committee to Protect Journalists wurden 2012 7 Journalisten in Pakistan getötet, laut Reportern ohne Grenzen 10, laut Asia Media Commission 13 (USDOS 19.4.2013). Laut HRW wurden acht Journalisten in Pakistan während des Jahres 2012 getötet. Dahingegen ging die Zahl an Einflussnahmen durch Behördenvertreter gegenüber regierungskritischen Journalisten auch dieses Jahr, wie jedes seit der Rückkehr zu einer Zivilregierung, weiter zurück (HRW 31.1.2013).
Artikel 19, der Verfassung garantiert die Meinungsfreiheit, stellt sie jedoch unter einen Gesetzesvorbehalt. Einschränkungen der Meinungsfreiheit sind danach zulässig zum Schutz der Integrität, Sicherheit oder Verteidigung von Pakistan oder zum Schutz des Islam ("in the interest of the glory of Islam") (AA 2.11.2012; vergleiche USDOS 19.4.2013). Die Blasphemiegesetze schränken die Rechte des Individuums auf freie Meinungsäußerung in Bezug auf religiöse Glaubenssätze ein. Politische Aktivitäten stehen unter Beobachtung der Regierung. Die Staatsbürger können die Regierung öffentlich oder privat kritisieren, doch Kritik am Militär ist eingeschränkt. Mitglieder von Studierendenorganisationen mit Kontakten zu politischen Parteien erzeugen eine Atmosphäre der Gewalt und Intoleranz, welche die akademische Freiheit ihrer Kommilitonen beeinträchtigt (USDOS 19.4.2013). In Azad Kaschmir sind politische Dissidenten Objekt von Überwachung, Belästigung und manchmal auch von Verhaftungen durch pakistanische Sicherheitskräfte (FH 1.2.3013).
Quellen:
AA - Auswärtiges Amt (2.11.2012): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Pakistan
AI - Amnesty International (5.2013): Annual Report 2013, The state of the world's human rights, Pakistan, http://www.amnesty.org/en/region/pakistan/report-2013, Zugriff 2.9.2013
FH - Freedom House 1.2013 Freedom in the World 2013, Pakistani Kashmir,
http://www.freedomhouse.org/report/freedom-world/2013/pakistani-kashmir, Zugriff 24.10.2013
HRW - Human Rights Watch (31.1.2013): World Report 2013 - Pakistan, http://www.ecoi.net/local_link/237129/360003_de.html, Zugriff 15.10.2013
USDOS - US Department of State (19.4.2013): Country Report on Human Rights Practices 2012 - Pakistan, http://www.refworld.org/docid/517e6df418.html, Zugriff 15.10.2013
Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit / Opposition
Die Versammlungsfreiheit wird durch die Verfassung garantiert, kann aber aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung eingeschränkt werden. Dies äußert sich teilweise durch die Anordnung von Sicherheitsverwahrung und durch massiven Gewalteinsatz der Polizei gegenüber Demonstranten. 2011 richtete sich eine wachsende Zahl von Demonstrationen gegen die sich ausweitende Energiekrise, einige Demonstrationen schlugen in Gewalt um. Nach Angaben der HRCP (Human Rights Commission of Pakistan) sollen bei der gewaltsamen Auflösung von Demonstrationen durch die Polizei 2011 mindestens zwölf Menschen ums Leben gekommen und 343 verletzt worden sein (AA 2.11.2012). Versammlungen von mehr als vier Personen können von den Distriktbehörden untersagt werden, wenn keine polizeiliche Genehmigung vorliegt. Das Gesetz erlaubt es der Regierung, alle Arten von Versammlungen, außer Begräbnisprozessionen, aus Sicherheitsgründen zu verbieten (USDOS 19.4.2013).
Das Recht auf Versammlungsfreiheit wird auch durch die Gefahr terroristischer Anschläge eingeschränkt, da der Staat nicht in der Lage ist, angemessenen Schutz zu gewähren (AA 2.11.2012).
Eine Einschränkung der politischen Opposition findet nicht statt. Politische Auseinandersetzungen werden jedoch vor allem in Karachi zum Teil gewalttätig ausgetragen (AA 2.11.2012).
Ein Maßnahmenpaket der Regierung zur Verbesserung der Situation in Belutschistan beinhaltet auch die Bereitschaft zum Dialog mit belutschischen Nationalisten. Dennoch ist es bislang noch zu keiner grundlegenden Verbesserung der politischen Situation in Belutschistan gekommen; die politisch motivierten Gewalttaten gehen weiter. 2011 wurde der Geltungsbereich der Political Parties Act auf die "Stammesgebiete" ("Federally Administered Tribal Areas", FATA) ausgedehnt. Seitdem dürfen - erstmals in der Geschichte Pakistans - politische Parteien dort aktiv werden (AA 2.11.2012). Der Geheimdienst Inter-Services Intelligence Directorate führt in der pakistanisch verwalteten Kaschmir Region ausführliche Überwachung, insbesondere von Unabhängigkeitsgruppen durch. Die Polizei unterdrückte in Azad Jammu und Kaschmir in den letzten Jahren regelmäßig Demonstrationen gegen die Regierung, in manchen Fällen auch mit Gewalt (FH 1.2013).
Die TTP (Pakistanische Taliban) warnte in der Vorwahlzeit vor Anschlägen auf "säkulare Parteien", wie das Muttahida Qaumi Movement (MQM), die Pakistan People's Party (PPP) und die Awami National Party (ANP) (Dawn 14.4.2013). Drohungen der Taliban schwächten die Wahlkampagnen von ANP, PPP, und MQM. Ein Sprecher der Taliban warnte in der Vorwahlzeit, dass pakistanische Wähler den Veranstaltungen dieser säkularen Parteien fern bleiben sollten. Die ANP, welche die Provinzregierungskoalition in Khyber Pakhtunkhwa führte, war am stärksten betroffen. Sie hat ihre Hauptbasis in Khyber Pakhtunkhwa, aber auch große Unterstützung in Karatschi. Alle drei Parteien waren in der Regierungskoalition. Die eingeschränkten Zugangsmöglichkeiten zu den Wählern machten es für diese Parteien schwierig ihre Unbeliebtheit, die sie während ihrer Regierungszeit erlangten, auszugleichen. Schränkte früher bei den Wahlen 2002 die Militärherrschaft säkulare Parteien ein - übernahmen dies bei den Wahlen 2013 die Taliban (BBC 5.4.2013). Die ANP musste herbe Verluste hinnehmen und errang nur einen Sitz in der Nationalen Versammlung, während es bei den Wahlen 2008 10 Sitze waren (TNI 14.5.2013). Durch die Nachwahl in einigen Distrikten gewann sie einen weiteren hinzu (Geo.Tv 23.8.2013).
Nach einem Anschlag mit Schusswaffen und Sprengstoff auf ein Büro der ANP im Gulshan-e-Bunair Gebiet im Juli in Karatschi schloss die ANP ihre Büros in der ganzen Stadt. 2 ANP Aktivisten wurden getötet. Die ANP hatte angenommen, dass nach den Wahlen keine Anschläge mehr folgen würden und die Sicherheitsvorkehrungen herunter gefahren (TET 23.7.2013). Die ANP ist eine Partei, die auf paschtunisch-ethnischer Zugehörigkeit basiert. Sie war Juniorpartner in der vorigen Föderalregierung und hielt die Macht in der Provinz Khyber Pakhtunkhwa. Über 100 ihrer Mitglieder wurden durch die Taliban seit 2008 getötet, sie ist das Hauptziel der Taliban unter den politischen Parteien (RFI 29.4.2013).
Quellen:
AA - Auswärtiges Amt (2.11.2012): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Pakistan
BBC (5.4.2013): Pakistan election: Taliban threats hamper secular campaign, http://www.bbc.co.uk/news/world-asia-22022951, Zugriff 16.9.2013
Dawn (14.4.2013): TTP attack kills ANP leader in Swat, injures candidate in Charsadda,
http://dawn.com/2013/04/14/anp-candidate-killed-in-swat-ied-blast/, Zugriff 30.9.2013
Geo.Tv (23.8.2013): By-polls - PML-N wins five NA seats, PPP three, PTI two,
http://www.geo.tv/article-114897-By-polls-PML-N-wins-five-NA-seats-PPP-three-PTI-two, Zugriff 9.10.2013
RFI - Radio France International (29.4.2013): Awami National Party - Pashtun party seeks national role, http://www.english.rfi.fr/asia-pacific/20130429-awami-national-party, Zugriff 16.9.2013
TET - The Express Tribune (23.7.2013): Awami National Party shuts down offices across Karachi following attack, http://tribune.com.pk/story/580512/awami-national-party-shuts-down-offices-across-karachi-following-attack/, Zugriff 16.9.2013
TNI - The News International (14.5.2013): Election results shock ANP workers and leaders alike,
http://www.thenews.com.pk/Todays-News-2-177237-Election-results-shock-ANP-workers-and-leaders-alike, Zugriff 8.10.2013
USDOS - US Department of State (19.4.2013): Country Report on Human Rights Practices 2012 - Pakistan, http://www.refworld.org/docid/517e6df418.html, Zugriff 15.10.2013
Haftbedingungen
Das Verhältnis der Zahl der Strafgefangenen zur Gesamtbevölkerung (geschätzt auf 164,6 Mio.) liegt bei 50:100.000 und ist damit gering. Ungefähr 74% der Häftlinge sind nicht zuletzt wegen der allgemein überlangen Verfahrensdauer Untersuchungshäftlinge; Mitte 2011 waren landesweit rund 1,35 Mio. unerledigte Strafverfahren anhängig. Dabei übersteigt die Dauer der Untersuchungshaft nicht selten das zu erwartende Strafmaß. Von der Möglichkeit, Untersuchungshäftlinge auf Kaution frei zu lassen, wird selten Gebrauch gemacht. Viele Untersuchungshäftlinge verfügen nicht über die finanziellen Möglichkeiten zur Stellung einer Kaution. Abhilfe soll hier der am 18.4.2011 vom Staatspräsidenten unterzeichnete Code of Criminal Procedure (Amendment) Act 2011 schaffen, der die Möglichkeiten der Entlassung von Untersuchungsgefangenen sowie von Strafgefangenen in überlangen Berufungsverfahren auf Kaution regelt (AA 2.11.2012).
Die Haftbedingungen sind oft sehr schlecht und entsprechen nicht internationalen Standards. Dies gilt verstärkt für Strafgefangene, die zum Tode verurteilt wurden. Nach Feststellung von UNODC und Human Rights Commission of Pakistan (HRCP) sind die Grundrechte der Strafgefangenen, insbesondere auf körperliche Unversehrtheit und Menschenwürde, nicht gewahrt. Menschenrechtsgruppen, welche die Haftbedingungen kontrollierten, fanden sexuellen Missbrauch, Folter und überlange Untersuchungshaft vor. Manchmal folterte und misshandelte die Polizei Personen in Haft und manchmal wurden außergerichtliche Tötungen durchgeführt (USDOS 19.4.2013). 2011 wurden mindestens 92 Todesfälle bei Strafgefangenen verzeichnet; mindestens 99 Strafgefangene wurden verletzt. Es gibt glaubhafte Berichte über Folterung und über erniedrigende Behandlung von Strafgefangenen. Entsprechend zahlreich waren auch 2011 Gefängnisrevolten; die pakistanische Menschenrechtskommission verzeichnet in ihrem Jahresbericht für 2011 sechs größere Gefängnisrevolten landesweit. Eine leichte Verbesserung gab es 2011 lediglich bei den Ausbildungsprogrammen für Strafgefangene. Gefangene, soweit sie nicht durch Bestechung des extrem korruptionsanfälligen Wachpersonals ihre Haftbedingungen verbessern können, sind in Blöcken mit ca. 50 Personen pro Schlafsaal inhaftiert. Betten und Matratzen sind nicht vorhanden und dürfen auch nicht mitgebracht werden. Die Gefangenen schlafen in Wolldecken eingewickelt auf dem Betonboden (AA 2.11.2012).
Unzureichende medizinische und Nahrungsversorgung in den Gefängnissen führte zu chronischen Gesundheitsproblemen und Unterernährung bei jenen, die nicht in der Lage waren, ihre Nahrung mit Hilfe von Familie oder Freunden zu ergänzen. Einrichtungen für Hygiene, Belüftung, Beleuchtung und Trinkwasserzugang waren inadäquat. Es existierte ein System für grundlegende medizinische Versorgung und Notfallversorgung aber dieses funktionierte nicht immer effektiv (USDOS 19.4.2013).
Haftanstalten sind chronisch überbelegt. Dies gilt insbesondere für die Gefängnisse im Punjab. Die landesweit 97 vorhandenen Einrichtungen sind für rund 42.000 Gefangene ausgelegt, tatsächlich waren dort aber rund 83.000 Personen (Stand Oktober 2009) untergebracht; die Überbelegungsquote liegt bei 194%. Mit Verabschiedung der "National Judicial Policy" 2009 wurde zwar versucht, u.a. durch konsequentere Anwendung der gesetzlichen Bestimmungen zur Entlassung auf Kaution und zur Bewährung das Problem der Überbelegung der Gefängnisse in den Griff zu bekommen; eine deutliche Verbesserung der Lage war aber auch 2011 noch nicht festzustellen. (AA 2.11.2012). Eine andere Quelle - SHARP, eine NGO für Gefängnisinsassen - schätzte, dass 97.850 Personen in Haft waren bei einer landesweiten Kapazität der Gefängnisse von 36.000. Zwar konnte die Zahl der Häftlinge durch Umsetzung der Justizpolitik von 2009 und die Abarbeitung von Fällen stark reduziert werden, allerdings blieb Überfüllung ein Problem (USDOS 19.4.2013).
Es gibt eigene Frauengefängnisse, bei gemischten Gefängnissen sind Frauen- und Männerabteilungen voneinander getrennt. Die Zahl der weiblichen Strafgefangenen belief sich 2011 auf rund 900, von denen 408 in Untersuchungshaft und 149 zum Tode verurteilt waren. Wenn auch nicht in gleichem Grad wie bei den übrigen Haftanstalten, gibt es auch in den Einrichtungen für Frauen schlechte Haftbedingungen unter unzureichenden hygienischen Bedingungen und mangelhafter medizinischer Versorgung (AA 2.11.2012).
Jugendliche Straftäter waren oft in den gleichen Einrichtungen untergebracht wie Erwachsene, allerdings in anderen Abteilungen, wobei diese aber in Kontakt kamen und sie oft Opfer von Gewalt, Missbrauch oder Vergewaltigung wurden (USDOS 19.4.2013). Jugendgefängnisse existieren nicht. 2011 gab es rund 1.200 jugendliche Strafgefangene; davon waren nur 125 (8,3%) rechtskräftig verurteilt (AA 2.11.2012).
Rechtlich ungeklärt ist die Lage der ca. 2.500 Gefangenen aus den militärischen Operationen im Swat-Tal und in Süd-Wasiristan, die sich in der Gewalt des Militärs befinden. Zum einen fehlt es an einer eindeutigen auf ihren Fall anwendbaren Strafgesetzgebung, zum anderen gibt es weder ordentliche Strafanstalten noch ein funktionierendes Justizwesen in den vom Militär befreiten Gebieten. Das Militär hat im Swat Tal zur Rehabilitation radikaler Moslems vier "Deradikalisierungszentren", zwei für Männer und je eins für Frauen und Heranwachsende, eingerichtet. In dreimonatigen Kursen werden psychiatrische Behandlung und religiöse Unterweisung angeboten (AA 2.11.2012).
Es gibt einen Ombudsmann für Häftlinge mit einem Zentralbüro in Islamabad und einem in jeder Provinz. Obwohl ein Beschwerdesystem für Gefangene existierte, um Missstände aufzuzeigen, funktionierte dieses nicht effektiv. Nach einer Beschwerde muss der Beschwerdeführer im gleichen Gefängnis verbleiben, weshalb Gefangene schweigen. Inspektoren besuchen die Gefängnisse, allerdings nicht regelmäßig. Das Internationale Rote Kreuz durfte keine Gefängnisse in den Konfliktgebieten Khyber Pakhtunkhwa, FATA und Belutschistan besuchen, die Regierungen von Sindh, Gilgit-Baltistan und Azad Kaschmir erlauben dem Roten Kreuz unabhängiges Monitoring in Zivilgefängnissen, im Punjab stellte das Rote Kreuz die Kontrolle der Gefängnisse ein, da der Zugang nicht regelmäßig war. Behörden auf lokaler, Provinz- und nationaler Ebene erlauben einigen Menschenrechtsgruppen und Journalisten die Gefängnisbedingungen für jugendliche und weibliche Häftlinge zu beobachten (USDOS 19.4.2013).
Quellen:
AA - Auswärtiges Amt (2.11.2012): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Pakistan
USDOS - US Department of State (19.4.2013): Country Report on Human Rights Practices 2012 - Pakistan, http://www.refworld.org/docid/517e6df418.html, Zugriff 15.10.2013
Todesstrafe
Bei Verwirklichung von 27 verschiedenen Straftatbeständen kann die Todesstrafe verhängt werden, darunter Mord, Anstiftung zum Mord, Hochverrat, Spionage, Blasphemie (falls der Tatbestand der Prophetenbeleidigung gegeben ist), Besitz von und Handel mit mehr als 1 kg Rauschgift, gemeinschaftlich begangene Vergewaltigung, terroristischer Anschlag mit Todesfolge und Internet-Terrorismus ("cyber terrorism") mit Todesfolge. Zwingend vorgeschrieben ist sie bei Mord, Vergewaltigung und Blasphemie (falls der Tatbestand der Prophetenbeleidigung verwirklicht ist). Der unter die Todesstrafe gestellte Strafenkatalog geht weit über den nach dem Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte gesetzten Rahmen hinaus. Die Todesstrafe wird in Pakistan weiterhin verhängt, seit September 2008 ist sie wegen eines Moratoriums jedoch nicht mehr vollstreckt worden. (AA 2.11.2012) Im November 2012 allerdings ließen Militärbehörden Muhammad Hussain hinrichten. Ihm wurden drei Morde zur Last gelegt. Gnadengesuche des Armeechefs und des Präsidenten waren abgelehnt worden. Damit wurde erstmals seit 2008 wieder ein Todesurteil in Pakistan vollstreckt. Die [damalige] Regierung distanzierte sich von der Entscheidung der Militärbehörden, das Todesurteil zu vollstrecken. Auch wenn es durch die Militärbehörden durchgeführt wurde, befürchten Aktivisten, dies könnte das Tor zur Wiederaufnahme von Hinrichtungen öffnen. Mehr als 8.300 Menschen saßen 2012 in der Todeszelle, einige von ihnen bereits seit zwei bis drei Jahrzehnten. Im Laufe des Jahres wurden 242 Todesurteile ausgesprochen (AI 5.2013).
In Revisionsverfahren wird die Todesstrafe oft in lebenslange Freiheitsstrafen, die gesetzlich auf 25 Jahre begrenzt sind, umgewandelt, insbesondere bei Verurteilungen wegen Mordes bei Zustimmung der Familie des Opfers. Während sich insbesondere Menschenrechtsgruppen für die Abschaffung der Todesstrafe aussprechen, gibt es erhebliche Widerstände seitens islamischer Kleriker sowie aus Teilen der Bevölkerung (AA 2.11.2012).
Die [neue] Regierung unter Nawaz Sharif hatte Anfang August 2013 eine Wiederaufnahme von Exekutionen angekündigt. Nach Kritik durch NGOs und der EU wurden die geplanten Exekutionen offiziell ausgesetzt und damit das Moratorium, das im Land seit 5 Jahren besteht, bestätigt (Agenzia Fides 29.8.2013).
Quellen:
AA - Auswärtiges Amt (2.11.2012): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Pakistan
Agenzia Fides (29.8.2013): Sharif's Pakistan stops the executioner, http://www.fides.org/en/news/34186-ASIA_PAKISTAN_Sharif_s_Pakistan_stops_the_executioner, Zugriff 12.9.2013
AI - Amnesty International (5.2013): Annual Report 2013, The state of the world's human rights, Pakistan, http://www.amnesty.org/en/region/pakistan/report-2013, Zugriff 2.9.2013
Religionsfreiheit
Laut CIA World Factbook mit Stand Juli 2013 sind 96,4 % der rund 193 Millionen Pakistanis (Schätzung) offiziell Muslime, davon 85-90 % Sunniten und 10-15% Schiiten (CIA 11.9.2013). Anhand der letzten Volkszählung von 1998 geben USDOS und BAMF die Aufteilung mit 75 % Sunniten und 25 % Schiiten an (USDOS 20.5.2013, BAMF 8.2011). Weniger als 5 % machen Hindus, Christen, Zoroastrier, Bahais, Sikhs, Buddhisten, Ahmadis und weitere Gruppen wie Kalasha, Kihal und Jainisten aus (USDOS 20.5.2013).
Der Secretary des Ministerium für Nationale Harmonie geht von circa 10 Millionen Minderheitenangehörigen aus, vier Millionen Christen, drei Millionen Hindus, 20.000 Sikhs, dazu Bahais und Parsen sowie Ahmadis. Insgesamt ist die Zahl der Nicht-Muslime in Pakistan stark zurückgegangen, bei der Staatsgründung machten sie noch 29 % der Bevölkerung aus, 1970 10 % und bei der letzten Volkszählung 1998 waren dies nur noch 3 %. Es ist nicht klar, ob dies auf Konversionen, Abwanderungen oder unterschiedliches Bevölkerungswachstum zurückgeführt werden könnte. Möglich ist auch, dass bei der Volkszählung der Anteil der Minderheiten nach unten redigiert wurde, um diesen weniger politische Repräsentation zugestehen zu müssen (BAA 6.2013).
Artikel 227 der Verfassung besagt, dass alle Gesetze mit den Regeln des Islams konform sein müssen, wobei der Artikel auch dezidierten Schutz der Rechte von Nicht-Muslimen vorsieht (Murad Ullah 1.-2.10.2012, vergleiche USDOS 20.5.2013).
Obwohl die Verfassung die Einrichtung adäquater Regelungen zum Schutz der religiösen Minderheiten und der freien Ausübung ihrer Religionen verlangt, begrenzen andere Bestimmungen der Verfassung und weiterer Gesetze diese Rechte. Die Verfassung und andere Gesetze schränken somit die Religionsfreiheit ein. In der Praxis setzte die Regierung diese Einschränkungen auch durch, insbesondere gegenüber Ahmadis. Die Verfassung erklärt den Islam zur Staatsreligion. Aufgrund einer diskriminierenden Gesetzgebung waren Minderheitenangehörige oft verängstigt, ihre Religion frei auszuüben und die Politik der Regierung bietet den Angehörigen der Minderheitenreligionen nicht denselben Schutz wie den Mehrheitsreligionsgruppen. Es gibt weiterhin Missbrauch der Blasphemie-Gesetzregelungen und anderer Gesetze, wie der "Anti-Ahmadiyya" genannten Gesetzesregelungen (USDOS 20.5.2013, vergleiche BAMF 8.2011). Diese Gesetze diskriminieren religiöse Minderheiten und bieten Anlass zur Strafverfolgung, wobei hier insbesondere die Strafandrohungen gegen die Ahmadiyya-Gemeinschaften zu nennen sind, die zudem auch bei der Ausübung ihres religiösen Glaubens behindert werden (AA 2.11.2012). Religiöse Minderheiten waren überproportional von Vorfällen betroffen, in denen private Individuen versuchten, die vage formulierten Blasphemiegesetze missbräuchlich gegen sie zu verwenden (AI 5.2013).
Es gibt keine offizielle Einschränkung zur Errichtung von Glaubensstätten, doch Behörden auf Distriktebene verweigerten regelmäßig die Genehmigung zur Errichtung von Glaubensstätten, insbesondere für Ahmadis. Minderheitenvertreter werfen Behörden Untätigkeit bei Übergriffen von Extremisten auf ihre Gebetsstätten vor. Die Religionszugehörigkeit wird in Pässen angegeben und bei einem Antrag auf eine Identitätskarte wird danach gefragt (USDOS 20.5.2013).
Angehörige religiöser Minderheiten wie Ahmadi, Hindu und Christen erfahren ein beträchtliches Risiko, wegen ihres Glaubens eingeschüchtert und gewaltsam angegriffen zu werden (AI 5.2013). Es gab viele Angriffe auf Versammlungen und religiöse Plätze von Ahmadis, Hindus, Sufis, Schiiten und Christen bei denen es zahlreiche Tote und große Zerstörungen gab. Es kam vermehrt zu Mobgewalt und Selbstjustiz (USDOS 20.5.2013). Die Lage der religiösen Freiheit hat sich im Berichtszeitraum verschlechtert (USCIRF 30.4.2013).
Minderheiten sind ein Ziel von Extremisten. Die Taliban haben eine repressive Interpretation des Islams, die Situation für Nicht-Muslime stuft die Human Rights Commission of Pakistan (HRCP) deshalb als kritisch ein. Kritischer sei sie allerdings für jene Muslime, bei denen sie denken, dass sie vom Glauben abgefallen sind. Die terroristische Gewalt zielt besonders auf Schiiten. UNHCR nennt die Lage der religiösen Minderheiten als eines der gröbsten Menschenrechtsprobleme Pakistans, insbesondere die Lage der Hazara, unter anderem aufgrund ihrer Zugehörigkeit zum Schiitentum. Gezielte Tötungen betreffen vor allem lokal bekannte Personen, die z.B. einflussreiche Positionen in ihrer Gemeinschaft haben oder angesehene Berufe, wie Ärzte und Rechtsanwälte. Durch die Anschläge der Terroristen entsteht Misstrauen zwischen den Religionen (BAA 6.2013, vergleiche AA 10.2013a).
Es gibt eine "Infrastruktur" von Hass und Gewalt - Zentren von Intoleranz, Organisationen die Hass verbreiten, Institutionen, die sie schützen sowie Interessensgruppen, die sich ökonomischen Vorteil aus der Diskriminierung von Minderheiten erwarten, führt der Vertreter der NCJP [National Commission for Justice and Peace] aus. Die NRJP geht davon aus, dass eigentlich Extremisten hinter Ausschreitungen stehen. Auch gibt es den Verdacht, dass hinter den Vorwürfen zu Blasphemie gegen Christen, Versuche einflussreicher Personen oder Gruppen stehen, sich Land anzueignen Einige lokale Führer zündeln und hetzten eine Menschenmenge auf. Es ist ein "Checks and Balance", eine Kontrolle der Moscheen notwendig, aber es mangelt an politischem Willen (BAA 6.2013).
Per Gesetz ist es Madrassen verboten interkonfessionellen oder interreligiösen Hass oder Gewalt zu propagieren. In der Praxis gibt es allerdings Kleriker, die Intoleranz predigen. Außerdem gibt es - wenige, aber einflussreiche - Madrassen, an welchen Gewalt oder Extremismus gepredigt werden. Um dies zu drosseln wurde 2002 vorgeschrieben, dass sich Madrassen in einem von fünf Verbänden registrieren lassen müssen und keine Finanzierung aus dem Ausland annehmen dürfen (USDOS 20.5.2013).
Im Alltag ist die Kommunikation relativ unproblematisch zwischen den Religionen, dies bestätigen alle Interviewpartner. Man heiratet häufig untereinander, versteht sich, lebt friedlich. Aber die Situation ist labil, so die Deutsche Botschaft. Wenn sich ein Vorfall ereignet und jemand die Leute aufhetzt, kann es zu Ausschreitungen kommen. Seit der Anwendung des Paragraph 295, C gegen Blasphemie traten zwei bis drei Vorfälle von Ausschreitungen auf, so wie im März 2013 gegen die christliche Gemeinde in Lahore. Die HRCP gibt an, dass trotz des grundsätzlich friedlichen Alltags die Gewaltvorfälle und die Spannungen zunehmen. Neben vereinzelten Ausschreitungen gegen christliche Siedlungen richten sich Demonstrationen mit Hetzkampagnen bestimmter extremistischer Gruppen immer wieder gegen Ahmadis. Es gäbe allerdings mehr Spannungen unter den Muslimen als zwischen Muslimen und den Minderheiten. Daneben kommt es auch immer wieder zu kleineren Gewaltakten gegen Einrichtungen und Glaubensstätten der Minderheiten. Die NCJP hat für 2012 für alle nicht-muslimische Minderheiten neun solcher Vorfälle gesammelt, in denen Gräber geschändet, sowie Kirchen, Tempel und Ahmadiyya Moscheen vandalisiert wurden, darunter die Brandstiftung an einer Kirche in Mardan, Khyber Pakhtunkhwa, im Zuge der Proteste gegen einen Mohammed beleidigenden US-Film (BAA 6.2013).
Bei Drohungen kümmert sich die Polizei oft nicht darum. Allgemein gibt es eine schlechte Performance der Polizei bei solchen Vorfällen, sie steht eher daneben, als dass sie eingreifen würde. Für die NCJP stellt sich die Lage so dar, dass Gewaltakte durch eine aufgebracht Menschenmenge ausbrechen können, da die Gewalttäter meistens nicht bestraft werden und damit eine abschreckende Wirkung fehlt. Das Rechtssystem ist für jeden gleich, meint allerdings HRCP, aber es gibt große Problemstellungen, die Polizei untersucht oft nicht genau. Bei Prozessionen, wie Palmsonntagprozessionen, werden als Prävention allerdings Polizeischutzmaßnahmen ergriffen (BAA 6.2013).
Gewalttäter gehen aufgrund von Korruption, lokalen Feudalstrukturen und der Ineffizienz der Justiz häufig straffrei aus (AA 10.2013a). Die begrenzte Kapazität und Willen der Regierung Täter der steigenden extremistischen Übergriffe gegen Minderheiten und Personen, die sich für Toleranz einsetzen, zu verfolgen, ließ ein Klima von Straflosigkeit zu (USDOS 20.5.2013).
Die religiöse Intoleranz hat zugenommen. Die Mehrheit befürwortet jedoch Toleranz und ist gegen Extremisten. Die Menschen wählen säkulare Parteien. Das Land hat auch positive Veränderungen in diesem Bereich gesehen. Bis vor einigen Jahren konnte man kaum über interreligiöse Toleranz sprechen. Schon Musharraf versuchte zu de-islamisieren, zwar nicht erfolgreich, doch der Prozess wurde durch die PPP forciert. Es ist heute möglich, vieles zu diskutieren, was vorher nicht ging. Es gibt unterschiedliche Organisationen in Pakistan, die für Toleranz und Zusammenarbeit zwischen den Religionen arbeiten (BAA 6.2013).
Im Alltag gibt es keinen aktiven Konflikt, aber es gibt Diskriminierung und Ungleichheit und dies ist die Basis für Disharmonie. Minderheiten treffen auf Diskriminierung im wirtschaftlichen und sozialen Bereich, in Bildung, Gesundheit und Regierung. Die Diskriminierungen gehen allerdings nicht in die Richtung einer tatsächlichen Abgrenzung (BAA 6.2013). Die meisten Minderheitengruppen, außer Schiiten, berichteten von Diskriminierungen bei Anstellungen. Auch der Karriere-Aufstieg von Minderheitenangehörigen im Staatsdienst ist anscheinend begrenzt, insbesondere für Ahmadis (USDOS 20.5.2013).
Die [bis März amtierende] Regierung unternahm einige Schritte um die interreligiöse Toleranz zu fördern (USCIRF 30.4.2013).
Das Nationale Ministerium für Interreligiöse Harmonie bzw. sein Vorgänger das Ministerium für Minderheiten wurde eigens für religiöse Minderheiten eingerichtet. Für die religiösen Belange der Muslime (Sunniten und Schiiten, die als Muslime nicht als Minderheit, sondern Teil der Mehrheit gelten) ist das Ministerium für religiöse Angelegenheiten zuständig. Hauptanliegen des Ministeriums für Harmonie ist die Förderung der Minderheiten und der interreligiösen Toleranz. Als spezielles Programm für Minderheiten gibt es ein eigenes Budget für die soziale Wohlfahrt und finanzielle Assistenz zur Förderung ärmerer Minderheiten. Der Erhalt und die Renovierung von Glaubensstätten der Minderheiten fallen ebenfalls in die Verantwortlichkeit des Ministeriums. Auf Provinzebene gibt es eigene "Departments of Interfaith". Die meisten funktionieren allerdings noch nicht, die Aufgaben werden noch vom nationalen Ministerium für Harmonie, dem Nachfolger des Minderheitenministeriums ausgeführt. Als Dialogforum zwischen den Religionsgemeinschaften wurde das "National Council of Interfaith Harmony" eingerichtet (BAA 6.2013, vergleiche USDOS 20.5.2013).
Die Bildungskampagne ist ein Fokus der NCJP und des Nationalen Ministerium für Harmonie. In der Lehrerausbildung, in den Lehrplänen und Schulbüchern wird versucht vorhandene Diskriminierung zu eliminieren und Toleranz zu fördern. Der Vertreter der PIL betont die Bedeutung der Zusammenarbeit zwischen den religiösen Führern unterschiedlicher Religionen, insbesondere muslimischen. Wenn ein bedeutender, muslimischer geistlicher Führer, wie der Vorsitzende des Pakistan Ulema Council, für interreligiöse Harmonie spricht, findet dies Gehör (BAA 6.2013).
2009 wurde in allen staatlichen Bereichen bei der Anstellung eine 5-Prozent-Quote für Minderheiten eingeführt. Diese wurde allerdings noch nicht erreicht und wird im Land ungleich umgesetzt. Auch auf Distriktebene wurden Komitees zur Interreligiösen Harmonie zur Förderung von Toleranz zwischen den Religionen eingerichtet (USCIRF 30.4.2013).
Im Mai wurde das Gesetz zu Einrichtung einer Nationalen Kommission für Menschenrechte vom Präsidenten unterzeichnet, ein Sitz von 10 in der Kommission soll für einen Vertreter der Minderheiten reserviert sein. Von den 342 Parlamentariern sind 13 Angehörige einer religiösen Minderheit. Im Senat sind vier der 104 Sitze für religiöse Minderheiten reserviert - je einer für jede Provinz. Reservierte Sitze für religiöse Minderheiten bestehen auch in den Provinzversammlungen, drei in Khyber Pakhtunkhwa, acht im Punjab, neun im Sindh und drei in Belutschistan. In den lokalen Regierungen ist ein Minimum von einem Sitz pro Zila (Distrikt) und pro Tehsil (~Bezirk) vorgesehen, in Belutschistan mindestens zwei (USDOS 20.5.2013, vergleiche Murad Ullah 1.-2.10.2012).
Für Beschwerden gegen Menschenrechtsverletzung sind in den verschiedenen Provinzen Büros des Ombudsmannes eingerichtet, Verletzungen der Rechte der Minderheiten fallen in ihren Zuständigkeitsbereich (BAA 6.2013).
In Pakistan finden sich nicht nur unterschiedliche Religionen, sondern viele Variationen der muslimischen Identität und der religiösen Intensität. Religiöse Intoleranz findet sich auch zwischen den muslimischen Sekten und innerhalb der sunnitischen Konfession, z.B. zwischen der Barelvi Sekte [auch Ahle Sunnat wal Jama'at], die sehr viel Sufi-Einfluss aufweist, aufgeschlossener ist und die Mehrheit der Pakistanis ausmacht, und der Deobandi, die islamistisch geprägt ist (BAA 6.2013). Die sunnitischen hanafitischen Barelvi Muslime hängen traditionellen Glaubenspraktiken, darunter auch der Verehrung von Heiligen (Sufis) und deren Gräber, an. Die Hanafiten sind mit 50% Anteil an der islamischen Bevölkerung die zahlenstärkste muslimische Gruppe in Pakistan. Die Barelvi werden von den Deobandi und den Ahle Hadith, zwei weiteren sunnitischen Glaubensrichtungen, wegen der Verehrung von Sufi-Heiligen sowie sonstiger Praktiken abgelehnt und von Extremisten unter diesen bekämpft. Auch die Barelvi lehnen die Anschauungen der anderen sunnitischen Sekten ab. Angehörige der sunnitischen hanafitischen Barelvi Muslime und Schiiten werden vielfach Opfer sunnitischer Extremisten, wobei sich diese Vorfälle meist in Städten abspielten. Häufig wurden Selbstmordattentäter auf schiitische Prozessionen angesetzt (BAMF 8.2011).
In Khyber Pakhtunkhwa kommt es zu interkonfessionellen Anschlägen auf Moscheen, in den Stammesgebieten zu Zusammenstößen zwischen schiitischen und sunnitischen Stämmen. In Karatschi setzen sich die Schiiten zur Wehr. Die Sipah-e-Muhammad Pakistan ist z.B. eine schiitische Gruppe, die in Karatschi in gezielte Tötungen an religiösen Führern und Aktivisten der verbotenen, terroristischen sunnitischen Sipah-e-Sahaba involviert ist. In Karatschi finden auch Schießereien zwischen schiitischen und sunnitischen Gangs statt. Im Sindh, außerhalb Karatschis, gibt es wenige interkonfessionelle Zwischenfälle. Im Punjab ebenfalls, aber es gibt dennoch vereinzelte Anschläge auf Schiiten. Interkonfessionelle Gewaltvorfälle sind im Punjab auch zurückgegangen. Schiiten leben vor allem in Lahore. In der Stadt sind die Kontrollen hoch und sie ist relativ unter Kontrolle der Sicherheitskräfte (BAA 6.2013). Klerikern, die als zur Gewalt anstiftend gesehen werden, wird während Muharram die Einreise in viele Distrikte des Punjabs und des Sindhs verwehrt (HRCP 3.2013). Für schiitische Prozessionen wird Polizeischutz zur Verfügung gestellt, dennoch kommt es dabei zu Anschlägen (BAA 6.2013).
Im Jahr 2011 wurden mindestens 389 Personen bei Gewalttaten gegen verschiedene muslimische Konfessionen getötet (HRCP 3.2012).
2012 wurden laut HRCP insgesamt mindestens 531 Menschen bei sektiererischen terroristischen Attacken zwischen den verschiedenen muslimischen Sekten getötet. Hauptsächlich waren davon Schiiten betroffen (HRCP 3.2013). Von den 202 interkonfessionellen terroristischen Akten, die von PIPS im Jahr 2012 aufgezeichnet wurden, zielten um die 60 % auf die schiitische Gemeinde, 30 % auf Sunniten. 395 Angehörige der schiitischen Gemeinde wurden getötet - 73 % aller Opfer interkonfessioneller Gewalt. Anschläge und Zusammenstöße zusammengenommen wurden 213 Vorfälle von Gewalt zwischen den muslimischen Konfessionen mit 563 Todesopfern von PIPS registriert (BAA 6.2013). Circa 85 % aller Vorfälle sektiererischer Gewalt 2012 waren, laut PIPS, gezielte Tötungen (PIPS 4.1.2013). HRW schätzt, dass 2012 mindestens 325 Angehörige der schiitischen Bevölkerung in gezielten Anschlägen in Pakistan getötet wurden, mehr als 100 davon in Belutschistan, die meisten von diesen wiederum Hazara (HRW 31.1.2013). 119 Hazara wurden 2012 in Quetta in gezielten Anschlägen getötet. Die Hazara meinen, die Behörden hätten keinen Willen sie zu beschützen. Aus Sicherheitsgründen haben sich die Hazara in zwei Enklaven in der Stadt zurückgezogen (HRCP 3.2013).
2012 nahm die sektiererische Gewalt in Pakistan somit zu, obwohl sie 2011 zurückgegangen war. Einen starken Zuwachs verzeichneten die Provinzhauptstädten Quetta und Karatschi sowie Teile Belutschistans. Aufgeschlüsselt fanden laut PIPS 85 % aller Vorfälle zwischen muslimischen Konfessionen 2012 in Karatschi, Quetta, Gilgit und der Kurram Agency (FATA) statt. Diese sind auch im Mehrjahresvergleich 2010-2012 Hotspots sektierischer Gewalt, wohingegen sporadische Vorfälle in diesen Jahren auch von anderen Teilen des Landes berichtet werden, insbesondere Zentral- und Süd-Punjab, Hangu und Dera Ismail Khan in Khyber Pakhtunkhwa (KP), Khyber und Orakzai in der FATA und Mastung in Belutschistan. (BAA 6.2013; vergleiche PIPS 4.1.2013). Weitere Schwerpunkte 2012 waren: Diamer in Gilgit Baltistan, die Distrikte Kohistan und Mansehra in KP (HRCP 3.2013); sowie weiters Hangu, Kohat, Tank, - ebenfalls in KP, Dera Ghazi Khan im [Süd-] Punjab (USDOS 20.5.2013). Zwei größere Anschläge mit jeweils um die 20 Toten ereigneten sich im Punjab 2012 im südlichen Distrikt Rahimyar Khan und in Rawalpindi (HRCP 3.2013). 2011 waren außerdem auch Lahore (Punjab), Nowshera (KP), und Khyber (FATA) Schwerpunkte (HRCP 3.2012).
Auch die ersten beiden Monate 2013 waren, verbunden mit der Vorwahlzeit, von stark erhöhter interkonfessioneller Gewalt gezeichnet, in erster Linie in Karatschi und Quetta. Im Jänner und Februar 2013 wurden bei interkonfessionellen Anschlägen 238 Menschen getötet, ein Großteil davon bei zwei verheerenden Anschlägen in einem Viertel der schiitischen Hazara in Quetta. Nach diesem Höhepunkt nahm diese Art des Terrors in den nächsten beiden Monaten ab. Nichtsdestotrotz traf ein weiterer der größeren Anschläge der Vorwahlzeit am 3. März ebenfalls die schiitische Minderheit, diesmal in Karatschi, 48 Menschen starben bei einem Anschlag auf ein schiitisches Viertel (BAA 6.2013).
Verbotene Gruppen wie die Pakistanischen Taliban und die Lashkar-e-Jhangvi übernahmen die Verantwortung für Anschläge auf Schiiten (HRCP 3.2013). Sunnitische militante Gruppen operierten mit weiter Straflosigkeit in Pakistan (HRW 31.1.2013). Die Reaktion der Regierung war großteils unzureichend. Dies anerkennend gab der Oberste Gerichtshof eine Kritik an der Regierung aufgrund der unzureichenden Bemühungen in Quetta Sicherheit zu gewährleisten ab. Im Jänner wurde in Belutschistan nach den großen Bombenanschlägen die Kontrolle auf die von der Provinz auf die Bundesregierung übertragen und damit den Forderungen der Hinterbliebenen nachgekommen (USCIRF 30.4.2013).
Quellen:
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AA - Auswärtiges Amt (10.2013a): Pakistan, Staatsaufbau/Innenpolitik,
http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Pakistan/Innenpolitik_node.html#doc344388bodyText3, Zugriff 14.10.2013
AI - Amnesty International (5.2013): Annual Report 2013, The state of the world's human rights, Pakistan, http://www.amnesty.org/en/region/pakistan/report-2013, Zugriff 2.9.2013
BAA - Bundesasylamt (15.4.2013): Analysen Pakistan, Ahmadiyya - Entstehung und Glauben
BAA - Bundesasylamt (6.2013): Bericht zur Fact Finding Mission Pakistan vom 8-16.3.2013 mit den Schwerpunkten Sicherheitslage, Religiöse Minderheiten Landrechte Medizinische und soziale Versorgung, Afghanische Flüchtlinge
BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge Deutschland (8.2011):
Informationszentrum Asyl und Migration: Lage der Religionsgemeinschaften in ausgewählten islamischen Ländern
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http://hrcp-web.org/hrcpweb/wp-content/pdf/AR2012.pdf, Zugriff 2.9.2013
HRCP - Human Rights Commission of Pakistan (3.2012): State of Human Rights in 2011,
http://hrcp-web.org/hrcpweb/wp-content/pdf/AR2011-A.pdf, Zugriff 10.10.2013.
HRW - Human Rights Watch (31.1.2013): World Report 2013 - Pakistan, http://www.ecoi.net/local_link/237129/360003_de.html, Zugriff 15.10.2013
HRW - Human Rights Watch (23.8.2013): Pakistan: 10 Steps to Improve Human Rights,
http://www.hrw.org/news/2013/08/23/pakistan-10-steps-improve-human-rights, Zugriff 23.9.2013
Murad Ullah, Legal Officer des UNHCR in Islamabad (1.- 2.10.2012):
Vortrag zum DACH Workshop Pakistan, Nürnberg
PIPS - Pak Institute for Peace Studies (4.1.2013): Pakistan Security Report 2012,
http://san-pips.com/index.php?action=reports&id=psr_list_1, Zugriff 13.9.2013
USCIRF - US Commission on International Religious Freedom (30.4.2013): 2013 Annual Report, http://www.uscirf.gov/images/2013 USCIRF Annual Report (2).pdf, Zugriff 15.10.2013
USDOS - US Department of State (20.5.2013): International Religious Freedom Report for 2012 - Pakistan, http://www.ecoi.net/local_link/247481/371066_de.html, Zugriff 15.10.2013
Bewegungsfreiheit
Das Gesetz gewährleistet die Bewegungsfreiheit im Land und ungehinderte internationale Reisen, doch die Regierung beschränkte diese Rechte in der Praxis. Die Regierung schränkte den Zugang zu bestimmten Gebieten der FATA, Khyber Pakhtunkhwa und Belutschistan aufgrund von Sicherheitsbedenken ein. Regierungsangestellte und Studenten müssen vor Reisen ins Ausland ein "no objection certificate" einholen, doch bei Studenten wurde dies selten durchgesetzt. Personen auf der Exit Control List war es verboten, ins Ausland zu reisen. Diese Liste soll Personen, welche ein Kriminalverfahren anhängig haben, von Auslandsreisen abhalten. Allerdings war keine gerichtliche Handlung notwendig, damit das Innenministerium einen Namen auf die Liste setzen konnte. Sie wurde manchmal benutzt, um Menschenrechtsaktivisten und Führer nationalistischer Parteien zu schikanieren. Personen auf der Liste haben das Recht, bei Gericht Einspruch einzulegen (USDOS 19.4.2013)
Die Reisefreiheit in Pakistan wurde 2012 häufig eingeschränkt. Durch die interkonfessionelle Gewalt in Gilgit Batlisten und Belutschistan wurden einige Gegenden für einen nicht unbeachtlichen Teil der Bevölkerung zur "no go area". Durch die Sicherheitslage in vielen Agencies der FATA sind diese für Personen von außerhalb und manchmal auch für die Bewohner selbst zur "no go area" geworden. Sicherheitsmaßnahmen führten bei Terrordrohungen zur Einschränkung der Bewegungsfreiheit für alle Bürger. Kämpfe zwischen kriminellen Banden bedrohten die Bewegungsfreiheit der Bürger Karatschis. Gewalt zwischen ethnischen Gruppen machten bestimmte Teile Karatschis, die von einer ethnischen Gruppe dominiert wurden, zu einer "no go area" für die andere ethnische Gruppe. Ethnische Gewalt in Teilen Belutschistans schränkten auch hier - vor allem für Hazara - die Bewegungsfreiheit ein. Arbeiter in illegaler Schuldknechtschaft gehörten zu den Gruppen mit den stärksten Beschränkungen der Bewegungsfreiheit. Die Opfer wurden durch bewaffnete Wächter davon abgehalten zu fliehen und die Familien wurden als Geiseln gehalten (HRCP 3.2013).
Für Angehörige aller Gruppen gilt, dass ein Ausweichen in der Regel das Aufgeben der wirtschaftlichen Basis mit sich bringt. In den Städten, vor allem den Großstädten Rawalpindi, Lahore, Karachi, Peshawar oder Multan, leben potentiell Verfolgte aufgrund der dortigen Anonymität sicherer als auf dem Lande. Selbst Personen, die wegen Mordes von der Polizei gesucht werden, können in einer Stadt, die weit genug von ihrem Heimatort entfernt liegt, unbehelligt leben (AA 2.11.2012).
Ahmadis bietet eine Flucht nach Rabwah, ihrem religiösen Zentrum, keinen sicheren Schutz vor Repressionen (AA 1.7.2011), aber einen erheblichen. Sie sind dort weitgehend unter sich, doch für ihre Gegner sehr sichtbar (AA 2.11.2012). 95 % der Einwohner der Stadt Rabwah sind Ahmadis. In einer Antwort erklärte die Human Rights Commission of Pakistan, dass die Sicherheit in Rabwah für Ahmadis von der Art der Verfolgung und dem Einfluss der verfolgenden Person abhängt. Rabwah ist zwar sicherer für Ahmadis als die meisten anderen Orte in Pakistan, doch wenn jemand in ganz Pakistan verfolgt wird, dann wird er auch in Rabwah gefunden. In Rabwah zu leben zeigt, dass man Ahmadi ist, sollte man einen Ahmadi aufspüren wollen, würde man dort suchen (UK Home Office 9.8.2013).
Auch besteht die Möglichkeit, in den Schutz der größeren Städte zu fliehen, falls es sich nicht um Personen handelt, die bereits überregional bekannt geworden sind. Dies wird auch von Vertretern unabhängiger pakistanischer Menschenrechtsorganisationen als Ausweichmöglichkeit gesehen. Für verfolgte Angehörige der christlichen Minderheit bestehen - abgesehen wiederum von den Fällen, die überregionale Bekanntheit erlangt haben - generell Ausweichmöglichkeiten in andere Landesteile (AA 2.11.2012).
Zum Spruch des Europäischen Gerichtshofes, Deutschland gegen Y & Z [2012] EUECJ C-71/11 (05 September 2012): Es ist und war im Allgemeinen möglich für Ahmadis ihren Glauben auf einer eingeschränkten Basis sowohl im privaten Bereich als auch in der Gemeinschaft auszuüben, ohne das heimische pakistanische Gesetz zu verletzen. In Bezug auf eine volle Glaubensübung über die Einschränkungen des pakistanischen Strafgesetzes unter Sektion 298B und 298C hinaus, gilt das Gesetz landesweit [Anmerkung: die länderkundlichen Aspekte wurden verwendet, die diesbezüglichen Entscheidungsvorgaben der britischen Behörde wurden nicht miteinbezogen] (UK Home Office 1.2013).
Für jene Individuen, denen aufgrund schädlicher religiöser Normen oder traditioneller Praktiken Leid droht, wie Opfer von oder Personen in Gefahr von Zwangsheirat, Zwangskonversion oder Ehrenmorden und für die eine interne Relokation in einen anderen Teil des Landes relevant sein kann, muss die Anerkennung solcher Normen durch breite Teile der Gesellschaft und mächtige, konservative Elemente in der Verwaltung berücksichtigt werden (Murad Ullah o.D.).
Laut Bericht des Vertrauensanwaltes, kann eine Person, die von einem Konfliktherd mit Taliban flieht, relativ sicher in einer pakistanischen Stadt in den Provinzen Sindh oder Punjab leben. Hinsichtlich der Sicherheit existieren in Pakistan - schon aufgrund der Größe des Landes - interne Fluchtalternativen. Wenn die Taliban direkt eine Person verfolgen, ist es schwierig sich zu verstecken, Karatschi kann im allgemeinen eine Option für Sicherheit sein, wie weit dies sicher ist, hängt allerdings vom Profil der Person und von der Art des Konfliktes ab, von dem die Person flieht. Es muss sorgfältig auf einer Einzelfallbasis abgeklärt werden. Es hängt von der Ernsthaftigkeit des jeweiligen Konfliktes ab, ob diese Person durch die Taliban gesucht und gefunden werden wird. Paschtunen haben ein enges Familiennetz und da die meisten in Karatschi wieder in diesem Familiennetz bzw. "community" leben, kann man sie über diesen Weg finden. Doch es ist möglich sich aufgrund der Größe Pakistans aus dem Radar der Taliban begeben. Eine "low profile" Person, die z. B. nach Karatschi flüchtet, wird dort von den Taliban nicht aufgespürt werden, da es für die Taliban auch keine Priorität hat, "low profile" Personen zu suchen (ÖB Islamabad 25.7.2013).
Nach Einschätzung des Vertreters des PIPS (Pakistan Institute for Peace Studies) ist es nicht die Strategie der Taliban, einzelne Personen durch das Land zu verfolgen. Eine Assistenzprofessorin erzählt von Fällen aus Karatschi - wo sich die Taliban im Zuge der durch die Militärinterventionen im Swat-Tal ausgelösten Wanderung in einigen Vororten etablieren konnten - in denen Personen, die gegen die Taliban im Swat-Tal agierten, in Karatschi getötet wurden. Der UNHCR betont, dass die Terrororganisationen zwar meist lokal agieren, einige aber teilweise vernetzt sind und zum Teil zusammen arbeiten. Eine innerstaatliche Fluchtalternative kann somit nicht generell angenommen werden, sondern muss in jedem Fall einzeln geprüft werden (BAA 6.2013).
Männer können bei privaten Disputen oder der Gefährdung, Opfer eines Ehrverbrechens zu werden, also in Fällen, wo nur durch Privatpersonen eine Verfolgung besteht, grundsätzlich meist in andere Gebiete Pakistans ausweichen. Es kommt allerdings auf die Vernetzung und den Einfluss der verfolgenden Person bzw. Personengruppen an. Wenn ein ganzer Stamm eine Person aufgrund einer Ehrverletzung verfolgt, wird er, laut Aussage von HRCP, auch "in New York gefunden" werden. Es ist somit der individuelle Einzelfall zu berücksichtigen (BAA 6.2013).
Quellen:
AA - Auswärtiges Amt (2.11.2012): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Pakistan
AA - Auswärtiges Amt (1.7.2011): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Islamischen Republik Pakistan
BAA - Bundesasylamt (6.2013): Bericht zur Fact Finding Mission Pakistan vom 8-16.3.2013 mit den Schwerpunkten Sicherheitslage, Religiöse Minderheiten Landrechte Medizinische und soziale Versorgung, Afghanische Flüchtlinge
HRCP - Human Rights Commission of Pakistan (3.2013): State of Human Rights in 2012,
http://hrcp-web.org/hrcpweb/wp-content/pdf/AR2012.pdf, Zugriff 2.9.2013
Murad Ullah, Legal Officer des UNHCR in Islamabad (o.D.): Minorities in Pakistan - UNHCR Eligibility Guidelines and practical perspective from the field, Unterlage zu DACH Workshop 1.-2.10.2013
ÖB Islamabad - Österreichische Botschaft (25.7.2013):
Ermittlungsbericht des Vertrauensanwaltes, SLC/SIS/A-15887
UK Home Office (9.8.2013): Pakistan Country of Origin Information (COI) Report Pakistan,
https://contact-ukba.homeoffice.gov.uk/sitecontent/documents/policyandlaw/coi/pakistan/report-09082013.pdf?view=Binary, Zugriff 8.9.2013
USDOS - US Department of State (19.4.2013): Country Report on Human Rights Practices 2012 - Pakistan, http://www.refworld.org/docid/517e6df418.html, Zugriff 15.10.2013
Grundversorgung/Wirtschaft
Die schweren Fluten drei Jahre hintereinander haben der pakistanischen Wirtschaft ernsten Schaden zugefügt und ihr potentielles Wachstum halbiert. Sie erhöhten auch Inflation und Arbeitslosenrate, unterbrachen Versorgungsketten, zerstörten die Saat und behinderten die industrielle Produktion. Die stärker werdenden Engpässe in der Energieversorgung und die schwache Recht- und Ordnungssituation sowie strukturelle Hindernisse zügeln ebenfalls Investitionen und Wachstum (TRF 9.9.2013, vergleiche AA 10.2013b; World Bank 16.11.2011). Nach den Fluten 2010 und 2011 und der weltweiten Nahrungsmittelpreiskrise gab es eine merkbare Zunahme der absoluten Armut (BAA 6.2013). Mit geschätzten 3,6 % blieb das Wirtschaftswachstum im Haushaltsjahr 2013 (1.7.2012-30.6.2013) hinter den Möglichkeiten des Landes zurück und bewegte sich auf dem Niveau der Vorjahre (2010: 3,8 %; 2011: 2,4 %; 2012: 4,4 %) (AA 10.2013b). Das Wirtschaftswachstum kann nicht mit dem Bevölkerungswachstum mithalten (BAA 6.2013).
Die Inflation entwickelte sich zuletzt positiv. Sie ging von fast 14 % im Vorjahr auf 7,5 % im Sommer 2013 zurück und ist damit erstmals seit sechs Jahren wieder im einstelligen Bereich angesiedelt. Das Haushaltsdefizit liegt derzeit bei fast 9 % des BIP, die gesamten öffentlichen Schulden bei 63,5 %. Die Devisenreserven Pakistans sind gegenüber Sommer 2012 (10,8 Mrd. US-Dollar) auf zuletzt 6,27 Mrd. US-Dollar deutlich geschrumpft. Defizitäre Staatsbetriebe belasten die öffentlichen Finanzen und benötigen regelmäßig staatliche Finanzspritzen. Pakistan wird seine Staatseinnahmen deutlich erhöhen müssen; mit knapp 9 % des BIP hat es eine der niedrigsten Steuerquoten der Welt (AA 10.2013b).
Es gibt eine Energiekrise, ein großer Teil der Bevölkerung hat keinen regelmäßigen Zugang zu Strom. Die Energiesituation hat sich in den letzten Jahren rapide verschlechtert, es ist jedoch schwer dies zu quantifizieren, da es in letzter Zeit keine Erhebungen gab. Der Stromausfall beträgt landesweit im Sommer bis zu 18 Stunden am Tag. Besonders betroffen ist der Punjab, in anderen Provinzen ist die Situation etwas besser Es gibt ein System des "load shedding shedule", ein öffentlicher Plan und Information, wann die Elektrizität wo abgeschaltet wird (BAA 6.2013). Die Stromausfälle haben nicht nur negative Auswirkungen auf die Lebensumstände der Bevölkerung. Sie führen auch zu einem um 3 bis 4 Prozentpunkte niedrigeren Wirtschaftswachstum. Die von der neuen Regierung im Juli 2013 vorgestellte Nationale Energiepolitik benennt als erste Priorität die Schließung der Lücke zwischen Stromangebot und -nachfrage (AA 10.2013b).
Die Landwirtschaft Pakistans ist mit einem Beitrag von rund 21 % zum BIP immer noch in vielerlei Hinsicht der wichtigste Sektor der pakistanischen Volkswirtschaft. Über 44 % der arbeitenden Bevölkerung sind in der Landwirtschaft beschäftigt; knapp 60 % der ländlichen Bevölkerung hängen direkt oder indirekt vom landwirtschaftlichen Sektor ab. Die Provinz Punjab gehört in vielen Bereichen (u.a. Getreideanbau u. Viehzucht) zu den weltweit größten Produzenten und verfügt über das größte zusammenhängende landwirtschaftliche Bewässerungsgebiet weltweit. Der Industriesektor trägt mit 25,4 % zum BIP bei. Der bei weitem wichtigste Exportsektor ist die Textilbranche, die ca. 60 % aller pakistanischen Exportgewinne ausmacht. Der Dienstleistungssektor hat sich zu einem wichtigen Wachstumsfaktor entwickelt, er trägt inzwischen mit ca. 53 % zum BIP bei. Wichtigste Bereiche sind hier v.a. Bankwesen, Versicherungswesen, Transportwesen und der Kommunikationssektor, aber auch der überproportional große öffentliche Verwaltungsapparat (AA 10.2013b). Die Telekommunikations- und die Baubranche haben ihre Expansion fortgesetzt und viele formelle und informelle Arbeitsplätze geschaffen. Diese Expansionen haben zu einem besseren Stellenangebot geführt (IOM 8.2013).
Die Gehaltsstruktur ist sehr unterschiedlich verteilt. In den Städten wie Multan, Lahore und Islamabad ist eine ausgeprägte Mittelschicht vorhanden, in den ländlichen Gebieten allerdings weniger. Laut IOM liegt das Einkommen der Mittelklasse bei ca. 20.000-30.000 Rupien (ca. € 152-227) im Monat. Durch die Inflation ist das bei einer Familie mit 2 Kindern gerade genug, um die wichtigsten Bedürfnisse zu befriedigen - im Fall eines eigenen Hauses und ohne private Schule. Muss man Miete zahlen, ist es schwieriger (BAA 6.2013).
Im niedrigen öffentlichen Dienst, als Tagelöhner oder Kleinstangestellter zeichnet sich ein Gehalt von 10.000-20.000 Rupien (ca. € 76-152) im Monat ab. Dies reicht kaum, um über die Runden zu kommen, 80 % der Haushaltsausgaben werden für Lebensmittel aufgewendet. Die geschätzte Arbeitslosigkeit ist gering, aber der Arbeitsmarkt ist durch eine Unterbeschäftigung bzw. Unterbezahlung gekennzeichnet. Lahore und Karatschi sind teurer, hier braucht man zwischen 30.000 und 35.000 Rupien (ca. € 227-265) im Monat, allerdings gibt es hier mehr Einkommensmöglichkeiten und ein stärker ausgeprägtes Mietwohnungswesen. Es sind zwar alle "irgendwie beschäftigt", aber die Löhne sind gering und reichen schlecht für das notwendigste Auskommen. In Karatschi, Rawalpindi und Lahore haben die Menschen eher ihre eigenen kleinen Geschäfte oder Kleinstunternehmen als eine Arbeitsstelle. In den ländlichen Gegenden ist der Großteil in der Land- oder Viehwirtschaft tätig (BAA 6.2013).
Die Organisation National Rural Support Programme erläutert, dass es aufgrund der großen Bevölkerung sehr viele Möglichkeiten für Geschäfte auf kleiner Basis gibt, neue gut laufende Trends sind z.B. kleine Schönheitssalons oder Handyreparaturwerkstätten. Die Organisation SEPLAA spricht den Bereichen IT, Energie-Sektor, Training und Unterricht hohes Potential in Pakistan zu. Die Leiterin des Women Entrepreneurial Development Programme führt aus, dass es viele Möglichkeiten am Markt gibt, aber das Problem sei oft, das Individuum mit den Marktanforderungen zu verknüpfen (BAA 6.2013).
Quellen:
AA - Auswärtiges Amt (10.2013b): Pakistan, Wirtschaft, http://www.auswaertiges-amt.de/sid_C2C3DF892573C0A8B185C354561BDB9D/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Pakistan/Wirtschaft_node.html, Zugriff 14.10.2013
BAA - Bundesasylamt (6.2013): Bericht zur Fact Finding Mission Pakistan vom 8-16.3.2013 mit den Schwerpunkten Sicherheitslage, Religiöse Minderheiten Landrechte Medizinische und soziale Versorgung, Afghanische Flüchtlinge
IOM - Internationale Organisation für Migration (8.2013):
Länderinformationsblatt Pakistan, http://www.bamf.de/SharedDocs/MILo-DB/DE/Rueckkehrfoerderung/Laenderinformationen/Informationsblaetter/cfs_pakistan-dl_de.pdf?__blob=publicationFile, Zugriff 14.10.2013
TRF - Thomas Reuters Foundation (9.9.2013): Floods have halved Pakistan's economic growth - expert, http://www.trust.org/item/20130909134725-rm708/, Zugriff 22.9.2013
World Bank (16.11.2011): Country Partnership Strategy Progress Report for The Islamic Republic Of Pakistan For The Period Fy2010-14,
http://siteresources.worldbank.org/PAKISTANEXTN/Resources/293051-1298387688762/CPSPRNov21.pdf, Zugriff 2.9.2013
Soziale Wohlfahrt und staatliche Beschäftigungsförderungsprogramme
Das Ministerium für religiöse Angelegenheiten, Zakat und Ushr, verwaltet die staatlich eingehobene Zakat [Anmerkung: religiöse Pflicht für Muslime, einen geregelten Anteil des Einkommens an Arme und Bedürftige abzugeben, in Pakistan wird sie staatlich eingehoben], die 2,5% des Einkommens beträgt, und finanziert damit Projekte für Arme und Bedürftige. Aber auch in diesem Bereich herrscht Korruption (Murad Ullah 1.-2.10.2012). Ein durchgehendes, konsistentes Sozialsystem ist auf Regierungsebene laut IOM nicht vorhanden. Das staatliche Zakat System finanziert Pakistan Bait-ul-Mal (PBM), das dem Premierminister untersteht, sowie das "Benazir Income Project" (BAA 6.2013). PBM ist eine autonome Behörde, die einen erheblichen Beitrag zur Bekämpfung der Armut durch die verschiedenen Maßnahmen für die ärmsten Mitglieder der Gesellschaft leistet und Unvermögende, Witwen, Waisen, Invaliden sowie schwache und andere bedürftige Menschen unterstützt (IOM 8.2013). PBM hat ein Budget von 2 Milliarden Rupien (ca. 15.157.710 €). Es werden unterschiedliche Projekte und Hilfsschemen finanziert, einige Programme für Kinder sowie das Individuelle Finanzielle Unterstützungsprogramm. Das Individuelle-Finanz-Assistenz-Programm richtet sich an besonders bedürftige Personen und setzt sich aus drei Komponenten zusammen. Einerseits kann bedürftigen Antragsstellern eine allgemeine finanzielle Unterstützung bei Armut gewährt werden. Die zweite Komponente des Programms ist eine finanzielle Assistenz zur Förderung von Eigenerwerbsfähigkeit. Dabei wird einer Person finanzielle Unterstützung gewährt, um ein kleines Geschäft zu gründen. Die dritte Möglichkeit der finanziellen Unterstützung wird über die Finanzierung einer medizinischen Behandlung geboten (BAA 6.2013).
Anträge müssen mit der Kopie der nationalen ID Karte beim District Officer eingereicht werden. Es gibt 144 zuständige District Officers für Pakistan, 30 für die FATA, 40 für Gilgit Baltistan und 40 für Kaschmir. Die Zahl der Empfänger des individuellen Unterstützungsprogrammes beträgt ca. 50.000. Die private Wohltätigkeitsebene ist in Pakistan sehr gut ausgeprägt (BAA 6.2013).
Die Overseas Pakistanis Foundation (OPF) wurde 1979 im Rahmen des Emigrations Erlasses gegründet. Ihr Ziel ist die Unterstützung der im Ausland lebenden Pakistanis und ihrer in Pakistan gebliebenen Familien. Ihre Angebote umfassen ökonomische Hilfen, medizinische Versorgung und Hilfe (IOM 8.2012). Zielgruppe der OPF sind im Ausland arbeitende Pakistanis und ihre in Pakistan gebliebenen Familien, ein Ziel dabei sind auch Dienstleistungen für zurückkehrende Migranten. Die OPF untersteht dem Ministerium für Auslandspakistanis (OPF o.D.).
Arbeitsvermittlungsbüros von staatlicher Seite gibt es nicht. Es gibt private Arbeitsvermittlungsagenturen (BAA 6.2013).
Zur Beschleunigung des wirtschaftlichen Wachstums wurden durch die Regierung verschiedene Maßnahmen getroffen. Eine Reihe initiierter Projekte soll eine positive Auswirkung auf die Schaffung neuer Arbeitsplätze haben. Hierzu zählen unter anderem die Verbesserung der physischen Infrastruktur, die Ausweitung des landwirtschaftlichen Potenzials des Landes und die Anwendung neuer Ressourcen zur Bekämpfung der Armut. Das Tameer-e-Pakistan-Programm wurde als Maßnahme zur Verringerung der Armut initiiert und dient dazu, die Einkommensquellen für arme Menschen zu verbessern und Beschäftigungsmöglichkeiten im gesamten Land zu schaffen. Die SME Bank (kleine und mittelständische Unternehmen) wurde am 1. Jänner 2002 mit dem primären Ziel der finanziellen und geschäftlichen Unterstützung von SME gegründet (IOM 8.2013).
Die Aufgabe der Nationalen Kommission zur beruflichen und technischen Bildung ist es, politische Richtlinien für die berufliche und technische Bildung zu erarbeiten und in diesem Bereich regulierend tätig zu sein, damit der nationale und internationale Bedarf an Fachkräften besser gedeckt werden kann. In den folgenden Fachgebieten werden Ausbildungsmaßnahmen angeboten:
Dienstleistungen (Krankenpflege, Tourismus, IT und Telekommunikation); Baugewerbe; Landwirtschaft, Milchproduktion und Viehzucht; Feinmechanik; ähnlich arbeitet der Rat für Berufliche Ausbildung in Punjab (PVTC), der von der Provinzregierung getragen wird. Er bietet nachfrageorientierte Ausbildungen an und ist vor allem um die Vermittlung benachteiligter Jugendlicher bemüht. Die verschiedenen Institute des Rates bieten folgende Ausbildungen an:
Computerreparatur und Wartung, EDV-gestütztes Textildesign, Betriebswirtschaftliche EDV, Reparatur von Mobiltelefonen, Textilverarbeitung, Import / Export Dokumentation, EDV-gestütztes technisches Zeichnen, KFZ-Elektriker, KFZ-Mechaniker, Stickerei, Schneiderei, Kosmetik; Es gibt im privaten Sektor viele NGOs und Institute, die berufliche Aus- und Weiterbildungen anbieten (IOM 8.2013).
Quellen:
BAA - Bundesasylamt (6.2013): Bericht zur Fact Finding Mission Pakistan vom 8-16.3.2013 mit den Schwerpunkten Sicherheitslage, Religiöse Minderheiten Landrechte Medizinische und soziale Versorgung, Afghanische Flüchtlinge
IOM - Internationale Organisation für Migration (8.2013):
Länderinformationsblatt Pakistan, http://www.bamf.de/SharedDocs/MILo-DB/DE/Rueckkehrfoerderung/Laenderinformationen/Informationsblaetter/cfs_pakistan-dl_de.pdf?__blob=publicationFile, Zugriff 14.10.2013
Murad Ullah, Legal Officer des UNHCR in Islamabad (1.-2.10.2012):
Vortrag zum DACH Workshop Pakistan, Nürnberg
OPF - Overseas Pakistanis Foundation (o.D.): Startseite, http://www.opf.org.pk/home.aspx, Zugriff 11.9.2013
Wohlfahrt-NGOs
Private Einrichtungen wie der Edhi-Trust spielen eine wichtige Rolle in der sozialen Versorgung (BAA 6.2013). Dieser bietet soziale Dienste, wie medizinische Versorgung, Notfallhilfe, Luftrettung, Bestattungen, Versorgung psychisch Kranker, Altenheime, Kinderhilfe, Frauenhäuser und Berufsbildung für benachteiligte Menschen an (IOM 8.2013).
Der Bunyad Literacy Community Council (BLCC) ist eine NGO, die sich hauptsächlich im Bereich Bildung engagiert (IOM 8.2013). Er hat sich die Verbesserung der Situation auf dem Lande lebender Familien zur Aufgabe gemacht hat. Die Programme richten sich an Randgruppen, vor allem an Frauen und Kinder. Das Hauptaugenmerk der Bunyad Programme liegt auf Alphabetisierung und Bildung (IOM 8.2012).
Development, Education, Environment, Poverty Alleviation, & Population Welfare Organization (DEEPP) ist eine im südlichen Punjab aktive NGO, die mit benachteiligten und marginalisierten Menschen arbeitet (IOM 8.2013).
Weitere Bespiele sind: Community Development Network Organization, Jacobabad; District Development Association Tharparkar (DDAT); Social Aid for Education and Development (SAFE), Sukkur; Legal Aid and Welfare Society (LAWS), Peschawar; Sarhad Rural Support Corporation (SRSC), Peschawar; Society for Integrated Development (S.I.R.D.), Quetta; Khawra Development Organization Muzaffarabad (IOM 8.2013).
Die pakistanische Entwicklungshilfeorganisation National Rural Support Programme (NRSP) unterstützt bei der Selbstorganisation der Landbevölkerung. Die Einheiten erörtern ihren Bedarf und beschließen ihre eigenen Projekte, Aufgabe von NRSP ist das Lukrieren von Finanzierungsmöglichkeiten. Eine weitere Hauptaufgabe ist der Aufbau der Qualifikationen und des Fachkönnens zur Erwerbstätigkeit. Trainings werden z.B. in den Bereichen Alphabetisierung, allgemeines Management, Finanzen, Nutztierhaltung, Forstwirtschaft, aber auch zur Führung kleinerer Geschäfte abgehalten. Das NRSP vergibt auch über die eigene Bank Mikrokredite mit einen Maximum von 30.000 Rupien (ca. € 227) pro Person. Speziell für arme Familien läuft das Social and Human Protection Programme zur Einkommensgenerierung. (BAA 6.2013).
Quellen:
BAA - Bundesasylamt (6.2013): Bericht zur Fact Finding Mission Pakistan vom 8-16.3.2013 mit den Schwerpunkten Sicherheitslage, Religiöse Minderheiten Landrechte Medizinische und soziale Versorgung, Afghanische Flüchtlinge
IOM - Internationale Organisation für Migration (8.2013):
Länderinformationsblatt Pakistan, http://www.bamf.de/SharedDocs/MILo-DB/DE/Rueckkehrfoerderung/Laenderinformationen/Informationsblaetter/cfs_pakistan-dl_de.pdf?__blob=publicationFile, Zugriff 14.10.2013
Rückkehrhilfe und -projekte
Personen, die nach Pakistan zurückkehren, erhalten keinerlei staatliche Wiedereingliederungshilfen oder sonstige Sozialleistungen (AA 2.11.2012). Kehren sie in ihren Familienverband zurück, ist ihre Grundversorgung im Rahmen dessen wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit gesichert (AA 1.7.2011).
IOM betreibt ein Freiwilliges Rückkehrprogramm für Pakistanis aus Österreich, das Projekt ist für das Jahr 2013 auf 30 Personen konzipiert, elf sind bis zum März bereits zurückgekehrt, darunter auch Familien. Bis auf zwei Personen, die ins Swat-Tal zurückgekehrt sind, kommen alle aus dem Punjab. Es wird eine finanzielle Rückkehrunterstützung sowie eine Reintegrationsunterstützung, u.a. durch berufliche Weiterbildung geboten. Die Situation bei der Rückkehr hängt von der Person und den Umständen sowie der Zeit, die sie außer Landes verbracht hat, ab (BAA 6.2013).
Im Rahmen dieses Projekts werden pakistanische Staatsangehörige, die in Österreich (i) Asylwerber/innen, (ii) asylberechtigt, (iii) subsidiär schutzberechtigt, oder (iv) nicht oder nicht mehr aufenthaltsberechtigt sind, bei ihrer freiwilligen Rückkehr und nachhaltigen Reintegration in ihrem Herkunftsland unterstützt. Die Maßnahmen werden gemeinsam mit den Teilnehmer/innen erarbeitet und sind auf deren individuelle Bedürfnisse und Fähigkeiten abgestimmt.
IOM implementiert folgende Aktivitäten: Finanzielle Unterstützungsleistung; Reintegrationsunterstützung; IOM unterstützt Reintegrationsmaßnahmen durch Sachleistungen bis zu einem Maximalwert von EUR 3.000,-, darunter fallen: Berufsberatung und Arbeitsvermittlung, Berufliche und schulische Aus- und Weiterbildungsangebote, z.B. als Mechaniker/in, Computertechniker/in, Frisör/in, Installateur/in, Elektriker/in, etc.; Unterstützung bei der Neugründung von Kleinbetrieben sowie Geschäftsgründungs- und Managementseminare; Unterstützung beim Ankauf von Werkzeugen und Ausrüstungen; Sonderunterstützung für Projektteilnehmer/innen mit besonderen Bedürfnissen (IOM o.D.).
Die Unterstützung zur Erwerbstätigkeit wird, laut IOM, an die Person angepasst. Bei der Aus- und Weiterbildung für den Arbeitsmarkt wird darauf aufgebaut, welche beruflichen Erfahrungen die Betroffenen mitbringen, und dies mit den Marktanforderungen abgeglichen. Die finanziellen Mittel sind auf kleine Geschäftsgründungen angelegt. Geschäfte, die so eröffnet wurden, sind z.B. kleine Kleider-, Lebensmittel-, Mobiltelefongeschäfte oder Schönheitssalons - diese sind derzeit erfolgreich (BAA 6.2013). IOM in Pakistan führt kontinuierliches Monitoring mit den Projektteilnehmer/innen vor Ort durch (IOM o.D.).
Auch die pakistanische NGO WELDO betreut Rückkehrprogramme. Es gibt unterschiedliche Programme für die freiwillige Rückkehr. Es werden Leistungen zur Reintegration und Unterstützung bereitgestellt. Sie versuchen die Rückkehrer wieder in den Arbeitsmarkt zu integrieren und vermitteln Arbeitsplätze. Das Ausbildungsprogramm wird mit dem Bedarf am Arbeitsmarkt und an die jeweilige Person angepasst. Meist sind jene Migranten nur schlecht ausgebildet. Beratung und Unterstützung in der Zielregion wird geboten. Die meisten Programme enthalten auch finanzielle Leistungen für die Betroffenen. Es gibt verschiedene Programme z.B. für vulnerable Personengruppen, unbegleitete Minderjährige und Menschen, die psychische Hilfe benötigen. WELDO kümmert sich ebenfalls und im gleichen Umfang um zwangsweise Abgeschobene (BAA 6.2013).
Quellen:
AA - Auswärtiges Amt (2.11.2012): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Pakistan
AA - Auswärtiges Amt (1.7.2011): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Pakistan
BAA - Bundesasylamt (6.2013): Bericht zur Fact Finding Mission Pakistan vom 8-16.3.2013 mit den Schwerpunkten Sicherheitslage, Religiöse Minderheiten Landrechte Medizinische und soziale Versorgung, Afghanische Flüchtlinge
IOM - Internationale Organisation für Migration (o.D.):
Unterstützung der freiwilligen Rückkehr und Reintegration von Rückkehrenden nach Pakistan, Informationsblatt
Medizinische Versorgung
Pakistan verfügte mit Stand 2010 über 975 öffentliche (staatliche) Spitäler des tertiären und sekundären Sektors und insgesamt 13.051 staatliche Grundversorgungseinrichtungen. Laut einem Überblick von 2001 verfügte Pakistan über 73.000 private Einrichtungen - die meisten von diesen Einzelkliniken. Der Non-Profit und private Wohltätigkeitsbereich verzeichnete in einer Erhebung vom Jahr 2005 über 7.000 Betten. Pakistan hat ein Netz von mehr als 62.000 Apotheken, allerdings nur 2.000 qualifizierte Apotheker. Im Jahr 2009 gab es 109 Schulen für Krankenpflege sowie 141 für Hebammen (Lancet 17.5.2013).
In den modernen Krankenhäusern in den Großstädten kann - unter dem Vorbehalt der Finanzierbarkeit - eine Behandlungsmöglichkeit für die meisten Krankheiten festgestellt werden (AA 2.11.2012). Beinahe alle Krankheiten und medizinischen Probleme sind, laut IOM, in Pakistan behandelbar, auch in den öffentlichen (staatlichen) Spitälern. Organtransplantationen oder Dialysen werden durchgeführt. In sehr seltenen Fällen ist eine Behandlung nicht erhältlich. Doch es gibt Problemstellungen im Gesundheitssystem. Eines der gravierendsten Probleme ist die geringe Dichte an Humanressourcen im Gesundheitsbereich. 121.374 Ärzte sind derzeit, laut einer Lancet Studie, in Pakistan registriert. Daneben gibt es auch Engpässe bei anderem medizinischen Personal (BAA 6.2013). Nach Regierungsangaben kommen auf einen Arzt 1.222, auf einen Zahnarzt 16.854 und auf ein Krankenhausbett 1.701 Einwohner (HRCP 3.2012).
Eine starke Diskrepanz zwischen ländlichen und städtischen Gebieten verstärkt die Situation, erläutert IOM. In den großen Städten gibt es eine relativ gute medizinische Versorgung. Insgesamt ist, so eine Führungsangestellte des privaten Kulsum Krankenhauses, in den städtischen Gebieten die medizinische Versorgung besser, während sie in den ländlichen Gebieten oft nicht abgedeckt ist. Doch auch zwischen den Provinzen bestehen starke Unterschiede, in den ländlichen Gebieten des Sindh ist die Situation besser als in jenen anderer Provinzen. Ein Teil des Problems ist die Gewalt in der Grenzregion zu Afghanistan sowie die aufständische Gewalt in Belutschistan, was die ohnedies mangelhafte Gesundheitsversorgung in diesen Regionen verschlechterte, besonders Frauen und Kinder sind davon betroffen. Die Neugeborenen-, Mütter- und Kindersterblichkeit gehört somit zu einer der höchsten weltweit. So sieht ein leitender Gesprächspartner des UNHCR den fehlenden bzw. kaum vorhandenen Zugang zur Gesundheitsversorgung in einigen Gebieten Pakistans als eines seiner wichtigsten Menschenrechtsprobleme an (BAA 6.2013).
Die Qualität der Humanressourcen, insbesondere der Ärzte, ist hoch, erläutert IOM. Pakistan verfügt über sehr viel Expertise auf diesem Gebiet. Auch die Deutsche Botschaft schätzt die Qualität der Ärzte als hoch ein und zwar auch in den Regierungsspitälern, wobei diese hier allerdings überlastet sind. Die medizinische Forschung, u.a. zu Humanressourcen ist ausgeprägt und ausgesprochen produktiv. Laut Lancet gibt es 88 medizinische Hochschulen und Colleges im Land, an denen 2012 171.450 Absolventen abschlossen. Bezieht man die privaten Krankenhäuser mit ein, lässt sich in Pakistan nach Einschätzung der Deutschen Botschaft im regionalen Kontext eine verhältnismäßig gute Qualität der medizinischen Versorgung feststellen. Es besteht jedoch neben den regionalen Diskrepanzen meist ein starker Unterschied zwischen staatlichen und privaten Krankenhäusern. Die staatlichen Krankenhäuser sind oft grenzwertig, auch hier sind zwar die Ärzte gut ausgebildet, die Wartezeiten sind jedoch übermäßig lange, die hygienischen Bedingungen oft mangelhaft. Die Ausstattung in staatlichen Krankenhäusern, die Wartung des Equipments und die Kontinuität der Finanzierung bereiten oft Probleme. Oft fehlen den Primärgesundheitsstationen in ländlichen Gebieten die Versorgungsmittel. Viele Basisgesundheitseinrichtungen und auch Sekundärgesundheitseinrichtungen funktionieren oft nicht ausreichend, weshalb die Spezialkrankenhäuser überladen werden mit Fällen, die eigentlich nur Basisversorgungsfälle sind. Jedoch auch im öffentlichen Bereich gibt es Vorzeigespitäler. Zur Finanzierung der medizinischen Versorgung erhält Pakistan zusätzlich Gelder von globalen Fonds. (BAA 6.2013).
Einige Beispiele für Krankenhäuser ind Lahore sind das King Edward Medical College, das Allama Iqbal Medical College, das Fatima Jinnah Medical College für Frauen, das Mayo Hospital, Lady Willington, das Lahore General Hospital, das Sir Ganga Ram Hospital, das Shaukat Khanum Memorial Cancer Hospital & Research Centre, das Services Hospital und das Sheikh Zayed Hospital. Islamabad/Rawalpindi beherbergt u.a. das Pakistan Institute of Medical Sciences (PIMS), das Shifa International Hospital, das Marghala Institute of Health Sciences (MIHS), das Al-Shifa Eye Hospital, das Rawalpindi General Hospital, das Holy Family Hospital, das Army Medical College und das Rawalpindi Medical College. In Karachi findet sich das Fazal Hospital, das Agha Khan University Hospital (AKUH), das Karachi Adventist Hospital, das Bismillah Taqee Hospital, das Sindh Medical College und Jinnah Postgraduate Medical Centre, das Liaquat National Hospital, die Imam Clinic und das General Hospital, das Dow Medical College und das Civil Hospital Karachi. In römisch 40 gibt es u.a. das Fazal Hospital in Jhelum, das Jinnah Memorial Hospital und in Bahawalpur das Bahawalpur Victoria Hospital (IOM 8.2013). Das "Pakistan Medical and Dental Council" zertifiziert medizinische Einrichtungen. Eine Infektionskontrolle ist vorhanden, diese hat allerdings Schwächen. Ein konsistentes, umfassendes Gesundheitskontrollsystem ist noch nicht eingerichtet (BAA 6.2013).
Die meisten Medikamente, wie z.B. Insulin, können in den Apotheken in ausreichender Menge und Qualität erworben werden. Die Grundversorgung mit nahezu allen gängigen Medikamenten ist sichergestellt. Für ärztliche Versorgung und Medikamente muss in Pakistan nur ein Bruchteil der in Deutschland hierfür anfallenden Kosten aufgewendet werden, so dass sie für weite Teile der Bevölkerung erschwinglich sind (AA 2.11.2012). Im Allgemeinen ist eine große Bandbreite an Medikamenten erhältlich. Im privaten Sektor ist alles erhältlich an Medikamenten. Es traten in der Vergangenheit Probleme mit gestreckten Medikamenten auf. Als Reaktion darauf wurden 2012 eine Medikamentenregulierungsbehörde und ein entsprechendes Gesetz eingerichtet. Die Behörde orientiert sich an Einrichtungen in den USA und Kanada. Das Problem mit gefälschten Medikamenten könne auftreten, wenn man sie nicht bei zugelassenen oder seriösen Anbietern kauft, so eine Gesprächspartnerin des Kulsum Krankenhauses (BAA 6.2013).
70 % der Bevölkerung müssen Behandlungen selbst bezahlen, da es kein durchgehendes Krankenversicherungssystem gibt. Es gibt Versicherungen auf staatlicher Organisationsbasis, z.B. für das Militär oder die Fluggesellschaft PIA. Es gibt auch private Krankenversicherungen, die relativ günstig sind, dennoch können sich diese wenige leisten bzw. ist der Vorsorgegedanke kaum vorhanden. Angestellte bei größeren Firmen erhalten meist eine private Versicherung über die Firma. In einigen sozialen Bereichen haben NGOs eigene Systeme (BAA 6.2013).
Die staatlichen Krankenhäuser müssen die arme Bevölkerung gratis behandeln, für Bedürftige ist somit die medizinische Versorgung kostenfrei (BAA 6.2013; vergleiche auch AA 2.11.2012). Für über das Notwendigste hinausgehende Behandlungen halten sich die Krankenhäuser nicht immer an die Vorgabe der kostenlosen Behandlung, meint der Stellvertretende Leiter der staatlichen Sozialbehörde Bait-ul-Mal (BAA 6.2013). Da Bedürftigkeit offiziell nicht definiert ist, reicht die Erklärung aus, dass die Behandlung nicht bezahlt werden kann. Allerdings trifft dies nicht auf schwierige Operationen (z.B. Organtransplantationen) zu (AA 2.11.2012).
Zusätzlich gibt es ein staatliches Wohlfahrts-Programm, das von Pakistan Bait-ul-Mal administriert wird. Es bietet eine medizinisch-finanzielle Hilfestellung für Bedürftige, bei der die Behandlung dem staatlichen Krankenhaus mit der Bestätigung für die Behandlungskosten vorab bezahlt wird. Für bedürftige Menschen wird somit die medizinische Versorgung durch die Krankenhäuser selbst, durch Bait-ul-Mal und verschiedene Programme der Provinzregierung übernommen, womit, in der Einschätzung des Gesprächspartners, grundsätzlich die Fälle ohne andere Möglichkeiten abgedeckt sind. In erster Linie wird allerdings die Finanzierung in Notlagen durch die Familie aufgebracht. Auf der anderen Seite wurzelt im Zakat auch eine Tradition der Wohltätigkeitsprogramme und Spendenbereitschaft, es gibt wichtige Wohltätigkeitseinrichtungen im medizinischen Bereich (BAA 6.2013). Es gibt viele NGOs und staatliche Stellen, die medizinische Dienstleistungen im Rahmen verschiedener Projekte bereitstellen. Solche Angebote umfassen folgende Aktivitäten:
Psychosoziale Unterstützung, Medizinische Notversorgung, Familienplanung, Kostenlose Apotheken, Mobile Krankenlager, Notunterkünfte, Krankentransport (auch Luftrettung), Blutbanken (IOM 8.2013).
IOM nennt das von Imran Khan gegründete Shaukat Khanum Memorial Cancer Hospital and Research Centre in Lahore als Beispiel, welches führend auf dem Gebiet der Krebsbehandlung ist und gleichzeitig über ein System der Gratisversorgung bei Bedürftigkeit verfügt. Auch die Aga Khan Stiftung leistet sehr viel auf dem medizinischen Gebiet. Es gibt ein großes Aga Khan University Hospital in Karatschi mit einem Labornetzwerk, das eine sehr gute medizinische Versorgung bietet, in dem Vermögende zahlen müssen und Arme gratis behandelt werden. Die Stiftung hat auch medizinische Einrichtungen in anderen Städten Pakistans (BAA 6.2013).
Die Edhi Foundation unterhält 335 Gesundheitszentren in ganz Pakistan mit 24 Stunden Service und 1.800 Ambulanzfahrzeuge sowie 250 Notfallambulanzen, 28 Rettungsbooten, 30 Apotheken, kostenlose Kliniken und Diagnosezentren in Karatschi und Hyderabad, zwei Geburtskliniken in Karatschi, ein Diabetes-Zentrum in Karatschi, Laboratorien in Karatschi und Hyderabad, zwei Krankenpflege-Ausbildungszentren in Karatschi, Rehabilitationszentren für Drogenkranke in Karatschi und einen Luftrettungsdienst. Sie verteilt auch notwenige medizinische Behelfe wie Rollstühle, Patientenbetten, Sauerstoffflaschen u.a. Die Einrichtungen der Edhi Foundation richten sich an Bedürftige und sind kostenlos (BAA 6.2013). Zentren der Edhi Foundation, der größten Wohlfahrtstiftung Pakistans werden sowohl in Großstädten als auch in entlegenen Gebieten unterhalten (IOM 8.2013).
Quellen:
AA - Auswärtiges Amt (2.11.2012): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Pakistan
BAA - Bundesasylamt (6.2013): Bericht zur Fact Finding Mission Pakistan vom 8-16.3.2013 mit den Schwerpunkten Sicherheitslage, Religiöse Minderheiten Landrechte Medizinische und soziale Versorgung, Afghanische Flüchtlinge
HRCP - Human Rights Commission of Pakistan (3.2013): State of Human Rights in 2012,
http://hrcp-web.org/hrcpweb/wp-content/pdf/AR2012.pdf, Zugriff 2.9.2013
IOM - Internationale Organisation für Migration (8.2013):
Länderinformationsblatt Pakistan, http://www.bamf.de/SharedDocs/MILo-DB/DE/Rueckkehrfoerderung/Laenderinformationen/Informationsblaetter/cfs_pakistan-dl_de.pdf?__blob=publicationFile, Zugriff 14.10.2013
Lancet (17.5.2013): Health Transitions in Pakistan 1 Pakistan's health system: performance and prospects after the 18th Constitutional Amendment,
http://dx.doi.org/10.1016/S0140-6736(13)60019-7, Zugriff 11.9.2013
Behandlung nach Rückkehr und Dokumente
Zurückgeführte Personen haben bei ihrer Rückkehr nach Pakistan allein wegen der Stellung eines Asylantrags nicht mit staatlichen Repressalien zu rechnen. Eine über eine Befragung hinausgehende besondere Behandlung Zurückgeführter ist nicht festzustellen. Aus Ländern wie der Türkei, Griechenland und Großbritannien, werden regelmäßig Abschiebungen nach Pakistan durchgeführt. Die Rückführung von pakistanischen Staatsangehörigen ist nur mit gültigem pakistanischem Reisepass oder mit einem von einer pakistanischen Auslandsvertretung ausgestellten so genannten "emergency passport" möglich, nicht aber mit deutschen oder europäischen Passersatzdokumenten (AA 2.11.2012).
Die nationale Datenbank- und Registrierungsbehörde (NADRA) ist für die Ausstellung der Ausweispapiere (National Identity Card, Pakistan Origin Card - PIC, National Identity Card for Overseas Pakistanis - NICOP und Children Registration Certificates) verantwortlich. Die zuständigen Swift Centres sind in den meisten Städten zu finden (IOM 8.2013).
Pakistan Origin Card (POC): Eine Person kann eine POC erhalten, wenn sie ausländischer Staatsbürger ist und zu einem Zeitpunkt des Lebens ein Staatsbürger Pakistans gewesen ist. National Identity Card for Overseas Pakistanis - NICOP: Die NADRA-Behörde stellt dieses Papier pakistanischen Arbeitern/Emigranten und Bürgern im Ausland aus, sowie Pakistanis, die die doppelte Staatsbürgerschaft haben und bei einer NADRA-Behörde gemeldet sind. Die NICOP und auch die POC kann wenn nötig auch anstelle der National Identity Card verwendet werden (IOM 8.2013).
Children Registration Certificate: Die NADRA-Behörde sieht vor, für jedes Kind unter 18 Jahren ein solches Meldezertifikat auszustellen. Das Zertifikat enthält Informationen wie Name, Meldenummer, Namen der Eltern und Nummer ihrer computerisierten Nationalen Ausweise, Geburtsdatum, Geburtsort und Geschlecht (IOM 8.2013).
Quellen:
AA - Auswärtiges Amt (2.11.2012): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Pakistan
IOM - Internationale Organisation für Migration (8.2013):
Länderinformationsblatt Pakistan, http://www.bamf.de/SharedDocs/MILo-DB/DE/Rueckkehrfoerderung/Laenderinformationen/Informationsblaetter/cfs_pakistan-dl_de.pdf?__blob=publicationFile, Zugriff 14.10.2013
Individuell:
Der BF leidet an einer Anpassungsstörung mit einer leichtgradigen depressiven Episode. Der BF ist einvernahmefähig, zeitlich, örtlich, situativ derart orientiert, dass er in der Lage ist widerspruchsfreie, lückenlose und schlüssige Antworten zu geben. Der BF gibt bei der Untersuchung keine Kopfschmerzen an. Subjektiv klagt der BF über eine vermehrte Vergesslichkeit. Eine organische Störung des Gehirns lässt sich nicht erheben.
Konzentrationsleistungsstörungen können im Rahmen der Grunderkrankung auftreten, der BF ist aber in der Lage widerspruchsfreie und schlüssige Antworten zu geben. Die Anpassungsstörung mit einer leichtgradigen depressiven Reaktion ist behandlungsbedürftig und kann unter Beachtung der Nebenwirkungen mit allen gängigen Antidepressiva behandelt werden. An weiteren somatischen Erkrankungen leidet der BF insofern, dass er an Hepatitis C leidet. Eine Behandlung kann von einem Facharzt oder von einem mit psychischen Erkrankungen erfahrenen Hausarzt durchgeführt werden, eine regelmäßige Kontrolle beim Hausarzt des Betroffenen, auch in der Heimat Pakistan, wäre empfehlenswert (in sechs- bis zwölfwöchigen Abständen). Von einer dauerhaften Behandlungsbedürftigkeit ist bei diesem Krankheitsbild nicht auszugehen. Im Falle der Überstellung des BF nach Pakistan ist eine kurz. Bzw. mittelfristige Verschlechterung des Krankheitsbildes möglich, da in diesem Falle der Wunsch in Österreich blieben zu dürfen nicht erfüllt werden würde. Aus neurologisch-psychiatrischer Sicht besteht im Falle einer Überstellung aber nicht die reale Gefahr, dass der BF aufgrund der psychischen Störung in einen lebensbedrohlichen Zustand geraten oder sich die Krankheit in einem lebensbedrohlichen Ausmaß verschlechtern könnte. Inwieweit der BF in seinem Heimatland tatsächlich einem Bedrohungspotential ausgesetzt ist, kann der medizinische Gutachter nicht beurteilen.
Neurologisch-psychiatrische Gutachten vom 25.01.2015
Medizinische Versorgung
In einem im September 2012 veröffentlichten Artikel für die pakistanische Tageszeitung Dawn schreibt Muzaffar Husain, ein in England ansässiger Facharzt für forensische Psychiatrie, dass die im April 2010 verabschiedete 18. Verfassungsänderung die Zuständigkeit für die Bereitstellung von psychiatrischen Gesundheitsleistungen von der Bundesebene auf die pakistanischen Provinzen übertragen habe. Laut Husain gebe es in Pakistan kein Gesetz, das Personen mit psychischen Störungen schütze:
"[...] after the 18th constitutional amendment was passed in April 2010, the provision of psychiatric healthcare was devolved from the federation to the provinces in Pakistan. This constitutional amendment in effect abrogated the 2001 Mental Health Act which had been premised on federal (and not provincial) psychiatric regulatory institutions. At present, in practice there is no law which protects mentally disordered patients in Pakistan." (Dawn, 23. September 2012)
Die britische politische Wochenzeitung New Statesman erwähnt in einem älteren Artikel vom Oktober 2008, dass die geschätzte Zahl der PakistanerInnen, die an häufigen psychischen Störungen wie Depressionen oder Angststörungen leiden würden, zu den höchsten in der sich entwickelnden Welt gehöre. Dies werde durch hohe Verkaufszahlen bei Beruhigungsmitteln, Schlaftabletten und Antidepressiva, die alle frei verkäuflich seien, bestätigt:
"The intense political instability of the region has been partially blamed for the mental health difficulties faced by its population. Estimated numbers of Common Mental Disorders (CMDs) such as depression and anxiety are among the highest in the developing world, confirmed by high sales of tranquilisers, sleeping tablets, and anti-depressants, all of which are available over the counter."
(New Statesman, 22. Oktober 2008)
Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 21.06.2013
Ist die Behandlung von Hepatitis und Diabetes Mellitus in Pakistan möglich?
Zusammenfassung, Quellenlage/Quellenbewertung:
In öffentlich zugänglichen Internetquellen wurde im Rahmen der Recherche in deutscher und englischer (ggf. weitere) Sprache eine große Fülle an Informationen aus verschiedenen Quellen gefunden. Eine ausgewogene Auswahl wird im Folgenden zur Verfügung gestellt.
Quellenbewertung:
MedCOI ist ein durch den ERF finanziertes Projekt, in dessen Rahmen einerseits eine Homepage mit Informationen zur medizinischen Versorgung in Herkunftsländern zur Verfügung steht (www.medcoi.eu), und andererseits medizinische Anfragen gestellt werden können.
Das deutsche Auswärtige Amt ist eine Standardquelle und ist (grundsätzlich) als äußerst sichere sowie zuverlässige Quelle einzustufen.
Die Internationale Organisation für Migration (IOM) ist eine zwischenstaatliche Organisation, die sich in verschiedener Hinsicht mit Migrationsfragen beschäftigt, unter anderem mit Rückkehr und Reintegration von Migranten in ihr Herkunftsland. An IOM können Anfragen zur medizinischen Versorgung in den Herkunftsländern übermittelt werden.
Die österreichischen Vertretungsbehörden können zur Erfüllung ihrer Aufgaben speziell Vertrauensanwälte, Gutachter oder Sachverständige einsetzen. Durch ihre fachliche Qualifikation, ihre Sprachkenntnisse und ihrem weitreichenden Netzwerkpool können sie dem Anforderungsprofil der Vertretungsbehörde entsprechend Ihr Fachwissen bzw. die jeweils angefragte Information an die jeweilige Vertretungsbehörde (oder auch dem Verbindungsbeamten) weiterleiten und können daher als äußerst zuverlässige Quelle bezeichnet werden.
Zusammenfassung:
Den nachfolgend zitierten Quellen ist zu entnehmen, dass Hepatitis C und Diabetes Mellitus in Pakistan behandelbar sind.
Einzelquellen:
MedCOI Bericht vom 6.2.2013:
Hepatitis C
Questions about required treatment:
1. Are in and outpatient treatment and follow up by an internal specialist available?
Answer on question(s):
1. Yes available.
MedCOI (6.2.2013): Auskunft PK-2774-2013 EUR durch das Niederländische Ministry of the Interior and Kingdom Relations/Immigration and Naturalisation Service (IND)/Medical Advisors¿ Office,
https://www.medcoi.eu/Content/7/search.aspx?pageid=7&q=&wa=False&s=-1&l=PK&t=-1&dv=1-1-1900&dt=17-6-2013&d=1&st=-1&at=-1&clas=-1&euro=1&menuId=0&type=2&guid=4B40704B-62E7-4EAB-88F7-4561CBEF9A4F, Zugriff 17.6.2013
MedCOI Bericht vom 12.5.2012:
[...] diabetes mellitus [...]
[...]
Questions about required treatment:
3. römisch eins s outpatient treatment and follow up by a general practitioner available?
4. römisch eins s in- and outpatient treatment by an internal specialist available?
Answer on question(s):
[...]
3. Yes available.
4. Yes available.
MedCOI (12.5.2012): Auskunft PK-2452-2012-NL durch das Niederländische Ministry of the Interior and Kingdom Relations/Immigration and Naturalisation Service (IND)/Medical Advisors¿ Office,
https://www.medcoi.eu/download.aspx?guid=b5f6606e-66a3-4bc5-ba91-1e5389d479ba, Zugriff 17.6.2013
2. Wo bestehen Behandlungsmöglichkeiten?
Zusammenfassung:
Der nachfolgend zitierten Quelle ist zu entnehmen, dass Hepatitis C und Diabetes Mellitus in den u.a. medizinischen Einrichtungen behandelt werden können.
Sitzung unten auch eine Auflistung der örtlichen Apotheken.
Einzelquellen:
MedCOI Bericht vom 6.2.2013 - Behandlungseinrichtungen für Hepatitis C (auch für Leberzirrhose):
ADDRESSES OF HOSPITALS/PHARMACIES WHERE TREATMENT IS AVAILABLE
ISLAMABAD/RAWALPINDI
Pakistan Institute of Medical Sciences (PIMS Hospital),
G-8 Markaz, Islamabad
Shifa International Hospital Ltd.,
Sector H-8/4, Islamabad
CMH (Combined Military Hospital)
Near Lalkurti.
Rawalpindi
Quaid-e-Azam International Hospital
Near Golra Morr, Adjacent Froebels School,
Peshawar Road, Islamabad.
Mediplus Chemist,
Main School Road,
F-6 Markaz, Islamabad
Shaheen Chemist:
Main School Road, F-6, Super Market, Islamabad.
D. Watson Chemist:
Main School Road, F-6, Super Market, Islamabad.
D. Watson Chemist,
Khyber Plaza, Blue Area,Islamabad
D. Watson Chemist,
Hassan Arcade, F/11 Markaz, Islamabad
Shifa International Hospital & Pharmacy
Sector H-8/4, Islamabad.
LAHORE
Sheikh Zaid Hospital
# 16, New Muslim Town, Near Punjab University,
Lahore. Pakistan
Doctor's Hospital & Medical Centre,
152-G/1 Canal Bank, Johar Town, Lahore 54590
KARACHI
Aga Khan University Hospital & Pharmacy,
Stadium Road, P.O Box 3500, Karachi 74800, Pakistan.
OMI Hospital
89/01, Depot Lines, Karachi.
Al-Kausar Medicos
Opposite Khalikdina Hall, M.A.Jinnah Road, Karachi.
Aga's Super Market Pharmacy
#01, Uzma Court, Schon Circle,
Clifton, Karachi
MedCOI (6.2.2013): Auskunft PK-2774-2013 EUR durch das Niederländische Ministry of the Interior and Kingdom Relations/Immigration and Naturalisation Service (IND)/Medical Advisors¿ Office,
https://www.medcoi.eu/Content/7/search.aspx?pageid=7&q=&wa=False&s=-1&l=PK&t=-1&dv=1-1-1900&dt=17-6-2013&d=1&st=-1&at=-1&clas=-1&euro=1&menuId=0&type=2&guid=4B40704B-62E7-4EAB-88F7-4561CBEF9A4F, Zugriff 17.6.2013
MedCOI Bericht vom 10.4.2012 - Behandlungseinrichtungen für Diabetes Mellitus (auch für Depressionen):
List of State Run Tertiary Care Hospitals
Sitzung # Name of Hospital Address
1 Abbasi Shaheed Hospital, Karachi Paposh Nagar, Nazimabad, Karachi
2 Civil Hospital, Karachi, M. A. Jinnah road, Karachi
3 Civil Hospital, Sukkur Sukkur
4 Civil Hospital - Burns Centre, Karachi M. A. Jinnah road Karachi
5 Habib Medical Centre, Karachi Federal B. Area Karachi
6 Jinnah Postgraduate Medical Centre Karachi Rafique Shaheed road Karachi
7 Karachi Institute of Heart Diseases, Karachi St. # 15 Block 16, Federal B. Area Karachi
8 Kunri Christian Hospital, Umarkot Umarkot
9 Lady Dufferin Hospital, Karachi Chand Bibi road, Nanakwara, Karachi
10 Liaqat University of Health Sciences, Hyderabad Highway road, Near Bakra Mandi, Hyderabad
11 Lyari General Hospital, Karachi Tannery road Rangiwara, Karachi
12 National Institute of Cardiovascular Diseases, Karachi, Federal Board Area, Karachi
13 National Institute of Child Health, Karachi University road Karachi
14 PNS Shifa, Karachi Main Karsaz Karachi
15 Police Hospital, Karachi Gazdarabad, Karachi
16 Sindh Government Qatar Hospital, Karachi Orangi Town, Karachi
17 Sindh Government Hospital New Karachi, Karachi UP Morr Sector 11, North Karachi
18 Sindh Institute of Urology and Transplantation (SIUT), Karachi, Chand Bibi road, Karachi
19 Sir Cowasjee Jehangir Institute of Psychiatry, Hyderabad Giddu Bandar Latifabad # 3, Hyderabad
20 Sobhraj Maternity Home, Karachi Urdu Bazar Karachi
21 Spencer Eye Hospital, Karachi Siddique Wahab road,Lea Market Karachi
22 Khayber Medical University Hayatabad Peshawar
23 Lady Reading Hospital Hospital road
24 District Headquarter Hospital Gunranwala Hospital road Gujranwala
25 Allama Iqbal Memorial Hospita (District Headquarter Hospital) Commissioner road Sialkot
26 BMC Hospital Bawrery road Quetta
27 Ayub Medical Complex Karakaram Highway, Abbottabad
28 Jinnah Hospital Maulana Shoukat Ali road, Lahore
29 Sir Ganga Ram Hospital Mazang road Lahore
30 Services Hospital Lahore Shadman near Canal Bank road Lahore
31 Sheikh Zaid Hospital New Muslim Town Khayaban-e- Jamia Lahore
32 Mayo Hospital Hospital road Lahore
33 Gulab Devi Hospital, Lahore Club road Lahore
34 Lahore General Hospital Ayub road Lahre
35 Fatima Memorial Hospital Near GOR römisch III Lahore
36 Holy Family Hospital Satellite Town Rawalpindi
37 PIMS G8/3 Islamabad
38 Hayatabad Medical Complex Phase 4, Hayatabad
39 District Headquarter Hospital Mirpur AJK
40 District Headquarter Hospital Muzaffarabad AJK
41 Federal Govt. Services Hospital Shaheed-e-Millat road Islamabad
42 Sheikh Zaid Hospital Rahimyar Khan Near Jail road Rahimyar Khan
43 Railway Hospital Saryab road Quetta
44 Bahawal Vectoria Hospital Circular road Bahawalpur
45 Nishter Hospital, Nishter road Multan
46 Poly Clinic Hospital Rawalpindi
47 District Headquarter Hospital Hospital Rawalpindi Liaqat road, Raja Bazar Rawalpindi
48 Benazir Bhuto Hospital, Murree road Rawalpindi
MedCOI (10.4.2012): Auskunft 280.984 durch SOS International, INFORMATION on medical treatment of treatment of diabetes mellitus and depressive episode in Pakistan, requested by the Austrian Federal Ministry of the Interior, Reference number 280.984, provided by the International Organization for Migration (IOM)
3. Sind die dafür notwendigen Medikamente erhältlich, zutreffendenfalls welche Kosten hätte der AW zu tragen?
Zusammenfassung:
Der nachfolgend zitierten Quelle ist zu entnehmen, dass alle o.a. notwendigen Medikamente erhältlich sind.
Die antiretroviralen Medikamente, wie Ribavirin (Copegus Tabl.; Anmerkung werden in den öffentlichen Krankenhäusern (Hepatitis Control Program) kostenlos angeboten. Eine solche Behandlung würde in den privaten Einrichtungen jährlich 448,00 US Dollar kosten. Eine Tablette kostet 1,50 US Dollar.
Eine Interferon-Therapie (Pegasys Injektionslösung; Anmerkung wird vom Staat zum Teil bedeckt. Eine solche Behandlung (60-70 Injektionslösungen) würde in den privaten Einrichtungen 3.361,00 US Dollar im Jahr kosten.
Eine Packung Paracetamol (Norgesic Tabl.; Anmerkung kostet 12,00 PKR (ca. 0,092 EUR). Die monatlichen Kosten betragen 900,00 PKR (ca. 6,80 EUR).
Eine Packung Metformin (Glukophage Tabl.; Anmerkung kostet 118,00 PKR (ca. 0,89 EUR). Die monatlichen Kosten betragen ca. 236,00 PKR (ca. 1,78 EUR).
Auch die Medikamente zur Behandlung von Diabetes Mellitus sind grundsätzlich kostenlos verfügbar, wobei jedoch die kostenlose Verfügbarkeit der Medikamente nicht immer gewährleistet ist. Die Patienten müssen dann die Behandlung aus eigener Tasche finanzieren. Bedürftigen Personen, welche sich den Kauf der Medikamente nicht leisten können, wird Unterstützung von staatlichen und nichtstaatlichen Organisationen angeboten.
Ein öffentliches Krankenversicherungssystem gibt es in Pakistan nicht. Menschen ohne Einkünfte haben keinen Anspruch auf Sozialhilfe.
Einzelquellen:
MedCOI Bericht vom 5.7.2012:
Are the following medications available?
[...]
9. Interferon alfa 2 b
10. Ribavirin
[...]
Please mention:
a. in case of medication supply problems; time of re-supply in number of weeks (1wk, 2 wk, 3 wk, 4 wk or longer)
b. the alternatives if one or more medicines are not available at all in the country.
Answer on question(s):
[...]
9. Yes available.
10. Yes available.
[...]
a. No supply problems.
b. Yes, many alternatives are available.
MedCOI (6.2.2013): Auskunft PK-2774-2013 EUR durch das Niederländische Ministry of the Interior and Kingdom Relations/Immigration and Naturalisation Service (IND)/Medical Advisors¿ Office,
https://www.medcoi.eu/Content/7/search.aspx?pageid=7&q=&wa=False&s=-1&l=PK&t=-1&dv=1-1-1900&dt=17-6-2013&d=1&st=-1&at=-1&clas=-1&euro=1&menuId=0&type=2&guid=4B40704B-62E7-4EAB-88F7-4561CBEF9A4F, Zugriff 17.6.2013
MedCOI Bericht vom 12.5.2012:
Are the following medications available?
[...]
13. Metformine
[...]
Answer on question(s):
[...]
13. Yes available.
[...]
MedCOI (12.5.2012): Auskunft PK-2452-2012-NL durch das Niederländische Ministry of the Interior and Kingdom Relations/Immigration and Naturalisation Service (IND)/Medical Advisors¿ Office,
https://www.medcoi.eu/download.aspx?guid=b5f6606e-66a3-4bc5-ba91-1e5389d479ba, Zugriff 17.6.2013
MedCOI Bericht vom 5.7.2012:
Are the following medications available?
[...]
15. Dafalgan(r) 1g comprimés pelliculés : Paracetamolum
[...]
Answer on question(s):
[...]
15. Yes available.
[...]
MedCOI (5.7.2012): Auskunft PK-2522-2012 EUR durch das Niederländische Ministry of the Interior and Kingdom Relations/Immigration and Naturalisation Service (IND)/Medical Advisors¿ Office,
https://www.medcoi.eu/download.aspx?guid=1ce50545-0da3-443d-ac8e-04e550ca4a17, Zugriff 17.6.2013
MedCOI / IOM Bericht vom 10.4.2012:
ORAL - Antiretroviral Drugs (Tab Ribavarin etc) for 1 to 2 years depending upon the response and continued for 6 months after the HBsAG levels have reached ZERO. This regimen is mostly offered in the hospitals of Government Sector under Prime Minister's Hepatitis Control Program free of cost. In private setup the costs are PKR 40000 per annum (USD 448). Cost of 1 TAB is 1.5 USD.
INJECTABLE - Patients who are reactive to the oral treatment can undergo römisch IV management through Interferon Therapy for which the Hepatitis Control Program offers support. This therapy in private setup would Cost = PKR 300,000/ year (USD 3361) for 60-70 Injection Regimen.
The cost is partially covered by the state. Sometimes medicines due to shortage of supply may need to be purchased out of pocket.
Government based Baitulmal and Social welfare Department support the patients who fulfill their criteria of need when the medicines are not available in hospitals. This facility is available all over Pakistan and usually poor people are given the assistance.
Usually the state covers the costs. In some cases relatives of patients bear the expenses. Civil Society Organizations/Philanthropists/religious and political parties also and wings for such support.
[...]
Does a general health insurance exist in Pakistan? römisch eins f yes, who is entitled to the benefits of such insurance? römisch eins s someone, who has no income, entitled to social assistance?
No it does not exist.
MedCOI (10.4.2012): Auskunft 280.984 durch SOS International, INFORMATION on medical treatment of treatment of diabetes mellitus and depressive episode in Pakistan, requested by the Austrian Federal Ministry of the Interior, Reference number 280.984, provided by the International Organization for Migration (IOM)
MedCOI Bericht vom 9.10.2012:
Type of medication lowest retail price highest retail price
Paracetamol 12.00 PKR 900.00 PKR
MedCOI (9.10.2012): Auskunft BDA-20121009-PAK-0001 durch SOS International,
https://www.medcoi.eu/download.aspx?guid=73df5e8e-e568-47ec-9768-5863e2bed57c, Zugriff 17.6.2013
MedCOI Bericht vom 10.4.2012:
MedCOI (10.4.2012): Auskunft 280.984 durch SOS International, INFORMATION on medical treatment of treatment of diabetes mellitus and depressive episode in Pakistan, requested by the Austrian Federal Ministry of the Interior, Reference number 280.984, provided by the International Organization for Migration (IOM)
Bericht des deutschen Auswärtigen Amtes über die medizinische Versorgung in Pakistan, November 2012:
In den staatlichen Krankenhäusern, die allerdings i.d.R. europäische Leistungsstandards nicht erreichen, kann man sich bei Bedürftigkeit kostenlos behandeln lassen. Da Bedürftigkeit offiziell nicht definiert ist, reicht die Erklärung aus, dass die Behandlung nicht bezahlt werden kann. Allerdings betrifft dies nicht schwierige Operationen, z.B. Organtransplantationen.
Die Grundversorgung mit nahezu allen gängigen Medikamenten ist sichergestellt.
Für ärztliche Versorgung und Medikamente muss in Pakistan nur ein Bruchteil der in Deutschland hierfür anfallenden Kosten aufgewendet werden, so dass sie für weite Teile der Bevölkerung erschwinglich sind.
In den modernen Krankenhäusern in den Großstädten konnte - unter dem Vorbehalt der Finanzierbarkeit - eine Behandlungsmöglichkeit für die meisten in Rede stehenden Krankheiten festgestellt werden. Auch die meisten Medikamente, wie z.B. Insulin, können in den Apotheken in ausreichender Menge und Qualität erworben werden.
Auswärtiges Amt (November 2012): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Islamischen Republik PAKISTAN
Zu diesem Thema auch:
Einzelquellen:
Im Projekt der IOM Wien ist Folgendes zu entnehmen:
Seit Dezember 2012 implementiert die Internationale Organisation für Migration (IOM) Wien das Projekt "Unterstützung der Freiwilligen Rückkehr und Reintegration von Rückkehrenden nach Pakistan", welches vom Österreichischen Bundesministerium für Inneres finanziert wird.
Im Rahmen dieses Projekts werden pakistanische Staatsangehörige, die in Österreich Asylwerber/innen, asylberechtigt, subsidiär schutzberechtigt, oder nicht oder nicht mehr aufenthaltsberechtigt sind, bei ihrer freiwilligen Rückkehr und nachhaltigen Reintegration in ihrem Herkunftsland unterstützt. Die Maßnahmen, die die Rückkehrer/innen bei ihren Reintegrationsbemühungen begleiten, werden gemeinsam mit den Teilnehmer/innen erarbeitet und sind auf deren individuelle Bedürfnisse und Fähigkeiten abgestimmt.
Das Projekt dauert von 1. Dezember 2012 bis 30. November 2013. Unterstützt werden können bis zu 30 Personen, die bis 30. September 2013 freiwillig nach Pakistan zurückkehren.
IOM implementiert folgende Aktivitäten:
RÜCKKEHRUNTERSTÜTZUNG:
• Informationsgespräche vor der Abreise;
• Betreuung am Flughafen Wien vor dem Abflug;
• Empfang und Unterstützung bei der Ankunft am Flughafen in Pakistan;
• Bei Bedarf Organisation der Übernachtung und des
weiterführenden Transports zum endgültigen Rückkehrort in Pakistan.
REINTEGRATIONSUNTERSTÜTZUNG:
Finanzielle Unterstützungsleistung:
Bei der Ankunft in Pakistan wird ein Betrag von EUR 300,- für jede/n Projektteilnehmer/in, sowie zusätzlich EUR 300,- für jedes mitzurückkehrende Familienmitglied bereitgestellt, um akute Bedürfnisse nach der Rückkehr abzudecken.
Reintegrationsunterstützung:
IOM unterstützt Reintegrationsmaßnahmen
durch Sachleistungen bis zu einem Maximalwert von EUR 3.000,-:
• Berufsberatung und Arbeitsvermittlung;
• Berufliche und schulische Aus- und Weiterbildungsangebote, z.B. als Mechaniker/in, Computertechniker/in, Frisör/in, Installateur/in, Elektriker/in, Landwirt/in etc.;
• Unterstützung bei der Neugründung von Kleinbetrieben (z.B. im Bereich Landwirtschaft, Transport, Lebensmittel, Schweißarbeit, Schneiderei, Verkauf, Holzarbeit, Kosmetik, Autoservices, Internet-Cafés etc.) sowie Geschäftsgründungs- und Managementseminare;
• Unterstützung beim Ankauf von Werkzeugen und Ausrüstungen.
Das Startkapital wird nicht in bar an die Teilnehmer/innen, sondern direkt an die Dienstleister/innen und Verkäufer/innen ausbezahlt.
Sonderunterstützung:
Projektteilnehmer/innen mit besonderen Bedürfnissen (z.B. Alleinerzieher/innen, unbegleitete Minderjährige, Betroffene von Menschenhandel, Personen mit gesundheitlichen Beschwerden etc.) können weitere Unterstützungsleistungen in Anspruch nehmen.
[...]
Für weitere Informationen kontaktieren Sie bitte:
Daniela Blecha
Internationale Organisation für Migration
Nibelungengasse 13/4
1010 Wien
Email: avrr.vienna@iom.int
Tel: 01/ 585 33 22 14
IOM Wien (Dezember 2012): Unterstützung der freiwilligen Rückkehr und Reintegration von Rückkehrenden nach Pakistan, http://www.iomvienna.at/de/aktivitaeten/reintegrationsunterstuetzung/laufende-projekte/661-unterstuetzung-der-freiwilligen-rueckkehr-und-reintegration-von-rueckkehrenden-nach-pakistan, Zugriff 18.6.2013
ÖB Islamabad, Asylländerbericht Pakistan, Jänner 2013:
Medizinische Versorgung und Kostentragung
Die medizinische Infrastruktur ist differenziert zu sehen. Während sie in den größeren Städten durchaus gut ausgebaut ist, ist die Gesundheitsversorgung am Land oft schlecht und zeigt starke regionale Unterschiede. Medikamente und Generika sind in ganz Pakistan fast überall und viel günstiger als in Europa zu bekommen. Eine Krankenversicherung existiert nicht, so dass die unteren Gesellschaftsschichten von der Krankenversorgung weitgehend ausgeschlossen sind.
ÖB Islamabad (Jänner 2013): Asylländerbericht Islamische Republik Pakistan
Im Länderinformationsblatt Pakistan (BAMF-IOM, August 2012) wird über die medizinische Versorgung in Pakistan Folgendes berichtet:
Es gibt in Pakistan verschiedene hauptamtliche Stellen, die für die medizinischen Ressourcen zuständig sind: das Pakistan Medical and Dental Council, die Pakistan Dental Association, das College of Physicians & Surgeons.
[...]
Ebenso ist das Nationale Programm für Familienplanung und gesundheitliche Grundversorgung eine angemessene und dringend erforderliche Reaktion auf die Bedürfnisse der ländlichen Gemeinden des Landes nach Gesundheitsleistungen.
Medizinische Infrastruktur
• Lahore beherbergt einige der ältesten medizinischen Hochschulen und Krankenhäuser wie etwa das King Edward Medical College, das Allama Iqbal Medical College, das Fatima Jinnah Medical College für Frauen, das Mayo Hospital, Lady Willington, das Lahore General Hospital, das Sir Ganga Ram Hospital, das Shaukat Khanum Memorial Cancer Hospital & Research Centre, das Services Hospital und das Sheikh Zayed Hospital.
• Islamabad/Rawalpindi beherbergt das Pakistan Institute of Medical Sciences (PIMS), das Shifa International Hospital, das Marghala Institute of Health Sciences (MIHS), das Al-Shifa Eye Hospital, das Rawalpindi General Hospital, das Holy Family Hospital, das Army Medical College und das Rawalpindi Medical College.
• Karachi beherbergt das Fazal Hospital, das Agha Khan University Hospital (AKUH), das Karachi Adventist Hospital, das Bismillah Taqee Hospital, das Sindh Medical College und Jinnah Postgraduate Medical Centre, das Liaquat National Hospital, die Imam Clinic und das General Hospital, das Dow Medical College und das Civil Hospital Karachi.
• Darüber hinaus gibt es das Fazal Hospital in Jhelum, das Jinnah Memorial Hospital in römisch 40 und das Bahawalpur Victoria Hospital (Tel. 884289) in Bahawalpur.
Es gibt viele NGOs und staatliche Stellen, die medizinische Dienstleistungen im Rahmen verschiedener Projekte bereitstellen.
Solche Angebote umfassen folgende Aktivitäten:
· Psychosoziale Unterstützung
· Medizinische Notversorgung
· Familienplanung
· Kostenlose Apotheken
· Mobile Krankenlager
· Notunterkünfte
· Krankentransport (auch Luftrettung)
· Blutbanken
Weiter Organisationen, die medizinische Hilfe und ähnliche Dienste anbieten:
Pakistan Bait-ul-Mal - Pakistan Bait-ul-Mal (PBM) ist eine Wohlfahrtsorganisation die sich der Armutsbekämpfung widmet. Im Fokus steht dabei die soziale Integration marginalisierte Bevölkerungsgruppen wie Witwen, Waisen, behinderte und kranke Menschen und andere bedürftige
Personen. PBM unterstützt politische Maßnahmen und unterhält Programme, die auf einen besseren Ausgleich in den ökonomischen und sozialen Bereichen zugunsten schwacher Gesellschaftsschichten zielen.
Edhi Foundation - Edhi Foundation1 ist die größte Wohlfahrtstiftung Pakistans. Sie unterhält 300 Zentren, sowohl in Großstädten als auch in entlegenen Gebieten, due medizinische Hilfe, Familienplanung und Notfallhilfe anbieten.
[...]
NICHTREGIERUNGSORGANISATIONEN
Die folgende Liste enthält alle nichtstaatlichen Organisationen in den vier Provinzen Azad, Jammu, Kaschmir und Islamabad. Die angegebenen Informationen beziehen sich auf die thematischen Bereiche der Organisationen. Darüber hinaus sind die entsprechenden Kontaktinformationen angegeben.
1. Punjab
Die Edhi Stiftung bietet soziale Dienste wie medizinische Versorgung, Notfallhilfe, Luftrettung, Bestattungen, Versorgung psychisch Kranker, Altenheime, Kinderhilfe, Frauenhäuser und Berufsbildung für benachteiligte Menschen an. Mehr unter http://www.edhifoundation.com
[...]
Development, Education, Environment, Poverty Alleviation, & Population Welfare Organization (DEEPP) ist eine im südlichen Punjab aktive NGO, die mit benachteiligten und marginalisierten Menschen arbeitet und sich für eine bessere Infrastruktur einsetzt, vor allem im Bildungs-, Umwelt-, und Gesundheitsbereich. (Kontakt: +92 61 41522)
H E A L, Lahore: Fürsprache, Landwirtschaft, Kinder, Kommunikation und Medien, Kredit-/Mikrosysteme, Kultur, Entwicklung, Katastrophenmanagement, Drogenmissbrauch, Ökologie, Wirtschaft, Bildung, Energie, Energievergünstigungen, Umweltschutz, Lebensmittelproduktion, Staatsführung, Gesundheit, Menschenrechte, Informationsverbreitung, Institutionelles Bauwesen, Gesetze, Bekämpfung der Armut, Forschung, Landentwicklung, Technologie, Frauen, Jugend (Kontaktinformationen: +92 42 5178123 URL:http://www.braveheal.bravepages.com )
(Kontakt: +92 (21) 2413232, Fax: +92 (21)2413232)
[...]
2. Sindh
Community Development Network Organization, Jacobabad: Fürsprache, Landwirtschaft, Bildung, Umweltschutz, Gesundheit, Menschenrechte (Kontaktinformationen: Tel.: +92 721 650604)
[...]
NARC International, Karachi: Fürsprache, Kinder, Entwicklung, Bildung, Gesundheit, Menschenrechte, Frauen (Kontaktinformationen:
Tel.: +92 21 8144935)
[...]
3. NWFP
[...]
Sarhad Rural Support Corporation (SRSC), Peshawar: Fürsprache, Landwirtschaft, Wirtschaft, Umweltschutz, Gesundheit, Infrastruktur-Entwicklung, institutionelles Bauwesen, Bekämpfung der Armut, Frauen, öffentliche Bildung, Kreditsysteme, benachteiligte Bevölkerungsgruppen, sozioökonomische Entwicklung (Kontaktinformationen: Tel.: +92 91 273731, Fax +92 91 276734)
Sungi Development Foundation, Abbottabad: Fürsprache, Landwirtschaft, Geschäftswesen, Kommunikation und Medien, Kultur, Umweltschutz, Gesundheit, Menschenrechte, Informationsverbreitung, Infrastruktur-Entwicklung, Bekämpfung der Armut, Landentwicklung, Frauen, Kreditsysteme (Kontaktinformationen: Tel.: +92 992 33414/34750, Fax:+92 992 317)
[...]
4. Belutschistan
[...]
Society for Integrated Development (S.I.R.D.), Quetta: Fürsprache, Kinder. Bildung, Umweltschutz, Gesundheit, Frauen, Jugend (Kontaktinformationen: Tel.: +92 81 449504, Fax: +92 81 443493)
5. Azad Jammu und Kaschmir
Khawra Development Organization Muzaffarabad A.K.: Fürsprache, Kinder, Kultur, Entwicklung, Bildung, Gesundheit, Menschenrechte, Frauen, Jugend (Kontaktinformationen: Tel.: +92 58810 33406
6. Islamabad
[...]
Society for the advancement of Community, Health, Education & Training (SACHET): Fürsprache, Kinder, Kredit-/Mikrosysteme, Bildung, Gesundheit, Frauen, Jugend, Geschlecht, Jugendliche, Sexualgesundheit einschließlich Familienplanung (Kontaktinformationen: Tel.: +92 51 2254933, Fax: +92 51 2255053)
Society for the Protection of the Rights of the Child (SPARC):
Fürsprache, Kinder, Bildung, Gesundheit, Menschenrechte, Frauen, Jugend, benachteiligte Bevölkerungsgruppen (Kontaktinformationen:
+92 51 2279255, Fax: +92 51 2279256)
[...]
Punjab
Das Gesundheitsamt der Regierung der NWFP - bemüht sich um die Gewährleistung einer erschwinglichen, verfüg-und nutzbaren präventiven, kurativen und rehabilitativen medizinischen Versorgung der Bevölkerung. Zu den Hauptaufgaben des Amtes zählen die öffentliche Gesundheit und Hygiene, medizinische Bearbeitung, Beratung von Ärzten und Pflegepersonal, die medizinische Ausbildung etc.
[...]
Gesundheitsamt - Das Gesundheitsamt übt eine Reihe gesundheitsbezogener Aktivitäten aus. Hierzu zählen präventive, gesundheitsfördernde und heilende Maßnahmen, Personalentwicklung, Finanzierung, Implementierung und die Überwachung anderer Gesundheitsdienste. Notdienste werden für die ersten 24 Stunden in jeder medizinischen Einrichtung kostenlos geleistet. Auch präventive Maßnahmen wie etwa Impfungen werden kostenlos angeboten.
Amt für Wohnungswesen, Stadtentwicklung und öffentliche Gesundheitsplanung - Das H&PP-Generaldirektorat Punjab wurde in Anwendung der PHATA-Verordnung aus dem Jahr 2002 zur Punjab Housing and Town Planning Agency (PHATA). Aufgrund eines akuten Wohnungsmangels sahen sich im Ausland lebende Pakistanis, die in ihre Heimat zurückkehren wollten, mit zahlreichen Problemen konfrontiert. Aus diesem Grund initiierte die PHATA zunächst eine Durchführbarkeitsstudie, um die Verfügbarkeit von Grundstücken und den Bedarf an Wohnungen in
Großstädten für im Ausland lebende Pakistanis zu ermitteln.
BAMF-IOM (August 2012): Länderinformationsblatt Pakistan, https://milo.bamf.de/milop/livelink.exe/fetch/2000/702450/698578/704870/698704/772191/15385098/15932293/Pakistan_-_Country_Fact_Sheet_2012%2C_deutsch.pdf?nodeid=15932294&vernum=-2, Zugriff 24.5.2013
römisch II.1.3. Behauptete Ausreisegründe aus dem Herkunftsstaat
Es konnte nicht festgestellt werden, dass dem BF eine aktuelle sowie unmittelbare persönliche und konkrete Gefährdung oder Verfolgung in seinem Heimatland Pakistan droht.
Es können keine stichhaltigen Gründe für die Annahme festgestellt werden, dass der BF Gefahr liefe in Pakistan einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe bzw. eines sonstigen konkreten individuellen Gefahr unterworden zu werden.
Es kann nicht festgestellt werden, dass der BF im Falle der Rückkehr nach Pakistan in eine existenzgefährdenden Notsituation geraten würde oder als Zivilperson einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines innerstaatlichen oder internationalen Konfliktes ausgesetzt wäre.
Weitere Ausreisegründe und/oder Rückkehrhindernisse kamen bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen nicht hervor.
2. Beweiswürdigung:
römisch II.2.1. Das erkennende Gericht hat durch den vorliegenden Verwaltungsakt Beweis erhoben und ein ergänzendes Ermittlungsverfahren sowie eine Beschwerdeverhandlung durchgeführt.
Aufgrund des vorliegenden Verwaltungsaktes, des Ergebnisses des ergänzenden Ermittlungsverfahrens, sowie der Beschwerdeverhandlung ist das erkennende Gericht in der Lage, sich vom entscheidungsrelevanten Sachverhalt ein ausreichendes und abgerundetes Bild zu machen.
römisch II.2.2. Die Feststellungen zur Person des BF ergeben sich - vorbehaltlich der Feststellungen zur Identität - aus seinem in diesem Punkt nicht widerlegten Angaben sowie seinen Sprach- und Ortskenntnissen.
Aufgrund der im Verfahren unterlassenen Vorlage eines unbedenklichen nationalen Identitätsdokuments bzw. sonstigen Bescheinigungsmittels konnte die Identität des BF nicht festgestellt werden. Soweit dieser namentlich genannt wird, legt das Gericht auf die Feststellung wert, dass dies lediglich der Identifizierung des BF als Verfahrenspartei dient, nicht jedoch eine Feststellung der Identität im Sinne einer Vorfragebeurteilung iSd Paragraph 38, AVG bedeutet.
Die Feststellungen zum Gesundheitszustand ergeben sich aufgrund folgender Überlegungen:
Der BF hat im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Gericht angeführt, dass er an Hepatitis C leide. Er habe lange Zeit Medikamente genommen, jetzt nehme er keine mehr. Wenn der BF in seiner Stellungnahme vom 06.03.2015 diesbezügliche medizinische Unterlagen vorlegt, geht aus denen zweifelsfrei hervor, dass beim BF auch derzeit keine Therapie geplant ist. Eine Wiedervorstellung sollte in ca. 1 Jahr erfolgen.
Soweit beim BF der psychiatrische Status bzw. damit im Zusammenhang stehende Erkrankungen zu berücksichtigen sind, wird auf das im Verfahren erstattete neurologisch-psychiatrische Gutachten hingewiesen. Aus diesem geht zusammengefasst hervor, dass der BF an einer Anpassungsstörung mit einer leichtgradigen depressiven Episode leidet.
Dem Sachvortrag des BF, dass er aufgrund seiner Hepatitis C Erkrankung bzw. der Medikamenteneinnahme vergesslich geworden sei, kann laut Gutachten nicht gefolgt werden. So wurde vom Gutachter in Zusammenschau mit der Anamnese, der Klinik, dem psychiatrischen Status sowie dem Interview für eine posttraumatische Belastungsstörung festgestellt, dass eine posttraumatische Belastungsstörung nicht nachgewiesen werden konnte, da die Diagnosekriterien dafür nicht erfüllt werden. Zudem wurden in Zusammenschau mit der Anamnese, der Klinik und dem erhobenen neurologisch-psychiatrischen Status Feststellungen zur Erkrankung des BF getroffen. So ist der BF aus der Sicht des Gutachters einvernahmefähig, zeitlich, örtlich und situativ derart orientiert, dass er in der Lage ist widerspruchsfreie, lückenlose und schlüssige Antworten zu geben. Konzentrationsleistungsstörungen können im Rahmen der Grunderkrankung des BF auftreten, der BF ist aber in der Lage widerspruchsfreie und schlüssige Antworten zu geben. Die Anpassungsstörung mit einer leichtgradigen depressiven Reaktion ist behandlungsbedürftig und kann unter Beachtung der Nebenwirkungen mit allen gängigen Antidepressiva behandelt werden. Von einer dauerhaften Behandlungsbedürftigkeit ist bei diesem Krankheitsbild nicht auszugehen. Im Falle der Überstellung des BF nach Pakistan ist eine kurz- bzw. mittelfristige Verschlechterung des Krankheitsbildes möglich, da in diesem Falle der Wunsch in Österreich bleiben zu dürfen nicht erfüllt werden würde. Aus neurologisch-psychiatrischer Sicht besteht im Falle einer Überstellung aber nicht die reale Gefahr, dass der BF aufgrund der psychischen Störung in einen lebensbedrohlichen Zustand geraten oder sich die Krankheit in einem lebensbedrohlichen Ausmaß verschlechtern könnte.
Dem BF ist es nicht gelungen im Rahmen des ihm eingeräumten Parteiengehörs Mängel bezüglich des Sachverständigengutachtens aufzuzeigen. Dem BF steht es, so er der Auffassung ist, dass seine Leiden nicht hinreichend berücksichtigt wurden, nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes frei, unter anderem das im Auftrag der Behörde erstellte Gutachten durch die Beibringung eines Gegengutachtens eines Sachverständigen seiner Wahl zu entkräften vergleiche VwGH 27.06.2000, 2000/11/0093) bzw. Einwendungen gegen die Schlüssigkeit vergleiche VwGH 25.04.2003, 2002/12/0109) bzw. Vollständigkeit vergleiche VwGH 27.06.2002, 98/07/0183) zu erheben.
Im gegenständlichen Fall legte der BF einen "psychiatrischen Befund" vom 26.03.2015 vor. Aus diesem geht hervor, dass eine posttraumatische Belastungsstörung beim BF von einem Facharzt für Psychiatrie und Neurologie als Diagnose festgestellt wurde. Auch wenn Ausführungen zur Vorgeschichte und den derzeitigen Problemen des BF getätigt wurden, ist nicht erkennbar wann und inwiefern diese Angaben erhoben wurden bzw. wie der Facharzt für Psychiatrie und Neurologie zur Beurteilung der Erkrankung des BF gekommen ist. Es wurde ebenso nicht angeführt, ob der Facharzt in Kenntnis des im gegenständlichen Verfahren erstellten Gutachtens war. Nicht unerwähnt darf der Umstand bleiben, dass der Gutachter im gegenständlichen Verfahren schlüssig darlegte, warum die Diagnosekriterien für eine posttraumatische Belastungsstörung nicht erfüllt wurden. Im vom BF vorgelegten Beweismittel hingegen finden sich diesbezüglich keinerlei Hinweise darauf, wie es zur Diagnose posttraumatische Belastungsstörung gekommen ist. In einer Gesamtbetrachtung ist folglich den Erläuterungen und Feststellungen des Gutachters Folge zu leisten und konnte der BF keine substantiierten Einwände dagegen vorbringen.
Der BF hat zudem keine Ausführungen getätigt, inwiefern das im gegenständlichen Verfahren erstellte Gutachten nicht der Wahrheit entspricht bzw. unschlüssig sei bzw. das nunmehr vorgelegte Beweismittel das Gutachten in Zweifel ziehen sollte.
römisch II.2.3. Zu der getroffenen Auswahl der Quellen, welche zur Feststellung der asyl- und abschiebungsrelevanten Lage im Herkunftsstaat herangezogen wurden, ist anzuführen, dass es sich hierbei aus der Sicht des erkennenden Gerichts um eine ausgewogene Auswahl verschiedener Quellen - sowohl staatlichen, als auch nichtstaatlichen Ursprunges - handelt, welche es ermöglichen, sich ein möglichst umfassendes Bild von der Lage im Herkunftsstaat zu machen. Zur Aussagekraft der einzelnen Quellen wird angeführt, dass zwar in nationalen Quellen rechtsstaatlich-demokratisch strukturierter Staaten - von denen der Staat der Veröffentlichung davon ausgehen muss, dass sie den Behörden jenes Staates, über den berichtet wird, zur Kenntnis gelangen - diplomatische Zurückhaltung geübt wird, wenn es um Sachverhalte geht, für die ausländische Regierungen verantwortlich zeichnen, doch andererseits sind gerade diese Quellen aufgrund der nationalen Vorschriften vielfach zu besonderer Objektivität verpflichtet, weshalb diesen Quellen keine einseitige Parteinahme weder für den potentiellen Verfolgerstaat, noch für die behauptetermaßen Verfolgten unterstellt werden kann. Hingegen findet sich hinsichtlich der Überlegungen zur diplomatischen Zurückhaltung bei Menschenrechtsorganisationen im Allgemeinen das gegenteilige Verhalten wie bei den oa. Quellen nationalen Ursprunges. Der Organisationszweck dieser Erkenntnisquellen liegt gerade darin, vermeintliche Defizite in der Lage der Menschenrechtslage aufzudecken und falls laut dem Dafürhalten - immer vor dem Hintergrund der hier vorzunehmenden inneren Quellenanalyse- der Organisation ein solches Defizit vorliegt, dies unter der Heranziehung einer dem Organisationszweck entsprechenden Wortwahl ohne diplomatische Rücksichtnahme, sowie uU mit darin befindlichen Schlussfolgerungen und Wertungen - allenfalls unter teilweiser Außerachtlassung einer systematisch-analytischen wissenschaftlich fundierten Auswertung der Vorfälle, aus welchen gewisse Schlussfolgerungen und Wertungen abgeleitet werden - aufzuzeigen vergleiche Erk. des AsylGH vom 1.8.2012, GZ. E10 414843-1/2010).
Die getroffenen Feststellungen ergeben sich daher im Rahmen einer ausgewogenen Gesamtschau unter Berücksichtigung der Aktualität und der Autoren der einzelnen Quellen. Auch kommt den Quellen im Rahmen einer Gesamtschau Aktualität zu (zu den Anforderungen an die Aktualität einer Quelle im Asylverfahren vergleiche etwa Erk. d. VwGH v. 4.4.2001, GZ 2000/01/0348).
Der BF trat den aktuellen Quellen, die dem BF vom erkennenden Gericht mit Schreiben vom 21.03.2014 sowie 17.02.2015 zur Kenntnis gebracht wurden und deren Kernaussagen nicht konkret und substantiiert entgegen.
Im Rahmen der mündlichen Verhandlung äußerte sich der BF zu den vom 21.03.2014 zur Kenntnis gebrachten Erkenntnisquellen insofern, indem er angab, er wisse über die jetzige Situation in Pakistan Bescheid. Einwände gegen die Richtigkeit wurden seitens des BF nicht vorgebracht.
Soweit der BF in seinen Stellungnahmen die Länderberichte beanstandet bzw. Quellen zitiert, muss Folgendes in Betracht gezogen werden:
Das Bundesverwaltungsgericht verkennt nicht - wie vom BF im Rahmen seiner schriftlichen Stellungnahme vom 09.10.2013 erwähnt - die schwierige Sicherheitslage in Pakistan und dass Pakistan mit einer erheblichen terroristischen Bedrohung durch die Taliban und andere jihadistische bzw. religiös motivierter Gruppen konfrontiert ist. Generell ist die Sicherheitslage in Pakistan als instabil zu bezeichnen, die Regierung ergreift jedoch zum Schutz der Bevölkerung bzw. zur Bekämpfung dieser Gruppen zahlreiche Maßnahmen. Dies zeigt sich auch darin, dass Maßnahmen ergriffen wurden um die Verbindungen zwischen den Terroristen zu schwächen und Rekrutierungen durch militante Organisationen zu verhindern. Große Waffenarsenale wurden in städtischen Gebieten, wie Islamabad und Karatschi, ausgehoben, Gang-Mitglieder und TTP Kommandanten, die logistische Unterstützung für Militante in Stammesgebieten boten, wurden in Karatschi verhaftet, Selbstmordattentäter wurden vor der Tat verhaftet und Anschlagspläne vereitelt (USDOS 19.4.2013).
In diesem Kontext ist darauf hinzuweisen, dass es keine Hinweise gibt, dass die pakistanischen Behörden grundsätzlich nicht fähig und nicht willens seien, Schutz vor derartigen strafrechtswidrigen bzw. terroristischen Übergriffen zu gewähren. Ein lückenloser Schutz ist in Pakistan ebenso wie in allen anderen Ländern der Erde aber nicht möglich. Vor Übergriffen radikaler Gruppen durch diese, ist man nirgends auf der Welt sicher. Von einer allgemeinen, das Leben eines jeden Bürgers betreffenden, Gefährdungssituation im Sinne des Artikel 3, EMRK ist aber nicht auszugehen.
Zudem wird seitens des erkennenden Gerichts darauf hingewiesen, dass der BF aus dem Punjab stammt, einer Region, die laut Berichtslage als mit 90 Millionen Einwohner bevölkerungsreichste Provinz gilt und zudem als sicher eingestuft werden kann.
In diesem Kontext ist überdies darauf hinzuweisen, dass es keine Hinweise gibt, dass die pakistanischen Behörden grundsätzlich nicht fähig und nicht willens seien, Schutz vor strafrechtswidrigen bzw. terroristischen oder religiös motivierten Übergriffen zu gewähren.
Anzumerken ist weiters in diesem Kontext, dass es keine glaubwürdigen Hinweise gibt, dass die Polizei tatsächlich untätig bzw. den BF nicht schützen könnte bzw. würde. Auch wenn das erkennende Gericht nicht verkennt, dass Bestechung und Korruption der Behörden in Pakistan vorkommen können, kann auf Basis der Länderberichte nicht erkannt werden, dass die Polizei systematisch in derartige Angelegenheiten nichts unternimmt und bei entsprechender Anzeige untätig bleiben würde bzw. die Gerichte nicht unparteiisch agieren würden.
Die Erläuterungen des BF, die Polizei würde nichts unternehmen, da der Bruder des BF politisch tätig sei, ist nicht unschlüssig. Der BF gab in der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Gericht an, dass seine Ehefrau rechtliche Schritte gegen den Bruder des BF unternehmen wollte, jedoch weitere rechtliche Schritte aufgrund des Anratens des Rechtsanwaltes unterblieben seien. Anhand dieses Vorbringens kann nicht glaubwürdig abgeleitet werden, dass staatliche Organe vor allem Gerichte grundsätzlich nicht einschreiten würden, um einen Schaden vor allfälligen Übergriffen mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit abzuwenden bzw. strafrechtswidrige Vorgänge aufzudecken. Wäre doch ansonsten nicht davon auszugehen, dass ein Rechtsanwalt rechtliche Schritte bei der Polizei oder bei Gerichten in Erwägung ziehen würde, würden er davon ausgehen, dass diese staatlichen Stellen nicht unabhängig agieren.
Aus der Gesamtheit der Berichtslage sowie aus den vom BF erwähnten Missständen im Justiz- und Polizeibereich kann unter Berücksichtigung der individuellen Verhältnisse des BF jedoch nicht die Prognose gestellt werden, dass der BF im Falle der Rückkehr nach Pakistan einer mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit drohenden asylrelevanten Verfolgung oder einer über die bloße Möglichkeit hinausgehende reale Gefährdung für hier maßgebliche Rechtsgüter ausgesetzt wäre, zumal die Justiz grundsätzlich ihre Unabhängigkeit zurückgewonnen hat und sich bemüht, den Rechtsstaat in Pakistan zu stärken. Zudem ist in diesem Kontext darauf hinzuweisen, dass es laut vorliegenden Berichten Verbesserungen bei der Professionalität der Polizei gab. Die Regionalregierung des Punjab führt regelmäßige Aus- und Fortbildungen der technischen Fertigkeiten und zum Schutz der Menschenrechte auf allen Ebenen der Polizei durch. Die Islamabad Capital Police richtete eine Menschenrechtseinheit ein, um die Einwohner zu ermutigen, über Menschenrechtsverletzungen zu berichten (persönlich, per Telefon-Hotline oder Email). Außerdem wurden in allen Polizeistationen Menschenrechtsoffiziere bzw. Ansprechpartner aus der Gemeinde postiert. Diese können Polizeistationen jederzeit besuchen, Gefangene befragen und bei Berichten über Missbräuche disziplinäre Maßnahmen empfehlen. Rechtsdurchsetzungsorgane der föderalen und der Provinzebenen besuchten Trainings zu Menschen-, Opfer- und Frauenrechten.
Soweit der BF zur Bewegungsfreiheit ausführt, dass ihm diese nicht offen stehen würde, ist zu bedenken, dass anhand der Berichtslage ebenso feststeht, dass für Angehörige aller Gruppen die Möglichkeit besteht in Städten, vor allem den Großstädten Rawalpindi, Lahore, Karachi, Peshawar oder Multan aufgrund der dortigen Anonymität sicherer als auf dem Lande zu leben, dies gilt auch für potentiell Verfolgte. Selbst Personen, die wegen Mordes von der Polizei gesucht werden, können in einer Stadt, die weit genug von ihrem Heimatort entfernt liegt, unbehelligt leben. Dass der BF derart exponiert sei, dass jene Personen, von denen die Gefahren ausgehen, über jene logistische Möglichkeit, über die laut der zitierten Berichtslage nicht einmal der Staat verfügt, nämlich den BF in einem von seinem bisherigen Aufenthaltsort weit genug entfernten Ort aufzufinden, verfügen, ist im gegenständlichen Fall nicht ersichtlich. Zudem handelt es sich beim BF um einen arbeitsfähigen Mann, der wenn auch zumindest vorübergehend mit Gelegenheitsarbeiten seinen Unterhalt bestreiten kann. Zudem könnte der BF bei seiner Rückkehr Rückkehrhilfe bzw. Unterstützung von Hilfsorganisationen in Anspruch nehmen. Soweit moniert wird, dass der BF bei seiner Rückkehr bei einer Verlegung seines Wohnsitzes in einem anderen Teil Pakistans bzw. in Großstädten keine existentielle Grundlage hätte, muss dem entgegnet werden, dass es sich - wie bereits oben angeführt - beim BF um einen arbeitsfähigen Mann handelt, der bei seiner Rückkehr - wenn auch nur vorübergehend - mit Gelegenheitsarbeiten seinen Unterhalt bestreiten kann. Zudem steht ihm die Möglichkeit offen, Rückkehrhilfe zu beantragen.
Mit Schriftsatz vom 09.10.2013 wurde zwar vorgebracht, dass der BF bereits versucht hätte durch eine Wohnsitzverlegung einer Bedrohung zu entkommen, dies wäre jedoch nicht gelungen, werden die Angaben des BF in der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Gericht betrachtet, fällt auf, dass der BF dezidiert angab, immer im römisch 40 gelebt zu haben. Folglich muss der in der schriftlichen Stellungnahme erwähnte Umstand als nicht den Tatsachen entsprechend gewertet werden.
Vollständigkeitshalber wird darauf hingewiesen, dass die dem BF zur Kenntnis gebrachten länderspezifischen Feststellungen zum Herkunftsstaat Pakistan zwar nicht den Anspruch absoluter Vollständigkeit erheben (können), jedoch als so umfassend und aktuell qualifiziert werden, dass der Sachverhalt bezüglich der individuellen Situation des Beschwerdeführers in Verbindung mit der Beleuchtung der allgemeinen Situation im Herkunftsstaat als geklärt angesehen werden kann. Es ist - bei einem Land wie Pakistan mit einer sehr hohen Berichtsdichte, in dem praktisch ständig neue Erkenntnisquellen entstehen - de facto unmöglich, sämtliches existierendes Berichtsmaterial zu berücksichtigen, weshalb die belangte Behörde bzw. das erkennende Gericht ihrer Obliegenheit zur Feststellung der asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in Pakistan nachkommt, wenn sie bzw. es sich zur Entscheidungsfindung eines repräsentativen Querschnitts des bestehenden Quellenmaterials bedient.
römisch II.2.4. Das Vorbringen des BF - der BF hätte aufgrund Probleme mit seinem ältesten Bruder Pakistan verlassen müssen - wird als nicht der Wahrheit entsprechend angesehen.
Das erkennende Gericht hat anhand der Darstellung der persönlichen Bedrohungssituation eines Beschwerdeführers und den dabei allenfalls auftretenden Ungereimtheiten - z. B. gehäufte und eklatante Widersprüche ( z. B. VwGH 25.1.2001, 2000/20/0544) oder fehlendes Allgemein- und Detailwissen (z. B. VwGH 22.2.2001, 2000/20/0461) - zu beurteilen, ob Schilderungen eines Asylwerbers mit der Tatsachenwelt im Einklang stehen oder nicht.
Auch wurde vom Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass es der Verwaltungsbehörde [nunmehr dem erkennenden Gericht] nicht verwehrt ist, auch die Plausibilität eines Vorbringens als ein Kriterium der Glaubwürdigkeit im Rahmen der ihr zustehenden freien Beweiswürdigung anzuwenden. (VwGH v. 29.6.2000, 2000/01/0093).
Weiters ist eine abweisende Entscheidung im Verfahren nach Paragraph 7, AsylG [numehr: Paragraph 3, AsylG] bereits dann möglich, wenn es als wahrscheinlich angesehen wird, dass eine Verfolgungsgefahr nicht vorliegt, der Glaubhaftmachung: Ackermann, Hausmann, Handbuch des Asylrechts [1991] 137 f; s.a. VwGH 11.11.1987, 87/01/0191; Rohrböck AsylG 1997, Rz 314, 524).
Von einem Antragsteller ist ein Verfolgungsschicksal glaubhaft darzulegen. Einem Asylwerber obliegt es bei den in seine Sphäre fallenden Ereignisse, insbesondere seinen persönlichen Erlebnissen und Verhältnissen, von sich aus eine Schilderung zu geben, die geeignet ist, seinen Asylanspruch lückenlos zu tragen und er hat unter Angabe genauer Einzelheiten einen in sich stimmigen Sachverhalt zu schildern. Die Behörde muss somit die Überzeugung von der Wahrheit des von einem Asylwerber behaupteten individuellen Schicksals erlangen, aus dem er seine Furcht vor asylrelevanter Verfolgung herleitet. Es kann zwar durchaus dem Asylweber nicht die Pflicht auferlegt werden, dass dieser hinsichtlich asylbegründeter Vorgänge einen Sachvortrag zu Protokoll geben muss, der aufgrund unumstößlicher Gewissheit als der Wirklichkeit entsprechend gewertet werden muss, die Verantwortung eines Antragstellers muss jedoch darin bestehen, dass er bei tatsächlich zweifelhaften Fällen mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit die Ereignisse schildert.
Der BF wurde im Rahmen seines Asylverfahrens darauf hingewiesen, dass seine Angaben eine wesentliche Grundlage für die Entscheidung im Asylverfahren darstellen. Der BF wurde zudem aufgefordert, durch wahre und vollständige Angaben an der Sachverhaltsfeststellung mitzuwirken und wurde darauf aufmerksam gemacht, dass unwahre Angaben nachteilige Folgen haben.
Befragt zu seinen Fluchtgründen schilderte der BF in seiner Einvernahme vor der belangten Behörde und in der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Gericht eine Bedrohungssituation, die im Detail betrachtet teilweise widersprüchlich, unschlüssig und in sich nicht nachvollziehbar ist. Der BF hat somit ein individuelles Verfolgungsschicksal nicht substantiiert und glaubhaft geltend gemacht.
So gab der BF im Rahmen seiner Erstbefragung befragt zu seinem Fluchtgrund an, er habe keine Arbeit, er müsse eine große Familie ernähren. Ansonsten habe er keine weiteren Gründe.
Vor der belangten Behörde ergänzte der BF seine Ausreisegründe insofern, indem er schilderte, dass er große Probleme mit seinem ältesten Bruder habe. Es würde einen Streit um das Elternhaus geben. Das Leben des BF sei deshalb in Gefahr.
Nun ist zwar grundsätzlich eine Gegenüberstellung der Erstbefragung mit der Einvernahme im Hinblick auf ein gesteigertes Vorbringen nicht zielführend, zumal die Erstbefragung lediglich einer ersten Orientierung dienen soll und sich gem. Paragraph 19, Absatz eins, AsylG 2005 nicht auf die näheren Fluchtgründe zu beziehen hat. Im gegenständlichen Fall stellt das Vorbringen in der Einvernahme jedoch kein im Verhältnis zur Erstbefragung detaillierteres Vorbringen, sondern ein völlig anderes, nämlich zusätzliches Geschehen dar als in der Erstbefragung. Nach allgemeiner Lebenserfahrung ist grundsätzlich davon auszugehen, dass ein Asylwerber, der bemüht ist, in einem Land Aufnahme und Schutz zu finden, in der Regel bestrebt ist, alles diesem Wunsch Dienliche vorzubringen und zumindest die Kernfluchtgeschichte wenn auch kurz darlegt. Im konkreten Fall hat der BF jedoch den schlussendlich fluchtauslösenden Umstand im Rahmen der Erstbefragung nicht erwähnt und dies auch nicht einmal ansatzweise. Vielmehr erörterte der BF, dass er neben seinen wirtschaftlichen Gründen keine weiteren Gründe habe. Das seien seine Asylgründe. Mehr habe er diesbezüglich nicht zu sagen.
Die oben angeführten Überlegungen stellen jedoch lediglich einen Gesichtspunkt im Rahmen der Beurteilung bezüglich der Asylgründe dar. So darf nicht außer Acht gelassen werden, dass der Sachvortrag des BF in Bezug auf eine persönliche Gefährdung durch seinen Bruder sowohl vor der belangten Behörde als auch vor dem erkennenden Gericht äußerst vage und detailarm war, sodass dieses Vorbringen einer Glaubwürdigkeitsprüfung nicht standhalten kann.
Der Behörde sowie dem Gericht war anhand der Schilderung des BF nicht erkennbar, welchen massiven Bedrohungen der BF im Herkunftsland ausgesetzt sei. Die knappen, vagen und inhaltsleeren Angaben des BF waren nämlich nicht geeignet, eine derart schwere Verfolgung glaubhaft zu machen, die ihn dazu getrieben hätten, sein Heimatland zu verlassen.
Auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass Menschen unterschiedliche Erzählstile, darunter auch sehr knappe, aufweisen, wäre bei einem derartigen Ereignis eine stärkere Personalisierung in Form eines größeren Detailreichtums zu erwarten gewesen. Es wäre bspw. zu erwarten gewesen, dass der BF, schildert, wie bzw. warum es dazu kam, dass sein ältester Bruder das Elternhaus in Beschlag nehmen wollte. Auch ungefähre Zeitangaben der dabei dargelegten Umstände wären logisch gewesen. Der BF gab zudem in keinster Weise an, welche Gefühle bzw. Ängste er hatte bzw. warum sein Bruder nicht den Eigentümer des Hauses - sprich den Vater des BF - bedrohte. All diese Einzelheiten blieb der BF schuldig. Dies lässt aber wiederum den Schluss zu, dass es sich dabei um keine real erlebte Situation handelte.
Auffällig und nicht irgendwie erklärbar sind weiters die Angaben des BF im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Gericht. Befragt nach dem Grund, warum er Pakistan verlassen habe, legte der BF nämlich Umstände dar, die er weder im Rahmen seiner bisherigen Befragungen vor der belangten Behörde geltend machte bzw. schilderte noch im Rahmen seines Beschwerdeschreibens vorbrachte.
Der BF hat zusammengefasst vor der belangten Behörde geschildert, er sei aus wirtschaftlichen Gründen sowie aufgrund von Problemen mit seinem älteren Bruder geflüchtet. Er habe große Probleme mit seinem älteren Bruder, welcher den BF umbringen wolle, da dieser das Elternhaus in Besitz nehmen wollte. Der Bruder des BF habe ihn einmal telefonisch bedroht und wäre dreimal beim BF zu Hause gewesen sei und hätte zum Vater des BF gesagt, er werde den BF umbringen. Die Frau des BF wäre von seinem Bruder angeschossen worden. Von weiteren Vorfällen oder Gegebenheiten erwähnte der BF nichts.
Vor dem erkennenden Gericht hingegen schilderte der BF zwei Vorfälle, bei denen dieser von unbekannten Personen attackiert worden wäre. So sei der BF im Juni 2010 auf der Straße unterwegs gewesen, als zwei Personen auf einem Moped gekommen wären und ihn geschlagen hätten. Einer dieser Leute habe eine Pistole in der Hand gehabt und habe damit dem BF auf die Stirn geschlagen. Seither habe er dort eine Narbe. Beim zweiten Vorfall sei der BF auf dem Weg von seinem Geschäft nach Hause gewesen, als ein PKW neben ihm stehen blieb. Man habe versucht den BF mitzunehmen. Der BF habe auch gehört, dass jemand gesagt hätte, man solle auf den BF schießen. Ein Freund des BF sei mit dem Moped gekommen und habe den BF gerettet. Hinter diesen Vorfällen würde sein Bruder stehen. Diesen Schluss ziehe der BF deshalb, da sein Bruder dies seinem Vater gesagt hätte.
Aufgrund dieser wie oben angeführten Nichterwähnung zweier Vorfälle, bei denen der BF bedroht und auch attackiert wurde, entstand beim erkennenden Gericht der Eindruck, dass der BF Umstände schildert, die offenbar nicht der Wahrheit entsprechen, ansonsten hätte er diese Begebenheiten bereits vor der belangten Behörde dargelegt.
Eine Glaubhaftmachung einer relevanten Gefährdung setzt grundsätzlich voraus, dass ein Beschwerdeführer unter Beachtung der Besonderheiten des Einzelfalls, insbesondere auch seines angegebenen Herkommens, Bildungsstands und Alters, im Kern dieses in den Einvernahmen manifestierten Vorbringens wesentlich gleichbleibende und nicht deutlich davon abweichende, möglichst detaillierte und konkrete Angaben macht. Dies ist hier nach Überzeugung des Gerichts aber nicht gegeben.
Hier ergibt die erforderliche Prüfung der Angaben des BF vielmehr, dass er im Kern seines Verfolgungsvorbringens widersprüchliche Angaben gemacht hat, die von ihm auch nicht wie erforderlich detailliert ausgeführt oder plausibel erklärt wurden, so dass nur der Schluss gerechtfertigt ist, dass nicht vom BF tatsächlich Erlebtes zugrunde liegt.
Es ist auch davon auszugehen, dass es dem BF bereits im Rahmen der Einvernahme durch einen Organwalter der belangten Behörde bekannt war, dass es ihm obliegt, sein Vorbringen möglichst genau zu schildern und ist gerade auch im Asylverfahren auf die Mitwirkung des Asylwerbers besonders Bedacht zu nehmen und traf der Gesetzgeber auch entsprechende rechtliche Anordnungen (Paragraphen 15,, 18 Absatz 2, AsylG 2005 [RV zu Paragraph 18, Absatz 2, leg cit: "... Wer Interesse an einer Schutzgewährung hat, wird auch am Verfahren zur Erlangung des Schutzes mitwirken; wer hingegen die Asylbehörden über Tatsachen zu täuschen versucht, glaubt zumindest keine echten Schutzgründe zu haben. ..."]) und im Rahmen der Beweiswürdigung - und damit auch bei der Beurteilung der Glaubhaftmachung - zu berücksichtigen (Feßl/Holzschuster, Asylgesetz 2005 Kommentar, S 385 mwN auf die Judikatur des VwGH).
Auch wurde der BF im Rahmen der durchgeführten Manuduktion auf die Wichtigkeit der Mitwirkung im Verfahren und die Gewichtung seiner Angaben hingewiesen. So wurde ihm am Beginn des Verfahrens ausgefolgten Merkblatt ua. Folgendes mitgeteilt:
"Sie sind verpflichtet und es liegt in Ihrem Interesse, Ihr Anliegen wahrheitsgemäß und vollständig zu erzählen. ...
Begründen Sie ohne unnötige Verzögerung Ihren Antrag auf internationalen Schutz (im Folgenden kurz als Asylantrag bezeichnet). Legen Sie alle zur Begründung nötigen Anhaltspunkte bei Nachfrage wahrheitsgemäß dar!
...
Machen Sie wahrheitsgemäße Angaben zu den Asylgründen und zu Vorkommnissen, nach denen die Behörde ausdrücklich fragt.
...
Bei dieser Einvernahme müssen Sie Ihren Asylantrag begründen. Tragen Sie bitte vor, aus welchen Gründen Sie Furcht vor Verfolgung haben. Führen Sie auch an, welche sonstigen Tatsachen und Umstände Sie an einer Rückkehr in Ihren Herkunftsstaat hindern.
...
Es ist sehr wichtig, dass Sie Ihr persönliches Schicksal und die Ihnen konkret drohenden Gefahren vollständig, detailliert und nachvollziehbar darlegen. ...
Die Einvernahme ist der wichtigste Teil Ihres Asylverfahrens. Sie bildet die Grundlage für die Entscheidung der Behörde, ob Ihnen Asyl gewährt werden kann.
..."
Es muss daher davon ausgegangen werden, dass sich der BF über seine Obliegenheit, sein Vorbringen wahrheitsgemäß, vollständig und detailreich zu schildern im Bilde war, dieser Schilderung die Stellung einer zentralen Erkenntnisquelle im Verfahren zukommt und ist in diesem Zusammenhang auch festzuhalten, dass in aller Regel das Vorbringen des BF den Rahmen amtswegigen Ermittlungspflicht absteckt.
Nicht schlüssig ist zudem der Sachvortrag des BF im Hinblick auf die Ursache des Streites mit dem Bruder des BF. Während der BF vor der belangten Behörde angab, dass es deshalb zum Streit gekommen sei, da der ältere Bruder, der bereits seinen Anteil am Elternhaus erhalten habe, das Elternhaus gegen den Willen der Familie in Besitz nehmen wollte, schilderte der BF im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Gericht die Probleme wären wegen der Kinder seines Bruders entstanden. Der BF hätte für die Kinder Geld ausgegeben bzw. hätten diese ihm auch Geld gestohlen. Erst nach Vorhalt seiner Angaben vor der belangten Behörde erörterte der BF dies wäre auch ein Grund für die Streitigkeiten gewesen. Er wären ihm damals nur wenige Fragen gestellt worden, heute habe er auch die anderen Gründe erwähnt. Diesbezüglich ist zu bedenken, dass dieser Begründung nicht gefolgt werden kann. Bei Betrachtung des Inhaltes des erstinstanzlichen Verfahrensaktes fällt auf, dass der BF im Rahmen des Asylverfahrens mehrmals niederschriftlich vom Bundesasylamt einvernommen wurde, wobei der BF in den Einvernahmen die Gelegenheit hatte, sich zu seinen Ausreisegründen und Rückkehrbefürchtungen zu äußern. Das Bundesasylamt beließ es dabei nicht bei offenen Fragen, sondern versuchte auch durch konkrete Fragestellung den Ausreisegrund und zu erwartende Rückkehrprobleme zu erhellen, was nach Ansicht des erkennenden Gerichts auch hinreichend geschehen ist.
Dass der BF offenbar Details schildert, die nicht den Tatsachen entsprechen, wird ebenso dadurch deutlich, dass der BF in Bezug auf seine Aufenthaltsorte unterschiedliche Angaben tätigte. So erörterte der BF vor dem erkennenden Gericht, dass er erstmals im Jahr 2005 nach Griechenland ausgereist sei. Er wäre dort legal aufhältig gewesen und habe dort auch legal gearbeitet. 2008 sei er 2 Mal einmal für 2 Monate, das zweite Mal für 20 Tage nach Pakistan zurückgekehrt. 2010 sei der BF erneut von Griechenland aus nach Pakistan zurückgekehrt, um dann Pakistan im Jahr 2011 schlepperunterstützt zu verlassen. Vor der belangten Behörde gab der BF divergierende dazu an, er habe im Jahre 2007 in Griechenland einen Asylantrag gestellt, nachdem der BF von der Türkei aus illegal nach Griechenland eingereist sei. Der BF habe nie einen Bescheid erhalten und auch keine Asylkarte. Trotzdem sei er bis Anfang 2009 in Griechenland geblieben und wäre dann mit gefälschten Papieren nach Pakistan zurückgekehrt.
Auch wenn zweifelsohne eine genaue zeitliche Einordnung mit genauer Datumsangabe von Geschehnissen von einem Beschwerdeführer nicht abverlangt werden kann, muss nach allgemeiner Lebenserfahrung bzw. unter Berücksichtigung, dass der BF über eine mehrjährige Schulausbildung verfügt, im gegenständlichen Fall erwartet werden können, dass der BF bestimmte Umstände grob zeitlich einordnen kann. Da der BF - wie oben dargelegt - in Bezug auf die Dauer, den Beginn und das Ende seiner Aufenthalte in Griechenland derart unterschiedliche Angaben tätigte, entstand der Eindruck, dass der BF gewisse Umstände nicht tatsachengetreu wiedergeben möchte. Bezeichnend dafür ist der Umstand, dass der BF vor der belangten Behörde anführte, in Griechenland einen Asylantrag gestellt zu haben über den noch nicht entschieden wurde, vor dem erkennenden Gericht hingegen angab, dass er in Griechenland legal aufhältig war. Die Begründung des BF, er habe im Jahr 2005 einen Asylantrag gestellt, habe keinen Bescheid erhalten und habe dann im Jahr 2007 seinen Aufenthalt legalisiert, muss als untauglichen Versuch seitens des BF gewertet werden, seine diesbezüglichen widersprüchlichen Angaben nachträglich irgendwie schlüssig erscheinen zu lassen.
Nach alledem vermittelte der BF auch mit seinem weiteren Sachvortrag nicht den maßgeblichen Eindruck, dass er bei seiner Rückkehr mit einer erheblichen Gefährdung rechnen muss. So schilderte der BF unter anderem, dass sein älterer Bruder seine Ehefrau angeschossen habe, seine Kinder mit dem Umbringen bedroht habe bzw. sein Vater von seinem Bruder geschlagen wurde. Laut den Ausführungen des BF leben jedoch sowohl die Ehefrau, die Kinder, der Vater sowie zwei Brüder des BF weiterhin im Elternhaus. Dem BF kann daher nicht geglaubt werden, dass er bzw. seine Familie einer erheblichen lebensgefährlichen Bedrohung seitens seines Bruders ausgesetzt wären. Wäre doch nicht nachvollziehbar, würden sich die Familienmitglieder jahrelang bzw. weiterhin einer derartigen Bedrohung bewusst aussetzen, sofern diese sich weiterhin an der Heimatadresse aufhalten.
Wird weiters die Darstellung des BF in Bezug auf seinen Alltages in Pakistan vor seiner letztmaligen Ausreise vor dem erkennenden Gericht betrachtet, erweckte der BF dadurch nicht den Eindruck, dass er derart unter Druck sodass er seine Heimat verlassen musste. So gab der BF an, dass er als er in Pakistan aufhältig war, arbeiten ging. Er habe kein Geld gehabt und wollte sein eigenes Geschäft eröffnen. Sechs Tage in der Woche habe er gearbeitet. Sein Vater sei krank gewesen, sodass der BF diesem in seiner Freizeit half. Der BF sei auch in seiner Freizeit mit seinen Kindern spazieren gegangen.
Offenbar hat die vom BB geschilderte Bedrohung den Alltag des BF in keinster Weise beeinträchtigt.
Soweit zu berücksichtigen ist, dass der BF Unterlagen eines Rechtsanwaltes sowie seiner Ehefrau vorlegte und somit versuchte sein Vorbringen damit zu untermauern, ist zu bedenken, dass derartige Beweismittel die oa. Zweifel am Vorbringen des BF nicht entkräften können. Dies insbesondere deshalb, da die darin geschilderte Vorfälle bzw. die Bedrohungslage mit dem vom BF vorgebrachten Geschehnissen teilweise nicht in Einklang gebracht werden können. So ist beispielsweise im Schreiben des Rechtsanwaltes vom 04.10.2013 die Rede davon, dass der Bruder des BF der "Pakistan Peoples Party" angehört, während der BF die andere politische Partei, nämlich die "Pakistan Muslim League (N) Party", bevorzuge. Aufgrund dieses politischen Konfliktes wolle der Bruder des BF den BF ermorden und das Eigentum des BF an sich reißen.
Dass es aufgrund verschiedener politischer Überzeugungen zum Konflikt zwischen dem BF und seinem Bruder gekommen sei, brachte der BF dezidiert weder vor der belangten Behörde noch vor dem erkennenden Gericht vor. Die vom BF geschilderten Vorfälle bezüglich seiner Person wurden darin zudem nicht erwähnt. Im Zentrum steht vielmehr eine Bedrohung der Ehefrau und den Kinder des BF.
Unter Berücksichtigung der vorliegenden Berichtslage ist zudem folgendes zu beachten: Die Zahl der [pakistanischen, in Deutschland] vorgelegten inhaltlich ge- oder verfälschten Dokumente ist hoch. Es ist in Pakistan problemlos möglich, ein (Schein-)Strafverfahren gegen sich selbst in Gang zu bringen, in dem die vorgelegten Unterlagen (z.B. "First Information Report" oder Haftverschonungsbeschluss) echt sind, das Verfahren in der Zwischenzeit aber längst eingestellt wurde. Verfahren können zum Schein jederzeit durch einfachen Antrag wieder in Gang gesetzt werden. Ebenso ist es ohne große Anstrengungen möglich, Zeitungsartikel, in denen eine Verfolgungssituation geschildert wird, gegen Bezahlung oder aufgrund von Beziehungen veröffentlichen zu lassen.
Im gegenständlichen Fall sind aufgrund der Angaben des BF, die wie bereits oben als vage und widersprüchlich gewertete wurden, die Unterlagen nicht geeignet eine Bedrohungslage für den BF zu bescheinigen. Es muss vielmehr davon ausgegangen werden, dass es sich hierbei um Dokumente handelt, die keine wahrheitsgetreuen Details beinhalten.
Bezugnehmend auf den Antrag des BF, die Richtigkeit seiner Angaben vor Ort zu überprüfen, ist anzumerken, dass der Sachverhalt bezüglich dieser Frage auf Grund der obigen Ausführungen als geklärt anzusehen ist, weshalb nicht von einer weiteren Ermittlungspflicht, die das Verfahren und damit gleichzeitig auch die ungewisse Situation des Beschwerdeführers unverhältnismäßig und grundlos prolongieren würde, ausgegangen werden kann (dazu auch Hengstschläger-Leeb, Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, Kommentar, RZ 65 zu Paragraph 52, AVG).
Das Bundesverwaltungsgericht darf zudem ein angebotenes Beweismittel dann ablehnen, wenn dieses an sich, also objektiv nicht geeignet ist, zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhaltes beizutragen (VwGH 15.11.1983, 82/11/0084; 16.12.1992, 92/02/0257; 28.11.1995, 93/05/0173).
Im Falle des BF ist auch keine derart spezielle Situation gegeben, welche weitere konkrete Erhebungen erforderlich machen würde. Der diesbezügliche Antrag des BF war daher abzuweisen.
Im Übrigen käme dies auch einem Antrag auf einen als unzulässig zu erachtenden Erkundungsbeweis gleich. Erkundungsbeweise sind Beweise, die nicht konkrete Behauptungen sondern lediglich unbestimmte Vermutungen zum Gegenstand haben. Sie dienen also nicht dazu, ein konkretes Vorbringen der Partei zu untermauern, sondern sollen es erst ermöglichen, dieses zu erstatten. Nach der Rsp des Verwaltungsgerichtshofes sind Erkundungsbeweise im Verwaltungsverfahren - und somit auch im bundesverwaltungsgerichtlichen Verfahren - unzulässig. Daher ist das Bundesverwaltungsgericht nicht iSd Paragraphen 37, in Verbindung mit 39 Absatz 2, AVG zur Durchführung eines solchen Beweises (zur Entsprechung eines dahin gehenden Antrages) verpflichtet, sodass deren Unterlassung keinen Verfahrensmangel bedeutet (Hengstschläger - Leeb, Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, Manz Kommentar, Rz 16 zu Paragraph 46, mwN).
Da dem Vorbringen des BF wie bereits erwähnt aufgrund seiner Angaben insgesamt die Glaubwürdigkeit abzusprechen war, wird in Bezug auf den in der Beschwerdeschrift gestellten Beweisantrag, festgehalten, dass die bisherigen Ausführungen zur Unglaubwürdigkeit des BF sowohl seitens des BFA als auch seitens des erkennenden Gerichts ausreichend tragfähig sind und nicht mehr weiterer Ermittlungen bedürfen, welche lediglich nur der Verzögerung des Verfahrens dienen würden, zumal seitens des BF auch nicht konkret dargelegt wurde, welcher Teil seines Vorbringens - seiner Meinung nach - noch einer Überprüfung im Heimatland bedürfte.
römisch II.2.4.3. Der BF beantragte in seiner Stellungnahme vom 06.03.2015, eine erneute mündliche Verhandlung vor dem erkennenden Gericht durchzuführen. Hierbei wurde aber nicht angeführt, was bei einer weiteren persönlichen Einvernahme konkret an entscheidungsrelevantem und zu berücksichtigendem Sachverhalt noch hervorkommen könnte. So argumentiert auch der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung, dass schon in der Beschwerde - hier in der Stellungnahme - darzulegen ist, was eine ergänzende Einvernahme an vorliegenden Widersprüchen hätte ändern können bzw. welche wesentlichen Umstände (Relevanzdarstellung) dadurch hervorgekommen wären (z.B. VwGH 04.07.1994/94/19/0337). Zudem erwies sich der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde, der bereits durchgeführten mündlichen Verhandlung und des eingeräumten Parteiengehörs als geklärt. Das ho. Gericht ist daher nicht verhalten, dem Beweisantrag zu entsprechen.
römisch II.2.5. Abschließend darf darauf hingewiesen werden, dass die Angaben des BF bzgl. seiner Integration in Österreich bzw. seiner familiären Bindungen in Pakistan vor dem erkennenden Gericht der rechtlichen Beurteilung zu Grunde gelegt.
3. Rechtliche Beurteilung:
römisch II.3.1. Zuständigkeit, Entscheidung durch den Einzelrichter
Gemäß Paragraph 7, Absatz eins, Ziffer eins, des Bundesgesetzes, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden (BFA-Verfahrensgesetz - BFA-VG), Bundesgesetzblatt Teil eins, 87 aus 2012, idgF entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.
Gemäß Paragraph 6, BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gegenständlich liegt somit mangels anderslautender gesetzlicher Anordnung in den anzuwendenden Gesetzen Einzelrichterzuständigkeit vor.
römisch II.3.2. Anzuwendendes Verfahrensrecht
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. römisch eins 2013/33 in der Fassung BGBl. römisch eins 2013/122, geregelt (Paragraph eins, leg.cit.). Gemäß Paragraph 58, Absatz 2, VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß Paragraph 17, VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Artikel 130, Absatz eins, B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der Paragraphen eins bis 5 sowie des römisch IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, Bundesgesetzblatt Nr. 194 aus 1961,, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, Bundesgesetzblatt Nr. 173 aus 1950,, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, Bundesgesetzblatt Nr. 29 aus 1984,, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Paragraph eins, BFA-VG (Bundesgesetz, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden, BFA-Verfahrensgesetz, BFA-VG), Bundesgesetzblatt Teil eins, 87 aus 2012, in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, 144 aus 2013, bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und FPG bleiben unberührt.
Gem. Paragraphen 16, Absatz 6,, 18 Absatz 7, BFA-VG sind für Beschwerdevorverfahren und Beschwerdeverfahren die Paragraphen 13, Absatz 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anzuwenden.
römisch II.3.3. Prüfungsumfang, Übergangsbestimmungen
Gemäß Paragraph 27, VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, es den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (Paragraph 9, Absatz eins, Ziffer 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (Paragraph 9, Absatz 3,) zu überprüfen.
Gem. Paragraph 75, Absatz 19, AsylG sind alle mit Ablauf des 31. Dezember 2013 beim Asylgerichtshof anhängigen Beschwerdeverfahren ab 1. Jänner 2014 vom Bundesverwaltungsgericht nach Maßgabe des Absatz 20, zu Ende zu führen.
Bestätigt das Bundesverwaltungsgericht in den Fällen des Paragraph 75, Absatz 19, AsylG in Bezug auf Anträge auf internationalen Schutz
1. den abweisenden Bescheid des Bundesasylamtes,
2. jeden weiteren einer abweisenden Entscheidung folgenden zurückweisenden Bescheid gemäß Paragraph 68, Absatz eins, AVG des Bundesasylamtes,
3. den zurückweisenden Bescheid gemäß Paragraph 4, des Bundesasylamtes,
4. jeden weiteren einer zurückweisenden Entscheidung gemäß Paragraph 4, folgenden zurückweisenden Bescheid gemäß Paragraph 68, Absatz eins, AVG des Bundesasylamtes,
5. den Bescheid des Bundesasylamtes, mit dem der Status des Asylberechtigten gemäß Paragraph 7, aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt, oder
6. den Bescheid des Bundesasylamtes, mit dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß Paragraph 9, aberkannt wird,
so hat das Bundesverwaltungsgericht gem. Paragraph 75, Ab. 20 AsylG in jedem Verfahren zu entscheiden, ob in diesem Verfahren die Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig ist oder das Verfahren zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung an das Bundesamt zurückverwiesen wird. Wird das Verfahren zurückverwiesen, so sind die Abwägungen des Bundesverwaltungsgerichtes hinsichtlich des Nichtvorliegens der dauerhaften Unzulässigkeit der Rückkehrentscheidung für das Bundesamt nicht bindend. In den Fällen der Ziffer 5 und 6 darf kein Fall der Paragraphen 8, Absatz 3 a, oder 9 Absatz 2, vorliegen.
Zu A)
römisch II.3.4. Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten
Die hier maßgeblichen Bestimmungen des Paragraph 3, AsylG lauten:
"§ 3. (1) Einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, ist, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß Paragraphen 4,, 4a oder 5 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, Genfer Flüchtlingskonvention droht.
(2) ...
(3) Der Antrag auf internationalen Schutz ist bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abzuweisen, wenn
1. dem Fremden eine innerstaatliche Fluchtalternative (Paragraph 11,) offen steht oder
2. der Fremde einen Asylausschlussgrund (Paragraph 6,) gesetzt hat.
..."
Gegenständlicher Antrag war nicht wegen Drittstaatsicherheit (Paragraph 4, AsylG), des Schutzes in einem EWR-Staat oder der Schweiz (Paragraph 4 a, AsylG) oder Zuständigkeit eines anderen Staates (Paragraph 5, AsylG) zurückzuweisen. Ebenso liegen bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen keine Asylausschlussgründe vor, weshalb der Antrag des BF inhaltlich zu prüfen ist.
Flüchtling im Sinne von Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, der GFK ist, wer aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Gesinnung verfolgt zu werden, sich außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen.
Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde (VwGH 9.5.1996, Zl.95/20/0380).
Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die vom Staat zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (z.B. VwGH vom 19.12.1995, Zl. 94/20/0858, VwGH vom 14.10.1998. Zl. 98/01/0262).Die Verfolgungsgefahr muss nicht nur aktuell sein, sie muss auch im Zeitpunkt der Bescheiderlassung vorliegen (VwGH 05.06.1996, Zl. 95/20/0194)
Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in den in der Genfer Konvention genannten Gründen haben und muss ihrerseits Ursache dafür sein, dass sich die betreffende Person außerhalb ihres Heimatlandes befindet.
Wie im gegenständlichen Fall bereits in der Beweiswürdigung ausführlich erörtert wurde, war dem Vorbringen des BF zum behaupteten Ausreisegrund insgesamt die Glaubwürdigkeit abzusprechen, weshalb die Glaubhaftmachung eines Asylgrundes von vornherein ausgeschlossen werden kann. Es sei an dieser Stelle betont, dass die Glaubwürdigkeit des Vorbringens die zentrale Rolle für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und Asylgewährung [nunmehr "Status eines Asylberechtigten"] einnimmt vergleiche VwGH v. 20.6.1990, Zl. 90/01/0041).
Im gegenständlichen Fall erachtet das erkennende Gericht in dem im Rahmen der Beweiswürdigung dargelegten Umfang die Angaben als unwahr, sodass die vom BF behaupteten Fluchtgründe nicht als Feststellung der rechtlichen Beurteilung zugrunde gelegt werden können, und es ist auch deren Eignung zur Glaubhaftmachung wohl begründeter Furcht vor Verfolgung nicht näher zu beurteilen (VwGH 9.5.1996, Zl.95/20/0380).
Auch konnte im Rahmen einer Prognoseentscheidung vergleiche Putzer, Asylrecht Rz 51) nicht festgestellt werden, dass der BF nach einer Rückkehr mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit mit einer weiteren aktuellen Gefahr von Übergriffen zu rechnen hätte (VwGH 05.06.1996, zl. 95/20/0194). Hier wird auf die bereits getroffenen Feststellungen verwiesen.
römisch II.3.2.3. Zur hilfsweise herangezogenen Argumentation hinsichtlich des Bestehens des Willens und der Fähigkeit des Staates, Schutz zu gewähren, wird Folgendes erwogen:
Unter richtlinienkonformer Interpretation ( Artikel 6, der Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29.April 2004) kann eine Verfolgung bzw. ein ernsthafter Schaden von nichtstaatlichen Akteuren (nur) dann ausgehen, wenn der Staat oder die Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebietes beherrschen, "erwiesenermaßen" nicht in der Lage oder nicht willens sind, Schutz vor Verfolgung bzw. ernsthaftem Schaden iSd Artikel 7, leg cit zu bieten (das Gebot der richtlinienkonformen Interpretation der entsprechenden asylrechtlichen Bestimmungen entspricht auch dem Gesetzgeber vergleiche Wortlaut der Regierungsvorlage zum AsylG 2005: "...Mit dem
vorgeschlagenen Entwurf werden folgende Richtlinien umgesetzt ... :
Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29. April 2004 über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes, ABl. Nr. L 304 vom 30.09.2004 Sitzung 12, CELEX Nr. 32004L0083; ...".
Nach der Rsp des VwGH ist für die Annahme einer Tatsache als "erwiesen" vergleiche Paragraph 45, Absatz 2, AVG) allerdings keine "absolute Sicherheit" (kein Nachweis "im naturwissenschaftlich-mathematisch exakten Sinn" erforderlich (VwGH 20.9.1990, 86/07/0091; 26.4.1995, 94/07/0033; 20.12.1996, 93/02/0177), sondern es genügt, wenn eine Möglichkeit gegenüber allen anderen Möglichkeiten eine überragende Wahrscheinlichkeit (Thienel, Verwaltungsverfahrensrecht 2004, 168f: an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit) oder gar die Gewissheit für sich hat und alle anderen Möglichkeiten absolut oder mit Wahrscheinlichkeit ausschließt oder zumindest weniger wahrscheinlich erscheinen lässt (VwGH 26.4.1995, 94/07/0033; 19.11.2003, 2000/04/0175; vergleiche auch VwSlg 6557 F/1990; VwGH 24.3.1994, 92/16/0142; 17.2.1999, 97/14/0059; in Hengstschläger-Leeb, Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, Manz Kommentar, 2. Teilband, Rz 2 zu Paragraph 45,).
In Bezug auf diese Umstände - nämlich, dass der Staat oder die Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebietes beherrschen, "nicht in der Lage" oder "nicht willens" sind, Schutz vor Verfolgung bzw. ernsthaftem Schaden iSd Artikel 7, leg cit zu bieten - besteht für den BF somit ein erhöhtes Maß an erforderlichem Überzeugungsgrad der Behörde. Die (bloße) Glaubhaftmachung ist gem. Artikel 6, der Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29.April 2004 demnach als Beweismaß dafür nicht ausreichend. Es muss "erwiesen" werden. Gelingt dies nicht, ist davon auszugehen, dass sie dazu sowohl in der Lage als auch willens sind, wenn der Staat oder die Parteien oder Organisationen einschließlich internationaler Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebietes beherrschen, geeignete Schritte einleiten, um die Verfolgung oder den ernsthaften Schaden zu verhindern, beispielsweise durch wirksame Rechtsvorschriften zur Ermittlung, Strafverfolgung und Ahndung von Handlungen, die eine Verfolgung oder einen ernsthaften Schaden darstellen, und wenn der Antragsteller Zugang zu diesem Schutz hat. Diesfalls gilt gem. Artikel 7, Absatz 2, leg cit, dass "generell Schutz gewährleistet ist".
römisch II.3.2.4. Im gegenständlichen Fall hat der BF weder glaubwürdig behauptet noch bescheinigt, dass das geschilderte Verhalten jener Personen, die gegen den BF vorgegangen waren, in seinem Herkunftsstaat nicht pönalisiert wäre oder die Polizei oder auch andere für den Rechtsschutz eingerichtete Institutionen grds. nicht einschreiten würden, um einen Schaden mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit abzuwenden. Darauf weisen auch die den Feststellungen der belangten Behörde bzw. des erkennenden Gerichts zu Grunde liegenden Quellen nicht hin, wenngleich die Berichte zu erkennen geben, dass durchaus auch noch erhebliche Defizite bestehen, ergibt sich weiters aus den von der belangten Behörde bzw. vom erkennenden Gericht herangezogenen Quellen, dass im Herkunftsstaat des BF kein genereller Unwille bzw. die Unfähigkeit der Behörden herrscht, Schutz zu gewähren.
Der BF bescheinigte im Rahmen seiner Ausführungen zur Schutzfähigkeit nicht konkret und substantiiert den Unwillen und die Unfähigkeit des Staates, gerade in seinem Fall Schutz zu gewähren. Es kann dem Vorbringen auch nicht entnommen werden, dass er keinen Zugang zu den Schutzmechanismen hätte, bzw. dass gerade in seinem Fall ein qualifizierte Sachverhalt vorliege, der es als "erwiesen" erschein lässt, dass die im Herkunftssaat vorhandenen Behörden gerade im Fall des BF untätig blieben. Im Verfahren kam auch nicht konkret hervor, dass der Staat selbst der Verfolger wäre.
Im Ergebnis hat der BF letztlich im Verfahren kein derartiges Vorbringen konkret und substantiiert erstattet, welches hinreichende Zweifel am Vorhandensein oder an der Effektivität der Schutzmechanismen - dies wurde unbescheinigt und unsubstantiiert nicht glaubhaft gemacht vergleiche EGMR, Fall H.L.R. gegen Frankreich) noch kann dies als erweislich angesehen werden - verursacht hätte.
Zur hilfsweise herangezogenen Argumentation der Existenz einer innerstaatlichen Fluchtalternative wird Folgendes erwogen:
Besteht für den Asylwerber die Möglichkeit, in einem Gebiet seines Heimatstaates, in dem er keine Verfolgung zu befürchten hat, Aufenthalt zu nehmen, so liegt eine so genannte innerstaatliche Fluchtalternative vor, welche die Asylgewährung ausschließt vergleiche VwGH 24.03.1999, Zl. 98/01/0352). Nach der Rechtsprechung des VwGHs muss sich die Verfolgungsgefahr auf das gesamte Staatsgebiet beziehen. Nach einer in der älteren Rechtsprechung verwendeten Formulierung darf in keinem Teil des Herkunftsstaates Verfolgungssicherheit bestehen (VwGH 10.3.1993, Zl. 03/01/002). Nach der jüngeren Rechtsprechung ist mit dieser Formulierung jedoch nicht das Erfordernis einer landesweiten Verfolgung gemeint, die Formulierung sei dahingehend zu verstehen, dass sich die asylrelevante Verfolgungsgefahr für den Betroffenen - mangels zumutbarer Ausweichmöglichkeiten innerhalb des Herkunftsstaates - im gesamten Herkunftsstaat auswirken müsse (VwGH 9.11.2004, Zl 2003/01/0534; VwGH 24.11.2005, 2003/20/0109).
Um vom Vorliegen einer innerstaatlichen Fluchtalternative sprechen zu können, müssen die Asylbehörden über Ermittlungsergebnisse verfügen, die die Sicherheit der Asylwerber dartun vergleiche etwa VwGH 8.9.1999, Zl. 99/01/0126; VwGH 16.2.2000, Zl 99/01/0149). Es muss konkret ausgeführt werden, wo der Beschwerdeführer tatsächlich Schutz vor der von ihm geltend gemachten Bedrohung finden könnte. Entsprechend dem "Ausschlusscharakter" der innerstaatlichen Fluchtalternative nimmt der Verwaltungsgerichtshof diesbezüglich eine Beweislast der Asylbehörde an: Es müsse Sache der Behörde sein, die Existenz einer innerstaatlichen Fluchtalternative aufzuzeigen und nicht umgekehrt Sache des Asylwerbers, die Möglichkeit einer theoretisch möglichen derartigen Alternative zu widerlegen vergleiche VwGH 9.9.2003, Zl.2002/01/0497).
Aufgrund des sich Versteckthaltens kann noch nicht von einer innerstaatlichen Fluchtalternative gesprochen werden (etwa VwGH 18.4.1996, Zl.95/20/0295; VwGH 20.3.1997, Zl 95/20/0606; in diesem Sinne ebenfalls VwGH 29.10.1998, Zl. 96/20/0069). Ebenso darf der Betroffene im sicheren Landesteil nicht in eine aussichtslose Lage gelangen und jeglicher Existenzgrundlage beraubt werden. Solcherart wird dem Kriterium der Zumutbarkeit der innerstaatlichen Fluchtalternative Beachtung geschenkt (VwGH 8.9.1999, Zl. 98/01/0614, VwGH 6.10.1999, Zl. 98/01/0535, VwGH 8.6.2000, 99/20/0597, VwGH 19.10.200, 98/20/0430; VwGH 19.10.2006, Zl. 2006/0297-6; VwGH 24.1.2008, Zl. 2006/19/0985-10). Maßgebliche Faktoren zur persönlichen Zumutbarkeit können das Alter, Geschlecht, Gesundheitszustand, Behinderungen, die familiäre Situation und Verwandtschaftsverhältnisse, soziale und andere Schwächen, ethnische, kulturelle oder religiöse Überlegungen, politische und soziale Verbindungen und Vereinbarkeiten, Sprachkenntnisse, Bildungs-, Berufs- und Arbeitshintergrund und -möglichkeiten, sowie gegebenenfalls bereits erlittene Verfolgung und deren psychische Auswirkungen sein. Es wird jedoch die Ansicht vertreten, dass schlechte soziale und wirtschaftliche Bedingungen in dem betreffenden Landesteil die innerstaatliche Fluchtalternative nicht grundsätzliche ausschließen (siehe VwGH 8.9.1999, 98/01/0620; VwGH 26.6.1996, 95/20/0427) Ein bloßes Absinken des Lebensstandards durch die Inanspruchnahme der innerstaatlichen Fluchtalternative, welches jedoch noch über dem Niveau der aussichtslosen Lage ist daher bei Bestehen einer Existenzgrundlage hinzunehmen.
Zu den bereits getroffenen Ausführungen kommt noch hinzu, dass das verfolgungssichere Gebiet eine gewisse Beständigkeit in dem Sinne aufweisen muss, dass der Betroffene nicht damit rechnen muss, jederzeit auch in diesem Gebiet wieder die Verfolgung, vor der er flüchtete, erwarten zu müssen (VwGH 21.3.2002, Zl. 99/20/0401, in diesem Sinne auch VwGH 19.2.2004, Zl. 2002/20/0075; VwGH 24.6.2004, Zl. 2001/20/0420).
Ebenso muss das sichere Gebiet für den Betroffenen erreichbar sein, ohne jenes Gebiet betreten zu müssen, in welchem er Verfolgung befürchtet bzw. muss im Rahmen der Refoulementprüfung feststehen, dass eine Abschiebung in dieses sichere Gebiet möglich ist (VwGH 26.6.1997, Zl.95/21/0294; in diesem Sinne auch VwGH 11.6.1997, Zl. 95/21/0908, 6.11.1998, Zl. 95/21/1121; VwGH 10.6.1999, 95/21/0945, ähnlich VwGH 17.2.2000, 9718/0562).
Zum Wesen und den Voraussetzungen der innerstaatlichen Fluchtalternative vergleiche weiter: Amt des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge (UNHCR), Handbuch über Verfahren und Kriterien zur Feststellung der Flüchtlingseigenschaft (1979), Rz 91; Artikel 8, der Richtlinie 2004/83 EG des Rates vom 29. April 2004 über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen und Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Person, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des gewährten Schutzes ("Statusrichtlinie); Feßl/Holzschuster, Asylgesetz 2005, Sitzung 357 ff.
Aus den oa. Ausführungen ergibt sich im gegenständlichen Fall Folgendes:
Der BF könnte - bei Wahrunterstellung ihres Vorbringens - durch Verlegung ihres Aufenthaltsortes in eine andere Region Pakistans, beispielsweise in Großstädte wie Karachi, Islamabad, Rawalpindi oder Faisalabad, der behaupteten Verfolgung entgehen. Dass die angeblichen Verfolger so ein großes Interesse an den BF haben, dass sie sie überall in Pakistan suchen würden, kann mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit nicht angenommen werden. Ebenso wenig ist davon auszugehen, dass sie sie überall finden könnten, dies auch angesichts der Bevölkerungsdichte ihres Herkunftslandes.
Im gegenständlichen Fall ist somit letztlich davon auszugehen, dass auf Grund der fehlenden Exponiertheit des BF, der Größe und des Bevölkerungsreichtums Pakistans und des Fehlens eines zentralen Einwohnermeldesystems nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit mit weiterer Gefährdung zu rechnen ist bzw. überhaupt nicht die Möglichkeit oder das Interesse besteht, den BF in einem von ihrem bisherigen Aufenthaltsort weit genug entfernten Ort aufzufinden.
Ebenso ist ein derartiges Gebiet für den BF auf Grund der Vielzahl der Einreisemöglichkeiten nach Pakistan erreichbar, ohne durch jenes Gebiet reisen zu müssen, in der ihm Bedrohung drohen würde und war die Erreichbarkeit auch schon zu jenem Zeitpunkt gegeben, als sich der BF noch in Pakistan aufhielt.
Die Möglichkeiten, sich in Pakistan eine Existenzgrundlage zu schaffen, hängen sehr stark von den individuellen Fähigkeiten, Kenntnissen und der körperlichen Verfassung ab und können durch Unterstützung seitens Verwandter, Freunde oder Glaubensbrüder deutlich erhöht werden. Selbst für unqualifizierte aber gesunde Menschen wird es in der Regel möglich sein, sich durch Gelegenheitsjobs (im schlechtesten Falle als Lagerarbeiter, LKW-Beifahrer, Tellerwäscher oder Abfallsammler) ihren Lebensunterhalt zu sichern. Dass es möglich ist, sich auch als Neuankömmling z.B. in einer Stadt niederzulassen, zeigen die Zigtausend afghanischen Flüchtlinge, die sich dauerhaft in Karachi niedergelassen haben und aktiv am Wirtschaftsleben der Stadt teilnehmen vergleiche ho. Erk. Vom 16.11.2011, C7 314209-1/2008/4E). Im Lichte dieser Ausführungen erscheint es dem BF auf Grund der Feststellungen zu seiner Person vor dem Hintergrund der allgemeinen Lage in Pakistan möglich und zumutbar, dort seine dringendsten Lebensbedürfnissen auch in einem anderen Landesteil zu decken und wird der BF somit auch an diesen Orten über eine hinreichende Existenzgrundlage verfügen. Beim BF handelt es sich um einen mobilen, erwachsenen, arbeitsfähigen und anpassungsfähigen jungen Mann, welcher seine Mobilität und seine Fähigkeit, sich auch in einer fremden Umgebung zurecht zu finden, bereits durch seine Reise nach Österreich unter Beweis stellte.
Da sich auch im Rahmen des sonstigen Ermittlungsergebnisses bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen keine Hinweise auf das Vorliegen der Gefahr einer Verfolgung aus einem in Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2 der GFK genannten Grund ergaben, scheidet die Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten somit aus.
römisch II.3.5. Nichtzuerkennung des Status subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat
Die hier maßgeblichen Bestimmungen des Paragraph 8, AsylG lauten:
"§ 8. (1) Der Status des subsidiär Schutzberechtigten ist einem Fremden zuzuerkennen,
1. der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird oder
2. ...
wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Artikel 2, EMRK, Artikel 3, EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.
(2) Die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Absatz eins, ist mit der abweisenden Entscheidung
nach Paragraph 3, ... zu verbinden.
(3) Anträge auf internationalen Schutz sind bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative (Paragraph 11,) offen steht.
..."
Bereits Paragraph 8, AsylG 1997 beschränkte den Prüfungsrahmen auf den "Herkunftsstaat" des Asylwerbers. Dies war dahin gehend zu verstehen, dass damit derjenige Staat zu bezeichnen war, hinsichtlich dessen auch die Flüchtlingseigenschaft des Asylwerbers auf Grund seines Antrages zu prüfen ist (VwGH 22.4.1999, 98/20/0561; 20.5.1999, 98/20/0300). Diese Grundsätze sind auf die hier anzuwendende Rechtsmaterie insoweit zu übertragen, als dass auch hier der Prüfungsmaßstab hinsichtlich des Bestehend der Voraussetzungen, welche allenfalls zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten führen, sich auf den Herkunftsstaat beschränken.
Artikel 2, EMRK lautet:
"(1) Das Recht jedes Menschen auf das Leben wird gesetzlich geschützt. Abgesehen von der Vollstreckung eines Todesurteils, das von einem Gericht im Falle eines durch Gesetz mit der Todesstrafe bedrohten Verbrechens ausgesprochen worden ist, darf eine absichtliche Tötung nicht vorgenommen werden.
(2) Die Tötung wird nicht als Verletzung dieses Artikels betrachtet, wenn sie sich aus einer unbedingt erforderlichen Gewaltanwendung ergibt:
a) um die Verteidigung eines Menschen gegenüber rechtswidriger Gewaltanwendung sicherzustellen;
b) um eine ordnungsgemäße Festnahme durchzuführen oder das Entkommen einer ordnungsgemäß festgehaltenen Person zu verhindern;
c) um im Rahmen der Gesetze einen Aufruhr oder einen Aufstand zu unterdrücken."
Während das 6. ZPEMRK die Todesstrafe weitestgehend abgeschafft wurde, erklärt das 13. ZPEMRK die Todesstrafe als vollständig abgeschafft.
Artikel 3, EMRK lautet:
"Niemand darf der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden."
Folter bezeichnet jede Handlung, durch die einer Person vorsätzlich große körperliche oder seelische Schmerzen oder Leiden zugefügt werden, zum Beispiel um von ihr oder einem Dritten eine Aussage oder ein Geständnis zu erlangen, um sie für eine tatsächlich oder mutmaßlich von ihr oder einem Dritten begangene Tat zu bestrafen, um sie oder einen Dritten einzuschüchtern oder zu nötigen oder aus einem anderen, auf irgendeiner Art von Diskriminierung beruhenden Grund, wenn diese Schmerzen oder Leiden von einem Angehörigen des öffentlichen Dienstes oder einer anderen in amtlicher Eigenschaft handelnden Person, auf deren Veranlassung oder mit deren ausdrücklichem oder stillschweigendem Einverständnis verursacht werden. Der Ausdruck umfasst nicht Schmerzen oder Leiden, die sich lediglich aus gesetzlich zulässigen Sanktionen ergeben, dazu gehören oder damit verbunden sind (Artikel eins, des UN-Übereinkommens gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe vom 10. Dezember 1984).
Unter unmenschlicher Behandlung ist die vorsätzliche Verursachung intensiven Leides unterhalb der Stufe der Folter zu verstehen (Walter/Mayer/Kucsko-Stadlmayer, Bundesverfassungsrecht 10. Aufl. (2007), RZ 1394).
Unter einer erniedrigenden Behandlung ist die Zufügung einer Demütigung oder Entwürdigung von besonderem Grad zu verstehen (Näher Tomasovsky, FS Funk (2003) 579; Grabenwarter, Menschenrechtskonvention 134f).
Artikel 3, EMRK enthält keinen Gesetzesvorbehalt und umfasst jede physische Person (auch Fremde), welche sich im Bundesgebiet aufhält.
Der EGMR geht in seiner ständigen Rechtsprechung davon aus, dass die EMRK kein Recht auf politisches Asyl garantiert. Die Ausweisung eines Fremden kann jedoch eine Verantwortlichkeit des ausweisenden Staates nach Artikel 3, EMRK begründen, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass der betroffene Person im Falle seiner Ausweisung einem realen Risiko ausgesetzt würde, im Empfangsstaat einer Artikel 3, EMRK widersprechenden Behandlung unterworfen zu werden vergleiche etwa EGMR, Urteil vom 8. April 2008, NNYANZI gegen das Vereinigte Königreich, Nr. 21878/06).
Eine aufenthaltsbeendende Maßnahme verletzt Artikel 3, EMRK auch dann, wenn begründete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Fremde im Zielland gefoltert oder unmenschlich behandelt wird (für viele:
VfSlg 13.314; EGMR 7.7.1989, Soering, EuGRZ 1989, 314). Die Asylbehörde hat daher auch Umstände im Herkunftsstaat des BF zu berücksichtigen, auch wenn diese nicht in die unmittelbare Verantwortlichkeit Österreichs fallen. Als Ausgleich für diesen weiten Prüfungsansatz und der absoluten Geltung dieses Grundrechts reduziert der EGMR jedoch die Verantwortlichkeit des Staates (hier: Österreich) dahingehend, dass er für ein "ausreichend reales Risiko" für eine Verletzung des Artikel 3, EMRK eingedenk des hohen Eingriffschwellenwertes ("high threshold") dieser Fundamentalnorm strenge Kriterien heranzieht, wenn dem Beschwerdefall nicht die unmittelbare Verantwortung des Vertragstaates für einen möglichen Schaden des Betroffenen zu Grunde liegt vergleiche Karl Premissl in Migralex "Schutz vor Abschiebung von Traumatisierten in "Dublin-Verfahren"", derselbe in Migralex: "Abschiebeschutz von Traumatisieren"; EGMR: Ovidenko vs. Finnland; Hukic vs. Scheden, Karim, vs. Schweden, 4.7.2006, Appilic 24171/05, Goncharova & Alekseytev vs. Schweden, 3.5.2007, Appilic 31246/06.
Der EGMR geht weiters allgemein davon aus, dass aus Artikel 3, EMRK grundsätzlich kein Bleiberecht mit der Begründung abgeleitet werden kann, dass der Herkunftsstaat gewisse soziale, medizinische od. sonst. unterstützende Leistungen nicht biete, die der Staat des gegenwärtigen Aufenthaltes bietet. Nur unter außerordentlichen, ausnahmsweise vorliegenden Umständen kann die Entscheidung, den Fremden außer Landes zu schaffen, zu einer Verletzung des Artikel 3, EMRK führen vergleiche für mehrere. z. B. Urteil vom 2.5.1997, EGMR 146/1996/767/964 ["St. Kitts-Fall"], oder auch Application no. 7702/04 by SALKIC and Others against Sweden oder S.C.C. against Sweden v. 15.2.2000, 46553 / 99).
Gem. der Judikatur des EGMR muss der BF die erhebliche Wahrscheinlichkeit einer aktuellen und ernsthaften Gefahr schlüssig darstellen vergleiche EKMR, Entsch. Vom 7.7.1987, Nr. 12877/87 - Kalema gg. Frankreich, DR 53, Sitzung 254, 264). Dazu ist es notwendig, dass die Ereignisse vor der Flucht in konkreter Weise geschildert und auf geeignete Weise belegt werden. Rein spekulative Befürchtungen reichen ebenso wenig aus vergleiche EKMR, Entsch. Vom 12.3.1980, Nr. 8897/80: römisch zehn u. Y gg. Vereinigtes Königreich), wie vage oder generelle Angaben bezüglich möglicher Verfolgungshandlungen vergleiche EKMR, Entsch. Vom 17.10.1986, Nr. 12364/86: Kilic gg. Schweiz, DR 50, Sitzung 280, 289). So führt der EGMR in stRsp aus, dass es trotz allfälliger Schwierigkeiten für den Antragsteller "Beweise" zu beschaffen, es dennoch ihm obliegt - so weit als möglich - Informationen vorzulegen, die der Behörde eine Bewertung der von ihm behaupteten Gefahr im Falle einer Abschiebung ermöglicht ( z. B. EGMR Said gg. die Niederlande, 5.7.2005)
Auch nach Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Antragsteller das Bestehen einer aktuellen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten oder nicht effektiv verhinderbaren Bedrohung der relevanten Rechtsgüter glaubhaft zu machen, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffender, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerter Angaben darzutun ist (VwGH 26.6.1997, Zl. 95/18/1293, VwGH 17.7.1997, Zl. 97/18/0336). Wenn es sich um einen der persönlichen Sphäre der Partei zugehörigen Umstand handelt (zB ihre familiäre (VwGH 14.2.2002, 99/18/0199 ua), gesundheitliche (VwSlg 9721 A/1978; VwGH 17.10.2002, 2001/20/0601) oder finanzielle vergleiche VwGH 15.11.1994, 94/07/0099) Situation), von dem sich die Behörde nicht amtswegig Kenntnis verschaffen kann vergleiche auch VwGH 24.10.1980, 1230/78), besteht eine erhöhte Mitwirkungspflicht des Asylwerbers (VwGH 18.12.2002, 2002/18/0279).
Voraussetzung für das Vorliegen einer relevanten Bedrohung ist auch in diesem Fall, dass eine von staatlichen Stellen zumindest gebilligte oder nicht effektiv verhinderbare Bedrohung der relevanten Rechtsgüter vorliegt oder dass im Heimatstaat des Asylwerbers keine ausreichend funktionierende Ordnungsmacht (mehr) vorhanden ist und damit zu rechnen wäre, dass jeder dorthin abgeschobene Fremde mit erheblicher Wahrscheinlichkeit der in [nunmehr] Paragraph 8, Absatz eins, AsylG umschriebenen Gefahr unmittelbar ausgesetzt wäre vergleiche VwGH 26.6.1997, 95/21/0294).
Der VwGH geht davon aus, dass der Beschwerdeführer vernünftiger Weise (VwGH 9.5.1996, Zl.95/20/0380) damit rechnen muss, in dessen Herkunftsstaat (Abschiebestaat) mit einer über die bloße Möglichkeit (z.B. VwGH vom 19.12.1995, Zl. 94/20/0858, VwGH vom 14.10.1998. Zl. 98/01/0262) hinausgehenden maßgeblichen Wahrscheinlichkeit von einer aktuellen (VwGH 05.06.1996, Zl. 95/20/0194) Gefahr betroffen zu sein. Wird dieses Wahrscheinlichkeitskalkül nicht erreicht, scheidet die Zuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten somit aus.
Umgelegt auf den gegenständlichen Fall werden im Lichte der dargestellten nationalen und internationalen Rechtsprechung folgende Überlegungen angestellt:
Hinweise auf das Vorliegen einer allgemeinen existenzbedrohenden Notlage (allgemeine Hungersnot, Seuchen, Naturkatastrophen oder sonstige diesen Sachverhalten gleichwertige existenzbedrohende Elementarereignisse) liegen nicht vor, weshalb hieraus aus diesem Blickwinkel bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen kein Hinweis auf das Vorliegen eines Sachverhaltes gem. Artikel 2, bzw. 3 EMRK abgeleitet werden kann.
Aufgrund der Ausgestaltung des Strafrechts des Herkunftsstaates des BF (die Todesstrafe wurde abgeschafft) scheidet das Vorliegen einer Gefahr im Sinne des Artikel 2, EMRK, oder des Protokolls Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe aus.
Da sich der Herkunftsstaat des BF nicht im Zustand willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes befindet, kann bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen nicht festgestellt werden, dass für den BF als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines solchen internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes besteht.
Auch wenn sich die Lage der Menschenrechte im Herkunftsstaat des BF in wesentlichen Bereichen als problematisch darstellt, kann nicht festgestellt werden, dass eine nicht sanktionierte, ständige Praxis grober, offenkundiger, massenhafter Menschenrechts-verletzungen (iSd VfSlg 13.897/1994, 14.119/1995, vergleiche auch Artikel 3, des UN-Übereinkommens gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe vom 10. Dezember 1984) herrschen würde und praktisch jeder, der sich im Hoheitsgebiet des Staates aufhält, schon alleine aufgrund des Faktums des Aufenthaltes aufgrund der allgemeinen Lage mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit damit rechnen muss, von einem unter Paragraph 8, Absatz eins, AsylG subsumierbaren Sachverhalt betroffen ist.
Aus der sonstigen allgemeinen Lage im Herkunftsstaat kann ebenfalls bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen kein Hinweis auf das Bestehen eines unter Paragraph 8, Absatz eins, AsylG subsumierbaren Sachverhalt abgeleitet werden.
Weitere, in der Person des BF begründete Rückkehrhindernisse können bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen ebenfalls nicht festgestellt werden.
Zur individuellen Versorgungssituation des BF wird weiters festgestellt, dass dieser im Herkunftsstaat über eine hinreichende Existenzgrundlage verfügt. Beim BF handelt es sich um einen mobilen, erwachsenen, arbeitsfähigen und anpassungsfähigen Mann. Einerseits stammt der BF aus einem Staat, auf dessen Territorium die Grundversorgung der Bevölkerung gewährleistet ist und andererseits gehört der BF keinem Personenkreis an, von welchem anzunehmen ist, dass sie sich in Bezug auf ihre individuelle Versorgungslage qualifiziert schutzbedürftiger darstellt als die übrige Bevölkerung, welche ebenfalls für seine Existenzsicherung aufkommen kann.
Auch steht es dem BF frei, eine Beschäftigung bzw. zumindest Gelegenheitsarbeiten anzunehmen oder das - wenn auch nicht sonderlich leistungsfähige - Sozialsystem des Herkunftsstaates in Anspruch zu nehmen.
Ebenso kam hervor, dass der BF im Herkunftsstaat nach wie vor über familiäre Anknüpfungspunkte verfügt. Er stammt aus einem Kulturkreis, in dem auf den familiären Zusammenhalt und die gegenseitige Unterstützung im Familienkreis großer Wert gelegt wird und kann der BF daher Unterstützung durch seine Familie erwarten.
Vor allfälligen Übergriffen oder Bedrohungen seitens der Gegner des BF - immer unter der Annahme der Glaubhaftunterstellung des Vorbringens - könnte, wie bereits ausgeführt, staatlicher Schutz bei den Behörden des Heimatlandes erlangt werden bzw. könnte der BF Drohungen oder Übergriffen durch Verlegung seines Wohnsitzes in einen anderen Landesteil Pakistans oder in Großstädten wie Karachi, Lahore, Islamabad, Rawalpindi oder Faisalabad, entgehen.
Darüber hinaus ist es dem BF unbenommen, Rückkehrhilfe in Anspruch zu nehmen und sich im Falle der Bedürftigkeit an eine im Herkunftsstaat karitativ tätige Organisation zu wenden.
Soweit der BF seinen Gesundheitszustand thematisiert wird Folgendes erwogen:
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat in einer Reihe von Erkenntnissen den gemäß Artikel 3, EMRK bei medizinischen Rückkehrhindernissen relevanten Maßstab dargelegt. Nach der Rechtsprechung des EGMR ist die Schwelle, die überschritten sein muss, damit im Falle von Erkrankungen von einer Verletzung des Artikel 3, EMRK ausgegangen werden kann, in der Tat hoch: Das einzige Urteil, in dem eine Abschiebung (nach St. Kitts) aus medizinischen Gründen für unzulässig erklärt wurde, ist D. v United Kingdom Urteil vom 02.05.1997, Reports 1997-III, Paragraph 49, In diesem Fall litt der Antragsteller an AIDS im Endstadium und war eine adäquate Behandlung nicht garantiert. Bei körperlichen Erkrankungen sind im allgemeinen (sofern grundsätzliche Behandlungsmöglichkeiten bestehen; bejaht z. B. für AIDS in Tansania sowie Togo AMEGNIGAN v Niederlande, 25.11.2004, Rs 25629/04, NDANGOYA v Schweden, 22.06.2004, Rs 17868/03 und für Down-Syndrom in Bosnien-Herzegowina HUKIC v Schweden, 27.09.2005, Rs 17416/05) nur Krankheiten im lebensbedrohlichen Zustand relevant vergleiche auch OVDIENKO v Finnland, 31.05.2005, Rs 1383/04). Nach EGMR vergleiche auch VwGH 28.06.2005, 2005/01/0080) hat sich die Prüfung auf die allgemeine Situation im Zielland als auch auf die persönlichen Umstände des Antragstellers zu erstrecken. Für die Prüfung der allgemeinen Situation wurden Berichte anerkannter Organisationen (z.B. der WHO), aus denen jedenfalls eine medizinische erreichbare Grundversorgung, wenn auch nicht kostenfrei, hervorgeht, als ausreichend angesehen. Der Umstand, dass die medizinischen Behandlungsmöglichkeiten im Zielland schlechter sind als im Aufenthaltsland und allfälligerweise "erhebliche Kosten" verursachen, ist nach der Judikatur des EGMR nicht ausschlaggebend. In Übereinstimmung mit dieser Rechtsprechung geht auch der Verfassungsgerichtshof davon aus, dass eine Abschiebung nur bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände zur Verletzung von Artikel 3, EMRK führt (VfGH 06.03.2008, B 2400/07 mwH).
Im gegenständlichen Fall leidet der BF an Hepatitis C und an einer Anpassungsstörung mit einer leichtgradigen depressiven Episode. Der BF hat nicht vorgebracht oder auch nicht belegt bzw. konnte nicht festgestellt werden, dass es sich hierbei um lebensbedrohliche Erkrankungen handelt. Laut Berichtslage müssen die staatlichen Krankenhäuser die arme Bevölkerung gratis behandeln, für Bedürftige ist somit die medizinische Versorgung kostenfrei. Es gibt ein staatliches Wohlfahrts-Programm, das von Pakistan Bait-ul-Mal administriert wird. Es bietet eine medizinisch-finanzielle Hilfestellung für Bedürftige, bei der die Behandlung dem staatlichen Krankenhaus mit der Bestätigung für die Behandlungskosten vorab bezahlt wird. Für bedürftige Menschen wird somit die medizinische Versorgung durch die Krankenhäuser selbst, durch Bait-ul-Mal und verschiedene Programme der Provinzregierung übernommen, womit, in der Einschätzung des Gesprächspartners, grundsätzlich die Fälle ohne andere Möglichkeiten abgedeckt sind. In erster Linie wird allerdings die Finanzierung in Notlagen durch die Familie aufgebracht. Private Einrichtungen wie der Edhi-Trust spielen eine wichtige Rolle in der sozialen Versorgung Dieser bietet soziale Dienste, wie medizinische Versorgung, Notfallhilfe, Luftrettung, Bestattungen, Versorgung psychisch Kranker, Altenheime, Kinderhilfe, Frauenhäuser und Berufsbildung für benachteiligte Menschen an.
Der BF verfügt über Verwandte in seiner Heimat, die ihn unterstützen könnten. Wenn der BF folglich vorbringt, dass in seinem Fall eine medizinische Versorgung aufgrund seiner finanziellen Mittel nicht möglich ist bzw. diese nicht ausreichend sei, handelt es sich hierbei um eine subjektive nicht objektivierbare Befürchtung. Hepatitis C ist zudem in Pakistan behandelbar.
Aufgrund der oa. Ausführungen ist letztlich im Rahmen einer Gesamtschau davon auszugehen, dass der BF im Falle einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat seine dringendsten Bedürfnisse befriedigen kann und nicht über eine allfällige Anfangsschwierigkeiten überschreitende, dauerhaft aussichtslose Lage gerät.
Die Zumutbarkeit der Annahme einer - ggf. auch unattraktiven - Erwerbsmöglichkeit wurde bereits beispielsweise im Erk des AsylGH vom 1.8.2012, Gz. E10 414843-1/2010 mwN bejaht.
Aufgrund der getroffenen Ausführungen ist davon auszugehen, dass der BF nicht vernünftiger Weise (VwGH 9.5.1996, Zl.95/20/0380) damit rechnen muss, in seinem Herkunftsstaat mit einer über die bloße Möglichkeit (z.B. VwGH vom 19.12.1995, Zl. 94/20/0858, VwGH vom 14.10.1998. Zl. 98/01/0262) hinausgehenden maßgeblichen Wahrscheinlichkeit einer aktuellen (VwGH 05.06.1996, Zl. 95/20/0194) Gefahr im Sinne des Paragraph 8, AsylG ausgesetzt zu sein, weshalb die Gewährung von subsidiären Schutz ausscheidet.
römisch II.3.6. Behebung von Spruchpunkt römisch III des angefochtenen Bescheides
Aufgrund Paragraph 10, AsylG in der Fassung des von der belangten Behörde zum Entscheidungszeitpunkt anzuwendenden Bundesgesetzblatt Teil eins, 67 aus 2012, wurde die Ausweisung des BF in deren Herkunftsstaat verfügt.
Im gegenständlichen Fall hat das Bundesverwaltungsgericht nunmehr aufgrund der Übergangsbestimmung gem. Paragraph 75, Absatz 20, AsylG zu entscheiden, ob im gegenständlichen Verfahren die Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig oder ob das Verfahren zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung an das Bundesamt zurückzuverweisen ist.
Gemäß Paragraph 10, Absatz eins, AsylG 2005 ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn
1. ...
2. ...
3. der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,
4. ...
5. ...
und in den Fällen der Ziffer eins und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß Paragraph 57, nicht erteilt wird sowie in den Fällen der Ziffer eins bis 5 kein Fall der Paragraphen 8, Absatz 3 a, oder 9 Absatz 2, vorliegt.
Paragraph 9, Absatz eins bis 3 BFA-VG lautet:
"Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß Paragraph 52, FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß Paragraph 61, FPG, eine Ausweisung gemäß Paragraph 66, FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß Paragraph 67, FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Artikel 8, Absatz 2, EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.
(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Artikel 8, EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:
1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,
2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,
3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,
4. der Grad der Integration,
5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,
6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,
7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,
8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,
9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.
(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß Paragraph 52, FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Absatz eins, auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß Paragraph 52, FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß Paragraph 52, FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (Paragraphen 45 und 48 oder Paragraphen 51, ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 100 aus 2005,) verfügen, unzulässig wäre."
Gemäß Paragraph 52, Absatz 2, FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen unter einem (Paragraph 10, AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn
1. dessen Antrag auf internationalen Schutz wegen Drittstaatsicherheit zurückgewiesen wird,
2. dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,
3. ihm der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt oder
4. ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird
und kein Fall der Paragraphen 8, Absatz 3 a, oder 9 Absatz 2, AsylG 2005 vorliegt und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.
Der gegenständliche Antrag auf Gewährung von internationalem Schutz war abzuweisen. Es liegt daher ab Erlassung dieses Erkenntnisses kein rechtmäßiger Aufenthalt im Bundesgebiet mehr vor.
Im gegenständlichen Fall kommt dem BF kein auf andere Bundesgesetze gestütztes Aufenthaltsrecht zu.
Bei Ausspruch der Ausweisung könnte ein Eingriff in das Recht auf Achtung des Privat- und Familienleben vorliegen (Artikel 8, Absatz eins, EMRK).
Zum Prüfungsumfang des Begriffes des 'Familienlebens' in Artikel 8, EMRK ist nicht nur die Kleinfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern umfasst, sondern zB auch Beziehungen zwischen Geschwistern (EKMR 14.3.1980, B 8986/80, EuGRZ 1982, 311) und zwischen Eltern und erwachsenen Kindern (etwa EKMR 6.10.1981, B 9202/80, EuGRZ 1983, 215). Dies allerdings nur unter der Voraussetzung, dass eine gewisse Beziehungsintensität vorliegt. Es kann nämlich nicht von vornherein davon ausgegangen werden, dass zwischen Personen, welche miteinander verwandt sind, immer auch ein ausreichend intensives Familienleben iSd Artikel 8, EMRK besteht, vielmehr ist dies von den jeweils gegebenen Umständen, von der konkreten Lebenssituation abhängig. Der Begriff des 'Familienlebens' in Artikel 8, EMRK setzt daher neben der Verwandtschaft auch andere, engere Bindungen voraus; die Beziehungen müssen eine gewisse Intensität aufweisen. So ist etwa darauf abzustellen, ob die betreffenden Personen zusammengelebt haben, ein gemeinsamer Haushalt vorliegt oder ob sie (finanziell) voneinander abhängig sind vergleiche dazu EKMR 6.10.1981, B 9202/80, EuGRZ 1983, 215; EKMR 19.7.1968, 3110/67, Yb 11, 494 (518); EKMR 28.2.1979, 7912/77, EuGRZ 1981, 118; EKMR 14.3.1980, 8986/80, EuGRZ 1982, 311; Frowein - Peukert, Europäische Menschenrechtskonvention, EMRK- Kommentar, 2. Auflage (1996) Rz 16 zu Artikel 8 ;, Baumgartner, Welche Formen des Zusammenlebens schützt die Verfassung? ÖJZ 1998, 761; vergleiche auch Rosenmayr, Aufenthaltsverbot, Schubhaft und Abschiebung, ZfV 1988, 1, ebenso VwGH vom 26.1.2006, 2002/20/0423, vergleiche auch VwGH vom 8.6.2006, Zl. 2003/01/0600-14, oder VwGH vom 26.1.2006, Zl.2002/20/0235-9, wo der VwGH im letztgenannten Erkenntnis feststellte, dass das Familienleben zwischen Eltern und minderjährigen Kindern nicht automatisch mit Erreichen der Volljährigkeit beendet wird, wenn das Kind weiter bei den Eltern lebt).
Sowohl eheliche als auch uneheliche Kinder aus einer Familienbeziehung, die unter Artikel 8, EMRK fällt, werden von ihrer Geburt an ipso iure Teil der Familie (Peter Chvosta: "Die Ausweisung von Asylwerbern und Artikel 8, MRK", ÖJZ 2007/74; VfSlg 16.777/2003; ferner Gül gg Schweiz, ÖJZ 1996, 593; 5. 2 2004, 60457/00, Kosmopoulou gg Griechenland; 18. 1. 2007, 73819/01, Estrikh gg Litauen). Umgekehrt werden Kinder erst vom Moment ihrer Geburt an rechtlich Teil der Familie. Zu noch ungeborenen Kindern liegt somit bis dahin (noch) kein schützenswertes Familienleben iSd Artikel 8, EMRK vor vergleiche zB VfGH 24.02.2003, B 1670/01; EGMR 19.02.1996, GÜL vs Switzerland).
Der Begriff des Familienlebens ist darüber hinaus nicht auf Familien beschränkt, die sich auf eine Heirat gründen, sondern schließt auch andere de facto Beziehungen ein; maßgebend ist beispielsweise das Zusammenleben eines Paares, die Dauer der Beziehung, die Demonstration der Verbundenheit durch gemeinsame Kinder oder auf andere Weise (EGMR Marckx, EGMR 23.04.1997, römisch zehn ua). Bei dem Begriff "Familienleben im Sinne des Artikel 8, EMRK" handelt es sich nach gefestigter Ansicht der Konventionsorgane um einen autonomen Rechtsbegriff der Konvention.
Ist von einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme die gesamte Familie betroffen, greift sie lediglich in das Privatleben der Familienmitglieder und nicht auch in ihr Familienleben ein; auch dann, wenn sich einige Familienmitglieder der Abschiebung durch Untertauchen entziehen (EGMR in Cruz Varas).
Der BF möchte offensichtlich sein künftiges Leben in Österreich gestalten und hält sich seit seiner Antragstellung am 13.08.2011 im Bundesgebiet auf. Er reiste rechtswidrig und mit Hilfe einer Schlepperorganisation in das Bundesgebiet ein. Der BF befindet sich in Grundversorgung. Der BF geht keiner Arbeit nach. Der BF hat einen Deutschkurs besucht, den er jedoch abgebrochen hat. Der BF versteht und spricht Deutsch in einfacher Art und Weise. Der BF hat keine Freunde und Verwandten in Österreich. Der BF ist strafrechtlich unbescholten.
Die Rückkehrentscheidung stellt somit einen Eingriff in das Recht auf das Privat- und Familienleben dar.
Gem. Artikel 8, Absatz 2, EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung des Rechts auf das Privat- und Familienleben nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, welche in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, der Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.
Zweifellos handelt es sich sowohl beim BFA als auch beim ho. Gericht um öffentliche Behörden im Sinne des Artikel 8, Absatz 2, EMRK und ist der Eingriff in Paragraph 10, AsylG gesetzlich vorgesehen.
Es ist in weiterer Folge zu prüfen, ob ein Eingriff in das Recht auf Achtung des Privat- und/oder Familienlebens des Beschwerdeführers im gegenständlichen Fall durch den Eingriffsvorbehalt des Artikel 8, EMRK gedeckt ist und ein in einer demokratischen Gesellschaft legitimes Ziel, nämlich die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung iSv. Artikel 8, (2) EMRK, in verhältnismäßiger Wiese verfolgt.
Bereits vor Inkrafttreten der Vorgängerbestimmung des Paragraph 9, Absatz 2, BFA-VG in der Form des AsylG 2005 in der Fassung Bundesgesetzblatt 29 aus 2009, entwickelten die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts in den Erk. d. VfGH vom 29.9.2007, Zahl B 1150/07-9 und Erk. d. VwGH vom 17.12.2007, Zahl 2006/01/0216 bis 219-6 unter ausdrücklichen Bezug auf die Judikatur des EGMR nachstehende Richtlinien (in den Medien der vielgenannte "Kriterienkatalog") im Rahmen der Interessensabwägung gem. Artikel 8, Abs. EMRK, welche zu berücksichtigen sind:
Auch
Bereits vor Inkrafttreten des durch Bundesgesetzblatt Teil eins, 38 aus 2011, in Paragraph 10, Absatz 2, Ziffer 2, AsylG eingefügten Litera i,, welcher der nunmehrigen Bestimmung des Paragraph 9, Absatz 2, Ziffer 9, BFA-VG entspricht, warf der VfGH in seinem Erk. B 950-954/10-08, Sitzung 19 die Frage auf, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstanden ist, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthalts bewusst waren. Der Verfassungsgerichtshof stellt dazu fest, dass das Gewicht der Integration nicht allein deshalb als gemindert erachtet werden darf, weil ein stets unsicherer Aufenthalt des Betroffenen zugrunde liege, so dass eine Verletzung des Artikel 8, EMRK durch die Ausweisung ausgeschlossen sei. Vielmehr müsse die handelnde Behörde sich dessen bewusst sein, dass es in der Verantwortung des Staates liegt, Voraussetzungen zu schaffen, um Verfahren effizient führen zu können und damit einhergehend prüfen, ob keine schuldhafte Verzögerungen eingetreten sind, die in der Sphäre des Betroffenen liegen (ähnlich VfGH 10.03.2011, B1565/10).
Ein mögliches Organisationsverschulden durch die handelnden Behörden soll daher als zusätzliche Tatsache bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Artikel 8, EMRK berücksichtigt werden, andererseits stellte der VfGH in seinem Erkenntnis v. 12.6.2010, Gz. U 613/10-10 unmissverständlich fest, dass die zeitliche Komponente dann in den Hintergrund tritt, wenn sich die Verweil- bzw. Verfahrensdauer aus dem Verhalten der beschwerdeführenden Partei ergibt vergleiche hierzu auch Urteil des EGMR Urteil vom 8. April 2008, NNYANZI gegen das Vereinigte Königreich, Nr. 21878/06).
Im Einzelnen ergibt sich aus einer Zusammenschau der oben genannten Determinanten im Lichte der soeben zitierten Judikatur Folgendes:
Der BF hält sich seit seiner Antragstellung am 13.08.2011 im Bundesgebiet auf. Er reiste rechtswidrig, mit Hilfe einer Schlepperorganisation in das Bundesgebiet ein und konnte seinen Aufenthalt lediglich durch die Stellung eines unbegründeten Asylantrages vorübergehend legalisieren. Hätte er diesen unbegründeten Asylantrag nicht gestellt, wäre er rechtswidrig im Bundesgebiet aufhältig bzw. wäre davon auszugehen, dass der rechtswidrige Aufenthalt bereits durch entsprechende aufenthaltsbeendende Maßnahmen in der Vergangenheit beendet worden wäre und er sich nicht mehr im Bundesgebiet aufhalten würde.
Der BF verfügt über die oben beschriebenen - dem erkennenden Gericht von dem BF beschriebenen - familiären und privaten Anknüpfungspunkte.
Der BF begründete sein Privatleben zu einem Zeitpunkt, als der Aufenthalt durch die Stellung eines unbegründeten Asylantrages vorübergehend legalisiert wurde. Auch war der Aufenthalt des BF zum Zeitpunkt der Begründung der Anknüpfungspunkte im Rahmen des Privat- und Familienlebens ungewiss und nicht dauerhaft, sondern auf die Dauer des Asylverfahrens beschränkt.
Der BF möchte offensichtlich sein künftiges Leben in Österreich gestalten. Der BF befindet sich in Grundversorgung. Der BF geht keiner Arbeit nach. Der BF hat einen Deutschkurs besucht, den er jedoch abgebrochen hat. Der BF versteht und spricht Deutsch in einfacher Art und Weise. Der BF hat keine Freunde in Österreich.
In diesem Zusammenhang sei auf die höchstgerichtliche Judikatur verwiesen, wonach die - hier bei weitem nicht vorhandenen - Umstände, dass selbst ein Fremder, der perfekt Deutsch spricht sowie sozial vielfältig vernetzt und integriert ist, über keine über das übliche Maß hinausgehenden Integrationsmerkmale verfügt und diesen daher nur untergeordnete Bedeutung zukommt (Erk. d. VwGH vom 6.11.2009, 2008/18/0720; 25.02.2010, 2010/18/0029).
Der BF verbrachte den überwiegenden Teil ihres Lebens in Pakistan, wurde dort sozialisiert und spricht die dortige Mehrheitssprache auf muttersprachlichem Niveau. Ebenso ist davon auszugehen, dass in Pakistan neben seinen dort noch lebenden Familienangehörigen auch andere Bezugspersonen etwa im Sinne eines gewissen Freundesund/oder Bekanntenkreises des BF existieren, da nichts darauf hindeutet, dass der BF vor seiner Ausreise in seinem Herkunftsstaat in völliger sozialer Isolation gelebt hätte. Es deutet daher nichts darauf hin, dass es dem BF im Falle einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat nicht möglich wäre, sich in die dortige Gesellschaft erneut zu integrieren.
Der BF ist strafrechtlich unbescholten.
Die Feststellung, wonach der bF strafrechtlich unbescholten ist, stellt laut Judikatur weder eine Stärkung der persönlichen Interessen noch eine Schwächung der öffentlichen Interessen dar (VwGH 21.1.1999, Zahl 98/18/0420). Der VwGH geht wohl davon aus, dass es von einem Fremden, welcher sich im Bundesgebiet aufhält als selbstverständlich anzunehmen ist, dass er die geltenden Rechtsvorschriften einhält. Zu Lasten des BF ins Gewicht fallen jedoch sehr wohl rechtskräftige Verurteilungen durch ein inländisches Gericht vergleiche Erk. d. VwGH vom 27.2.2007, 2006/21/0164, mwN, wo dieser zum wiederholten Male klarstellt, dass das Vorliegen einer rechtskräftigen Verurteilung den öffentlichen Interessen im Sinne des Artikel 8, Absatz 2, EMRK eine besondere Gewichtung zukommen lässt).
Der BF reiste schlepperunterstützt und unter Umgehung der Grenzkontrolle in das Gebiet der Europäischen Union und in weiterer Folge rechtswidrig in das Bundesgebiet ein.
In Hinblick auf den gegenständlichen Fall ist in Übereinstimmung mit der herrschenden Judikatur vergleiche U 145/2014-9 vom 06.06.2014) davon auszugehen, dass zwar ein einmaliges Vergehen in Form der illegalen Einreise zur Stellung eines Antrages auf internationalen Schutzes vorliegt, jedoch kann diese Verfehlung nicht maßgeblich bei einer Abwägung iSv Artikel 8, Absatz 2, EMRK sprechen. Faktoren der Einwanderungskontrolle und Erwägungen der öffentlichen Ordnung können zwar bei einer Abwägung iSv Artikel 8, Absatz 2, EMRK sprechen, dabei sind jedoch etwa zahlreiche Verfehlungen oder schwere bzw. beharrliche Vergehen gemeint.
Dem BF musste bei der Antragstellung klar sein, dass der Aufenthalt in Österreich im Falle der Abweisung des Asylantrages nur ein vorübergehender ist. Ebenso indiziert die rechtswidrige und schlepperunterstützte Einreise den Umstand, dass dem BF die Unmöglichkeit der legalen Einreise und dauerhaften Niederlassung bewusst war, da davon auszugehen ist, dass er in diesem Fall diese weitaus weniger beschwerliche und kostenintensive Art der legalen Einreise und Niederlassung gewählt hätte.
Im gegenständlichen Fall sind vor dem Hintergrund der Auslastung des ho. Gerichts und der belangten Behörde lange Verfahrensstillstände festzustellen, sodass einzuräumen ist, dass eine raschere Entscheidung im Rechtsmittelverfahren bei Vorhanden entsprechender Ressourcen unter Umständen möglich gewesen wäre. Dennoch ist hierzu anzuführen, dass es sich bei der Frage des möglichen Organisationsverschuldens hinsichtlich der Verfahrensdauer um eines von mehreren Kriterien innerhalb der hier vorzunehmenden Interessensabwägung handelt - welchem zwar in der Vergangenheit besonderes Augenmerk geschenkt wurde- und das Ergebnis der Prüfung eines möglichen Organisationsverschuldens nicht für sie alleine und isoliert, sondern in einer Gesamtschau innerhalb sämtlicher abgewogener Kriterien zu sehen ist.
Der BF stellte einen Asylantrag über den von der belangten Behörde bescheidmäßig entschieden wurde. Die Angaben des BF basierten zumindest zum Teil auf einem tatsachenwidrigen Vorbringen, welches vom BF offensichtlich aufgrund Opportunitätserwägungen im Hinblick auf den Ausgang oder zumindest auf die Dauer des Verfahrens vorgetragen wurde. Gegen diesen Bescheid wurde eine Beschwerde eingebracht. In dieser wurde ein weiteres Vorbringen erstattet und Einwände gegen das Verfahren vor der belangten Behörde vorgebracht.
Aufgrund dieser Umstände ist im Rahmen einer letztlich Gesamtschau festzuhalten, dass eine raschere Erledigung des Asylverfahrens beim Vorhandensein entsprechender Ressourcen denkbar ist, dennoch ist im gegenständlichen Fall aufgrund des Vorbringens des BF, sowie seinem Verhalten im Verfahren davon auszugehen, dass ein Sachverhalt vorliegt, welcher wohl eher dem entspricht, der vom VfGH in seinem Verfahren Gz. U 613/10-10 zu prüfen war, als jenen in seinem Erkenntnissen B 950-954/10-08 bzw. B1565/10, weshalb letztlich nicht davon auszugehen ist, dass die zeitliche Komponente dermaßen in den Vordergrund tritt, dass aufgrund der Verfahrensdauer im Rahmen der Interessensabwägung im Sinne des Artikel 8, EMRK von einem Überwiegen der privaten Interessen des BF auszugehen wäre (in Bezug auf ein gewisses Behördenverschulden in Bezug auf die Verfahrensdauer vergleiche auch bei Vorliegen weitaus engeren Bindungen im Sinne des Artikel 8, EMRK und einem ca. zehnjährigen Aufenthalt im Staat der Antragstellung das Urteil des EGMR Urteil vom 8. April 2008, NNYANZI gegen das Vereinigte Königreich, Nr. 21878/06).
Der EGMR wiederholt in stRsp, dass es den Vertragsstaaten zukommt, die öffentliche Ordnung aufrechtzuerhalten, insb. in Ausübung ihres Rechts nach anerkanntem internationalem Recht und vorbehaltlich ihrer vertraglichen Verpflichtungen, die Einreise und den Aufenthalt von Fremden zu regeln. Die Entscheidungen in diesem Bereich müssen insoweit, als sie in ein durch Artikel 8, (1) EMRK geschütztes Recht eingreifen, in einer demokratischen Gesellschaft notwendig sein, dh. durch ein dringendes soziales Bedürfnis gerechtfertigt und va. dem verfolgten legitimen Ziel gegenüber verhältnismäßig sein.
Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kommt den Normen, die die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regeln, aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Artikel 8 Absatz 2, EMRK) ein hoher Stellenwert zu (VwGH 16.01.2001, Zl. 2000/18/0251, uva).
Der VwGH hat festgestellt, dass beharrliches illegales Verbleiben eines Fremden nach rechtskräftigem Abschluss des Asylverfahrens bzw. ein länger dauernder illegaler Aufenthalt eine gewichtige Gefährdung der öffentlichen Ordnung im Hinblick auf ein geordnetes Fremdenwesen darstellen würde, was eine Ausweisung als dringend geboten erscheinen lässt (VwGH 31.10.2002, Zl. 2002/18/0190).
Ebenso wird durch die wirtschaftlichen Interessen an einer geordneten Zuwanderung und das nur für die Dauer des Asylverfahrens erteilte Aufenthaltsrecht, das fremdenpolizeiliche Maßnahmen nach (negativer) Beendigung des Asylverfahrens vorhersehbar erscheinen lässt, die Interessensabwägung anders als in jenen Fällen, in welchen der Fremde aufgrund eines nach den Bestimmungen des NAG erteilten Aufenthaltstitels aufenthaltsberechtigt war, zu Lasten des (abgelehnten) Asylsuchenden beeinflusst vergleiche Feßl/Holzschuster, AsylG 2005, Seite 348).
Es ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes für die Notwendigkeit einer [damals] Ausweisung von Relevanz, ob der Fremde seinen Aufenthalt vom Inland her legalisieren kann. Ist das nicht der Fall, könnte sich der Fremde bei der Abstandnahme von der [damals] Ausweisung unter Umgehung der aufenthaltsrechtlichen Bestimmungen den tatsächlichen (illegalen) Aufenthalt im Bundesgebiet auf Dauer verschaffen, was dem öffentlichen Interesse an der Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenrechts zuwiderlaufen würde.
Gem. Artikel 8, Absatz 2, EMRK ist ein Eingriff in das Grundrecht auf Privatund/oder Familienleben zulässig, wenn dies zur Erreichung der in Absatz 2, leg cit genannten Ziele notwendig ist. Die zitierte Vorschrift nennt als solches Ziel u.a. die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung, worunter nach der Judikatur des VwGH auch die geschriebene Rechtsordnung zu subsumieren ist. Die für den Aufenthalt von Fremden maßgeblichen Vorschriften finden sich - abgesehen von den spezifischen Regelungen des AsylG - seit 1.1.2006 nunmehr im NAG bzw. FPG.
Die geordnete Zuwanderung von Fremden ist für die Gesellschaft von wesentlicher Bedeutung und diese Wertung des Gesetzgebers geht auch aus dem Fremdenrechtspaket 2005 klar hervor. Demnach ist es gemäß den nun geltenden fremdenrechtlichen Bestimmungen für den Beschwerdeführer grundsätzlich nicht mehr möglich seinen Aufenthalt vom Inland her auf Antrag zu legalisieren, da eine Erstantragsstellung für solche Fremde nur vom Ausland aus möglich ist. Wie aus dem 2. Hauptstück des NAG ersichtlich ist, sind auch Fremde, die Familienangehörige von in Österreich dauernd wohnhaften österreichischen Staatsbürgern sind, davon nicht ausgenommen. Im gegenständlichen Fall ist bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen kein Sachverhalt ersichtlich, welcher die Annahme rechtfertigen würde, dass dem Beschwerdeführer gem. Paragraph 21, (2) und (3) NAG die Legalisierung seines Aufenthaltes vom Inland aus offen steht, sodass ihn mit rechtskräftigen Abschluss des Asylverfahrens eine unbedingte Ausreiseverpflichtung trifft, zu deren Durchsetzung es einer Ausweisung des Fremden bedarf.
Bei rechtskräftigem Abschluss des Asylverfahrens ist der Beschwerdeführer somit nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig.
Zur Gewichtung der öffentlichen Interessen sei ergänzend das Erkenntnis des VfGH 17. 3. 2005, G 78/04 ua erwähnt, in dem dieser erkennt, dass auch das Gewicht der öffentlichen Interessen im Verhältnis zu den Interessen des Fremden bei der Ausweisung von Fremden, die sich etwa jahrelang legal in Österreich aufgehalten haben, und Asylwerbern, die an sich über keinen Aufenthaltstitel verfügen und denen bloß während des Verfahrens Abschiebeschutz zukommt, unterschiedlich zu beurteilen sind.
Der Rechtsprechung des EGMR folgend vergleiche aktuell SISOJEVA u.a. gg. Lettland, 16.06.2005, Bsw. Nr. 60.654/00) garantiert die Konvention Ausländern kein Recht auf Einreise und Aufenthalt in einem bestimmten Staat. Unter gewissen Umständen können von den Staaten getroffene Entscheidungen auf dem Gebiet des Aufenthaltsrechts (z. B. eine Ausweisungsentscheidung) aber auch in das nach Artikel 8 EMRK geschützte Privatleben eines Fremden eingreifen. Dies beispielsweise dann, wenn ein Fremder den größten Teil seines Lebens in einem Gastland zugebracht (wie im Fall SISOJEVA u.a. gg. Lettland) oder besonders ausgeprägte soziale oder wirtschaftliche Bindungen im Aufenthaltsstaat vorliegen, die sogar jene zum eigentlichen Herkunftsstaat an Intensität deutlich übersteigen vergleiche dazu BAGHLI gg. Frankreich, 30.11.1999, Bsw. Nr. 34374/97; ebenso die Rsp. des Verfassungsgerichtshofes; vergleiche dazu VfSlg 10.737/1985; VfSlg 13.660/1993).
Im Lichte der Rechtsprechung des EGMR zur Ausweisungs- und Abschiebungspraxis der Vertragsstaaten dürfte es für den Schutzbereich des Anspruches auf Achtung des Privatlebens nach Artikel 8 EMRK hingegen nicht ausschlaggebend sein, ob der Aufenthalt des Ausländers - im Sinne einer Art "Handreichung des Staates" - zumindest vorübergehend rechtmäßig war vergleiche Ghiban gg. Deutschland, 16.09.2004, 11103/03; Dragan gg. Deutschland, 07.10.2004, Bsw. Nr. 33743/03; SISOJEVA (aaO.)) bzw. inwieweit die Behörden durch ihr Verhalten dazu beigetragen haben, dass der Aufenthalt des Betreffenden bislang nicht beendet wurde. Der EGMR hat diese Frage zwar noch nicht abschließend entschieden, jedoch in Fallkonstellationen das Recht auf Privatleben erörtert, in denen ein legaler Aufenthalt der Beschwerdeführer nicht vorlag. Hat er in der Rechtssache GHIBAN (aaO.) zu einem rumänischen Staatsangehörigen, der wegen Staatenlosigkeit nicht abgeschoben werden konnte, die Frage letztlich noch offen gelassen ("Selbst wenn man davon ausgeht, dass der Aufenthalt des Bf. unter diesen Umständen eine ausreichende Grundlage für die Annahme eines Privatlebens war..."), so nahm er in der bereits mehrfach zitierten Rechtssache Sisojeva (aaO.) einen Eingriff in das Privatleben an, obwohl die Beschwerdeführer in Lettland keinen rechtmäßigen Aufenthalt hatten.
Wenn man - wie die aktuelle Judikaturentwicklung des EGMR auch erkennen lässt - dem Aufenthaltsstatus des Fremden für die Beurteilung des Vorliegens eines Eingriffes in das durch Artikel 8 EMRK geschützte Privatleben keine Relevanz beimisst, so wird die Frage der Rechtmäßigkeit des Aufenthalts jedenfalls im Rahmen der Schrankenprüfung nach Artikel 8 Absatz 2 EMRK Berücksichtigung zu finden haben.
In seinem Erkenntnis Rodrigues da Silva and Hookkamer v. the Netherlands vom 31. Jänner 2006, Zahl 50435/99 führte der EGMR unter Verweis auf seine Vorjudikatur aus, dass es ua. eine wichtige Überlegung darstellt, ob das Familienleben zu einem Zeitpunkt entstand, an dem sich die betreffenden Personen bewusst waren, dass der Aufenthaltsstatus eines Familienmitgliedes derart war, dass der Fortbestand des Familienlebens im Gastland vom vornherein unsicher war. Er stellte auch fest, dass die Ausweisung eines ausländischen Familienmitgliedes in solchen Fällen nur unter ganz speziellen Umständen eine Verletzung von Artikel 8, EMRK bewirkt.
Der GH führte weiters - wiederum auf seine Vorjudikatur verweisend - aus, dass Personen, welche die Behörden eines Vertragsstaates ohne die geltenden Rechtsvorschriften zu erfüllen, als fait accompli mit ihrem Aufenthalt konfrontieren, grundsätzlich keinerlei Berechtigung haben, mit der Ausstellung eines Aufenthaltstitels zu rechnen. Im geschilderten Fall wurde letztlich dennoch eine Entscheidung zu Gunsten der Beschwerdeführer getroffen, weil es der Erstbeschwerdeführerin grundsätzlich möglich gewesen wäre, ihren Aufenthalt vom Inland aus zu legalisieren, weil sie mit dem Vater des Zweitbeschwerdeführers, einem Staatsbürger der Niederlande vom Juni 1994 bis Jänner 1997 eine dauerhafte Beziehung führte. Es war daher der Fall Erstbeschwerdeführerin trotz ihres vorwerfbaren sorglosen Umganges mit den niederländischen Einreisebestimmungen von jenen Fällen zu unterscheiden, in denen der EGMR befand, dass die betroffenen Personen zu keinem Zeitpunkt vernünftiger Weise erwarten konnten, ihr Familienleben im Gastland weiterzuführen. Ebenso wurde in diesem Fall der Umstand des besonderen Verhältnisses zwischen dem Kleinkind und der Mutter besonders gewürdigt.
Weiters wird hier auf das Urteil des EGMR Urteil vom 8. April 2008, NNYANZI gegen das Vereinigte Königreich, Nr. 21878/06 verwiesen, wo dieser folgende Kernaussagen traf:
Im gegenständlichen Fall erachtete es der EGMR nicht erforderlich, sich mit der von der Beschwerdeführerin vorgetragenen Frage auseinanderzusetzen, ob durch das Studium der Beschwerdeführerin im UK, ihr Engagement in der Kirche sowie ihre Beziehung unbekannter Dauer zu einem Mann während ihres fast 10-jährigen Aufenthalts ein Privatleben iS von Artikel 8, EMRK entstanden ist.
Dies wird damit begründet, dass im vorliegenden Fall auch das Bestehen eines Privatlebens ohne Bedeutung für die Zulässigkeit der Abschiebung wäre, da einerseits die beabsichtigte Abschiebung im Einklang mit dem Gesetz steht und das legitime Ziel der Aufrechterhaltung und Durchsetzung einer kontrollierten Zuwanderung verfolgt; und andererseits jegliches zwischenzeitlich etabliertes Privatleben im Rahmen einer Interessenabwägung gegen das legitime öffentliche Interesse an einer effektiven Einwanderungskontrolle nicht dazu führen könnte, dass ihre Abschiebung als unverhältnismäßiger Eingriff zu werten wäre.
Die zuständige Kammer merkt dazu an, dass es sich hier im Gegensatz zum Fall ÜNER gg. Niederlande (EGMR Urteil vom 05.07.2005, Nr. 46410/99) bei der Beschwerdeführerin um keinen niedergelassenen Zuwanderer handelt, sondern ihr niemals ein Aufenthaltsrecht erteilt wurde und ihr Aufenthalt im UK daher während der gesamten Dauer ihres Asylverfahrens und ihrer humanitären Anträge unsicher war.
Ihre Abschiebung in Folge der Abweisung dieser Anträge wird auch durch eine behauptete Verzögerung der Behörden bei der Entscheidung über diese Anträge nicht unverhältnismäßig.
Würde sich ein Fremder nunmehr generell in einer solchen Situation wie der BF erfolgreich auf das Privat- und Familienleben berufen können, so würde dies dem Ziel eines geordneten Fremdenwesens und dem geordneten Zuzug von Fremden zuwiderlaufen und würde dies darüber hinaus dazu führen, dass Fremde, welche die unbegründete bzw. rechtsmissbräuchliche Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz allenfalls in Verbindung mit einer illegalen Einreise in das österreichische Bundesgebiet in Kenntnis der Unbegründetheit bzw. Rechtsmissbräuchlichkeit des Antrag unterlassen, letztlich schlechter gestellt wären, als Fremde, welche genau zu diesen Mitteln greifen um sich ohne jeden sonstigen Rechtsgrund den Aufenthalt in Österreich legalisieren, was in letzter Konsequenz zu einer verfassungswidrigen unsachlichen Differenzierung der Fremden untereinander führen würde vergleiche hierzu auch das Estoppel-Prinzip ["no one can profit from his own wrongdoing"], auch den allgemein anerkannten Rechtsgrundsatz, wonach aus einer unter Missachtung der Rechtsordnung geschaffenen Situation keine Vorteile gezogen werden dürfen [VwGH 11.12.2003, 2003/07/0007]).
Vor dem Hintergrund des gegenwärtigen Standes des seitens des erkennenden Gerichts durchzuführenden Ermittlungsverfahrens kann nicht festgestellt werden, dass die Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig ist und war daher das Verfahren gem. Paragraph 75, Absatz 20, AsylG zur (weiteren) Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung an das Bundesamt zurückzuverweisen.
römisch II.3.7. Antrag auf Beigebung eines Verfahrenshelfers
Paragraph 40, VwGVG lautet:
"§ 40 (1) Ist ein Beschuldigter außerstande, ohne Beeinträchtigung des für ihn und Personen, für deren Unterhalt er zu sorgen hat, zu einer einfachen Lebensführung notwendigen Unterhalts die Kosten der Verteidigung zu tragen, so hat das Verwaltungsgericht auf Antrag des Beschuldigten zu beschließen, dass diesem ein Verteidiger beigegeben wird, dessen Kosten der Beschuldigte nicht zu tragen hat, soweit dies im Interesse der Rechtspflege, vor allem im Interesse einer zweckentsprechenden Verteidigung, erforderlich ist.
(2) Der Antrag auf Beigebung eines Verteidigers kann schriftlich oder mündlich gestellt werden. Er ist ab Erlassung des Bescheides bis zur Vorlage der Beschwerde bei der Behörde, ab Vorlage der Beschwerde beim Verwaltungsgericht einzubringen. Wird der Antrag innerhalb der Beschwerdefrist beim Verwaltungsgericht eingebracht, so gilt er als rechtzeitig gestellt. In dem Antrag ist die Strafsache bestimmt zu bezeichnen, für die die Beigebung eines Verteidigers begehrt wird.
(3) Die Behörde hat dem Verwaltungsgericht den Antrag auf Beigebung eines Verteidigers und die Akten des Verfahrens unverzüglich vorzulegen. Hat das Verwaltungsgericht die Beigebung eines Verteidigers beschlossen, so hat es den Ausschuss der nach dem Sitz des Verwaltungsgerichtes zuständigen Rechtsanwaltskammer zu benachrichtigen, damit der Ausschuss einen Rechtsanwalt zum Verteidiger bestelle. Dabei hat der Ausschuss Wünschen des Beschuldigten zur Auswahl der Person des Verteidigers im Einvernehmen mit dem namhaft gemachten Rechtsanwalt nach Möglichkeit zu entsprechen.
(4) Hat der Beschuldigte innerhalb der Beschwerdefrist die Beigebung eines Verteidigers beantragt, so beginnt für ihn die Beschwerdefrist mit dem Zeitpunkt zu laufen, in dem der Beschluss über die Bestellung des Rechtsanwalts zum Verteidiger und der anzufechtende Bescheid diesem zugestellt sind. Wird der rechtzeitig gestellte Antrag auf Beigebung eines Verteidigers abgewiesen, so beginnt die Beschwerdefrist mit der Zustellung des abweisenden Beschlusses an den Beschuldigten zu laufen.
(5) Die Bestellung eines Verteidigers erlischt mit dem Einschreiten eines Bevollmächtigten.
(6) In Privatanklagesachen sind die Absatz eins bis 5 mit der Maßgabe anzuwenden, dass der Antrag auf Beigebung eines Verteidigers auch gestellt werden kann, wenn der Bescheid nicht innerhalb der Entscheidungsfrist erlassen worden ist. Er kann frühestens gleichzeitig mit der Erhebung einer Säumnisbeschwerde gestellt werden und ist bis zur Vorlage der Beschwerde bei der Behörde, ab Vorlage der Beschwerde beim Verwaltungsgericht einzubringen.
(7) In Verfahrenshilfesachen ist die Wiederaufnahme des Verfahrens nicht zulässig."
Gem. Paragraph 40, VwGVG ist dem Beschuldigten unter dort näher beschriebenen Umständen ein Verfahrenshilfeverteidiger beizugeben. Außerhalb des Verwaltungsstrafverfahrens besteht diese Möglichkeit im Rechtsmittelverfahren - so wie bereits in der Rechtslage vor dem Inkrafttreten des VwGVG- grundsätzlich nicht.
Mangels entsprechender bzw. fehlender gesetzlicher Grundlage besteht kein Raum dafür, dem BF im ggst. Verfahren einen Verfahrenshilfeverteidiger beizugeben.
römisch II.3.7. Absehen von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung
Paragraph 24, VwGVG lautet:
"(1) Das Verwaltungsgericht hat auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
(2) Die Verhandlung kann entfallen, wenn
1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder
2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.
(3) Der Beschwerdeführer hat die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.
(4) Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Artikel 6, Absatz eins, der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, Bundesgesetzblatt Nr. 210 aus 1958,, noch Artikel 47, der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 Sitzung 389 entgegenstehen.
(5) Das Verwaltungsgericht kann von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden."
Gemäß Paragraph 21, Absatz 7, BFA-VG, Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 68 aus 2013, idgF kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn
oder
Der Verwaltungsgerichtshof (Erkenntnis vom 28.05.2014, Zl. Ra 2014/20/0017 und 0018) erörterte, dass sich die bisher zu Paragraph 67 d, AVG ergangene Rechtsprechung auf das Verfahren vor den Verwaltungsgerichten erster Instanz insoweit übertragen lässt, als sich die diesbezüglichen Vorschriften weder geändert haben noch aus systematischen Gründen sich eine geänderte Betrachtungsweise als geboten darstellt. Die in Paragraph 24, Absatz 4, VwGVG getroffene Anordnung kann nach dessen Wortlaut nur zur Anwendung gelangen, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist. Schon deswegen kann - entgegen den Materialien - nicht davon ausgegangen werden, diese Bestimmung entspräche (zur Gänze) der Vorgängerbestimmung des Paragraph 67 d, Absatz 4, AVG. Zudem war letztgenannte Norm nur auf jene Fälle anwendbar, in denen ein verfahrensrechtlicher Bescheid zu erlassen war. Eine derartige Einschränkung enthält Paragraph 24, Absatz 4, VwGVG nicht (mehr).
Für den Anwendungsbereich der vom BFA-VG 2014 erfassten Verfahren enthält Paragraph 21, Absatz 7, BFA-VG 2014 eigene Regelungen, wann - auch:
trotz Vorliegens eines Antrages - von der Durchführung einer Verhandlung abgesehen werden kann. Lediglich "im Übrigen" sollen die Regelungen des Paragraph 24, VwGVG anwendbar bleiben. Somit ist bei der Beurteilung, ob in vom BFA-VG erfassten Verfahren von der Durchführung einer Verhandlung abgesehen werden kann, neben Paragraph 24, Absatz eins bis 3 und 5 VwGVG in seinem Anwendungsbereich allein die Bestimmung des Paragraph 21, Absatz 7, BFA-VG 2014, nicht aber die bloß als subsidiär anwendbar ausgestaltete Norm des Paragraph 24, Absatz 4, VwGVG vergleiche Lukan, Die Abweichung von einheitlichen Verfahrensvorschriften im verwaltungsbehördlichen Verfahren und im Verfahren vor den Verwaltungsgerichten erster Instanz, ZfV 2014/2,23) , als maßgeblich heranzuziehen.
Der Wortlaut des Paragraph 21, Absatz 7, BFA-VG entspricht jenem, der in (bis 31.12.2013 geltenden) Paragraph 41, Absatz 7, AsylG 2005 enthalten war. Mit Ausnahme der Wendung "oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht" besteht auch - im Wesentlichen - Übereinstimmung mit der (bis 30.6.2008 geltenden) in Art römisch II Absatz 2, Ziffer 43 a, EGVG gestandenen Anordnung.
Wesentlich ist allerdings, dass §21 Absatz 7, BFA-VG nicht mehr allein auf asylrechtliche Verfahren, sondern auf alle dem BFA-VG unterliegenden Verfahren des BVwG gemäß Paragraph 7, BFA- VG anwendbar ist (sohin auch auf die vom BFA zu vollziehenden fremdenpolizeilichen Angelegenheiten).
Für die Auslegung des §21 Abs7 BFA- VG ist auch beachtlich, dass die meisten der unter das BFA- VG fallenden Verfahren in den Anwendungsbereich des Unionsrechts und somit auch der GRC fallen, so dass in derartigen Verfahren insbesondere das gemäß Artikel 47, Absatz 2, GRC gewährleistete Recht auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu beachten ist. Der Unionsgesetzgeber darf die bei der Schaffung von Sekundärrecht die ihm dabei vom Primärrecht, somit auch der GRC, auferlegten Schranken nicht überschreiten.
Der VfGH hegte - unter dem Blickwinkel des Artikel 47, Absatz 2, GRC -keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die frühere Bestimmung des §41 Absatz 7, AsylG 2005 unter der Voraussetzung eines zuvor durchgeführten Verwaltungsverfahrens, in dessen Rahmen Parteiengehör gewährt worden war. Auf Basis dieser Entscheidung ergingen seitens des VfGH mehrere Erkenntnisse über die Zulässigkeit des Entfalls einer mündlichen Verhandlung auf Grundlage des Paragraph 41, Absatz 7, AsylG 2005.
Der VwGH erachtet daraus resultierend nunmehr für die Auslegung des Paragraph 21, Absatz 7, BFA- VG folgende Kriterien als maßgeblich:
der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt muss von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein und
bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des BVwG immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen
die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in gesetzmäßiger Weise offen gelegt haben und
das BVwG diese tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen
in der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinausgehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten ebenso außer Betracht bleibt wie ein Vorbringen, das gegen das in Paragraph 20, BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt.
Es wird festgehalten, dass das erkennende Gericht ein ergänzendes Ermittlungsverfahren sowie eine mündliche Verhandlung durchführte bzw. danach dem BF im Rahmen des Parteiengehörs weitere Ermittlungsergebnisse zur Kenntnis brachte.
In der Stellungnahme nach Gewährung des Parteiengehörs wurde vom BF kein neuer entscheidungsrelevanter Sachverhalt aufgeworfen. Daher konnte die Durchführung einer weiteren Verhandlung unterbleiben.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß Paragraph 25 a, Absatz eins, VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Aus den dem gegenständlichen Erkenntnis entnehmbaren Ausführungen geht hervor, dass das ho. Gericht in seiner Rechtsprechung im gegenständlichen Fall nicht von der bereits zitierten einheitlichen Rechtsprechung des VwGH, insbesondere zum Erfordernis der Glaubhaftmachung der vorgebrachten Gründe, zum Flüchtlingsbegriff, dem Refoulement-schutz bzw. zum durch Artikel 8, EMRK geschützten Recht auf ein Privat- und Familienleben abgeht.
Ebenso wird zu diesem Thema keine Rechtsache, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, erörtert. In Bezug auf die Spruchpunkte römisch eins und römisch II der angefochtenen Bescheide liegt das Schwergewicht zudem in Fragen der Beweiswürdigung.
In Bezug auf die Anwendung der Übergangsbestimmung des Paragraph 75, Absatz 18, - 20 AsylG kann ebenfalls keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung erblickt werden. Hierbei handelt es sich vielmehr um eine Anordnung des einfachen Gesetzgebers, wie mit einer überschaubaren Zahl von Bescheiden des Bundesasylamtes, welche in dem dort beschriebenen Zeitfenster erlassen wurden, im Beschwerdeverfahren umzugehen ist und ist auf den eindeutigen Wortlaut der genannten Bestimmungen zu verweisen.
Auch legt das ho. Gericht in seinen Ausführungen in Bezug auf das Absehen einer mündlichen Verhandlung die bereits beschriebenen Tatbestandsmerkmale im Lichte der ebenfalls zitierten aktuellen Rechtsprechung des VwGH aus.
ECLI:AT:BVWG:2015:L512.1421348.1.00