BVwG
20.02.2015
W211 1429379-1
W211 1429379-1/15E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag.a SIMMA als Einzelrichterin über die Beschwerde von römisch 40 , geboren am römisch 40 , StA. Somalia, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom römisch 40 , Zl. römisch 40 , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 17.02.2015, zu Recht erkannt:
A)
Der Beschwerde wird stattgegeben und römisch 40 gemäß Paragraph 3, Absatz eins, AsylG der Status des Asylberechtigten zuerkannt. Gemäß Paragraph 3, Absatz 5, AsylG wird festgestellt, dass römisch 40 damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
B)
Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
römisch eins. Verfahrensgang:
1. Die beschwerdeführende Partei, ein männlicher Staatsangehöriger Somalias, stellte am 08.01.2012 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.
2. Bei ihrer Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am selben Tag gab die beschwerdeführende Partei an, aus Afgooye zu stammen und den Ashraf anzugehören. Sie sei am 20.02.2011 von Mogadischu nach Dubai geflogen und von dort weiter in die Türkei gereist. Nach ihrer Überfahrt nach Griechenland habe sie sich drei Monate in Athen aufgehalten. In Griechenland habe sie einen Landesverweis erhalten. Schlepperunterstützt sei sie schließlich am 06.01.2012 mit dem LKW von Griechenland nach Österreich gereist. Befragt, warum die beschwerdeführende Partei ihr Land verlassen habe, gab diese an, dass in Somalia Krieg herrsche, und sie Angst um ihr Leben habe. Die Al Shabaab habe sie im Jahr 2010 des Öfteren aufgefordert, sich ihr anzuschließen. Zuletzt sei sie Ende 2010 aufgesucht und gemeinsam mit anderen Jugendlichen entführt worden. Nach einer circa einmonatigen Gefangenschaft sei ihr die Flucht gelungen.
3. Bei ihrer Einvernahme vor der belangten Behörde am 28.08.2012 gab die beschwerdeführende Partei an, den Dolmetscher für Somali verstehen zu können und in der Lage zu sein, die Einvernahme zu führen. Sie sei in Afgooye geboren und bei ihren Eltern aufgewachsen. Sie habe ein Jahr die Schule besucht und könne lesen und schreiben. Sie habe einen Bruder und eine Schwester. Ihr Vater habe einen Nutzwagen besessen, mit dem er Gemüse transportiert habe. Ihr Vater sei im Jahr 2000 verstorben. Nach seinem Tod habe ihre Mutter Gemüse verkauft. Sie seien eine arme Familie gewesen, haben aber immer etwas zu essen gehabt. Am 01.06.2010 habe sie ihre Frau traditionell geheiratet. Aus dieser Ehe entstamme ein Sohn, der am 22.08.2011 auf die Welt gekommen sei. Die Frau der beschwerdeführenden Partei und das gemeinsame Kind würden sich bei der Mutter der beschwerdeführenden Partei in Afgooye aufhalten. Auf die Frage, ob die beschwerdeführende Partei in ihrer Heimat von staatlicher Seite wegen ihrer Volksgruppe, jener der Ashraf, verfolgt worden sei, antwortete diese, dass sie deswegen niemals verfolgt worden sei. Sie haben zwar finanzielle Probleme in Somalia gehabt, aber sei wegen der Volksgruppenzugehörigkeit nicht verfolgt worden.
Nach dem genauen Grund gefragt, warum die beschwerdeführende Partei ihre Heimat verlassen habe, gab diese an, dass sie Ende Dezember 2010 mit drei Freunden unterwegs gewesen sei. Es habe ein Auto angehalten, in dem bewaffnete Männer gewesen seien. Sie seien aufgefordert worden, ins Auto einzusteigen. Die Gegend habe damals unter der Kontrolle der Al Shabaab gestanden. Es seien ihnen im Auto die Augen verbunden worden, und sie seien an einen unbekannten Ort gebracht worden. Nur die beschwerdeführende Partei sei in ein Zimmer in einem Haus gebracht worden; sie habe nicht gewusst, wo ihre Freunde hingebracht worden seien. Die beschwerdeführende Partei sei aufgefordert worden, gegen die somalische Regierung zu kämpfen. Da sie Angst gehabt habe, habe sie sich bereit erklärt, zu kämpfen. Sie habe sich circa ein Monat dort aufgehalten. Eines Abends sei ein Mitglied von Al Shabaab zu ihr gekommen, der sie aufgefordert habe, mitzugehen. Sie und andere Männer seien zu einem Geländewagen gebracht worden. Die beschwerdeführende Partei habe geglaubt, dass man sie an einen Ort bringen würde, wo gekämpft werde. Nach circa eineinhalb Stunden habe das Auto aber Probleme bekommen. Die Männer seien mit dem Auto beschäftigt gewesen, weshalb die beschwerdeführende Partei flüchten habe können. Sie sei die ganze Nacht unterwegs gewesen, bis sie ein Haus erreicht habe. Sie habe diese Familie dort gebeten, ihr zu helfen. Sie sei dann zu Fuß nach Afgooye gegangen. Dort sei sie zu einem Onkel mütterlicherseits gegangen, der auch ihre Mutter informiert habe.
Abseits des besagten Vorfalls habe es keine Übergriffe gegeben. Die Al Shabaab habe die beschwerdeführende Partei insgesamt dreimal angesprochen. Das erste Mal sei im September 2010 und das zweite Mal im November 2010 gewesen. Man habe immer über den Dschihad gesprochen. Die Al Shabaab habe immer mit einem Auto bei ihr und ihren Freunden angehalten und ihnen gesagt, dass sie sich zum Dschihad melden sollten. Man habe ihnen gesagt, dass man sich in einer Moschee treffen werde. Weiter habe man nichts gemacht. Man sei einfach nicht hingegangen. Man habe diese Angaben nicht ernst genommen. Befragt, die einmonatige Gefangenschaft im Detail zu erklären, gab die beschwerdeführende Partei an, dass sie jeden Tag für das Morgengebet aufgestanden seien. Danach seien sie ins Freie gegangen und haben Sport getrieben. Sie seien täglich 2 Stunden gelaufen, bevor es zum Frühstück gegangen sei. Bis zur Mittagsgebet haben sie sich in einem Zimmer aufgehalten. Nach dem Mittagsgebet habe es Mittagessen gegeben, danach habe man das Haus geputzt und nebenbei sei ihnen beigebracht worden, wie man schießt und mit Waffen umgeht. In ihrem Zimmer seien insgesamt drei Männer gewesen. Das Zimmer habe ein Fenster gehabt. Mehr könne sie dazu nicht erzählen. Es seien circa 20 Al Shabaab Mitglieder in dem Haus gewesen, und drei Gefangene. Sie wisse nicht, ob es weitere Gefangene in dem Haus gegeben habe oder nicht. Auf dem Vorhalt der Behörde, dass dieses Vorbringen nicht glaubhaft wäre, sagte die beschwerdeführende Partei, dass sie Angst gehabt habe, bei den Al Shabaab Mitglieder nachzufragen. Auf weitere Nachfrage blieb die beschwerdeführende Partei dabei, dass sie niemand nach weiteren Gefangenen gefragt habe. Die beschwerdeführende Partei beschrieb weiter das Umfeld ihrer Gefangenschaft. Die belangte Behörde führte schließlich aus, dass sich die Sicherheitssituation auch in Afgooye verbessert habe. Die beschwerdeführende Partei meinte daraufhin, dass Al Shabaab auch überall in Afgooye sein.
4. Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag der beschwerdeführenden Partei auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß Paragraph 3, Absatz eins, in Verbindung mit Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 13, AsylG ab (Spruchpunkt römisch eins.), wies ihren Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß Paragraph 8, Absatz eins, in Verbindung mit Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 13, AsylG ab (Spruchpunkt römisch II) und wies die beschwerdeführende Partei gemäß Paragraph 10, Absatz eins, AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Somalia aus.
Nach einer Zusammenfassung des Verfahrensganges und der Einvernahmen stellte die belangte Behörde fest, dass die beschwerdeführende Partei aus Afgooye stamme und der Volksgruppe der Ashraf angehöre. Sie leide an keinen lebensbedrohlichen physischen oder psychischen Beeinträchtigungen ihres Gesundheitszustandes. Es können auch keine Beeinträchtigungen ihre Arbeitsfähigkeit festgestellt werden. Weiters stehe fest, dass die beschwerdeführende Partei ihre Heimat wegen der allgemeinen schlechten Situation verlassen habe. Die von ihr angegebenen Gründe für das Verlassen des Heimatlandes seien unglaubwürdig. Eine Entführung durch die Al Shabaab könne nicht festgestellt werden. Es seien keine Umstände amtsbekannt, dass in Somalia, insbesondere in Mogadischu und Afgooye, derzeit eine solche extreme Gefährdungslage bestehe, dass gleichsam jeder, der dorthin zurückkehre, einer Gefährdung im Sinne der Artikel 2 und 3 EMRK ausgesetzt wäre. Es stehe fest, dass die beschwerdeführende Partei jung, gesund und arbeitsfähig sei. Sie verfüge über ein soziales Netz in ihrer Heimat; so würden unter anderen ihre Mutter, ihre Ehefrau und ihr Sohn in Afgooye in Somalia leben, wie auch weitere Verwandte. Ein Privat- oder Familienleben in Österreich bestehe nicht. Weiter traf die belangte Behörde damals aktuelle Länderfeststellungen zu Somalia.
Beweiswürdigend führte die belangte Behörde zusammengefasst aus, dass der beschwerdeführenden Partei geglaubt werde, dass sie von staatlicher Seite wegen ihrer Zugehörigkeit zum Clan der Ashraf niemals verfolgt worden sei. Auch habe sie sich betreffend das ursprüngliche Fluchtvorbringen mehrfach widersprochen. Hinsichtlich einer Rückkehr wies die belangte Behörde auf die geänderte Sicherheitssituation in Mogadischu und Afgooye sowie darauf hin, dass die Al Shabaab aus Mogadischu im August 2011 abgezogen sei, und eine effektive Rückkehr der Islamisten ausgeschlossen werden könne. Aufgrund der geänderten Situation könne derzeit nicht davon ausgegangen werden, dass die beschwerdeführende Partei bei einer Rückkehr nach Mogadischu einer Gefährdung unterliegen würde. Außerdem würden ihre Mutter, ihre Lebensgefährtin und weitere Verwandte laut ihren eigenen Angaben in der Heimat leben. Es sei der beschwerdeführenden Partei zuzumuten, dass sie dort auch nach ihrer Rückkehr Unterkunft nehmen würde.
In der rechtlichen Beurteilung wies die belangte Behörde darauf hin, dass das Asylrecht nur Personen schützen würde, gegen die mit staatlichen Maßnahmen von erheblicher Intensität und Verfolgungsabsicht vorgegangen werde. Derartiges habe die beschwerdeführende Partei jedoch nicht vorgebracht. Auch die schwierige allgemeine Lage einer ethnischen Minderheit im Heimatland sei für sich alleine nicht geeignet, die für die Anerkennung der Flüchtlingseigenschaft vorauszusetzende Bescheinigung einer konkret gegen den Asylwerber gerichteten drohenden Verfolgungshandlung darzutun. So könne die bloße Zugehörigkeit zu einer Minderheitengruppe noch keinen ausreichenden Grund für eine Asylgewährung bilden. Im Zusammenhang mit einer Rückkehr und mit Spruchpunkt römisch II. wurde - zusammengefasst - ausgeführt, dass bei der beschwerdeführenden Partei keine individuellen Umstände vorliegen würden, die dafür sprechen, dass sie bei der Rückkehr in die Heimat in eine derart extreme Notlage gelangen würde, die eine unmenschliche Behandlung im Sinne von Artikel 3, EMRK darstellen würde. Die belangte Behörde vertrete die Auffassung, dass sich für die beschwerdeführende Partei gegenwärtig kein Abschiebehindernis nach Somalia ergebe. Schließlich würde die Ausweisung keinen Eingriff in die Rechte der beschwerdeführenden Partei unter Artikel 8, EMRK darstellen.
5. Gegen diesen Bescheid brachte die beschwerdeführende Partei rechtzeitig eine Beschwerde ein, in welcher zusammengefasst ausgeführt wurde, dass die von der belangten Behörde festgestellten Widersprüche im Auge des Betrachters liegen würden. Sie habe die Aufforderungen und den Rekrutierungsversuch natürlich ernst genommen, da die Kontaktaufnahmen meistens auf die eine oder andere Weise unverbindlich erfolgt seien. Zu diesem Zeitpunkt habe sie sich noch nicht vorstellen können, dass die beschwerdeführende Partei durch Al Shabaab tatsächlich zwangsweise rekrutiert werden könnte. Der Vorhalt, sie habe das Haus, in dem sie gefangen gehalten gewesen wäre, nicht genau beschreiben können, sei außerdem aktenwidrig. Sie habe genaue Angaben zum Haus gemacht. Die Verfolgungshandlungen hätten insbesondere darin bestanden, dass sie gegen ihren Willen zwangsweise für den Dschihad der Al Shabaab gegen die Regierung und deren Unterstützer hätte rekrutiert werden sollen. Sie sei bei erster Gelegenheit geflohen und sei nun froh, nicht kämpfen zu müssen. Sie habe somit ihr Fluchtvorbringen genügend substantiiert, insbesondere vor dem Hintergrund der Länderfeststellungen. Daraus wäre zu folgen, dass im Falle der beschwerdeführenden Partei eine qualifizierte und asylrechtlich relevante Verfolgung durch nichtstaatliche Akteure vorliege. Dem Staat würden zur Zeit jegliche Möglichkeiten fehlen, seine Staatsbürger vor den Übergriffen der Al Shabaab zu schützen. Zur Situation bei einer Rückkehr habe die belangte Behörde zur Stadt Afgooye selbst keine separaten Feststellungen getroffen. In Afgooye könnte die beschwerdeführende Partei von Al Shabaab gefunden werden. Die Lebenssituation in Somalia sei im Allgemeinen nach wie vor sehr schlecht. Dazu komme eine immer noch ausgesprochen schlechte Sicherheitslage in Somalia. Mogadischu als Hauptstadt sei außerdem total überlastet. Es gebe auch nach wie vor zahlreiche Berichte und Hinweise auf eine fehlende Kontrollierbarkeit einiger Stadtbereiche. Abgesehen von der ausnehmend schlechten Sicherheitslage in Mogadischu habe die beschwerdeführende Partei keinerlei soziales Netzwerk mehr.
6. In einer handschriftlichen Nachreichung führte die beschwerdeführende Partei weiter aus, das Land wegen Al Shabaab verlassen zu haben. Die beschwerdeführende Partei beschrieb darin erneut ihre Entführung und den einmonatigen Aufenthalt in einem Haus der Al Shabaab.
7. Am 19.08.2014 langte eine Bevollmächtigung und eine Beschwerdeergänzung durch eine gewillkürte Vertretung der beschwerdeführenden Partei ein. Darin wurde ausgeführt, dass die Erklärungen der beschwerdeführenden Partei durchaus lebensnah und plausibel gewesen seien und von einem nicht voreingenommenen Organwalter als homogen, schlüssig und plausibel anerkannt hätten werden müssen. Die beschwerdeführende Partei habe den Tagesablauf während der Gefangenschaft beschrieben, und zwar in grundsätzlich glaubwürdiger und lebensnaher Weise. Das gleiche gelte für die Beschreibung des Hauses und der Mitgefangenen. Es müsse als ausreichend wahrscheinlich angenommen werden, dass der von der beschwerdeführenden Partei geschilderte Sachverhalt tatsächlich erlebt worden sei und den Tatsachen entsprechen würde. Aus einer Quellenanalyse zur Lage in Somalia gab die gewillkürte Vertretung an, dass der bewaffnete Konflikt in Zentral- und Südsomalia weitgehend anhalten würde, in Afgooye von einer endgültigen Zurückdrängung von Al Shabaab keine Rede sein könne, die Al Shabaab weiterhin die logistische Fähigkeit habe, junge Männer zwangsweise zu rekrutieren, Deserteure besonders gefährdet seien, und eine Rückkehralternative nach Mogadischu nicht zur Verfügung stehe. Die beschwerdeführende Partei erfülle daher nach wie vor alle Voraussetzungen, um als Flüchtling im Sinne des materiellen Flüchtlingsbegriffs der Flüchtlingskonvention anerkannt zu werden.
8. Mit Schreiben vom 13.01.2015 wurden die beschwerdeführende Partei und das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zu einer mündlichen Verhandlung vor dem nunmehr zuständigen Bundesverwaltungsgericht am 17.02.2015 unter gleichzeitiger Übermittlung mehrerer aktueller Länderberichte zu Somalia geladen.
9. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl teilte dem Bundesverwaltungsgericht am 23.01.2015 mit, dass die Teilnahme eines informierten Vertreters zu dieser Verhandlung aus dienstlichen und personellen Gründen nicht möglich sei. Es werde die Abweisung der Beschwerde und die Übersendung des Verhandlungsprotokolls beantragt.
10. Am 10.02.2015 langte eine schriftliche Stellungnahme des gewillkürten Vertreters der beschwerdeführenden Partei in, in welcher zusammengefasst angegeben wurde, dass die Lage in Lower Shabelle nach wie vor volatil sei, und es zu ermitteln gebe, wie genau die Situation der beschwerdeführenden Partei im Falle einer Rückkehr nach Afgooye wäre. Die zugestellten Länderinformationen würden nur eine Grobeinschätzung der Lage erlauben. Al Shabaab sei nach wie vor aktiv, und kämen Zwangsrekrutierungen weiterhin vor. Weiter sei der tatsächliche Clanschutz zu ermitteln. Eine innerstaatliche Fluchtalternative nach Mogadischu sei nicht gegeben. Die Quellen "UKUT" und "UKHO", die ein besonders positives Bild der Lage in Mogadischu zeichnen würden, könnten nicht nachverfolgt werden und stünden mit dem EASO-Bericht in einem Widerspruch. Insgesamt zeichne das Länderinformationsblatt der Staatendokumentation ein viel zu positives Bild der Lage in Somalia. Als wesentlich erachte die beschwerdeführende Partei außerdem die folgenden Quellen: Danish Immigration Service/Landinfo, Update on security and protection issues in Mogadischu and South-Central Somalia, März 2014; British Home Office aus April 2014; UNHCR, International Protection Considerations with Regard to people fleeing Southern and Central Somalia aus Jänner 2014 und der EASO Bericht (siehe unter 2.). Die Stellungnahme verwies in weitere Folge auf ihr wichtige Passagen der angeführten Berichte. Zusammengefasst werde ausgeführt, dass die Sicherheitslage in Süd- und Zentralsomalia nach wie vor von einem innerstaatlichen bewaffneten Konflikt gekennzeichnet, und die Lage in Mogadischu prekär sei. Die Bevölkerung in Mogadischu sei von Al Shabaab unterwandert. Die Lebensbedingungen der IDPs in Mogadischu seien extrem prekär. Wenn Rückkehrer_innen keine Unterstützung durch Clans oder Kernfamilien haben, würde sie extreme Armut erwarten.
11. Am 17.02.2015 führte das Bundesverwaltungsgericht in Anwesenheit einer Dolmetscherin für die somalische Sprache und in Anwesenheit der beschwerdeführenden Partei und ihres Vertreters eine mündliche Verhandlung durch. Die beschwerdeführende Partei gab dabei auszugsweise an, wie folgt:
"R: Wo haben Sie in Somalia bis zu Ihrer Ausreise gelebt?
P: In Afgooye. Ich war dort geboren und habe bis zu meiner Ausreise dort gelebt.
R: Leben noch Familienmitglieder von Ihnen in Somalia? Wer?
P: In habe jetzt niemanden mehr in Somalia. Meine Familie ist nach Äthiopien geflüchtet. Meine Mutter, meine Schwester, mein Bruder, meine Frau und mein Kind. Sie sind in römisch 40 (phonetisch), das ist eine Ortschaft an der Grenze von Somalia und Äthiopien.
R: Haben Sie Kontakt zu Ihrer Familie? Geht es Ihnen gut?
P: Ja. Meine Familie hat ein schweres Leben dort. Ich habe seit Ewigkeiten meine Familie nicht mehr gesehen, auch meine Frau nicht. Es läuft nicht so gut zwischen uns. Jedes Mal, wenn ich mit meiner Frau telefoniere, sage ich ihr, wie es mir hier geht, und dass ich auch Schwierigkeiten hier habe. Sie kann sich das aber nicht vorstellen.
R: Wissen Sie, wann und warum Ihre Familie Somalia verlassen hat?
P: Vor ca. einem Jahr. Das Leben in Somalia ist schwer. Ich kann für sie nichts tun. Ich kann ihnen nicht helfen. Nachdem sie das Land verlassen haben, haben sie mir erzählt, dass sie weggegangen sind. Ich schicke ihnen manchmal etwas Geld.
R: Haben Sie Verwandte in Somaliland oder Puntland?
P: Nein.
R: Was haben Sie bis zu Ihrer Ausreise gemacht? Schule? Arbeit?
P: Ich wurde ein Jahr lang von einem Hauslehrer unterrichtet. Ich habe meiner Mutter beim Gemüse verkaufen geholfen.
R: Welchem Clan gehören Sie an?
P: Ashraf.
R: Hatten Sie Probleme wegen Ihrer Clanzugehörigkeit?
P: Ich hatte deswegen keine Probleme. Meine großen Probleme waren mit Al Shabaab. Weil ich einem kleineren Clan angehörte, konnte uns niemand vor Al Shabaab schützen.
R: Erzählen Sie mir bitte ausführlich und mit Ihren eigenen Worten, warum Sie aus Somalia weggegangen sind.
P: Im September 2010 sind die Al Shabaab zu mir gekommen und sagten mir, dass sie mich brauchen und ich mitkommen soll. Ich wollte kein Mitglied dieser Gruppe werden. Nach einigen Monaten, im November 2010, ist diese Gruppe wieder zu mir gekommen und sagte mir, dass ich ihnen versprochen hätte, dass ich beitreten werde. Sie sagten, ich sei hartnäckig und würde nicht auf sie hören. Ende Dezember 2010 sind die Al Shabaab zu uns gekommen; ich war mit drei anderen Männern. Die Al Shabaab Mitglieder sind vorbeigefahren und haben uns aufgefordert ins Auto zu steigen. Wir mussten auf sie hören. Wir konnten ihre Befehle nicht verweigern. Wir sind in das Auto eingestiegen, und sie haben uns die Augen verbunden. Wir wussten nicht, wohin sie uns bringen. Sie sind einige Zeit gefahren. Sie haben uns zu einem ihrer Camps gebracht. Sie haben mich in dieses Camp gebracht, die anderen drei Männer haben sie weiter mitgenommen. Sie haben mich in einem Raum, wo zwei andere Männer waren, eingesperrt. Circa ein Monat lang wurde ich in diesem Camp festgehalten. Sie haben uns trainiert.
R: Wie haben sie Sie trainiert?
P: Sie haben uns trainiert, wie wir Leute erschießen können. Am 28.01.2011 haben sie mich und sechs andere Männer in einem Auto mitgenommen. Sie haben gesagt, dass wir einen Auftrag erfüllen müssen, was oder wo haben sie uns nicht gesagt. Das war um 9 Uhr abends. Das Fahrzeug ist ca. 1 1/2 Stunden gefahren, bis es ein Gebrechen hatte. Der Motor hat sich nicht einschalten lassen. Wir mussten das Fahrzeug ca. 30 Minuten schieben. Ich hatte eine kleine Gelegenheit und wollte in der Nähe urinieren gehen. Ich habe gemerkt, dass die Leute beschäftigt sind und habe mich entschieden zu fliehen, egal was später passieren wird. Ich bin die ganze Nacht gelaufen und nach langer Zeit habe ich Licht gesehen. Das war ein Zelt von Nomaden. Ich bin zu dieser Familie gegangen und habe sie gebeten, mir Wasser zu geben. Ich wusste nicht, wo genau ich mich befinde. Sie haben mir gesagt, in welcher Richtung Afgooye liegt. In der Früh bin ich in der Stadt angekommen. Ich bin nicht zurück zu meiner Familie gegangen, sondern zu meinem Onkel. Zwei Töchter von meinem Onkel sind zu meiner Familie gelaufen und haben meiner Mutter und meiner Frau erzählt, dass ich zurück bin. Meine Familie wusste nichts von mir, seit ich mit diesen Männern verschwunden bin. Ich bin im Haus meines Onkels mütterlicherseits geblieben. Ich bin nicht hinausgegangen. Meine Mutter war sehr besorgt um mich. Die Mutter hat einen Schlepper gefunden und hat die Reise organisiert. Der Schlepper hatte mich von Afgooye bis Mogadischu gebracht. Ich wurde in Frauentracht verkleidet.
R: Wo in Afgooye haben die Al Shabaab Mitglieder Sie mitgenommen?
P: In der Nähe von dem Ort, wo meine Mutter das Gemüse verkauft hat.
R: Wissen Sie, was aus Ihren drei Freunden geworden ist?
P: Weiß ich nicht. Sie wurden vielleicht irgendwo anders hingebracht.
R: Wie hat das Camp ausgesehen, wo Sie gefangen gehalten worden sind?
P: Es gab sechs Räume. Ich war in einem dieser Räume mit zwei anderen Personen. Es war ein kleines Zimmer. Es gab eine rote Matte. Es gab auch noch drei Decken.
R: Wie sah Ihr Tagesablauf im Camp aus?
P: In der Früh nach dem Gebet mussten wir Sport betreiben. Man hat uns trainiert, wie man schießt. Wir mussten den Raum putzen. Am Nachmittag haben sie uns wieder trainiert. In dieser Zeit, wo ich in diesem Camp war, war das unser Tagesablauf.
R: Wissen Sie, wie viele Leute in diesem Camp waren?
P: In diesem Camp waren ca. 20 Personen. Ich wusste nicht, wer von diesen 20 Personen Häftlinge und wer Al Shabaab Mitglieder sind. Ich hatte große Angst und habe niemanden etwas gefragt. Wenn andere mich etwas gefragt haben, habe ich geantwortet, "ich weiß nicht".
R: Die beiden Männer, die mit Ihnen in einem Raum eingesperrt waren, waren sie Gefangene oder Al Shabaab Mitglieder?
P: Das weiß ich nicht. Sie haben mir nichts gesagt und ich habe sie nichts gefragt.
R: Warum nicht?
P: Jeder hatte Angst vor dem anderen. Eine falsche Frage könnte Probleme bringen.
R: Wie war die Bewachungssituation?
P: Es war eines ihrer Camps, wo die Leute von ihnen trainiert wurden. Es war gut bewacht, man konnte nicht fliehen. Ich dachte, das ist ein Camp, wo die Leute trainiert werden und wir über ihr Programm informiert werden wollen. Ich glaube, dass die beiden Männer in meinem Raum so wie ich Gefangene waren, und die meisten anderen Al Shabaab Mitglieder waren.
R: Woran haben Sie einen Bewacher erkannt?
P: Sie waren bewaffnet. Die meisten Leute, die dort waren, waren bewaffnet.
R: Können Sie sich erinnern, wie viele Leute dort nicht immer bewaffnet waren?
P: Die meisten waren bewaffnet. Ich weiß nicht, ich habe nicht gezählt, aber die meisten waren bewaffnet.
R: Warum wollten Sie kein Mitglied der Al Shabaab werden?
P: Ihre Meinungen sind falsch, sogar sehr falsch. Sie töten unschuldige Menschen. Sie waren gegen alle, die ihre Meinung nicht geteilt haben. Sie wissen ja vielleicht, was die Al Shabaab den Leuten angetan haben.
R: Nach den Länderinformationen hat sich die Situation betreffend Al Shabaab in Afgooye geändert; warum glauben Sie, dass Sie immer noch von Al Shabaab verfolgt würden? Wovor würden Sie sich persönlich fürchten?
P: Al Shabaab ist jetzt verkleidet wie andere Zivilisten. Man kann sie heute nicht erkennen. Ich glaube, es ist noch schlimmer als damals, weil man sie nicht erkennen kann. Sie machen es weiter. Sie machen, was sie wollen. Ich habe Angst vor diesen Leuten. Ich war einen Monat lang gefangen. Sie erkennen mich, und ich habe ihre Befehle nicht befolgt. Man kann sie jetzt nicht erkennen, weil sie wie die anderen verkleidet sind. Man hat Angst, dass man jede Minute getötet wird. Sie töten Regierungsmitglieder, die gut bewacht sind; was, glauben Sie, passiert mit anderen.
R: Warum glauben Sie, dass Sie erkannt werden?
P: Ich glaube, dass sie mich gut erkennen können. Ich bin die Person, die von ihnen geflüchtet ist.
R: Hat Al Shabaab nach Ihrer Ausreise bei Ihrer Familie nach Ihnen gefragt?
P: Am 28.01. bin ich von diesen Leuten geflohen. Am 29.01. sind sie zu meiner Familie gegangen und haben nach mir gefragt. Sie haben meiner Mutter gesagt, dass sie mich bestrafen werden, wenn sie mich finden. Deshalb hat meine Mutter gedacht, dass ich weg muss. [...]
Regierungsvorlage, Hat dieser Ort, wo die Mutter das Gemüse verkauft hat, einen Namen?
P: Der Ort heißt römisch 40 . Das ist ein Gemüsemarkt.
Regierungsvorlage, Im Protokoll vor dem BAA haben Sie angegeben, drei Mal angesprochen worden zu sein und zwar einmal im September und zwei Mal im November 2010. Beide Male seien Sie unterwegs gewesen. Stimmt das?
P: Ja.
Regierungsvorlage, Nachdem Sie bereits drei Mal angesprochen wurden, hatten Sie keine Angst, geholt zu werden? Es wurden doch andere auch geholt.
P: Sie versuchen am Anfang den Mensch von ihren Meinungen und Ansichten zu überzeugen. Sie versuchen zuerst zu manipulieren. Sie sagen immer, komm zu uns in die Moschee. Sie verstecken sich hinter der Religion, aber es ist nicht richtig, was sie machen. Sie tun viel Falsches im Namen der Religion.
Regierungsvorlage, Hätten Sie in eine bestimmte Moschee gehen sollen?
P: Ja, in die Moschee römisch 40 . [...]
Regierungsvorlage, Haben diese Al Shabaab Leute keine Uniform gehabt? Hätte man sie nicht an der Kleidung erkannt?
P: Einige tragen das, andere nicht. Ein langes Hemd, darunter eine Hose und ein Imama.
R: In Schwarz?
P: In Grau.
Regierungsvorlage, War das Zimmer zugesperrt oder hätten Sie rausgehen können zu einem Spaziergang?
P: Am Tag war die Tür offen und in der Nacht wurde sie zugesperrt. Zwei Männer haben sie bewacht. Die Toilette war draußen.
Regierungsvorlage, Wie Sie trainiert wurden, gab es doch einen Trainier oder mehrere mit "Befehlsgewalt"?
P: Man hat bis zu 10 Personen trainiert.
Regierungsvorlage, Hatten Sie nicht den Eindruck, dass darunter auch Gefangene waren, die so wie Sie eingefangen worden waren?
P: Ich hatte dieses Gefühl.[...]
R: Ich habe Ihnen mit der Ladung aktuelle Länderinformationen zu Somalia mitgeschickt, die ich als Grundlage für meine Entscheidung verwenden möchte. Ihr Anwalt hat mir eine schriftliche Stellungnahme zu diesen Länderberichten zugeschickt, die ich in meine Entscheidung miteinbeziehen werde. Möchten Sie gerne noch etwas zu den Länderinformationen sagen?
P: Ich vertraue meinem Anwalt und verlasse mich auf ihn.
R: Möchte der Regierungsvorlage noch eine Stellungnahme abgeben?
Regierungsvorlage, Bei dem Beschwerdeführer liegt eine spezifische individuelle Gefährdungssituation vor. Er hat bei der heutigen Befragung absolut den Eindruck gemacht (Mimik, Gesichtsausdruck, Körpersprache, Genauigkeit der Angaben, kein Abschweifen, Realkennzeichen des Erlebnisberichts), das Erzählte auch persönlich erlebt zu haben, und deckt sich dieses Vorbringen mit dem bekannten realen landeskundlichen Hintergrund zum damaligen Zeitpunkt. Er hat durchaus plausibel und schlüssig erklärt, warum er auch heute durch Al Shabaab bedroht wäre. Im Hinblick auf einen einmonatigen Lageraufenthalt, bei welchem er ständigen Kontakt mit mindestens 10 Dschihadisten hatte, und dies alles im Raum Afgooye, besteht sehr wohl die Gefahr, dass ihn eine dieser Personen erkennt, sollte er nach Afgooye zurückkehren. Er würde von der Al Shabaab Gruppe als Deserteur angesehen werden, und droht ihm sehr wohl rigorose Bestrafung bis hin zu Ermordung. Des Weiteren besteht ein gewisses Risiko, als Spion der Regierung wahrgenommen zu werden (Seit 47 des Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Somalia vom 04.11.2014), zumal Al Shabaab eine Phobie betreffend Spione entwickelt hat. Würde der Beschwerdeführer nach mindestens fünfjährigen unbekannten Aufenthalt plötzlich in Afgooye auftauchen, würden die dort als Zivilisten getarnten Al Shabaab Mitglieder ihn als Spion verdächtigen. Die Berichtslage ist komplex und keinesfalls eindeutig: Die Zuverlässigkeit derartiger Berichte hängt zunächst davon ab, wieviel Informanten vor Ort vorhanden sind, die konkret über eine gebietsspezifische Situation und deren Entwicklung Auskunft geben können. Das um eine Objektivierung bemühte Länderinfoblatt zeigt doch auf, dass es an ausreichenden Berichten fehlt: Wenn zB. auf Seite 16 bei Al Shabaab ausgeführt wird: Die Gruppe "sei ca. 5 Km außerhalb der größeren Städte präsent" kann es sich nur um eine Pauschaleinschätzung handeln. Afgooye hat seine eigene Situation, sein eigenes Umfeld und liegt im Gebiet von Lower Shabelle, das insbesondere in Bezug auf die Versorgungswege stark umkämpft ist. Zur Frage, inwieweit Al Shabaab in der Lage wäre, in Afgooye Morde und Anschläge zu begehen, hat der Bericht zutreffend darauf hingewiesen, dass die logistischen Fähigkeiten der Gruppe nach wie vor ausreichen, um sogar in Mogadischu prominente und stark bewachte Ziele erfolgreich anzugreifen. Gemäß Artikel 4, Absatz 4, der Qualifikationsrichtlinie ist bei bereits erlittener Verfolgung davon auszugehen, dass die Furcht vor weitere Verfolgung wohl begründet ist, es sei denn, das Gegenteil wäre erweislich. Davon kann auch bei Grundlegung aller zur Verfügung stehenden Berichte im Fall des Beschwerdeführers sowie bei Bedachtnahme auf die spezifische Sicherheitssituation im Raum Afgooye keinesfalls die Rede sein. Jene Verfolgungsgefährdung, deretwegen der Beschwerdeführer sein Herkunftsland verlassen hat, besteht daher noch aktuell, sodass seine Flüchtlingseigenschaft, welche im Ausreisezeitpunkt gegeben war, fortbesteht. Er wurde von Al Shabaab auch aus ethnischen Gründen verfolgt, weil er als Angehöriger eines schwachen Clans (Ashraf) schutzlos dem gewaltsamen Zugriff dieser Gruppe ausgesetzt war. In seiner Flucht aus der Zwangsrekrutierung ist außerdem ein politischer Willensakt zu sehen, nämlich die Manifestation einer gegenüber Al Shabaab oppositionell eingestellten Gesinnung. Um aus politischen Gründen verfolgt zu sein, genügt es, wenn der Verfolger den Verfolgten eine bestimmte Gesinnung unterstellt.
Außerdem merke ich an, dass sich aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation aus November 2014 folgendes ergibt: Deutsches Auswärtiges Amt 11.09.2014 - Die Lage in Süd- sowie in Zentralsomalia bleibt kritisch. Dies gilt auch für die Hauptstadt Mogadischu. In und um Mogadischu haben die Anschläge stark zugenommen. (Seite 10 LIB) Laut Andreas Tiwald Referat vom 16.11.2014 begeht Al Shabaab in Mogadischu auf gezielte Tötungen auch Zivilisten. (Seite 17)
römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der entscheidungsrelevante Sachverhalt steht fest. Aufgrund des Antrags auf internationalen Schutz vom 08.01.2012, der Einvernahmen der beschwerdeführenden Partei durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes und durch das Bundesasylamt, der Beschwerde vom 12.09.2012 und der Beschwerdeergänzungen vom 18.09.2012 und vom 19.08.2014 gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom römisch 40 , der Stellungnahme vom 09.02.2015, der Einsichtnahme in den bezughabenden Verwaltungsakt, der Einsichtnahmen in das zentrale Melderegister, in das Grundversorgungs-Informationssystem, in das Strafregister sowie auf Grundlage der vor dem Bundesverwaltungsgericht durchgeführten mündlichen Verhandlung am 17.02.2015 werden die folgenden Feststellungen getroffen und der Entscheidung zugrunde gelegt.
1.1. Zur beschwerdeführenden Partei:
1.1.1. Die beschwerdeführende Partei ist ein männlicher Staatsangehöriger Somalias. Sie stellte am 08.01.2012 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.
Die beschwerdeführende Partei gehört der Volksgruppe der Ashraf an.
1.1.2. Die Mutter, die Schwester, der Bruder, die Ehefrau und das Kind der beschwerdeführenden Partei leben seit ungefähr einem Jahr in Äthiopien.
1.1.3. Die beschwerdeführende Partei ist strafrechtlich unbescholten.
1.2. Festgestellt wird, dass die beschwerdeführende Partei von Ende Dezember 2010 bis Ende Jänner 2011 in einem Trainingscamp der Al Shabaab festgehalten, dort ausgebildet wurde und am 28.01.2011 von dort fliehen konnte.
1.3. Festgestellt wird, dass der beschwerdeführenden Partei in Somalia mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine an ihre Religion, Zugehörigkeit zur bestimmten sozialen Gruppe der Deserteure der Al Shabaab und an ihre politische Überzeugung anknüpfende aktuelle Verfolgung maßgeblicher Intensität droht.
2. Länderfeststellungen zur Situation in Somalia
Im Folgenden werden die wesentlichen Feststellungen aus den vom Bundesverwaltungsgericht herangezogenen Länderberichten wiedergegeben.
2.1. Allgemeine Sicherheitslage in Lower und Middle Shabelle und in Mogadischu
2.1.1. Bundesasylamt, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation - Somalia (November 2014)
"Es gibt keine flächendeckende, effektive Staatsgewalt; auch die neue Regierung hat bislang über große Teile des Landes keine Kontrolle. Umfangreiche Gebiete werden von unterschiedlichen bewaffneten Gruppen beherrscht. Potentiell asylrechtlich relevante Tatsachen sind daher staatlichen Strukturen regelmäßig nicht eindeutig zuzuordnen, sondern resultieren häufig gerade aus deren Abwesenheit. Dabei muss nach den einzelnen Landesteilen differenziert werden (E 6.2013)." (Seite 9)
"Lower und Middle Shabelle
In Lower Shabelle gibt es in den Städten Afgooye, Wanla Weyne und Merka Garnisonen der AMISOM (Uganda, Burundi) (EASO 8.2014). Am 5.10.2014 wurde die Hafenstadt Baraawe durch somalische Armee und AMISOM erobert (BAMF 6.10.2014).
Lower Shabelle bleibt insgesamt volatil. Die ländlichen Räume der Bezirke Afgooye, Merka und Qoryooley sind von Unsicherheit betroffen. Diese ist auch der somalischen Armee und wiederaufflammenden Clankonflikten (v.a. Biyomaal vs. Hawiye) anzulasten. Al Shabaab versucht diese Dynamik auszunutzen (EASO 8.2014; vergleiche UNSG 25.9.2014). Die vielen unterschiedlichen Akteure und die vergleichsweise hohe Bevölkerungsdichte machen die Shabelle Regionen für eine Einflussnahme durch al Shabaab anfällig (B 10.2014).
Vor allem in den Städten Merka und Afgooye ist die Sicherheitslage etwas besser. Im Afgooye-Korridor, der aufgrund der Zwangsräumungen in Mogadischu wieder Zustrom bekommt, ist al Shabaab sichtbar präsent (EASO 8.2014).
In Middle Shabelle befinden sich AMISOM-Garnisonen (Burundi) in Jowhar und Warsheikh. Die Stadt Jowhar wird sicherheitstechnisch als unproblematisch und relativ stabil beschrieben. Allerdings gibt es im Umland Clankonflikte zwischen den Abgaal und Shiidle (Bantu) (EASO 8.2014). Insgesamt blieb es in Middle Shabelle in den vergangenen Monaten vergleichsweise ruhig (UNSG 25.9.2014). Im Zuge der Operation "Indian Ocean" wurde die Küstenstadt Cadale am 1.10.2014 von AMISOM eingenommen (A 17.10.2014)." (Seite 13)
"Mogadischu
In Mogadischu gibt es mehrere Stützpunkte von AMISOM (Uganda, Burundi). Außerdem gibt es 2.000-3.000 somalische Polizisten, ca.
1.200 Mann Spezialeinheiten (Polizei und Alpha Group) und ca. 400 AMISOM-Polizisten (EASO 8.2014).
Die Sicherheitslage in Mogadischu hat sich seit Mitte 2012 wesentlich verbessert (BS 2014). Auch wenn die Stadt von Attentaten und manchmal von asymmetrischen Angriffen geplagt wird, ist Mogadischu sicherer geworden (UKHO 9.4.2014). Auch gegenüber dem Jahr 2013 ist die Lage nun besser (B 14.10.2014). Dies spiegelt sich im Straßenleben, in der Rückkehr zehntausender Menschen oder im Anstieg von Investitionen wider. Die Stadtbewohner - auch Frauen - können sich fast überall frei bewegen, es gibt keine Belästigungen an Checkpoints. Verantwortlich für die Verbesserung ist einerseits AMISOM, andererseits sind es auch die wachsenden Fähigkeiten der somalischen Sicherheitskräfte. Außerdem haben Clanmilizen keine Macht mehr - auch wenn es zu sporadischen Zwischenfällen kommt (EASO 8.2014). Es haben bei weitem mehr Menschen beschlossen, nach Mogadischu zurückzukehren, als beschlossen haben, die Stadt zu verlassen (UKUT 3.10.2014).
Allerdings gab es nach April 2013 Rückschläge bei der Sicherheitslage in Mogadischu. In manchen Bezirken der Stadt (Hodan, Wardhiigleey, Heliwaa, Yaqshiid) hat sich die Sicherheitslage - vor allem bei Nacht - verschlechtert. Es gab einen Anstieg bei Angriffen auf Sicherheitskräfte, bei gezielten Attentaten und sogar beim Mörserbeschuss (EASO 8.2014). Auch wenn al Shabaab keine Teile der Stadt mehr kontrolliert, so betreibt die Gruppe Guerillaaktivitäten, Sprengstoff-, Handgranaten- und Selbstmordanschläge (AI 23.10.2014). Die Gewalt richtet sich meist auf ausgewählte Ziele (EASO 8.2014). Die Zahl gezielter Attentate auf traditionelle Älteste, Zivilbeamte und Journalisten hat zugenommen (HRW 21.1.2014). Al Shabaab verübte außerdem prominente Angriffe auf den Präsidentenpalast (Februar 2014) und das somalische Parlament (Mai 2014) (EASO 8.2014).
Al Shabaab wählt Ziele in Mogadischu sorgfältig aus. Weder Zivilisten noch Rückkehrer aus der Diaspora werden spezifisch zum Ziel erkoren. Zivilisten tragen das Risiko, bei Anschlägen der al Shabaab auf ausgewählte Ziele als "Kollateralschaden" getötet zu werden (UKUT 3.10.2014; vergleiche UKHO 9.4.2014) und sind nicht einer willkürlichen Tötungsstrategie der al Shabaab anzulasten (EASO 8.2014; vergleiche UKUT 3.10.2014). Der EGMR hat festgestellt (KAB vs Schweden), dass trotz täglicher Verluste unter Zivilisten kein generelles Risiko gegeben ist. Auch das britische Tribunal stellt fest, dass für einen Zivilisten in Mogadischu nur aufgrund seiner Anwesenheit in der Stadt kein generelles Risiko erheblichen Schadens aufgrund willkürlicher Gewalt besteht (UKUT 3.10.2014; vergleiche UKHO 9.4.2014).
Es gibt de facto keine Gebiete in Mogadischu, die als absolut sicher eingestuft werden können. Selbst die schwer bewachten Teile der Stadt waren von Anschlägen der al Shabaab betroffen. In den Bezirken Dayniile, Heliwaa und Yaqshiid agiert al Shabaab offen, es kommt zu sogenannten hit-and-run-Angriffen auf AMISOM und somalische Sicherheitskräfte. Bewohner dieser Bezirke, die tagsüber mit der Regierung zu tun haben, können in der Nacht Opfer von Racheaktionen der al Shabaab werden. Auch auf den Bakara-Markt ist al Shabaab zurückgekehrt (EASO 8.2014). Wenn ein Stadtbewohner Mogadischus besonders gefährdete Orte meidet - seien es die Gebiete, wo Sicherheitskräfte oder internationale Organisationen angesiedelt sind; seien es bekanntermaßen von Sicherheitskräften, Regierungsbeamten oder NGO-Mitarbeitern frequentierte Lokale; oder sei es etwa der Bakara-Markt - dann kann er sein persönliches Risiko reduzieren (UKUT 3.10.2014)." (Seite 14f)
2.1.2. Danish Immigration Service und Landinfo, Update on security and protection issues in Mogadishu and South-Central Somalia (März 2014)
Der Bericht wurde auf Basis einer fact finding mission im November 2013 erstellt, in deren Rahmen verschiedene Einzelpersonen und Vertreter nationaler und internationaler Nichtregierungsorganisationen sowie internationaler Organisationen befragt wurden. Er enthält zusammengefasst folgende Aussagen zur allgemeinen Sicherheitslage in Mogadischu.
Die Randgebiete Mogadischus seien weiterhin anfällig für verschiedene Arten von Guerilla- bzw. terroristischen Angriffen (Seite 9; Quelle: UNDSS).
Die Sicherheitslage sei differenziert zu betrachten. Es gebe einerseits ein allgemeines Sicherheitsproblem, das alle Somalier betreffe. Dieses sei darin begründet, dass die Regierung nicht die volle Kontrolle habe und es darüber hinaus interne politische Probleme gebe. Die Sicherheitssituation habe sich seit April 2013 in bestimmten Gebieten jedoch verbessert. Andererseits gebe es Sicherheitsrisiken, die speziell vor allem Mitarbeiter und Partner der Regierung oder internationaler Organisationen beträfen. Wenngleich die Al-Shabaab nirgends in Mogadischu die Kontrolle über bestimmte Gebiete habe, könne sie dennoch in der ganzen Stadt agieren. Daher gebe es in Mogadischu keine sicheren Bereiche (Seite 9, Quelle: internationale NGO "C").
Die Sicherheitssituation in Mogadischu habe sich in den letzten zwei Jahren verbessert, sei jedoch immer noch problematisch. Die letzten vier Monate (bis November 2013) seien relativ ruhig gewesen, in letzter Zeit habe es jedoch wieder mehr Vorfälle gegeben, bei den meisten davon habe es sich um gezielte Tötungen gehandelt, die vermutlich mit Clans zusammenhängen würden. Es gebe vermutlich eine Verbindung zwischen Kriminalität und Clans (Seite 9, Quelle: internationale NGO "A").
Laut einer anderen Aussage habe sich die Situation seit April 2013 verschlechtert. Die Regierung sei außerstande Gegenmaßnahmen zu ergreifen, und AMISOM habe nicht genügend Ressourcen. Die Sicherheitssituation habe sich in den letzten sechs Monaten zwar nicht verschlechtert, die jüngsten politischen Entwicklungen seien jedoch besorgniserregend.
In Mogadischu gebe es grundsätzlich keine speziell sicheren bzw. unsicheren Gegenden, die Al-Shabaab könne jederzeit überall zuschlagen. Sie greife gezielt jene Gebiete an, die sie für verwestlicht halte, etwa verschiedene Restaurants, Märkte oder den Badestrand (Seite 10, Quelle: Journalist).
2.1.3. UNHCR, International Protection Considerations with Regard to people fleeing Southern and Central Somalia (Jänner 2014)
Seit August 2011 stehe Mogadischu nominal unter Kontrolle der Regierung, unterstützt durch Truppen der Afrikanischen Union. Die Sicherheitssituation in der Stadt habe sich seitdem verbessert, offene Kampfhandlungen seien seltener geworden und das wirtschaftliche Treiben werde wieder aufgenommen. Die Al-Shabaab sei jedoch weiterhin in der Lage, tödliche Anschläge, auch in den bestgesicherten Teilen der Stadt, zu verüben, deren Opfer überwiegend Zivilisten seien. Solche Anschläge würden jede Woche verübt. Ziel dieser Anschläge seien häufig Regierungsinstitutionen und öffentliche Bereiche wie Restaurants, Märkte und Hotels. Im Jahr 2013 hätten sowohl Ausmaß als auch Intensität der Anschläge zugenommen. Abgesehen von Selbstmordanschlägen und ähnlichen Angriffen werde unter anderem auch von allgemeinen Einschüchterungen, Misshandlungen und Zwangsrekrutierungen von Zivilisten berichtet. Neben der Al-Shabaab gebe es noch weitere gewaltsame, bewaffnete Gruppierungen, die Berichten zufolge zum Teil denselben ideologischen Hintergrund wie die Al-Shabaab haben (Seite 4ff).
2.1.4. EASO, Country of Origin Information Report, South and Central Somalia, Country Overview, August 2014
Zur Sicherheitssituation in Lower Shabelle führt der Bericht aus, dass Merka und Afgooye etwas sicherer wären als Qoryooley. Traditionelle Kontrolle würde funktionieren, und gebe es dort permanente Garnisonen der AMISOM, SPF und der NISA. Al Shabaab sei im Afgooye Korridor wahrnehmbar präsent. Die ländlichen Gebiete rund um ua Afgooye seien sehr unsicher. Lower Shabelle sei die volatilste Region in Süd- und Zentralsomalia. (Seite 74)
Betreffend die Sicherheitssituation in Benadir und Mogadischu (AMISON Sektor 1 - Uganda) meint der aktuelle EASO Bericht, dass die Bevölkerung Vertrauen in die Sicherheitsbehörden vor Ort gefasst habe. Problematische Bezirke seien immer noch Hodan, Wardhiigleey, Heliwaa und Yasqshiid. Die Polizei würde außerdem Dayniile, Heliwaa und Yaqshiid nicht ausreichend sichern können und zöge sich in der Nacht von dort zurück. Quellen würden angeben, dass man sich grundsätzlich frei in der Stadt bewegen könne, dass die Bevölkerung aber als unsicher bekannte Gegenden meiden würde. Ein Zeitungsartikel habe im Mai 2014 angeführt, dass Mogadischu in vielerlei Hinsicht in den letzten zwei Dekaden nie sicherer gewesen sei.
Andere Quellen würden hingegen meinen, dass sich die Sicherheitslage seit April 2013 verschlechtere, und es keine Hinweise auf eine Besserung gebe. Es bestehe ein Trend von ansteigendem Gewaltrisiko in der Stadt. Anschläge richteten sich oft auf spezifische Ziele. Da sogar vorgeblich sichere Bereiche Ziele von Al Shabaab Angriffen seien, könne keine wirklich sichere Gegend in der Benadir Region angegeben werden. Al Shabaab agiere öffentlich in den Bezirken Dayniile, Heliwaa und Yaqshiid. Die Absenz von Al Shabaab im Bakara Markt sei vorüber; sie agiere mittlerweile wieder offen im Marktgebiet. (Seite 75ff)
2.2. Einfluss der Al-Shabaab und Zwangsrekrutierung
2.2.1. Bundesasylamt, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation - Somalia (November 2014)
"(Zwangs-)Rekrutierungen und Kindersoldaten
Es gibt auch weiterhin Berichte über Kindersoldaten in den Reihen der somalischen Armee, alliierter Milizen und der al Shabaab. Die Armee hat mehr als tausend neue Rekruten einem Screening unterzogen, um den Einsatz von Kindern zu unterbinden. Eine genaue Alterseinschätzung gestaltet sich in Absenz von Dokumenten jedoch schwierig (USDOS 27.2.2014). Die Regierung und die alliierte Miliz Ahlu Sunna Wal Jama'a (ASWJ) arbeiten in diesem Bereich mit UNICEF zusammen (USDOS 27.2.2014; vergleiche ÖB 10.2014). In den Monaten Juni und Juli 2014 wurden weitere 1.150 Soldaten und Polizisten bzw. Rekruten einem Alters-Screening unterzogen (UNSG 25.9.2014).
Zwangsrekrutierungen durch Sicherheitskräfte der staatlichen Stellen (Armee, Polizei) sind nicht bekannt (ÖB 10.2014).
Die meisten Kindersoldaten gibt es bei al Shabaab (EASO 8.2014). Kindersoldaten werden bei der Gruppe systematisch eingesetzt (ÖB 10.2014). Al Shabaab setzt Kinder in Kämpfen aber auch als Selbstmordattentäter ein. Außerdem kommen Kinder unterstützend - etwa als Träger, Sanitäter oder Spione - zum Einsatz (USDOS 27.2.2014).
Die Islamisten rekrutieren in Schulen, auf der Straße und in Wohnhäusern aber auch in IDP-Lagern. Rekrutiert werden sogar Kinder im Alter von erst acht Jahren (EASO 8.2014). Üblicherweise kommen Rekruten freiwillig zu al Shabaab. Kinder werden oft bereits in den Schulen indoktriniert. Außerdem stellen Clans Rekruten zur Verfügung. Es kommt aber auch - wenn auch seltener - zu direkten Zwangsrekrutierungen (MV 20.1.2014; vergleiche EASO 8.2014). für das Jahr 2013 wird die Zahl an Zwangsrekrutierungen mit 2.200 angegeben; für das laufende Jahr mit 500 (ÖB 10.2014). Nach wie vor flüchten Jugendliche und Kinder aus Angst, von al Shabaab zwangsrekrutiert zu werden, aus von al Shabaab kontrollierten Gebieten in andere Teile Somalias (EASO 8.2014).
In Mogadischu gibt es kein Risiko hinsichtlich einer Zwangsrekrutierung durch al Shabaab (UKUT 3.10.2014; vergleiche EASO 8.2014). Auch in anderen Garnisonsstädten der AMISOM ist eine Zwangsrekrutierung durch al Shabaab sehr unwahrscheinlich (D 18.6.2014).
Die Rekrutierungstaktik variiert nach Regionen und Clans (EASO 8.2014). Bei Clans, die als Unterstützer der al Shabaab gelten, kommt es kaum zu Zwang durch al Shabaab. Zwang trifft viel eher jene Clans, die als neutral oder oppositionell zur Gruppe stehend gelten. Bei mit al Shabaab sympathisierenden Clans stellen meist die Clans selbst Rekruten zur Verfügung (D 18.6.2014).
Der Sold für Kämpfer beträgt ca. 50-100 US-Dollar pro Monat. Für einzelne Aufgaben (etwa das Werfen von Granaten) werden Preisgelder ausgelobt (ca. 10 US-Dollar) (EASO 8.2014)." (Seite 25f)
"Desertion
Bei al Shabaab kommt es vermehrt zu Desertionen. In Mogadischu werden Deserteure der al Shabaab im Serendi Youth Rehabilitation Centre (SYRC) der Rehabilitation zugeführt (EASO 8.2014). In Baidoa gibt es ein von UNSOM und IOM unterstütztes Rehabilitationszentrum (UNSG 25.9.2014; vergleiche ÖB 10.2014). UNICEF betreibt zwei Rehabilitationszentren für minderjährige ehemalige Kämpfer der al Shabaab (ÖB 10.2014). Deserteure mit geringem Rückfallrisiko können nach der Rehabilitation und Ausbildungsmaßnahmen in ihre Gemeinden zurückkehren - die Zustimmung beider Seiten vorausgesetzt (EASO 8.2014).
Wiewohl die Deserteure wohl nicht systematisch verfolgt werden, sind Einschüchterungsversuche häufig (ÖB 10.2014). Kein aus dem SYRC entlassener Deserteur wurde nach seiner Entlassung getötet. Insgesamt kann aber nicht ausgeschlossen werden, dass auch desertierte Fußsoldaten von al Shabaab aufgespürt und eliminiert werden. Im Jahr 2013 wurde ein steigendes Risiko für Deserteure verzeichnet. Betroffen sind jedenfalls jene Deserteure, die sich später den somalischen Sicherheitskräften angeschlossen haben. Diese werden fallweise Opfer gezielter Attentate (EASO 8.2014). Höherrangige Deserteure sind jedenfalls einem hohen Risiko ausgesetzt (C 18.6.2014).
Deserteure können sich an die Einrichtungen des SYRC in Süd-/Zentralsomalia wenden, oder aber sie nehmen eine Flucht nach Puntland oder Somaliland in Anspruch, wo sie vor al Shabaab relativ sicher sind (EASO 8.2014). Allerdings können Deserteure dort nur schwer Fuß fassen, wenn es ihnen an Verbindungen mangelt (C 18.6.2014). Werden sie in Süd-/Zentralsomalia hingegen von ihrer eigenen Familie versteckt, kann dies auch für die Familie selbst zu einem Risiko führen (EASO 8.2014)." (Seite 27)
"Subjekte gezielter Attentate durch Al Shabaab
Al Shabaab wechselt periodisch die Gruppe der von gezielten Attentaten betroffenen Personen. Damit soll der Bevölkerung vermittelt werden, dass jeder, der die Regierung unterstützt, zum potentiellen Ziel werden kann. Sicherheitskräfte, Mitarbeiter humanitärer Organisationen; Zivilisten, die für die somalische Regierung arbeiten; Mitarbeiter von nationalen und internationalen NGOs oder von UN-Organisationen; und diplomatische Missionen sind einem Risiko ausgesetzt, Ziel von Angriffen oder Attentaten der al Shabaab zu werden. Es kann aber auch Frauen treffen, die Essen an Soldaten verkaufen oder aber Verwandte von Regierungsangestellten. In Mogadischu sind ehemalige District Commissioners und ihre Mitarbeiter ebenfalls zu Zielen der al Shabaab geworden (EASO 8.2014). Außerdem können Journalisten, Älteste, Richter, Geschäftsleute und Akteure der Zivilgesellschaft zum Ziel der al Shabaab werden (UKHO 9.4.2014).
Dabei gibt es in Mogadischu keine Möglichkeit, zu entkommen. Wenn al Shabaab eine bestimmte Person ermorden will, dann wird die Gruppe das tun. Selbst in von der Regierung kontrollierten Gebieten kommen gezielte Attentate zunehmend vor. Die Täter bleiben oft unerkannt, doch wird in den meisten Fällen davon ausgegangen, dass al Shabaab für die Taten verantwortlich ist. Die Gruppe hat auch prominente Friedensaktivisten, Gemeindeführer sowie Clanälteste und deren Familienangehörige getötet. Auch Politiker, Abgeordnete und Justizangehörige sind einem hohen Risiko, zum Ziel eines Anschlages zu werden, ausgesetzt (EASO 8.2014).
Es besteht immer ein gewisses Risiko, als Spion der Regierung wahrgenommen zu werden. Manchmal wurden Menschen allein aufgrund der Tatsache beschuldigt, dass sie Soldaten der Regierungsarmee Früchte verkauft haben (LIDIS 3.2014; vergleiche EASO 8.2014). In den Jahren 2013 und 2014 ist die Anzahl an Exekutionen von durch al Shabaab der Spionage Beschuldigten gestiegen (EASO 8.2014)." (Seite 47)
2.2.2. Danish Immigration Service und Landinfo, Update on security and protection issues in Mogadishu and South-Central Somalia (März 2014)
Die Gebiete in Mogadischu, die unter der Kontrolle der Al-Shabaab stehen, seien mittlerweile kleiner geworden. Die Al-Shabaab führe nunmehr einen Guerillakrieg. Besonders gefährdet seien Mitarbeiter internationaler Organisationen (Seite 14, Quelle: internationale NGO "C").
Die Al-Shabaab kontrolliere in Mogadischu keine Festungen oder bestimmte Gebiete mehr. Sie sei nach wie vor in der Stadt präsent, jedoch nicht mehr als reguläre militärische Streitmacht. Die Bevölkerung unterstütze die Al-Shabaab nicht mehr, sondern sehe diese als terroristische Bewegung an, die willkürlich Menschen töte (Seite 14, Quelle: somalische NGO).
Die Al-Shabaab sei in Mogadischu sehr schwach und verteilt. Sie habe deshalb ihre Angriffe intensiviert. Das größte Problem seien Selbstmordanschläge, die eine ernsthafte Bedrohung der Bevölkerung darstellen würden.
Die allgemeine Überlebensstrategie der Bevölkerung sei "den Mund zu halten" (Seite 14, Quelle: Journalist).
Laut mehreren Aussagen werde der Bakara-Markt in Mogadischu von der Al-Shabaab kontrolliert (zB Seite 15, Quelle: internationale NGO). Diese habe zwar die physische Kontrolle über den Markt verloren, sie habe jedoch weiterhin großen Einfluss auf Ladenbesitzer und andere Geschäftsleute. Die Polizei patrouilliere zwar tagsüber am Markt, sei dabei jedoch ständig der Gefahr von Granatenangriffen ausgesetzt. Die Al-Shabaab sei auch in bestimmten anderen Gebieten verstärkt präsent, in manchen davon jedoch nur nachts (Seite 16, Quelle: Diaspora Forscher).
Seit April 2013 habe die Aktivität der Al-Shabaab in Mogadischu, insbesondere nachts, zugenommen. Große Teile der Bevölkerung hätten nun Angst davor, nach Einbruch der Dunkelheit auf die Straße zu gehen. Die Aktivitäten der Al-Shabaab seien zweigeteilt. Einerseits verübe sie Selbstmord- und Granatenanschläge, andererseits kommuniziere sie mit der Bevölkerung und bedrohe diese (Seite 15, Quelle: Diaspora Forscher).
Es sei schwierig zu sagen, ob die Al-Shabaab in der Lage sei in Mogadischu zu rekrutieren. Es sei jedoch einfach sich in der Stadt zu verstecken, Mitglieder der Al-Shabaab könnten Taxifahrer oder Geschäftsleute seien. Der Einfluss der Al-Shabaab in Mogadischu liege im Verborgenen. Sie operiere von sicheren Gebäuden aus, wo sie Waffen und Munition verstecke. Solche Gebäude gäbe es vermutlich in der ganzen Stadt (Seite 29, Quelle: UNDSS).
Nach einer weiteren Meinung werde die Zwangsrekrutierung durch die Al-Shabaab vermutlich überbewertet. Niemand kenne das Ausmaß der Zwangsrekrutierungen, aber viele Somalier seien aus Angst davor sowie wegen der Besteuerung durch die Al-Shabaab aus von dieser kontrollierten Gebieten geflüchtet (Seite 29, Quelle: internationale Agentur "A").
Ein Mitarbeiter einer internationalen Organisation vermute, dass die Al-Shabaab nach wie vor junge Männer für Angriffe mit Handgranaten rekrutiere. In der Vergangenheit habe sie dafür etwa 10 USD pro Stunde bezahlt. Zwangsrekrutierung durch die Al-Shabaab sei nur in den von dieser zur Gänze kontrollierten Gebieten ein Problem (Seite 29, Quelle: internationale NGO "C").
Ein "gut informierter", lokaler Journalist habe angegeben er verfüge über keine genauen Informationen zur Zwangsrekrutierung durch die Al-Shabaab, glaube jedoch, dass dieses Phänomen stark zurückgegangen sei, seit die Al-Shabaab keine Gebiete innerhalb Mogadischus mehr kontrolliere. Die Rekrutierung fände individuell und freiwillig statt. Es gäbe keine Zwangsrekrutierungen durch die Al-Shabaab in Mogadischu, davon habe er nie gehört (Seite 30).
Laut dem Bericht von Human Rights Watch aus dem Jänner 2014 würden alle Seiten nach wie vor schwerwiegende Misshandlungen von Kindern begehen, etwa Rekrutierungen und willkürliche Festnahmen. Besonders die Al-Shabaab habe gezielt Kinder rekrutiert bzw. zwangsverheiratet (Seite 29).
Es gebe Berichte von Familien, die gezwungen worden seien, ihre Kinder der Al-Shabaab als Kämpfer zu übergeben. Andererseits habe es keine Berichte gegeben, dass Familien ihre Söhne getötet hätten, wenn diese Al Shabaab nicht beitreten wollten (Seite 30, internationale Agentur "A").
2.2.3. EASO, Country of Origin Information Report, South and Central Somalia, Country Overview, August 2014
Die Al Shabaab Strategie bei gezielten Tötungen, nämlich prominente Politiker, Sicherheitskräfte und gewöhnliche Zivilisten ins Visier zu nehmen, soll den Ruf der Al Shabaab dahingehend verstärken, dass niemand vor ihr sicher sei. Nach einer internationalen Organisation stellen mögliche Risikogruppen dar: Politiker, UN Agenturen, Türkische NGOs, Journalisten, Rückkehrer - so insbesondere solche, die sich nicht anpassen, Personen, die in der Nähe von AMISOM Stützpunkten arbeiten, Mitglieder der Zivilgesellschaft, Frauen, die Essen an Soldaten verkaufen, Verwandte und Partnerinnen von Regierungsmitarbeitern, Mitglieder der Sicherheitskräfte und Personen, die für internationale Organisationen arbeiten. Auch Richter seien in Gefahr, getötet zu werden.
Nach einer Quelle gebe es in Mogadischu keinen sicheren Ort für Personen, die von Al Shabaab gezielt getötet werden sollen. Allerdings können nicht alle gezielten Tötungen Al Shabaab zugeordnet werden. (Seite 77)
Das Territorium unter Al Shabaab Einfluss sei geschrumpft, Al Shabaab operiere jedoch als Guerilla Einheit im gesamten Gebiet. Al Shabaab ist mobil und könne daher Kräfte zusammenziehen, um abseits gelegene oder schwache Anti-Al Shabaab Garnisonen anzugreifen.
Es muss angenommen werden, dass Al Shabaab die Regierungs- und ausländischen Truppen weiter bekämpfen werde. Die Entschleunigung der "Operation Eagle" erlaube der Al Shabaab, sich zu sammeln und zurück zu schlagen. Mogadischu sei besonders von Angriffen der Al Shabaab betroffen, da diese dort vermutlich Regierungstruppen daran hindern wollen, ihre Position in der Stadt zu festigen. Al Shabaab werde außerdem ihren Einfluss auf die Bevölkerung außerhalb von Mogadischu behalten können und Ressentiments gegen AMISON/SNAF auszunützen wissen. (Seite 84f).
Desertionen würden ansteigen. Manche Quellen würden meinen, dass einfache Fußsoldaten nicht verfolgt würden, während Deserteure höherer Ränge sehr wohl verfolgt werden könnten. Dass das Reintegration Camp für frühere Al Shabaab Kämpfer noch nie angegriffen worden sei, würde für diese Annahme sprechen. Dennoch, selbst wenn die meisten Al Shabaab Deserteure die Aufmerksamkeit der Organisation nicht erregen würden, könne nicht ausgeschlossen werden, dass ein Deserteur auch ohne jede spezielle Funktion innerhalb der Al Shabaab ausgeforscht werden könne. Es habe bereits im Jahr 2013 Berichte gegeben, dass die Jagd auf Deserteure eine prioritäre Aufgabe geworden sei. (Seite 89f).
2.3. Clans
2.3.1. Bundesasylamt, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation - Somalia (November 2014)
"Die somalische Bevölkerung ist nur auf den ersten Blick homogen. Tatsächlich bilden die Clans eine Art Sub-Ethnizität. Die Clans bilden auch die Grundlage der Identität eines Somali, jeder kennt normalerweise seine exakte Position im Clansystem. Dies gilt auch für die urbanisierte Bevölkerung. Wenn Somali ihre Herkunft beschreiben fangen sie meist bei sich selbst an und steigen dann die hierarchischen Ebenen des Systems bis zur Clanfamilie hinauf. Diese Aufzählung wird abtirsiimo oder abtirsiin genannt, und Kinder im Alter von acht oder neun Jahren können diese üblicherweise auswendig (EASO 8.2014).
Dabei gelten als Haupt-Clanfamilien die traditionell nomadischen Darod, Dir, Hawiye und Isaaq sowie die sesshaften Digil und Mirifle/Rahanweyn. Diese Clanfamilien unterteilen sich weiter in die Ebenen der Clans, Sub(sub)clans, Lineages und die aus gesellschaftlicher Sicht bei den nomadischen Clans wichtigste Ebene der Mag/Diya (Blutgeld/Kompensation) zahlenden Gruppe, die für Vergehen Einzelner gegen das traditionelle Gesetz (xeer) Verantwortung übernimmt. Diese Gruppe sorgt aber traditionell auch für die Unterstützung von Angehörigen in schwierigen (finanziellen) Situationen. Nur in Mogadischu ist das System soweit erodiert, dass nicht mehr die mag/diya-Gruppe für Unterstützung sorgt, sondern lediglich die Kernfamilie (EASO 8.2014).
Die Clans sind politische Akteure, die normalerweise über eigenes Territorium verfügen. Traditionelle Verträge (xeer) werden meist zwischen Mag/Diya zahlenden Gruppen abgeschlossen. Allerdings ist das Clansystem - wie erwähnt - keine exakte Wissenschaft, Koalitionen und Abgrenzungen - auch geographische - sind nur schwer zu erfassen oder gar nicht genau definiert (EASO 8.2014).
Das Clansystem ist dynamisch und komplex. Aufgrund des Bürgerkrieges und damit verbundener Wanderbewegungen aber auch aufgrund des Bevölkerungswachstums waren nach 1991 zunehmende Fluktuationen zu verzeichnen. Aufzeichnungen von Genealogien sind umstritten (EASO 8.2014).
Die Darod unterteilen sich in die großen Gruppen Ogadeni (Äthiopien und Jubba-Regionen), Marehan (Süd-/Zentralsomalia) und Harti. Letztere sind eine Föderation aus Majerteen (Hauptclan in Puntland), Dulbahante und Warsangeli (Regionen Sool und Sanaag).
Die Hawiye leben vor allem in Süd-/Zentralsomalia, die wichtigsten Subclans sind Abgaal und Habr Gedir.
Die Dir finden sich im westlichen Somaliland und in einigen Gebieten Süd-/Zentralsomalias. Ihre Hauptclans sind Issa und Gadabursi (beide Somaliland) und Biyomaal (Südsomalia).
Die Isaaq sind der Hauptclan Somalilands.
Die Digil und Mirifle/Rahanweyn leben in den fruchtbaren Tälern von Shabelle und Jubba und im Gebiet zwischen beiden Flüssen (v.a. Bay und Bakool) (EASO 8.2014).
Daneben finden sich in Somalia einige ethnische Minderheiten und ständische Berufskasten, die insgesamt zwischen 15 und 30 Prozent der Bevölkerung stellen (EASO 8.2014). Minderheitengruppen sind u.a. die Bantu (größte Gruppe), Benadiri, Reer Xamar, Bravanese, Swahili, Tumal, Yibir, Yaxar, Madhiban, Hawrarsame, Muse Dheryo, Faqayaqub und Gabooye (USDOS 27.2.2014). Minderheitenclans oder Berufskasten können mit großen Clans in eine Abhängigkeitsbeziehung (shegaat) treten und werden danach - in externen Belangen - als Teil des großen Clans erachtet. Langfristige Allianzen zwischen kleineren und größeren Clans werden gemäß dem traditionellen Recht (xeer) geschlossen. Beide Konstruktionen beinhalten auch den Schutz des kleineren Partners durch den größeren (EASO 8.2014).
Clanschutz bedeutet die Androhung von Gewalt im Falle einer Aggression gegen ein Mitglied durch einen Außenstehenden. Die Möglichkeit, diese Drohung aufrecht zu erhalten ist genauso essentiell wie die Möglichkeit, einem Racheakt durch gemeinschaftliche Zahlung von Kompensation (mag/diya) zu entgehen. Generell - aber nicht überall - funktioniert Clanschutz besser als der Schutz durch Staat oder Polizei. Dementsprechend wenden sich viele Menschen bei Gewaltverbrechen eher an den Clan als an die Polizei. Der Clanschutz kommt aber auf einer sehr niedrigen Ebene der Clan-Hierarchie zur Anwendung. Es reicht also z.B. in Mogadischu nicht, den Hawiye anzugehören, um Clanschutz zu erhalten. Die Zugehörigkeit zu einem dominanten Sub(sub)clan der Hawiye in Mogadischu ist relevanter (EASO 8.2014).
Inwiefern Clanschutz heute noch funktioniert ist umstritten. Faktoren wie AMISOM, die Restauration staatlicher Sicherheitsbehörden oder al Shabaab haben den Schutz erodiert. Andererseits hat der Rückzug von al Shabaab sowie der Mangel an staatlicher Verwaltung in den ländlichen Gebieten den Clanschutz verstärkt. Das Ausmaß an Clanschutz variiert also regional und ist im Laufe der Zeit Änderungen unterworfen. In Somaliland und Puntland, wo relative Stabilität herrscht, ist der Clanschutz weniger relevant als in Süd-/Zentralsomalia. In Mogadischu hingegen sind Älteste zwar noch bei der Konfliktvermittlung involviert, jedoch gibt es kein Risiko mehr, aufgrund der Clanzugehörigkeit einer Verfolgung ausgesetzt zu sein. Nicht mehr die Clans, sondern AMISOM, Armee und Polizei sind für die Sicherheit verantwortlich. Allerdings muss berücksichtigt werden, dass Teile von Armee und Polizei nach wie vor großen Bezug zu ihren Herkunftsclans haben (EASO 8.2014)." (Seite 35ff)
"Minderheiten und kleine Clan-Gruppen
Es gibt unterschiedliche Kategorien von Minderheiten: ethnische und religiöse sowie jene, die als Berufskasten bezeichnet werden. Ethnische und religiöse Minderheiten haben einen unterschiedlichen kulturellen und/oder sprachlichen Hintergrund als die Somali der großen Clans. Die Berufskasten haben den gleichen Hintergrund wie die Clans, praktizieren jedoch spezifische Berufe (EASO 8.2014).
Außerdem sind auch Angehörige von somalischen Clans dann als Minderheit zu qualifizieren, wenn sie in einem Gebiet leben, das mehrheitlich von einem anderen Clan bewohnt ist (EASO 8.2014).
Die Ashraf und die Sheikhal werden als religiöse Clans bezeichnet. Die Ashraf beziehen ihren religiösen Status aus der von ihnen angegebenen Abstammung von der Tochter des Propheten; die Sheikhal aus einem vererbten religiösen Status (EASO 8.2014).
Die Ashraf und die Sheikhal werden traditionell respektiert und von den Clans, bei welchen sie leben, geschützt. Die Sheikhal sind außerdem eng mit dem Clan der Hawiye/Hirab assoziiert und nehmen sogar einige Sitze der Hawiye im somalischen Parlament ein (EASO 8.2014). Ein Teil der Ashraf lebt als Teil der Benadiri in den Küstenstädten, ein Teil als Clan der Digil/Mirifle in den Flusstälern von Bay und Bakool (EASO 8.2014)." (Seite 38)
"Aktuelle Situation
Minderheiten, denen es an bewaffneten Milizen mangelt, sind überproportional von Morden, Folter, Vergewaltigung, Entführung mit Lösegelderpressung sowie von Plünderung betroffen. Außerdem leben viele Minderheitenangehörige in tiefer Armut und leiden an zahlreichen Formen der Diskriminierung und Ausgrenzung (USDOS 27.2.2014). Angehörige von Minderheitenclans werden nicht systematisch verfolgt, wohl aber im täglichen Leben benachteiligt (ÖB 10.2014).
Einzelne Minderheiten leben unter schwierigen sozialen Bedingungen und sehen sich wirtschaftlich, politisch und sozial ausgegrenzt (ÖB 10.2014). Das Ausmaß an Diskriminierung hängt von der Minderheit ab:
Berufskasten sind generell stärkerer Diskriminierung ausgesetzt als ethnische Minderheiten. Allerdings gibt es signifikante Unterschiede. Gesellschaftliche Diskriminierung durch die Hauptclans kommt vor. So werden etwa die Bantu manchmal als adoon (Sklaven) bezeichnet (EASO 8.2014).
Für Berufskasten sind gesellschaftliche Interaktionen nur beschränkt möglich (EASO 8.2014). Sie leben meist in Ghetto-ähnlichen Vierteln oder Stadtteilen (EASO 8.2014; vergleiche ÖIF). Mischehen - vor allem zwischen Berufskasten und den Hauptclans - sind traditionell beschränkt (USDOS 27.2.2014; vergleiche EASO 8.2014). Dieses Tabu scheint aber in den vergangenen Jahren etwas aufgeweicht worden zu sein (EASO 8.2014). So kommen Beziehungen, die nicht den klassischen Strukturen entsprechen, häufiger vor. Ehen, in welchen die Frau einem Hauptclan angehört und der Ehemann einer Minderheit, sind aber sehr selten (C 18.6.2014).
Die vier größten Clans dominieren Verwaltung, Politik, und Gesellschaft. Dementsprechend sind die politischen Parteien, die lokalen Verwaltungen und auch das nationale Parlament um die verschiedenen Clans bzw. Sub-Clans organisiert (ÖB 10.2014). Auch wenn Minderheiten in Regierung und Parlament vertreten sind, bleibt ihre Stimme schwach und - meist - ungehört (EASO 8.2014). In den meisten Gebieten schließen die lokal dominierenden Clans Angehörige anderer Clans von der Partizipation an der Verwaltung aus, und es kommt zu Diskriminierung in den Bereichen Arbeit und Justiz sowie beim Zugang zu öffentlichen Diensten (USDOS 27.2.2014). Selbst in Arbeitsbereichen, die zuvor oft den Minderheiten zugeschrieben worden sind, werden heute Angehörige der Hauptclans bevorzugt (EASO 8.2014). Dabei gibt es regionale Unterschiede: Während etwa Mogadischu durch seine Durchmischung eher tolerant ist, gibt es z.B. in Puntland eine klare Trennung und in einigen Gebieten dürfen Angehörige von Minderheiten nicht in den Städten wohnen (B 14.10.2014).
Die Ashraf, die den Digil/Mirifle nahestehen, könnten aufgrund der Tatsache, dass sie einen von al Shabaab nicht anerkannten religiösen Status haben, zum Ziel der Islamisten werden. Insgesamt gibt es aber keine aktuellen Berichte über Menschenrechtsverletzungen gegen Sheikhal oder Ashraf (EASO 8.2014).
Andererseits gibt es in Mogadischu heute keine Clankämpfe oder -Konflikte mehr (UKHO 9.4.2014; vergleiche UKUT 3.10.2014). Es gibt dort auch kein Risiko einer schweren Diskriminierung aufgrund der Clanzugehörigkeit. Da es in der Stadt keine Clanmilizen mehr gibt, ist der Clan heute weniger eine Schutzstruktur als vielmehr eine soziale Struktur. Minderheitenangehörige werden nicht mehr aufgrund ihrer Zugehörigkeit marginalisiert oder belästigt. Die Sicherheitslage für Angehörige kleiner, schwacher Clans oder ethnischer Minderheiten hat sich wesentlich verbessert. Auch die Andeutung von UNHCR, dass für eine Rückkehr nach Mogadischu die Anwesenheit der Kernfamilie relevant ist, weist auf die nunmehr geringe Bedeutung des Clans hin (UKUT 3.10.2014).
Manche Minderheiten haben von al Shabaab profitiert und die Gruppe unterstützt. Mit dem Machtverlust für al Shabaab kommt es auch zu Fällen, wo diese vorherige Unterstützung nun negative Auswirkungen hat (EASO 8.2014). So waren bzw. sind überproportional viele Angehörige von Minderheiten bei der Ausführung von Körperstrafen und Exekutionen sowie bei der Verübung gezielter Attentate beteiligt. Das Risiko von Racheaktionen besteht (B 10.2014). Bei al Shabaab gilt generell, dass jene Clans, die als gegen al Shabaab gerichtet erachtet werden, mit mehr Problemen zu rechnen haben - sei es z.B. eine höhere Besteuerung; ökonomische Isolierung; oder Plünderung (EASO 8.2014)." (Seite 40ff)
2.3.2. EASO, Country of Origin Information Report, South and Central Somalia, Country Overview, August 2014
Die Ashraf seien eine religiöse Minderheit, die mit den Benadiri in Verbindung gebracht würden. Sie würden meist in der Küstenregion (Merka, Baraawe) leben und, als Clan, mit den Digil-Mirifle in der Flussregion rund um Bay und Bakool. Die Ashraf seien wegen ihrer Spiritualität bekannt und geben vor, Nachkommen von Mohammeds Tochter Fatima und von Ali, dem Neffen des Propheten, zu sein. (Seite 47)
Unter Clanschutz verstehe man die Fähigkeit, ein Individuum gegen Gewalt von außerhalb des Clans beschützen zu können. Schutz und Vulnerabilität seien eng verbunden mit der Macht des jeweiligen Clans. Grundsätzlich, aber nicht immer, funktioniere Clanschutz besser als Schutz durch den Staat. Clanschutz funktioniere außerdem auf einem niedrigen Level der Clanhierarchie (Sub-Sub-Clan). Ein Hawiye zu sein, bedeute also nicht Clanschutz in Mogadischu. Zugehörigkeit zu einem Hawiye Subclan, der in Mogadischu dominant sei, sei wichtiger.
Der Grad der Aktualität von Clanschutz sei strittig. Faktoren, wie das Aufkommen der AMISOM, Armee und Polizei als Sicherheitskräfte und Al Shabaab mit der Einführung der Sharia als Rechtsgrundlage, haben Clanschutz aushöhlen können, während der Rückzug der Al Shabaab aus einigen Gegenden und der Mangel an Infrastruktur in vor allem ländlichen Gegenden zu einer Stärkung des Clanschutzes führen können. Clanschutz verändere sich daher je nach Zeit und Region.
Am stärksten von Clanschutz profitieren würden Mehrheitsclanangehörige, während innerstaatlich Vertriebene am schwächsten seien. Clanschutz habe in Mogadischu abgenommen seit der Einführung der Islamic Courts Union (ICU), verstärkt auch noch während der letzten vier Jahre. Vor den ICU haben in der Stadt Warlords und ihre Milizen dominiert, während in den letzten Jahren AMISOM, die somalische Armee und die Polizei versucht haben, die Kontrolle zu übernehmen, und Clans Einzelne nicht mehr beschützen würden. Clanälteste würden immer noch in Konfliktlösungsmechanismen einbezogen sein, es gebe aber kein Risiko der Verfolgung wegen Clanzugehörigkeit mehr.
Clanzugehörigkeit spiele für Mehrheitsclanangehörige, und insbesondere für Hawiye Clanangehörige aus Mogadischu, keine Rolle mehr, während sie für Angehörige anderer Clans, wie den Darod, oder für innerstaatlich Vertriebene nach wie vor sehr wichtig sei.
In politischen, sozialen und wirtschaftlichen Angelegenheiten sei der Clan immer noch wichtig, und Minderheitenangehörige und innerstaatlich Vertriebene würden daher marginalisiert. In den Bezirken von Mogadischu sei immer ein Clan vorherrschend, auch wenn die Bevölkerung gemischt sei. Der einflussreichste Clan sei die Hawiye/Abgal. In Mogadischu unterstützen Clans ihre Mitglieder nicht (mehr) bei wirtschaftlichen Problemen oder bei der Erlangung ihres Lebensunterhaltes. Nur die Kernfamilie erfülle nunmehr diese Aufgabe. (Seite 55ff)
2.4. Versorgungslage und Rückkehrer
2.4.1. Bundesasylamt, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation - Somalia (November 2014)
"Rückkehr
Für Reisende nach Somalia fehlt es im Falle einer (sei es gesundheitlichen, sei es kriminalitätsbedingten) Notlage weitgehend an funktionierenden staatlichen Stellen, die Hilfe leisten könnten (AA 11.9.2014).
Trotzdem ist die Rückkehr von somalischen Flüchtlingen nach Somalia im Berichtszeitraum eine Tatsache (ÖB 10.2014). Nach der Einnahme von Mogadischu und anderen Städten sind viele somalische Flüchtlinge aber auch IDPs permanent oder temporär in ihre Heimat zurückgekehrt. Viele der im Jahr 2013 nach Mogadischu zurückgekehrten gehören zu den wohlhabenderen Teilen der Gesellschaft und verfügen oft über einen Aufenthaltstitel in anderen Staaten, den sie im Notfall in Anspruch nehmen können (EASO 8.2014).
Al Shabaab könnte bei Rückkehrern aus dem Westen den Verdacht hegen, dass diese für die somalische Regierung oder deren Alliierte spionieren. Die Rückkehrer vermeiden es üblicherweise, in von der al Shabaab kontrollierte Gebiete zurückzukehren - selbst wenn dort ihr Clan beheimatet ist (EASO 8.2014). Rückkehrer aus der Diaspora können ein erhöhtes Risiko eines Attentates durch al Shabaab aufweisen, wenn sie sichtlich erkennbar sind (LIDIS 3.2014).
Der UNHCR geht davon aus, dass es in Mogadischu sehr schwer ist, ohne ein entsprechendes Unterstützungsnetzwerk zu überleben. Wenn der eigene Clan oder die Kernfamilie im Wohnbezirk nicht etabliert sind, werden sich Neuankömmlinge in einer prekären Situation wiederfinden (EASO 8.2014). Für den Lebenserhalt im wirtschaftlichen Sinne braucht es in erster Linie die Kernfamilie. Der größere Familienkreis wird den Lebenserhalt nur kurzfristig garantieren. Wenn eine Person nicht aus Mogadischu stammt, wird sie ausreichend Ressourcen benötigen, um sich dort niederzulassen. Bildung, erlernte Berufe und Kredite können ebenfalls eine Niederlassung bewerkstelligen. Außerdem gibt es lokale NGOs, die den Neuankömmlingen helfen können (EASO 8.2014; vergleiche LIDIS 3.2014).
Mindestens 30.000 Personen sind im Jahr 2013 aus Kenia und Äthiopien kommend nach Somalia eingereist - viele davon aber nur temporär, z. B. zur Lageerkundung (EASO 8.2014). Im Rahmen eines Abkommens zwischen UNHCR, Kenia und Somalia plant UNHCR auch die Unterstützung von vorerst 10.000 Rückkehrern aus Kenia in die Bezirke Baidoa, Kismayo und Luuq (UNSG 3.3.2014). Bei allen Programmen geht es um freiwillige Rückkehr. Ausreichend gute Bedingungen für großangelegte Rückkehrprogramme sind gegenwärtig noch nicht gegeben (UNSG 2.12.2013; vergleiche EASO 8.2014; ÖB 10.2014).
Zwangsrückführungen werden nur von sehr wenigen Ländern durchgeführt. Die meisten Betroffenen wurden aus Saudi Arabien deportiert (mehr als 34.000 Personen), das weder die Genfer Konvention ratifiziert hat, noch über ein Asylsystem verfügt. Einige Dutzend Personen wurden auch aus Kenia deportiert. IOM bietet den Ankömmlingen Unterstützung in Form von Repatriierung, medizinischer Betreuung, psycho-sozialer Unterstützung, Nahrung und Trinkwasser sowie Weitertransport an. Für gefährdete Personen gibt es auch Unterkunft und Schutz (EASO 8.2014).
Es ist bekannt, dass die Niederlande Zwangsrückführungen nach Somalia durchführen. Im Jahr 2013 betrug deren Anzahl weniger als fünf; ca. 50 freiwillige Rückkehrer wurden unterstützt (EASO 8.2014). Der UNHCR ruft dazu auf, von Zwangsrückführungen in jene Teile Süd-/Zentralsomalias Abstand zu nehmen, die von militärischen Aktivitäten und/oder anhaltender Vertreibung; von Fragilität und Unsicherheit nach kürzlich stattgefundenen militärischen Operationen; oder von anhaltender Kontrolle durch nicht-staatliche Gruppen betroffen sind (UNHCR 17.6.2014). Nach Somalia Rückgeführte sind nicht per se einem höheren Risiko ausgesetzt. Diese Feststellung wird durch fehlende negative Meldungen bezüglich der zahlreichen aus Saudi Arabien deportierten Personen unterstützt (UKUT 3.10.2014)." (Seite 57ff)
2.4.2. UNHCR, International Protection Considerations with Regard to people fleeing Southern and Central Somalia (Jänner 2014)
Für Somalier_innen sei es sehr schwer, ohne unterstützendes Netzwerk in Mogadischu zu überleben. Neuankömmlinge in der Stadt, insbesondere wenn sie keine Mitglieder von im Bezirk etablierten Clans oder Familien sind, müssen sich auf eine prekäre Existenz in der Hauptstadt einstellen. Dasselbe gelte für Rückkehrer_innen, die aus Bezirken stammen, die noch immer von Milizen kontrolliert, oder es früher gewesen seien. Somalier_innen der Diaspora, die während des Jahres 2013 nach Mogadischu zurückgekehrt seien, haben eher zu einflussreicheren Bevölkerungsschichten gehört und haben auf wirtschaftliche und soziale Ressourcen zurückgreifen können (Seite 9).
2.4.3. Österreichische Botschaft Nairobi, Asylländerbericht Somalia, Oktober 2014
"Die Versorgungslage ist anhaltend schlecht und hat sich im Berichtszeitraum aufgrund von Nahrungsmittelknappheit zusätzlich verschlechtert. Laut UN OCHA sind 3,2 Millionen Menschen in Somalia auf Nahrungsmittelhilfe angewiesen. Laut Finanzierungsappell von OCHA sind derzeit nur 34% der insgesamt benötigten 933 Mio. UDF für die Nahrungsmittelhilfe 2014 in Somalia gesichert.
Arbeitsmöglichkeiten gibt es kaum. Medienberichte über den Aufschwung der lokalen Wirtschaft in Mogadischu können aus Sicht der Botschaft nicht bestätigt werden, da Mogadischu für Ausländer weiterhin nicht bzw. nur unter allerschärfsten Sicherheitsmaßnahmen zugänglich ist." (Seite 8)
"Die [medizinische] Grundversorgung kann als schlecht bis kaum vorhanden bezeichnet werden, durchgehende Versorgung ist wohl nur in den Flüchtlingslagern an der somalisch-kenianischen Grenze sowie in Mogadischu gesichert. Im Berichtszeitraum wurden mehrere Epidemien (Masern, Cholera, Polio) verzeichnet. Grundsätzlich muss im Bereich der Grundversorgung von einem negativen Trend ausgegangen werden. Die Einstellung aller Programme der internationalen Hilfsorganisation "Médécins sans Frontières" nach 22 Jahren ununterbrochener Aktivität in Somalia im Jahr 2013 bedeutete eine weitere Verschärfung der medizinischen Versorgungslage." (Seite 8f).
3. Beweiswürdigung:
3.1. Die Feststellungen zur Person ergeben sich aus den in diesem Punkt nicht widerlegten Angaben der beschwerdeführenden Partei sowie aus ihren Sprach- und Ortskenntnissen.
Aufgrund der im Verfahren unterlassenen Vorlage eines unbedenklichen nationalen Identitätsdokuments bzw. sonstigen Bescheinigungsmittels konnte die Identität der beschwerdeführenden Partei nicht festgestellt werden. Soweit diese namentlich genannt wird, legt das Gericht auf die Feststellung wert, dass dies lediglich der Identifizierung der beschwerdeführenden Partei als Verfahrenspartei dient, nicht jedoch eine Feststellung der Identität im Sinne einer Vorfragebeurteilung iSd Paragraph 38, AVG bedeutet.
Das Datum der Antragstellung und Ausführungen zum Verfahrenslauf ergeben sich aus dem Akteninhalt.
3.2. Die Feststellungen zur Clanzugehörigkeit ergeben sich aus den Angaben der beschwerdeführenden Partei und aus den Feststellungen des angefochtenen Bescheides. Das Bundesverwaltungsgericht hat keinen Grund an diesen zu zweifeln.
Betreffend die Angaben zum Verbleib der Familienangehörigen nunmehr in Äthiopien kann sich das Bundesverwaltungsgericht auf die Angaben der beschwerdeführenden Partei in der mündlichen Verhandlung stützen. Da das Bundesverwaltungsgericht von der allgemeinen Glaubwürdigkeit der beschwerdeführenden Partei ausgeht - siehe dazu unten unter 3.4. -, hat es keinen Grund, an diesen zu zweifeln.
Die Angaben zur Unbescholtenheit der beschwerdeführenden Partei ergeben sich aus dem Strafregisterauszug vom 13.01.2015.
3.3. Das Bundesverwaltungsgericht stützt seine Beurteilung der gegenständlichen Beschwerde auf aktuelle Länderinformationen, die sich einerseits auf seriöse Quellen berufen oder, nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes, solche selbst sind. Wesentlich bei der Auswahl der Berichte ist dabei die Aktualität der Information, insbesondere betreffend die Sicherheitslage in Somalia, und die Qualität der Quellen, wobei das Bundesverwaltungsgericht versucht, Berichte unterschiedlicher Auftraggeber_innen zu sichten, um sich ein möglichst ausgewogenes Bild der Situation zu den relevanten Fragestellungen machen zu können. Die für die gegenständliche Beschwerde entscheidungsrelevanten Berichte sind unter Punkt 2. in diesem Erkenntnis zusammengefasst und teilweise übersetzt wiedergegeben.
Die relevanten Schlüsse, die das Bundesverwaltungsgericht aus den Berichten unter 2. zieht sind, zusammengefasst, die folgenden:
Es gibt in Somalia keine flächendeckende, effektive Staatsgewalt; auch die neue Regierung hat bislang über große Teile des Landes keine Kontrolle.
Lower Shabelle ist die volatilste Region in Süd- und Zentralsomalia. Die ländlichen Bereiche der Bezirke Afgooye et al. sind von Unsicherheit betroffen, wobei Al Shabaab versucht, diese Situation auszunützen. In der Stadt Afgooye ist die Sicherheitslage etwas besser; im Afgooye-Korridor ist Al Shabaab sichtbar präsent.
Höherrangige Deserteure der Al Shabaab sind jedenfalls einem hohen Verfolgungsrisiko ausgesetzt. Insgesamt kann nicht ausgeschlossen werden, dass auch desertierte Fußsoldaten von Al Shabaab aufgespürt und eliminiert werden.
Deserteure können eine Fluchtmöglichkeit nach Somaliland und Puntland in Anspruch nehmen; allerdings können sie dort nur schwer Fuß fassen, wenn es ihnen an Verbindungen mangelt. Es habe bereits 2013 Berichte darüber gegeben, dass die Jagd auf Deserteure eine prioritäre Aufgabe der Al Shabaab geworden ist. Das Territorium der Al Shabaab ist geschrumpft; sie agiert aber als Guerillaeinheit im gesamten Gebiet.
Der Clan ist heute weniger Schutz- als soziale Struktur. Mehrheitsclanangehörige profitieren am meisten vom Clanschutz, während innerstaatliche Vertriebene am schwächsten sind. Das UNHCR geht davon aus, dass es in Mogadischu sehr schwer ist, ohne ein entsprechendes Unterstützungsnetzwerk zu überleben. Wenn der eigene Clan oder die Kernfamilie im Wohnbezirk nicht etabliert ist, werden sich Neuankömmlinge in einer prekären Situation wiederfinden.
Betreffend die schriftliche Stellungnahme zu den Länderinformationen (siehe unter 2.) merkt das Bundesverwaltungsgericht an, dass die dort hervorgehobenen Berichte, so insbesondere EASO, UNHCR aus dem Jänner 2014 und Landinfo/Danish Immigration Service Update in die Feststellungen unter 2. eingeflossen sind und berücksichtigt wurden. Weiter gab der Vertreter der beschwerdeführenden Partei in der Verhandlung selbst an, dass das Länderinformationsblatt der Staatendokumentation (Stand November 2014) um Objektivität bemüht sei. Das Bundesverwaltungsgericht geht daher auch im Lichte der Stellungnahme vom 09.02.2015 davon aus, dass die von ihm unter 2. verwendeten Länderfeststellungen ausreichend aktuell und ausgewogen sind.
3.4. Dem Bundesverwaltungsgericht fiel im Rahmen der mündlichen Verhandlung auf, dass die beschwerdeführende Partei sehr detailreich und übereinstimmend mit ihrem Vorbringen vor der belangten Behörde von den sie betreffenden fluchtauslösenden Ereignissen berichtet hat. Das Bundesverwaltungsgericht konnte im Rahmen der mündlichen Verhandlung im dort Gesagten keine so wesentlichen Widersprüche zu früheren Vorbringen erkennen, die den Eindruck, dass die beschwerdeführende Partei selbst Erlebtes erzählte, widerlegen können. Insbesondere blieb die Erzählstruktur und Reihenfolge in den Vorbringen gleichbleibend, jedoch zu detailliert, um diese, im Abstand mehrerer Jahre vorgebracht, als nur einstudiert abtun zu können.
Im Ergebnis geht daher das Bundesverwaltungsgericht davon aus, dass die beschwerdeführende Partei einen Monat lang in einem Trainingscamp der Al Shabaab festgehalten, trainiert wurde und von dort geflohen ist.
4. Rechtliche Beurteilung:
4.1. Allgemeine Rechtsgrundlagen
4.1.1. Gemäß Artikel 151, Absatz 51, Ziffer 7, B-VG wird der Asylgerichtshof mit 01.01.2014 zum Verwaltungsgericht des Bundes und hat daher gemäß Paragraph 75, Absatz 19, AsylG 2005 alle mit Ablauf des 31.12.2013 beim Asylgerichtshof anhängigen Beschwerdeverfahren, und somit auch das gegenständliche, zu Ende zu führen.
4.1.2. Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. römisch eins 2013/33 i.d.F. BGBl. römisch eins 2013/122, geregelt (Paragraph eins, leg.cit.). Gemäß Paragraph 58, Absatz 2, VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß Paragraph 17, VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Artikel 130, Absatz eins, B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der Paragraphen eins bis 5 sowie des römisch IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, Bundesgesetzblatt Nr. 194 aus 1961,, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, Bundesgesetzblatt Nr. 173 aus 1950,, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, Bundesgesetzblatt Nr. 29 aus 1984,, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß Paragraph 6, des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG), Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 10 aus 2013,, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter_innen, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Eine derartige Regelung wird in den einschlägigen Normen (VwGVG, BFA-VG, AsylG) nicht getroffen.
Zu A)
4.2. Rechtsgrundlagen:
4.2.1. Gemäß Paragraph 3, Absatz eins, AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit oder Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, Genfer Flüchtlingskonvention droht.
Flüchtling im Sinne der Bestimmung ist demnach, wer aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, sich außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen.
4.2.2. Zentraler Aspekt des Flüchtlingsbegriffs der GFK ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Wohlbegründet kann eine Furcht nur dann sein, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers und unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist vergleiche VwGH vom 22.12.1999, Zl. 99/01/0334; vom 21.12.2000, Zl. 2000/01/0131; vom 25.01.2001, Zl. 2001/20/0011). Es kommt mithin nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde.
Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen.
Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht; die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht vergleiche VwGH vom 21.12.2000, Zl. 2000/01/0131; vom 25.01.2003, Zl. 2001/20/0011).
Für eine wohlbegründete Furcht vor Verfolgung ist es nicht erforderlich, dass bereits Verfolgungshandlungen gesetzt worden sind; sie ist vielmehr bereits dann anzunehmen, wenn solche Handlungen zu befürchten sind vergleiche VwGH vom 26.02.1997, Zl. 95/01/0454; vom 09.04.1997, Zl. 95/01/0555), denn die Verfolgungsgefahr - Bezugspunkt der Furcht vor Verfolgung - bezieht sich nicht auf vergangene Ereignisse vergleiche VwGH vom 18.04.1996, Zl. 95/20/0239; vom 16.02.2000, Zl. 99/01/0097), sondern erfordert eine Prognose. Verfolgungshandlungen, die in der Vergangenheit gesetzt worden sind, können jedoch im Rahmen dieser Prognose ein wesentliches Indiz für eine Verfolgungsgefahr sein vergleiche VwGH vom 09.03.1999, Zl. 98/01/0318).
Relevant kann aber nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein; sie muss vorliegen, wenn der Asylbescheid erlassen wird; auf diesen Zeitpunkt hat die Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den genannten Gründen zu befürchten habe vergleiche VwGH vom 09.03.1999, Zl. 98/01/0318; vom 19.10.2000, Zl. 98/20/0233).
Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in einem der Gründe haben, welche Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, GFK nennt vergleiche VwGH vom 09.09.1993, Zl. 93/01/0284; vom 15.03.2001, Zl. 99/20/0128); sie muss Ursache dafür sein, dass sich der Asylwerber außerhalb seines Heimatlandes befindet.
Besteht für den Asylwerber die Möglichkeit, in einem Gebiet seines Heimatstaates, in dem er keine Verfolgung zu befürchten hat, Aufenthalt zu nehmen, so liegt eine inländische Fluchtalternative vor, welche die Asylgewährung ausschließt vergleiche VwGH vom 24.03.1999, Zl. 98/01/0352).
4.2.3. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein vergleiche VwGH vom 16.06.1994, Zl. 94/19/0183; vom 18.02.1999, Zl. 98/20/0468).
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vergleiche VwGH vom 28.03.1995, Zl. 95/19/0041; VwGH vom 27.06.1995, Zl. 94/20/0836; VwGH vom 23.07.1999, Zl. 99/20/0208; VwGH vom 21.09.2000, Zl. 99/20/0373; VwGH vom 26.02.2002, Zl. 99/20/0509 mwN; VwGH vom 12.09.2002, Zl. 99/20/0505 sowie VwGH vom 17.09.2003, Zl. 2001/20/0177) ist eine Verfolgungshandlung nicht nur dann relevant, wenn sie unmittelbar von staatlichen Organen (aus Gründen der GFK) gesetzt worden ist, sondern auch dann, wenn der Staat nicht gewillt oder nicht in der Lage ist, Handlungen mit Verfolgungscharakter zu unterbinden, die nicht von staatlichen Stellen ausgehen, sofern diese Handlungen - würden sie von staatlichen Organen gesetzt - asylrelevant wären. In beiden Fällen ist es dem Verfolgten nicht möglich bzw. im Hinblick auf seine wohlbegründete Furcht nicht zumutbar, sich des Schutzes seines Heimatlandes zu bedienen vergleiche VwGH vom 22.03.2000, Zl. 99/01/0256). Eine von dritter Seite ausgehende Verfolgung kann mithin nur dann zur Asylgewährung führen, wenn sie von staatlichen Stellen infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt nicht abgewandt werden kann vergleiche VwGH vom 22.03.2003, Zl. 99/01/0256 mwN). Für die Frage, ob eine ausreichend funktionierende Staatsgewalt besteht - unter dem Fehlen einer solchen ist nicht "zu verstehen, dass die mangelnde Schutzfähigkeit zur Voraussetzung hat, dass überhaupt keine Staatsgewalt besteht" vergleiche VwGH vom 22.03.2000, Zl. 99/01/0256) -, kommt es darauf an, ob jemand, der von dritter Seite (aus den in der GFK genannten Gründen) verfolgt wird, trotz staatlichem Schutz einen - asylrelevante Intensität erreichenden - Nachteil aus dieser Verfolgung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit zu erwarten hat vergleiche VwGH vom 22.03.2000, Zl. 99/01/0256 im Anschluss an Goodwin-Gill, "The Refugee in International Law² [1996] 73; weiters VwGH vom 26.02.2002, Zl. 99/20/0509 mwN sowie VwGH vom 20.09.2004, Zl. 2001/20/0430).
4.3. Anwendung der Rechtsgrundlagen auf die gegenständliche Beschwerde:
4.3.1. Wie bereits in der Beweiswürdigung angeführt geht das Bundesverwaltungsgericht davon aus, dass die beschwerdeführende Partei tatsächlich Im Jänner 2011 ein Monat lang von Al Shabaab festgehalten, an der Waffe trainiert wurde, und es ihr schließlich Ende Jänner 2011 gelang, aus dieser Situation zu entkommen. Damit erfüllt sie das Kriterium, von Al Shabaab desertiert zu sein.
4.3.2. In Hinblick auf die Prüfung einer aktuellen Verfolgungsgefahr führt das Bundesverwaltungsgericht aus, dass, nach den aktuellen Länderberichten, Al Shabaab zwar - auch - aus Afgooye nominell vertrieben wurde, die Stadt also heute unter der Kontrolle der AMISOM, SPF und NISA steht, die Miliz aber dennoch in der Umgebung präsent und in den befreiten Städten als Guerillaeinheit nach wie vor aktiv ist. Dass Al Shabaab also in der Lage ist, auch in Afgooye gezielte Anschläge zu verüben, kann nicht bezweifelt werden.
Ein weiteres Indiz für eine nach wie vor aktuelle Gefährdung ist außerdem, dass Afgooye selbst, anders als Mogadischu und ohne den Korridor mit den abertausenden IDPs dazuzurechnen, keine Großstadt ist. Die Möglichkeit, daher tatsächlich, auch nach Ablauf einiger Jahre, aufzufallen, ist also mit der notwendigen Wahrscheinlichkeit gegeben.
4.3.3. Aus den Länderberichten geht hervor, dass Deserteure eines der systematischen Ziele für Attentate der Al Shabaab sind. Inwieweit der einfache Fußsoldat - und mehr hätte die beschwerdeführende Partei wohl ihren Aussagen folgend nicht sein sollen - einem entsprechenden Risiko der konkreten und gezielten Verfolgung unterliegt, geht nicht klar aus den Berichten hervor. Daher bleibt es im Endeffekt ausschlaggebend, dass die Berichte, im Lichte einer offenkundigen Priorität der Al Shabaab, Deserteure zu verfolgen, diese Verfolgungsmöglichkeit nicht ausschließen können.
4.3.4. Im Ergebnis ist daher davon auszugehen, dass der beschwerdeführenden Partei im Falle ihrer Rückkehr nach Somalia und Afgooye mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine Verfolgung durch die Al Shabaab mit der Androhung eines Eingriffs maßgeblicher Intensität aus Gründen ihrer Religion, ihrer politischen Gesinnung und wegen ihrer Zugehörigkeit zur sozialen Gruppe der Deserteure, und damit der Gegner der Gruppierung, droht.
4.3.5. Von einer entsprechend effektiven Schutzwilligkeit und -fähigkeit der somalischen Sicherheitsbehörden geht das Bundesverwaltungsgericht im Lichte der aktuellen Länderinformationen (siehe oben unter 2 und 3.3.) nicht aus.
4.3.6. Und was schließlich eine innerstaatliche Fluchtalternative angeht, so setzt diese, wenn sie nach Mogadischu gehen soll, nach den aktuellen Berichten Vernetzung mit Kernfamilie, und erst zweitrangig, mit dem Clan voraus. Im Falle der beschwerdeführenden Partei war die Kernfamilie nur in Afgooye ansässig und ist mittlerweile auch von dort nach Äthiopien verzogen. Entsprechender Clanschutz bzw. Aufnahme durch den Clan kann bei einem Minderheitenangehörigen nicht angenommen werden.
Diese mangelnden familiären und sozialen Anknüpfungspunkte werden schließlich auch bei der Prüfung einer innerstaatlichen Fluchtalternative nach Somaliland oder Puntland schlagend vergleiche EGMR, 05.09.2013, K.A.B./Schweden, Nr. 886/11, Absatz 82 f, f,).
4.3.7. Da sich im Verfahren auch keine Hinweise auf Ausschlussgründe des Paragraph 6, AsylG ergeben haben, ist der beschwerdeführenden Partei nach dem oben Gesagten gemäß Paragraph 3, Absatz eins, AsylG der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen. Gemäß Paragraph 3, Absatz 5, AsylG ist diese Entscheidung mit der Aussage zu verbinden, dass ihr damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß Paragraph 25 a, Absatz eins, VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei der erheblichen Rechtsfrage betreffend die Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu Spruchpunkt A. wiedergegeben. Insoweit die dort angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu früheren Rechtslagen ergangen ist, ist diese nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.
ECLI:AT:BVWG:2015:W211.1429379.1.00