Gericht

BVwG

Entscheidungsdatum

11.02.2015

Geschäftszahl

L512 1429789-2

Spruch

L512 1429789-2/18E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Marlene JUNGWIRT als Einzelrichterin über die Beschwerde von römisch 40 , geb. römisch 40 , StA. der islamischen Republik Pakistan alias von Afghanistan, vertreten durch Rechtsanwalt Edward W. DAIGNEAULT, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 20.03.2014,

Zl: 811512010/1438446, nach Durchführung einer mündlichen

Verhandlung am 24.09.2014, zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß Paragraph 3, Absatz eins, römisch IV m Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 13, AsylG

2005 als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

römisch eins. Verfahrensgang:

römisch eins.1. Der Beschwerdeführer (in weiterer Folge kurz als "BF" bezeichnet), ein Staatsangehöriger der islamischen Republik Pakistan, brachte am 15.12.2011 einen Antrag auf internationalen Schutz ein.

Vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes brachte der BF am 15.12.2011 Folgendes vor:

Er sei verheiratet und habe die Staatsbürgerschaft Afghanistans und Pakistans. Er gehöre der Volksgruppe der Hazara an und habe zuletzt als Lehrer für Physik und Englisch (Oberstufe) gearbeitet. Seine Mutter, seine Ehefrau sowie sein Sohn würden in Pakistan leben.

Zum Fluchtgrund befragt gab der BF an, sein Leben sei in Gefahr. Er sei Lehrer gewesen und habe eng mit einer amerikanischen Organisation (NGO) zusammen gearbeitet. Nicht nur der BF sei dort in Gefahr, sondern die gesamte Volksgruppe der Hazara - weil sie Schiiten seien. [Aktenseite (AS) 15 ff].

Am 26.03.2012 langte eine Vollmachtsbekanntgabe der rechtsfreundlichen Vertretung des BF bei der belangten Behörde ein.

Vor einem Organwalter der belangten Behörde bestätigte der BF am 11.04.2012 seine bisherigen Angaben und führte zudem aus, er möchte zu seiner Identität angeben, er sei nicht afghanischer sondern pakistanischer Staatsbürger. Als Beweis lege er eine Kopie seines Reisepasses vor. Der Reisepass befinde sich in Pakistan. Der BF sei in römisch 40 , Afghanistan geboren und habe mit zwei Jahren zusammen mit seiner Familie Afghanistan verlassen. Verwandte des Vaters des BF hätten diesem geholfen pakistanische Dokumente zu erhalten, sodass die Familie des BF pakistanische Staatsangehörige geworden wären. Der BF wisse nicht wie es dazu gekommen sei, dass in seinem Reisepass als Geburtsort des BF eine Ortschaft in Pakistan aufscheine. Zum im Reisepass aufscheinenden Namen befragt gab der BF an, in Pakistan würde der Familienname nicht in den Pass eingetragen werden.

Zum Fluchtgrund befragt führte der BF aus, er sei Hazara und Schiite. Außerdem sei er Lehrer. In römisch 40 , wo er gelebt habe, seien die Hazare nicht erwünscht und würden dort sehr unter Druck stehen. Man bringe die Hazare und die Schiiten in dieser Stadt sehr oft um. Allgemein sei das Leben der gebildeten Hazare in dieser Gegend sehr in Gefahr und er gehöre zu dieser gebildeten Schicht. Einige tausend Hazare wäre in dieser Gegend zwischen 2000 bis 2001 getötet worden.

Am 29.03.2012 wären acht Hazare getötet worden, danach seien bis heute weitere 15-20 Hazare getötet worden. Verletzte würden in der Statistik nicht aufscheinen. Es gebe eine Seite im Internet, wo man lesen könne, was mit den Hazare dort passiere.

Der BF sei einmal in einem großen Fahrzeug, einem Van, gesessen. Am römisch 40 , an einem Samstag, gegen 08.00 Uhr hätte er in Richtung Basar fahren wollen. Während das Auto auf Passagiere gewartet habe, sei ein Mädchen gekommen und habe gesagt, sie habe es eilig zu einer Prüfung zu kommen. Der BF sei daher ausgestiegen und habe ihr seinen Platz überlassen. Der BF habe dann ein Taxi genommen, in dem auch andere Personen gewesen wären. Der Van, den der BF verlassen habe, sei dann beschossen worden. Es wären elf Personen ums Leben gekommen, eine Person sei verwundet worden. Zehn Minuten später hätten der BF und die andere Personen den Ort des Anschlages erreicht. Der BF habe selbst gesehen, wie viele Personen dort ums Leben gekommen wären.

Der BF sei zudem Lehrer und Trainer gewesen. Er habe in den USA einen Kurs absolviert und habe ebenfalls an einer Universität in Karachi gearbeitet. In verschiedenen Städten habe der BF die Menschen trainiert. Er habe dann zwei Telefonanrufe erhalten, in denen der BF bedroht worden sei, er solle nicht mehr bei diesen Organisationen arbeiten. Dies habe auch seine Arbeit an der Universität betroffen. Es würde viele Fundamentalisten in der Gegend geben und man habe nicht gewollt, dass der BF für diese Organisationen tätig werde. Im römisch 40 2011 sei der BF darauf gekommen, dass der Anschlag auf den Van eigentlich dem BF gegolten hätte, man hätte den BF umbringen wollen. Zwei Tage nach dem Anschlag sei ein Polizist in Zivil gekommen und habe wissen wollen, warum der BF den Van vor dem Anschlag verlassen habe. Es gebe zwei Möglichkeiten. Man werde von der Polizei einfach beschuldigt in die Angelegenheit involviert zu sein oder man wird direkt mit dem Anschlag in Verbindung gebracht. Außerdem seien zwei Polizisten in Zivil drei Abende hintereinander zum Haus des BF gekommen und hätten nach dem Aufenthaltsort des BF gefragt. Er sei damals in Karachi gewesen. Nach den Telefonanrufen und dem Anschlag habe der BF selbst daraus geschlossen, dass er Opfer eines Anschlages werden könne. Er habe sich nicht in einem anderen Teil Pakistans aufhalten können, da er Angst gehabt hätte, dass die Polizei den BF an die Terroristen verraten würde (AS 53 ff).

Am 26.04.2012 langten eine schriftliche Stellungnahme des BF sowie Urkunden den BF betreffend bei der belangten Behörde ein. Zusammengefasst wurde ausgeführt, dass der BF kein afghanischer sondern pakistanischer Staatsbürger sei und somit die Länderfeststellungen zu Afghanistan den BF nicht betreffen würden. Er hätte bereits eine Kopie seines pakistanischen Reisepasses vorgelegt und möchte nunmehr seinen pakistanischen Personalausweis, seinen Schülerausweis, eine Bestätigung, dass der BF im Bezirk römisch 40 eingebürgert wurde und diverse Schul- und Universitätsdiplome vorlegen. Seine Fluchtgründe würden sich auf Pakistan beziehen. Er sei als Hazara in der Grenzregion um römisch 40 auf Grund seiner Ethnie, insbesondere auch auf Grund seines hohen Bildungsgrades asylrelevant gefährdet. Er beantrage dieses Vorbringen zu prüfen.

römisch eins.2. Der Antrag des BF auf internationalen Schutz wurde folglich mit Bescheid des Bundesasylamtes (im Folgenden "BAA") vom 24.09.2012, Zl. 11 15.120-BAG, gemäß Paragraph 3, Absatz eins, AsylG 2005 abgewiesen und der Status eines Asylberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt römisch eins.). Gem. Paragraph 8, Absatz eins, AsylG wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan nicht zugesprochen (Spruchpunkt römisch II.). Gemäß Paragraph 10, Absatz eins, Ziffer 2, AsylG 2005 [idF vor dem Bundesgesetz Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 87 aus 2012,, Anm.] wurde der BF vom BAA aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Afghanistan ausgewiesen.

römisch eins.2.1. Das BAA traf die Feststellung, dass der BF afghanischer Staatsbürger sei und für Afghanistan keine Bedrohungssituation geltend gemacht habe.

römisch eins.2.2. Begründend führte das BAA im Wesentlichen dazu aus, der BF habe im Kindesalter die pakistanische Staatsbürgerschaft unredlich erlangt und es sei daher von der afghanischen Staatsangehörigkeit des BF auszugehen. Für Afghanistan seien jedoch vom BF keine Asylgründe geltend gemacht worden (AS 121 ff).

römisch eins.3. Mit Schriftsatz vom 09.10.2012 wurde vom BF rechtzeitig Beschwerde gegen den Bescheid der belangten Behörde erhoben und der Bescheid mit der Begründung bekämpft, dass aus den vorgelegten Beweismitteln hervorgehe, dass der BF pakistanischer Staatsbürger sei, er komme auch aus Pakistan. Sohin sei sein Herkunftsland Pakistan, sodass der Ausspruch zur subsidiären Schutzgewährung und zur Ausweisung nicht rechtmäßig sei. Die belangte Behörde hätte die Möglichkeit gehabt, vor Ort Recherchen anzustellen. Ohne weitere Erhebungen hätte die belangte Behörde nicht davon ausgehen dürfen, dass der Reisepass falsche Daten enthalte und der BF nicht umgetauft worden sei.

Es wurden die Anträge gestellt,

römisch eins.4. Der Asylgerichtshof behob in Erledigung der vom BF erhobenen Beschwerde mit Erkenntnis vom 20.06.2013, Zl. B11 429.789-1/2012/6E den angefochtenen Bescheid und wies die Angelegenheit gemäß Paragraph 66, Absatz 2, AVG zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an das BAA zurück.

römisch eins.4.1. Der Asylgerichtshof befand das erstinstanzliche Verfahren für mangelhaft und führte in der Begründung dazu aus, es fehle an Ausführungen bzw. Ermittlungen, ob der BF tatsächlich noch weiterhin die afghanische Staatsangehörigkeit aufweise.

römisch eins.5. Mit Schriftsatz vom 22.01.2014 erhob der BF wegen Verletzung der Entscheidungspflicht durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht gemäß Artikel 130 Absatz eins, Ziffer 3, B-VG. Begründend wurde ausgeführt, dass seit neuerlichem Zufallen der Entscheidungspflicht des BFA die Entscheidungsfrist des Paragraph 73, Absatz eins, AVG von sechs Monaten verstrichen sei. Es wurde beantragt, dass das Bundesverwaltungsgericht in Stattgebung der Säumnisbeschwerde in der Sache selbst erkenne und den Asylantrag stattgeben und dem BF den Status des Asylberechtigten ggfalls den des Subsidiärschutzberechtigten zuerkenne.

römisch eins.6. Eine vom BAA veranlasste Anfragebeantwortung der Staatendokumentation ergab, dass - sollte nachgewiesen werden, dass die Staatsbürgerschaft durch Betrug erlangt worden sei - der betroffenen Person (nicht nur dem "veranlassenden" Vater) die Staatsbürgerschaft aberkannt werden würde. Allerdings gäbe es eine außergewöhnliche Häufigkeit gefälschter Dokumente in Pakistan, auch zur Staatsbürgerschaft ("Paper Citizen"), und es würden auch einige pakistanische Parteien versuchen, diese als Wähler anzusprechen (AS

257 - 277).

römisch eins.7. Der Antrag des BF auf internationalen Schutz wurde folglich mit im Spruch genannten Bescheid des nunmehr zuständigen Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) gemäß Paragraph 3, Absatz eins, AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt römisch eins). Gemäß Paragraph 8, Absatz eins, AsylG wurde dem BF der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunkt römisch II). Gemäß Paragraph 8, Absatz 4, AsylG wurde dem BF die befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 19.03.2015 erteilt (AS 297 - 327).

römisch eins.7.1. Das BFA stellte nunmehr die pakistanische Staatszugehörigkeit des BF fest. Die vom BF vorgebrachten Fluchtgründe befand das BFA für unglaubwürdig und ging davon aus, dass es keine gegen die Person des BF gerichtete Verfolgungshandlungen gegeben habe. Zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in Pakistan traf die belangte Behörde ausführliche, aktuelle Feststellungen und stellte für den Fall der Rückkehr des BF nach Pakistan fest, dass der BF als Hazara mit gehobenem Bildungsniveau einer höheren Gefährdung als die übrigen Hazara in Pakistan ausgesetzt sein könnte (AS 306 - 323).

römisch eins.7.2. Rechtlich führte die belangte Behörde aus, dass kein unter Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2 der GKF zu subsumierender Sachverhalt glaubhaft gemacht werden konnte. Der Status des subsidiär Schutzberechtigten sei dem BF gemäß Paragraph 8, Absatz eins, Ziffer eins, AsylG zuzuerkennen gewesen, da er auf Grund seiner ethnischen Abstammung und seines höheren Bildungsniveaus eine erhöhte Gefahr glaubhaft machen haben können und seine Außerlandesschaffung eine Verletzung des Artikel 3, EMRK bedeuten würde (AS 323 - 326).

römisch eins.7.3. Die Zustellung des Bescheides erfolgte am 24.03.2014 (AS 347).

römisch eins.8. Gegen Spruchpunkt römisch eins (Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten) des im Spruch genannten Bescheides des nunmehr zuständigen Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde mit im Akt ersichtlichen Schriftsatz innerhalb offener Frist Beschwerde erhoben.

Im Wesentlichen wurde in Übereinstimmung mit dem bisherigen Vorbringen ausgeführt, dass der BF, Hazara und Staatsbürger von Pakistan, im Alter von zwei Jahren mit seiner Familie nach Pakistan geflüchtet sei und zuletzt in römisch 40 als Lehrer gearbeitet habe. Er sei westlich orientiert, habe in den USA ein Training zur Lehrerausbildung erhalten und in der Folge in Pakistan in der Lehrerausbildung gearbeitet. Fundamentalisten hätten ihn aufgefordert, die Arbeit als Lehrerausbildner aufzugeben und er sei, da er dieser Aufforderung nicht nachgekommen sei, Ziel eines Bombenanschlages geworden, dem er nur mit Glück entkommen sei. Daraufhin habe er Pakistan verlassen. Er sei auf Grund seines schiitisch-islamischen Glaubens und wegen seiner Tätigkeit in der Lehrerausbildung gefährdet, da strenggläubige sunnitisch-islamische Gruppen keine westlich orientierten Schulen und auch keine Schiiten haben wollen. Gerade Lehrer würden in Pakistan regelmäßig getötet werden. Der BF besitze zwei Merkmale, die zur Gefährdung aus religiösen Gründen bzw. als Angehöriger einer sozialen Gruppe führen. (AS 348-353).

römisch eins.9. Für den 24.09.2014 lud das erkennende Gericht die Verfahrensparteien zu einer mündlichen Verhandlung. Gemeinsam mit der Ladung wurden dem BF Feststellungen zur Situation der Hazara sowie zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in Pakistan zugestellt. Ebenso wurde er hinsichtlich seiner Obliegenheit zur Mitwirkung im Verfahren manuduziert und aufgefordert, Bescheinigungsmittel vorzulegen.

römisch eins.10. Mit Schreiben vom 29.08.2014 teilte die belangte Behörde mit, dass die Teilnahme eines informierten Vertreters an der Verhandlung aus dienstlichen und personellen Gründen nicht möglich sei. Ungeachtet dessen wurde aufgrund der gegebenen Aktenlage die Abweisung gegenständlicher Beschwerde beantragt und um Übersendung des aufgenommen Verhandlungsprotokolls ersucht.

römisch eins.11. Am 24.09.2014 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Beschwerdeverhandlung statt, in der der BF die Gelegenheit hatte, zu seinen Fluchtgründen Stellung zu beziehen.

römisch eins.11.1. Ergänzend zu seinem bisherigen Vorbringen führte der BF aus, er sei in Pakistan als Lehrer und Trainer beschäftigt gewesen und habe zudem ein Diplom in den USA gemacht. Nach seiner Rückkehr nach Pakistan sei er von Fundamentalisten bedroht worden. Eine NGO namens römisch 40 habe ihm einen Aufenthalt in den USA von römisch 40 bis römisch 40 ermöglicht. Im Jahr 2010 habe er angefangen, mit NGO's zu arbeiten und habe in verschiedenen Städten Lehrer ausgebildet. Zudem habe er in Österreich, römisch 40 an zwei Demonstrationen gegen die Ermordung der Hazara im römisch 40 und römisch 40 2013 teilgenommen und legte zum Beweis dafür Fotos vor. Seine Ehefrau sei zum Zeitpunkt seiner Ausreise schwanger gewesen und er habe mittlerweile auch eine Tochter. Er selbst sei gesund und lebe in Österreich von sozialer Unterstützung [Ordnungszahl (OZ) 13].

römisch eins.12. Mit Schreiben vom 19.12.2014 wurden dem BF unter Einräumung einer 2-wöchigen Stellungnahmefrist im Rahmen des anhängigen Beschwerdeverfahrens die Berichtslage zu exilpolitischen Tätigkeiten zur Kenntnis gebracht (OZ 15).

römisch eins.12.1. Dem Bericht des Auswärtigen Amtes vom 08.04.2014 zufolge seien bisher keine Fälle bekannt geworden, in denen eine exilpolitische Tätigkeit zu staatlichen Repressionen geführt hätte.

römisch eins.13. Der BF verwies in seiner Stellungnahme mit Quellenangabe auf die ständige Gefahr, der Hazara (Schiiten) in Pakistan ausgesetzt seien (OZ 16).

römisch eins.14. Hinsichtlich des Verfahrensherganges im Detail wird auf den Akteninhalt verwiesen.

römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

römisch II.1.1. Der Beschwerdeführer

Beim BF handelt es sich um einen männlichen, pakistanischen Staatsbürger, welcher aus der Provinz Belutschistan stammt, die Sprachen Dari, Urdu und Englisch spricht, der Volksgruppe der Hazara zugehörig ist und sich zum schiitischen Glauben bekennt. Der BF ist ein gesunder, arbeitsfähiger Mensch mit fundierter Ausbildung und Berufserfahrung.

Die Mutter, die Ehefrau und zwei Kinder leben nach wie vor im Herkunftsstaat des BF.

Die Identität des BF steht fest.

Der BF ist strafrechtlich unbescholten.

römisch II.1.2. Die Lage im Herkunftsstaat Pakistan

Zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in Pakistan werden folgende Feststellungen getroffen:

Politische Lage

Pakistan ist ein Bundesstaat mit den vier Provinzen Punjab, Sindh, Baluchistan, Khyber Pakhtunkhwa (ehemals North West Frontier Province) und den "Federally Administered Tribal Areas" (FATA). Die pakistanische Verfassung bestimmt, dass die vom Parlament beschlossenen Gesetze in den FATA nur gelten, wenn dies der Präsident explizit anordnet. Daneben kontrolliert Pakistan die Gebiete von Gilgit-Baltistan (die früheren "Northern Areas") und Azad Jammu & Kashmir (AJK - "freies Kaschmir"), den auf der pakistanischen Seite der Demarkationslinie ("Line of Control") zwischen Indien und Pakistan liegenden Teil Kaschmirs. Beide Gebiete werden offiziell nicht zum pakistanischen Staatsgebiet gerechnet. Gilgit-Baltistan hat im September 2009 eine Teilautonomie erhalten. Es war bislang von Islamabad aus regiert worden. AJK genießt ebenfalls Autonomie, ist aber finanziell und politisch von der Regierung in Islamabad abhängig (AA 10.2013a).

Die pakistanische Bevölkerung wird vom CIA World Factbook mit Stand Juli 2013 auf über 193 Millionen geschätzt. Pakistan ist damit der sechstbevölkerungsreichste Staat der Welt (CIA 11.9.2013).

Die gesetzgebende Gewalt in Pakistan liegt beim Parlament. Das Parlament besteht aus zwei Kammern, der Nationalversammlung und dem Senat. Daneben werden in den Provinzen Pakistans Provinzversammlungen gewählt. Die Nationalversammlung umfasst 342 Abgeordnete. 60 Sitze sind für Frauen, 10 weitere für Vertreter religiöser Minderheiten reserviert. Die Legislaturperiode dauert fünf Jahre (AA 10.2013a).

Im römisch 40 2010 wurde eine weitreichende Verfassungsreform verabschiedet, die von einem parteiübergreifenden Parlamentsausschuss seit Juni 2009 vorbereitet worden war. Ziel war es, zur Grundgestalt der unter Präsident Zulfikar A. Bhutto 1973 verabschiedeten Verfassung zurückzukehren, die nach zahlreichen Eingriffen der Militärherrscher Zia-ul Haq und Musharraf fast bis zur Unkenntlichkeit verändert worden war. Kernelemente der vorgenommenen Verfassungsänderungen sind eine Stärkung der Position des Ministerpräsidenten bei gleichzeitiger Einschränkung der Machtbefugnisse des Präsidenten, eine Stärkung des Föderalismus durch eine deutliche Ausweitung der Kompetenzen der Provinzen, eine Stärkung der Unabhängigkeit der Justiz durch ein neues Ernennungsverfahren für die obersten Richter und die Einführung zweier neuer Grundrechte: des Rechts auf Information und des Rechts auf Erziehung (AA 10.2013a).

Die Wahlbeteiligung bei den Parlamentswahlen am 11. Mai 2013 war überraschend hoch. In vielen Wahlkreisen blieben die Lokale wegen des großen Ansturms länger offen. Unter den Wartenden befanden sich ungewöhnlich viele junge Wähler und Frauen. Eine Wahlhelferin in einer zum Wahllokal umfunktionierten Mädchenschule in Rawalpindi, erklärte, eine so hohe Beteiligung habe sie in ihrer langen Karriere noch nie gesehen. Die Tehrik-e Taliban Pakistan hatten am Freitag einmal mehr zum Wahlboykott aufgerufen (NZZ 11.5.2013). Die mit der Al-Kaida verbündete TTP (Tehrik-e-Taliban Pakistan) hält die Wahl für unislamisch und hatte für den Wahltag Selbstmordanschläge angekündigt. Die Wahl fand deshalb unter großen Sicherheitsvorkehrungen statt, mehr als 620.000 Polizisten, Paramilitärs und Soldaten waren im Einsatz (Die Zeit 11.5.2013). Rund ein Drittel der Wahlkreise wurde als riskant eingestuft. Noch nie war eine Parlamentswahl in Pakistan so blutig wie diese. Doch die Wähler haben bewiesen, dass ihnen die Demokratie wichtig ist und sie sich von Extremisten nicht einschüchtern lassen (NZZ 11.5.2013).

Drohungen der Taliban hatten die Wahlkampagnen der ANP, der PPP (Pakistan People's Party), und der MQM (Muttahida Qaumi Movement) geschwächt. Ein Sprecher der Taliban warnte pakistanische Wähler, Veranstaltungen dieser säkularen Parteien fern zu bleiben. Alle drei Parteien sind säkular und waren in der Regierungskoalition. Die ANP, welche die Regierung in Khyber Pakhtunkhwa führte, war am stärksten betroffen. Die durch die Drohungen eingeschränkten Zugangsmöglichkeiten zu den Wählern erschwerten es für diese Parteien die Unbeliebtheit, die sie während ihrer Regierungszeit erlangten, wieder auszugleichen (BBC 5.4.2013).

Insgesamt starben zwischen 1. Jänner und 15.Mai laut Daten des Sicherheitsinstituts PIPS bei 148 Anschlägen, die spezifisch politische Führer, politische Aktivisten, Kandidaten, Parteibüros und Wahllokale betrafen, 170 Menschen in Pakistan. Die Hauptlast der Anschläge entfiel auf die bis zur Übergangsregierung in der Provinz Khyber Pakhtunkhwa regierende und an der nationalen Regierungskoalition beteiligte ANP, mit 37 Anschlägen, gefolgt von unabhängigen Kandidaten, der PPP und der in Karatschi regierenden MQM. Die konservativen Parteien blieben allerdings nicht verschont, Aktivisten und Kandidaten der Pakistan Muslim League-Nawaz (PML-N), der Pakistan Tehreek-e-Insaf (PTI), der islamistischen Jamiat Ulema-e-Islami, Jamaat-e-Islami, belutschische nationalistische Parteien sowie einige kleinere Parteien waren, etwas seltener, ebenfalls von Attacken betroffen (PIPS 5.2013).

Bei den Wahlen wurde die bisherige Regierungspartei Pakistan Peoples Party (PPP) von der Pakistan Muslim League-N (PML-N) unter Nawaz Sharif abgelöst. Die PML-N erreichte bei den Wahlen eine absolute Mehrheit der Mandate. Zweitstärkste Partei in der Nationalversammlung wurde die ehemalige Regierungspartei PPP, dicht gefolgt von der PTI des ehemaligen Cricket-Stars Imran Khan. Die MQM (Muttahida Quami Movement), mit ihren Hochburgen in den beiden Großstädten der Provinz Sindh, Karachi und Hyderabad, stellt jetzt die viertstärkste Fraktion im Parlament. Am 5. Juni 2013 wurde Nawaz Sharif vom Parlament zum Ministerpräsidenten gewählt. Es war das erste Mal in der Geschichte Pakistans, dass eine zivile Regierung eine volle Legislaturperiode (2008 - 2013) regieren konnte und dass der demokratische Wechsel verfassungsgemäß ablief (AA 10.2013a). Erst im Herbst 2008 war Pakistan zu demokratischen Verhältnissen zurückgekehrt, nachdem der seit 1999 regierende Militärherrscher Musharraf das Land verlassen hatte, um einem drohenden Amtsenthebungsverfahren zuvorzukommen (AA 2.11.2012).

Ebenfalls am 11. Mai 2013 fanden die Wahlen zu den vier Provinzversammlungen statt. In Punjab, der bevölkerungsreichsten Provinz (ca. 50% der Bevölkerung Pakistans), errang die PML-N mehr als zwei Drittel der Mandate. In Sindh konnte die PPP ihre Vormachtstellung verteidigen, in Khyber-Pakhtunkhwa errang die PTI die meisten Mandate und führt dort nun eine Koalitionsregierung. Die Regierung von Belutschistan wird nunmehr von einem Chief Minister der belutschischen Nationalistenpartei NP geführt, die eine Koalition mit PML-N und weiteren Parteien eingegangen ist (AA 10.2013a).

Am 30. Juli 2013 wählten beide Kammern des Parlaments und Abgeordnete der Provinzparlamente mit großer Mehrheit den PML-N Politiker römisch 40 zum neuen pakistanischen Staatsoberhaupt, der am 9. September 2013 vereidigt wurde. römisch 40 löst Asif Ali Zardari im Amt des Staatspräsidenten ab, der als erstes Staatsoberhaupt in der Geschichte Pakistans seine Amtszeit geordnet beenden konnte. Der verfassungsmäßige Machtübergang sowohl in der Regierung als auch im Amt des Staatsoberhaupts hat die Demokratie in Pakistan erheblich gestärkt (AA 10.2013a).

Ministerpräsident Nawaz Sharif hat wirtschafts- und finanzpolitische Themen sowie die Verbesserung der Beziehungen zu den Nachbarstaaten Afghanistan und Indien zu den Schwerpunkten seiner Amtszeit erklärt. Bereits wenige Monate nach seinem Amtsantritt rückt allerdings auch die Sicherheitslage in Pakistan, und insbesondere die Bedrohung durch die islamistischen Extremisten der pakistanischen Taliban (TTP), wieder in den Vordergrund. Eine Allparteienkonferenz am 9. September 2013 hat die Regierung einvernehmlich mandatiert, mit den Taliban in Gespräche einzutreten. Dieser Dialogansatz wurde allerdings bereits wenige Tage nach der Konferenz durch mehrere blutige Taliban-Anschläge in Frage gestellt (AA 10.2013a).

Sicherheitslage

Pakistan ist mit einer erheblichen terroristischen Bedrohung durch die Taliban und andere jihadistische Gruppen konfrontiert, die sich in den vergangenen Jahren zur zentralen Bedrohung des Landes entwickelt haben (AA 2.11.2012). Die pakistanischen Taliban, die Lashkar-e-Jhangvi, die Belutschistan Liberation Army und andere bewaffnete Gruppen zielen auf Sicherheitskräfte und Zivilisten, unter anderem Mitglieder religiöser Minderheiten, Mitarbeiter von Hilfsorganisationen, Aktivisten und Journalisten (AI 5.2013; vergleiche USDOS 19.4.2013). Die westlichen Grenzgebiete zu Afghanistan - Belutschistan, die FATA (Federal Administered Tribal Areas) und Khyber Pakhtunkhwa - leiden seit Jahren an Gewalt zwischen Militanten und Regierungskräften (Reuters 11.4.2013).

In den vergangenen Jahren hatten Taliban-Gruppen in Teilen der Stammesgebiete an der Grenze zu Afghanistan eigene Herrschaftsstrukturen etabliert und ihre extrem konservative Interpretation der Scharia durchgesetzt. Wesentliche Menschenrechte und Grundfreiheiten werden in diesen Gebieten verletzt. Dabei kommt es auch immer wieder zu Auseinandersetzungen mit Lashkars (Bürgerwehren der Stämme) (AA 2.11.2012). Das Heranziehen von Stammesmilizen, die die Menschenrechte verletzten, um militärische Ziele zu erreichen, ging auf Kosten der Rechte von IDPs und anderer Bürger (Brookings Institution 11.2011).

Das Hauptaugenmerk der Armee liegt mehr und mehr auf der Bekämpfung der Taliban und anderer jihadistischer Gruppen. Seit Ende römisch 40 2009 haben sich die militärischen Auseinandersetzungen zwischen dem pakistanischen Militär und den Taliban verschärft. Zuvor hatten die Taliban eine Vereinbarung mit der Provinzregierung von Khyber-Pakhtunkhwa im Februar 2009 genutzt, um die Herrschaft im Swat-Tal zu übernehmen und anschließend in zwei Nachbardistrikte vorzurücken. Mit einer Offensive im römisch 40 2009 beendete die Armee die Taliban-Herrschaft im Swat-Tal. Von römisch 40 bis Dezember 2009 wurden die Taliban aus Süd-Wasiristan (FATA) vertrieben, einer Region, die von ihnen jahrelang kontrolliert worden war (AA 10.2013a; vergleiche Reuters 11.4.2013). Die meisten Taliban-Kämpfer sind in entlegenere Gebiete der sog. "Stammesgebiete" ausgewichen. Gleichzeitig haben sie Pakistan im Jahr 2009 mit einer Welle von Terroranschlägen überzogen, die sich zumeist gegen Einrichtungen der Sicherheitskräfte richtete (Armee, Polizei und ISI), der aber auch viele unbeteiligte Zivilisten zum Opfer fielen (AA 2.11.2012).

Die pakistanische Regierung steht in dieser Auseinandersetzung vor großen Herausforderungen: Einerseits müssen, um die militärischen Erfolge zu konsolidieren und einer Rückkehr der Taliban vorzubeugen, in den zurück gewonnenen Gebieten funktionierende zivile Verwaltungsstrukturen etabliert werden, das gilt v.a. für das Rechtssystem. Außerdem muss die große Zahl der Binnenvertriebenen bewältigt und die wirtschaftliche Entwicklung dieser Gebiete vorangetrieben werden (AA 10.2013a). Schließlich wird die Verbreitung der Taliban in den Grenzgebieten auf Jahre der Vernachlässigung und schlechter Regierungsführung sowie auf die Unsicherheit in Afghanistan zurückgeführt (Reuters 11.4.2013).

In Teilen der FATA finden darüber hinaus weiterhin immer wieder Gefechte statt (AA 10.2013a). Die Armee führt hier Militäroperationen durch, um die Taliban und al Qaida Militante zu vertreiben. Dies vertreibt weiterhin Menschen aus der FATA, auch aus Gebieten, die offiziell als von Militanten befreit erklärt wurden (Reuters 11.4.2013).

Regierungsstrategie ist es, kurz vor Militäroperationen gegen Taliban die Bevölkerung der jeweils betroffenen Agency bzw. Region zu informieren, das bedeutet die Agency wird "notified". Nach den Militäroperationen wird die Zone "denotified" und damit vom Militär als sicher für die Rückkehr erklärt und somit für die Rückkehr freigegeben. Das Militär arbeitet in diesem Prozess mit den Zivilbehörden zusammen, die zum Teil bei der Rückkehr unterstützen (BAA 6.2013).

Die Taliban reagieren auf die Militäroperationen weiterhin mit Terroranschlägen, von denen v.a. Khyber-Pakhtunkhwa und die FATA betroffen sind, die sich aber auch gegen Ziele in pakistanischen Großstädten wie z.B. Karachi, Lahore und Faisalabad richten (AA 10.2013a; vergleiche Reuters 11.4.2013). Der regionale Schwerpunkt terroristischer Anschläge liegt allerdings sehr deutlich in Khyber-Pakhtunkhwa, den Stammesgebieten FATA und in Belutschistan; dort sind auch die meisten Opfer zu beklagen (AA 24.10.2013; vergleiche Reuters 11.4.2013). Die Anschläge zielen vor allem auf Einrichtungen des Militärs und der Polizei. Opfer sind aber auch politische Gegner der Taliban, religiöse Minderheiten, Schiiten sowie Muslime, die nicht der strikt konservativen Scharia-Auslegung der Taliban folgen, wie z.B. die Sufis (AA 10.2013a).

Insgesamt gab es im Jahr 2011 in Pakistan 1.966 terroristische Anschläge mit 2.391 Todesopfern. Terroristischen Anschläge, militärische Operationen, Drohnen, ethno-politische Gewalt, Gewalt zwischen verschiedenen Stämmen und grenzüberschreitende Gewalt zusammen genommen, wurden im Jahr 2011 in Pakistan bei 2.985 Zwischenfällen 7.107 Menschen getötet. Die Gewaltvorfälle gingen damit um 12% im Vergleich zu 2010 zurück (22% im Vergleich zu 2009), die Zahl der Todesopfer um 29% (PIPS 4.1.2012).

2012 führten militante nationalistisch und konfessionell motivierte Gruppen in Pakistan 1.577 Terrorattacken aus, welche 2.050 Menschen töteten, bei 501 Anschlägen gab es keine Opfer. In 202 sektiererischen - gegen andere muslimische Konfessionen gerichteten -Terrorakten verschiedener Gruppen, wie der TTP (Tehreek-i Taliban) wurden 537 Menschen getötet (PIPS 4.1.2013).

Terroranschläge, Operationen durch die Sicherheitskräfte und deren Zusammenstöße mit Militanten, ethnopolitische Gewalt, Drohnenangriffe, Gewalt zwischen den Stämmen und zwischen den Militanten, interreligiöse Zusammenstöße, religiös-kommunale Gewalt, grenzübergreifende Zusammenstöße und Attacken sowie Zusammenstöße zwischen kriminellen Banden bzw. zwischen diesen und der Polizei zusammengerechnet, wurden 2012 5.047 Menschen bei 2.217 solchen Gewaltvorfällen getötet. Der Trend eines Rückgangs der Anzahl der Vorfälle von Gewalt und Todesopfer, der 2010 begann, hielt 2011 und 2012 an (PIPS 4.1.2013).

Zielgerichtete Anschläge auf Personen oder Gruppen, die sich gegen die TTP aussprechen, hielten an. Neben Trauerumzügen wurden vermehrt auch Moscheen zu Anschlagszielen, die von Mitgliedern von Pro-Regierungsmilizen aufgesucht werden. Die Anschläge konzentrieren sich auf die Provinz Khyber-Paschtunistan (KPK) und die FATA (HSS 5.4.2012). Im dritten Quartal 2012 weitete die TTP ihre Angriffe auf pakistanische Sicherheitskräfte und ihre Einrichtungen aus. Nicht nur in der vorwiegend betroffenen Provinz Khyber-Pakhtunkhwa, sondern auch in anderen Landesteilen kommt es zu Anschlägen. Schiiten sind weiterhin Ziel von Angriffen (HSS 10.10.2012).

Die Taktiken der Terroristen waren divers, der größte Anteil aller Anschläge, 587 bzw. 37 Prozent, waren gezielte Tötungen (in diesem Wert sind 177 Fälle politisch motivierter gezielter Tötungen nicht inkludiert). Andere signifikante Taktiken waren u.a. improvisierte Sprengsätze (375) und ferngezündete Bomben (139) (PIPS 4.1.2013).

Bis Ende 2012 sind die Vorfälle von Terror und Gewalt, Terroranschläge und Opferzahlen insgesamt zurückgegangen. So führten staatliche Maßnahmen in einigen kritischen Regionen zur Verbesserung der Lage. Im Swat-Tal und in Südwasiristan ist ein Erfolg der Militäroperationen sichtbar. Den Drohnenangriffen der USA im Grenzgebiet zu Afghanistan fielen einige hohe Führer der Taliban zum Opfer, dies schadete besonders den strategischen Kapazitäten der Extremisten. Die Bevölkerung hat die Militanten satt. Der Staat geht gegen die Militanten vor, für eine substantielle Verbesserung der Unsicherheiten fehlt eine breitere, konsistente Strategie. Die distriktweise Auswertung der digitalen Datenbank zeigt allerdings, dass die roten Zonen, jene Distrikte, die von einer hohen Anzahl sicherheitsrelevanter Gewaltvorfälle betroffen sind, über die letzten Jahre zurückgegangen sind (BAA 6.2013).

Die Sicherheitsstruktur, die lange nicht den wachsenden Einfluss von Extremisten auf das Land erkennen wollte, sieht diesen nun formal als Bedrohung. Zwischen den einzelnen Behörden mangelt es jedoch an Koordination und Vertrauen. Die öffentliche Meinung ist noch geteilt, wie mit den Terroristen in den Stammesgebieten umgegangen werden soll. Trotzdem reduzierten die militärischen Offensiven im Swat und in Südwasiristan die Terror-Bedrohung. Ernste Sicherheitsherausforderungen bleiben der Anstieg der Gewalt zwischen den muslimischen Glaubensrichtungen; die verstärkten ethnopolitischen Spannungen in Karatschi; die TTP und ihre Verbündeten; die Situation in Belutschistan (PIPS 4.1.2013).

Die Regierung ergreift zum Schutz der Bevölkerung einige Maßnahmen. Das pakistanische Militär führte in der FATA Anti-Terrorismus Maßnahmen durch (USDOS 19.4.2013). 107 operative Militärschläge wurden im Jahr 2012 in dieser Region durchgeführt. 79 Suchoperationen gegen Terroristen verzeichnet PIPS für 2012 im ganzen Land, 27 in Khyber Pakhtunkhwa, 24 in der FATA, elf in Belutschistan und vier im Sindh. Dabei wurden hohe Mengen an Sprengstoff, Selbstmordjacken und Waffen gefunden. 1.287 mutmaßliche Militante wurden 2012 verhaftet, allerdings nur wenige davon verurteilt. Oft werden Verdächtige ohne Verfahren verhaftet oder aufgrund mangelnder Beweise wieder freigelassen (PIPS 4.1.2013). Es wurden auch Maßnahmen ergriffen um die Verbindungen zwischen den Terroristen zu schwächen und Rekrutierungen durch militante Organisationen zu verhindern. Große Waffenarsenale wurden in städtischen Gebieten, wie Islamabad und Karatschi, ausgehoben, Gang-Mitglieder und TTP Kommandanten, die logistische Unterstützung für Militante in Stammesgebieten boten, wurden in Karatschi verhaftet, Selbstmordattentäter wurden vor der Tat verhaftet und Anschlagspläne vereitelt (USDOS 19.4.2013). Mindestens 14 Anschläge konnten z.B. auch im August 2013 vereitelt werden (PIPS 11.9.2013). Ein weiterer Weg der Bekämpfung ist die Kontrolle und Beschneidung des internationalen Geldflusses zu diesen Organisationen (BAA 6.2013).

Die Vorwahlzeit war allerdings von überdurchschnittlich stark ausgeprägter terroristischer Gewalt geprägt. Militante Kräfte versuchten die politische Lage zu destabilisieren, um die Wahlen zu verhindern. Bereits zum Jahresende 2012 kulminierten Anschläge und Attentate in einer Gewaltwelle. Obwohl Ende November landesweit die Sicherheitsmaßnahmen anlässlich des Aschura-Festes in einem außergewöhnlich starken Ausmaß erhöht wurden, kam es zu zahlreichen Anschlägen, bei denen dutzende Menschen starben (BAA 6.2013). In einer landesweiten Welle der Gewalt starben in der vorletzten Woche des Jahres 2012 mindestens 75 Menschen durch Anschläge. Beobachter verbinden die drastische Zunahme der Gewalt mit den Parlamentswahlen. Auch im 4. Quartal 2012 standen viele Attentate im Zusammenhang mit dem Konflikt zwischen Sunniten und Schiiten. Die meisten Angriffe ereigneten sich in Karatschi, doch auch in der Provinz Belutschistan starben zahlreiche Menschen (HSS 17.1.2013).

Der Anstieg der Gewalt hielt 2013 weiter an. Die ersten beiden Monate 2013 verzeichneten darüber hinaus einen außergewöhnlich hohen Anstieg der interkonfessionellen Gewalt (BAA 6.2013). Mindestens 92 Tote, davon 86 Angehörige der schiitischen Hazara Minderheit, forderte ein Doppelanschlag in einer Billardhalle in einem Hazara-Viertel der belutschischen Provinzhauptstadt römisch 40 am 10. Jänner. Der Anschlag, zu dem sich die sunnitische Extremistengruppe Lashkar-i-Jhangvi bekannte, war der schwerste seit fast zwei Jahren und der blutigste Anschlag auf die schiitische Minderheit in Pakistan bisher (BAA 6.2013; vergleiche Spiegel 11.1.2013, Dawn 11.1.2013b). Insgesamt wurden im Jänner von PIPS 215 Anschläge mit 321 Toten verzeichnet (PIPS 13.2.2013; Anmerkung; wissenschaftliches Institut - zur Methodik siehe BAA 6.2013). Von der NGO CRSS wird nach ihrer endgültigen Auswertung die Zahl der Toten durch verschiedene Arten sicherheitsrelevanter Gewalt für Jänner mit 591 angegeben (CRSS 25.9.2013).

Für Februar 2013 verzeichnete PIPS 129 Terroranschläge mit 247 Toten, sowie insgesamt 492 Tote bei 183 unterschiedlichen relevanten Gewaltvorfällen in Pakistan. Sektiererische Anschläge stiegen im Februar, hauptsächlich in römisch 40 und Karatschi (PIPS 11.3.2013). Von CRSS wird nach der endgültigen Auswertung die Zahl der Toten durch sicherheitsrelevante Gewalt für Februar mit 454 angegeben (CRSS 25.9.2013). Allein bei einem erneuten Anschlag in einer überwiegend von schiitischen Hazara bewohnten Enklave in römisch 40 starben am 16. Februar mindestens 84 Personen. Es kam zu weiten Protestaktionen (BAA 6.2013; vergleiche NYT 17.2.2013).

Nach dem Höhepunkt im Jänner und Februar nahm diese interkonfessionelle Kategorie des Terrors in den nächsten beiden Monaten ab, im römisch 40 sank die Zahl signifikant. Nichtsdestotrotz traf ein weiterer der größeren Anschläge der Vorwahlzeit am 3. März ebenfalls die schiitische Minderheit, diesmal in Karatschi, 48 Menschen starben bei einem Anschlag auf ein schiitisches Viertel (BAA 6.2013). Insgesamt wurden im März laut PIPS 152 Terroranschläge in ganz Pakistan durchgeführt mit 220 Toten, zusammengenommen gab es 206 berichtete Vorfälle von Gewalt mit 504 Toten. Der Zuwachs geht hauptsächlich auf die nationalistische Gewalt in Belutschistan und die Taliban in Khyber Pakhtunkhwa zurück (PIPS 11.4.2013). Von CRSS wird nach der endgültigen Auswertung die Zahl der Toten durch Gewaltvorfälle für März mit 570 angegeben (CRSS 25.9.2013).

Im römisch 40 verzeichnete PIPS 198 Anschläge mit 183 Toten, insgesamt starben bei 253 relevanten Sicherheitsvorfällen 404 Personen in Pakistan. Entsprechend der Vorwahlzeit war ein hoher Anteil (56 Anschläge) auf politische Ziele - politische Parteien, Kandidaten, Wahlkampfbüros und Wahlveranstaltungen (PIPS 8.5.2013). Von CRSS wird die Zahl der Toten durch Gewalt für römisch 40 mit 429 angegeben (CRSS 25.9.2013).

Im Mai wurden vom PIPS 197 Terroranschläge in ganz Pakistan berichtet mit 242 Toten, alle sicherheitsrelevante Gewaltvorfälle zusammen forderten 514 Todesopfer (PIPS 13.6.2013). CRSS spricht für Mai von 622 Toten durch Gewalt (CRSS 25.9.2013). Unter den zivilen Opfern befand sich eine hohe Zahl politischer Kandidaten, politischer Aktivisten und Unterstützern aller Parteien (CRSS 18.6.2013; vergleiche PIPS 13.6.2013).

Zwischen 1. Jänner und 15. Mai starben insgesamt bei 148 spezifisch auf politische Führer, politische Aktivisten, Kandidaten, Parteibüros und Wahllokale gerichtete Anschlägen, laut Daten des Sicherheitsinstituts PIPS, 170 Menschen in Pakistan, die meisten davon im römisch 40 und Mai. Zusätzlich zu terroristischen Anschlägen wurden 97 Vorfälle von Gewalt und Zusammenstöße zwischen den Aktivisten und Anhänger verschiedener Parteien im selben Zeitraum aufgezeichnet, bei denen 128 Menschen starben (PIPS 5.2013).

Im Juni zählte PIPS 130 Anschläge mit 283 Toten und insgesamt 202 Gewaltvorfälle mit 510 Toten (PIPS 8.7.2013). CRSS gibt für Juni 616 Todesopfer durch Gewalt an (CRSS 25.9.2013).

Für Juli verzeichnete PIPS 122 Anschläge, die 208 Todesopfer forderten. Insgesamt gab es bei 179 verschiedensten Gewaltvorkommnissen 399 Tote (PIPS 8.8.2013). Nach der Auswertung wird die Zahl der Toten durch Gewalt von CRSS für Juli mit 572 angegeben (CRSS 25.9.2013).

Für August berichtet PIPS von insgesamt 124 terroristischen Anschlägen mit 171 Todesopfern. Alle sicherheitsrelevante Gewalt zusammen genommen starben in 227 Gewaltvorfällen 272 Menschen (PIPS 11.9.2013). CRSS verzeichnete im August 432 Todesopfer in verschiedenen Arten der Gewalt (CRSS 25.9.2013). Es gab insgesamt einen starken Rückgang der Gewaltvorfälle im August 2013, der Rückgang der im Wahljahr stark angestiegenen Gewalt begann ab Juni. In Khyber Pakhtunkhwa und FATA fiel die Gewalt stark, in Belutschistan und Sindh (Karatschi) nahm sie allerdings stark zu (CRSS 25.9.2013; vergleiche PIPS 11.9.2013).

Im September stiegen aufgrund zweier großer Anschläge in Peschawar die Opferzahlen in Khyber Pakhtunkhwa stark an. Insgesamt wurden im September landesweit 135 Anschläge mit 270 Toten verzeichnet, bei allen 219 Gewaltvorfällen zusammen 380 Tote (PIPS 14.10.2013). Von CRSS wurden 493 Todesopfer recherchiert (CRSS 21.10.2013).

Es werden 2013 immer wieder auch Schulen und andere Infrastruktureinrichtungen in der FATA, in Belutschistan und Khyber Pakhtunkhwa zerstört (z.B. CRSS 11.2.2013). Außerdem kommt es in Teilen von Khyber Pakhtunkhwa, FATA, Belutschistan und Karatschi 2013 immer wieder zu bewaffneten Zusammenstößen zwischen Sicherheitskräften und Militanten (z.B. PIPS 8.5.2013).

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Regionale Verteilung der Gewalt

Die verschiedenen Provinzen leiden an unterschiedlichen Formen und Intensitäten der Gewalt. Die Aktivitäten der Talibangruppen beschränken sich hauptsächlich auf den Nordwesten Pakistans, allerdings wurden sie in den letzten Jahren auch in der Wirtschaftsmetropole Karatschi sichtbar (CRSS 13.7.2013). Die westlichen Grenzgebiete sind geplagt von Gewalt. Die Gebiete, die in erster Linie betroffen sind, sind Khyber Pakhtunkhwa und die FATA, die eine starke Talibanpräsenz aufweisen, sowie Belutschistan, in dem militante Stammesgruppen aufständische Gewaltakte verüben. Der Rest von Pakistan ist von sporadischen terroristischen Attacken betroffen, indem sich etwas der militanten Gewalt auch in andere Teile Pakistans ergießt mit Selbstmordanschlägen in den Städten und bewaffneten Attacken auf das Militär (Reuters 11.4.2013 vergleiche AA 24.10.2013).

Insgesamt divergiert somit die Sicherheitslage stark zwischen und innerhalb einzelner Provinzen. Der Vertreter des PIPS erläutert, dass die - mit um die 90 Millionen Einwohner bevölkerungsreichste Provinz Punjab als sicher eingestuft werden kann, auch Sindh ist sicher, mit Ausnahme von Karatschi, das ein Hotspot der Gewalt ist, außerdem versuchen terroristische Gruppen den Inneren Sindh zu infiltrieren. Islamabad gilt ebenfalls als relativ sicher. Doch Anschläge kommen auch in diesen Gebieten vor. Die paschtunischen Gebiete in Belutschistan sind relativ sicher, die belutschischen stark unsicher. In Khyber Pakhtunkhwa ist die Sicherheitslage kritisch - nur wenige Distrikte sind sicher, während andere schwer von Anschlägen gezeichnet sind. Belutschistan, die FATA, Khyber Pakhtunkhwa und die Metropole Karatschi sind somit die kritischen Gebiete Pakistans (BAA 6.2013). Auf Belutschistan, die FATA und Khyber Pakhtunkhwa entfielen im Jahr 2011 1.827 von insgesamt 1.966 terroristischen Anschlägen. Khyber Pakhtunkhwa wies dabei mit 890 die höchste Zahl an Todesopfern auf, die FATA mit 675 die höchste Zahl an terroristischen Anschlägen (612 Tote). In Belutschistan gab es 640 Anschläge (710 Tote), in Karatschi 58, in den anderen Teilen der Provinz Sindh 21, im Punjab 30, in Gilgit-Baltistan 26, in Islamabad 4 und in Azad Jammu und Kaschmir keine (PIPS 4.1.2012).

2012 wurde mit 474 die höchste Anzahl an Terroranschlägen aus Belutschistan berichtet. Die durch die Taliban und Militante heimgesuchten Khyber Pakhtunkhwa und die FATA waren die zweit- und drittbrisantesten Regionen des Landes mit 456 respektive 388 Terroranschlägen. 187 Terroranschläge wurden aus Karatschi gemeldet und 28 aus anderen Teilen Sindhs, 26 aus Gilgit Baltistan, 17 aus dem Punjab, einer aus Islamabad und keiner aus Azad Jammu und Kaschmir. Die meisten Todesopfer gab es dabei in den FATA und in Belutschistan (je 631 Tote). In Khyber Pakhtunkhwa gab es 2012 401 Tote, in Karatschi 272, im inneren Sindh 17, im Punjab 75, in Gilgit Baltistan 22, in Islamabad bei einem Anschlag einen Toten (PIPS 4.1.2013). In 28 von 36 Distrikten des Punjabs wurden 2012 keine Anschläge verzeichnet (BAA 6.2013).

Die regionale Differenzierung ist auch in der mit den Wahlen verbundenen gestiegenen Gewalt 2013 erkennbar. Stark betroffen waren die FATA, Khyber Pakhtunkhwa und Belutschistan, sowie Karatschi (BAA 6.2013).

Im Zeitraum zwischen Jänner und September 2013 verzeichnete PIPS im Punjab Anschläge und Todesopfer, in Islambad, Sindh -Karatschi, Khyber Pkt. Belut-schistan, FATA, Azad Kaschmir, Giligt-Balt.

Juni zählte PIPS 130 Anschläge mit 283 Toten und insgesamt 202 Gewaltvorfälle mit 510 Toten (PIPS 8.7.2013). CRSS gibt für Juni 616 Todesopfer durch Gewalt an (CRSS 25.9.2013). verzeichnete PIPS 122 Anschläge, die 208 Todesopfer forderten. Insgesamt gab es bei 179 verschiedensten Gewaltvorkommnissen 399 Tote (PIPS 8.8.2013). Nach der Auswertung wird die Zahl der Toten durch Gewalt von CRSS für Juli mit 572 angegeben (CRSS 25.9.2013).

Auch von den spezifischen, auf politische Aktivisten, Kandidaten oder Wahllokale durch PIPS vom 1. Jänner bis 15. Mai 2013 aufgezeichneten Anschlägen entfiel mit 50 die höchste Anzahl auf Khyber Pakhtunkhwa (55 Tote). 49 solcher Anschläge betrafen Belutschistan (19 Tote), 30 den Sindh (25 davon in Karatschi; 60 Tote), 12 die FATA (33 Tote), 7 den Punjab (3 Tote). Die ANP und die PPP wurden in fast jeder Region angegriffen, die MQM in Karatschi. Von den 97 zusätzlichen Vorfällen von Gewalt und Zusammenstößen zwischen Aktivisten und Anhängern verschiedener Parteien vom 1. Jänner bis 15. Mai 2013 betraf der überwiegende Anteil Karatschi (70 Vorfälle/ 90 Tote). 3 Zusammenstöße mit 7 Toten wurden aus dem übrigen Sindh, 9 mit 4 Toten aus Khyber Pakhtunkhwa, 9 mit 11 Toten aus dem Punjab und 6 mit 16 Toten aus Belutschistan gemeldet (PIPS 5.2013).

Quellen:

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PIPS - Pak Institute for Peace Studies (5.2013): Elections 2013:

Violence against Political Parties, Candidates and Voters

Reuters (11.4.2013): Pakistan violence, http://www.trust.org/spotlight/Pakistan-violence, Zugriff 21.9.2013

Wichtige Terrorgruppen

Taliban und andere militante Organisationen in Pakistan sind in inneren Konflikten, in regionalen Kämpfen (Afghanistan, Kaschmir) und im globalen Jihad aktiv. Sie sind lose koordiniert, teilen sich aber oftmals Ressourcen und Rekruten. Verschiedene militante Gruppen haben sich zur Tehrik-e-Taliban Pakistan (TTP), den pakistanischen Taliban, zusammengeschlossen (Reuters 11.4.2013). Die TTP ist der Hauptakteur von Instabilität im Land. Ziele der TTP sind neben Sicherheitskräften nunmehr auch die politische Führung und Friedensaktivisten. Die TTP kämpft mit internen Krisen. Ihre Stärke liegt in der Verbindung von externen und internen Terrorgruppen. Sie fungiert auch als Brücke zwischen internationalen (z.B. Al Qaeda) und lokalen Terrorgruppen - von den Punjabi Taliban bis zur Lashkar-e-Jhangvi (PIPS 4.1.2013).

Die TTP verfügt über eine Stärke von mindestens 30.000 Mitgliedern (Reuters 11.4.2013). Der Vertreter des PIPS erläutert, dass die TTP nicht über eine einheitliche Struktur verfügt und auch die vorhandene Struktur nicht mehr intakt ist. Jede Gruppe hat eigene Operationen. Die von der TTP ausgehende Gewalt konzentriert sich regional auf die Stammesgebiete, thematisch auf Parteien, Pro-Regierungsstämme, regierende Politiker, auf Pro-Regierungs-Älteste, Sicherheitskräfte, Moscheen, die von Sicherheitskräften aufgesucht werden oder in denen Imame oder Mullahs die Regierung unterstützen, Friedensaktivist/innen (wie Malala Yousafzai), Einrichtungen des Militärs und der Polizei, Minderheiten sowie Muslime, die nicht ihrer Scharia-Auslegung folgen. Ursprünglich waren Schiiten in den Stammesgebieten nicht Ziel der Taliban, dies hat sich geändert (BAA 6.2013). Die Awami National Party war das Hauptziel von TTP-Gewalt, einige Anschläge richteten sich gegen Führungspersonen und Aktivisten (PIPS 4.1.2013). Die Aktivitäten der Taliban beschränken sich hauptsächlich auf den Nordwesten Pakistans, allerdings wurden sie in den letzten Jahren auch in der Wirtschaftsmetropole Karatschi sichtbar (CRSS 13.7.2013, vergleiche Reuters 11.4.2013). Einige Taliban Gruppen haben Basen in Belutschistan (Reuters 11.4.2013).

Die TTP benutzt seit 2009 auch Entführungen von "high profile" Personen (u.a. reiche Geschäftsmänner, Akademiker, westliche Mitarbeiter von Hilfsorganisationen und Angehörige von Militärs) in den großen pakistanischen Städten, um Geldmittel zu lukrieren (Reuters 11.4.2013). Drei Mitglieder der TTP wurden im Juli in Islamabad festgenommen, da sie dort und in Khyber Pakhtunkhwa Geschäftsleute erpressten. Dies zeigt das Verschwimmen zwischen kriminellen Syndikaten und religiösen Militanten (CRSS 13.7.2013).

Außerhalb der TTP agieren lokale Taliban-Gruppen, die entweder mit der TTP in loser Verbindung stehen oder mit ähnlichen Zielen formiert wurden. Die meisten dieser Gruppen agieren in Khyber Pakhtunkhwa, hauptsächlich in Charsadda, Swabi, Nowshera und der Peripherie von Peschawar. Allerdings gebrauchen auch viele kriminelle Gruppen dieses Label. Die meisten dieser Gruppen sind klein und ihre Operationen sind auf ihre Umgebung begrenzt (BAA 6.2013).

Es gibt auch im Punjab sunnitische Terrorgruppen. Eine von diesen, die Lashkar-e-Jhangvi, zielt darauf ab, Schiiten aus Pakistan zu vertreiben (Reuters 11.4.2013). Sie ist in viele Gruppen zersplittert, deren Taktiken und Ziele sich von einem Gebiet zum anderem unterscheiden. Sie ist eine lokal orientierte Gruppe, ihre Zielsetzung auf Schiiten richtet sich z.B. in Belutschistan vor allem gegen Hazara. Höhepunkt waren die Anschläge in römisch 40 im Jänner und im Februar 2013 (ca. 200 Tote) (BAA 6.2013) Die Punjabi Taliban sind eine eigene, von der TTP gesonderte Gruppe, doch unterhalten sie zu dieser Verbindungen. Ihre Ziele sind hauptsächlich Sicherheitskräfte und Schiiten. Sie agieren im Punjab wie terroristische Zellen, derzeit sind sie allerdings wenig aktiv (BAA 6.2013).

Hauptakteur nationalistischer Gewalt ist die Balochistan Liberation Army. Sie ist in Belutschistan aktiv, vereinzelt auch in Karatschi und in den Stammesgebieten des angrenzenden Südpunjabs. Weitere Beispiele belutschischer Terrororganisationen sind Lashkar-e-Balochistan, die Balochistan Liberation Front und die United Baloch Army. 2012 verübten auch Sindhi nationalistische Gruppen im Inneren Sindh Terrorakte (BAA 6.2013).

Quellen:

BAA - Bundesasylamt (6.2013): Bericht zur Fact Finding Mission Pakistan vom 8-16.3.2013 mit den Schwerpunkten Sicherheitslage, Religiöse Minderheiten Landrechte Medizinische und soziale Versorgung, Afghanische Flüchtlinge

BAA - Bundesasylamt (31.1.2011): Analyse der Staatendokumentation - Afghanistan / Pakistan - Extremistische Gruppierungen im afghanisch-pakistanischen Grenzgebiet

CRSS - Center for Research and Security Studies Pakistan (13.7.2013): Conflict Tracker Monthly Report (June 2013), http://crss.pk/?p=4555, Zugriff 18.9.2013

PIPS - Pak Institute for Peace Studies: Pakistan Security Report 2012, 4.1.2013,

http://san-pips.com/index.php?action=reports&id=psr_list_1, Zugriff 13.10.2013

Reuters (11.4.2013): Pakistan violence, http://www.trust.org/spotlight/Pakistan-violence, Zugriff 21.9.2013

Regionale Problemzone Belutschistan

Belutschistan umfasst 31 Distrikte. Die Einwohnerzahl beläuft sich auf ca. 8 Millionen. Es ist flächenmäßig die größte, gleichzeitig allerdings die am geringsten besiedelte, am wenigsten entwickelte und ärmste Provinz Pakistans. Mehrere nationalistische Gruppen greifen zu Terror um eine Unabhängigkeit zu erreichen (BAA 6.2013). So sind militante Stämme in einem Aufstand auf niederschwelligem Niveau aktiv, um größere Kontrolle über die Ressourcen (Bodenschätze) und die politische Macht bzw. politische Autonomie zu erhalten (Reuters 11.4.2013).

Belutschistan zählt zu den kritischen Regionen Pakistans, besonders die belutschischen Gebiete in Belutschistan sind stark unsicher, während die paschtunisch besiedelten etwas sicherer sind. Aus Belutschistan, welches seit Jahren ein Unruheherd nationalistischer Rebellen und interkonfessioneller Gewalt ist, wurde die höchste Anzahl an Terroranschlägen und Todesopfer 2012 berichtet. Die separatistisch-nationalistische und die interkonfessionelle Gewalt haben in Belutschistan zugenommen. 631 Personen wurden in der Region bei 474 Terroranschlägen getötet. Hauptakteur nationalistischer Gewalt ist die Belutschistan Liberation Army. Weitere Beispiele belutschischer Terrororganisationen sind Lashkar-e-Balochistan, Balochistan Liberation Front und United Baloch Army (BAA 6.2013). Hauptziel dieser Aufständischen waren Sicherheitskräfte (30 % aller Anschläge), nicht-belutschische Siedler, Pro-Regierungs-Stammesmitglieder und politische Aktivisten, sowie Infrastruktureinrichtungen, wie Gas-Pipelines, Bahngleise und elektrische Leitungen (PIPS 4.1.2013). Die Anschläge auf Erdgas- und Stromleitungen führten zu schweren Versorgungsengpässen in der Provinz. Bei religiös motivierten Angriffen der Splittergruppe Lashkar-e-Jhangvi und anderer Extremistengruppen auf Schiiten kamen 2011 insgesamt mindestens 280 Menschen zu Tode oder wurden verletzt (AI 24.5.2012).

In Belutschistan fanden 2011 615 der insgesamt 1.887 von HRCP registrierten Angriffe terroristischer und extremistischer Gruppen statt (HRCP 3.2012; für ihren Jahresbericht 2012 verwendet HRCP die Daten von PIPS). PIPS berichtete für 2011 von 640 Anschlägen mit 710 Toten (PIPS 4.1.2012).

Besonderes Ziel in Belutschistan ist die schiitische Hazara-Minderheit, an der sich mehrere Kategorien des Terrors kreuzen (BAA 6.2013). Sunnitische extremistische Bewaffnete attackieren in römisch 40 systematisch Angehörige der Hazara. Es gab keine Verhaftungen, was schwere Vorwürfe gegen die Regierung hervorruft. Hauptdrahtzieher ist die Lashkar-e-Jhangvi. Die Angstkampagne hat viele Hazara gezwungen, sich in ethnische Enklaven am Rande der Stadt zurückzuziehen, wo bewaffnete Männer an Straßenecken Wache halten (NYT 3.12.2012). Die HRCP berichtet, dass mehr als 100 Hazara in Belutschistan 2012 getötet wurden (HRCP 3.2013).

Am 10. Jänner 2013 starben mindestens 92 Menschen, davon 86 schiitische Hazara, bei einem Anschlag in römisch 40 . Die sunnitische Extremistengruppe Lashkar-i-Jhangvi bekannte sich dazu. Bei einem erneuten Anschlag in einer überwiegend von schiitischen Hazara bewohnten Enklave in römisch 40 starben am 16. Februar mindestens 84 Personen (BAA 6.2013). Mindestens 28 Tote forderte ein weiterer Anschlag in Hazara Town in römisch 40 am 30. Juni 2013 (Dawn 1.7.2013).

Die Regierung hat im November 2009 ein Maßnahmenpaket zur Verbesserung der Situation in Belutschistan verabschiedet. Dazu zählt auch die Bereitschaft zum Dialog mit belutschischen Nationalisten, die wegen der Repressionen durch die Musharraf-Regierung ins Exil gegangen waren oder die Wahlen in Belutschistan boykottiert haben. Dennoch ist es bislang noch zu keiner grundlegenden Verbesserung der politischen Situation in Belutschistan gekommen; die politisch motivierten Gewalttaten gehen weiter (AA 2.11.2012). Die Roadmap zur Lösung des Konflikts sieht die Umverteilung der Rohstoffe vor. Die Kontrolle durch das Militär dauert jedoch weiter an, begleitet von regelmäßigen Berichten zu Menschenrechtsverletzungen (Reuters 11.4.2013).

Nach den nationalen Wahlen nominierte der neue Premierminister Nawaz Sharif den belutschischen Nationalisten Dr. Abdul Malik Baloch von der Nationalpartei zum Chief Minister von Belutschistan, obwohl die PML-N in der Provinzversammlung von Belutschistan in den Wahlen die Mehrheit erringen konnte. Die Ernennung wird als wichtiger Schritt der Stabilisierungsbemühungen von Nawaz Sharif angesehen (BAA 6.2013).

Quellen:

AA - Auswärtiges Amt (2.11.2012): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Pakistan

AI - Amnesty International (24.5.2012): Annual Report 2012 - Pakistan, http://www.amnesty.org/en/region/pakistan/report-2012, Zugriff 10.10.2013

BAA - Bundesasylamt (6.2013): Bericht zur Fact Finding Mission Pakistan vom 8-16.3.2013 mit den Schwerpunkten Sicherheitslage, Religiöse Minderheiten Landrechte Medizinische und soziale Versorgung, Afghanische Flüchtlinge

Dawn (1.7.2013): römisch 40 , Peshawar rocked by blasts: Suicide bomber kills 28 Hazara men and women,

http://beta.dawn.com/news/1021939/XXXX-peshawar-rocked-by-blasts-suicide-bomber-kills-28-hazara-men-and-women, Zugriff 9.10.2013

HRCP - Human Rights Commission of Pakistan (3.2012): State of Human Rights in 2011,

http://hrcp-web.org/hrcpweb/wp-content/pdf/AR2011-A.pdf, Zugriff 10.10.2013

HRCP - Human Rights Commission of Pakistan (3.2013): State of Human Rights in 2012,

http://hrcp-web.org/hrcpweb/wp-content/pdf/AR2012.pdf, Zugriff 2.9.2013

HRW - Human Rights Watch (31.1.2013): World Report 2013 - Pakistan, http://www.ecoi.net/local_link/237129/360003_de.html, Zugriff 15.10.2013

NYT - New York Times (3.12.2012): Pakistan Reels with Violence against Shiites,

http://www.nytimes.com/2012/12/04/world/asia/pakistans-hazara-shiites-under-siege.html?pagewanted=all&_r=0, Zugriff 9.9.2013

PIPS - Pak Institute for Peace Studies (4.1.2012): Pakistan Security Report 2011, http://san-pips.com/download.php?f=108.pdf, Zugriff 13.10.2013

PIPS - Pak Institute for Peace Studies (4.1.2013): Pakistan Security Report 2012,

http://san-pips.com/index.php?action=reports&id=psr_list_1, Zugriff 13.9.2013

Reuters (11.4.2013): Pakistan violence, http://www.trust.org/spotlight/Pakistan-violence, Zugriff 21.9.2013

Rechtsschutz/Justizwesen

Die Justiz hat ihre Unabhängigkeit zurückgewonnen und bemüht sich, den Rechtsstaat in Pakistan zu stärken (AA 2.11.2012). Das pakistanische Justizwesen behauptete auch 2012 weiterhin seine Unabhängigkeit von der Regierung (HRW 31.1.2013).

Erhebliche Schwächen bei der Durchsetzung des geltenden Rechts bestehen allerdings fort. Nach dem Index des "World Justice Project" zur Rechtsstaatlichkeit gehört Pakistan zu den Ländern mit großen Defiziten in diesem Bereich. Teil römisch VII der Verfassung garantiert die Unabhängigkeit der Judikative, die zwar eine politische Stärkung erfahren hat, die aber insgesamt gesehen nach wie vor ineffizient und vor allem in den unteren Gerichtsinstanzen auch weitgehend wirkungslos ist (AA 2.11.2012). In der Praxis ist die Justiz oft von externen Einflüssen, wie der Angst vor Repressionen bei Fällen von Terrorismus, beeinträchtigt. Viele Gerichte unterer Instanzen bleiben korrupt, ineffizient und Opfer des Drucks prominenter wohlhabender, religiöser und politischer Akteure. Die politische Ernennung von Richtern erhöht den Einfluss der Regierung auf die Justiz (USDOS 19.4.2013).

Die erwähnte weitverbreitete Korruption vor allem unterer Gerichtsinstanzen in Zusammenhang mit einem veralteten Prozessrecht sowie überlasteten und überforderten Strafverfolgungsbehörden führen zu einer Vielzahl unerledigter Fälle, langen Inhaftierungen ohne gerichtliches Verfahren oder nach Fehlurteilen, da Beweissicherungen nicht möglich sind (AA 2.11.2012; vergleiche USDOS 19.4.2013). Laut dem Obersten Richter gab es 1,6 Millionen ausstehende Verfahren (USDOS 19.4.2013). Trotz der Annahme der "National Judicial Policy" 2009 blieb der Rückstand an Fällen auf allen Ebenen hoch, die Probleme der Korruption und Inkompetenz in den Gerichten weiterhin verbreitet (HRW 31.1.2013) und der Zugang zur Gerichtsbarkeit kostenintensiv und schwierig (AA 2.11.2012; vergleiche HRW 31.1.2013). Schließlich ist der Aufbau der Judikative mit unterschiedlichen Sondergerichten (z.B. Militär, Scharia, zur Bekämpfung des Terrorismus usw.) komplex und wird als nicht jedermann zugänglich empfunden (AA 2.11.2012).

Im Januar 2010 wurde der "Public Defender and Legal Aid Office Act (PDLAOA) 2009" verabschiedet. Das Gesetz soll insbesondere sicherstellen, dass alle Angeklagten unabhängig von ihren finanziellen Möglichkeiten gleichermaßen Zugang zu einem Rechtsbeistand vor Gericht und, soweit notwendig, Anspruch auf Armenrecht haben. Eine Implementierung des Gesetzes steht allerdings bislang noch aus (AA 2.11.2012).

Bei der Bearbeitung von unpolitischen Fällen werden der Hohe Gerichtshof und der Oberste Gerichtshof durch Medien und Öffentlichkeit generell als zuverlässig eingestuft (USDOS 19.4.2013). Der in den vergangenen Jahren durch die hartnäckige Verfolgung von Korruptionsvorwürfen aufgefallene Oberste Richter am Supreme Court of Pakistan, Justice Iftikar Chaudhry, scheint inzwischen auch ranghohe Angehörige des pakistanischen Militärs und Geheimdienstes nicht mehr zu schonen. Erstmals in der facettenreichen Justizgeschichte Pakistans wird die de facto Immunität von Armee- und Militärvertretern aufgehoben und - mit dem früheren Chef des pakistanischen Geheimdienstes (ISI) sowie dem früheren Oberbefehlshaber der pakistanischen Armee - Generälen in aller Öffentlichkeit der Prozess gemacht (HSS 10.10.2012). Im Juni 2012 entließ der Oberste Gerichtshof in einer kontroversen Entscheidung darüber hinaus Premierminister Gilani aufgrund der Weigerung an die Schweizer Behörden einen Aufruf zur Untersuchung von Korruptionsvorwürfen gegen Präsident Zardari zu übermitteln. Der Supreme Court war im Aufgreifen der Thematik von Regierungsmissbräuchen in Belutschistan aktiv. Allerdings wurde kein hoher Militär dafür zur Verantwortung gezogen. Der Gebrauch von suo motu [auf eigene Veranlassung] Gerichtsverfahren durch den Supreme Court war exzessiv. Der Oberste Gerichtshof und die Oberen Provinzgerichte begegneten Medienkritik mit Androhungen eines "Missachtung des Gerichts" Verfahrens (HRW 31.1.2013).

Im Zivil-, Kriminal- und Familiengerichtssystem gibt es öffentliche Verhandlungen, es gilt die Unschuldsvermutung, und es gibt die Möglichkeit einer Berufung. Angeklagte haben das Recht auf Anhörung und der Konsultation eines Anwalts. Die Kosten für die rechtliche Vertretung vor den unteren Gerichten muss der Angeklagte übernehmen, in Berufungsgerichten kann ein Anwalt auf öffentliche Kosten zur Verfügung gestellt werden. Angeklagte können Zeugen befragen, eigene Zeugen und Beweise einbringen und haben rechtlichen Zugang zu den Beweisen, die gegen sie vorgebracht werden (USDOS 19.4.2013).

Gerichte versagen oft dabei, die Rechte religiöser Minderheiten zu schützen. Gesetze gegen Blasphemie werden diskriminierend gegen Christen, Ahmadis und andere religiöse Minderheiten eingesetzt. Untere Gerichte verlangen oft keine ausreichenden Beweise in Blasphemiefällen, und einige Angeklagte oder Verurteilte verbringen Jahre im Gefängnis, bevor ein höheres Gericht ihre Freilassung anordnet oder ihren Schuldspruch aufhebt (USDOS 19.4.2013).

In Pakistan, insbesondere in feudalen und von Stämmen bewohnten Gebieten, existiert ein informelles, paralleles Rechtssystem, das Jirga und Panchayat System [Informelle Versammlungen von Älteren, welche über Dispute entscheiden]. Es hat keine rechtliche Deckung und man kann dagegen verfassungsrechtlich vorgehen. Viele Menschen in ländlichen Gegenden machen aber davon Gebrauch, da sie den Gerichten oder der Polizei misstrauen (Dawn 29.3.2013). Die Panchayats oder Jirgas werden von feudalen Landherren und lokalen Führern in Sindh und Punjab und Stammesführer in paschtunischen und belutschischen Gebieten, manchmal auch in Missachtung des Rechtssystems, abgehalten (USDOS 19.4.2013).

Die Gesetzeslage hinsichtlich der Jirgas ist jedoch unklar. Erkenntnisse des Supreme Courts und anderer Gerichte haben sie für illegal erklärt. Sie haben jedoch nicht definiert, was eine Jirga ausmacht und keine Strafen für die Teilnahme an einer solchen Ratssitzung festgelegt. Im pakistanischen Gesetzbuch existiert kein spezifisches Gesetz, das Jirgas verbieten würde. Jirgas sprechen regelmäßig Urteile aus, die selbst ein Verbrechen darstellen, wie die Erlaubnis, jemanden zu töten. Trotzdem scheuen sich die Behörden oft, gegen diese Räte vorzugehen, weil sie Stammesgemeinschaften in ihren Traditionen nicht verärgern wollen. Menschenrechtsaktivisten treten stark für eine Strafbarkeit der Teilnahme an Jirgas, die widerrechtliche Urteile und Strafen aussprechen, ein. Im März 2012 hielt der Oberste Richter des Verfassungsgerichtshofs die Führung der Provinzpolizei an, gegen Jirgas vorzugehen, die Zwangsheiraten als Kompensation anordneten (LAT 1.8.2012).

Zunehmend geht die Justiz gegen die Jahrhunderte alte Tradition der Jirgas oder Panchayats vor. Im Großteil des Landes werden Jirgas toleriert, aber nicht anerkannt durch die formalen Gerichte. Jirga Entscheidungen sind rechtlich nicht bindend - außer in den Stammesregionen an der afghanischen Grenze [FATA], solange sie nach den Gesetzen dieser Region gefällt werden - aber werden für gewöhnlich durch die Dorfgemeinschaft umgesetzt. Jirga Entscheidungen werden meist besser befolgt als solche von Gerichten. Wenn man nicht gehorcht, muss man das Dorf verlassen. In den letzten Jahren haben Richter begonnen, die Entscheidungen der meistens konservativen und nur von Männern abgehaltenen Jirgas zu untersuchen, allen voran Bestrafungen wie Tod, Vergewaltigung oder erzwungene Kinderheiraten. Richter gehen immer öfter gegen Jirgas vor, auch weil Medien sehr viel darüber berichten. Außerdem wenden sich immer mehr Menschen auch an die Gerichte, weil sie von erfolgreichen Verfahren gegen Jirgas hören. Seit 2005 wurden 60 Fälle der seit 2004 verbotenen, allerdings weiterhin verbreiteten Zwangsehen aufgehoben. Da viele Pakistanis allerdings Jirgas unterstützen, weil sie diesen eher vertrauen als den Gerichten, meinen einige NGOs, man müsste deren System verbessern und die Strafmöglichkeiten einschränken, anstatt sie zu verbieten (Reuters 14.3.2013).

Die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes und der Hohen Gerichte ist für einige Gebiete, die andere juristische Systeme haben, nicht zuständig (USDOS 19.4.2013).

Quellen:

AA - Auswärtiges Amt (2.11.2012): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Pakistan vom 2.11.2012

Dawn (29.3.2013): Jirga system and plight of women, http://dawn.com/2013/03/29/jirga-system-and-plight-of-women/, Zugriff 23.9.2013

HRW - Human Rights Watch (31.1.2013): World Report 2013 - Pakistan, http://www.ecoi.net/local_link/237129/360003_de.html, Zugriff 15.10.2013

HSS - Hanns-Seidel-Stiftung (10.10.2012): Quartalsbericht, Pakistan III/2012,

http://www.hss.de/fileadmin/media/downloads/QB/Pakistan_QB_2012_III.pdf, Zugriff 27.8.2013

LAT - Los Angeles Times (1.8.2012): Pakistan's tribal justice system: Often a vehicle for revenge, http://articles.latimes.com/2012/aug/01/world/la-fg-pakistan-jirga-justice-20120801, 23.9..2013

Reuters (14.3.2013): In Pakistan, ancient and modern justice collide,

http://in.reuters.com/article/2013/03/13/pakistan-jirgas-idINDEE92C0HM20130313, Zugriff 23.9.2013

USDOS - US Department of State (19.4.2013): Country Report on Human Rights Practices 2012 - Pakistan, http://www.refworld.org/docid/517e6df418.html, Zugriff 15.10.2013

Sicherheitsbehörden, inkl. Dokumente

Die polizeilichen Zuständigkeiten sind zwischen nationalen und regionalen Behörden aufgeteilt. Die Bundespolizei (Federal Investigation Agency, FIA) ist dem Innenministerium unterstellt. Sie ist zuständig für die Bereiche Einwanderung; organisierte Kriminalität; Interpol; Terrorismus- und Rauschgiftbekämpfung. Die Abteilung zur Terrorismusbekämpfung innerhalb der FIA ist der Counter Terrorism Wing (CTWI). In diesem Bereich sind auch die pakistanischen Geheimdienste ISI [Inter-Services Intelligence] und IB [Intelligence Bureau] aktiv. Die Rauschgiftbekämpfungsbehörde ANF untersteht einem eigenen Ministerium, dem Ministry for Narcotics Control. Bei der Rauschgiftbekämpfung wirken allerdings auch andere Behörden (z.B. Custom oder Frontier Corps) mit, wobei die Kompetenzen nicht immer klar abgegrenzt sind. Die einzelnen Provinzen verfügen über eigene Verbrechensbekämpfungsbehörden. Gegenüber diesen Provinzbehörden ist die FIA nicht weisungsbefugt (AA 2.11.2012).

Die Effizienz der Arbeit der Polizeikräfte ist pro Bezirk sehr unterschiedlich und reicht von gut bis ineffizient. Einige Mitglieder der Polizei verübten Menschenrechtsverletzungen oder ließen sich von politischen Interessen beeinflussen (USDOS 19.4.2013). Die Menschenrechtsverletzungen, derer die Sicherheitskräfte werden sind weitreichend (AI 5.2013). In der Öffentlichkeit genießt die vor allem in den unteren Rängen schlecht ausgebildete, gering bezahlte und oft unzureichend ausgestattete Polizei kein Ansehen. Dazu trägt die extrem hohe Korruptionsanfälligkeit ebenso bei, wie häufige unrechtmäßige Übergriffe (2011 wurden bei 254 Polizeieinsätzen 337 Verdächtige getötet und 71 verletzt) und Verhaftungen sowie Misshandlungen von in Polizeigewahrsam genommenen Personen. Illegaler Polizeigewahrsam - 2010 wurden 174 Fälle bekannt - und Misshandlungen durch die Polizei gehen oft Hand in Hand, um den Druck auf die inhaftierte Person bzw. deren Angehörige zu erhöhen, durch Zahlung von Bestechungsgeldern eine zügige Freilassung zu erreichen. Die Polizeikräfte sind oftmals in lokale Machtstrukturen eingebunden und daher nicht in der Lage, unparteiische Untersuchungen durchzuführen. So werden häufig Strafanzeigen gar nicht erst aufgenommen und Ermittlungen verschleppt (AA 2.11.2012). Neben diesen Vorwürfen gibt es auch solche des "Verschwinden Lassens". In den Stammesgebieten im Nordwesten des Landes verzerren Sicherheitskräfte Gesetze um Gerichte zu umgehen (AI 5.2013). Bei Anti-Terror-Operationen verletzen Sicherheitskräfte regelmäßig Grundrechte, Verdächtige werden oft ohne Anklage verhaftet oder ohne fairen Prozess verurteilt. Die Armee verweigert Anwälten, Verwandten, unabhängigen Beobachtern und humanitärem Personal weiterhin den Zugang zu Personen, die bei Militäroperationen verhaftet wurden (HRW 31.1.2013).

Die Polizei versagt häufig dabei, Minderheitenangehörige, wie Christen, Ahmadis und Schiiten vor Attacken zu schützen. Das häufige Versagen darin, Missbräuche zu bestrafen, trägt zu einem Klima der Straflosigkeit bei. Interne Ermittlungen und Strafen können bei Missbräuchen vom Generalinspektor, den Bezirkspolizeioffizieren, den "Bezirks-Nazims" [~Bezirksleiter], Provinzinnenministern oder Provinzministerpräsidenten, dem Innenminister, dem Premierminister und den Gerichten angeordnet werden. Die Exekutive und Polizeibeamte können in solchen Fällen auch Kriminalstrafverfolgung empfehlen, und die Gerichte können eine solche anordnen. Diese Mechanismen werden in der Praxis auch manchmal eingesetzt. Es gab Verbesserungen bei der Professionalität der Polizei. Wie im Jahr zuvor führte die Regionalregierung des Punjab regelmäßige Aus- und Fortbildungen der technischen Fertigkeiten und zum Schutz der Menschenrechte auf allen Ebenen der Polizei durch (USDOS 19.4.2013).

Die Islamabad Capital Police richtete eine Menschenrechtseinheit ein, um die Einwohner zu ermutigen, über Menschenrechtsverletzungen zu berichten (persönlich, per Telefon-Hotline oder Email). Außerdem wurden in allen Polizeistationen Menschenrechtsoffiziere bzw. Ansprechpartner aus der Gemeinde postiert. Diese können Polizeistationen jederzeit besuchen, Gefangene befragen und bei Berichten über Missbräuche disziplinäre Maßnahmen empfehlen. Rechtsdurchsetzungsorgane der föderalen und der Provinzebenen besuchten Trainings zu Menschen-, Opfer- und Frauenrechten. Zwischen 2008 und 2010 hat die "Society for Human Rights and Prisoners' Aid" mehr als 2.000 Polizeioffiziere in Menschenrechtsthemen fortgebildet (USDOS 8.4.2011).

Ein "First Information Report" (FIR) ist die gesetzliche Grundlage für alle Inhaftierungen. Die Befähigung der Polizei, selbst einen FIR zu initiieren, ist begrenzt. Oft muss eine andere Person dies tun. Dabei ist es gleichgültig, ob plausible Beweise vorliegen. Ein FIR erlaubt der Polizei, einen Verdächtigen 24 Stunden festzuhalten. Eine Verlängerung der Untersuchungshaft um weitere 14 Tage ist nach Vorführung vor einen Polizeirichter möglich, wenn die Polizei triftige Gründe anführt, dass eine solche Verlängerung für die Ermittlungen unbedingt notwendig ist. Einige halten sich nicht an diese Beschränkung. Es gibt Berichte, dass Staatsorgane entweder einen FIR ohne Beweise ausstellten, oder aber erst nach dem Erhalt von Bestechungsgeld (USDOS 19.4.2013).

Die Zahl der [pakistanischen, in Deutschland] vorgelegten inhaltlich ge- oder verfälschten Dokumente ist hoch. Es ist in Pakistan problemlos möglich, ein (Schein-)Strafverfahren gegen sich selbst in Gang zu bringen, in dem die vorgelegten Unterlagen (z.B. "First Information Report" oder Haftverschonungsbeschluss) echt sind, das Verfahren in der Zwischenzeit aber längst eingestellt wurde. Verfahren können zum Schein jederzeit durch einfachen Antrag wieder in Gang gesetzt werden. Ebenso ist es ohne große Anstrengungen möglich, Zeitungsartikel, in denen eine Verfolgungssituation geschildert wird, gegen Bezahlung oder aufgrund von Beziehungen veröffentlichen zu lassen (AA 2.11.2012).

Quellen:

AA - Auswärtiges Amt (2.11.2012): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Pakistan

AI - Amnesty International (5.2013): Annual Report 2013, The state of the world's human rights, Pakistan, http://www.amnesty.org/en/region/pakistan/report-2013, Zugriff 2.9.2013

HRW - Human Rights Watch (31.1.2013): World Report 2013 - Pakistan, http://www.ecoi.net/local_link/237129/360003_de.html, Zugriff 15.10.2013

USDOS - US Department of State (19.4.2013): Country Report on Human Rights Practices 2012 - Pakistan, http://www.refworld.org/docid/517e6df418.html, Zugriff 15.10.2013

USDOS - US Department of State (8.4.2011): Country Report on Human Rights Practices 2010 - Pakistan, http://www.refworld.org/docid/4da56d9c8e.html, Zugriff 15.10.2013

Folter und unmenschliche Behandlung

Die Verfassung verbietet Folter und andere grausame und unmenschliche oder degradierende Behandlung, aber es gab Berichte, dass Sicherheitskräfte, darunter die Geheimdienste, Personen in der Haft folterten und misshandelten. Gelegentlich führte Folter zum Tod oder zu schweren Verletzungen (USDOS 19.4.2013). So ist zu vermuten, dass bei den 2011 in Haft verstorbenen 92 Strafgefangenen in der Mehrzahl der Fälle Folter zum Tod beigetragen hat oder sogar die Todesursache gewesen ist. Folter ist im Polizeigewahrsam, aber auch in Gefängnissen weit verbreitet. Sie findet u.a. auch Anwendung, um bei polizeilichen Ermittlungen Geständnisse oder Kooperation zu erzwingen. In Fällen mit terroristischem Hintergrund oder von Landesverrat sind Berichte über die Anwendung von Folter durch die Sicherheitsdienste häufig; sie entziehen sich häufig der gerichtlichen Kontrolle. Unter Folter erzwungene Geständnisse werden zwar als Beweismittel vor Gericht grundsätzlich nicht zugelassen; dies gilt allerdings nicht nach dem Gesetz zur Bekämpfung des Terrorismus für Geständnisse gegenüber ranghohen Beamten und Offizieren. 2010 wurden 521 Fälle bekannt, in denen Frauen Opfer von Misshandlungen in Polizeigewahrsam wurden (AA 2.11.2012).

Im Gesetz gibt es keinen speziellen Abschnitt gegen Folter; es sanktioniert nur "Verletzen" und enthält keine Hinweise auf eine Bestrafung von Folterern. Laut der Asian Human Rights Commission trägt das Fehlen eines angemessenen Beschwerdezentrums und einer speziellen Sektion im Strafgesetzbuch gegen Folter zur Verbreitung bei (USDOS 19.4.2013). Folter wird von der Regierung offiziell verurteilt, doch ist die Strafverfolgung landesweit generell so unzureichend, dass es bisher selbst in Fällen von Folter mit Todesfolge so gut wie nie zu einer Verurteilung der Täter gekommen ist. In einer Reihe von Fällen wurde eine Strafanzeige erst nach gerichtlicher Intervention durch die Angehörigen der Opfer von der Polizei registriert. In einigen wenigen Fällen wurden Verantwortliche vom Dienst suspendiert und Untersuchungen angeordnet, an deren Ende aber in der Regel lediglich die Versetzung der Beschuldigten an eine andere Dienststelle stand. Die Gerichtsbarkeit unternimmt erst seit 2006 größere Anstrengungen, um Fälle von Folter aufzuklären und gegen die Verantwortlichen Strafverfahren einzuleiten (AA 2.11.2012).

Quellen:

AA - Auswärtiges Amt (2.11.2012): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Pakistan

USDOS - US Department of State (19.4.2013): Country Report on Human Rights Practices 2012 - Pakistan, http://www.refworld.org/docid/517e6df418.html, Zugriff 15.10.2013

Korruption

Die Korruption in allen Bereichen der öffentlichen Verwaltung, der Justiz und bei den Sicherheitsorganen ist weiterhin endemisch (AA 2.11.2012). Im Transparency International Corruption Perceptions Index 2012 nimmt Pakistan den 139. Platz von 174 Ländern ein (TI 5.12.2012).

Korruption ist bei den unteren Ebenen der Polizei üblich. Eine Umfrage von Tranparency International vom Juli 2010 besagt, dass der Hauptgrund für Korruption ein Mangel an Rechenschaftspflicht, gefolgt von niedrigen Gehältern, war. Einige Polizeiangehörige verlangen für die Annahme von Beschwerden Gebühren, oder sie nehmen falsche Beschwerden gegen Bestechungsgeld auf. Die Zahlung von Bestechungsgeld zur Vermeidung von Strafen ist üblich. Es gibt auch Einzelberichte zu Korruption im Gerichtssystem, wie etwa zu kleineren Zahlungen an Angestellte zur Beschleunigung von Verfahren. Die Gerichte unterer Instanzen sind korrupt. Korruption ist bei Politikern und in der Regierung weit verbreitet, verschiedene Politiker sind mit Korruptionsvorwürfen konfrontiert (USDOS 19.4.2013).

Das Gesetz sieht strafrechtliche Konsequenzen für Korruption von Staatsangestellten vor, jedoch wurde das Gesetz im Berichtszeitraum nicht effektiv umgesetzt und Behördenvertreter waren häufig ungestraft in korrupte Praktiken verstrickt. Die Nationale Rechenschaftsbehörde (NAB) dient als höchste Antikorruptionsorganisation mit einem Mandat um Korruption durch Vollstreckung, Bewusstseinsbildung und Prävention zu eliminieren (USDOS 19.4.2013).

Nachdem eine noch unter Musharraf eingeführte Amnestie aus dem Jahr 2007 unter anderem für Korruptionsanschuldigungen für die Zeit zwischen 1986 und 1999 vom Obersten Gerichtshof 2009 aufgehoben wurde, eröffnete dieser 8000 Fälle, unter anderem gegen [bis zu den Wahlen amtierende] Präsidenten, Minister und Parlamentarier. Im November 2012 kam die Regierung der Anordnung des Obersten Gerichts nach, an die Schweizer Behörden ein Amtshilfeersuchen über verschobene Gelder zu richten (USDOS 19.4.2013). Im Juni 2012 entließ der Oberste Gerichtshof in einer kontroversen Entscheidung Premierminister Zardari aufgrund der Weigerung an die Schweizer Behörden einen Aufruf zur Untersuchung von Korruptionsvorwürfen in Bezug auf Präsident Gilani zu übermitteln (HRW 31.1.2013).

Der durch die hartnäckige Verfolgung von Korruptionsvorwürfen aufgefallene Oberste Richter am Supreme Court of Pakistan, Justice Iftikar Chaudhry, eröffnete auch gegen den früheren Chef des pakistanischen Geheimdienstes (ISI) bzw. den früheren Oberbefehlshaber der pakistanischen Armee den Prozess (HSS 10.10.2012).

Das Gesetz erlaubt den Bürgern Zugang zu allen öffentlichen Berichten der föderalen Regierung und Behörden, nicht inkludiert sind Provinzregierungen und staatliche Firmen. Einige Berichte sind davon ausgenommen (USDOS 19.4.2013).

Quellen:

AA - Auswärtiges Amt (2.11.2012): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Pakistan

HRW - Human Rights Watch (31.1.2013): World Report 2013 - Pakistan, http://www.ecoi.net/local_link/237129/360003_de.html, Zugriff 15.10.2013

HSS - Hanns-Seidel-Stiftung (10.10.2012): Quartalsbericht, Pakistan III/2012,

http://www.hss.de/fileadmin/media/downloads/QB/Pakistan_QB_2012_III.pdf, Zugriff 27.8.2013

TI - Transparency International (5.12.2012): Corruption Perceptions Index 2012, http://www.transparency.org/cpi2012/results, Zugriff 26.8.2013

USDOS - US Department of State (19.4.2013): Country Report on Human Rights Practices 2012 - Pakistan, http://www.refworld.org/docid/517e6df418.html, Zugriff 15.10.2013

Nichtregierungsorganisationen (NGOs)

Menschenrechtsorganisationen können sich in Pakistan betätigen (AA 2.11.2012). Nationale und internationale Menschenrechtsorganisationen operieren ohne Behinderung seitens staatlicher Stellen, führen Untersuchungen von Menschenrechtsverletzungen durch und veröffentlichen deren Ergebnisse. Andere Gruppen, die über Themen in Zusammenhang mit Regierung, Militär oder Geheimdienste berichten, sind in ihren Aktivitäten mit Restriktionen konfrontiert (USDOS 19.4.2013).

In den letzten Jahren sind die Aktivitäten der Zivilgesellschaft wieder aufgeblüht und haben viel Aufmerksamkeit erhalten. Die Anzahl von lokalen, nationalen und internationalen NGOs ist stark angewachsen. Es gibt ein breites Spektrum - von international vernetzten Frauenrechts- bis zu eher konservativ-religiösen Organisationen. Bereits die Musharraf Administration suchte aktiv die Hilfe von Frauenrechtsorganisationen wie der Aurat Foundation oder der Shirkat Gah, um fortschrittlichere Gesetze wie die Frauenschutzverordnung von 2006 zu entwickeln. Lokale religiöse Gruppen intervenieren aber auch gegen Änderungen in den Blasphemiegesetzen (FH 4.11.2011). Laut dem aufgelösten Ministerium für soziale Wohlfahrt und Sonderpädagogik gibt es in Pakistan über 100.000 aktive NGOs. Die genaue Zahl ist aber unklar (USDOS 19.4.2013).

Weiblichen Mitarbeiterinnen von Hilfsorganisationen wird in vielen Teilen des Landes vorgeworfen, sich nicht an die kulturellen Normen zu halten, weil sie z.B. keinen Schleier tragen, andere Frauen zum Arbeiten ermutigen oder zusammen mit Männern arbeiten. Organisationen, welche sich für die Rechte der Frauen einsetzen sind mit besonderen Herausforderungen konfrontiert (USDOS 19.4.2013). In der pakistanisch verwalteten Kaschmirregion (Azad Kaschmir und Gilgit-Baltistan) können Nichtregierungsorganisationen, die zu humanitären Themen arbeiten, im allgemeinen frei agieren, während jene, welche sich auf politische oder Menschenrechtsthemen fokussieren mehr Kontrolle und gelegentlich auch Belästigungen erfuhren (FH 1.2013).

Visa für regierungskritische ausländische Mitarbeiter von Hilfsorganisationen wurden verzögert oder blockiert. Nur wenige NGOs hatten Zugang zu Khyber Pakhtunkhwa, FATA und Teilen Belutschistans. Regierungsstellen sind manchmal kooperativ, reagieren aber nur wenig auf die Ansichten dieser Gruppen. Sicherheitsbedrohungen sind für NGOs in FATA und Khyber Pakhtunkhwa ein Problem. Militante töteten zwischen 2009 und Ende 2012 mindestens 19 Mitarbeiter von Hilfsorganisationen und entführten mehr als 20 (USDOS 19.4.2013).

Die Situation unterscheidet sich in Pakistan sowohl regional, als auch für die einzelnen Menschenrechtsorganisationen, je nachdem wie groß ihr Bekanntheitsgrad ist. Die Human Rights Commission of Pakistan (HRCP) ist international stark vernetzt und bekannt, sie genießt auch in Pakistan Anerkennung, und damit Schutz. Die Arbeit ist somit für sie leichter. Kleine, unbekanntere Organisationen sind verletzlicher. An und für sich können Menschenrechtsorganisationen, insbesondere große wie HRCP, und Medien frei schreiben und tun dies auch. Es gibt viele Menschenrechtsorganisationen in Pakistan. In den Konfliktgebieten ist die Arbeit allerdings schwierig, hier erhalten Organisationen Drohungen von Militanten und es kommt auch in Einzelfällen zu Morden an Menschenrechtsaktivisten und Journalisten. 3 Mitarbeiter der HRCP wurden 2012 getötet, 2 in Belutschistan und 1 in Khyber Pakhtunkhwa (BAA 6.2013). Auch 2011 wurden drei Mitarbeiter der HRCP ermordet. Aufgabe der angesehenen NGO HRCP ist die Aufklärung und Bekämpfung von Menschenrechtsverletzungen jeder Art. In allen Landesteilen gibt es Provinzbüros und freiwillige Helfer, die Menschenrechtsverletzungen anzeigen oder ihnen angezeigte Fälle aufnehmen, Fakten sammeln und gegebenenfalls die Fälle der Justiz zuführen. Speziell für bessere Haftbedingungen und die Begnadigung von zum Tode Verurteilten sowie für die Suche nach vermissten Personen setzt sich z.B. der im Jahre 1980 gegründete Ansar Burney Welfare Trust International ein (AA 2.11.2012).

Quellen:

AA - Auswärtiges Amt (2.11.2012): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Pakistan

BAA - Bundesasylamt (6.2013): Bericht zur Fact Finding Mission Pakistan vom 8-16.3.2013 mit den Schwerpunkten Sicherheitslage, Religiöse Minderheiten Landrechte Medizinische und soziale Versorgung, Afghanische Flüchtlinge

FH - Freedom House (4.11.2011): Countries at the Crossroads 2011 - Pakistan,

http://www.freedomhouse.org/sites/default/files/inline_images/Pakistan%20final.pdf, Zugriff 15.10.2013

FH - Freedom House 1.2013 Freedom in the World 2013, Pakistani Kashmir,

http://www.freedomhouse.org/report/freedom-world/2013/pakistani-kashmir, Zugriff 24.10.2013

USDOS - US Department of State (19.4.2013): Country Report on Human Rights Practices 2012 - Pakistan, http://www.refworld.org/docid/517e6df418.html, Zugriff 15.10.2013

Ombudsmann

Es gibt einen Ombudsmann für Häftlinge mit einem Zentralbüro in Islamabad und einem in jeder Provinz. Obwohl ein Beschwerdesystem für Gefangene existiert, um Missstände aufzuzeigen, funktioniert dieses nicht effektiv (USDOS 19.4.2013).

Für Beschwerden gegen Menschenrechtsverletzung sind in den verschiedenen Provinzen Büros des Ombudsmannes eingerichtet, diese wurden in den letzten Jahren erweitert. Durch das neue Gesetz gegen sexuelle Belästigung wurde auch eine Ombudsperson gegen die Belästigung von Frauen am Arbeitsplatz eingerichtet, mit Büros in jeder Provinz (BAA 6.2013).

Quellen:

BAA - Bundesasylamt (6.2013): Bericht zur Fact Finding Mission Pakistan vom 8-16.3.2013 mit den Schwerpunkten Sicherheitslage, Religiöse Minderheiten Landrechte Medizinische und soziale Versorgung, Afghanische Flüchtlinge

USDOS - US Department of State (19.4.2013): Country Report on Human Rights Practices 2012 - Pakistan, http://www.refworld.org/docid/517e6df418.html, Zugriff 15.10.2013

Allgemeine Menschenrechtslage

Pakistan hat im Juni 2010 den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte sowie die Konvention gegen Folter ratifiziert. Nach der Ratifikation des Internationalen Pakts über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte im römisch 40 2008 hat Pakistan damit eine Reihe wichtiger menschenrechtlicher Kodifikationen ratifiziert (AA 10.2013a).

Der Schutz der Menschenrechte ist in der Verfassung verankert. Kapitel 1, Teil römisch II der Verfassung ist den Grundrechten gewidmet. Artikel 4, Paragraphen eins und 2 der Verfassung garantieren den Schutz der körperlichen Unversehrtheit und Selbstbestimmung, die nur auf der Basis der geltenden Gesetzgebung eingeschränkt werden dürfen, den Schutz vor willkürlicher Verhaftung, des persönlichen Ansehens sowie das Recht auf Freiheit und Eigentum. Artikel 9, der Verfassung verbietet willkürliche Verhaftungen und Tötungen ohne gesetzliche Grundlage (die Todesstrafe ist nach wie vor in Pakistan nicht abgeschafft). Artikel 24, Absatz 2, garantiert den Schutz vor willkürlicher Enteignung persönlichen Eigentums und Artikel 25, Paragraph eins, die Gleichheit aller Bürger vor dem Gesetz. Artikel 25, Paragraph 2, der Verfassung verbietet Diskriminierung auf Grund des Geschlechts. Zwischen Verfassungsanspruch und Wirklichkeit besteht eine erhebliche Diskrepanz (AA 2.11.2012, vergleiche AA 10.2013a).

Seit der Rückkehr zur Demokratie 2008 hat sich die Menschenrechtslage in Pakistan leicht verbessert, bleibt aber kritisch. Menschenrechtsverletzungen werden vom Staat in der Regel nicht angeordnet oder initiiert, die pakistanische Regierung bekennt sich zu den Menschenrechten. Es gelingt ihr aber aufgrund schwacher staatlicher Institutionen, auch im Justizbereich, oftmals nicht, Menschenrechtsverletzungen aufzuklären, Rechtsbrecher zur Verantwortung zu ziehen und gefährdete Personengruppen zu schützen (AA 2.11.2012). Auch die seit dem Ende der Militärherrschaft wiedererstarkte Judikative ist bisher noch nicht in der Lage gewesen, einen besseren gerichtlichen Schutz der Menschenrechte zu gewährleisten. In jüngerer Zeit bildet sich in den Städten eine bürgerliche Mittelschicht heraus, die zunehmend politisches Selbstbewusstsein entfaltet. Es ist dieser Teil der Gesellschaft, der die Anwaltsbewegung getragen hat, die sich schließlich erfolgreich für die Wiedereinsetzung des unter Präsident Musharraf 2007 abgesetzten Obersten Richters Iftikhar Chaudhry und eine unabhängige Justiz eingesetzt und damit den Rückzug Musharrafs eingeleitet hat (AA 10.2013a).

In der Menschenrechtsgesetzgebung ist es seit Ende 2011 v.a. im Bereich der Frauenrechte zu erkennbaren Fortschritten gekommen, diese wurden bislang aber nur teilweise umgesetzt (AA 10.2013a). Im Dezember 2008 wurde von der Regierung ein Gesetzentwurf zur Wiedereinrichtung einer staatlichen Menschenrechtskommission eingebracht. Am 4. Mai 2012 wurde das Gesetz zur Gründung der (unabhängigen, staatlich finanzierten) National Commission for Human Rights im Parlament verabschiedet (AA 2.11.2012). Das Gesetz sieht eine Kommission von 10 Mitgliedern vor, denen ein Richter vom Obersten Gerichtshof oder ein Menschenrechtsexperte vorsteht, ein Sitz ist für Frauen, einer für religiöse Minderheiten reserviert (USDOS 19.4.2013). Die Kommission soll die Kompetenz bekommen jede Institution für Menschenrechtsverbrechen zur Verantwortung ziehen zu können (USDOS 20.5.2013). Die Kommission ist zwar staatlich finanziert, soll aber unabhängig agieren können. Ihre Aufgabe ist die Untersuchung von Menschenrechtsverletzungen; die Kommission soll zudem Empfehlungen an die zuständigen Regierungsbehörden oder Gerichte aussprechen (AA 2.11.2012).

Die größten Probleme im Bereich Menschenrechte stellen extralegale Tötungen, "Verschwinden lassen" von Personen und Folter durch Sicherheitskräfte dar. Weitere Menschenrechtsprobleme sind unter anderem schlechte Haftbedingungen, außergerichtliche Haft, ein schwaches Kriminalstrafsystem, ein Mangel an juristischer Unabhängigkeit in den Gerichten unterer Instanzen, Korruption, Verletzung der Religionsfreiheit der Minderheiten, verschiedene Formen schwerwiegender Gewalt gegen Frauen, wie Ehrverbrechen sowie Diskriminierung. Gewalt und religiöse Intoleranz durch militante Organisationen tragen in einigen Teilen des Landes - in erster Linie Belutschistan, Khyber Pakhtunkhwa und FATA - zu einer Kultur der Gesetzlosigkeit bei (USDOS 19.4.2013).

Fälle von "Verschwinden lassen" (Journalisten, Aktivisten, Terrorverdächtige oder Stammesführer) durch die Sicherheitskräfte stammen überwiegend aus der Zeit der Militärdiktatur, kommen aber immer noch vor. 2011 hat die Menschenrechtskommission 62 neue Fälle registriert, davon 35 in Belutschistan und 20 in Sindh. Die im Jahre 2011 eingesetzte Commission on Missing Persons gibt an, dass 83 Personen wieder aufgefunden werden konnten (AA 2.11.2012).

Regierung und vor allem Justiz bemühen sich, Menschenrechtsverletzungen aus der Zeit der Militärherrschaft aufzuklären. Der Oberste Gerichtshof hat sich seit Anfang Januar 2010 der Thematik der "verschwundenen Personen" angenommen und damit Regierung und Sicherheitskräfte unter Druck gesetzt, die Aufklärung der ungeklärten Fälle zu beschleunigen (AA 2.11.2012). Der Oberste Gerichtshof erreichte durch ein beispielloses Vorgehen, 2012 einen noch nie dagewesenen Zugang zu einigen Opfern des Verschwinden Lassens. Ab Februar 2012 erschienen einige Entführte aus Belutschistan vor Gericht. Der Präsident des Obersten Gerichtshofs drohte den Mitarbeitern der Strafverfolgungsbehörden mit Haft, sollten sie keine rechtlichen Grundlagen für die Inhaftierungen in Belutschistan vorweisen können. Das Obere Gericht in Peschawar übte Druck auf die Behörden aus, die genauen Daten aller Häftlinge anzugeben, die in den nordwestlichen Stammesgebieten in "Sicherheitshaft" gehalten wurden. Kein aktiver oder ehemaliger Angehöriger der Sicherheitskräfte wurde wegen mutmaßlicher Verwicklung in diese oder andere Menschenrechtsverletzungen vor Gericht gestellt. Es gab allerdings weiterhin Berichte von Fällen von "Verschwinden lassen" im Land, insbesondere in Belutschistan und den nord-westlichen Stammesgebieten, wofür niemand vor Gericht gestellt wurde. Die UN Arbeitsgruppe zu erzwungenen Verschwinden durfte ihren ersten Besuch im Land abhalten, allerdings weigerten sich wichtige Amtsträger sich mit ihr zu treffen (AI 5.2013). Berichte zu außergerichtlichen Verhaftungen, in einigen Fällen mit Folter und Todesfällen sowie Fälle von "Verschwinden lassen" gibt es auch aus der pakistanisch verwalteten Kaschmir Region (FH 1.2013).

Außergerichtliche Tötungen kommen vor allem in Form der so genannten "police encounters" vor, d.h. bei Zusammenstößen zwischen mutmaßlichen Straftätern und der Polizei, die mit dem Tod des mutmaßlich Straffälligen enden. Als Begründung führt die Polizei regelmäßig an, dass die Opfer versuchten, aus dem Polizeigewahrsam zu flüchten oder bei ihrer Verhaftung von der Schusswaffe Gebrauch gemacht hätten. Willkürliche Festnahmen kommen insbesondere aufgrund der weit verbreiteten Korruption innerhalb der Polizei vor. Selbst bei offensichtlich unbegründeten Beschuldigungen kann eine lange Inhaftierung erfolgen, ohne dass es dabei zu einer Haftprüfung kommt. Beispiel hierfür sind die Blasphemiefälle. Die Regierung des Punjab hat verstärkt Haftprüfungen in den Gefängnissen der Provinz durchführen lassen, um bei Bagatelldelikten und überlanger Untersuchungshaft Abhilfe zu schaffen. Auch die Sicherheitsdienste greifen in Fällen mit terroristischem Hintergrund oder in Fällen von Landesverrat auf willkürlichen und rechtswidrigen Gewahrsam zurück (AA 2.11.2012).

Der Senat und die Ständigen Komitees der Nationalversammlung zu Recht, Justiz, Minderheiten und Menschenrechte hielten Anhörungen zu einer breiten Reihe von Problemen ab. Sie dienten als nützliches Forum, um das öffentliche Bewusstsein für solche Probleme zu wecken, doch ihre Tätigkeit war nicht viel mehr als eine breite Übersicht über die Problematiken (USDOS 19.4.2013).

Die Wahlen vom Mai 2013 brachten einen historischen Übergang von einer demokratisch gewählten Regierung zu einer anderen. Pakistan hat beeindruckende Fortschritte unter herausfordernden Umständen seit der Wiedererrichtung der Demokratie erreicht, um diese Fortschritte zu halten, so Human Rights Watch, muss Menschenrechtsverletzungen Einhalt geboten werden (HRW 23.8.2013).

Quellen:

AA - Auswärtiges Amt (2.11.2012): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Pakistan vom 2.11.2012, Stand: September 2012

AA - Auswärtiges Amt (10.2013a): Pakistan, Staatsaufbau/Innenpolitik,

http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Pakistan/Innenpolitik_node.html#doc344388bodyText3, Zugriff 14.10.2013

AI - Amnesty International (5.2013): Annual Report 2013, The state of the world's human rights, Pakistan, http://www.amnesty.org/en/region/pakistan/report-2013, Zugriff 2.9.2013

HRW - Human Rights Watch (23.8.2013): Pakistan: 10 Steps to Improve Human Rights,

http://www.hrw.org/news/2013/08/23/pakistan-10-steps-improve-human-rights, Zugriff 23.9.2013

FH - Freedom House 1.2013 Freedom in the World 2013, Pakistani Kashmir,

http://www.freedomhouse.org/report/freedom-world/2013/pakistani-kashmir, Zugriff 24.10.2013

USDOS - US Department of State (19.4.2013): Country Report on Human Rights Practices 2012 - Pakistan, http://www.refworld.org/docid/517e6df418.html, Zugriff 15.10.2013

USDOS - US Department of State (20.5.2013): International Religious Freedom Report for 2012 - Pakistan, http://www.ecoi.net/local_link/247481/371066_de.html, Zugriff 15.10.2013

Meinungs- und Pressefreiheit

Die Medienlandschaft ist breit und pluralistisch. In den letzten Jahren haben sich 75 private Fernsehsender neu etabliert, es gibt neue online-Magazine und neue Radiostationen. Selbst in den FATA an der Grenze zu Afghanistan gab es Ende 2011 trotz der schwierigen und gefährlichen Arbeitsbedingungen für Journalisten mindestens zwölf Presse-Clubs in Selbstorganisation mit dem Ziel, auch aus dieser Region die Medienberichterstattung zu verbessern. Die zahlreichen Medien können weitgehend frei berichten, Kritik an der Regierung ist möglich und verbreitet (AA 2.11.2012). Unabhängige Medien verleihen einer Vielzahl an Ansichten Ausdruck, Journalisten kritisieren oft die Regierung. Themen, über die früher nicht berichtet wurde (z.B. Verfolgung von Minderheiten), werden behandelt. Es gibt eine Vielzahl von unabhängigen englisch-, urdu- und regionalsprachigen Zeitung und Magazinen. Private Kabel- und Satellitenkanäle strahlen heimische Nachrichten aus und sind gegenüber der Regierung kritisch. Um in Azad Kaschmir zu publizieren, benötigt man eine Erlaubnis des Kaschmir Rates und des Ministeriums für Kaschmir Angelegenheiten (USDOS 19.4.2013).

Das Gesetz gewährt Rede- und Pressefreiheit, aber es gibt etwas Zensur. Es gab Fälle, bei denen die Regierung private Fernsehsender schloss, und die Ausstrahlung bestimmter Programme blockierte. Die diesbezüglichen Gesetze sind laut den Sendeanstalten vage und lassen Raum für Missbrauch. Außerdem führen Drohungen, Gewalt und Tötungen dazu, dass Journalisten und Redakteure Selbstzensur praktizieren (USDOS 19.4.2013). Ernste Drohungen von Sicherheitskräften und bewaffneten Gruppen gab es in erster Linie in Belutschistan, Sindh und den nordwestlichen Stammesgebieten (AI 5.2013). In Einzelfällen berichten Journalisten über Repressionen durch Regierungsstellen, dies betrifft vor allem Reaktionen auf Fälle von investigativem Journalismus gegenüber einzelnen Regierungsmitgliedern. Nicht geduldet wird auch eine ein bestimmtes Maß überschreitende Kritik an der Institution des Militärs oder den Sicherheitsdiensten. In diesen Fällen sehen sich Journalisten Repressionen ausgesetzt (AA 2.11.2012; vergleiche AI 5.2013). Ein Klima von Angst erschwert somit die Berichterstattung über das Militär und über militante Gruppen. Journalisten berichten selten über vom Militär begangene Menschenrechtsverletzungen bei Anti-Terroroperationen (HRW 31.1.2013; vergleiche USDOS 19.4.2013). Einschüchterungen oder Gewalt gehen auch von politischen Parteien aus (USDOS 19.4.2013).

Die Hauptgefahr für die Meinungsfreiheit und die freie Betätigung der Medien geht von nichtstaatlichen bewaffneten Gruppen wie den Taliban und mit ihnen verbündeten Gruppen sowie anderen religiös-extremistischen Gruppen aus. Sie setzen Morde, Entführungen und Einschüchterungen, auch gegenüber Familienangehörigen, ein, um missliebige Journalisten zu beseitigen oder mundtot zu machen. In von Taliban kontrollierten Gebieten ist eine Taliban-kritische Berichterstattung unmöglich, in den übrigen Landesteilen werden Taliban-kritische Journalisten gezielt bedroht und eingeschüchtert. Viele Journalisten aus der Provinz Khyber Pakhtunkhwa oder den FATA sind in die Städte Karachi, Lahore oder Islamabad geflohen und arbeiten von dort aus. Auch in Belutschistan ist die freie Betätigung der Presse sehr eingeschränkt und sehen sich Journalisten Drohungen und Einschüchterungen ausgesetzt. Urheber sind zumeist nichtstaatliche bewaffnete Gruppen oder kriminelle Banden. Insgesamt wurden 2011 landesweit mindestens zehn Journalisten getötet, vor allem in Belutschistan, Khyber-Pakhtunkhwa und den FATA (dort zwölf in den vergangenen zehn Jahren) (AA 2.11.2012; vergleiche USDOS 19.4.2013; HRW 31.1.2013).

Laut dem Committee to Protect Journalists wurden 2012 7 Journalisten in Pakistan getötet, laut Reportern ohne Grenzen 10, laut Asia Media Commission 13 (USDOS 19.4.2013). Laut HRW wurden acht Journalisten in Pakistan während des Jahres 2012 getötet. Dahingegen ging die Zahl an Einflussnahmen durch Behördenvertreter gegenüber regierungskritischen Journalisten auch dieses Jahr, wie jedes seit der Rückkehr zu einer Zivilregierung, weiter zurück (HRW 31.1.2013).

Artikel 19, der Verfassung garantiert die Meinungsfreiheit, stellt sie jedoch unter einen Gesetzesvorbehalt. Einschränkungen der Meinungsfreiheit sind danach zulässig zum Schutz der Integrität, Sicherheit oder Verteidigung von Pakistan oder zum Schutz des Islam ("in the interest of the glory of Islam") (AA 2.11.2012; vergleiche USDOS 19.4.2013). Die Blasphemiegesetze schränken die Rechte des Individuums auf freie Meinungsäußerung in Bezug auf religiöse Glaubenssätze ein. Politische Aktivitäten stehen unter Beobachtung der Regierung. Die Staatsbürger können die Regierung öffentlich oder privat kritisieren, doch Kritik am Militär ist eingeschränkt. Mitglieder von Studierendenorganisationen mit Kontakten zu politischen Parteien erzeugen eine Atmosphäre der Gewalt und Intoleranz, welche die akademische Freiheit ihrer Kommilitonen beeinträchtigt (USDOS 19.4.2013). In Azad Kaschmir sind politische Dissidenten Objekt von Überwachung, Belästigung und manchmal auch von Verhaftungen durch pakistanische Sicherheitskräfte (FH 1.2.3013).

Quellen:

AA - Auswärtiges Amt (2.11.2012): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Pakistan

AI - Amnesty International (5.2013): Annual Report 2013, The state of the world's human rights, Pakistan, http://www.amnesty.org/en/region/pakistan/report-2013, Zugriff 2.9.2013

FH - Freedom House 1.2013 Freedom in the World 2013, Pakistani Kashmir,

http://www.freedomhouse.org/report/freedom-world/2013/pakistani-kashmir, Zugriff 24.10.2013

HRW - Human Rights Watch (31.1.2013): World Report 2013 - Pakistan, http://www.ecoi.net/local_link/237129/360003_de.html, Zugriff 15.10.2013

USDOS - US Department of State (19.4.2013): Country Report on Human Rights Practices 2012 - Pakistan, http://www.refworld.org/docid/517e6df418.html, Zugriff 15.10.2013

Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit / Opposition

Die Versammlungsfreiheit wird durch die Verfassung garantiert, kann aber aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung eingeschränkt werden. Dies äußert sich teilweise durch die Anordnung von Sicherheitsverwahrung und durch massiven Gewalteinsatz der Polizei gegenüber Demonstranten. 2011 richtete sich eine wachsende Zahl von Demonstrationen gegen die sich ausweitende Energiekrise, einige Demonstrationen schlugen in Gewalt um. Nach Angaben der HRCP (Human Rights Commission of Pakistan) sollen bei der gewaltsamen Auflösung von Demonstrationen durch die Polizei 2011 mindestens zwölf Menschen ums Leben gekommen und 343 verletzt worden sein (AA 2.11.2012). Versammlungen von mehr als vier Personen können von den Distriktbehörden untersagt werden, wenn keine polizeiliche Genehmigung vorliegt. Das Gesetz erlaubt es der Regierung, alle Arten von Versammlungen, außer Begräbnisprozessionen, aus Sicherheitsgründen zu verbieten (USDOS 19.4.2013).

Das Recht auf Versammlungsfreiheit wird auch durch die Gefahr terroristischer Anschläge eingeschränkt, da der Staat nicht in der Lage ist, angemessenen Schutz zu gewähren (AA 2.11.2012).

Eine Einschränkung der politischen Opposition findet nicht statt. Politische Auseinandersetzungen werden jedoch vor allem in Karachi zum Teil gewalttätig ausgetragen (AA 2.11.2012).

Ein Maßnahmenpaket der Regierung zur Verbesserung der Situation in Belutschistan beinhaltet auch die Bereitschaft zum Dialog mit belutschischen Nationalisten. Dennoch ist es bislang noch zu keiner grundlegenden Verbesserung der politischen Situation in Belutschistan gekommen; die politisch motivierten Gewalttaten gehen weiter. 2011 wurde der Geltungsbereich der Political Parties Act auf die "Stammesgebiete" ("Federally Administered Tribal Areas", FATA) ausgedehnt. Seitdem dürfen - erstmals in der Geschichte Pakistans - politische Parteien dort aktiv werden (AA 2.11.2012). Der Geheimdienst Inter-Services Intelligence Directorate führt in der pakistanisch verwalteten Kaschmir Region ausführliche Überwachung, insbesondere von Unabhängigkeitsgruppen durch. Die Polizei unterdrückte in Azad Jammu und Kaschmir in den letzten Jahren regelmäßig Demonstrationen gegen die Regierung, in manchen Fällen auch mit Gewalt (FH 1.2013).

Die TTP (Pakistanische Taliban) warnte in der Vorwahlzeit vor Anschlägen auf "säkulare Parteien", wie das Muttahida Qaumi Movement (MQM), die Pakistan People's Party (PPP) und die Awami National Party (ANP) (Dawn 14.4.2013). Drohungen der Taliban schwächten die Wahlkampagnen von ANP, PPP, und MQM. Ein Sprecher der Taliban warnte in der Vorwahlzeit, dass pakistanische Wähler den Veranstaltungen dieser säkularen Parteien fern bleiben sollten. Die ANP, welche die Provinzregierungskoalition in Khyber Pakhtunkhwa führte, war am stärksten betroffen. Sie hat ihre Hauptbasis in Khyber Pakhtunkhwa, aber auch große Unterstützung in Karatschi. Alle drei Parteien waren in der Regierungskoalition. Die eingeschränkten Zugangsmöglichkeiten zu den Wählern machten es für diese Parteien schwierig ihre Unbeliebtheit, die sie während ihrer Regierungszeit erlangten, auszugleichen. Schränkte früher bei den Wahlen 2002 die Militärherrschaft säkulare Parteien ein - übernahmen dies bei den Wahlen 2013 die Taliban (BBC 5.4.2013). Die ANP musste herbe Verluste hinnehmen und errang nur einen Sitz in der Nationalen Versammlung, während es bei den Wahlen 2008 10 Sitze waren (TNI 14.5.2013). Durch die Nachwahl in einigen Distrikten gewann sie einen weiteren hinzu (Geo.Tv 23.8.2013).

Nach einem Anschlag mit Schusswaffen und Sprengstoff auf ein Büro der ANP im Gulshan-e-Bunair Gebiet im Juli in Karatschi schloss die ANP ihre Büros in der ganzen Stadt. 2 ANP Aktivisten wurden getötet. Die ANP hatte angenommen, dass nach den Wahlen keine Anschläge mehr folgen würden und die Sicherheitsvorkehrungen herunter gefahren (TET 23.7.2013). Die ANP ist eine Partei, die auf paschtunisch-ethnischer Zugehörigkeit basiert. Sie war Juniorpartner in der vorigen Föderalregierung und hielt die Macht in der Provinz Khyber Pakhtunkhwa. Über 100 ihrer Mitglieder wurden durch die Taliban seit 2008 getötet, sie ist das Hauptziel der Taliban unter den politischen Parteien (RFI 29.4.2013).

Quellen:

AA - Auswärtiges Amt (2.11.2012): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Pakistan

BBC (5.4.2013): Pakistan election: Taliban threats hamper secular campaign, http://www.bbc.co.uk/news/world-asia-22022951, Zugriff 16.9.2013

Dawn (14.4.2013): TTP attack kills ANP leader in Swat, injures candidate in Charsadda,

http://dawn.com/2013/04/14/anp-candidate-killed-in-swat-ied-blast/, Zugriff 30.9.2013

Geo.Tv (23.8.2013): By-polls - PML-N wins five NA seats, PPP three, PTI two,

http://www.geo.tv/article-114897-By-polls-PML-N-wins-five-NA-seats-PPP-three-PTI-two, Zugriff 9.10.2013

RFI - Radio France International (29.4.2013): Awami National Party - Pashtun party seeks national role, http://www.english.rfi.fr/asia-pacific/20130429-awami-national-party, Zugriff 16.9.2013

TET - The Express Tribune (23.7.2013): Awami National Party shuts down offices across Karachi following attack, http://tribune.com.pk/story/580512/awami-national-party-shuts-down-offices-across-karachi-following-attack/, Zugriff 16.9.2013

TNI - The News International (14.5.2013): Election results shock ANP workers and leaders alike,

http://www.thenews.com.pk/Todays-News-2-177237-Election-results-shock-ANP-workers-and-leaders-alike, Zugriff 8.10.2013

USDOS - US Department of State (19.4.2013): Country Report on Human Rights Practices 2012 - Pakistan, http://www.refworld.org/docid/517e6df418.html, Zugriff 15.10.2013

Haftbedingungen

Das Verhältnis der Zahl der Strafgefangenen zur Gesamtbevölkerung (geschätzt auf 164,6 Mio.) liegt bei 50:100.000 und ist damit gering. Ungefähr 74% der Häftlinge sind nicht zuletzt wegen der allgemein überlangen Verfahrensdauer Untersuchungshäftlinge; Mitte 2011 waren landesweit rund 1,35 Mio. unerledigte Strafverfahren anhängig. Dabei übersteigt die Dauer der Untersuchungshaft nicht selten das zu erwartende Strafmaß. Von der Möglichkeit, Untersuchungshäftlinge auf Kaution frei zu lassen, wird selten Gebrauch gemacht. Viele Untersuchungshäftlinge verfügen nicht über die finanziellen Möglichkeiten zur Stellung einer Kaution. Abhilfe soll hier der am 18.4.2011 vom Staatspräsidenten unterzeichnete Code of Criminal Procedure (Amendment) Act 2011 schaffen, der die Möglichkeiten der Entlassung von Untersuchungsgefangenen sowie von Strafgefangenen in überlangen Berufungsverfahren auf Kaution regelt (AA 2.11.2012).

Die Haftbedingungen sind oft sehr schlecht und entsprechen nicht internationalen Standards. Dies gilt verstärkt für Strafgefangene, die zum Tode verurteilt wurden. Nach Feststellung von UNODC und Human Rights Commission of Pakistan (HRCP) sind die Grundrechte der Strafgefangenen, insbesondere auf körperliche Unversehrtheit und Menschenwürde, nicht gewahrt. Menschenrechtsgruppen, welche die Haftbedingungen kontrollierten, fanden sexuellen Missbrauch, Folter und überlange Untersuchungshaft vor. Manchmal folterte und misshandelte die Polizei Personen in Haft und manchmal wurden außergerichtliche Tötungen durchgeführt (USDOS 19.4.2013). 2011 wurden mindestens 92 Todesfälle bei Strafgefangenen verzeichnet; mindestens 99 Strafgefangene wurden verletzt. Es gibt glaubhafte Berichte über Folterung und über erniedrigende Behandlung von Strafgefangenen. Entsprechend zahlreich waren auch 2011 Gefängnisrevolten; die pakistanische Menschenrechtskommission verzeichnet in ihrem Jahresbericht für 2011 sechs größere Gefängnisrevolten landesweit. Eine leichte Verbesserung gab es 2011 lediglich bei den Ausbildungsprogrammen für Strafgefangene. Gefangene, soweit sie nicht durch Bestechung des extrem korruptionsanfälligen Wachpersonals ihre Haftbedingungen verbessern können, sind in Blöcken mit ca. 50 Personen pro Schlafsaal inhaftiert. Betten und Matratzen sind nicht vorhanden und dürfen auch nicht mitgebracht werden. Die Gefangenen schlafen in Wolldecken eingewickelt auf dem Betonboden (AA 2.11.2012).

Unzureichende medizinische und Nahrungsversorgung in den Gefängnissen führte zu chronischen Gesundheitsproblemen und Unterernährung bei jenen, die nicht in der Lage waren, ihre Nahrung mit Hilfe von Familie oder Freunden zu ergänzen. Einrichtungen für Hygiene, Belüftung, Beleuchtung und Trinkwasserzugang waren inadäquat. Es existierte ein System für grundlegende medizinische Versorgung und Notfallversorgung aber dieses funktionierte nicht immer effektiv (USDOS 19.4.2013).

Haftanstalten sind chronisch überbelegt. Dies gilt insbesondere für die Gefängnisse im Punjab. Die landesweit 97 vorhandenen Einrichtungen sind für rund 42.000 Gefangene ausgelegt, tatsächlich waren dort aber rund 83.000 Personen (Stand römisch 40 2009) untergebracht; die Überbelegungsquote liegt bei 194%. Mit Verabschiedung der "National Judicial Policy" 2009 wurde zwar versucht, u.a. durch konsequentere Anwendung der gesetzlichen Bestimmungen zur Entlassung auf Kaution und zur Bewährung das Problem der Überbelegung der Gefängnisse in den Griff zu bekommen; eine deutliche Verbesserung der Lage war aber auch 2011 noch nicht festzustellen. (AA 2.11.2012). Eine andere Quelle - SHARP, eine NGO für Gefängnisinsassen - schätzte, dass 97.850 Personen in Haft waren bei einer landesweiten Kapazität der Gefängnisse von 36.000. Zwar konnte die Zahl der Häftlinge durch Umsetzung der Justizpolitik von 2009 und die Abarbeitung von Fällen stark reduziert werden, allerdings blieb Überfüllung ein Problem (USDOS 19.4.2013).

Es gibt eigene Frauengefängnisse, bei gemischten Gefängnissen sind Frauen- und Männerabteilungen voneinander getrennt. Die Zahl der weiblichen Strafgefangenen belief sich 2011 auf rund 900, von denen 408 in Untersuchungshaft und 149 zum Tode verurteilt waren. Wenn auch nicht in gleichem Grad wie bei den übrigen Haftanstalten, gibt es auch in den Einrichtungen für Frauen schlechte Haftbedingungen unter unzureichenden hygienischen Bedingungen und mangelhafter medizinischer Versorgung (AA 2.11.2012).

Jugendliche Straftäter waren oft in den gleichen Einrichtungen untergebracht wie Erwachsene, allerdings in anderen Abteilungen, wobei diese aber in Kontakt kamen und sie oft Opfer von Gewalt, Missbrauch oder Vergewaltigung wurden (USDOS 19.4.2013). Jugendgefängnisse existieren nicht. 2011 gab es rund 1.200 jugendliche Strafgefangene; davon waren nur 125 (8,3%) rechtskräftig verurteilt (AA 2.11.2012).

Rechtlich ungeklärt ist die Lage der ca. 2.500 Gefangenen aus den militärischen Operationen im Swat-Tal und in Süd-Wasiristan, die sich in der Gewalt des Militärs befinden. Zum einen fehlt es an einer eindeutigen auf ihren Fall anwendbaren Strafgesetzgebung, zum anderen gibt es weder ordentliche Strafanstalten noch ein funktionierendes Justizwesen in den vom Militär befreiten Gebieten. Das Militär hat im Swat Tal zur Rehabilitation radikaler Moslems vier "Deradikalisierungszentren", zwei für Männer und je eins für Frauen und Heranwachsende, eingerichtet. In dreimonatigen Kursen werden psychiatrische Behandlung und religiöse Unterweisung angeboten (AA 2.11.2012).

Es gibt einen Ombudsmann für Häftlinge mit einem Zentralbüro in Islamabad und einem in jeder Provinz. Obwohl ein Beschwerdesystem für Gefangene existierte, um Missstände aufzuzeigen, funktionierte dieses nicht effektiv. Nach einer Beschwerde muss der Beschwerdeführer im gleichen Gefängnis verbleiben, weshalb Gefangene schweigen. Inspektoren besuchen die Gefängnisse, allerdings nicht regelmäßig. Das Internationale Rote Kreuz durfte keine Gefängnisse in den Konfliktgebieten Khyber Pakhtunkhwa, FATA und Belutschistan besuchen, die Regierungen von Sindh, Gilgit-Baltistan und Azad Kaschmir erlauben dem Roten Kreuz unabhängiges Monitoring in Zivilgefängnissen, im Punjab stellte das Rote Kreuz die Kontrolle der Gefängnisse ein, da der Zugang nicht regelmäßig war. Behörden auf lokaler, Provinz- und nationaler Ebene erlauben einigen Menschenrechtsgruppen und Journalisten die Gefängnisbedingungen für jugendliche und weibliche Häftlinge zu beobachten (USDOS 19.4.2013).

Quellen:

AA - Auswärtiges Amt (2.11.2012): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Pakistan

USDOS - US Department of State (19.4.2013): Country Report on Human Rights Practices 2012 - Pakistan, http://www.refworld.org/docid/517e6df418.html, Zugriff 15.10.2013

Todesstrafe

Bei Verwirklichung von 27 verschiedenen Straftatbeständen kann die Todesstrafe verhängt werden, darunter Mord, Anstiftung zum Mord, Hochverrat, Spionage, Blasphemie (falls der Tatbestand der Prophetenbeleidigung gegeben ist), Besitz von und Handel mit mehr als 1 kg Rauschgift, gemeinschaftlich begangene Vergewaltigung, terroristischer Anschlag mit Todesfolge und Internet-Terrorismus ("cyber terrorism") mit Todesfolge. Zwingend vorgeschrieben ist sie bei Mord, Vergewaltigung und Blasphemie (falls der Tatbestand der Prophetenbeleidigung verwirklicht ist). Der unter die Todesstrafe gestellte Strafenkatalog geht weit über den nach dem Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte gesetzten Rahmen hinaus. Die Todesstrafe wird in Pakistan weiterhin verhängt, seit September 2008 ist sie wegen eines Moratoriums jedoch nicht mehr vollstreckt worden. (AA 2.11.2012) Im November 2012 allerdings ließen Militärbehörden römisch 40 hinrichten. Ihm wurden drei Morde zur Last gelegt. Gnadengesuche des Armeechefs und des Präsidenten waren abgelehnt worden. Damit wurde erstmals seit 2008 wieder ein Todesurteil in Pakistan vollstreckt. Die [damalige] Regierung distanzierte sich von der Entscheidung der Militärbehörden, das Todesurteil zu vollstrecken. Auch wenn es durch die Militärbehörden durchgeführt wurde, befürchten Aktivisten, dies könnte das Tor zur Wiederaufnahme von Hinrichtungen öffnen. Mehr als 8.300 Menschen saßen 2012 in der Todeszelle, einige von ihnen bereits seit zwei bis drei Jahrzehnten. Im Laufe des Jahres wurden 242 Todesurteile ausgesprochen (AI 5.2013).

In Revisionsverfahren wird die Todesstrafe oft in lebenslange Freiheitsstrafen, die gesetzlich auf 25 Jahre begrenzt sind, umgewandelt, insbesondere bei Verurteilungen wegen Mordes bei Zustimmung der Familie des Opfers. Während sich insbesondere Menschenrechtsgruppen für die Abschaffung der Todesstrafe aussprechen, gibt es erhebliche Widerstände seitens islamischer Kleriker sowie aus Teilen der Bevölkerung (AA 2.11.2012).

Die [neue] Regierung unter Nawaz Sharif hatte Anfang August 2013 eine Wiederaufnahme von Exekutionen angekündigt. Nach Kritik durch NGOs und der EU wurden die geplanten Exekutionen offiziell ausgesetzt und damit das Moratorium, das im Land seit 5 Jahren besteht, bestätigt (Agenzia Fides 29.8.2013).

Quellen:

AA - Auswärtiges Amt (2.11.2012): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Pakistan

Agenzia Fides (29.8.2013): Sharif's Pakistan stops the executioner, http://www.fides.org/en/news/34186-ASIA_PAKISTAN_Sharif_s_Pakistan_stops_the_executioner, Zugriff 12.9.2013

AI - Amnesty International (5.2013): Annual Report 2013, The state of the world's human rights, Pakistan, http://www.amnesty.org/en/region/pakistan/report-2013, Zugriff 2.9.2013

Religionsfreiheit

Laut CIA World Factbook mit Stand Juli 2013 sind 96,4 % der rund 193 Millionen Pakistanis (Schätzung) offiziell Muslime, davon 85-90 % Sunniten und 10-15% Schiiten (CIA 11.9.2013). Anhand der letzten Volkszählung von 1998 geben USDOS und BAMF die Aufteilung mit 75 % Sunniten und 25 % Schiiten an (USDOS 20.5.2013, BAMF 8.2011). Weniger als 5 % machen Hindus, Christen, Zoroastrier, Bahais, Sikhs, Buddhisten, Ahmadis und weitere Gruppen wie Kalasha, Kihal und Jainisten aus (USDOS 20.5.2013).

Der Secretary des Ministerium für Nationale Harmonie geht von circa 10 Millionen Minderheitenangehörigen aus, vier Millionen Christen, drei Millionen Hindus, 20.000 Sikhs, dazu Bahais und Parsen sowie Ahmadis. Insgesamt ist die Zahl der Nicht-Muslime in Pakistan stark zurückgegangen, bei der Staatsgründung machten sie noch 29 % der Bevölkerung aus, 1970 10 % und bei der letzten Volkszählung 1998 waren dies nur noch 3 %. Es ist nicht klar, ob dies auf Konversionen, Abwanderungen oder unterschiedliches Bevölkerungswachstum zurückgeführt werden könnte. Möglich ist auch, dass bei der Volkszählung der Anteil der Minderheiten nach unten redigiert wurde, um diesen weniger politische Repräsentation zugestehen zu müssen (BAA 6.2013).

Artikel 227 der Verfassung besagt, dass alle Gesetze mit den Regeln des Islams konform sein müssen, wobei der Artikel auch dezidierten Schutz der Rechte von Nicht-Muslimen vorsieht (Murad Ullah 1.-2.10.2012, vergleiche USDOS 20.5.2013).

Obwohl die Verfassung die Einrichtung adäquater Regelungen zum Schutz der religiösen Minderheiten und der freien Ausübung ihrer Religionen verlangt, begrenzen andere Bestimmungen der Verfassung und weiterer Gesetze diese Rechte. Die Verfassung und andere Gesetze schränken somit die Religionsfreiheit ein. In der Praxis setzte die Regierung diese Einschränkungen auch durch, insbesondere gegenüber Ahmadis. Die Verfassung erklärt den Islam zur Staatsreligion. Aufgrund einer diskriminierenden Gesetzgebung waren Minderheitenangehörige oft verängstigt, ihre Religion frei auszuüben und die Politik der Regierung bietet den Angehörigen der Minderheitenreligionen nicht denselben Schutz wie den Mehrheitsreligionsgruppen. Es gibt weiterhin Missbrauch der Blasphemie-Gesetzregelungen und anderer Gesetze, wie der "Anti-Ahmadiyya" genannten Gesetzesregelungen (USDOS 20.5.2013, vergleiche BAMF 8.2011). Diese Gesetze diskriminieren religiöse Minderheiten und bieten Anlass zur Strafverfolgung, wobei hier insbesondere die Strafandrohungen gegen die Ahmadiyya-Gemeinschaften zu nennen sind, die zudem auch bei der Ausübung ihres religiösen Glaubens behindert werden (AA 2.11.2012). Religiöse Minderheiten waren überproportional von Vorfällen betroffen, in denen private Individuen versuchten, die vage formulierten Blasphemiegesetze missbräuchlich gegen sie zu verwenden (AI 5.2013).

Es gibt keine offizielle Einschränkung zur Errichtung von Glaubensstätten, doch Behörden auf Distriktebene verweigerten regelmäßig die Genehmigung zur Errichtung von Glaubensstätten, insbesondere für Ahmadis. Minderheitenvertreter werfen Behörden Untätigkeit bei Übergriffen von Extremisten auf ihre Gebetsstätten vor. Die Religionszugehörigkeit wird in Pässen angegeben und bei einem Antrag auf eine Identitätskarte wird danach gefragt (USDOS 20.5.2013).

Angehörige religiöser Minderheiten wie Ahmadi, Hindu und Christen erfahren ein beträchtliches Risiko, wegen ihres Glaubens eingeschüchtert und gewaltsam angegriffen zu werden (AI 5.2013). Es gab viele Angriffe auf Versammlungen und religiöse Plätze von Ahmadis, Hindus, Sufis, Schiiten und Christen bei denen es zahlreiche Tote und große Zerstörungen gab. Es kam vermehrt zu Mobgewalt und Selbstjustiz (USDOS 20.5.2013). Die Lage der religiösen Freiheit hat sich im Berichtszeitraum verschlechtert (USCIRF 30.4.2013).

Minderheiten sind ein Ziel von Extremisten. Die Taliban haben eine repressive Interpretation des Islams, die Situation für Nicht-Muslime stuft die Human Rights Commission of Pakistan (HRCP) deshalb als kritisch ein. Kritischer sei sie allerdings für jene Muslime, bei denen sie denken, dass sie vom Glauben abgefallen sind. Die terroristische Gewalt zielt besonders auf Schiiten. UNHCR nennt die Lage der religiösen Minderheiten als eines der gröbsten Menschenrechtsprobleme Pakistans, insbesondere die Lage der Hazara, unter anderem aufgrund ihrer Zugehörigkeit zum Schiitentum. Gezielte Tötungen betreffen vor allem lokal bekannte Personen, die z.B. einflussreiche Positionen in ihrer Gemeinschaft haben oder angesehene Berufe, wie Ärzte und Rechtsanwälte. Durch die Anschläge der Terroristen entsteht Misstrauen zwischen den Religionen (BAA 6.2013, vergleiche AA 10.2013a).

Es gibt eine "Infrastruktur" von Hass und Gewalt - Zentren von Intoleranz, Organisationen die Hass verbreiten, Institutionen, die sie schützen sowie Interessensgruppen, die sich ökonomischen Vorteil aus der Diskriminierung von Minderheiten erwarten, führt der Vertreter der NCJP [National Commission for Justice and Peace] aus. Die NRJP geht davon aus, dass eigentlich Extremisten hinter Ausschreitungen stehen. Auch gibt es den Verdacht, dass hinter den Vorwürfen zu Blasphemie gegen Christen, Versuche einflussreicher Personen oder Gruppen stehen, sich Land anzueignen Einige lokale Führer zündeln und hetzten eine Menschenmenge auf. Es ist ein "Checks and Balance", eine Kontrolle der Moscheen notwendig, aber es mangelt an politischem Willen (BAA 6.2013).

Per Gesetz ist es Madrassen verboten interkonfessionellen oder interreligiösen Hass oder Gewalt zu propagieren. In der Praxis gibt es allerdings Kleriker, die Intoleranz predigen. Außerdem gibt es - wenige, aber einflussreiche - Madrassen, an welchen Gewalt oder Extremismus gepredigt werden. Um dies zu drosseln wurde 2002 vorgeschrieben, dass sich Madrassen in einem von fünf Verbänden registrieren lassen müssen und keine Finanzierung aus dem Ausland annehmen dürfen (USDOS 20.5.2013).

Im Alltag ist die Kommunikation relativ unproblematisch zwischen den Religionen, dies bestätigen alle Interviewpartner. Man heiratet häufig untereinander, versteht sich, lebt friedlich. Aber die Situation ist labil, so die Deutsche Botschaft. Wenn sich ein Vorfall ereignet und jemand die Leute aufhetzt, kann es zu Ausschreitungen kommen. Seit der Anwendung des Paragraph 295, C gegen Blasphemie traten zwei bis drei Vorfälle von Ausschreitungen auf, so wie im März 2013 gegen die christliche Gemeinde in Lahore. Die HRCP gibt an, dass trotz des grundsätzlich friedlichen Alltags die Gewaltvorfälle und die Spannungen zunehmen. Neben vereinzelten Ausschreitungen gegen christliche Siedlungen richten sich Demonstrationen mit Hetzkampagnen bestimmter extremistischer Gruppen immer wieder gegen Ahmadis. Es gäbe allerdings mehr Spannungen unter den Muslimen als zwischen Muslimen und den Minderheiten. Daneben kommt es auch immer wieder zu kleineren Gewaltakten gegen Einrichtungen und Glaubensstätten der Minderheiten. Die NCJP hat für 2012 für alle nicht-muslimische Minderheiten neun solcher Vorfälle gesammelt, in denen Gräber geschändet, sowie Kirchen, Tempel und Ahmadiyya Moscheen vandalisiert wurden, darunter die Brandstiftung an einer Kirche in Mardan, Khyber Pakhtunkhwa, im Zuge der Proteste gegen einen Mohammed beleidigenden US-Film (BAA 6.2013).

Bei Drohungen kümmert sich die Polizei oft nicht darum. Allgemein gibt es eine schlechte Performance der Polizei bei solchen Vorfällen, sie steht eher daneben, als dass sie eingreifen würde. Für die NCJP stellt sich die Lage so dar, dass Gewaltakte durch eine aufgebracht Menschenmenge ausbrechen können, da die Gewalttäter meistens nicht bestraft werden und damit eine abschreckende Wirkung fehlt. Das Rechtssystem ist für jeden gleich, meint allerdings HRCP, aber es gibt große Problemstellungen, die Polizei untersucht oft nicht genau. Bei Prozessionen, wie Palmsonntagprozessionen, werden als Prävention allerdings Polizeischutzmaßnahmen ergriffen (BAA 6.2013).

Gewalttäter gehen aufgrund von Korruption, lokalen Feudalstrukturen und der Ineffizienz der Justiz häufig straffrei aus (AA 10.2013a). Die begrenzte Kapazität und Willen der Regierung Täter der steigenden extremistischen Übergriffe gegen Minderheiten und Personen, die sich für Toleranz einsetzen, zu verfolgen, ließ ein Klima von Straflosigkeit zu (USDOS 20.5.2013).

Die religiöse Intoleranz hat zugenommen. Die Mehrheit befürwortet jedoch Toleranz und ist gegen Extremisten. Die Menschen wählen säkulare Parteien. Das Land hat auch positive Veränderungen in diesem Bereich gesehen. Bis vor einigen Jahren konnte man kaum über interreligiöse Toleranz sprechen. Schon Musharraf versuchte zu de-islamisieren, zwar nicht erfolgreich, doch der Prozess wurde durch die PPP forciert. Es ist heute möglich, vieles zu diskutieren, was vorher nicht ging. Es gibt unterschiedliche Organisationen in Pakistan, die für Toleranz und Zusammenarbeit zwischen den Religionen arbeiten (BAA 6.2013).

Im Alltag gibt es keinen aktiven Konflikt, aber es gibt Diskriminierung und Ungleichheit und dies ist die Basis für Disharmonie. Minderheiten treffen auf Diskriminierung im wirtschaftlichen und sozialen Bereich, in Bildung, Gesundheit und Regierung. Die Diskriminierungen gehen allerdings nicht in die Richtung einer tatsächlichen Abgrenzung (BAA 6.2013). Die meisten Minderheitengruppen, außer Schiiten, berichteten von Diskriminierungen bei Anstellungen. Auch der Karriere-Aufstieg von Minderheitenangehörigen im Staatsdienst ist anscheinend begrenzt, insbesondere für Ahmadis (USDOS 20.5.2013).

Die [bis März amtierende] Regierung unternahm einige Schritte um die interreligiöse Toleranz zu fördern (USCIRF 30.4.2013).

Das Nationale Ministerium für Interreligiöse Harmonie bzw. sein Vorgänger das Ministerium für Minderheiten wurde eigens für religiöse Minderheiten eingerichtet. Für die religiösen Belange der Muslime (Sunniten und Schiiten, die als Muslime nicht als Minderheit, sondern Teil der Mehrheit gelten) ist das Ministerium für religiöse Angelegenheiten zuständig. Hauptanliegen des Ministeriums für Harmonie ist die Förderung der Minderheiten und der interreligiösen Toleranz. Als spezielles Programm für Minderheiten gibt es ein eigenes Budget für die soziale Wohlfahrt und finanzielle Assistenz zur Förderung ärmerer Minderheiten. Der Erhalt und die Renovierung von Glaubensstätten der Minderheiten fallen ebenfalls in die Verantwortlichkeit des Ministeriums. Auf Provinzebene gibt es eigene "Departments of Interfaith". Die meisten funktionieren allerdings noch nicht, die Aufgaben werden noch vom nationalen Ministerium für Harmonie, dem Nachfolger des Minderheitenministeriums ausgeführt. Als Dialogforum zwischen den Religionsgemeinschaften wurde das "National Council of Interfaith Harmony" eingerichtet (BAA 6.2013, vergleiche USDOS 20.5.2013).

Die Bildungskampagne ist ein Fokus der NCJP und des Nationalen Ministerium für Harmonie. In der Lehrerausbildung, in den Lehrplänen und Schulbüchern wird versucht vorhandene Diskriminierung zu eliminieren und Toleranz zu fördern. Der Vertreter der PIL betont die Bedeutung der Zusammenarbeit zwischen den religiösen Führern unterschiedlicher Religionen, insbesondere muslimischen. Wenn ein bedeutender, muslimischer geistlicher Führer, wie der Vorsitzende des Pakistan Ulema Council, für interreligiöse Harmonie spricht, findet dies Gehör (BAA 6.2013).

2009 wurde in allen staatlichen Bereichen bei der Anstellung eine 5-Prozent-Quote für Minderheiten eingeführt. Diese wurde allerdings noch nicht erreicht und wird im Land ungleich umgesetzt. Auch auf Distriktebene wurden Komitees zur Interreligiösen Harmonie zur Förderung von Toleranz zwischen den Religionen eingerichtet (USCIRF 30.4.2013).

Im Mai wurde das Gesetz zu Einrichtung einer Nationalen Kommission für Menschenrechte vom Präsidenten unterzeichnet, ein Sitz von 10 in der Kommission soll für einen Vertreter der Minderheiten reserviert sein. Von den 342 Parlamentariern sind 13 Angehörige einer religiösen Minderheit. Im Senat sind vier der 104 Sitze für religiöse Minderheiten reserviert - je einer für jede Provinz. Reservierte Sitze für religiöse Minderheiten bestehen auch in den Provinzversammlungen, drei in Khyber Pakhtunkhwa, acht im Punjab, neun im Sindh und drei in Belutschistan. In den lokalen Regierungen ist ein Minimum von einem Sitz pro Zila (Distrikt) und pro Tehsil (~Bezirk) vorgesehen, in Belutschistan mindestens zwei (USDOS 20.5.2013, vergleiche Murad Ullah 1.-2.10.2012).

Für Beschwerden gegen Menschenrechtsverletzung sind in den verschiedenen Provinzen Büros des Ombudsmannes eingerichtet, Verletzungen der Rechte der Minderheiten fallen in ihren Zuständigkeitsbereich (BAA 6.2013).

In Pakistan finden sich nicht nur unterschiedliche Religionen, sondern viele Variationen der muslimischen Identität und der religiösen Intensität. Religiöse Intoleranz findet sich auch zwischen den muslimischen Sekten und innerhalb der sunnitischen Konfession, z.B. zwischen der Barelvi Sekte [auch Ahle Sunnat wal Jama'at], die sehr viel Sufi-Einfluss aufweist, aufgeschlossener ist und die Mehrheit der Pakistanis ausmacht, und der Deobandi, die islamistisch geprägt ist (BAA 6.2013). Die sunnitischen hanafitischen Barelvi Muslime hängen traditionellen Glaubenspraktiken, darunter auch der Verehrung von Heiligen (Sufis) und deren Gräber, an. Die Hanafiten sind mit 50% Anteil an der islamischen Bevölkerung die zahlenstärkste muslimische Gruppe in Pakistan. Die Barelvi werden von den Deobandi und den Ahle Hadith, zwei weiteren sunnitischen Glaubensrichtungen, wegen der Verehrung von Sufi-Heiligen sowie sonstiger Praktiken abgelehnt und von Extremisten unter diesen bekämpft. Auch die Barelvi lehnen die Anschauungen der anderen sunnitischen Sekten ab. Angehörige der sunnitischen hanafitischen Barelvi Muslime und Schiiten werden vielfach Opfer sunnitischer Extremisten, wobei sich diese Vorfälle meist in Städten abspielten. Häufig wurden Selbstmordattentäter auf schiitische Prozessionen angesetzt (BAMF 8.2011).

In Khyber Pakhtunkhwa kommt es zu interkonfessionellen Anschlägen auf Moscheen, in den Stammesgebieten zu Zusammenstößen zwischen schiitischen und sunnitischen Stämmen. In Karatschi setzen sich die Schiiten zur Wehr. Die Sipah-e-Muhammad Pakistan ist z.B. eine schiitische Gruppe, die in Karatschi in gezielte Tötungen an religiösen Führern und Aktivisten der verbotenen, terroristischen sunnitischen Sipah-e-Sahaba involviert ist. In Karatschi finden auch Schießereien zwischen schiitischen und sunnitischen Gangs statt. Im Sindh, außerhalb Karatschis, gibt es wenige interkonfessionelle Zwischenfälle. Im Punjab ebenfalls, aber es gibt dennoch vereinzelte Anschläge auf Schiiten. Interkonfessionelle Gewaltvorfälle sind im Punjab auch zurückgegangen. Schiiten leben vor allem in Lahore. In der Stadt sind die Kontrollen hoch und sie ist relativ unter Kontrolle der Sicherheitskräfte (BAA 6.2013). Klerikern, die als zur Gewalt anstiftend gesehen werden, wird während Muharram die Einreise in viele Distrikte des Punjabs und des Sindhs verwehrt (HRCP 3.2013). Für schiitische Prozessionen wird Polizeischutz zur Verfügung gestellt, dennoch kommt es dabei zu Anschlägen (BAA 6.2013).

Im Jahr 2011 wurden mindestens 389 Personen bei Gewalttaten gegen verschiedene muslimische Konfessionen getötet (HRCP 3.2012).

2012 wurden laut HRCP insgesamt mindestens 531 Menschen bei sektiererischen terroristischen Attacken zwischen den verschiedenen muslimischen Sekten getötet. Hauptsächlich waren davon Schiiten betroffen (HRCP 3.2013). Von den 202 interkonfessionellen terroristischen Akten, die von PIPS im Jahr 2012 aufgezeichnet wurden, zielten um die 60 % auf die schiitische Gemeinde, 30 % auf Sunniten. 395 Angehörige der schiitischen Gemeinde wurden getötet - 73 % aller Opfer interkonfessioneller Gewalt. Anschläge und Zusammenstöße zusammengenommen wurden 213 Vorfälle von Gewalt zwischen den muslimischen Konfessionen mit 563 Todesopfern von PIPS registriert (BAA 6.2013). Circa 85 % aller Vorfälle sektiererischer Gewalt 2012 waren, laut PIPS, gezielte Tötungen (PIPS 4.1.2013). HRW schätzt, dass 2012 mindestens 325 Angehörige der schiitischen Bevölkerung in gezielten Anschlägen in Pakistan getötet wurden, mehr als 100 davon in Belutschistan, die meisten von diesen wiederum Hazara (HRW 31.1.2013). 119 Hazara wurden 2012 in römisch 40 in gezielten Anschlägen getötet. Die Hazara meinen, die Behörden hätten keinen Willen sie zu beschützen. Aus Sicherheitsgründen haben sich die Hazara in zwei Enklaven in der Stadt zurückgezogen (HRCP 3.2013).

2012 nahm die sektiererische Gewalt in Pakistan somit zu, obwohl sie 2011 zurückgegangen war. Einen starken Zuwachs verzeichneten die Provinzhauptstädten römisch 40 und Karatschi sowie Teile Belutschistans. Aufgeschlüsselt fanden laut PIPS 85 % aller Vorfälle zwischen muslimischen Konfessionen 2012 in Karatschi, römisch 40 , Gilgit und der Kurram Agency (FATA) statt. Diese sind auch im Mehrjahresvergleich 2010-2012 Hotspots sektierischer Gewalt, wohingegen sporadische Vorfälle in diesen Jahren auch von anderen Teilen des Landes berichtet werden, insbesondere Zentral- und Süd-Punjab, Hangu und Dera Ismail Khan in Khyber Pakhtunkhwa (KP), Khyber und Orakzai in der FATA und Mastung in Belutschistan. (BAA 6.2013; vergleiche PIPS 4.1.2013). Weitere Schwerpunkte 2012 waren: Diamer in Gilgit Baltistan, die Distrikte Kohistan und Mansehra in KP (HRCP 3.2013); sowie weiters Hangu, Kohat, Tank, - ebenfalls in KP, Dera Ghazi Khan im [Süd-] Punjab (USDOS 20.5.2013). Zwei größere Anschläge mit jeweils um die 20 Toten ereigneten sich im Punjab 2012 im südlichen Distrikt Rahimyar Khan und in Rawalpindi (HRCP 3.2013). 2011 waren außerdem auch Lahore (Punjab), Nowshera (KP), und Khyber (FATA) Schwerpunkte (HRCP 3.2012).

Auch die ersten beiden Monate 2013 waren, verbunden mit der Vorwahlzeit, von stark erhöhter interkonfessioneller Gewalt gezeichnet, in erster Linie in Karatschi und römisch 40 . Im Jänner und Februar 2013 wurden bei interkonfessionellen Anschlägen 238 Menschen getötet, ein Großteil davon bei zwei verheerenden Anschlägen in einem Viertel der schiitischen Hazara in römisch 40 . Nach diesem Höhepunkt nahm diese Art des Terrors in den nächsten beiden Monaten ab. Nichtsdestotrotz traf ein weiterer der größeren Anschläge der Vorwahlzeit am 3. März ebenfalls die schiitische Minderheit, diesmal in Karatschi, 48 Menschen starben bei einem Anschlag auf ein schiitisches Viertel (BAA 6.2013).

Verbotene Gruppen wie die Pakistanischen Taliban und die Lashkar-e-Jhangvi übernahmen die Verantwortung für Anschläge auf Schiiten (HRCP 3.2013). Sunnitische militante Gruppen operierten mit weiter Straflosigkeit in Pakistan (HRW 31.1.2013). Die Reaktion der Regierung war großteils unzureichend. Dies anerkennend gab der Oberste Gerichtshof eine Kritik an der Regierung aufgrund der unzureichenden Bemühungen in römisch 40 Sicherheit zu gewährleisten ab. Im Jänner wurde in Belutschistan nach den großen Bombenanschlägen die Kontrolle auf die von der Provinz auf die Bundesregierung übertragen und damit den Forderungen der Hinterbliebenen nachgekommen (USCIRF 30.4.2013).

Quellen:

AA - Auswärtiges Amt (2.11.2012): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Pakistan

AA - Auswärtiges Amt (10.2013a): Pakistan, Staatsaufbau/Innenpolitik,

http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Pakistan/Innenpolitik_node.html#doc344388bodyText3, Zugriff 14.10.2013

AI - Amnesty International (5.2013): Annual Report 2013, The state of the world's human rights, Pakistan, http://www.amnesty.org/en/region/pakistan/report-2013, Zugriff 2.9.2013

BAA - Bundesasylamt (15.4.2013): Analysen Pakistan, Ahmadiyya - Entstehung und Glauben

BAA - Bundesasylamt (6.2013): Bericht zur Fact Finding Mission Pakistan vom 8-16.3.2013 mit den Schwerpunkten Sicherheitslage, Religiöse Minderheiten Landrechte Medizinische und soziale Versorgung, Afghanische Flüchtlinge

BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge Deutschland (8.2011):

Informationszentrum Asyl und Migration: Lage der Religionsgemeinschaften in ausgewählten islamischen Ländern

CIA (11.9.2013): The World Factbook Pakistan, https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/pk.html, Zugriff 9.10.2013

HRCP - Human Rights Commission of Pakistan (3.2013): State of Human Rights in 2012,

http://hrcp-web.org/hrcpweb/wp-content/pdf/AR2012.pdf, Zugriff 2.9.2013

HRCP - Human Rights Commission of Pakistan (3.2012): State of Human Rights in 2011,

http://hrcp-web.org/hrcpweb/wp-content/pdf/AR2011-A.pdf, Zugriff 10.10.2013.

HRW - Human Rights Watch (31.1.2013): World Report 2013 - Pakistan, http://www.ecoi.net/local_link/237129/360003_de.html, Zugriff 15.10.2013

HRW - Human Rights Watch (23.8.2013): Pakistan: 10 Steps to Improve Human Rights,

http://www.hrw.org/news/2013/08/23/pakistan-10-steps-improve-human-rights, Zugriff 23.9.2013

Murad Ullah, Legal Officer des UNHCR in Islamabad (1.- 2.10.2012):

Vortrag zum DACH Workshop Pakistan, Nürnberg

PIPS - Pak Institute for Peace Studies (4.1.2013): Pakistan Security Report 2012,

http://san-pips.com/index.php?action=reports&id=psr_list_1, Zugriff 13.9.2013

USCIRF - US Commission on International Religious Freedom (30.4.2013): 2013 Annual Report, http://www.uscirf.gov/images/2013 USCIRF Annual Report (2).pdf, Zugriff 15.10.2013

USDOS - US Department of State (20.5.2013): International Religious Freedom Report for 2012 - Pakistan, http://www.ecoi.net/local_link/247481/371066_de.html, Zugriff 15.10.2013

Ethnische Minderheiten

Die pakistanische Bevölkerung wird mit Stand Juli 2013 auf über 193,2 Millionen Menschen geschätzt und setzt sich wie folgt zusammen: Punjabi 44,68%, Paschtunen (Pathan) 15,42%, Sindhi 14,1%, Saraiki 8,38%, Muhajirs 7,57%, Belutschen 3,57%, andere ethnische Gruppen 6,28% (CIA 11.9.2013).

Pakistan ist ein multiethnischer und multireligiöser Staat. Die Armee wird v.a. durch Punjabis dominiert. Die Sprachen sind nicht immer deckungsgleich mit der ethnischen Gruppenzugehörigkeit. So verschieden die ethnischen und sprachlichen Gruppen sind, überwiegen doch die Gemeinsamkeiten. Zwei der wichtigsten sind der hohe Respekt vor dem Alter und das Primat der Familienloyalität (Murad Ullah 1.-2.10.2012).

Es kommt zu Diskriminierungen, unter anderem, gegenüber nationalen und ethnischen Minderheiten (USDOS 19.4.2013).

Politisch motivierte, ethnische Spannungen zwischen den Muhajir, den nach der Teilung von Indien nach Pakistan emigrierten Muslimen, und den aus Afghanistan und der Nordwestgrenze Pakistans zugewanderten Paschtunen halten in Karatschi seit Jahren an (BAA 6.2013). Gezielte Tötungen werden von bewaffneten Gangs, die von allen in der Stadt vertretenen politischen Parteien patronisiert wurden, begangen. Die größte politische Partei in Karatschi, das Muttaheda Qaumi Movement (MQM) [Partei der Muhajir], mit schwer bewaffneten Kadern und einer gut dokumentierten Vergangenheit von Menschenrechtsverletzungen und politischer Gewalt, wurde weithin als Haupttäter der gezielten Tötungen betrachtet. Gangs in Verbindung zur ANP (Awami National Party; eine Partei der Paschtunen) oder PPP (Pakistan People's Party) verüben wiederum gezielte Tötungen auf Aktivisten der MQM in Karatschi (HRW 22.1.2012). Diese drei Parteien waren allerdings gleichzeitig in der bisherigen Bundesregierung in einer gemeinsamen Koalition (Dawn 1.5.2013). Der ethno-politische Konflikt in der Millionenstadt Karatschi dauert an. Die Zahl der gezielten Tötungen ist weiterhin hoch (HSS 10.10.2012).

Quellen:

BAA - Bundesasylamt (6.2013): Bericht zur Fact Finding Mission Pakistan vom 8 -16.3.2013 mit den Schwerpunkten Sicherheitslage, Religiöse Minderheiten Landrechte Medizinische und soziale Versorgung, Afghanische Flüchtlinge

CIA (11.9.2013): The World Factbook Pakistan, https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/pk.html, Zugriff 9.10.2013

Dawn (1.5.2013): Polls are being hijacked by establishment, blame

PPP,MQM,ANP,

http://dawn.com/news/1025881/polls-are-being-hijacked-by-establishment-blame-pppmqmanp, Zugriff 30.10.2013

HRW - Human Rights Watch (22.1.2012): World Report 2012 - Pakistan, http://www.ecoi.net/local_link/208876/328915_de.html, Zugriff 15.10.2013

HSS - Hanns-Seidel-Stiftung (10.10.2012): Quartalsbericht, Pakistan III/2012,

http://www.hss.de/fileadmin/media/downloads/QB/Pakistan_QB_2012_III.pdf, Zugriff 4.9.2013

Murad Ullah, Legal Officer des UNHCR in Islamabad (1.- 2.10.2012):

Vortrag zum DACH Workshop Pakistan, Nürnberg

USDOS - US Department of State (19.4.2013): Country Report on Human Rights Practices 2012 - Pakistan, http://www.refworld.org/docid/517e6df418.html, Zugriff 15.10.2013

Hazara

Besonderes Ziel in Belutschistan ist die schiitische Hazara-Minderheit, an der sich mehrere Kategorien des Terrors kreuzen (BAA 6.2013, vergleiche AA 2.11.2012). Hazara sind eine ethnische Minderheit unter den Schiiten. Bei ihnen kommt zu der religiösen Zugehörigkeit zu einer Minderheit die ethnische hinzu. Sie leben großteils in Belutschistan und sprechen Dari, die Bevölkerungsgruppe stammt ursprünglich aus Afghanistan (Murad Ullah 1.-2.10.2012).

Vor einem Jahrhundert flohen die Vorfahren der heutigen Hazara vor der Armut und Unterdrückung aus Afghanistan nach römisch 40 , damals eine britische Garnisonsstadt. Die hazarische Gemeinde in römisch 40 blühte, wurde aber zum Ziel radikaler sunnitischer Gruppen (RFE/RL 4.10.2011). Ungefähr 500.000 Hazara leben in römisch 40 (Dawn 11.1.2013a). Verbreitete Belästigung, Diskriminierung und Tötung veranlasste einige Mitglieder der Hazara-Gemeinde in römisch 40 das Land zu verlassen. Über 600 Hazara wurden laut Repräsentanten der Gruppe zwischen 2000 und 2012 getötet (IRIN 7.2.2012). Die Gewalt gegen die Hazara-Gemeinden in Belutschistan stieg an (BBC News 29.6.2012). 2010 und 2011 wurden jeweils ungefähr 100 getötet (Murad Ullah 1.-2.10.2012; vergleiche NYT 3.12.2012). Die Human Rights Commission of Pakistan (HRCP) berichtet, dass mehr als 100 Hazara in Belutschistan 2012 getötet wurden (HRCP 3.2013).

Sunnitische extremistische Bewaffnete attackieren in römisch 40 methodisch Angehörige der Hazara. Getötet wurden Geschäftsinhaber in ihren Geschäften oder Studenten beim Cricketspiel, viele bei Tageslicht und ohne dass sich die Täter bedeckten. Es gab keine Verhaftungen, was schwere Vorwürfe gegen die Regierung hervorruft. Hauptdrahtzieher ist die Lashkar-e-Jhangvi. Die Hazara sind ein leichtes Ziel für Gewalt gegen die Schia, da sie sich im Erscheinungsbild unterscheiden. Die Angstkampagne hat viele Hazara gezwungen sich in ethnische Enklaven am Rande der Stadt zurückzuziehen, wo bewaffnete Männer an Straßenecken Wache halten (NYT 3.12.2012).

Die Lashkar-e-Jhangvi ist eine lokal orientierte Terror-Gruppe, ihre Zielsetzung auf Schiiten richtet sich vor allem gegen Hazara. Die Gewalt wird auch als Mittel eingesetzt, um die Hazara vom Land zu vertreiben. Sie sind Opfer regionaler Gewalt von Revierkämpfen, sektiererischer Gewalt gegen Schiiten, der nationalistischer Gewalt der belutschischen Terrorgruppen gegen Nicht-Belutschen und des Islamismus. Höhepunkt waren die Anschläge in römisch 40 , der Hauptstadt Belutschistans, im Jänner und im Februar 2013 mit insgesamt um die 200 Toten. Mindestens 92 Tote, davon 86 Angehörige der schiitischen Hazara Minderheit, forderte der Doppelanschlag in einer Billardhalle in einem Hazara-Viertel der belutschischen Provinzhauptstadt römisch 40 am 10. Jänner. Der Anschlag, zu dem sich die Lashkar-i-Jhangvi bekannte, war der schwerste seit fast zwei Jahren und der blutigste Anschlag auf die schiitische Minderheit in Pakistan bisher (BAA 6.2013).

Hazara demonstrierten und verlangten dass die Armee die Kontrolle in römisch 40 übernehmen solle. Die belutschische Provinzregierung kündigte eine Entschädigung von 1 Million Rupien für die Familien der getöteten Zivilisten an, 2 Millionen für die der getöteten Sicherheitskräfte (Dawn 11.1.2013b) Es wurden strikte Sicherheitsmaßnahmen in der Alamdar Road und den Zufahrtsstraßen durch die belutschische Regierung ergriffen um die Sicherheit der Protestierenden zu gewährleisten. Auch in anderen Städten Pakistans wurde gegen die Gewalt an den Hazara und aus Solidarität mit den Opfern demonstriert (Dawn 12.1.2013). Die Provinz wurde unter "governor's rule" gestellt (Dawn 14.1.2013). Das Frontier Corps verhaftete einige Terroristen in gezielten Operationen (Dawn 5.2.2013).

Bei einem erneuten Anschlag in einer überwiegend von schiitischen Hazara bewohnten Enklave in römisch 40 starben am 16. Februar mindestens 84 Personen. Es kam erneut zu Protestaktionen (BAA 6.2013). Mindestens 28 Tote forderte ein erneuter Anschlag in Hazara Town in römisch 40 am 30. Juni 2013 (Dawn 1.7.2013).

In Belutschistan leben Hazara beinahe wie Vogelfreie, es gab bis zu den großen Anschlägen vom Jänner und Februar keine Verhaftungen für die gezielten Tötungen an Gemeindemitgliedern. Es herrscht mehr oder weniger Straflosigkeit. Erst seit den Bombenanschlägen gibt es Verhaftungen, allerdings nur von Angehörigen der Lashkar-e-Jhangvi. Auch haben sie sich im Gegensatz zu den Schiiten in Karatschi noch nicht verteidigt, dies beginnt jetzt (BAA 6.2013).

Quellen:

AA - Auswärtiges Amt (2.11.2012): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Pakistan

BAA - Bundesasylamt (6.2013): Bericht zur Fact Finding Mission Pakistan vom 8-16.3.2013 mit den Schwerpunkten Sicherheitslage, Religiöse Minderheiten Landrechte Medizinische und soziale Versorgung, Afghanische Flüchtlinge

BBC (29.6.2012): Hazara Shia community on strike over römisch 40 attacks, http://www.bbc.co.uk/news/world-asia-18640945#, Zugriff 9.9.2013

Dawn (11.1.2013a): Shia leaders question Army chief over römisch 40 carnage,

http://dawn.com/2013/01/11/shia-leaders-question-army-chief-over-XXXX-carnage/, Zugriff 9.9.2013

Dawn (11.1.2013b): Desperate Hazaras want army rule in römisch 40 , http://dawn.com/2013/01/12/relatives-refuse-to-bury-blast-victims-hold-sit-in-with-coffins-desperate-hazaras-want-army-rule-in-XXXX/, Zugriff 9.9.2013

Dawn (12.1.2013): Talks between govt, Hazara Shia protesters end inconclusively,

http://dawn.com/2013/01/12/talks-fail-between-govt-hazara-shia-protestors/, Zugriff 9.9.2013

Dawn (14.1.2013): Hazara Shias bury victims four days after deadly römisch 40 bombings, http://dawn.com/2013/01/14/sit-in-3/, Zugriff 9.9.2013

Dawn (5.2.2013): Hazara massacre and JUI-F, http://dawn.com/2013/02/05/hazara-massacre-and-jui-f/, Zugriff 12.2.2013

Dawn (1.7.2013): römisch 40 , Peshawar rocked by blasts: Suicide bomber kills 28 Hazara men and women,

http://beta.dawn.com/news/1021939/XXXX-peshawar-rocked-by-blasts-suicide-bomber-kills-28-hazara-men-and-women, Zugriff 9.9.2013

HRCP - Human Rights Commission of Pakistan (3.2013): State of Human Rights in 2012,

http://hrcp-web.org/hrcpweb/wp-content/pdf/AR2012.pdf, Zugriff 2.9.2013

IRIN - Integrated Regional Information Network (7.2.2012): XXXX's Hazara community living in fear, http://www.ecoi.net/local_link/209853/329931_de.html, Zugriff 9.9.2013

Murad Ullah, Legal Officer des UNHCR in Islamabad (1.- 2.10.2012):

Vortrag zum DACH Workshop Pakistan, Nürnberg

NYT - New York Times (3.12.2012): Pakistan Reels with Violence against Shiites,

http://www.nytimes.com/2012/12/04/world/asia/pakistans-hazara-shiites-under-siege.html?pagewanted=all&_r=0, Zugriff 9.9.2013

RFE/RL - Radio Free Europe/Radio Liberty (4.10.2011): Pakistan's Tiny Hazara Minority Struggles To Survive, http://www.rferl.org/content/pakistan_hazara_minority_struggles_to_survive/24349098.html, Zugriff 9.9.2013

Bewegungsfreiheit

Das Gesetz gewährleistet die Bewegungsfreiheit im Land und ungehinderte internationale Reisen, doch die Regierung beschränkte diese Rechte in der Praxis. Die Regierung schränkte den Zugang zu bestimmten Gebieten der FATA, Khyber Pakhtunkhwa und Belutschistan aufgrund von Sicherheitsbedenken ein. Regierungsangestellte und Studenten müssen vor Reisen ins Ausland ein "no objection certificate" einholen, doch bei Studenten wurde dies selten durchgesetzt. Personen auf der Exit Control List war es verboten, ins Ausland zu reisen. Diese Liste soll Personen, welche ein Kriminalverfahren anhängig haben, von Auslandsreisen abhalten. Allerdings war keine gerichtliche Handlung notwendig, damit das Innenministerium einen Namen auf die Liste setzen konnte. Sie wurde manchmal benutzt, um Menschenrechtsaktivisten und Führer nationalistischer Parteien zu schikanieren. Personen auf der Liste haben das Recht, bei Gericht Einspruch einzulegen (USDOS 19.4.2013)

Die Reisefreiheit in Pakistan wurde 2012 häufig eingeschränkt. Durch die interkonfessionelle Gewalt in Gilgit Batlisten und Belutschistan wurden einige Gegenden für einen nicht unbeachtlichen Teil der Bevölkerung zur "no go area". Durch die Sicherheitslage in vielen Agencies der FATA sind diese für Personen von außerhalb und manchmal auch für die Bewohner selbst zur "no go area" geworden. Sicherheitsmaßnahmen führten bei Terrordrohungen zur Einschränkung der Bewegungsfreiheit für alle Bürger. Kämpfe zwischen kriminellen Banden bedrohten die Bewegungsfreiheit der Bürger Karatschis. Gewalt zwischen ethnischen Gruppen machten bestimmte Teile Karatschis, die von einer ethnischen Gruppe dominiert wurden, zu einer "no go area" für die andere ethnische Gruppe. Ethnische Gewalt in Teilen Belutschistans schränkten auch hier - vor allem für Hazara - die Bewegungsfreiheit ein. Arbeiter in illegaler Schuldknechtschaft gehörten zu den Gruppen mit den stärksten Beschränkungen der Bewegungsfreiheit. Die Opfer wurden durch bewaffnete Wächter davon abgehalten zu fliehen und die Familien wurden als Geiseln gehalten (HRCP 3.2013).

Für Angehörige aller Gruppen gilt, dass ein Ausweichen in der Regel das Aufgeben der wirtschaftlichen Basis mit sich bringt. In den Städten, vor allem den Großstädten Rawalpindi, Lahore, Karachi, Peshawar oder Multan, leben potentiell Verfolgte aufgrund der dortigen Anonymität sicherer als auf dem Lande. Selbst Personen, die wegen Mordes von der Polizei gesucht werden, können in einer Stadt, die weit genug von ihrem Heimatort entfernt liegt, unbehelligt leben (AA 2.11.2012).

Ahmadis bietet eine Flucht nach Rabwah, ihrem religiösen Zentrum, keinen sicheren Schutz vor Repressionen (AA 1.7.2011), aber einen erheblichen. Sie sind dort weitgehend unter sich, doch für ihre Gegner sehr sichtbar (AA 2.11.2012). 95 % der Einwohner der Stadt Rabwah sind Ahmadis. In einer Antwort erklärte die Human Rights Commission of Pakistan, dass die Sicherheit in Rabwah für Ahmadis von der Art der Verfolgung und dem Einfluss der verfolgenden Person abhängt. Rabwah ist zwar sicherer für Ahmadis als die meisten anderen Orte in Pakistan, doch wenn jemand in ganz Pakistan verfolgt wird, dann wird er auch in Rabwah gefunden. In Rabwah zu leben zeigt, dass man Ahmadi ist, sollte man einen Ahmadi aufspüren wollen, würde man dort suchen (UK Home Office 9.8.2013).

Auch besteht die Möglichkeit, in den Schutz der größeren Städte zu fliehen, falls es sich nicht um Personen handelt, die bereits überregional bekannt geworden sind. Dies wird auch von Vertretern unabhängiger pakistanischer Menschenrechtsorganisationen als Ausweichmöglichkeit gesehen. Für verfolgte Angehörige der christlichen Minderheit bestehen - abgesehen wiederum von den Fällen, die überregionale Bekanntheit erlangt haben - generell Ausweichmöglichkeiten in andere Landesteile (AA 2.11.2012).

Zum Spruch des Europäischen Gerichtshofes, Deutschland gegen Y & Z [2012] EUECJ C-71/11 (05 September 2012): Es ist und war im Allgemeinen möglich für Ahmadis ihren Glauben auf einer eingeschränkten Basis sowohl im privaten Bereich als auch in der Gemeinschaft auszuüben, ohne das heimische pakistanische Gesetz zu verletzen. In Bezug auf eine volle Glaubensübung über die Einschränkungen des pakistanischen Strafgesetzes unter Sektion 298B und 298C hinaus, gilt das Gesetz landesweit [Anmerkung: die länderkundlichen Aspekte wurden verwendet, die diesbezüglichen Entscheidungsvorgaben der britischen Behörde wurden nicht miteinbezogen] (UK Home Office 1.2013).

Für jene Individuen, denen aufgrund schädlicher religiöser Normen oder traditioneller Praktiken Leid droht, wie Opfer von oder Personen in Gefahr von Zwangsheirat, Zwangskonversion oder Ehrenmorden und für die eine interne Relokation in einen anderen Teil des Landes relevant sein kann, muss die Anerkennung solcher Normen durch breite Teile der Gesellschaft und mächtige, konservative Elemente in der Verwaltung berücksichtigt werden (Murad Ullah o.D.).

Laut Bericht des Vertrauensanwaltes, kann eine Person, die von einem Konfliktherd mit Taliban flieht, relativ sicher in einer pakistanischen Stadt in den Provinzen Sindh oder Punjab leben. Hinsichtlich der Sicherheit existieren in Pakistan - schon aufgrund der Größe des Landes - interne Fluchtalternativen. Wenn die Taliban direkt eine Person verfolgen, ist es schwierig sich zu verstecken, Karatschi kann im allgemeinen eine Option für Sicherheit sein, wie weit dies sicher ist, hängt allerdings vom Profil der Person und von der Art des Konfliktes ab, von dem die Person flieht. Es muss sorgfältig auf einer Einzelfallbasis abgeklärt werden. Es hängt von der Ernsthaftigkeit des jeweiligen Konfliktes ab, ob diese Person durch die Taliban gesucht und gefunden werden wird. Paschtunen haben ein enges Familiennetz und da die meisten in Karatschi wieder in diesem Familiennetz bzw. "community" leben, kann man sie über diesen Weg finden. Doch es ist möglich sich aufgrund der Größe Pakistans aus dem Radar der Taliban begeben. Eine "low profile" Person, die z. B. nach Karatschi flüchtet, wird dort von den Taliban nicht aufgespürt werden, da es für die Taliban auch keine Priorität hat, "low profile" Personen zu suchen (ÖB Islamabad 25.7.2013).

Nach Einschätzung des Vertreters des PIPS (Pakistan Institute for Peace Studies) ist es nicht die Strategie der Taliban, einzelne Personen durch das Land zu verfolgen. Eine Assistenzprofessorin erzählt von Fällen aus Karatschi - wo sich die Taliban im Zuge der durch die Militärinterventionen im Swat-Tal ausgelösten Wanderung in einigen Vororten etablieren konnten - in denen Personen, die gegen die Taliban im Swat-Tal agierten, in Karatschi getötet wurden. Der UNHCR betont, dass die Terrororganisationen zwar meist lokal agieren, einige aber teilweise vernetzt sind und zum Teil zusammen arbeiten. Eine innerstaatliche Fluchtalternative kann somit nicht generell angenommen werden, sondern muss in jedem Fall einzeln geprüft werden (BAA 6.2013).

Männer können bei privaten Disputen oder der Gefährdung, Opfer eines Ehrverbrechens zu werden, also in Fällen, wo nur durch Privatpersonen eine Verfolgung besteht, grundsätzlich meist in andere Gebiete Pakistans ausweichen. Es kommt allerdings auf die Vernetzung und den Einfluss der verfolgenden Person bzw. Personengruppen an. Wenn ein ganzer Stamm eine Person aufgrund einer Ehrverletzung verfolgt, wird er, laut Aussage von HRCP, auch "in New York gefunden" werden. Es ist somit der individuelle Einzelfall zu berücksichtigen (BAA 6.2013).

Quellen:

AA - Auswärtiges Amt (2.11.2012): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Pakistan

AA - Auswärtiges Amt (1.7.2011): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Islamischen Republik Pakistan

BAA - Bundesasylamt (6.2013): Bericht zur Fact Finding Mission Pakistan vom 8-16.3.2013 mit den Schwerpunkten Sicherheitslage, Religiöse Minderheiten Landrechte Medizinische und soziale Versorgung, Afghanische Flüchtlinge

HRCP - Human Rights Commission of Pakistan (3.2013): State of Human Rights in 2012,

http://hrcp-web.org/hrcpweb/wp-content/pdf/AR2012.pdf, Zugriff 2.9.2013

Murad Ullah, Legal Officer des UNHCR in Islamabad (o.D.): Minorities in Pakistan - UNHCR Eligibility Guidelines and practical perspective from the field, Unterlage zu DACH Workshop 1.-2.10.2013

ÖB Islamabad - Österreichische Botschaft (25.7.2013):

Ermittlungsbericht des Vertrauensanwaltes, SLC/SIS/A-15887

UK Home Office (9.8.2013): Pakistan Country of Origin Information (COI) Report Pakistan,

https://contact-ukba.homeoffice.gov.uk/sitecontent/documents/policyandlaw/coi/pakistan/report-09082013.pdf?view=Binary, Zugriff 8.9.2013

USDOS - US Department of State (19.4.2013): Country Report on Human Rights Practices 2012 - Pakistan, http://www.refworld.org/docid/517e6df418.html, Zugriff 15.10.2013

Grundversorgung/Wirtschaft

Die schweren Fluten drei Jahre hintereinander haben der pakistanischen Wirtschaft ernsten Schaden zugefügt und ihr potentielles Wachstum halbiert. Sie erhöhten auch Inflation und Arbeitslosenrate, unterbrachen Versorgungsketten, zerstörten die Saat und behinderten die industrielle Produktion. Die stärker werdenden Engpässe in der Energieversorgung und die schwache Recht- und Ordnungssituation sowie strukturelle Hindernisse zügeln ebenfalls Investitionen und Wachstum (TRF 9.9.2013, vergleiche AA 10.2013b; World Bank 16.11.2011). Nach den Fluten 2010 und 2011 und der weltweiten Nahrungsmittelpreiskrise gab es eine merkbare Zunahme der absoluten Armut (BAA 6.2013). Mit geschätzten 3,6 % blieb das Wirtschaftswachstum im Haushaltsjahr 2013 (1.7.2012-30.6.2013) hinter den Möglichkeiten des Landes zurück und bewegte sich auf dem Niveau der Vorjahre (2010: 3,8 %; 2011: 2,4 %; 2012: 4,4 %) (AA 10.2013b). Das Wirtschaftswachstum kann nicht mit dem Bevölkerungswachstum mithalten (BAA 6.2013).

Die Inflation entwickelte sich zuletzt positiv. Sie ging von fast 14 % im Vorjahr auf 7,5 % im Sommer 2013 zurück und ist damit erstmals seit sechs Jahren wieder im einstelligen Bereich angesiedelt. Das Haushaltsdefizit liegt derzeit bei fast 9 % des BIP, die gesamten öffentlichen Schulden bei 63,5 %. Die Devisenreserven Pakistans sind gegenüber Sommer 2012 (10,8 Mrd. US-Dollar) auf zuletzt 6,27 Mrd. US-Dollar deutlich geschrumpft. Defizitäre Staatsbetriebe belasten die öffentlichen Finanzen und benötigen regelmäßig staatliche Finanzspritzen. Pakistan wird seine Staatseinnahmen deutlich erhöhen müssen; mit knapp 9 % des BIP hat es eine der niedrigsten Steuerquoten der Welt (AA 10.2013b).

Es gibt eine Energiekrise, ein großer Teil der Bevölkerung hat keinen regelmäßigen Zugang zu Strom. Die Energiesituation hat sich in den letzten Jahren rapide verschlechtert, es ist jedoch schwer dies zu quantifizieren, da es in letzter Zeit keine Erhebungen gab. Der Stromausfall beträgt landesweit im Sommer bis zu 18 Stunden am Tag. Besonders betroffen ist der Punjab, in anderen Provinzen ist die Situation etwas besser Es gibt ein System des "load shedding shedule", ein öffentlicher Plan und Information, wann die Elektrizität wo abgeschaltet wird (BAA 6.2013). Die Stromausfälle haben nicht nur negative Auswirkungen auf die Lebensumstände der Bevölkerung. Sie führen auch zu einem um 3 bis 4 Prozentpunkte niedrigeren Wirtschaftswachstum. Die von der neuen Regierung im Juli 2013 vorgestellte Nationale Energiepolitik benennt als erste Priorität die Schließung der Lücke zwischen Stromangebot und -nachfrage (AA 10.2013b).

Die Landwirtschaft Pakistans ist mit einem Beitrag von rund 21 % zum BIP immer noch in vielerlei Hinsicht der wichtigste Sektor der pakistanischen Volkswirtschaft. Über 44 % der arbeitenden Bevölkerung sind in der Landwirtschaft beschäftigt; knapp 60 % der ländlichen Bevölkerung hängen direkt oder indirekt vom landwirtschaftlichen Sektor ab. Die Provinz Punjab gehört in vielen Bereichen (u.a. Getreideanbau u. Viehzucht) zu den weltweit größten Produzenten und verfügt über das größte zusammenhängende landwirtschaftliche Bewässerungsgebiet weltweit. Der Industriesektor trägt mit 25,4 % zum BIP bei. Der bei weitem wichtigste Exportsektor ist die Textilbranche, die ca. 60 % aller pakistanischen Exportgewinne ausmacht. Der Dienstleistungssektor hat sich zu einem wichtigen Wachstumsfaktor entwickelt, er trägt inzwischen mit ca. 53 % zum BIP bei. Wichtigste Bereiche sind hier v.a. Bankwesen, Versicherungswesen, Transportwesen und der Kommunikationssektor, aber auch der überproportional große öffentliche Verwaltungsapparat (AA 10.2013b). Die Telekommunikations- und die Baubranche haben ihre Expansion fortgesetzt und viele formelle und informelle Arbeitsplätze geschaffen. Diese Expansionen haben zu einem besseren Stellenangebot geführt (IOM 8.2013).

Die Gehaltsstruktur ist sehr unterschiedlich verteilt. In den Städten wie Multan, Lahore und Islamabad ist eine ausgeprägte Mittelschicht vorhanden, in den ländlichen Gebieten allerdings weniger. Laut IOM liegt das Einkommen der Mittelklasse bei ca. 20.000-30.000 Rupien (ca. € 152-227) im Monat. Durch die Inflation ist das bei einer Familie mit 2 Kindern gerade genug, um die wichtigsten Bedürfnisse zu befriedigen - im Fall eines eigenen Hauses und ohne private Schule. Muss man Miete zahlen, ist es schwieriger (BAA 6.2013).

Im niedrigen öffentlichen Dienst, als Tagelöhner oder Kleinstangestellter zeichnet sich ein Gehalt von 10.000-20.000 Rupien (ca. € 76-152) im Monat ab. Dies reicht kaum, um über die Runden zu kommen, 80 % der Haushaltsausgaben werden für Lebensmittel aufgewendet. Die geschätzte Arbeitslosigkeit ist gering, aber der Arbeitsmarkt ist durch eine Unterbeschäftigung bzw. Unterbezahlung gekennzeichnet. Lahore und Karatschi sind teurer, hier braucht man zwischen 30.000 und 35.000 Rupien (ca. € 227-265) im Monat, allerdings gibt es hier mehr Einkommensmöglichkeiten und ein stärker ausgeprägtes Mietwohnungswesen. Es sind zwar alle "irgendwie beschäftigt", aber die Löhne sind gering und reichen schlecht für das notwendigste Auskommen. In Karatschi, Rawalpindi und Lahore haben die Menschen eher ihre eigenen kleinen Geschäfte oder Kleinstunternehmen als eine Arbeitsstelle. In den ländlichen Gegenden ist der Großteil in der Land- oder Viehwirtschaft tätig (BAA 6.2013).

Die Organisation National Rural Support Programme erläutert, dass es aufgrund der großen Bevölkerung sehr viele Möglichkeiten für Geschäfte auf kleiner Basis gibt, neue gut laufende Trends sind z.B. kleine Schönheitssalons oder Handyreparaturwerkstätten. Die Organisation SEPLAA spricht den Bereichen IT, Energie-Sektor, Training und Unterricht hohes Potential in Pakistan zu. Die Leiterin des Women Entrepreneurial Development Programme führt aus, dass es viele Möglichkeiten am Markt gibt, aber das Problem sei oft, das Individuum mit den Marktanforderungen zu verknüpfen (BAA 6.2013).

Quellen:

AA - Auswärtiges Amt (10.2013b): Pakistan, Wirtschaft, http://www.auswaertiges-amt.de/sid_C2C3DF892573C0A8B185C354561BDB9D/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Pakistan/Wirtschaft_node.html, Zugriff 14.10.2013

BAA - Bundesasylamt (6.2013): Bericht zur Fact Finding Mission Pakistan vom 8-16.3.2013 mit den Schwerpunkten Sicherheitslage, Religiöse Minderheiten Landrechte Medizinische und soziale Versorgung, Afghanische Flüchtlinge

IOM - Internationale Organisation für Migration (8.2013):

Länderinformationsblatt Pakistan, http://www.bamf.de/SharedDocs/MILo-DB/DE/Rueckkehrfoerderung/Laenderinformationen/Informationsblaetter/cfs_pakistan-dl_de.pdf?__blob=publicationFile, Zugriff 14.10.2013

TRF - Thomas Reuters Foundation (9.9.2013): Floods have halved Pakistan's economic growth - expert, http://www.trust.org/item/20130909134725-rm708/, Zugriff 22.9.2013

World Bank (16.11.2011): Country Partnership Strategy Progress Report for The Islamic Republic Of Pakistan For The Period Fy2010-14,

http://siteresources.worldbank.org/PAKISTANEXTN/Resources/293051-1298387688762/CPSPRNov21.pdf, Zugriff 2.9.2013

Soziale Wohlfahrt und staatliche Beschäftigungsförderungsprogramme

Das Ministerium für religiöse Angelegenheiten, Zakat und Ushr, verwaltet die staatlich eingehobene Zakat [Anmerkung: religiöse Pflicht für Muslime, einen geregelten Anteil des Einkommens an Arme und Bedürftige abzugeben, in Pakistan wird sie staatlich eingehoben], die 2,5% des Einkommens beträgt, und finanziert damit Projekte für Arme und Bedürftige. Aber auch in diesem Bereich herrscht Korruption (Murad Ullah 1.-2.10.2012). Ein durchgehendes, konsistentes Sozialsystem ist auf Regierungsebene laut IOM nicht vorhanden. Das staatliche Zakat System finanziert Pakistan Bait-ul-Mal (PBM), das dem Premierminister untersteht, sowie das "Benazir Income Project" (BAA 6.2013). PBM ist eine autonome Behörde, die einen erheblichen Beitrag zur Bekämpfung der Armut durch die verschiedenen Maßnahmen für die ärmsten Mitglieder der Gesellschaft leistet und Unvermögende, Witwen, Waisen, Invaliden sowie schwache und andere bedürftige Menschen unterstützt (IOM 8.2013). PBM hat ein Budget von 2 Milliarden Rupien (ca. 15.157.710 €). Es werden unterschiedliche Projekte und Hilfsschemen finanziert, einige Programme für Kinder sowie das Individuelle Finanzielle Unterstützungsprogramm. Das Individuelle-Finanz-Assistenz-Programm richtet sich an besonders bedürftige Personen und setzt sich aus drei Komponenten zusammen. Einerseits kann bedürftigen Antragsstellern eine allgemeine finanzielle Unterstützung bei Armut gewährt werden. Die zweite Komponente des Programms ist eine finanzielle Assistenz zur Förderung von Eigenerwerbsfähigkeit. Dabei wird einer Person finanzielle Unterstützung gewährt, um ein kleines Geschäft zu gründen. Die dritte Möglichkeit der finanziellen Unterstützung wird über die Finanzierung einer medizinischen Behandlung geboten (BAA 6.2013).

Anträge müssen mit der Kopie der nationalen ID Karte beim District Officer eingereicht werden. Es gibt 144 zuständige District Officers für Pakistan, 30 für die FATA, 40 für Gilgit Baltistan und 40 für Kaschmir. Die Zahl der Empfänger des individuellen Unterstützungsprogrammes beträgt ca. 50.000. Die private Wohltätigkeitsebene ist in Pakistan sehr gut ausgeprägt (BAA 6.2013).

Die Overseas Pakistanis Foundation (OPF) wurde 1979 im Rahmen des Emigrations Erlasses gegründet. Ihr Ziel ist die Unterstützung der im Ausland lebenden Pakistanis und ihrer in Pakistan gebliebenen Familien. Ihre Angebote umfassen ökonomische Hilfen, medizinische Versorgung und Hilfe (IOM 8.2012). Zielgruppe der OPF sind im Ausland arbeitende Pakistanis und ihre in Pakistan gebliebenen Familien, ein Ziel dabei sind auch Dienstleistungen für zurückkehrende Migranten. Die OPF untersteht dem Ministerium für Auslandspakistanis (OPF o.D.).

Arbeitsvermittlungsbüros von staatlicher Seite gibt es nicht. Es gibt private Arbeitsvermittlungsagenturen (BAA 6.2013).

Zur Beschleunigung des wirtschaftlichen Wachstums wurden durch die Regierung verschiedene Maßnahmen getroffen. Eine Reihe initiierter Projekte soll eine positive Auswirkung auf die Schaffung neuer Arbeitsplätze haben. Hierzu zählen unter anderem die Verbesserung der physischen Infrastruktur, die Ausweitung des landwirtschaftlichen Potenzials des Landes und die Anwendung neuer Ressourcen zur Bekämpfung der Armut. Das Tameer-e-Pakistan-Programm wurde als Maßnahme zur Verringerung der Armut initiiert und dient dazu, die Einkommensquellen für arme Menschen zu verbessern und Beschäftigungsmöglichkeiten im gesamten Land zu schaffen. Die SME Bank (kleine und mittelständische Unternehmen) wurde am 1. Jänner 2002 mit dem primären Ziel der finanziellen und geschäftlichen Unterstützung von SME gegründet (IOM 8.2013).

Die Aufgabe der Nationalen Kommission zur beruflichen und technischen Bildung ist es, politische Richtlinien für die berufliche und technische Bildung zu erarbeiten und in diesem Bereich regulierend tätig zu sein, damit der nationale und internationale Bedarf an Fachkräften besser gedeckt werden kann. In den folgenden Fachgebieten werden Ausbildungsmaßnahmen angeboten:

Dienstleistungen (Krankenpflege, Tourismus, IT und Telekommunikation); Baugewerbe; Landwirtschaft, Milchproduktion und Viehzucht; Feinmechanik; ähnlich arbeitet der Rat für Berufliche Ausbildung in Punjab (PVTC), der von der Provinzregierung getragen wird. Er bietet nachfrageorientierte Ausbildungen an und ist vor allem um die Vermittlung benachteiligter Jugendlicher bemüht. Die verschiedenen Institute des Rates bieten folgende Ausbildungen an:

Computerreparatur und Wartung, EDV-gestütztes Textildesign, Betriebswirtschaftliche EDV, Reparatur von Mobiltelefonen, Textilverarbeitung, Import / Export Dokumentation, EDV-gestütztes technisches Zeichnen, KFZ-Elektriker, KFZ-Mechaniker, Stickerei, Schneiderei, Kosmetik; Es gibt im privaten Sektor viele NGOs und Institute, die berufliche Aus- und Weiterbildungen anbieten (IOM 8.2013).

Quellen:

BAA - Bundesasylamt (6.2013): Bericht zur Fact Finding Mission Pakistan vom 8-16.3.2013 mit den Schwerpunkten Sicherheitslage, Religiöse Minderheiten Landrechte Medizinische und soziale Versorgung, Afghanische Flüchtlinge

IOM - Internationale Organisation für Migration (8.2013):

Länderinformationsblatt Pakistan, http://www.bamf.de/SharedDocs/MILo-DB/DE/Rueckkehrfoerderung/Laenderinformationen/Informationsblaetter/cfs_pakistan-dl_de.pdf?__blob=publicationFile, Zugriff 14.10.2013

Murad Ullah, Legal Officer des UNHCR in Islamabad (1.-2.10.2012):

Vortrag zum DACH Workshop Pakistan, Nürnberg

OPF - Overseas Pakistanis Foundation (o.D.): Startseite, http://www.opf.org.pk/home.aspx, Zugriff 11.9.2013

Wohlfahrt-NGOs

Private Einrichtungen wie der Edhi-Trust spielen eine wichtige Rolle in der sozialen Versorgung (BAA 6.2013). Dieser bietet soziale Dienste, wie medizinische Versorgung, Notfallhilfe, Luftrettung, Bestattungen, Versorgung psychisch Kranker, Altenheime, Kinderhilfe, Frauenhäuser und Berufsbildung für benachteiligte Menschen an (IOM 8.2013).

Der Bunyad Literacy Community Council (BLCC) ist eine NGO, die sich hauptsächlich im Bereich Bildung engagiert (IOM 8.2013). Er hat sich die Verbesserung der Situation auf dem Lande lebender Familien zur Aufgabe gemacht hat. Die Programme richten sich an Randgruppen, vor allem an Frauen und Kinder. Das Hauptaugenmerk der Bunyad Programme liegt auf Alphabetisierung und Bildung (IOM 8.2012).

Development, Education, Environment, Poverty Alleviation, & Population Welfare Organization (DEEPP) ist eine im südlichen Punjab aktive NGO, die mit benachteiligten und marginalisierten Menschen arbeitet (IOM 8.2013).

Weitere Bespiele sind: Community Development Network Organization, Jacobabad; District Development Association Tharparkar (DDAT); Social Aid for Education and Development (SAFE), Sukkur; Legal Aid and Welfare Society (LAWS), Peschawar; Sarhad Rural Support Corporation (SRSC), Peschawar; Society for Integrated Development (S.I.R.D.), XXXX; Khawra Development Organization Muzaffarabad (IOM 8.2013).

Die pakistanische Entwicklungshilfeorganisation National Rural Support Programme (NRSP) unterstützt bei der Selbstorganisation der Landbevölkerung. Die Einheiten erörtern ihren Bedarf und beschließen ihre eigenen Projekte, Aufgabe von NRSP ist das Lukrieren von Finanzierungsmöglichkeiten. Eine weitere Hauptaufgabe ist der Aufbau der Qualifikationen und des Fachkönnens zur Erwerbstätigkeit. Trainings werden z.B. in den Bereichen Alphabetisierung, allgemeines Management, Finanzen, Nutztierhaltung, Forstwirtschaft, aber auch zur Führung kleinerer Geschäfte abgehalten. Das NRSP vergibt auch über die eigene Bank Mikrokredite mit einen Maximum von 30.000 Rupien (ca. € 227) pro Person. Speziell für arme Familien läuft das Social and Human Protection Programme zur Einkommensgenerierung. (BAA 6.2013).

Quellen:

BAA - Bundesasylamt (6.2013): Bericht zur Fact Finding Mission Pakistan vom 8-16.3.2013 mit den Schwerpunkten Sicherheitslage, Religiöse Minderheiten Landrechte Medizinische und soziale Versorgung, Afghanische Flüchtlinge

IOM - Internationale Organisation für Migration (8.2013):

Länderinformationsblatt Pakistan, http://www.bamf.de/SharedDocs/MILo-DB/DE/Rueckkehrfoerderung/Laenderinformationen/Informationsblaetter/cfs_pakistan-dl_de.pdf?__blob=publicationFile, Zugriff 14.10.2013

Rückkehrhilfe und -projekte

Personen, die nach Pakistan zurückkehren, erhalten keinerlei staatliche Wiedereingliederungshilfen oder sonstige Sozialleistungen (AA 2.11.2012). Kehren sie in ihren Familienverband zurück, ist ihre Grundversorgung im Rahmen dessen wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit gesichert (AA 1.7.2011).

IOM betreibt ein Freiwilliges Rückkehrprogramm für Pakistanis aus Österreich, das Projekt ist für das Jahr 2013 auf 30 Personen konzipiert, elf sind bis zum März bereits zurückgekehrt, darunter auch Familien. Bis auf zwei Personen, die ins Swat-Tal zurückgekehrt sind, kommen alle aus dem Punjab. Es wird eine finanzielle Rückkehrunterstützung sowie eine Reintegrationsunterstützung, u.a. durch berufliche Weiterbildung geboten. Die Situation bei der Rückkehr hängt von der Person und den Umständen sowie der Zeit, die sie außer Landes verbracht hat, ab (BAA 6.2013).

Im Rahmen dieses Projekts werden pakistanische Staatsangehörige, die in Österreich (i) Asylwerber/innen, (ii) asylberechtigt, (iii) subsidiär schutzberechtigt, oder (iv) nicht oder nicht mehr aufenthaltsberechtigt sind, bei ihrer freiwilligen Rückkehr und nachhaltigen Reintegration in ihrem Herkunftsland unterstützt. Die Maßnahmen werden gemeinsam mit den Teilnehmer/innen erarbeitet und sind auf deren individuelle Bedürfnisse und Fähigkeiten abgestimmt.

IOM implementiert folgende Aktivitäten: Finanzielle Unterstützungsleistung; Reintegrationsunterstützung; IOM unterstützt Reintegrationsmaßnahmen durch Sachleistungen bis zu einem Maximalwert von EUR 3.000,-, darunter fallen: Berufsberatung und Arbeitsvermittlung, Berufliche und schulische Aus- und Weiterbildungsangebote, z.B. als Mechaniker/in, Computertechniker/in, Frisör/in, Installateur/in, Elektriker/in, etc.; Unterstützung bei der Neugründung von Kleinbetrieben sowie Geschäftsgründungs- und Managementseminare; Unterstützung beim Ankauf von Werkzeugen und Ausrüstungen; Sonderunterstützung für Projektteilnehmer/innen mit besonderen Bedürfnissen (IOM o.D.).

Die Unterstützung zur Erwerbstätigkeit wird, laut IOM, an die Person angepasst. Bei der Aus- und Weiterbildung für den Arbeitsmarkt wird darauf aufgebaut, welche beruflichen Erfahrungen die Betroffenen mitbringen, und dies mit den Marktanforderungen abgeglichen. Die finanziellen Mittel sind auf kleine Geschäftsgründungen angelegt. Geschäfte, die so eröffnet wurden, sind z.B. kleine Kleider-, Lebensmittel-, Mobiltelefongeschäfte oder Schönheitssalons - diese sind derzeit erfolgreich (BAA 6.2013). IOM in Pakistan führt kontinuierliches Monitoring mit den Projektteilnehmer/innen vor Ort durch (IOM o.D.).

Auch die pakistanische NGO WELDO betreut Rückkehrprogramme. Es gibt unterschiedliche Programme für die freiwillige Rückkehr. Es werden Leistungen zur Reintegration und Unterstützung bereitgestellt. Sie versuchen die Rückkehrer wieder in den Arbeitsmarkt zu integrieren und vermitteln Arbeitsplätze. Das Ausbildungsprogramm wird mit dem Bedarf am Arbeitsmarkt und an die jeweilige Person angepasst. Meist sind jene Migranten nur schlecht ausgebildet. Beratung und Unterstützung in der Zielregion wird geboten. Die meisten Programme enthalten auch finanzielle Leistungen für die Betroffenen. Es gibt verschiedene Programme z.B. für vulnerable Personengruppen, unbegleitete Minderjährige und Menschen, die psychische Hilfe benötigen. WELDO kümmert sich ebenfalls und im gleichen Umfang um zwangsweise Abgeschobene (BAA 6.2013).

Quellen:

AA - Auswärtiges Amt (2.11.2012): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Pakistan

AA - Auswärtiges Amt (1.7.2011): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Pakistan

BAA - Bundesasylamt (6.2013): Bericht zur Fact Finding Mission Pakistan vom 8-16.3.2013 mit den Schwerpunkten Sicherheitslage, Religiöse Minderheiten Landrechte Medizinische und soziale Versorgung, Afghanische Flüchtlinge

IOM - Internationale Organisation für Migration (o.D.):

Unterstützung der freiwilligen Rückkehr und Reintegration von Rückkehrenden nach Pakistan, Informationsblatt

Medizinische Versorgung

Pakistan verfügte mit Stand 2010 über 975 öffentliche (staatliche) Spitäler des tertiären und sekundären Sektors und insgesamt 13.051 staatliche Grundversorgungseinrichtungen. Laut einem Überblick von 2001 verfügte Pakistan über 73.000 private Einrichtungen - die meisten von diesen Einzelkliniken. Der Non-Profit und private Wohltätigkeitsbereich verzeichnete in einer Erhebung vom Jahr 2005 über 7.000 Betten. Pakistan hat ein Netz von mehr als 62.000 Apotheken, allerdings nur 2.000 qualifizierte Apotheker. Im Jahr 2009 gab es 109 Schulen für Krankenpflege sowie 141 für Hebammen (Lancet 17.5.2013).

In den modernen Krankenhäusern in den Großstädten kann - unter dem Vorbehalt der Finanzierbarkeit - eine Behandlungsmöglichkeit für die meisten Krankheiten festgestellt werden (AA 2.11.2012). Beinahe alle Krankheiten und medizinischen Probleme sind, laut IOM, in Pakistan behandelbar, auch in den öffentlichen (staatlichen) Spitälern. Organtransplantationen oder Dialysen werden durchgeführt. In sehr seltenen Fällen ist eine Behandlung nicht erhältlich. Doch es gibt Problemstellungen im Gesundheitssystem. Eines der gravierendsten Probleme ist die geringe Dichte an Humanressourcen im Gesundheitsbereich. 121.374 Ärzte sind derzeit, laut einer Lancet Studie, in Pakistan registriert. Daneben gibt es auch Engpässe bei anderem medizinischen Personal (BAA 6.2013). Nach Regierungsangaben kommen auf einen Arzt 1.222, auf einen Zahnarzt 16.854 und auf ein Krankenhausbett 1.701 Einwohner (HRCP 3.2012).

Eine starke Diskrepanz zwischen ländlichen und städtischen Gebieten verstärkt die Situation, erläutert IOM. In den großen Städten gibt es eine relativ gute medizinische Versorgung. Insgesamt ist, so eine Führungsangestellte des privaten Kulsum Krankenhauses, in den städtischen Gebieten die medizinische Versorgung besser, während sie in den ländlichen Gebieten oft nicht abgedeckt ist. Doch auch zwischen den Provinzen bestehen starke Unterschiede, in den ländlichen Gebieten des Sindh ist die Situation besser als in jenen anderer Provinzen. Ein Teil des Problems ist die Gewalt in der Grenzregion zu Afghanistan sowie die aufständische Gewalt in Belutschistan, was die ohnedies mangelhafte Gesundheitsversorgung in diesen Regionen verschlechterte, besonders Frauen und Kinder sind davon betroffen. Die Neugeborenen-, Mütter- und Kindersterblichkeit gehört somit zu einer der höchsten weltweit. So sieht ein leitender Gesprächspartner des UNHCR den fehlenden bzw. kaum vorhandenen Zugang zur Gesundheitsversorgung in einigen Gebieten Pakistans als eines seiner wichtigsten Menschenrechtsprobleme an (BAA 6.2013).

Die Qualität der Humanressourcen, insbesondere der Ärzte, ist hoch, erläutert IOM. Pakistan verfügt über sehr viel Expertise auf diesem Gebiet. Auch die Deutsche Botschaft schätzt die Qualität der Ärzte als hoch ein und zwar auch in den Regierungsspitälern, wobei diese hier allerdings überlastet sind. Die medizinische Forschung, u.a. zu Humanressourcen ist ausgeprägt und ausgesprochen produktiv. Laut Lancet gibt es 88 medizinische Hochschulen und Colleges im Land, an denen 2012 171.450 Absolventen abschlossen. Bezieht man die privaten Krankenhäuser mit ein, lässt sich in Pakistan nach Einschätzung der Deutschen Botschaft im regionalen Kontext eine verhältnismäßig gute Qualität der medizinischen Versorgung feststellen. Es besteht jedoch neben den regionalen Diskrepanzen meist ein starker Unterschied zwischen staatlichen und privaten Krankenhäusern. Die staatlichen Krankenhäuser sind oft grenzwertig, auch hier sind zwar die Ärzte gut ausgebildet, die Wartezeiten sind jedoch übermäßig lange, die hygienischen Bedingungen oft mangelhaft. Die Ausstattung in staatlichen Krankenhäusern, die Wartung des Equipments und die Kontinuität der Finanzierung bereiten oft Probleme. Oft fehlen den Primärgesundheitsstationen in ländlichen Gebieten die Versorgungsmittel. Viele Basisgesundheitseinrichtungen und auch Sekundärgesundheitseinrichtungen funktionieren oft nicht ausreichend, weshalb die Spezialkrankenhäuser überladen werden mit Fällen, die eigentlich nur Basisversorgungsfälle sind. Jedoch auch im öffentlichen Bereich gibt es Vorzeigespitäler. Zur Finanzierung der medizinischen Versorgung erhält Pakistan zusätzlich Gelder von globalen Fonds. (BAA 6.2013).

Einige Beispiele für Krankenhäuser ind Lahore sind das King Edward Medical College, das Allama Iqbal Medical College, das Fatima Jinnah Medical College für Frauen, das Mayo Hospital, Lady Willington, das Lahore General Hospital, das Sir Ganga Ram Hospital, das Shaukat Khanum Memorial Cancer Hospital & Research Centre, das Services Hospital und das Sheikh Zayed Hospital. Islamabad/Rawalpindi beherbergt u.a. das Pakistan Institute of Medical Sciences (PIMS), das Shifa International Hospital, das Marghala Institute of Health Sciences (MIHS), das Al-Shifa Eye Hospital, das Rawalpindi General Hospital, das Holy Family Hospital, das Army Medical College und das Rawalpindi Medical College. In Karachi findet sich das Fazal Hospital, das Agha Khan University Hospital (AKUH), das Karachi Adventist Hospital, das Bismillah Taqee Hospital, das Sindh Medical College und Jinnah Postgraduate Medical Centre, das Liaquat National Hospital, die Imam Clinic und das General Hospital, das Dow Medical College und das Civil Hospital Karachi. In Gujranwala gibt es u.a. das Fazal Hospital in Jhelum, das Jinnah Memorial Hospital und in Bahawalpur das Bahawalpur Victoria Hospital (IOM 8.2013). Das "Pakistan Medical and Dental Council" zertifiziert medizinische Einrichtungen. Eine Infektionskontrolle ist vorhanden, diese hat allerdings Schwächen. Ein konsistentes, umfassendes Gesundheitskontrollsystem ist noch nicht eingerichtet (BAA 6.2013).

Die meisten Medikamente, wie z.B. Insulin, können in den Apotheken in ausreichender Menge und Qualität erworben werden. Die Grundversorgung mit nahezu allen gängigen Medikamenten ist sichergestellt. Für ärztliche Versorgung und Medikamente muss in Pakistan nur ein Bruchteil der in Deutschland hierfür anfallenden Kosten aufgewendet werden, so dass sie für weite Teile der Bevölkerung erschwinglich sind (AA 2.11.2012). Im Allgemeinen ist eine große Bandbreite an Medikamenten erhältlich. Im privaten Sektor ist alles erhältlich an Medikamenten. Es traten in der Vergangenheit Probleme mit gestreckten Medikamenten auf. Als Reaktion darauf wurden 2012 eine Medikamentenregulierungsbehörde und ein entsprechendes Gesetz eingerichtet. Die Behörde orientiert sich an Einrichtungen in den USA und Kanada. Das Problem mit gefälschten Medikamenten könne auftreten, wenn man sie nicht bei zugelassenen oder seriösen Anbietern kauft, so eine Gesprächspartnerin des Kulsum Krankenhauses (BAA 6.2013).

70 % der Bevölkerung müssen Behandlungen selbst bezahlen, da es kein durchgehendes Krankenversicherungssystem gibt. Es gibt Versicherungen auf staatlicher Organisationsbasis, z.B. für das Militär oder die Fluggesellschaft PIA. Es gibt auch private Krankenversicherungen, die relativ günstig sind, dennoch können sich diese wenige leisten bzw. ist der Vorsorgegedanke kaum vorhanden. Angestellte bei größeren Firmen erhalten meist eine private Versicherung über die Firma. In einigen sozialen Bereichen haben NGOs eigene Systeme (BAA 6.2013).

Die staatlichen Krankenhäuser müssen die arme Bevölkerung gratis behandeln, für Bedürftige ist somit die medizinische Versorgung kostenfrei (BAA 6.2013; vergleiche auch AA 2.11.2012). Für über das Notwendigste hinausgehende Behandlungen halten sich die Krankenhäuser nicht immer an die Vorgabe der kostenlosen Behandlung, meint der Stellvertretende Leiter der staatlichen Sozialbehörde Bait-ul-Mal (BAA 6.2013). Da Bedürftigkeit offiziell nicht definiert ist, reicht die Erklärung aus, dass die Behandlung nicht bezahlt werden kann. Allerdings trifft dies nicht auf schwierige Operationen (z.B. Organtransplantationen) zu (AA 2.11.2012).

Zusätzlich gibt es ein staatliches Wohlfahrts-Programm, das von Pakistan Bait-ul-Mal administriert wird. Es bietet eine medizinisch-finanzielle Hilfestellung für Bedürftige, bei der die Behandlung dem staatlichen Krankenhaus mit der Bestätigung für die Behandlungskosten vorab bezahlt wird. Für bedürftige Menschen wird somit die medizinische Versorgung durch die Krankenhäuser selbst, durch Bait-ul-Mal und verschiedene Programme der Provinzregierung übernommen, womit, in der Einschätzung des Gesprächspartners, grundsätzlich die Fälle ohne andere Möglichkeiten abgedeckt sind. In erster Linie wird allerdings die Finanzierung in Notlagen durch die Familie aufgebracht. Auf der anderen Seite wurzelt im Zakat auch eine Tradition der Wohltätigkeitsprogramme und Spendenbereitschaft, es gibt wichtige Wohltätigkeitseinrichtungen im medizinischen Bereich (BAA 6.2013). Es gibt viele NGOs und staatliche Stellen, die medizinische Dienstleistungen im Rahmen verschiedener Projekte bereitstellen. Solche Angebote umfassen folgende Aktivitäten:

Psychosoziale Unterstützung, Medizinische Notversorgung, Familienplanung, Kostenlose Apotheken, Mobile Krankenlager, Notunterkünfte, Krankentransport (auch Luftrettung), Blutbanken (IOM 8.2013).

IOM nennt das von Imran Khan gegründete Shaukat Khanum Memorial Cancer Hospital and Research Centre in Lahore als Beispiel, welches führend auf dem Gebiet der Krebsbehandlung ist und gleichzeitig über ein System der Gratisversorgung bei Bedürftigkeit verfügt. Auch die Aga Khan Stiftung leistet sehr viel auf dem medizinischen Gebiet. Es gibt ein großes Aga Khan University Hospital in Karatschi mit einem Labornetzwerk, das eine sehr gute medizinische Versorgung bietet, in dem Vermögende zahlen müssen und Arme gratis behandelt werden. Die Stiftung hat auch medizinische Einrichtungen in anderen Städten Pakistans (BAA 6.2013).

Die Edhi Foundation unterhält 335 Gesundheitszentren in ganz Pakistan mit 24 Stunden Service und 1.800 Ambulanzfahrzeuge sowie 250 Notfallambulanzen, 28 Rettungsbooten, 30 Apotheken, kostenlose Kliniken und Diagnosezentren in Karatschi und Hyderabad, zwei Geburtskliniken in Karatschi, ein Diabetes-Zentrum in Karatschi, Laboratorien in Karatschi und Hyderabad, zwei Krankenpflege-Ausbildungszentren in Karatschi, Rehabilitationszentren für Drogenkranke in Karatschi und einen Luftrettungsdienst. Sie verteilt auch notwenige medizinische Behelfe wie Rollstühle, Patientenbetten, Sauerstoffflaschen u.a. Die Einrichtungen der Edhi Foundation richten sich an Bedürftige und sind kostenlos (BAA 6.2013). Zentren der Edhi Foundation, der größten Wohlfahrtstiftung Pakistans werden sowohl in Großstädten als auch in entlegenen Gebieten unterhalten (IOM 8.2013).

Quellen:

AA - Auswärtiges Amt (2.11.2012): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Pakistan

BAA - Bundesasylamt (6.2013): Bericht zur Fact Finding Mission Pakistan vom 8-16.3.2013 mit den Schwerpunkten Sicherheitslage, Religiöse Minderheiten Landrechte Medizinische und soziale Versorgung, Afghanische Flüchtlinge

HRCP - Human Rights Commission of Pakistan (3.2013): State of Human Rights in 2012,

http://hrcp-web.org/hrcpweb/wp-content/pdf/AR2012.pdf, Zugriff 2.9.2013

IOM - Internationale Organisation für Migration (8.2013):

Länderinformationsblatt Pakistan, http://www.bamf.de/SharedDocs/MILo-DB/DE/Rueckkehrfoerderung/Laenderinformationen/Informationsblaetter/cfs_pakistan-dl_de.pdf?__blob=publicationFile, Zugriff 14.10.2013

Lancet (17.5.2013): Health Transitions in Pakistan 1 Pakistan's health system: performance and prospects after the 18th Constitutional Amendment,

http://dx.doi.org/10.1016/S0140-6736(13)60019-7, Zugriff 11.9.2013

Behandlung nach Rückkehr und Dokumente

Zurückgeführte Personen haben bei ihrer Rückkehr nach Pakistan allein wegen der Stellung eines Asylantrags nicht mit staatlichen Repressalien zu rechnen. Eine über eine Befragung hinausgehende besondere Behandlung Zurückgeführter ist nicht festzustellen. Aus Ländern wie der Türkei, Griechenland und Großbritannien, werden regelmäßig Abschiebungen nach Pakistan durchgeführt. Die Rückführung von pakistanischen Staatsangehörigen ist nur mit gültigem pakistanischem Reisepass oder mit einem von einer pakistanischen Auslandsvertretung ausgestellten so genannten "emergency passport" möglich, nicht aber mit deutschen oder europäischen Passersatzdokumenten (AA 2.11.2012).

Die nationale Datenbank- und Registrierungsbehörde (NADRA) ist für die Ausstellung der Ausweispapiere (National Identity Card, Pakistan Origin Card - PIC, National Identity Card for Overseas Pakistanis - NICOP und Children Registration Certificates) verantwortlich. Die zuständigen Swift Centres sind in den meisten Städten zu finden (IOM 8.2013).

Pakistan Origin Card (POC): Eine Person kann eine POC erhalten, wenn sie ausländischer Staatsbürger ist und zu einem Zeitpunkt des Lebens ein Staatsbürger Pakistans gewesen ist. National Identity Card for Overseas Pakistanis - NICOP: Die NADRA-Behörde stellt dieses Papier pakistanischen Arbeitern/Emigranten und Bürgern im Ausland aus, sowie Pakistanis, die die doppelte Staatsbürgerschaft haben und bei einer NADRA-Behörde gemeldet sind. Die NICOP und auch die POC kann wenn nötig auch anstelle der National Identity Card verwendet werden (IOM 8.2013).

Children Registration Certificate: Die NADRA-Behörde sieht vor, für jedes Kind unter 18 Jahren ein solches Meldezertifikat auszustellen. Das Zertifikat enthält Informationen wie Name, Meldenummer, Namen der Eltern und Nummer ihrer computerisierten Nationalen Ausweise, Geburtsdatum, Geburtsort und Geschlecht (IOM 8.2013).

Quellen:

AA - Auswärtiges Amt (2.11.2012): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Pakistan

IOM - Internationale Organisation für Migration (8.2013):

Länderinformationsblatt Pakistan, http://www.bamf.de/SharedDocs/MILo-DB/DE/Rueckkehrfoerderung/Laenderinformationen/Informationsblaetter/cfs_pakistan-dl_de.pdf?__blob=publicationFile, Zugriff 14.10.2013

Individuell:

Schiiten

Es existieren keine diskriminierenden Gesetze beziehungsweise gibt es keine staatlichen Regierungspolitiken gegen schiitische Muslime in Pakistan. Desweiteren gibt es keinerlei gesetzliche Beschränkungen in Bezug auf die Religionsfreiheit von schiitischen Muslimen. Es existiert jedoch eine geringfügige gesellschaftliche Diskriminierung, die dazu führt, die schiitischen Muslime in ihrem Alltagsleben einzuschränken. Die größte Bedrohung für schiitische Muslime in Pakistan stellt die sektiererische Gewalt wie auch dass sie von Militanten ins Visier genommen werden dar. Jedoch kann die Intensität wie auch die Häufigkeit dieser Bedrohungen von Region zu Region unterschiedlich ausfallen.

Es existiert eine allgemeine Bereitschaft seitens der pakistanischen Behörden, schiitische Muslime zu beschützen. Während dem "Moharram" stellen die Strafverfolgungsbehörden Schutz für die Teilnehmer bereit. Bewaffnete Streitkräfte haben den schiitischen Pilgern, die von und aus dem Iran anreisen, Schutz geboten. Allerdings limitiert der Mangel an Ressourcen die Sicherheitskräfte daran, der schiitischen Gemeinde ständigen Schutz zu gewähren.

Es gibt eine signifikante Anzahl an schiitischen Gemeinden in ganz Pakistan. Schiitische Moscheen und Glaubensstätten befinden sich in den meisten größeren Städten und Dörfern. In den meisten Fällen besteht für schiitische Muslime sehr wohl die Möglichkeit in andere, relativ sichere Gebiete in Pakistan umzuziehen.

UK Home Office (16.07.2014): Country Informatione and Guidance Note Pakistan: religious freedem,

http://ukba.homeoffice.gov.uk/sitecontent/documents/policyandlaw/countryspecificasylumpolicyogns/pakistanogn?view=Binary, Zugriff 25.8.2014

Hazaren

Bei den Hazaren handelt es sich um eine überwiegend schiitische Ethnie, welche ursprünglich aus dem Zentralraum Afghanistans abstammen. Es existiert ebenfalls eine beträchtliche Anzahl an Hazaren in Pakistan und dem Iran. Hazaren sind eine Mischung von osteurasischen und westeurasischen Menschen, die sich sichtlich von vielen anderen Pakistanern unterscheiden. Hazaren, die in ländlichen Gebieten leben, sprechen Hazaragi, ein östlicher Dialekt der persischen (Farsi) Sprache. Viele Hazaras in urbanen Gebieten Pakistans sprechen auch andere Sprachen, wie Persisch, Urdu und Englisch.

Obwohl es keine zuverlässigen Zahlen gibt, liegt die geschätzte Anzahl an der Hazara Bevölkerung in Pakistan bei bis zu 750,000. Bis zu 500,000 dieser Personen leben in und um römisch 40 , der Hauptstadt der Provinz Belutschistan. Die Bevölkerung römisch 40 schließt auch eine signifikante Anzahl an Paschtunen, Balochis, Pandschabis wie auch anderen Minderheiten mit ein.

Obwohl eine Vielzahl der Hazara Familien in römisch 40 ihren Ursprung auf die ersten Hazara Ankömmlinge im späten 19ten Jahrhundert zurückführen können, ist die Mehrheit der Gemeinde in zwei Wellen zugereist - die Erste während der sowjetischen Belagerung in Afghanistan im Jahr 1979 und die Zweite im Jahr 1996, als das Taliban Regime in Afghanistan begonnen hat die Hazaras ins Visier zu nehmen. Bestehende lokale Netzwerke haben den afghanischen Hazara-Flüchtlingen erlaubt, Flüchtlingslager zu übergehen und sich besser in die pakistanische Gesellschaft zu integrieren. Die Hazaras aus Afghanistan kommen immer wieder nach römisch 40 , obwohl sich jedoch ihre Anzahl verlangsamt hat.

Hazaras leben im Umkreis von römisch 40 und das hauptsächlich in zwei ihrer eigenen Gemeinden - Hazara Dorf (auch bekannt als "Brewery Straße") und entlang der "Alamdar" Straße in Richtung "Mehrabad". Diese neigen dazu Gebiete an den Stadträndern von römisch 40 mit niedrigem und mittelständischem Einkommen zu sein. Innerhalb dieser Gebiete haben die Hazara Zugang zu medizinischen und bildungstechnischen Einrichtungen, die im Allgemeinen von ihren eigenen Gemeinden bereitgestellt werden. Üblicherweise haben Hazara Familien in römisch 40 Verwandtschaft in den westlichen Ländern und sie erhalten auf reguläre Basis Geldüberweisungen von ihnen.

Diskriminierung

Hazaras in Pakistan sind relativ gut gebildet und sie begleitet die Reputation hart arbeitende Menschen zu sein. Laut DFAT unterliegt die pakistanische Hazara Gemeinde keinen offiziellen Regierungspolitiken in Bezug auf Diskrimination (das heißt einer offiziellen Diskriminierung) und es gibt nur wenig Diskriminierung auf der Gemeindeebene (sprich gesellschaftliche Diskriminierung). DFAT hat festgestellt, dass die Hazaras in römisch 40 in die örtliche Gesellschaft integriert sind und Seite an Seite mit Mitgliedern anderer ethnischen Gruppierungen zusammenarbeiten. Viele sind im öffentlichen Dienst der Regierung Balochistans beschäftigt und arbeiten für die Polizeikräfte Balochistans. Hazaras sind üblicherweise ebenfalls in der Privatwirtschaft angestellt. In ganz Pakistan haben die Hazaras die Möglichkeit ihre Religion in schiitischen Moscheen frei auszuleben.

Hazaras, deren Familien für Generationen hinweg in Pakistan gelebt haben, sind dazu berechtigt, die pakistanische Staatsangehörigkeit zu erlangen. Einige, jedoch nicht alle, Mitglieder der afghanischen Hazaras, die erst vor kurzem nach römisch 40 migriert sind, haben rechtsgültige Aufenthaltsberechtigungsdokumente beziehungsweise Flüchtlingsregistrierungskarten, die es ihnen erlauben in Pakistan zu bleiben, erhalten.

Gewalt

Die Sicherheitssituation in Balochistan ist unbeständig, das schließt auch römisch 40 mit ein. Bundes- und Landesstellen üben keine effektive Kontrolle von urbanen Zentren und Quartieren aus. Das größte Risiko für die Hazara Gemeinde stellen ideologisch motivierte Ermordungen seitens sektiererischen Organisationen wie der "LeJ" dar. DFAT hat festgestellt, dass die pakistanische Hazara Gemeinde weiterhin das Ziel von häufig stattfindender sektiererischer Gewalt ist, teilweise weil es sich um Mitglieder einer physisch getrennten und überwiegend schiitischen ethnische Gruppe handelt. Beispielsweise wurden am 17. Februar 2013 mindestens 84 Personen, hauptsächlich Hazaras, ermordet, als eine Bombe in einem Gemüsemarkt in römisch 40 explodiert ist. Hazaras in römisch 40 waren das Ziel einer Serie von Bombenexplosionen im Januar 2013 und mehr als 90 Leben wurden dabei genommen. Die anti-schiitische "LeJ" hat sich für diese beiden Angriffe verantwortlich erklärt.

Als Folge dieser Anschläge haben sich die Hazaras in zwei Enklaven in römisch 40 , die vorwiegend aus Hazaras bestehen und wo sie einen größeren Grad an Sicherheit genießen, zurückgezogen. Allerdings hat die DFAT festgestellt, dass sich die Hazaras im Allgemeinen während den Tagesstunden frei in römisch 40 bewegen können. Um ihre Gemeinde zu verteidigen, sind einige Hazaras im Besitz ihrer eigenen, lizenzierten Waffen.

Reisesicherheit

Das Reisen in einigen Teilen Pakistans kann für alle Pakistaner, unabhängig von ihrer Ethnizität beziehungsweise ihrer Religion, gefährlich ausfallen. Jedoch wurden schiitische Hazaras, die nach Balochistan reisten, von Militanten ins Visier genommen. Zum Beispiel wurden im September 2011 26 Mitglieder einer Hazara Gemeinde, die mit dem Bus in den Iran reisten, um die schiitischen heiligen Stätten zu besuchen, von bewaffneten Männern in der Nähe des Dorfes Mastung dazu gezwungen von Bord zu gehen und sie wurden daraufhin zu Tode geschossen. Drei weitere Personen wurden ermordet, da diese die verletzten Menschen in ein Krankenhaus gebracht haben. "Lej" erklärte sich für diesen Anschlag verantwortlich. Die pakistanischen Medien haben von einer Vielzahl anderer Bespiele, bei denen Hazaras auf den Straßen in und um römisch 40 angegriffen wurden, berichtet. Obwohl es der DFAT nicht Möglich ist diese Informationen zu verifizieren, haben die Führer der Hazara Gemeinde berichtet, dass das Reisen auf der Straße nach Zhob beziehungsweise durch Bolan in Balochistan und nach Dera Ghazi Khan in Punjab äußerst gefährlich für Hazaras ist. Aufgrund dieser Gefahren haben sich viele Hazaras dazu entschieden aus römisch 40 mit dem Flugzeug zu fliegen, um andere Destinationen in Pakistan erreichen zu können, da diese Reisemöglichkeit eine sicherere Alternative als das Reisen auf der Straße darstellt.

Interne Umsiedlung

Die Bewegungsfreiheit in ganz Pakistan wird vom Absatz 15 der Verfassung gewährleistet. Aufgrund der Größe Pakistans und ihrer Verschiedenartigkeit, bietet eine interne Umsiedlung einen Grad an Anonymität und die Möglichkeit für Opfer Schutz vor Diskriminierung beziehungsweise Gewalt zu finden an. In den meisten Fällen gibt es für Zugehörige der meisten ethnischen Gruppierungen und religiösen Minderheiten die Möglichkeit, in Gebiete mit einer relativen Sicherheit in einem anderen Teil Pakistans umzusiedeln. Im Besonderen stellen viele große urbane Zentren die Heimat verschiedener ethnischer und religiöser Gemeinschaften dar und bieten bessere Möglichkeiten für Arbeit, den Zugang zu Dienstleistungen wie auch einen besseren Grad an staatlichem Schutz als in anderen Gebieten. In Praxis wird eine interne Umsiedlung am erfolgreichsten betrachtet, wenn diese Verhältnisse bestehen, jedoch ist dieses meistens aufgrund des Mangels an finanziellen Ressourcen und in einigen Fällen aufgrund den Schulden an Grundeigentümer oder Geldgeber limitiert.

DAFT (29.11.2013) Countra Information Report Pakistanhttps://www.immi.gov.au/media/publications/pdf/dfat-cir-pakistan.pdf, Zugriff am 25.8.2014

römisch II.1.3. Behauptete Ausreisegründe aus dem Herkunftsstaat

Es konnte nicht festgestellt werden, dass dem BF eine aktuelle sowie unmittelbare persönliche und konkrete Gefährdung oder Verfolgung in seinem Heimatland Pakistan droht.

2. Beweiswürdigung:

römisch II.2.1. Das erkennende Gericht hat durch den vorliegenden Verwaltungsakt Beweis erhoben und ein ergänzendes Ermittlungsverfahren sowie eine Beschwerdeverhandlung durchgeführt. Aufgrund des vorliegenden Verwaltungsaktes, des Ergebnisses des ergänzenden Ermittlungsverfahrens sowie der Beschwerdeverhandlung ist das ho. Gericht in der Lage, sich vom entscheidungsrelevanten Sachverhalt ein ausreichendes und abgerundetes Bild zu machen.

römisch II.2.2. Die Feststellungen zur Person des BF ergeben sich - vorbehaltlich der Feststellungen zur Identität - aus seinen in diesem Punkt nicht widerlegten Angaben sowie seinen Sprach- und Ortskenntnissen und den seitens des BF vorgelegten Bescheinigungsmittel.

Aufgrund der Vorlage verschiedener Dokumente (pakistanischer Personalausweis, pakistanischer Schülerausweis, Schul- und Universitätszeugnisse, Kopie des pakistanischen Reisepasses, Kopie eines Visums für die USA und Fortbildungsbestätigung aus den USA, Meldebestätigung aus römisch 40 ) konnte die Identität des BF festgestellt werden.

Die Feststellungen zum Gesundheitszustand des BF und seinen familiären Anknüpfungspunkten ergeben sich aus den diesbezüglichen Angaben des BF im Verfahren. Zudem ergibt sich aus dem vorliegenden Verwaltungsakt kein Hinweis auf einen problematischen Gesundheitszustand.

römisch II.2.3 Zu der getroffenen Auswahl der Quellen, welche zur Feststellung der asyl- und abschiebungsrelevanten Lage im Herkunftsstaat herangezogen wurden, ist anzuführen, dass es sich hierbei aus der Sicht des erkennenden Gerichts um eine ausgewogene Auswahl verschiedener Quellen - sowohl staatlichen, als auch nichtstaatlichen Ursprunges - handelt, welche es ermöglichen, sich ein möglichst umfassendes Bild von der Lage im Herkunftsstaat zu machen. Zur Aussagekraft der einzelnen Quellen wird angeführt, dass zwar in nationalen Quellen rechtsstaatlich-demokratisch strukturierter Staaten - von denen der Staat der Veröffentlichung davon ausgehen muss, dass sie den Behörden jenes Staates, über den berichtet wird, zur Kenntnis gelangen - diplomatische Zurückhaltung geübt wird, wenn es um Sachverhalte geht, für die ausländische Regierungen verantwortlich zeichnen, doch andererseits sind gerade diese Quellen aufgrund der nationalen Vorschriften vielfach zu besonderer Objektivität verpflichtet, weshalb diesen Quellen keine einseitige Parteiennahme weder für den potentiellen Verfolgerstaat, noch für die behauptetermaßen Verfolgten unterstellt werden kann. Hingegen findet sich hinsichtlich der Überlegungen zur diplomatischen Zurückhaltung bei Menschenrechtsorganisationen im Allgemeinen das gegenteilige Verhalten wie bei den oa. Quellen nationalen Ursprunges. Der Organisationszweck dieser Erkenntnisquellen liegt gerade darin, vermeintliche Defizite in der Lage der Menschenrechtslage aufzudecken und falls laut dem Dafürhalten - immer vor dem Hintergrund der hier vorzunehmenden inneren Quellenanalyse - der Organisation ein solches Defizit vorliegt, dies unter der Heranziehung einer dem Organisationszweck entsprechenden Wortwahl ohne diplomatische Rücksichtnahme, sowie uU mit darin befindlichen Schlussfolgerungen und Wertungen - allenfalls unter teilweiser Außerachtlassung einer systematisch-analytischen wissenschaftlich fundierten Auswertung der Vorfälle, aus welchen gewisse Schlussfolgerungen und Wertungen abgeleitet werden - aufzuzeigen vergleiche Erk. des AsylGH vom 1.8.2012, Gz. E10 414843-1/2010).

Die getroffenen Feststellungen ergeben sich daher im Rahmen einer ausgewogenen Gesamtschau unter Berücksichtigung der Aktualität und der Autoren der einzelnen Quellen. Auch kommt den Quellen im Rahmen einer Gesamtschau Aktualität zu (zu den Anforderungen an die Aktualität einer Quelle im Asylverfahren vergleiche etwa Erk. d. VwGH v. 4.4.2001, Gz. 2000/01/0348).

Der BF trat auch den Quellen und deren Kernaussagen nicht konkret und substantiiert entgegen.

Soweit der BF in der Beschwerde sowie im Rahmen der mündlichen Verhandlung Quellen zitiert, denen zufolge die belangte Behörde ihm in richtiger Anwendung von Paragraph 3, AsylG die Furcht vor Verfolgung aus Konventionsgründen hätte glauben und ihm den Status des Asylberechtigten zuerkennen müssen, so ist dazu anzumerken, dass zum einen das Vorbringen des BF zu seiner individuellen Bedrohungslage bzw. zu seinen individuellen Fluchtgründen an sich als unglaubwürdig anzusehen ist (s. Pkt. römisch II.2.4.) und sich zum anderen aus den zitierten Berichten den Kernaussagen betreffend kein anderes Lagebild ergibt wie dies in der verwendeten Berichtslage wiedergegeben wurde. Zudem ist in Betracht zu ziehen, dass die dem BF im Vorfeld zur mündlichen Verhandlung zur Kenntnis gebrachten länderspezifischen Feststellungen zum Herkunftsstaat Pakistan zwar nicht den Anspruch absoluter Vollständigkeit erheben (können), jedoch als so umfassend qualifiziert werden können, dass der Sachverhalt bezüglich der individuellen Situation des BF in Verbindung mit der Beleuchtung der allgemeinen Situation im Herkunftsstaat als geklärt angesehen werden kann. Es ist - bei einem Land wie Pakistan mit einer sehr hohen Berichtsdichte, in dem praktisch ständig neue Erkenntnisquellen entstehen - de facto unmöglich, sämtliches existierendes Berichtsmaterial zu berücksichtigen, weshalb die belangte Behörde bzw. das erkennende Gericht ihrer Obliegenheit zur Feststellung der asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in Pakistan nachkommt, wenn sie bzw. es sich zur Entscheidungsfindung eines repräsentativen Querschnitts des bestehenden Quellenmaterials bedient.

römisch II.2.4. Das Vorbringen des BF - er sei als gebildeter Hazara und Schiite mit westlicher Orientierung, der in der Lehrerausbildung tätig ist, konkret gegen ihn gerichteten Verfolgungshandlungen ausgesetzt - wird aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens für unglaubwürdig erachtet.

Das erkennende Gericht hat anhand der Darstellung der persönlichen Bedrohungssituation eines Beschwerdeführers und den dabei allenfalls auftretenden Ungereimtheiten - z.B. gehäufte und eklatante Widersprüche (z.B. VwGH 25.1.2001, 2000/20/0544) oder fehlendes Allgemein- und Detailwissen (z.B. VwGH 22.2.2001, 2000/20/0461) - zu beurteilen, ob Schilderungen eines Asylwerbers mit der Tatsachenwelt im Einklang stehen oder nicht.

Auch wurde vom Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass es der Verwaltungsbehörde [nunmehr dem erkennenden Gericht] nicht verwehrt ist, auch die Plausibilität eines Vorbringens als ein Kriterium der Glaubwürdigkeit im Rahmen der ihr zustehenden freien Beweiswürdigung anzuwenden. (VwGH v. 29.6.2000, 2000/01/0093).

Weiters ist eine abweisende Entscheidung im Verfahren nach Paragraph 7, AsylG [numehr: Paragraph 3, AsylG] bereits dann möglich, wenn es als wahrscheinlich angesehen wird, dass eine Verfolgungsgefahr nicht vorliegt, das heißt, mehr Gründe für als gegen diese Annahme sprechen vergleiche zum Bericht der Glaubhaftmachung: Ackermann, Hausmann, Handbuch des Asylrechts [1991] 137 f; s.a. VwGH 11.11.1987, 87/01/0191; Rohrböck AsylG 1997, Rz 314, 524).

Von einem Antragsteller ist ein Verfolgungsschicksal glaubhaft darzulegen. Einem Asylwerber obliegt es, bei den in seine Sphäre fallenden Ereignissen, insbesondere seinen persönlichen Erlebnissen und Verhältnissen, von sich aus eine Schilderung zu geben, die geeignet ist, seinen Asylanspruch lückenlos zu tragen und er hat unter Angabe genauer Einzelheiten einen in sich stimmigen Sachverhalt zu schildern. Die Behörde muss somit die Überzeugung von der Wahrheit des von einem Asylwerber behaupteten individuellen Schicksals erlangen, aus dem er seine Furcht vor asylrelevanter Verfolgung herleitet. Es kann zwar durchaus dem Asylwerber nicht die Pflicht auferlegt werden, dass dieser hinsichtlich asylbegründeter Vorgänge einen Sachvortrag zu Protokoll geben muss, der auf Grund unumstößlicher Gewissheit als der Wirklichkeit entsprechend gewertet werden muss, die Verantwortung eines Antragstellers muss jedoch darin bestehen, dass er bei tatsächlich zweifelhaften Fällen mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit die Ereignisse schildert.

Der BF wurde im Rahmen des Asylverfahrens darauf hingewiesen, dass seine Angaben eine wesentliche Grundlage für die Entscheidung im Asylverfahren darstellen. Der BF wurde zudem aufgefordert, durch wahre und vollständige Angaben an der Sachverhaltsfeststellung mitzuwirken und er wurde darauf aufmerksam gemacht, dass unwahre Angaben nachteilige Folgen haben.

römisch II.2.4.1. Das Vorbringen des BF, in römisch 40 seien die Hazara und Schiiten nicht sicher, wird grundsätzlich als der Wahrheit entsprechend angesehen und deckt sich mit den festgestellten Länderinformationen, wonach die Sicherheitslage der Hazara-Minderheit, vor allem in Belutschistan, in den Berichten übereinstimmend als durchaus prekär beschrieben wird vergleiche BAA 6.2013), es kann aber dennoch nicht von einer Gruppenverfolgung der schiitischen Hazara ausgegangen werden.

Das erkennende Gericht verkennt nicht, dass sektiererische Gewalt zwischen Sunniten und Schiiten in Pakistan existiert, hieraus kann jedoch nicht geschlossen werden, dass jeder Schiite in Pakistan mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit der landesweiten Gefahr ausgesetzt sei, Opfer solcher Gewalt zu werden. Vielmehr geht das erkennende Gericht nach Würdigung und Bewertung des Berichtslage im Wege einer Gesamtschau der maßgeblichen Kriterien davon aus, dass Schiiten allein aufgrund ihrer Glaubenszugehörigkeit, also ohne hinzukommende persönliche Gefährdungsmerkmale, in Pakistan keiner hieran anknüpfenden gruppengerichteten religiösen oder politischen Verfolgung durch extremistische Sunniten ausgesetzt sind. Eine religiöse oder politische Verfolgung von Schiiten durch die derzeitige pakistanische Regierung ist nach Auskunftslage nicht ersichtlich. Auch die berichteten Übergriffe durch radikale, terroristische Organisationen erreichen von der Anzahl der Rechtsverletzungen im Verhältnis zur Gesamtzahl dieser Gruppe und ihrer Behandlung durch die sunnitische Bevölkerungsmehrheit im Übrigen schon nicht die Schwelle, ab der eine Verfolgungsdichte anzunehmen wäre. Zwar ist die schiitische Bevölkerungsminderheit Terroraktionen durch sunnitische Extremisten ausgesetzt, jedoch kann nach Auskunftslage nicht festgestellt werden, dass auch für jeden Schiiten der rund 193 Millionen Pakistanis, wobei Schiiten ca. 10-15% der Bevölkerung ausmachen, in Pakistan eine aktuelle Gefahr eigener und persönlicher Betroffenheit bestünde.

Hazara in Pakistan sind laut Länderinformationsbericht des Australian Government vom 29.11.2013 relativ gut gebildet und sie begleitet die Reputation hart arbeitende Menschen zu sein. Laut DFAT unterliegt die pakistanische Hazara-Gemeinde keinen offiziellen Regierungspolitiken in Bezug auf Diskrimination (das heißt einer offiziellen Diskriminierung) und es gibt nur wenig Diskriminierung auf der Gemeindeebene (sprich gesellschaftliche Diskriminierung). DFAT hat festgestellt, dass die Hazaras in römisch 40 in die örtliche Gesellschaft integriert sind und Seite an Seite mit Mitgliedern anderer ethnischen Gruppierungen zusammenarbeiten. Viele sind im öffentlichen Dienst der Regierung Balochistans. Hazaras sind üblicherweise ebenfalls in der Privatwirtschaft angestellt. In ganz Pakistan haben die Hazaras die Möglichkeit, ihre Religion in schiitischen Moscheen frei auszuleben.

In diesem Kontext ist darauf hinzuweisen, dass die der Entscheidung zugrunde liegenden Quellen zweifelsohne im Wesentlichen eine kritische Sicherheitslage für schiitische Hazara darlegen, gleichwohl ist das Bild zwiespältig.

Einerseits ist den Berichten zu entnehmen, dass die schiitische Hazara-Minderheit besonderes Ziel in Belutschistan ist vergleiche BAA 6.2013). Sunnitische extremistische Bewaffnete attackieren in römisch 40 systematisch Angehörige der Hazara. Es gab keine Verhaftungen, was schwere Vorwürfe gegen die Regierung hervorruft.

Andererseits wird ebenso ausgeführt, dass die Regierung im November 2009 ein Maßnahmenpaket zur Verbesserung der Situation in Belutschistan verabschiedet hat. Dennoch ist es bislang noch zu keiner grundlegenden Verbesserung der politischen Situation in Belutschistan gekommen; die politisch motivierten Gewalttaten gehen weiter (AA 2.11.2012). Die Kontrolle durch das Militär dauert jedoch weiter an (Reuters 11.4.2013). Nach den nationalen Wahlen nominierte der neue Premierminister Nawaz Sharif den belutschischen Nationalisten Dr. Abdul Malik Baloch von der Nationalpartei zum Chief Minister von Belutschistan, obwohl die PML-N in der Provinzversammlung von Belutschistan in den Wahlen die Mehrheit erringen konnte. Die Ernennung wird als wichtiger Schritt der Stabilisierungsbemühungen von Nawaz Sharif angesehen (BAA 6.2013). Bundes- und Landesstellen üben keine effektive Kontrolle von urbanen Zentren und Quartieren aus. Das größte Risiko für die Hazara Gemeinde stellen ideologisch motivierte Ermordungen seitens sektiererischen Organisationen wie der "LeJ" dar. DFAT hat festgestellt, dass die pakistanische Hazara Gemeinde weiterhin das Ziel von häufig stattfindender sektiererischer Gewalt ist, teilweise weil es sich um Mitglieder einer physisch getrennten und überwiegend schiitischen ethnischen Gruppe handelt. Als Folge dieser Anschläge haben sich die Hazara in zwei Enklaven in römisch 40 , die vorwiegend aus Hazara bestehen und wo sie einen größeren Grad an Sicherheit genießen, zurückgezogen. Allerdings hat die DFAT festgestellt, dass sich die Hazara im Allgemeinen während den Tagesstunden frei in römisch 40 bewegen können. Um ihre Gemeinde zu verteidigen, sind einige Hazara im Besitz ihrer eigenen, lizenzierten Waffen vergleiche DAFT (29.11.2013) Country Information Report Pakistan).

Weiters sind die pakistanischen Sicherheitsbehörden bestrebt, Übergriffe seitens terroristischer Organisationen, die sich keineswegs nur gegen Schiiten richten, jedenfalls teilweise erfolgreich zu unterbinden. Die Taliban werden unter Einsatz des pakistanischen Militärs, teilweise auch erfolgreich bekämpft. So wurden 79 Suchoperationen gegen Terroristen für 2012 im ganzen Land verzeichnet, 27 in Khyber Pakhtunkhwa, 24 in der FATA, elf in Belutschistan und vier im Sindh. Dabei wurden hohe Mengen an Sprengstoff, Selbstmordjacken und Waffen gefunden. Zum anderen ist ebenso zu berücksichtigen, dass Übergriffe seitens extremistischer Gruppierungen sich nicht nur gezielt gegen Angehörige der Hazara-Gemeinde richten bzw. sich auch nicht landesweit mit gleicher Intensität ereignen, sodass die erforderliche Intensität, die zur Feststellung einer Gruppenverfolgung erforderlich wäre, nicht gegeben ist.

Zum weiteren Vorbringen des BF, der BF sei als ein in der Lehrerausbildung Tätiger mit schiitisch-islamischen Glaubens Angehöriger ein Angehöriger einer sozialen Gruppe (Beschwerde, AS 359), darf zudem ausgeführt werden:

Der BF stammt aus XXXX/Belutschistan. Dem Umstand, dass für den BF als gebildeter, schiitischer Hazara im Falle einer Rückkehr in sein Heimatland eine Gefährdung im Hinblick auf die Sicherheitslage nicht mit Sicherheit ausgeschlossen werden kann, hat die belangte Behörde durch die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß Paragraph 8, Absatz eins, AsylG entsprochen und ist diesbezüglich nicht näher einzugehen. Diese Gefährdung reicht aber nicht aus, um die Forderung nach Anerkennung der Flüchtlingseigenschaft zu begründen.

Die Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe reicht alleine für gewöhnlich nicht aus, um die Forderung nach Anerkennung der Flüchtlingseigenschaft zu begründen. Für die Gewährung von Asyl muss eine Verfolgung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eintreten, es genügt nicht, dass sie bloß nicht ausgeschlossen werden kann (VwGH 21.12.2000, 2000/01/0131; 25.01.2001, 2001/20/0011). Eine konkrete Gefährdung bzw. eine konkret gegen den BF gerichtete Verfolgungshandlung konnte der BF nicht glaubhaft machen vergleiche Pkt. römisch II.2.4.2.). Zudem kann aufgrund der Berichtslage nicht davon ausgegangen werden, dass es eine systematische Diskriminierung bzw. Verfolgung von westlich orientierten Lehrern bzw. westlich orientierten Lehrern mit schiitischem Glauben und Zugehörigkeit der Volksgruppe der Hazara in Pakistan gibt. Die vom BF vorgebrachte Verfolgung von Dritten - Fundamentalisten bzw. durch die Taliban und andere jihadistische bzw. religiös motivierter Gruppen - richtet sich nicht nur gegen bestimmte Berufsgruppen und sind wie bereits oben angeführt die pakistanischen Sicherheitsbehörden bestrebt, Übergriffe seitens terroristischer Organisationen, die sich keineswegs nur gegen bestimmte Berufsgruppen richten, jedenfalls teilweise erfolgreich zu unterbinden.

römisch II.2.4.2. Wenn der BF anführt, er sei konkreten Verfolgungshandlungen ausgesetzt gewesen, da er einem Attentat auf einen Van nur knapp entkommen sei, so war diesem Vorbringen in Bezug auf einer persönliche Gefährdung die Glaubwürdigkeit abzusprechen. Dass es zu dem vom BF geschilderten Vorfall kam, wird in keinster Weise angezweifelt, dass der BF konkret Ziel dieses Anschlages werden solle, wird hingegen nicht als der Wahrheit entsprechend betrachtet.

So schilderte der BF, er sei am römisch 40 in einem Van gesessen, um in Richtung Basar zu fahren. Er habe seinen Platz dann einem Mädchen überlassen, welches es eilig zu einer Prüfung gehabt habe. Der BF selbst habe ein Taxi genommen. Der Van sei dann beschossen worden und es seien dabei elf Personen ums Leben gekommen (AS 58 - 59). Auf Nachfrage, ob sich diese Anschläge gegen ihn als Person konkret gerichtet hätten, gab der BF an, er sei "Teil dieser Volksgruppe und somit genauso gefährdet wie alle Hazara" (AS 59). Einen konkret gegen ihn gerichteten Anschlag schloss er damit auch selbst aus.

Im Laufe der Einvernahme führte der BF in Hinblick auf diesen Anschlag weiter aus, er sei "im Juli 2011 draufgekommen, dass der Anschlag auf den Van eigentlich ihm gegolten hat, man wollte eigentlich mich umbringen" (AS 59). Erfahren habe er dies, da ihn ein Polizist in Zivil zu Hause aufgesucht und befragt habe, warum er den Van vor dem Anschlag verlassen habe. Die Frage, woher die Polizei seinen Namen gewusst habe, konnte der BF nicht schlüssig beantworten. Der Erklärungsversuch des BF, dass ihn möglicherweise die Leute aus dem Taxi verraten hätten oder die Polizei ihn zufällig aussteigen gesehen habe, ist jedenfalls nicht nachvollziehbar, zumal der BF selbst einräumte, dass ihn weder die Leute im Taxi noch die Polizei namentlich gekannt hätten (AS 59).

Nach Vorhalt dieser Ungereimtheit in seiner Schilderung brachte der BF weitere, konkret gegen ihn gerichtete, Verfolgungshandlungen vor:

"[BF:] Ich habe erfahren, dass ich ein Ziel für einen Anschlag bin. [LA:] Von wem haben Sie das erfahren? [BF:] Es waren nicht nur die zwei Telefongespräche, sondern auch die Polizei hat mir das gesagt [LA:] Wer von der Polizei hat Ihnen was gesagt? [BF:] Drei Abende hintereinander kamen zwei Polizisten in Zivil zu uns und haben meine Angehörigen befragt. Ich selbst war zu diesem Zeitpunkt in Karachi. [LA:] Worüber wurden Ihre Angehörigen befragt? [BF:] Sie haben gefragt, wo ich mich aufhalte. [LA:] Das war alles? [BF:] Ja, ich habe die Polizisten ja nicht getroffen. [LA:] Die Polizisten haben eine Warnung hinterlassen, dass Sie Ziel eines Anschlages sind? [BF:] Das weiß ich nicht. [LA:] Vorhalt: Sie haben doch soeben angegeben, von der Polizei erfahren zu haben, dass Sie Ziel eines Anschlages sind. [BF:] Nach den Telefonanrufen und dem Anschlag auf das Auto habe ich selbst darauf geschlossen, dass ich Opfer eines Anschlages sein könne. Alle Hazara sind im Visier der Terroristen."

(AS 59 - 61). Schon aus diesem Auszug ist jedoch ersichtlich, dass der BF in einer wortkargen Darlegung einiger weniger Eckpunkte einer Schilderung verharrte, die Antworten auf die gestellten Fragen waren kurz und vage und zudem teilweise unschlüssig. Dem BF war es nicht möglich, von sich aus detailliert und umfassend die Geschehnisse zu schildern, so wie eben Menschen berichten, welche das Erzählte tatsächlich erlebt haben. Dass diese Bedrohungen, so sie überhaupt stattgefunden haben, gegen ihn konkret gerichtet gewesen sein sollen, wurde vom BF selbst wieder relativiert bzw. in Abrede gestellt, da "er selbst darauf geschlossen hat, dass er Opfer eines Anschlags sein könne" bzw. "alle Hazara im Visier der Terroristen sind".

Wie schon zuvor das BFA gelangt somit auch das erkennende Gericht zu der Überzeugung, dass es dem BF nicht gelungen ist, ein detailliertes und stimmiges Vorbringen in Hinblick auf eine konkret gegen seine Person gerichtete Verfolgungshandlung zu erstatten, um die nötige Glaubwürdigkeit zu erlangen.

Im Zuge der Verhandlung am 24.09.2014 steigerte der BF sein Vorbringen im Hinblick auf die gegen ihn konkret gerichtete Bedrohung noch wie folgt: "... es wurde auch gesprochen, dass ich die Bevölkerung zum Christentum überrede. Das war völliger Schwachsinn. Deshalb wollten sie mich umbringen, sie haben mich bedroht und haben gesagt, sie werden mich überall in Pakistan ausfindig machen" (Verhandlungsschrift, Seite 8). Warum der BF erst in der Verhandlung dieses Vorbringen erstattete, erschließt sich dem Gericht nicht, geht aber ohnehin von der Unglaubwürdigkeit dieses späten, gesteigerten Vorbringens aus, zumal kein Asylwerber sich eine bietende Gelegenheit, zentral entscheidungsrelevantes Vorbringen zu erstatten, ungenützt vorübergehen lassen würde (VwGH 07.06.2000, 2000/01/0250) und der BF mehrere Gelegenheiten hatte, sein Vorbringen ausführlich zu erstatten. Dies lässt den Schluss zu, dass es sich auch bei dieser behaupteten Bedrohung - Verfolgung wegen Unterstellung der Missionierung - um keine real erlebte Situation handelte, und es wäre bei einer derartigen Bedrohung nicht nur eine stärkere Personalisierung in Form eines größeren Detailreichtums zu erwarten gewesen, sondern auch die frühzeitige Schilderung dieses Ereignisses im Laufe des Verfahrens und nicht nur die beiläufige Erwähnung im Zuge von bereits mehreren auf Konkretisierung des Sachverhalts hinwirkenden Fragen.

Bezüglich des Vorbringens, der BF habe Drohanrufe erhalten, er sei bedroht worden nicht mehr mit NGO¿s zusammenzuarbeiten bzw. an Universitäten zu arbeiten, wird darauf hingewiesen, dass dieser Sachvortrag derart vage und detailarm war, sodass dieses Vorbringen einer Glaubwürdigkeitsprüfung nicht standhalten kann.

Nach allgemeiner Lebenserfahrung ist davon auszugehen, dass ein Asylwerber, der bemüht ist, in einem Land Aufnahme und Schutz zu finden, in der Regel bestrebt ist, alles diesem Wunsch Dienliche vorzubringen und zumindest die Kernfluchtgeschichte möglichst umfassend zu schildern, sodass der Behörde bzw. dem Gericht erkennbar ist, welchen massiven Bedrohungen er im Herkunftsland ausgesetzt sei. Die knappen, vagen und inhaltsleeren Angaben des BF waren jedoch nicht geeignet, eine derart schwere Verfolgung glaubhaft zu machen, die sie dazu getrieben hätte, ihr Heimatland zu verlassen.

So gab der BF diesbezüglich an, er habe zwei Telefonanrufe erhalten, in denen man den BF drohte, nicht mehr bei diesen Organisationen zu arbeiten. Dies habe auch seine Arbeit an der Universität betroffen. Nähere Umstände in diesem Zusammenhang brachte der BF nicht vor, obwohl dieser am Beginn seiner Einvernahme vor der belangten Behörde darauf hingewiesen wurde, dass es ihm obliegt, sein Vorbringen möglichst genau zu schildern.

Auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass Menschen unterschiedliche Erzählstile, darunter auch sehr knappe, aufweisen, wäre bei einem derartigen Ereignis - telefonische Bedrohung - eine stärkere Personalisierung in Form eines größeren Detailreichtums zu erwarten gewesen. Es wäre bspw. zu erwarten gewesen, dass der BF, schildert, wo er sich aufhielt, als er die Anrufe erhielt, wer sich meldete bzw. was diese Person konkret sagte. All diese Einzelheiten hat der BF nicht angeführt. Dies lässt aber wiederum den Schluss zu, dass es sich dabei um keine real erlebte Situation handelte.

In diesem Kontext muss jedoch zweifelsohne darauf hingewiesen werden, dass die vom BF beschriebenen beruflichen Tätigkeiten als wahr erachtet werden. So hat der BF vor dem erkennenden Gericht einen schlüssigen Sachvortrag diesbezüglich wiedergegeben und hat seine Tätigkeiten mit Beweismitteln belegt.

römisch II.2.4.3. Im Zuge der Verhandlung legte der BF drei Seiten mit Bildern über Demonstrationen gegen die Ermordung der Hazara vor und führte dazu aus, er habe an zwei Demonstrationen in Österreich teilgenommen, sei auf Fotos erkennbar und es drohe ihm wegen dieser Teilnahme Gefahr in Pakistan. Dazu ist anzuführen, dass dem Auswärtigen Amt bisher keine Fälle bekannt geworden sind, in denen eine exilpolitische Tätigkeit zu staatlichen Repressionen geführt hätte, sodass der BF auch nicht objektiv begründbar darlegen konnte, dass er bei seiner Rückkehr einer Gefährdung ausgesetzt ist.

römisch II.2.5. In Anbetracht der oa. Erwägungen geht das erkennende Gericht daher - wie zuvor auch die belangte Behörde - davon aus, dass die vom BF vorgebrachte Verfolgung unglaubwürdig ist und in dieser Form auf Grund der teilweise unschlüssigen und widersprüchlichen Aussagen als nicht nachvollziehbar und nicht glaubwürdig anzusehen ist. Dem BF ist es nicht gelungen, eine Verfolgungsgefahr glaubhaft zu machen.

Nach der herrschenden Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kann die Behörde einen Sachverhalt nur dann als glaubwürdig anerkennen, wenn der Asylwerber während des Verfahrens im Wesentlichen gleich bleibende Angaben macht, wenn diese Angaben wahrscheinlich und damit einleuchtend erscheinen und wenn erst später gemachte Angaben nicht den Schluss aufdrängten, dass sie nur der Asylerlangung um jeden Preis dienen sollten, der Wirklichkeit aber nicht entsprechen. Als glaubhaft können Fluchtgründe im Allgemeinen nicht angesehen werden, wenn der Asylwerber die nach seiner Meinung einen Asyltatbestand begründenden Tatsachen im Laufe des Verfahrens unterschiedlich oder sogar widersprüchlich darstellt, wenn seine Angaben mit den der Erfahrung entsprechenden Geschehnisabläufen nicht vereinbar und daher unwahrscheinlich erscheinen oder wenn er maßgebliche Tatsachen erst sehr spät im Laufe des Asylverfahrens vorbringt (VwGH 06.03.1996, 95/20/0650).

3. Rechtliche Beurteilung:

römisch II.3.1. Zuständigkeit, Entscheidung durch den Einzelrichter, Anzuwendendes Verfahrensrecht

Gemäß Paragraph 7, Absatz eins, Ziffer eins, des Bundesgesetzes, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden (BFA-Verfahrensgesetz - BFA-VG), Bundesgesetzblatt Teil eins, 87 aus 2012, idgF entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.

Gemäß Paragraph 6, des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG), Bundesgesetzblatt Teil eins, 10 aus 2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gegenständlich liegt somit mangels anderslautender gesetzlicher Anordnung in den anzuwendenden Gesetzen Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG), Bundesgesetzblatt Teil eins, 33 aus 2013, in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, 122 aus 2013,, geregelt (Paragraph eins, leg.cit.). Gemäß Paragraph 58, Absatz 2, VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß Paragraph 17, VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Artikel 130, Absatz eins, B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der Paragraphen eins bis 5 sowie des römisch IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, Bundesgesetzblatt Nr. 194 aus 1961,, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, Bundesgesetzblatt Nr. 173 aus 1950,, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, Bundesgesetzblatt Nr. 29 aus 1984,, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Paragraph eins, BFA-VG (Bundesgesetz, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden, BFA-Verfahrensgesetz, BFA-VG), Bundesgesetzblatt Teil eins, 87 aus 2012, in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, 144 aus 2013, bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und FPG bleiben unberührt.

Gem. Paragraphen 16, Absatz 6,, 18 Absatz 7, BFA-VG sind für Beschwerdevorverfahren und Beschwerdeverfahren, die Paragraphen 13, Absatz 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anzuwenden.

Gemäß Paragraph 27, VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, es den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (Paragraph 9, Absatz eins, Ziffer 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (Paragraph 9, Absatz 3,) zu überprüfen.

Zu A)

römisch II.3.2. Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten

römisch II.3.2.1. Die hier maßgeblichen Bestimmungen des Paragraph 3, AsylG lauten:

"§ 3. (1) Einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, ist, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß Paragraphen 4,, 4a oder 5 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, Genfer Flüchtlingskonvention droht.

(2) ...

(3) Der Antrag auf internationalen Schutz ist bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abzuweisen, wenn

1.

dem Fremden eine innerstaatliche Fluchtalternative (Paragraph 11,) offen steht oder

2.

der Fremde einen Asylausschlussgrund (Paragraph 6,) gesetzt hat.

..."

Gegenständlicher Antrag war nicht wegen Drittstaatsicherheit (Paragraph 4, AsylG), des Schutzes in einem EWR-Staat oder der Schweiz (Paragraph 4 a, AsylG) oder Zuständigkeit eines anderen Staates (Paragraph 5, AsylG) zurückzuweisen. Ebenso liegen bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen keine Asylausschlussgründe vor, weshalb der Antrag des BF inhaltlich zu prüfen ist.

Flüchtling im Sinne von Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, der GFK ist, wer aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Gesinnung verfolgt zu werden, sich außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen.

Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde (VwGH 9.5.1996, Zl.95/20/0380).

Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die vom Staat zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (z.B. VwGH vom 19.12.1995, Zl. 94/20/0858, VwGH vom 14.10.1998. Zl. 98/01/0262). Die Verfolgungsgefahr muss nicht nur aktuell sein, sie muss auch im Zeitpunkt der Bescheiderlassung vorliegen (VwGH 05.06.1996, Zl. 95/20/0194)

Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in den in der Genfer Konvention genannten Gründen haben und muss ihrerseits Ursache dafür sein, dass sich die betreffende Person außerhalb ihres Heimatlandes befindet.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vergleiche VwGH 28.3.1995, 95/19/0041; 27.6.1995, 94/20/0836; 23.7.1999, 99/20/0208; 21.9.2000, 99/20/0373; 26.2.2002, 99/20/0509 mwN; 12.9.2002, 99/20/0505; 17.9.2003, 2001/20/0177; 28.10.2009, 2006/01/0793) ist eine Verfolgungshandlung nicht nur dann relevant, wenn sie unmittelbar von staatlichen Organen (aus Gründen der GFK) gesetzt worden ist, sondern auch dann, wenn der Staat nicht gewillt oder nicht in der Lage ist, Handlungen mit Verfolgungscharakter zu unterbinden, die nicht von staatlichen Stellen ausgehen, sofern diese Handlungen - würden sie von staatlichen Organen gesetzt - asylrelevant wären. Eine von dritter Seite ausgehende Verfolgung kann nur dann zur Asylgewährung führen, wenn sie von staatlichen Stellen infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt nicht abgewandt werden kann (VwGH 22.3.2000, 99/01/0256 mwN).

Von einer mangelnden Schutzfähigkeit des Staates kann nicht bereits dann gesprochen werden, wenn der Staat nicht in der Lage ist, seine Bürger gegen jedwede Übergriffe Dritter präventiv zu schützen (VwGH 13.11.2008, 2006/01/0191; 28.10.2009, 2006/01/0793¿19.11.2010, 2007/19/0203). Für die Frage, ob eine ausreichend funktionierende Staatsgewalt besteht - unter dem Fehlen einer solchen ist nicht "zu verstehen, dass die mangelnde Schutzfähigkeit zur Voraussetzung hat, dass überhaupt keine Staatsgewalt besteht" (VwGH 22.3.2000, 99/01/0256) -, kommt es darauf an, ob jemand, der von dritter Seite (aus den in der GFK genannten Gründen) verfolgt wird, trotz staatlichem Schutz einen - asylrelevante Intensität erreichenden - Nachteil aus dieser Verfolgung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit zu erwarten hat vergleiche VwGH 22.3.2000, 99/01/0256 im Anschluss an Goodwin-Gill, The Refugee in International Law2 [1996] 73; weiters VwGH 26.2.2002, 99/20/0509 mwN; 20.9.2004, 2001/20/0430; 17.10.2006, 2006/20/0120; 13.11.2008, 2006/01/0191; 28.10.2009, 2006/01/0793; 19.11.2010, 2007/19/0203). Für einen Verfolgten macht es nämlich keinen Unterschied, ob er auf Grund staatlicher Verfolgung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einen Nachteil zu erwarten hat oder ob ihm dieser Nachteil mit derselben Wahrscheinlichkeit auf Grund einer Verfolgung droht, die von anderen ausgeht und die vom Staat nicht ausreichend verhindert werden kann. In diesem Sinne ist die oben verwendete Formulierung zu verstehen, dass der Herkunftsstaat "nicht gewillt oder nicht in der Lage" sei, Schutz zu gewähren (VwGH 26.2.2002, 99/20/0509). In beiden Fällen ist es dem Verfolgten nicht möglich bzw. im Hinblick auf seine wohlbegründete Furcht nicht zumutbar, sich des Schutzes seines Heimatlandes zu bedienen vergleiche VwGH 22.3.2000, 99/01/0256; 13.11.2008, 2006/01/0191; 28.10.2009, 2006/01/0793; 19.11.2010, 2007/19/0203).

römisch II.3.2.2. Zur vom BF geltend gemachten Asylrelevanz aufgrund der Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe, hier der westlich orientierten Lehrer, wird ausgeführt, dass das erkennende Gericht nicht verkennt, dass die Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe in bestimmten Fällen asylrelevant sein kann, scheidet hier aber aus (zur Auslegung des Begriffes "soziale Gruppe" vergleiche Erk. d. VwGH v. 26.6.2007, Zl. 2007/01/0479-7, wo dieser auch auf Artikel 10, der Richtlinie 2004/83 EG des Rates vom 29. römisch 40 2004 über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen und Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Person, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des gewährten Schutzes ("Statusrichtlinie") Bezug nimmt).

Es kann nämlich nicht davon ausgegangen werden, dass es eine systematische Diskriminierung bzw. Verfolgung von westlich orientierten Lehrern in Pakistan gibt, weshalb auch nicht von einer diesbezüglichen homogenen "Gruppe" von Personen, die eine solche Verfolgung zu gewärtigen hätten, gesprochen werden kann; eine derartig extensive Interpretation würde die in Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, GFK getroffene Beschränkung der für die Asylgewährung erforderlichen Verfolgungsgründe unterlaufen und würde dazu führen, dass sämtlichen westlich orientierten Lehrer in Pakistan Asyl zu gewähren wäre, was zweifelsfrei mit dem Charakter der sozialen Gruppe als Auffangtatbestand nicht vereinbar wäre und diesen in weiterer Folge ad absurdum führen würde.

Zur vom BF weiter geltend gemachten Asylrelevanz aufgrund der Gefährdung aus religiösen Gründen, des schiitisch-islamischen Glaubens bzw. der Zugehörigkeit der Volksgruppe der Hazara ist zu bedenken, dass sich daraus, wie bereits unter römisch II.2.4.1. angeführt keine Gruppenverfolgung ableiten lässt.

römisch II.3.2.3. Wie im gegenständlichen Fall bereits in der Beweiswürdigung erörtert wurde, war dem Vorbringen zum behaupteten Ausreisegrund - konkrete Bedrohung des BF - insgesamt die Glaubwürdigkeit abzusprechen, weshalb die Glaubhaftmachung eines Asylgrundes von vornherein ausgeschlossen werden kann. Es sei an dieser Stelle betont, dass die Glaubwürdigkeit des Vorbringens die zentrale Rolle für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und Asylgewährung [nunmehr "Status eines Asylberechtigten"] einnimmt vergleiche VwGH v. 20.6.1990, Zl. 90/01/0041).

Im gegenständlichen Fall erachtet das erkennende Gericht in dem im Rahmen der Beweiswürdigung dargelegten Umfang die Angaben als unwahr, sodass die vom BF behaupteten Fluchtgründe nicht als Feststellung der rechtlichen Beurteilung zugrunde gelegt werden können, und es ist auch deren Eignung zur Glaubhaftmachung wohl begründeter Furcht vor Verfolgung nicht näher zu beurteilen (VwGH 9.5.1996, Zl.95/20/0380).

römisch II.3.2.5. Da sich auch im Rahmen des sonstigen Ermittlungsergebnisses bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen keine Hinweise auf das Vorliegen der Gefahr einer Verfolgung aus einem in Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2 der GFK genannten Grund ergaben, scheidet die Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten somit aus.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß Paragraph 25 a, Absatz eins, VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Aus den dem gegenständlichen Erkenntnis entnehmbaren Ausführungen geht hervor, dass das ho. Gericht in seiner Rechtsprechung im gegenständlichen Fall nicht von der bereits zitierten einheitlichen Rechtsprechung des VwGH, insbesondere zum Erfordernis der Glaubhaftmachung der vorgebrachten Gründe sowie zum Flüchtlingsbegriff abgeht.

European Case Law Identifier

ECLI:AT:BVWG:2015:L512.1429789.2.00