Gericht

BVwG

Entscheidungsdatum

21.11.2014

Geschäftszahl

W151 1429134-1

Spruch

W151 1429134-1/16E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Schriftliche Ausfertigung des am 10.09.2014 mündlich verkündeten Erkenntnisses:

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Doris KOHL, MCJ über die Beschwerde des Herrn römisch 40 , Staatsangehörigkeit Afghanistan, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom römisch 40 , wegen Paragraphen 3,, 8 und 10 AsylG 2005., nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird stattgegeben und Herrn römisch 40 , Staatsangehörigkeit Afghanistan, gemäß Paragraph 3, Absatz eins, des Asylgesetzes 2005, Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 100 aus 2005, i.d.g.F. (AsylG 2005) der Status der Asylberechtigten zuerkannt.

Gemäß Paragraph 3, Absatz 5, AsylG 2005 wird festgestellt, dass Herrn römisch 40 damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

B)

Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

römisch eins. Verfahrensgang

Der Beschwerdeführer (in der Folge BF), ein afghanischer Staatsangehöriger, reiste illegal und schlepperunterstützt in Österreich ein und stellte am 08.10.2011 einen Antrag auf internationalen Schutz.

In seiner Erstbefragung am selben Tag durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes gab der BF, im Beisein eines Dolmetschers für die Sprache Paschtu, im Wesentlichen Folgendes an: Er sei am römisch 40 in römisch 40 in der Provinz römisch 40 in Afghanistan geboren. Er sei Angehöriger der Volksgruppe der Paschtunen, muslimischer Sunnit und verheiratet. Er spreche Paschtu. Er sei Polizist bei der afghanischen Armee gewesen.

Zu seinem Fluchtgrund brachte der BF vor, dass er in römisch 40 bei der Mili Fauj gearbeitet habe. Er sei aufgefordert worden, die Seite zu wechseln oder mit seiner Arbeit aufzuhören. Der BF habe aber nicht zu arbeiten aufgehört. Ein Gefängnis sei gesprengt worden, wobei viele Taliban hätten fliehen können. Einige dieser Taliban seien wieder festgenommen worden. Dem BF sei unterstellt worden, dass er bei diesen Festnahmen mitgewirkt bzw. diese befohlen habe. Daraufhin habe der BF Drohbriefe erhalten. Sein 15jähriger Bruder sei entführt worden und wäre nur freigelassen worden, wenn der BF mit der Arbeit aufgehört bzw. die Seiten gewechselt hätte. Der Bruder des BF sei ermordet worden und ein Kopfgeld auf den BF in der Höhe von 300.000 Afghani ausgesetzt worden. Das Haus des BF sei von den Taliban zerstört worden. Seither sei die Familie auf der Flucht und komme im Moment bei verschiedenen Verwandten unter. Durch den Verkauf von Nutztieren habe der BF ca. 2.000 USD verdient und das restliche Geld habe er sich ausgeborgt. Der BF sei wegen der Drohungen geflohen. Bei einer Rückkehr befürchtet der BF von den Taliban verschleppt, gefoltert und getötet zu werden.

Am 03.01.2012 wurde der BF vor dem Bundesasylamt, Außenstelle Traiskirchen (im Folgenden BAT), im Beisein eines beigegebenen Dolmetschers, welcher für den BF in die Sprache Paschtu übersetzte, niederschriftlich einvernommen. Der BF brachte im Wesentlichen vor, dass er im bisherigen Verfahren die Wahrheit gesagt habe. Er sei in der Provinz römisch 40 im Distrikt römisch 40 im Dorf römisch 40 geboren. In römisch 40 habe er von römisch 40 bis zum römisch 40 gearbeitet. Er habe in römisch 40 gelebt, während der Arbeit sei er in römisch 40 gewesen. Nachdem er die Schule nach 12 Klassen römisch 40 abgeschlossen habe, sei der BF als Fahrer tätig gewesen.

Nachdem der BF seine Arbeit niedergelegt habe, sei er zu seiner Familie nach römisch 40 zurückgekehrt, um sie in Sicherheit zu bringen. In Afghanistan gäbe es aber keinen sicheren Ort. Der BF habe 1 Jahr lang nach einem sicheren Wohnort gesucht; die Familie lebe nun bei verschiedenen Verwandten in Afghanistan. Zuletzt habe er sein Heimatdorf im 5. oder 6. Monat 1390 (23.07.-22.08. oder 23.08.-22.09.2011) verlassen. Am selben Tag sei der BF aus Afghanistan ausgereist. In Afghanistan würden jetzt noch die Schwester, 2 Onkel mütterlicherseits und viele weitschichtige Verwandte des BF leben. Weiters auch die Kernfamilie des BF, bestehend aus seinem Vater und 2 verheirateten Schwestern (die eine lebe in Afghanistan, die andere in Pakistan) sowie die Ehefrau des BF und dessen 3 Söhne. Die Verwandten würden in XXXXleben, die Kernfamilie des BF im Dorf römisch 40 . Das Dorf befinde sich auch im Distrikt römisch 40 . Dort bewege sich die Familie von Verwandten zu Verwandten, da sie sich wegen der Taliban an keinem Ort niederlassen könnten. Während seiner Arbeitszeit habe der BF in einem Militärlager, in einer Kaserne gelebt. Alle 4 bis 6 Monate sei der BF nach Hause nach XXXXgefahren. Der BF habe bei der Mili Paug bzw. Mili Urdu gearbeitet. Er habe 3 Jahre in einer Kaserne (römisch 40 ) und 2 Jahre in einer anderen Kaserne gearbeitet. Er sei die ganzen 5 Jahre aber in der Kaserne in der römisch 40 stationiert gewesen. Beide Kasernen hätten zu römisch 40 Qol-e-Urdu gehört. Es gab dort verschiedene Garnisonen und Einheiten. 3 Jahre lang sei er bei römisch 40 , das sei ein Stützpunkt, und 2 Jahre lang sei er bei der Militärpolizei römisch 40 gewesen. Beide Berufe, die er ausgeübt habe, gehören derselben Qol-e-Urdu an und er sei immer demselben Kommandanten unterstellt gewesen. Im Moment sei es der Brigardegeneral römisch 40 . Der BF legte ein Konvolut an Urkunden vor (Militäraustrittskarte, Armeekarte, Kabulbank-Karte, Tazkira, Drohbrief,...).

Die Aufgaben des BF als Polizeileutnant seien administrativ gewesen. Er habe Berichte geschrieben. Die Sicherheit der Stadt römisch 40 und die des Stützpunktes sei in der Verantwortung der Einheit gewesen. Der BF habe nicht direkt die Soldaten befehligt, sondern vor allem die Befehle des Kommandanten befolgt. In jeder Einheit gäbe es 6 Leutnants, davon 1 Kommandeur und einen administrativ tätigen. Der BF habe den Kommandeur vertreten, wenn dieser nicht da bzw. krank gewesen sei. Bei wie vielen Einsätzen der BF aktiv mitgewirkt habe, könne dieser nicht angeben. Die Ausbildung des BF in Kabul habe ca. 4-5 Monate gedauert römisch 40 . Der BF gab an, im römisch 40 beim Kommandanten römisch 40 schriftlich gekündigt zu haben.

Die Familie des BF besitze in Afghanistan Grundstücke in XXXX; das Vieh und einen Teil der Grundstücke habe die Familie verkauft. Im Heimatdorf seien noch 6 Jirib über, die aber brach liegen würden. Das Haus der Familie sei zerstört worden.

Der BF sei Paschtune vom Stamm der römisch 40 . Befragt zu seiner Familie gab der BF an, mit seiner gleichaltrigen Frau seit 1383 (2004/2005) verheiratet zu sein. Heiratsurkunde habe er keine. Sie sei die Cousine väterlicherseits. Davor habe sie in Pakistan gelebt. Der BF habe seine Familie seit seiner Ausreise nicht mehr gesehen.

Erneut zu seinen Fluchtgründen befragt, gab der BF an, dass die Taliban zwischen dem 3. und 5. Monat 1387 aus dem Gefängnis in römisch 40 ausgebrochen seien. Der BF und seine Einheit seien beauftragt worden in der Nacht Checkpoints einzurichten. Dabei hätten sie einige Talibans festnehmen können. Der BF sei selbst bei einem dieser Checkpoints, nämlich bei römisch 40 auf der römisch 40 , anwesend gewesen. Das sei zur Zeit seines Militärdienstes gewesen; damals habe er der Garnison angehört. Sie hätten dann die Taliban der Polic-e-Mili übergeben, was die Talibanführer sehr verärgert hätte. Der BF habe dann einen Drohbrief erhalten. Der BF habe auch schon vor diesem Vorfall Drohungen bekommen. Die Taliban hätten den BF aufgefordert, seine Arbeit niederzulegen. Diese Drohungen seien dem BF von einem Bewohner seines Heimatdorfes ausgerichtet worden, denn auch in diesem Dorf würden Taliban leben. Es sei auch ein- oder zweimal eine Nachricht an der Moschee im Heimatdorf angebracht gewesen. Dies habe der BF aber nicht ernst genommen und habe weitergearbeitet. 2 oder 3 Monate danach seien die Taliban dann aus dem Gefängnis ausgebrochen. Den Drohbrief habe der BF von seinem Vater ca. im römisch 40 erhalten. Zu diesem Zeitpunkt habe der BF als Polizeileutnant in römisch 40 gearbeitet. In diesem Schreiben hätten die Taliban gefordert, dass der BF seine Arbeit aufgibt und drohten sie ihm mit der Zerstörung seines Hauses und der Tötung seines Bruders. Weiters sei ein Kopfgeld in der Höhe von 300.000,-- Afghani auf den BF ausgesetzt worden. Der BF habe den Drohbrief seinem Kommandanten gezeigt, der meinte, er solle sich vor den Taliban schützen. Die Polizisten im Heimatdorf des BF hätten selbst Angst vor den Taliban. Anfangs habe der BF die Drohungen nicht ernst genommen. Im 12. Monat 1387 (20.02.-20.03.2009) hätten die Taliban dann den Bruder des BF getötet. Daraufhin habe der BF seine Familie aufgefordert, das Heimatdorf zu verlassen. Im 1. Monat 1388 (21.03.-20.04.2009) hätten die Taliban das Haus des BF zerstört. Ab diesem Zeitpunkt hatte die Familie keinen festen Wohnsitz mehr. Ab Zerstörung des Hauses habe der BF noch ca. eineinhalb Jahre gearbeitet. Im 7. Monat 1389 habe dann der Dienstvertrag des BF geendet. Sein Kommandant habe ihm den Rat gegeben, mit seiner Familie zu fliehen. Die Bewohner im Dorf seien plötzlich auch gegen den BF gewesen. In den eineinhalb Jahren sei es zu keinem Zwischenfall mehr zwischen dem BF und den Taliban gekommen. Seither würde sich die Familie bei verschiedenen Verwandten verstecken.

Am Anfang der Befragung habe der BF angegeben, dass seine Familie seit dem 7. Monat 1389 bei Verwandten wohne, nun aber gab der BF an, dass seine Kernfamilie bereits seit dem 1. Monat 1388 bei Verwandten untergebracht worden seien. Der jüngere Bruder des BF sei im 12. Monat 1387 (22.2.-20.03.2009) ums Leben gekommen. Er sei angeschossen und getötet worden. Der Vater habe den Bruder tot gefunden. Aus dem Drohbrief heraus sei ganz klar gewesen, dass die Taliban ihn getötet hätten. In der Erstbefragung am 08.10.2011 habe der BF angegeben, dass sein Bruder zuerst entführt worden sei und die Taliban für seine Freilassung vom BF gefordert hätten, dass dieser seine Arbeit niederlege und auf deren Seite wechsle. Dazu gab der BF an, dass er in der Erstbefragung angegeben habe, dass er bedroht worden sei. Man habe ihm gedroht, sein Haus zu zerstören, seinen Bruder und ihn selbst zu töten.

Befragt, ob der BF versucht habe, sich als Leutnant der Militärpolizei zu einer anderen Qol-e-Urdu innerhalb Afghanistans versetzen zu lassen, gab der BF an, dass dies nicht möglich gewesen sei; er hätte die Einheit wechseln müssen. Außerdem würden die Taliban nicht aufhören, ihn zu verfolgen. Bei einer Rückkehr befürchtet der BF von den Taliban getötet zu werden. Gäbe es die Taliban nicht, würde er gerne in seiner Heimat leben. Mit seiner Familie habe der BF keinen Kontakt. In Österreich lerne der BF nun im Selbststudium Deutsch.

Dem BF werden die Länderfeststellungen ausgefolgt und ihm eine zweiwöchige Frist zur Stellungnahme eingeräumt.

Am 09.03.2012 wurde um erweiterte Länderfeststellungen der Provinz römisch 40 , sowie zur Lage in den einzelnen Distrikten der Provinz bei der Staatendokumentation angesucht.

In einer erneuten Einvernahme am 27.07.2012 vor dem Bundesasylamt, Außenstelle Traiskirchen, im Beisein eines beigegebenen Dolmetschers, welcher für den BF in die Sprache Paschtu übersetzte, gab der BF an, dass er seit ca. Dezember 2011 keinen Kontakt mehr zu seiner Familie gehabt habe. Er könne somit auch keine Angaben zum derzeitigen Aufenthaltsort seiner Familie angeben. Persönlich habe er seine Familie zuletzt im 5. oder 6. Monat 1390 (23.07.-22.08. oder 23.08.-22.09.2011) bei Verwandten gesehen. Auf den Vorhalt, dass der BF in der letzten Einvernahme angegeben habe, seine Familie das letzte Mal Ende 1389 gesehen zu haben, gab dieser an, dass er schon immer gesagt habe, dass er sie im 5./6. Monat 1390 gesehen habe. Seine Frau sei damals schwanger gewesen. Das habe er auch schon in der letzten Einvernahme so angegeben.

Der BF gab an von römisch 40 gearbeitet zu haben. Die ersten 3 Jahre habe er bei der Kompanie römisch 40 (Stützpunkt) gearbeitet und die letzten beiden Jahre bei der Militärpolizei (von römisch 40 ). Beide Kompanien würden zum selben regionalen Militärstützpunkt römisch XXXXXXXX Qol-e-Urdu gehören.

Der Bruder des BF sei im 12. Monat 1387 (20.02.-20.03.2009) verstorben. Der Bruder sei von den Taliban getötet worden. Diese hatten den Tod des Bruders schon in einem Drohbrief angekündigt. Sie zerstörten auch das Haus des BF. Nach dem Tod des Bruders habe der BF noch ca. eineinhalb Jahre bei der Militärpolizei gearbeitet. Er habe seinen Vertrag einhalten müssen. In diesen eineinhalb Jahren gab es sonst keine weiteren Zwischenfälle. Aber die Dorfbewohner hätten den BF beschimpft und bezichtigt, ein Spion der Amerikaner zu sein. Dazu befragt, warum er dann Afghanistan verlassen habe, wo er doch trotz seines Arbeitsplatzes sicher gewesen sei, gab der BF an, dass seine weiblichen Familienmitglieder von Verwandten aufgenommen worden wären und sein Vater alt und bettlägerig sei und man ihm deswegen nichts tue. Der BF selbst sei höchst gefährdet gewesen. Der BF habe die Drohungen der Taliban erst ernst genommen, als sie diese in die Tat umgesetzt hatten. Er sei dennoch erst eineinhalb Jahre später ausgereist, da er einen Eid auf den Koran abgelegt habe, dass er loyal im Dienst sei und seinen Vertrag einhalte. Das Gefängnis, aus dem die Taliban ausgebrochen seien, sei in der Nähe der Stadt römisch 40 gelegen. Das Gebiet liege im Verantwortungsbereich der Mili Police, also der Nationalpolizei. Es sei in römisch 40 . Es sei das größte Gefängnis in römisch 40 . Obwohl das Gebiet nicht im Verantwortungsbereich des BF gelegen sei, sei auch die ANA mit der Ergreifung der flüchtigen Taliban beauftragt worden. Außerdem sei der Weg den die Taliban nach Pakistan passieren hätten wollen im Verantwortungsbereich des BF gelegen. Von römisch 40 brauche man nur ca. eineinhalb Stunden bis Pakistan. Der BF könne nicht angeben, wie viele Personen geflohen seien, bei seinem Checkpoint seien ca. 6 oder 7 Personen festgenommen worden. Über den Ausbruch sei sogar in den Medien berichtet worden. Später sei es noch einmal zu einem Ausbruch in diesem Gefängnis gekommen. Der miterlebte Ausbruch sei im römisch 40 ) gewesen.

Der BF legt eine Deutschkursbestätigung vor. Mit dem BF wurden die aktuellen Länderfeststellungen erörtert. Ihm wird eine Frist von 2 Wochen zur Stellungnahme eingeräumt. Zur Heimatprovinz des BF gab dieser an, dass ihm die Neuigkeiten aus Afghanistan nicht bekannt gewesen seien. Die Feindschaft zwischen ALP und ANP sei ihm bekannt, tagsüber seien sie Polizisten und nachts Taliban.

Nach Durchführung des Ermittlungsverfahrens wies das Bundesasylamt mit Bescheid vom 27.08.2012 Zl. 11 11.875-BAT, zugestellt am 03.09.2012, den Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß Paragraph 3, Absatz eins, in Verbindung mit Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 13, AsylG 2005 ab (Spruchpunkt römisch eins.), wies den Antrag bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan gemäß Paragraph 8, Absatz eins, in Verbindung mit Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 13, AsylG ab (Spruchpunkt römisch II.) und wies den BF gemäß Paragraph 10, Absatz eins, Ziffer 2, AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Afghanistan aus (Spruchpunkt römisch III.).

Das Bundesasylamt traf Feststellungen zur Person des BF, zur Lage in seinem Herkunftsstaat, zur Situation im Fall der Rückkehr des BF in sein Herkunftsland sowie folgenden Feststellungen für das Verlassen des Herkunftslandes (Auszug aus den Bescheidfeststellungen, siehe AS 371): "Sie haben keine asylrelevante Verfolgungsgefahr glaubhaft gemacht. Den von Ihnen behaupteten Fluchtgründen kam keine Glaubwürdigkeit zu. Somit ist nicht glaubhaft, dass die Taliban Sie aufgrund Ihrer Berufstätigkeit als Soldat und Militärpolizist bedroht, im römisch 40 Ihren Bruder getötet und im 1. Monat 1388 (21.03.-20.04.2009) Ihr Elternhaus im Dorf römisch 40 zerstört hätten, weswegen Sie römisch 40 ) Afghanistan verlassen hätten müssen. Nicht glaubhaft ist auch, dass Ihre Kernfamilie sich bei wechselnden Verwandten im Distrikt römisch 40 in römisch 40 verstecken würde und Sie seit etwa Dezember 2011 keinerlei Kontakt mehr zu Ihren Angehörigen hätten.

Sie sind völlig gesund und arbeitsfähig, sowie verfügen über jahrelange Berufserfahrung als Soldat und Militärpolizist in Afghanistan. In Afghanistan leben in Ihrer Heimatprovinz römisch 40 zahlreiche weitschichtige Verwandte und Ihre Kernfamilie - bestehend aus Vater, einer verheirateten Schwester, Ihrer Gattin und Ihren 3 Söhnen." Das Bundesasylamt kam sohin zum Schluss, dass der BF der Gefahr einer aktuell drohenden Verfolgung aus politischen, religiösen, rassischen, ethnischen oder sozialen Gründen bzw. eine wohlbegründete Furcht vor einer solchen nicht glaubhaft gemacht habe.

Die vom BF geltend gemachten Umstände sind aufgrund zahlreicher markanter Widersprüche nicht fähig, eine asylrelevante Bedrohung zu begründen. In der Erstbefragung gab der BF noch an, dass sein Bruder von den Taliban entführt worden sei und diese von ihm für seine Freilassung verlangt hätten, dass der BF seine Arbeit niederlegt und sich auf die Seite der Taliban stellt. Da der BF der Aufforderung nicht nachgekommen sei, hätten die Taliban den Bruder getötet. In der nächsten schriftlichen Einvernahme nur 3 Monate später gab der BF hingegen an, dass der Bruder beim Viehhüten von den Taliban angeschossen worden wäre und in Folge verstorben sei. Auch der Zeitpunkt, wann der BF seine Kernfamilie zuletzt gesehen hat, wurde von ihm widersprüchlich ausgeführt. Ebenso machte der BF divergierende Angaben zur Schwangerschaft seiner Frau.

Auch der vom BF letzte behauptete Auslöser, den Zorn der Taliban vollends auf sich zu ziehen, was dann zur Ermordung des Bruders, der Zerstörung des Elternhauses und letztlich zu seiner Flucht aus der Heimat geführt hat, wurde vom BF nicht glaubhaft gemacht. Abschließend wurde die absolute Unglaubwürdigkeit der vom BF behaupteten Fluchtgründe nochmals dadurch veranschaulicht, dass er zwischen der angeblichen Ermordung des Bruders und der angeblichen Zerstörung des Elternhauses noch ca. eineinhalb Jahre zugewartet habe, bevor er im römisch 40 ) aus Afghanistan ausgereist wäre.

Weiters ist zum in Vorlage gebrachten Drohschreiben der "Islamischen Emirate Afghanistan" zu sagen, dass dem Schreiben nicht die Beweiskraft einer inländischen Urkunde zukommt und dieses der freien Beweiswürdigung unterliegt. In Verbindung mit den entstandenen Widersprüchlichkeiten und des unlogischen Vorbringens war das vorliegende Schreiben nicht geeignet, das unglaubwürdige Fluchtvorbringen zu bestätigen.

Beim BF handelt es sich um einen gesunden, arbeitsfähigen jungen Mann. Er war in seiner Heimat berufstätig und ihm ist im Fall seiner Rückkehr die Aufnahme einer Arbeitstätigkeit möglich und auch zumutbar. Weiters leben noch Angehörige und weitere Verwandte in der Heimat, womit Anknüpfungspunkte vorliegen.

In einer Gesamtschau betrachtet, waren die Angaben des BF weder substantiiert, noch nachvollziehbar, noch in irgendeiner Weise plausibel dargestellt. Es kann daher nicht davon ausgegangen werden, dass der BF begründete Furcht vor Verfolgung glaubhaft gemacht hat.

Mit Verfahrensanordnung vom 30.08.2012 wurde dem BF für das Beschwerdeverfahren vor dem Asylgerichtshof die ARGE Rechtsberatung Diakonie und Volkshilfe als Rechtsberater amtswegig zur Seite gestellt.

Mit dem am 06.09.2012 beim Bundeasylamt eingebrachten Schriftsatz erhob der BF Beschwerde gegen den oben genannten Bescheides. Darin wurde beantragt, eine mündliche Verhandlung anzuberaumen, der Beschwerde stattzugeben und den angefochtenen Bescheid dahingehend abzuändern, dass dem BF Asyl gewährt oder in eventu der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt oder der angefochtene Bescheid behoben und zur Erlassung eines neuen Bescheides an das BAA zurückverwiesen werde.

Die gegenständliche Beschwerde und die bezughabenden Verwaltungsakten wurden dem Asylgerichtshof am 11.09.2012 vom Bundesasylamt vorgelegt.

Am 19.09.2012 langte beim Asylgerichtshof ein ergänzendes Vorbringen des BF ein. Darin brachte er vor, dass es aufgrund mangelhafter Feststellungen zu einem mangelhaften Ermittlungsverfahren gekommen wäre. Es seien keine Aussagen zum konkreten Fluchtvorbringen des BF getroffen worden. Weiters habe es die Behörde gänzlich unterlassen, sich näher mit der Situation in der Provinz römisch 40 auseinanderzusetzen.

Ebenso sei es im Bescheid zu einer unschlüssigen Beweiswürdigung aufgrund der mangelhaften Sachverhaltsermittlung gekommen. Zu angeblichen Widersprüchen sei es nur aufgrund von Übersetzungsschwierigkeiten gekommen. Bezugnehmend auf den Gefängnisausbruch der Taliban legte der BF einen Artikel darüber in der Zeitschrift "Focus" vom 15.06.2008 und einen Artikel vom 17.06.2008 in der Süddeutschen Zeitung vor.

Zum Vorwurf, dass er noch eineinhalb Jahre seiner Arbeit nachgegangen sei, brachte der BF vor, dass er einen Eid geleistet habe und deshalb erst bei Auslaufen des Vertrages bei der Militärpolizei diesen nicht mehr verlängert habe.

Zur rechtlichen Beurteilung führte der BF aus, dass er Flüchtling iSd GFK sei, da er aufgrund seiner politischen Überzeugung die Heimat verlassen habe müssen.

Am 11.07.2013 langte beim Asylgerichtshof eine Jefira-Therapiemeldebestätigung ein.

Mit Wirksamkeit 01.01.2014 wurde das nunmehr zur Behandlung der Beschwerde zuständige Bundesverwaltungsgericht eingerichtet und die Rechtssache am 08.01.2014 der nunmehr zuständigen Gerichtsabteilung zugewiesen.

Mit der am 06.02.2014 eingelangten Eingabe bat der BF um Übersendung seiner Geburtsurkunde.

Am 07.05.2014 wurden 2 Deutschkurs-Teilnahmebestätigungen vorgelegt.

Am 08.07.2014 erfolgten die Ladungen für die am 10.09.2014 anberaumte mündliche Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht (BVwG) unter Anschluss der Länderberichte.

Am 11.07.2014 langte ein Schreiben des BFA ein, in dem die Nichtteilnahme an der Verhandlung zur Kenntnis gebracht und die Abweisung der gegenständlichen Beschwerde beantragt wurde.

Am 10.09.2014 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht unter Beiziehung eines Dolmetschers für die Sprache Paschtu eine öffentliche mündliche Verhandlung statt, an welcher der BF und seine Rechtsvertretung und ein länderkundlicher Sachverständige für Afghanistan teilnahmen. Die belangte Behörde erschien entschuldigt nicht zur Verhandlung.

Zum Vorbringen wird ein Protokollauszug, nicht schreibfehlerkorrigiert, wie folgt angeführt:

"R: Sie haben vor dem BAA ein Identitätsdokument eine Tazkira vorgelegt und im Original. Können Sie das Original heute vorlegen?

BF: Ich habe das zu Hause, jedoch nicht mit.

R: Befragt SV ob Angaben zum im Akt vorliegenden Kopie der Tazkira gemacht werden können.

SV: Eine Kopie des Personalausweises des BF ist vorhanden. Aus dieser Kopie geht der Vorname des BF hervor. Der Name seines Vaters lautet römisch 40 , der Großvater heißt römisch 40 . Die Herkunftsregion des BF ist so eingetragen, wie in der polizeilichen Erstbefragung und den Einvernahme der Erstbefragung vor dem BAA- Die Eintragung in der Rubrik: Geburtsdatum und Alter ist problematisch. Es wurde zuerst eingetragen: im Jahre römisch 40 war der BF römisch 40 Jahre alt. Diese Eintragung wurde in Ziffern und Worten vorgenommen. Dann wurde die Eintragung "XXXX" korrigiert auf "XXXX". Die sonstigen Eintragungen entsprechen den afghanischen Verhältnissen. Festgehalten wird, dass mein Gutachten anhand einer Kopie und nicht anhand des Originals erstellt wird.

BF erklärt dazu:

Bei Ausstellung der Tazkira, bei der afghanischen Behörde habe ich diese falsche Protokollierung die mir sofort aufgefallen ist, sofort beeinsprucht und es wurde sofort von dem ausstellenden Organ berichtigt. Die Berichtigung wurde auf dem Dokument vermerkt und ersichtlich.

SV: Die Eintragung betreffend des BF: Im Alter römisch 40 des Jahres römisch 40 ist korrekt.

R: Auf Befragen SV ob solche Berichtigungen von afghanischen Behörden sofort vorgenommen werden können, führt er aus, dass das nicht ausgeschlossen ist. SV gibt die Vorgangsweise der Behörde bei Änderungen von Sachverhalten im Leben des Personalausweisinhabers dahin gehend bekannt, dass es sich um eine Urkunde handelt die in ein Register eingetragen wird und um jeweilige Änderungen des Registers zu vermeiden werden solche Berichtungen oftmals direkt auf den Dokumenten vermerkt. Dies ist auch gesetzlich

R an SV: Gibt es mögliche Anhaltspunkte die eine kriminaltechnische Untersuchung der Tazkira verlangen würde?

SV: Nein, soweit ich aus der vorliegenden Kopie ersehe gibt es keine Indizien dafür.

R: Wie heißen Sie?

BF: Ich heiße römisch 40 .

R: Wie alt sind Sie?

BF: Ich bin römisch 40 geboren. Befragt zu dem angegeben Geburtsdatum bei der polizeilichen Einvernahme gebe ich an, dass ich dort angab, dass ich am römisch 40 geboren bin. Ich habe die Angabe nach dem afghanischen Kalender gemacht.

R: Woher wussten Sie, dass Sie am römisch 40 geboren sind?

BF: Da der römisch 40 zu Nawroz liegt und meine Mutter immer angab, dass ich zu Nawroz geboren wurde, habe ich diese Angabe übernommen.

R: Nennen Sie Ihren heutigen Familienstand und den Familienstand, den Sie zum Zeitpunkt der Ausreise aus Afghanistan hatten.

BF: Als ich mein Heimatland verließ, war ich verheiratet und hatte 3 Kinder. Meine Frau war schwanger. Befragt zum heutigen Zeitpunkt gebe ich, dass ein Mann der einmal verheiratet war, nicht wieder ledig werden kann. Ich bin daher nach wie vor verheiratet. Ich habe 4 Kinder.

R: Wo lebt Ihre Frau, Ihre Kinder und Ihre Eltern?

BF: Zum jetzigen Zeitpunkt leben sie in römisch 40 , im Dorf römisch 40 , Ich weiß aber nicht genau in welchem Haus.

R: Seit wann lebt Ihre Familie dort?

BF: Seit meiner Geburt, aber wir haben in einem eigenen Haus gelebt.

R: Haben Sie mit Ihrer Familie jetzt Kontakt?

BF: Nein.

R: Seit wann besteht kein Kontakt mehr?

BF: Seit meiner Flucht besteht kein Kontakt mehr. Aber manchmal bin ich mit einem Freund mit ihnen.

R: Wann haben Sie das letzte Mal Kontakt (telefonisch, brieflich etc. mit Ihrer Familie gehabt?

BF: Als ich in Österreich angekommen bin, habe ich nach 2 bis 3 Monaten über einen Freund Kontakt mit meiner Familie gehabt. Mir wurde berichtet, dass meine Frau das Kind geboren hat und das Kind gesund ist.

R: Bitte beantworten Sie die Frage, wann Sie das letzte Mal Kontakt mit der Familie hatten.

BF: Im letzten Aid hatte ich Kontakt über den Freund. Dabei hatte ich keinen direkten Kontakt mit meiner Familie. Befragt wann ich zuletzt telefonischen Kontakt hatte, gebe ich an, dass mein Vater nicht telefonieren kann.

R: Wie erfolgt der besagte Kontakt des Freundes mit der Familie?

BF: Der Freund von mir lebt in Pakistan. Wenn er mit seiner Familie nach Afghanistan fährt, dann kontaktiert er über seine Kinder und seine Frau meine Familie. Darüber erhalte ich dann über SMS oder telefonischen Kontakt mit meinem Freund, Informationen über meine Familie.

R: Wie geht es Ihrer Familie nach dem letzten Kontakt?

BF: Es geht ihnen sehr schlecht. Die Kinder brauchen einen Vater, mein Vater braucht einen Sohn, da er mittlerweile sehr alt geworden ist.

R: Sie haben vorhin angegeben, dass Ihre Familie seit Ihrer Geburt in Ihrem Heimatdorf wohnt. Ist das richtig?

BF: Ja.

R: Vor dem BAA Verfahren haben Sie angegeben, dass Ihre Familie das Haus verlassen hat und an einem anderen Ort wohnt? Erklären Sie mir das

BF: Nein, ich habe damals angegeben, dass die Familie nicht mehr in dem ursprünglichen Haus wohnt, aber immer in dem Heimatdorf geblieben ist.

SV: Hat Ihr Dorf Name römisch 40 noch einen Namenszusatz?

BF: Das römisch 40 ist ein kleiner Ort, wo Zuckermelonen verkauft werden. Man nennt es einfach so.

SV: Welche Ethnien wohnen in diesem Dorf?

BF: Es leben dort Schinwari, zu denen gehöre ich auch, Larchawian und zu diesen gehören die farsi-sprechenden Bevölkerungsteile.

SV: Heißt Ihr Dorf auch XXXX?

BF: Nein. Das ist ein ganz anderes Dorf.

SV: Kennen Sie das Dorf oder die Region XXXX?

BF: Nein, kenne ich nicht. Aber die römisch 40 leben in römisch 40 , in Bandedou, aber so genau weiß ich das nicht.

SV: Ist Ihnen das Dorf Daka oder Doka bekannt?

BF: Nein, kenne ich nicht.

SV: Ist Ihnen das Dorf römisch 40 oder römisch 40 bekannt?

BF: Ja, ein Dorf römisch 40 kenne ich.

SV: Wo liegt das?

BF: Wenn man von dem Distrikt römisch 40 Richtung römisch 40 fährt, kommt man zu einer Schule, danach ist eine Tankstelle. Dieser Ort zwischen Schule und Tankstelle, dieser heißt römisch 40 .

SV: Wie lange fährt man von Ihrem Dorf mit dem Auto nach XXXX?

BF: Mit dem Auto 3 bis 4 Minuten.

R beauftragt SV zum Gutachten hinsichtlich der Herkunft des BF:

SV: Die Angaben des BF über seine Herkunft stimmen mit den geographischen Gegebenheiten der Provinz römisch 40 überein. Seine Angaben über sein Dorf und seinen Distrikt entsprechen den Tatsachen. Ich kenne persönlich auch sein Dorf römisch 40 . Über dieses Dorf fährt man weiter nachXXXX. Das ist die Provinzhauptstadt von römisch 40 . Der BF gehört zur paschtunischen Ethnie der Provinz römisch 40 und er hat auch seine Stammeszugehörigkeit richtig angegeben.

R: Können Sie lesen und schreiben, wie viele Klassen Schulbildung haben Sie?

BF: In Paschtu und Farsi kann ich lesen und schreiben. Auf Deutsch ein wenig. Ich bin 10 Jahre in die Schule gegangen. In diesen 10 Jahren habe ich 12 Klassen absolviert. Befragt wie dies möglich ist, gebe ich an, dass ich eine Vorbereitung in einer Moschee genossen habe. Danach bin ich direkt in die Schule gegangen. Ich habe einen Einstufungstest in der Schule gemacht und damit gleich die ersten zwei Klassen übersprungen.

R: Von wann bis wann haben Sie die Schule besucht?

BF: Wann ich begonnen habe, weiß ich nicht genau. Beendet habe ich die Schule römisch 40 , lt. Angaben SV. Diese 10 Jahre Schulbesuch waren durchgehend.

R: Somit kann gesagt werden, dass Ihr Schulbeginn römisch 40 war.

BF: Ja.

R: Sie waren zum Schuleintritt somit XXXXJahre alt?

BF: Ja, das ist richtig.

R: Wie lange haben Sie die Moschee davor besucht?

BF: Ca. 2 Jahre. Bei uns geht man ca. ab dem 8. Lebensjahr in die Moschee Schule. Auf die Frage ob es auch länger sein könnte, gebe ich an, dass weiß ich nicht.

R hält fest, dass SV anführt, dass ein Besuch der Moscheeschule von "ca. 2 Jahren" den afghanischen Verhältnissen entsprechen kann.

SV: Was haben Sie in der Moscheeschule gelernt? Wie weit sind Sie bei Ihrem Islam-Unterricht genkommen?

BF: Ganz am Anfang lernt man das Gebet, dann muss man die Gebetsformen lernen Namaz=ist der Farsi Ausdruck dafür, auf Paschtu heißt es Lmunz. Danach lernt man Sipara, danach Koran, danach Pantschkitab.

R: Sie haben Angaben gemacht, wie weit man im Allgemeinen in der Moscheeschule lernt. Führen Sie aus, wie weit Sie in der Moscheeschule gekommen sind.

BF: Ich bin sehr weit gekommen mit meinem islamischen Wissen. Ich habe das weiter in der Schule verfolgt.

R: Sind Sie bis zu Pantschkitab gekommen?

BF: Ja, Pantschkitab habe ich beendet und zwar in der Moscheeschule. und zusätzlich habe ich manche Bücher von der ersten und zweiten Klasse gelesen.

SV: Die Angaben des BF betreffend seine Schulbildung stimmen mit der Wirklichkeit der außerstädtischen Regionen Afghanistans überein. Die Schulen in den außerstädtischen Regionen liegen oft weit auseinander. In jedem Dorf gibt es eine Moschee. In dieser Moschee können die Kinder schon ab dem 4. Lebensalter jeden Tag von dem dortigen Mullah religiös unterrichtet werden. Wenn ein Kind das heilige Buch, den Koran beendet hat, und auch Pantschkitab gelesen hat, kann es schon lesen und schreiben. Aus diesem Grund wird es in die letzten Klassen der Volksschule aufgenommen. Der Grund, dass die Kinder aus den Dörfern so spät beginnen, ist weil sie klein sind und die Schule oft nicht leicht erreichen können. Die Erklärung des Schulwerdeganges des BF ist daher authentisch.

R: Sie gaben an, dass Sie beim Militär tätig waren. Schildern Sie mir Ihre Berufslaufbahn und mit den jeweiligen Zeitangaben.

BF: Im römisch 40 bin ich nach Kabul gekommen. Die Anmeldung passierte in römisch 40 . In Kabul begann dann das Training als Soldat. Dort habe ich die Formalitäten erfüllt. 6 Wochen habe ich ein Training bekommen. Nicht bei der Polizei, sondern bei der Urdu-I-Mili, dass ist die afghanische Nationalarmee. Auf Paschtu wäre der Ausdruck Milipaus. Nach Absolvierung der 6 Wochen war ich offiziell Soldat. Ja, das ist eine Art Grundausbildung. Jeder der Soldat werden möchte, muss das absolvieren. Ich wollte danach Offizier werden und nicht nur Soldat bleiben, deswegen habe ich eine Prüfung bestanden um Leutnant zu werden. Der afghanische Begriff lautet Bridmal oder auch Sabet oder im Ausweis wird Parakmaschr geschrieben. Dann habe ich mit dieser Leutnantsausbildung begonnen. Die Absolvierung dieses Kurses, im 12. Monat römisch 40 , am 10. Oder 11. Tag war ich dann im Rang des Parakmaschr und ich habe mit der Arbeit beim Bataillon begonnen, namens römisch 40 . Ich habe weitere Ausbildungen erhalten unter anderem einen Computerkurs absolviert. Die Ausbildung erfolgte durch Kanadier. Finanziert wurde es von der Regierung.

R: Waren Sie bei den ob genannten Bataillon bis zur Kündigung Ihres Dienstvertrages tätig oder auch bei anderen Einheiten eingesetzt?

BF: Ich habe einen Vertrag für drei Jahre bekommen. Danach wird dieser immer verlängert. Nach Absolvierung des Computerkurses kam ich in einen höher militärischen Rang. Ich habe immer bei diesem Bataillon gearbeitet, war aber auch andern Orts eingesetzt. Meine Aufgabe war damals, die Jungs aufzuwecken, sie zu Sportplätzen zu begleiten, mit ihnen ein Sporttraining zu absolvieren. Meine Aufgabe war damit erfüllt. Nachdem ich einen guten Ruf bei dieser Tätigkeit erhalten habe, hat mein damaliger Kommandant mich in den höheren Rang überstellt. Damit hatte ich den Rang Sar-Parakmaschr. Diese Ausweiskarte habe ich im BAA-Verfahren vorgelegt. Im Rahmen dieses höheren Ranges ist meine Verantwortung höher und gewichtiger geworden. Mein Aufgabenbereich umfasste: ich war zuständig für eine Einheit mit dem Namen römisch 40 römisch 40 . Das ist eine Kompanie. Ich war für den ganzen Ablauf und die Organisation zuständig. Meine Aufgabe war die Verteilung von Essen, Kleidung, Diensteinteilungen zu machen. In den Bereich der Diensteinteilung fiel auch, diese Soldanten in den Kampf zu schicken.

R: Für wie viele Soldaten waren Sie verantwortlich, bei Ihrer letztgeschilderten Tätigkeit?

BF: Ich war nicht der direkte Befehlserteile, ich war an der dritten Stelle. Der erste war unser Kommandant, der zweite war unser römisch 40 , und danach war ich rangmäßig. Befragt zur Anzahl der Soldaten, gebe ich an, dass es ca. 85 waren. Es gab eine hierarchische Struktur. Ich berichtete an den römisch 40 und dieser an den Kommandanten.

SV: Haben Sie einen Befehl für kriegerische Auseinandersetzungen für die Soldaten des obgenannten Bataillons erteilt?

BF: Ja.

R: Wann?

BF: Einen direkten Befehl konnte ich nicht erteilen. Dieser kommt vom Kommandanten. Einmal vom 3. bis zum 4. Monat römisch 40 als die Taliban das Gefängnis von römisch 40 angegriffen haben, und die inhaftierten Taliban befreiten habe ich einen Befehl vom Kommandant bekommen, die Taliban auf der Flucht sind und zwar auf der Straße römisch 40 , die nach Pakistan führt, zu erwischen. Ich habe bei diesem Einsatz 6 bis 7 Taliban erwischt, mit meiner Gruppe, die damals aus ca 20 bis 25 Personen bestand. Befragt zu dem Check Point gebe ich an, dass dieser eigentlich zur Nationalpolizei gehört. Dieser Check Point heißt römisch 40 . Der ist immer an dieser Straße.

R: Schildern Sie mir näher die Umstände, wie Sie diese 6 bis 7 Taliban erwischt haben, zu welcher Tageszeit ist es passiert, was haben Sie genau gemacht, was haben Ihre Mitarbeiter=Soldanten gemacht?

BF: Es ist in der Nacht passiert, die Zeit weiß ich nicht genau. Dieser Vorfall ereignete sich am 10 oder 11 Tag des Jahres römisch 40 . Den Monat weiß ich nicht mehr. Ca 30 bis 40 Meter Entfernung vom Check Point habe ich es so organisiert, dass ich einem Mitarbeiter von mir, in afghanischer Kleidung beauftragt habe, falls ein verdächtiges Fahrzeug oder ein Person, vorbeikommt, soll er auf die Reifen schießen, falls dieses Fahrzeug nicht anhält. Der Mitarbeiter, der dort gewartet hat, hat ein verdächtiges Taxi beobachtet und gesehen, dass der Chauffeur sehr unruhig ist. Ca 10 bis 15 Meter vor dem Check Point hat das Taxi gestoppt. Da unsere Fahrzeuge in Bereitschaft waren, habe ich unseren Jungs den Befehl gegeben, sofort zu dem Taxi hinzufahren. Meine Leute und ich sind dann zu diesem Taxi hingekommen, haben gesehen, dass in diesem Auto mehrere blutige Personen, die auch mit Erde verschmutzt waren, drinnen waren. Diese waren mir verdächtig. Ich war dann sicher. Ich habe diese Personen festgenommen und den Kommandant informiert. Er hat den Befehl gegeben mit diesen Personen zurückzukommen. Befragt zu meinem vorhergehenden Vorbringen, dass ich im Rahmen dieses Einsatzes von einem Taliban fotografiert wurde, führe ich aus, dass ich diese Leute zu unserem Kommandant gebracht habe, wo sie auch verblieben sind. Am nächsten Tag, als sie der afghanischen Polizei übergeben wurden, haben sich auch andere Leute versammelt. Es waren Zivilisten. Die Übergabe fand deswegen dort statt, da die afghanische Polizei nicht in unser Gefängnis hineindurfte, wobei es sich dabei um ein vorübergehendes Gefängnis handelte. Die Übergabe fand an einem Kontrollpunkt statt, wo sich auch Zivilisten befanden. Ich gehe davon aus, dass mich entweder im Rahmen dieser Übergabe fotografiert hat oder mich jemand aus den eigenen Reihen verraten haben könnte.

SV: Waren Sie auch an einer anderen Stelle im Einsatz? Wenn ja, wo?

BF: Ja ich war auch wo anders im Einsatz und zwar auch in römisch 40 . Den Namen habe ich momentan vergessen. Befragt nach anderen Einsätzen gebe ich noch einmal an, meine Hauptaufgabe war generell die Kontrolle der Mitarbeiter nach einem Einsatz, wenn sie wieder zurückkamen.

BFV: Man kann zusammenfassend sagen, es handelte sich um eine Tätigkeit als Militärpolizist.

R: Gab es noch einen weiteren Einsatz, wo Sie militärisch sprich kämpferisch tätig waren?

BF: Nein.

SV: Haben Sie sich schon bei der Militärbehörde in römisch 40 angemeldet, dass Sie beabsichtigten nach Kabul zu gehen, um dort Ihre militärische Ausbildung zu beginnen?

BF: Ja, das ist passiert, dass habe ich römisch 40 gemacht. Dort gibt es ein Amt, wenn jemand bei der Nationalarmee arbeiten möchte, muss er sich dort melden. Dort habe ich die Unterlagen, die ich im BAA-Verfahren vorgelegt habe, ausgefüllt.

R beauftragt SV mit Erstellung eines Gutachtens zu Authentizität der Angaben des BF hinsichtlich seiner Militärlaufbahn und zum Gefährdungspotenzial militärischer Angehöriger in Afghanistan.

SV: Die Angaben des BF betreffend seine militärische Laufbahn stimmen mit den militärischen Tatsachen in Afghanistan überein. Der BF war ein Unteroffizier und er hat die von ihm genannten Aufgaben im Rahmen der militärischen Strukturen und Gegebenheiten in Afghanistan wahrgenommen. Die Angaben des BF, dass er bei dem Abfangen der geflüchteten Taliban aus dem Gefängnis beteiligt gewesen ist, sind nicht auszuschließen. Dieser Gefängnisausbruch hat 2008, in dem von ihm genannten Zeitraum stattgefunden. Dieser Ausbruch war ein Massenausbruch, offensichtlich war der BF für Abfangen eines Bruchteils dieser Gefangenen zuständig. Er hat die Kooperationsgrenzen zwischen der ANA und der ANP entsprechend widergegeben. Der BF hat seine militärische Laufbahn insofern richtig angegeben, dass er schon in seiner Provinzhauptstadt als erstes sich gemeldet und sich dort eintragen ließ. Diese Angaben des BF entsprechen den Tatsachen, wenn die Jugendlichen sich bei der Armee melden und den Militärdienst leisten wollen. Die afghanische Armee ist seit dem Sturz der Kommunisten eine freiwillige Armee und seit dem Sturz der Taliban im Jahr 2001 eine Berufsarmee. Aufgrund der hohen Arbeitslosigkeit unter den Jugendlichen in Afghanistan, melden sich viele Jugendliche bei der Armee, weil die Verdienstmöglichkeit für diese Jugendlichen bei der Armee relativ gut ist.

Ausgehend von den heutigen Angaben des BF gehe ich davon aus, dass der BF zu den gefährdeten Personen aus der Reihe der Armee gehört, weil der BF in der afghanischen Armee ein Unteroffizier war und sich gegen die Taliban in römisch 40 betätigt hat. Erschwerend kommt dazu noch, dass der BF aus der Provinz römisch 40 , auch aus einer Taliban-Hochburg-Provinz stammt und ein Paschtune ist. Ein solcher Paschtune wird als Nestbeschmutzer erachtet. In römisch 40 , in den paschtunisch bewohnten Dörfern finden die Taliban Unterschlupf und die Taliban genießen dort große Sympathie. römisch 40 gehört zu den unsichersten Provinzen Afghanistans. Es gibt ständig Selbstmordanschläge und Angriffe auf Armeekonvois, wobei Dutzende Zivilisten ums Leben kommen. Es kommt in römisch 40 auch vor, dass die Taliban Linientaxis angehalten, in denen sich Hochzeitsgäste befunden haben und haben die Hochzeitsgäste getötet.

Nach meiner Sachkenntnis sind solche Personen, auch nach dem Verlassen der afghanischen Nationalarmee oder der Nationalpolizei gefährdet, solange die Taliban weiterhin aktiv sind und die Hauptstraßen kontrollieren und in den paschtunischen Gebieten Unterschlupf finden. Der BF hat offensichtlich an Festnahmen der Taliban mitgewirkt. Diese Tat des BF wird von den Taliban als feindlicher Akt gegenüber der Taliban gewertet. Solche Feindschaften sind für die Taliban dann beendet, wenn sie diese Personen gefasst, bestraft getötet oder sie für die Mitarbeit bei den Taliban abgeworben haben.

Zu obigem Ausführungen möchte ich auf folgende Internetquellen hinwiesen:

Molsamd.gov.af/Content/files/retirement/OG %201016%20English%20version.pdf

www.wikipedia.org/wiki/Sarposa prison attack of 2008

R: Hatten Sie in Afghanistan Probleme wegen Ihrer Volksgruppenzugehörigkeit oder wegen Ihrer religiösen Überzeugung?

BF: Als ich mit meiner militärischen Laufbahn begonnen habe, wurde ich sehr oft Anfeindungen ausgesetzt, weil ich mit ausländischen Kräften gearbeitet habe. Es waren auch die Leute, die mit den Taliban sympathisieren, die alle anderen hassen die mit der Nationalarmee oder Nationalpolizei zusammenarbeiten. Meine Tätigkeit wurde oft als "Haram" bezeichnet."

"R: Sie gaben an, dass Ihr Haus im ersten Monat römisch 40 zerstört wurde und Ihren Dienstvertrag gekündigt im römisch 40 . Ist das richtig?

BF: Ja.

R: Da es sich um einen Zeitraum von 1 1/2 Jahren handelt, geben Sie mit bitte an, wo Sie in diesem Zeitraum gelebt haben und ob Sie in diesem Zeitraum persönlich bedroht oder angegriffen wurden?

BF: Ich war in diesem Zeitraum in römisch 40 . Die Familienmitglieder haben bei verschiedenen Verwandten gelebt. Die Taliban greifen die Frauen und älteren Leute nicht an. Während dieses Zeitraums habe ich ein bis zweimal meine Familie besucht. Befragt, wo ich in römisch 40 war, gebe ich an, dass ich bei meinem obengenannten Militärbataillon tätig war. Befragt, wo meine Familienmitglieder gewohnt haben, gebe ich an, dass das in meinem Heimatdorf war.

R: Ich habe Sie gefragt, ob Ihnen persönlich in diesem Zeitraum etwas zugestoßen ist, ob Sie angegriffen oder bedroht wurden?

BF: Konkret ist mir nichts passiert, aber ich musste sehr aufpassen. Ein Taliban-Kommandant namens römisch 40 , der in unserem Dorf, wohnt, hat bei einem meiner Besuche meiner Familie ca 7 bis 8 Monate nach meinem Taliban Einsatz öffentlich verkündet, dass ich "damals einen großen Fehler gemacht habe". Ich gebe dazu an, dass damit der damalige Taliban Einsatz gemeint war. Weiters befragt zur persönlichen Bedrohung möchte ich nochmals den Drohbrief erwähnen, den ich im 10. Monat römisch 40 erhalten habe.

R: Erklären Sie mir bitte, warum Sie, obwohl Sie sich bedroht gefühlt haben, nachdem Ihr Haus zerstört wurde, zumindest 2mal in Ihr Heimatdorf zurückgekommen sind, um Ihre Familie zu besuchen?

BF: Da ich bis dahin niemals von meinen Kindern getrennt war, war diese Situation für mich sehr schwer zu ertragen. Ich wollte wissen, wie es meinen Kindern geht.

R: Wie lange haben Sie sich bei den jeweiligen Besuchen im Dorf aufgehalten und wo haben Sie gewohnt?

BF: Jedes Mal, wenn ich dort war, war ich ca. 10 Tage dort. Ich habe meine Kinder nur nachtsüber besucht. Tagsüber war ich bei meinen Freunden versteckt. Das war teilweile im selben Dorf, teileweise in einem anderen Dorf. Selten war ich im eigenen Dorf.

R: Hat von Ihren Nachbarn irgendjemand mitbekommen, dass Sie Ihre Familie besucht haben?

BF: Ich habe versucht, zu vermeiden, dass mich jemand sieht.

R: Der obenzitierte Vorfall mit römisch 40 , hat er Ihnen das persönlich verkündet oder haben Sie es gehört?

BF: Er hat es mir persönlich mitgeteilt.

R: Erklären Sie mir nun, wie Sie dies persönlich entgegen nehmen konnten, wo Sie doch vorhin ausgeführt, dass Sie nur nachts bei Ihren Kindern waren und sich tagsüber versteckt haben?

BF: Das war Zufall, In unserem Ort gibt es nur ein Geschäft, das tagsüber geöffnet ist, und abends gesperrt wird. Ich wollte gegen Abend zwischen 05.00 und 06.00 Uhr einkaufen gehen. Als ich dorthin kam, sah ich, dass römisch 40 bei diesem Geschäft sitzt. Bei dieser Gelegenheit hat er mir dies verkündet. Nachdem ich das gehört habe, habe ich das Dorf verlassen und bin zu meinem Bataillon zurückgegangen.

R: Sie haben vorhin bestätigt, dass Sie Ihre Kündigung im 7-. Monat römisch 40 eingereicht haben, warum haben Sie dies nicht früher gemacht, wenn Sie sich nach dem Talibaneinsatz so bedroht gefühlt haben?

BF: Ich bin ein Muslime und wenn wir mit dem Militärdienst beginnen müssen wir auf den Koran schwören, dass wir niemals das Militär verlassen werden, auch wenn es uns den Kopf kosten würde. Ich als Muslime würde nie gegen diesen Eid verstoßen.

R: Sie haben im 7. Monat römisch 40 den Militärdienst quittiert, haben aber erst im 5/ 6. Monat des Jahres XXXXdas Land verlassen. Können Sie mir erklären, warum Sie sich dafür ein 3/4 Jahr Zeit gelassen haben, obwohl Sie angeben, dass Sie in einer Bedrohungssituation waren?

BF: Ich habe im 7. Monat XXXXden Vertrag gekündigt.

R: Wie lange hat Ihre Flucht von Afghanistan nach Österreich gedauert?

BF: Zwei Monate und 9 Tage.

R: Wenn man nun zurückrechnet vom 08.10.2011, das ist die polizeiliche Ersteinvernahme, dann wären Sie somit ca. Anfang August 2011 aus Afghanistan geflohen. Dies haben Sie auch im BAA Verfahren so bestätigt, dass Sie angaben, im 5/6 Monat römisch 40 geflohen zu sein. Dies entspricht den Monaten Juli/August römisch 40 .

BF: Ja, das ist richtig. Ich habe ca. 8 bis 9 Monate nach meiner Kündigung das Land verlassen.

BFV: Wann haben Sie Ihr Heimatdorf verlassen?

BF: Das im 5/6 Monat römisch 40 .

R: Ich wiederhole meine Frage, warum haben Sie ein 3/4 Jahr sich weiterhin in Afghanistan aufgehalten, nach der Kündigung Ihres Dienstvertrages bis zu Ihrer Flucht?

BF: Ich habe in dieser Zeit an unterschiedlichen Orten gewohnt in Kabul oder Jalalabad. Ich habe nicht mehr im Heimatdorf gewohnt, weil ich dort nicht mehr bleiben konnte. In dieser Zeit habe ich die Flucht organisiert und die Felder verkauft. Der Verkauf der Felder hat sehr lange gedauert, da die Leute wussten, dass ich gezwungen war die Felder zu verkaufen. Die Preise waren sehr niedrig. Es dauerte ca. 2 bis 3 Monate. Aus dem Verkauf der Felder habe ich sehr wenig erhalten, das hat für die Flucht nicht gereicht. Mein Vater hat mit einem Freund gesprochen, der sich in Saudi Arabien befunden hat, der ihm gegenüber angegeben hat, ich solle noch zwei Monate warten. Er wird dann zurückkommen und wir werden eine Lösung finden. Als dieser Freund dann nach Afghanistan kam, hat er einen Teil der Flucht finanziert. Es hat aber nicht gereicht. Mein Vater hat den Rest aufgetrieben. Wie er das gemacht hat, weiß ich nicht. Bis ich also das gesamte Geld für die Flucht zusammenhatte, dauerte es bis zum 5/6 Monat römisch 40 . Sobald das ganze Geld beisammen war, habe ich am nächsten Tag das Land verlassen.

R: Was haben Sie in diesem 3/4 Jahr gemacht? Wovon haben Sie gelebt?

BF: Ich bin total verrückt geworden, es ging mir sehr schlecht. Ich habe etwas Geld von meinem Job. Danach erhielt ich das Geld vom Verkauf der Felder. Ich habe viele Freunde in Kabul und Jalalabad und habe mich bei diesen aufgehalten. Ich war auch bei meinem Bataillon."

Zu den vom Gericht übermittelten aktuellen Länderberichten zu Afghanistan äußerte sich der BF nicht.

römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Feststellungen:

Zur Person des BF:

Der BF ist afghanischer Staatsbürger, am römisch 40 in der Provinz römisch 40 , im Distrikt römisch 40 , im Dorf römisch 40 in Afghanistan geboren, wo er seit seiner Geburt lebte.

Der BF gehört der Volksgruppe der Paschtunen an, ist muslimischer Sunnit und verheiratet. Er spricht Paschtu und war Unteroffizier bei der afghanischen Armee.

Er ist illegal in das Bundesgebiet eingereist und befindet sich jedenfalls seit 08.10.2011 in Österreich. Er ist gesund und steht nicht in medizinischer Behandlung. Die Identität des BF steht fest.

Der BF ist verheiratet und hat vier Kinder, er hat 2 Jahre eine Moscheeschule besucht, weitere 8 Jahre eine weiterführende Schule, danach hat er seine militärische Laufbahn begonnen. Zuletzt, vor der Flucht, war der BF als Unteroffizier bei der afghanischen Armee tätig, wo er nach dem Kommandanten und einem weiteren Soldaten der Drittverantwortliche für rund 85 Soldaten war und dabei auch Befehle des Kommandanten für kriegerische Auseinandersetzungen an sein Bataillon weitergab. Ein solcher Befehl erging auch nach einem Ausbruch von inhaftierten Talibananhängern aus dem Gefängnis aus römisch 40 im Jahr 2008, wo der BF in Folge bei der Festnahme eines Teils der geflohenen Taliban beim Check römisch 40 mitwirkte. Nach diesem Einsatz wurde das Haus des BF von anderen Talibanmitgliedern zerstört, ein weiterer Dorfbewohner aus dem Heimatdorf des BF, der ebenfalls Talibanhänger war, bedrohte den BF öffentlich und bezichtigte ihn der Kollaboration mit ausländischen Kräften.

Es wird festgestellt, dass der BF durch die Zerstörung seines Hauses und einer öffentlichen Bezichtigung durch einen den Taliban zuzurechnenden Dorfbewohner im Heimatdorf des BF aufgrund seines Einsatzes beim Taliban-Gefängnisausbruch aus römisch 40 im Jahr 2008 und der folgenden Festnahmen von geflohenen Talibanhäftlingen, somit wegen seiner - aus Sicht der Taliban islamfeindlichen- politischen Gesinnung bedroht wurde und er sein Herkunftsland aus Angst vor Verfolgung verlassen hat.

Zur Lage im Herkunftsstaat:

Dem Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht wurden

nachstehende Länderberichte über die Lage in Afghanistan,

die UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des Internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchsuchender des hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen (UNHCR) vom 6. August 2013,

Gutachten des länderkundlichen Sachverständigen, Dr. Sarajuddin RASULY, für Afghanistan, Univ.- Lekt. Dr. Sarajuddin Rasuly, aus der gegenständlichen mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht vom 10.09.2014,

Ad 1)

"Allgemeines:

Afghanistan ist eine islamische Republik und hat schätzungsweise 24 bis 33 Millionen Einwohner. Die afghanische Verfassung sieht ein starkes Präsidialsystem mit einem Parlament vor, das aus einem Unterhaus und einem Oberhaus, deren Mitglieder von den Provinz- und Distriktsräten sowie vom Präsidenten bestellt werden, besteht.

(Country Report des U.S. Department of State vom 19. April 2013)

Der Präsident wird direkt gewählt. Die letzten Präsidentschafts- und Provinzratswahlen fan-den im August 2009 statt. Präsident Karzai ging abermals als Sieger aus den Wahlen hervor. Laut afghanischer Verfassung ist es Präsident Karzai nicht erlaubt, für eine dritte Amtszeit zu kandidieren. Die nächsten Präsidentschaftswahlen finden am 5. April 2014 statt, die endgültige Kandidatenliste wurde im November 2013 veröffentlicht. An die Wahlen wird sich eine Phase der Regierungsbildung anschließen, die angesichts der noch ungefestigten Verfahren längere Zeit in Anspruch nehmen kann.

Die afghanische Nationalversammlung ("Shuraye Melli") besteht aus dem Unterhaus (Volksvertretung, "Wolesi Jirga") und dem Oberhaus (Ältestenrat/Senat, "Meshrano Jirga"), die nach dem Modell eines klassischen Zweikammersystems gleichberechtigt an der Gesetzgebung beteiligt sind. Die letzten Parlamentswahlen fanden am 18. September 2010 statt. Die Auseinandersetzung um die Ergebnisse bei den Parlamentswahlen hielt Monate an.

(Deutsches Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan, vom 10. Jänner 2012, Sitzung 7; United States, Country on Human Rights Practices 2012 - Afghanistan, vom 19. April 2013, Sitzung 1, Deutsches Auswär-tiges Amt, Innenpolitik, vom April 2013; derstandard.at, "Afghanische Wahlkommission bestätigt Liste für Präsidentschaftswahl", vom 20. November 2013; Deutsche Bundesregierung, Fortschrittsbericht Afghanistan vom Januar 2014, S.

4)

Nach dem Sturz des Taliban-Regimes im Jahr 2001 wurde eine neue Verfassung erarbeitet, die schließlich im Januar 2004 ratifiziert wurde. In der afghanischen Verfassung ist die Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau verankert und das Gesetz der Sharia wird nicht in dieser erwähnt. Jedoch wird Afghanistan als islamische Republik beschrieben, in welcher der Islam eine heilige Religion ist. Demzufolge darf es kein Gesetz geben, welches mit dem Glauben und der Religionspraxis im Islam in Konflikt gerät.

(IDEA [The International Institute for Democracy and Electoral Assistance]: Afghanistan: "An Electoral Management Body Evolves"; NDI [National Democratic Institute]: "Political Parties in Afghanistan - A Review of the State of Political Parties after the 2009 and 2010 Elections", vom Juni 2011; AREU [Afghanistan Research and Evaluation Unit]: "Women's Economic Empowerment in Afghanistan 2002-2012" vom Juli 2013)

Nach mehr als 30 Jahren Konflikt und 11 Jahre nach dem Ende der Herrschaft der Taliban befindet sich Afghanistan in einem langwierigen Wiederaufbauprozess. Die nationale Aussöhnung mit den Aufständischen sowie die Reintegration versöhnungswilliger Mitglieder der Insurgenz bleiben weiterhin eine Grundvoraussetzung für die Schaffung eines friedlichen und stabilen Afghanistans.

(Deutsches Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan vom 4. Juni 2013, Sitzung 4)

Am Nato-Gipfeltreffen in Chicago im Mai 2012 wurden der schrittweise Abzug der internationalen Truppen bis 2014 sowie die Grundzüge des Nachfolgeeinsatzes diskutiert.

(Bericht der Schweizer Flüchtlingshilfe, Afghanistan: Update vom 3. September 2012, Sitzung 2)

Nach einer Strategie der Übergabe der Sicherheitsverantwortung ("Transition") haben die afghanischen Sicherheitskräfte schrittweise die Verantwortung für die Sicherheit in Afghanistan von den internationalen Streitkräften übernommen. Ein Abzug aller ausländischen Streitkräfte aus dem Land ist bis Ende 2014 geplant. Es wird eine Intensivierung des Konflikts zwischen regierungstreuen und -feindlichen Kräften infolge des Abzugs der internationalen Truppen erwartet, sofern nicht vorher eine Friedensvereinbarung geschlossen wird.

(Richtlinien des UNHCR zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfes afghanischer Asylsuchender vom 6. August 2013, Sitzung 12)

Die afghanische Regierung ist weiterhin weit davon entfernt, ihren Bürgerinnen und Bürgern Sicherheit, effiziente Regierungsinstitutionen, Rechtsstaatlichkeit, soziale Basisdienstleistungen und Schutz vor Menschenrechtsverletzungen bieten zu können.

(Bericht der Schweizer Flüchtlingshilfe, Afghanistan: Update vom 30. September 2013, Sitzung 1)

Mittlerweile reklamieren die Taliban mit der systematischen Einrichtung parallelstaatlicher Strukturen in immer weiter nördlich gelegenen Gebieten den Anspruch für sich, als legitime Regierung Afghanistans betrachtet zu werden. Die regierungsähnlichen Strukturen in den von den Taliban kontrollierten Gebieten (mit Schattengouverneuren und in wichtigeren Gebieten mit verschiedenen Kommissionen z.B. für Justiz, Besteuerung, Gesundheit oder Bildung) sind relativ gut etabliert.

(Bericht der Schweizer Flüchtlingshilfe, Afghanistan: Update vom 3. September 2012)

Sicherheitslage allgemein:

Die Zahl der im Afghanistan-Konflikt getöteten oder verletzten Zivilisten ist nach Angaben der Vereinten Nationen im ersten Halbjahr 2013 deutlich gestiegen. Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum sind 23 Prozent mehr Opfer gezählt worden. Nach einem zwischenzeitlichen Rückgang im Jahr 2012 gibt es nun eine Rückkehr zu den hohen Zahlen von getöteten und verletzten Zivilisten des Jahres 2011. Von Jänner bis Oktober 2013 wurden insgesamt 2.568 Zivilisten getötet und 4.826 Zivilisten verletzt. Das entspricht einer Erhöhung um 13 Prozent im Vergleich zum selben Zeitraum im Jahr 2012.

Laut UNAMA sind 75 Prozent der Opfer durch Angriffe von Aufständischen getötet oder verletzt worden. In 10 Prozent der Fälle seien Regierungstruppen verantwortlich, weitere 13 Prozent seien bei Kämpfen zwischen beiden Seiten getötet oder verletzt worden. Die verbleibenden 4 Prozent der Fälle waren demnach keiner Konfliktpartei zuzuordnen und wurden in erster Linie durch Blindgänger verursacht.

(General Assembly/Security Council United Nations, "The situation in Afghanistan and its implications for international peace and security" Rn. 24 vom 6. Dezember 2013; Richtlinien des UNHCR zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfes afghanischer Asylsuchender vom 6. August 2013, Sitzung 15)

Die Zahlen unterstreichen die schwierige Sicherheitslage in Afghanistan vor dem Ende des internationalen Kampfeinsatzes. Die USA und ihre NATO-Verbündeten wollen bis zum Ende 2014 alle Kampftruppen aus dem Land abziehen. Die Internationale Sicherheits Unterstützungstruppe (ISAF) wird wie bisher bis zum Ende der Übergangsphase (31. Dezember 2014) die Afghan National Security Forces (ANSF) ausbilden, beraten und unterstützen, jedoch wenn erforderlich auch Kampfunterstützung liefern.

Auf die Abzugspläne der deutschen Bundeswehr haben die veränderten Daten zur Sicherheitslage keine Auswirkungen. Es bleibt bislang auch bei den Absichten, von Ende 2014 an für eine Ausbildungs- und Trainingsmission der NATO zwischen 600 und 800 Bundeswehrsoldaten zur Verfügung zu stellen.

(ORF-online: "Afghanistan: 2013 bereits über 1.300 zivile Opfer" vom 31. Juli 2013; NATO "International Security Assistance Force" vom 1. August 2013; Frankfurter Allgemeine Zeitung: "Bundeswehr korrigiert Statistik über Sicherheit in Afghanistan" vom 31. Mai 2013)

Karzai versucht, Afghanistan vor der Präsidentenwahl und dem Abzug der NATO-Truppen in diesem Jahr zu stabilisieren. Die ausländischen Soldaten übertragen immer mehr der Verantwortung für die Sicherheit in Afghanistan auf die 350.000 Mitglieder der einheimischen Sicherheitskräfte.

(APA: "Afghanisches Parlament feuert Innenminister wegen Gewaltwelle" vom 22. Juli 2013)

Im Juni 2013, eineinhalb Jahre vor Ende des Nato-Kampfeinsatzes, haben die afghanischen Sicherheitskräfte offiziell im ganzen Land die Verantwortung übernommen.

(TAZ: "Afghanen tragen jetzt die volle Verantwortung" vom 19. Juni 2013)

Der Konflikt in Afghanistan beeinflusst nun auch Provinzen, die bisher als die stabilsten im Land betrachtet wurden, wie etwa die Provinz Panjshir. Die Gewalt ist nicht auf Kabul oder allgemein auf städtische Zentren beschränkt. Die Aufständischen in ländlichen Gebieten gehen oft extrem gewalttätig vor.

Die Verbreitung von lokalen Milizen und bewaffneten Gruppen - sowohl pro- und anti-Regierung - im Norden, Nordosten und in zentralen Hochland-Regionen haben eine weitere negative Auswirkung auf die Sicherheitslage für Zivilisten.

(Richtlinien des UNHCR zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfes afghanischer Asylsuchender vom 6. August 2013, Sitzung 14)

Die Opfer unter den ISAF-Angehörigen gingen insbesondere aufgrund der Verringerung der Kräfte als auch des gewandelten militärischen Auftrages in den ersten fünf Monaten des Jahres 2013 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum von 121 auf 60 zurück. Infolge des nahezu abgeschlossenen Aufwuchs der ANSF, der hohen Operationslast als Folge der Übernahme der aktiven Sicherheitsverantwortung und der damit einhergehenden Zielauswahl durch die regierungsfeindlichen Kräfte stiegen die personellen Verluste der ANSF von 499 auf 1.070 in den ersten vier Monaten 2013 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum deutlich an. Auch in Zukunft ist infolge der weiter fortschreitenden Transition mit hohen Verlustzahlen unter ANSF-Angehörigen zu rechnen. Die Hauptursachen für den Anstieg der zivilen Opfer in der ersten Jahreshälfte 2013 waren die vermehrte willkürliche Verwendung von Spreng- und Brandvorrichtungen durch regierungsfeindliche Elemente sowie Selbstmordanschläge und komplexe Angriffe an Orten, an denen sich Zivilisten aufhalten, darunter auch zivile Regierungsgebäude. Wie UNAMA weiters ausführt, hat eine sich verändernde politische und sicherheitsrelevante Dynamik in der ersten Jahreshälfte 2013 den Schutz von Zivilisten behindert und den Zugang zu Menschenrechten beschränkt. Auf die Übertragung der Sicherheitsverantwortung von den internationalen Truppen an die afghanischen Sicherheitskräfte und die Schließung von internationalen Militärbasen haben regierungsfeindliche Elemente mit zunehmenden Angriffen auf die afghanischen Sicherheitskräfte, hauptsächlich an Checkpoints, auf strategisch wichtigen Highways, in einigen Gebieten, die an die afghanischen Sicherheitskräfte übergeben wurden, und in Distrikten, die an Afghanistans Nachbarländer grenzen, reagiert.

(UNAMA, Mid-Year Report 2013, vom Juli 2013, Sitzung 1f)

Die Planungen der NATO für den ISAF Folgeeinsatz Resolute Support Mission schreiten voran. Die konditionierte Zusage Deutschlands für seinen Beitrag zu Resolute Support vom 18. April 2013 bildet den Rahmen für die weiteren Planungen. Deutschland ist - vorbehaltlich der auch künftig jährlich einzuholenden Zustimmung des Deutschen Bundestages - zur Übernahme der Verantwortung als Rahmennation für den Norden von Afghanistan, Bereich Masar-e Scharif, für zunächst zwei Jahre bereit und will mit seinen multinationalen Partnern die Arbeit fortsetzen. Daneben wird ein deutscher Truppen-Beitrag im Großraum Kabul eingesetzt werden.

Aufbauend auf dem im Juni 2013 durch die NATO-Verteidigungsminister gebilligten Operati-onskonzept für Resolute Support wurde im Oktober mit der Verabschiedung des sog. Strategic Planning Assessment (SPA) eine weitere Weichenstellung für die Planung der ISAF-Folgemission vorgenommen. Das im November 2013 zwischen Afghanistan und den USA verhandelte, aber noch nicht unterzeichnete Bilaterale Sicherheitsabkommen dient als Grundlage für die bereits laufenden Verhandlungen zu einem umfassenden Stationierungsabkommen für die NATO und alle Partnernationen. Letzteres bildet auch eine wesentliche rechtliche Voraussetzung für die neue deutsche Mission.

(Deutsche Bundesregierung, Fortschrittsbericht Afghanistan, vom Januar 2014, Sitzung 16 f.)

Der afghanische Innenminister Umer Daudzai hat laut einem Anfang September 2013 veröffentlichten Artikel bekannt gegeben, dass seit März 2013 insgesamt 1.792 Polizisten getötet wurden - die meisten durch am Straßenrand platzierte Bomben.

(AlertNet: "Afghan police deaths double as foreign troops withdraw" vom 2. September 2013)

Der UNO-Generalsekretär erwähnt in einem Bericht vom März 2013, dass im Zeitraum vom 16. November 2012 bis 15. Februar 2013 insgesamt

3.783 sicherheitsrelevante Vorfälle verzeichnet wurden. Dies stellt einen 4-prozentigen Rückgang gegenüber dem gleichen Zeitraum ein Jahr zuvor dar. Die Zahl der zwischen 1. Jänner und 15. Februar 2013 verzeichneten Sicherheitsvorfälle lag allerdings um 6 Prozent höher als im Vorjahr. Wie der UNO-Generalsekretär berichtet, ereigneten sich die meisten der zwischen 16. November 2012 und 15. Februar 2013 verzeichneten Vorfälle auch weiterhin in den Provinzen im Süden, Südosten und Osten des Landes. Die größte Zahl wurde in der Provinz Nangarhar verzeichnet.

(UN-General Assembly Security Council: "The Situation in Afghanistan and its implications for international peace and security" vom 5. März 2013)

In einem Bericht vom Juni 2013 erwähnt der UNO-Generalsekretär, dass im Zeitraum vom 16. Februar bis 15. Mai 2013 insgesamt 4.267 sicherheitsrelevante Vorfälle verzeichnet wurden. Dies stellt einen 10-prozentigen Anstieg gegenüber dem Vorjahreszeitraum dar. 70 Prozent der Vorfälle ereigneten sich im Süden, Südosten und Osten des Landes. Im Osten des Landes ist es zu einem Zustrom von Aufständischen in die Provinzen Nuristan und Badachschan und einem 18-prozentigen Anstieg der Anzahl der Vorfälle gekommen. Bewaffnete Auseinandersetzungen und Spreng- und Brandvorrichtungen machten weiterhin die Mehrzahl der Vorfälle aus.

(UN-General Assembly Security Council: "The Situation in Afghanistan and its implications for international peace and security" vom 13. Juni 2013)

In einem im September 2013 erschienenen Bericht des UNO-Generalsekretärs wird erwähnt, dass die afghanischen Sicherheitskräfte die meisten Operationen durchführen und ihre Opferzahl deutlich angestiegen ist. Berichten zufolge wurden im zweiten Quartal des Jahres 2013 mehr als 3.500 Angehörige der afghanischen Sicherheitskräfte bei Kampfhandlungen verletzt oder getötet. Am 1. Juli 2013 hat der afghanische Innenminister bekannt gegeben, dass zwischen Mitte Mai und Mitte Juni 2013 insgesamt 299 Polizisten getötet wurden. Dabei handelt es sich um einen 22-prozentigen Anstieg im Vergleich zum Vorjahreszeitraum.

Im selben Bericht wird angeführt, dass im Zeitraum vom 16. Mai bis 15. August 2013 insgesamt 5.922 sicherheitsrelevante Vorfälle verzeichnet wurden. Dies stellt einen 11-prozentigen Anstieg im Vergleich zum Vorjahreszeitraum und einen 21-prozentigen Rückgang im Vergleich zum gleichen Zeitraum im Jahr 2011 dar. Laut Bericht haben die Aufständischen ihren Schwerpunkt unter anderem auf Angriffe auf Sicherheitskontrollpunkte und Stützpunkte gelegt, die von den internationalen Truppen an die afghanischen Sicherheitskräfte übergeben wurden. Generell wirkungsvoller Widerstand durch die afghanischen Sicherheitskräfte hat sich auf den Schutz von wichtigen städtischen Zentren, Verwaltungszentren von Distrikten und strategisch wichtigen Transportrouten fokussiert. Die Mehrheit der sicherheitsrelevanten Vorfälle (69 Prozent) ereignete sich weiterhin in den Provinzen im Süden, Südosten und Osten des Landes.

(UN-General Assembly Security Council: "The Situation in Afghanistan and its implications for international peace and security" vom 6. September 2013)

Gemäss ANSO gelingt es den afghanischen Sicherheitskräften nicht, die sich aus dem Abzug der internationalen Truppen ergebenden Lücken zu füllen. Dies zeigt sich insbesondere in den nordwestlichen Provinzen Faryab und Badghis, im gesamten Nordosten und in der südlichen Provinz Paktika. In einigen Gebieten, in welchen die Übergabe in Phase drei erfolgt ist, sind zunehmende Aktivitäten regierungsfeindlicher Gruppierungen zu verzeichnen, während die Aktivitäten der afghanischen Sicherheitskräfte in diesen Gebieten zeitgleich zurückgegangen sind. Mit dem voranschreitenden Abzug der internationalen Truppen haben die regierungsfeindlichen Gruppierungen ihre Angriffe kontinuierlich von den internationalen Zielen weg auf afghanische Ziele fokussiert, d.h. auf die afghanischen Sicherheitskräfte sowie auf afghanische Regierungsangehörige. Dies widerspricht der erwarteten Logik, dass die sinkende internationale Präsenz zu einem Rückgang der militärischen Aktivitäten der regierungsfeindlichen Gruppierungen führen würde.

Die Führung der Taliban ist weiterhin in der Lage, die militärischen Operationen der Bewegung von Pakistan aus strategisch zu lenken sowie die notwendigen Ressourcen zur Unterstützung der operationellen Prioritäten zu beschaffen. Seit 2009 lassen sich drei Entwicklungen erkennen: Erstens wurden auf der strategischen Ebene beträchtliche Anstrengungen hin zu einer stärkeren Zentralisierung der Kommando- und Kontrollstrukturen unternommen, um einer Fragmentierung der Bewegung entgegenzuwirken. Zweitens zeichnet sich eine Militarisierung der Administration ab. Der militärische Druck seitens der ISAF zwang zahlreiche Schattengouverneure in den Untergrund oder zur Flucht nach Pakistan und führte dadurch zu einem verminderten Einfluss dieser. In der Konsequenz ist die Macht der Militärkommissionen gestiegen, die vor Ort präsent sind. Drittens lässt sich auf der taktischen Ebene eine Professionalisierung der Bewegung feststellen.

(Bericht der Schweizer Flüchtlingshilfe, Afghanistan: Update vom 30. September 2013, Sitzung 5 f; ANSO, Quarterly Data Report Q1 2013, Sitzung 12 und 17; ANSO, Quarterly Data Report Q1 2013, Sitzung 11)

Sicherheitslage im Südwesten, Süden und Osten des Landes:

Im Süden waren auch 2012 die meisten zivilen Opfer zu beklagen (46 Prozent). Im Süden und Osten finden die meisten extralegalen Hinrichtungen statt, die überdies um 107 Prozent bzw. 114 Prozent massiv anstiegen. Der Fokus der regierungsfeindlichen Gruppierungen richtete sich jedoch zunehmend auf den Osten, wo die gewaltsamen Auseinandersetzungen in der Folge rasant zunahmen. Insbesondere in der Provinz Nangarhar haben die regierungsfreundlichen Gruppierungen eine signifikante Eskalation zur Verstärkung ihrer Hochburg im Osten unternommen. ANSO geht davon aus, dass es sich um eine strategische Positionierung im Hinblick auf 2014 handelt. Im Frühjahr 2013 konnten die regierungsfreundlichen Gruppierungen ihre Position im Osten weiter konsolidieren und auch im Süden sind die Angriffe erneut in die Höhe geschnellt. Die am meisten umkämpften Provinzen waren 2012/13 Kandahar, Nangarhar, Helmand, Khost, Kunar und Ghazni.

(Bericht der Schweizer Flüchtlingshilfe, Afghanistan: Update vom 30. September 2013, Sitzung 10)

In Nangarhar stiegen die Zwischenfälle durch regierungsfeindliche Gruppierungen im ersten Quartal 2013 gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres um 81 Prozent an. Ebenso wie in Laghman, wo die Zahl der Zwischenfälle um 250 Prozent anstieg, wurden in Nangarhar die größten Zuwächse an Angriffen der bewaffneten Opposition verzeichnet, die auf die Infiltrationsrouten aus Pakistan und die strategisch bedeutsamen Gebiete angrenzend an Kabul-Tokham-Highway abzielen. Die Provinz Kunar war im ersten Quartal 2013 nach Helmand "Spitzenreiter", was das Ausmaß der Angriffe anbelangt. Die Zahl der Vorfälle erhöhte sich in Kunar um 21 Prozent im Vergleichszeitraum des Vorjahres. Auch in der Provinz Ghazni geht der Trend bezüglich der Sicherheitslage in Richtung einer Verschärfung: Im ersten Quartal 2013 stieg die Zahl der Vorfälle jedoch im Vergleichszeitraum des Vorjahres um 127 Prozent.

(ANSO, Quarterly Report ,vom April 2013)

Vorfälle, wie etwa die Entführung von 20 Zivilisten auf dem Weg in die Distrikte Jaghori und Malistan, ereignen sich am häufigsten in den Distrikten Qarabagh und Gilan, wo die Taliban über Einfluss verfügen.

(ACCORD-Anfragebeantwortung vom 14. August 2013)

Die Provinz Wardak liegt strategisch günstig beim westlichen Zugang zu Kabul und wird von regierungsfeindlichen Gruppen als Tor für Angriffe auf die Provinz Kabul genützt.

(Länderinformation der Staatendokumentation vom 28. Jänner 2014)

Im ersten Quartal haben sich die Vorfälle in Wardak um 187 Prozent im Vergleich zum Vorjahr erhöht. Auch in der Provinz Helmand, wo die Taliban in das soziale Gefüge eingebettet sind, und in der Provinz Kandahar, der traditionellen Hochburg der Taliban, nahm die Zahl der Vorfälle zu.

(ANSO, Quarterly Report, vom April 2013)

Helmand und Kandahar sind die Provinzen, wo mit Abstand die meisten Opfer von Bombenanschlägen zu beklagen sind.

(UNAMA-Annual Report vom Februar 2014)

Sicherheitslage im Westen und Norden des Landes:

Die Anschläge sind in den westlichen Provinzen im Vergleich zum Vorjahr im Durchschnitt um 72 Prozent in die Höhe geschnellt. In den westlichen Grenzprovinzen konnte beobachtet werden, wie es regierungsfeindlichen Gruppierungen gelungen ist, die entstehende Lücke der abziehenden internationalen Truppen zu füllen.

Im Norden sind enge Verstrickungen zwischen regierungsfeindlichen Gruppierungen, lokalen Machthabern und Kräften der organisierten Kriminalität bedeutsam. Während die Aktivitäten regierungsfeindlicher Gruppierungen 2012 mit Ausnahme der Provinzen Baghlan und Faryab abnahmen, wurde im ersten Quartal 2013 in den meisten Provinzen des Nordens eine Verschlechterung der Sicherheitslage verzeichnet. Grund dafür sind zahlreiche militärische Operationen der internationalen Truppen, zunehmende Anschläge regierungsfeindlicher Gruppierungen sowie die Aktivitäten lokaler Milizen. Die regierungsfeindlichen Gruppierungen sind im Begriff, neben dem Süden und Osten des Landes eine dritte Front vom Norden Richtung Süden zu schaffen (Faryab-Badhis-Ghor-Farah-Helmand). In der bisher als ruhig geltenden Provinz Badakhshan gewannen die regierungsfeindlichen Gruppierungen nach dem Abzug der internationalen Streitkräfte ebenfalls an Einfluss. Ende September 2013 brachten die Taliban den Distrikt Keran-wa-Monjan der Provinz Badakhshan unter ihre Kontrolle.

(Bericht der Schweizer Flüchtlingshilfe, Afghanistan: Update vom 30. September 2013, Sitzung 10)

Auch die Zahl der Vorfälle in Ghor und Herat erhöhten sich vergleichsweise.

(Länderinformation der Staatendokumentation vom 28. Jänner 2014)

Die Sicherheitslage in Kunduz ist angespannt und hat sich in den vergangenen Monaten verschlechtert.

(Der Spiegel: "Abzug aus Afghanistan", 6. Oktober 2013)

Sicherheitslage in ausgewählten Provinzen:

Provinz Baghlan:

Die Provinz Baghlan wird zu den relativ friedlichen Provinzen Afghanistans gezählt. Jedoch haben die Taliban und die Kämpfer der Hezb-e-Islami in letzter Zeit ihre Aktivitäten in den unterschiedlichen Bezirken der Provinz Baghlan verstärkt.

(Khaama Press: "Gunmenkill five members of a family in Baghlan province" vom 24. August 2013)

Im August führten die Afghan National Security Forces (ANSF) eine Operation in Zentral Baghlan und anderen Teilen der Provinz durch, um Aufständische zu vertreiben. Dabei wurden laut offiziellen Angaben 17 Aufständische getötet und 9 verhaftet.

(Tolonews: "17 Insurgents Killed, 9 Detained in ANSF Baghlan Operation" vom 16. August 2013)

Provinz Bamyan:

Die Provinz Bamyan wird als die friedlichste Provinz des gesamten Landes angesehen. Obwohl die Provinz selbst keine Rebellenaktivitäten verzeichnet, kommt es nichtsdestotrotz manchmal zu Problemen mit den angrenzenden Provinzen Maidan Wardak, Sar-i-Pul und Parwan.

(Pajhwok Afghan News: "Bamyan seen most peaceful, secure province in country" vom 27. August 2013)

Die als sehr gut bezeichnete Sicherheitslage in Bamyan im Jahr 2012 setzt sich im Jahr 2013 fort.

(Neue Zürcher Zeitung: "In Afghanistan gibt es auch Erfolgsgeschichten" vom 31. Juli 2012)

Da die Provinz ethnisch relativ homogen ist und kaum Paschtunen hier leben, haben die Islamisten hier bisher kaum Unruhe stiften können. Die meisten Leute in Bamyan sagten, sie fühlten sich momentan sicher. Der Truppenabzug würde sie dennoch beunruhigen. Einige berüchtigte Warlords rühren bereits wieder die Kriegstrommel. Die große Mehrheit der Hazara scheint jedoch genug von bewaffneten Konflikten zu haben. Indirekt leidet Bamyan schon heute unter der zunehmenden Instabilität in den angrenzenden Provinzen.

In Baghlan, Parwan und Maidan Wardak haben die islamistischen Extremisten in den letzten Monaten stark an Einfluss gewonnen. Die für Bamyan lebenswichtige Verbindungsstraße nach Kabul ist dadurch unsicher geworden, was zu Versorgungsengpässen und massiven Preiserhöhungen geführt hat. Auch der Transport lokaler landwirtschaftlicher Produkte - vor allem Kartoffeln - nach Kabul ist schwierig geworden.

Vertreter des Distriktrats von Shibar erklären, die prekäre Sicherheitslage stelle heute das mit Abstand größte Problem dar. Shibar grenzt an alle drei unsicheren Nachbarprovinzen, und die Bevölkerung hier fühlt sich zunehmend eingekesselt. Die Tatsache, dass Bamyan zu einer friedlichen Insel in unsicheren Gewässern geworden ist, wirkt sich bereits auch negativ auf Hilfsprojekte aus. Seit über einem Jahr sind keine Vertreter von Hilfsorganisationen mehr in das Dorf gekommen.

Obwohl es den Menschen in Bamyan verhältnismäßig gut geht, ist überall in der Provinz die Klage zu hören, dass man gegenüber anderen Regionen vernachlässigt wird. Vertreter von Nichtregierungsorganisationen bestätigen, dass Bamyan in den letzten Jahren viel weniger Geld bekommen habe als andere Provinzen.

Kriege, Massaker, Enteignungen und anhaltende politische und soziale Diskriminierung ließen Bamyan zu einer der ärmsten Regionen Afghanistans verkommen. Auch wenn heute eine demokratisch gewählte Regierung an der Macht ist, bleibt das Misstrauen gegenüber Kabul groß. Die Regierung leite kaum Gelder an Bamyan weiter, weil sie nicht wolle, dass die Hazara vom Wiederaufbau profitierten. Die ethnische und religiöse Minderheit werde in alter Manier vernachlässigt. Die ausländischen Geber wiederum seien am zentralen Hochland nicht interessiert, weil es hier relativ ruhig sei. Ihr Fokus sei ganz auf die unsicheren südlichen Provinzen gerichtet. Während im Süden 10 Millionen Dollar für ein einziges Hilfsprojekt ausgegeben würden, bekomme man hier im besten Fall 500 000 Dollar.

Allerdings sind der Provinz Bamyan aufgrund der geringeren Hilfsgelder Missmanagement und Korruption im großen Stil erspart geblieben. Mit kleineren Budgets habe man hier seit 2001 deutlich mehr erreicht als in vielen anderen Regionen.

(Neue Zürcher Zeitung: "In Afghanistan gibt es auch Erfolgsgeschichten" vom 31. Juli 2012)

Provinz Ghazni:

Im Süden Afghanistans waren auch 2012 die meisten zivilen Opfer zu beklagen (46 Prozent). Der Fokus der regierungsfeindlichen Gruppierungen richtete sich jedoch zunehmend auf den Osten, wo die gewaltsamen Auseinandersetzungen in der Folge rasant angestiegen sind. Insbesondere in Nangarhar haben die regierungsfeindlichen Gruppierungen eine signifikante Eskalation zur Verstärkung ihrer Hochburg im Osten unternommen. ANSO geht davon aus, dass es sich um eine strategische Positionierung im Hinblick auf 2014 handelt. Im Frühjahr 2013 konnten die regierungsfeindlichen Gruppierungen ihre Position im Osten weiter konsolidieren und auch im Süden sind die Angriffe erneut in die Höhe geschnellt. Die meist umkämpften Provinzen waren 2012/13 Kandahar, Nangarhar, Helmand, Khost, Kunar und Ghazni.

(Bericht der Schweizer Flüchtlingshilfe, Afghanistan: Update vom 30. September 2013, Sitzung 10f)

Die Provinz Ghazni bleibt eine der gewalttätigeren Gegenden des Landes. Im ersten Quartal des Jahres 2013 wurden 192 Vorfälle registriert. Damit haben sich die Vorfälle im Vergleich zum Vorjahr um 100 Prozent erhöht. Auch im Juli und August 2013 gab es einen Anstieg der Angriffe.

(ANSO [Afghanistan NGO Safety Office]: Quarterly Data Report Q.1 2013, vom April 2013; New York Times: "Taliban Breach an International Base, Killing at Least" vom 28. August 2013).

Aufgrund des fast völligen Fehlens von NATO-Präsenz konnten die Taliban und al-Quaida ihre Kontrolle ausweiten. Ghazni ist ein bekannter Knotenpunkt für Taliban und al-Qaida. Es ist bekannt, dass hochrangige Taliban, al-Qaida und IMU Kommanders in der Provinz operieren.

(BBC: "Afghanistan's Nuristan province at mercy of the Taliban" vom 20. März 2013; The Long War Journal: "Taliban launch suicide assault on ISAF PRT in Ghazni" vom 28. August 2013)

Die Taliban töten Zivilisten und zwingen Dorfbewohner, ihren Kämpfern Essen zu geben. Sobald die Taliban eine Gegend überrollen, gehen sie besonders aggressiv gegen die lokale Bevölkerung vor und implementierten ihre strengen Regeln und Gesetze.

(EASO: "Country of origin information report- Afghanistan Insurgent strategies - intimidation and targeted violence against Afghans" vom 2. Dezember 2012)

Im Berichtzeitraum gab es Widerstand gegen die Infiltrierung durch die Taliban. Dies wird als Zeichen gesehen, dass die Bevölkerung die Taliban ablehnt.

(Congressional Research Service: "Afghanistan: Post-Taliban Governance, Security, and U.S. Policy" vom 23. Oktober 2013).

Die Angriffe auf Frauen nehmen zu: Anfang August wurde eine Senatorin, Roh Gul Khairzad, von bewaffneten Angreifern in den Hinterhalt geführt. Bei dem Angriff wurden ihre Tochter und ihr Fahrer getötet (Security Council Report, 29. August 2013). Mitte August 2013 wurde eine Parlamentariern, Fariba Ahmadi Kakar, im Bezirk Ghazni von den Taliban entführt und einen Monat später durch die Vermittlung von Dorfältesten und Geistlichen im Austausch gegen fünf Taliban freigelassen.

(United Nations Security Council Report: "September 2013 Monthly Forecast" vom 29. August 2013; BBC News "Afghan MP Fariba Ahmadi Kakar freed by the Taliban" vom 8. September 2013)

Ghazni stellt für die Taliban eine strategisch wichtige Provinz dar, da die Straße Kabul - Kandahar durch den überwiegend von Paschtunen besiedelten westlichen Teil Ghaznis führt. Daher stellt sich der Weg von Kabul nach Ghazni als gefährlich dar; auf dieser Route kam es zu einer Zunahme der Angriffe in den ersten sechs Monaten des Jahres 2013.

(Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 5. August 2013)

Auch im Juli und August 2013 gab es einen Anstieg der Angriffe. Aufgrund des fast völligen Fehlens von NATO-Präsenz konnten die Taliban und al-Quaida ihre Kontrolle in Ghazni ausweiten: Die Taliban töten gewöhnliche Menschen und zwingen Dorfbewohner, ihren Kämpfern Essen zu geben. Sobald die Taliban eine Gegend überrollen, gehen sie besonders aggressiv gegen die lokale Bevölkerung vor und implementierten ihre strengen Regeln und Gesetze.

(Länderinformation der Staatendokumentation vom 28. Jänner 2014)

Provinz Helmand:

Im Süden Afghanistans waren auch 2012 die meisten zivilen Opfer zu beklagen (46 Prozent). Der Fokus der regierungsfeindlichen Gruppierungen richtete sich jedoch zunehmend auf den Osten, wo die gewaltsamen Auseinandersetzungen in der Folge rasant angestiegen sind. Insbesondere in Nangarhar haben die regierungsfeindlichen Gruppierungen eine signifikante Eskalation zur Verstärkung ihrer Hochburg im Osten unternommen. ANSO geht davon aus, dass es sich um eine strategische Positionierung im Hinblick auf 2014 handelt. Im Frühjahr 2013 konnten die regierungsfeindlichen Gruppierungen ihre Position im Osten weiter konsolidieren und auch im Süden sind die Angriffe erneut in die Höhe geschnellt. Die meist umkämpften Provinzen waren 2012/13 Kandahar, Nangarhar, Helmand, Khost, Kunar und Ghazni.

(Bericht der Schweizer Flüchtlingshilfe, Afghanistan: Update vom 30. September 2013, Sitzung 10f)

Sicherheitslage in Kabul

Kabul zählt zu jenen Gebieten, in denen infolge militärischer, überwiegend afghanisch geführter Operationen, starker Präsenz sowie politischer und wirtschaftlicher Maßnahmen eine partielle Stabilisierung erzielt werden konnte und die Sicherheitslage überwiegend unter Kontrolle ist. Kabul bleibt unter der Führung der ANSF die sicherste Gegend Afghanistans.

(Auswärtiges Amt: Fortschrittsbericht Afghanistan, vom Juni 2013; Afghan Analyst Network: "After the 'operational pause': ‚How big is the insurgents' 2013 spring offensive?" vom 2. Juni 2013; Department of Defense: "Report on Progress Toward Security and Stability in Afghanistan" vom Dezember 2012)

Laut internationalen NGOs ist Kabul trotz Vorfällen und Angriffen einer der wenigen Orte Afghanistans, wo die Sicherheitssituation relativ gut und stabil ist. Dem Internationalen Polizei-Koordinierungsausschuss zufolge gehören Kabul und andere große Städten in Afghanistan zu den Orten, wo die Afghanische Nationalpolizei (ANP) bei der Gewährleistung von Sicherheit gut funktioniert. Laut IOM ist Kabul trotz einiger Selbstmordanschläge, die das Leben der Bevölkerung beeinträchtigen, sicherer und stärker unter Kontrolle als andere Orte in Afghanistan. Die unabhängige Afghanistan Independent Human Rights Commission teilt diese Meinung.

(Danish Immigration Service: "Afghanistan Country of Origin Information for Use in the Asylum Determination Process" vom Mai 2012)

Der Fokus des Terrors liegt nicht auf Kabul oder allgemein auf städtischen Zentren, sondern der Großteil der Gewalt passiert in ländlichen Gegenden. Die Taliban, einschließlich des Haqqani-Netzwerks, führen jedoch weiterhin öffentlichkeitswirksame Angriffe in der afghanischen Hauptstadt durch und zeigen, dass sie überall im Land zuschlagen können und selbst den sog. "Stahlring" der afghanischen Sicherheitskräfte um die Zentren großer Städte überwinden. Dies zielt darauf ab, die Aufmerksamkeit internationaler Medien und damit möglicher "Financiers" zu erregen und Unsicherheit in der afghanischen Bevölkerung, der afghanischen Regierung und den afghanischen Streitkräften zu schüren.

(Afghanistan Analyst Network: After the 'operational pause': "How big is the insurgents' 2013 spring offensive?" vom 2. Juni 2013; ACCORD [Austrian Centre for Country of Origin and Asylum Research and Documentation]: "Ecoi.net-Themendossier zu Afghanistan:

Allgemeine Sicherheitslage in Afghanistan & Chronologie für Kabul vom 10. Jänner 2013, vergleiche auch Afghan Analyst Network: After the 'operational pause': How big is the insurgents' 2013 spring offensive?" vom 2. Juni 2013)

Im April 2013 kündigten die Taliban ihre Frühlingsoffensive "Khalid ibn al-Walid" [auch "Khaled ben Walid"] an. Größere Zwischenfälle in Kabul involvierten u.a. eine Explosion nahe des Verteidigungsministeriums in Kabul im März 2013, bei dem neun Zivilisten ums Leben kamen. Ein Beispiel für erfolgreiche Vereitelung war die Entdeckung eines größeren Waffenversteckes und die Festnahme von 5 Personen am 13. März 2013.

(U.N General Assembly und Security Council: "The situation in Afghanistan and its implications for international peace and security", vom 13. Juni 2014)

Weitere größere, sicherheitsrelevante Vorfälle in Kabul:

Im Mai 2013 bekannte sich die Hezb-e Islami Gulbuddin zu einem Attentat in Kabul, bei dem 9 Zivilisten, 2 ISAF Mitarbeiter und 4 Mitarbeiter eines ausländischen Unternehmens getötet wurden und im Juni tötete ein Selbstmordanschlag auf den Supreme Court mindestens 17 Zivilisten. (U.N General Assembly und Security Council: "The situation in Afghanistan and its implications for international peace and security", vom 13. Juni 2014)

Im Juni 2013 gab es einige Anschläge der Taliban in schwerbewachten Gebiete Kabuls, in denen sich viele wichtige Gebäude befinden, wie zum Beispiel die NATO-Zentrale und der Präsidentenpalast. (BBC News: "Afghan Taliban assault in Kabul secure zone" vom 25. Juni 2013)

Am 2. Juli 2013 kam es zu einem Anschlag nahe einer UN Einrichtung, bei dem 6 Personen getötet wurden. Insgesamt kam es im Berichtszeitraum zwischen 16. Mai und 15 August zu 7 Selbstmordanschlägen in Kabul. (U.N General Assembly und Security Council: "The situation in Afghanistan and its implications for international peace and security" vom 6. September 2013)

Die Taliban attackierten mit Schüssen und einer Autobombe im Oktober 2013 einen Konvoi ausländischer Fahrzeuge in Kabul. Es war der erste größere Vorfall seit Juli. (Reuters: "Taliban attack breaks months of quiet in Kabul", vom 18. Oktober 2013). Agence France-Presse [AFP] berichtet, dass in den Monaten vor diesem Anschlag die afghanische Hauptstadt relativ friedlich gewesen ist, nachdem zuvor einige Selbstmordanschlägen und bewaffnete Angriffe stattgefunden hatten. (AFP: "Suicide bomb attack in Kabul outside foreign compound", vom 18. Oktober 2013)

Am 16. November 2013 tötete ein Anschlag nahe einer Einrichtung, die für die Loya Jirga vorbereitet wurde 8 Zivilisten. (U.N General Assembly und Security Council: "The situation in Afghanistan and its implications for international peace and security", vom 6. Dezember 2013)

Am 18. Jänner 2014 starben mindestens 24 Menschen bei dem Anschlag der Taliban auf ein unter Ausländern beliebtes und stark gesichertes Restaurant Restaurant in Kabul. (Frankfurter Allgemeine Zeitung: "Entsetzen nach Taliban-Anschlag", vom 18. Jänner 2014)

Bei einem Selbstmordanschlag auf einen Bus der afghanischen Armee sind am 26. Jänner 2014 in Kabul vier Menschen getötet worden, am 25. Jänner 2014 wurden bei einer Explosion zwei Personen verletzt. (Frankfurter Allgemeine Zeitung: "Selbstmordanschlag auf Regierungsbus in Afghanistan" vom 26. Jänner 2014)

Provinz Kandahar:

Im Süden Afghanistans waren auch 2012 die meisten zivilen Opfer zu beklagen (46 Prozent). Der Fokus der regierungsfeindlichen Gruppierungen richtete sich jedoch zunehmend auf den Osten, wo die gewaltsamen Auseinandersetzungen in der Folge rasant angestiegen sind. Insbesondere in Nangarhar haben die regierungsfeindlichen Gruppierungen eine signifikante Eskalation zur Verstärkung ihrer Hochburg im Osten unternommen. ANSO geht davon aus, dass es sich um eine strategische Positionierung im Hinblick auf 2014 handelt. Im Frühjahr 2013 konnten die regierungsfeindlichen Gruppierungen ihre Position im Osten weiter konsolidieren und auch im Süden sind die Angriffe erneut in die Höhe geschnellt. Die meist umkämpften Provinzen waren 2012/13 Kandahar, Nangarhar, Helmand, Khost, Kunar und Ghazni.

(Bericht der Schweizer Flüchtlingshilfe, Afghanistan: Update vom 30. September 2013, Sitzung 10f)

Provinz Khost:

Im Süden Afghanistans waren auch 2012 die meisten zivilen Opfer zu beklagen (46 Prozent). Der Fokus der regierungsfeindlichen Gruppierungen richtete sich jedoch zunehmend auf den Osten, wo die gewaltsamen Auseinandersetzungen in der Folge rasant angestiegen sind. Insbesondere in Nangarhar haben die regierungsfeindlichen Gruppierungen eine signifikante Eskalation zur Verstärkung ihrer Hochburg im Osten unternommen. ANSO geht davon aus, dass es sich um eine strategische Positionierung im Hinblick auf 2014 handelt. Im Frühjahr 2013 konnten die regierungsfeindlichen Gruppierungen ihre Position im Osten weiter konsolidieren und auch im Süden sind die Angriffe erneut in die Höhe geschnellt. Die meist umkämpften Provinzen waren 2012/13 Kandahar, Nangarhar, Helmand, Khost, Kunar und Ghazni.

(Bericht der Schweizer Flüchtlingshilfe, Afghanistan: Update vom 30. September 2013, Sitzung 10f)

Lokale Beamte gaben an, dass in der Provinz Khost die Sicherheit verstärkt wurde und bis an die Grenzgegenden ausgeweitet wurde. Dies erlaubte der Regierung Kontrolle über abgelegene Gegenden zu gewinnen.

(Pajhwok: "Bolstered security spurs Khost business" vom 10. Juni 2013)

Seit Mitte Mai 2012 obliegt die Sicherheitsverantwortung für die Provinzhauptstadt Khost und die Provinz Khost den afghanischen Sicherheitskräften.

(Deutsche Bundesregierung, Fortschrittsbericht Afghanistan, vom 1. November 2012, Sitzung 13f)

Provinz Kunar:

Unter anderem sind die Hekmatyar Hezbe Islami und die Taliban als regierungsfeindliche Gruppierungen aktiv. Diesen extremistischen Gruppen ist es ein Anliegen die Beziehungen mit Pakistan aufrecht zu erhalten. Die Grenzregion entwickelte sich im Laufe der letzten Jahre zum Rückzugsgebiet für Taliban und andere radikale Gruppen, wo sie sich für Kämpfe gegen die internationalen Truppen stärken und neu organisieren konnten. Die meist umkämpften Provinzen waren 2012/13 Kandahar, Nangarhar, Helmand, Khost, Kunar und Ghazni.

(Bericht der Schweizer Flüchtlingshilfe, Afghanistan: Update vom 30. September 2013, Sitzung 4 und 10; BAA/Staatendokumentation, "Afghanistan/Pakistan-Extremistische Gruppierungen im afghanischen Grenzgebiet", vom 31. Jänner 2011, Sitzung 3;

BAA/Staatendokumentation_D-A-CH, Kooperation Asylwesen, "Sicherheitslage in Afghanistan, Vergleich zweier afghanischer Provinzen (Ghazni und Nangarhar)", vom 1. März 2011, Sitzung 3)

Nationale und internationale Sicherheitskräfte bekämpfen gemeinsam die Aufstandsbewegung in der Provinz Kunar.

In der Provinz Kunar kommt es des Öfteren zu Bombardierungen durch die pakistanische Armee im Rahmen der Widerstandsbekämpfung. Betroffen sind vor allem die Grenzdistrikte Dangam und Nari. Aufgrund der Artillerie- und Raketenbeschüsse müssen Familien aus ihren Dörfern fliehen.

(APA: "Tausende Afghanen vor Angriffen aus Pakistan geflohen" vom 26. Juni 2012; Schweizerische Flüchtlingshilfe, Die aktuelle Sicherheitslage, vom 3. September 2012, Sitzung 10; Deutsches Auswärtiges Amt, Bericht zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage, vom 10. Jänner 2012, Sitzung 12)

Seit Mitte Mai 2012 obliegt die Sicherheitsverantwortung für die Provinzhauptstadt Asadabad sowie den Distrikten Nurgal, Chawkay und Narang den afghanischen Sicherheitskräften. Die im Juli 2011 begonnene Transition soll bis Ende 2014 für ganz Afghanistan abgeschlossen sein.

(Deutsche Bundesregierung, Fortschrittsbericht Afghanistan, vom 1. November 2012, Sitzung 13f)

Die Provinz Kunar im Osten des Landes an der Grenze zu Pakistan gilt als Hochburg der Taliban und anderer militanter Gruppen. Zivile Opfer von NATO-Luftangriffen sorgen immer wieder für Streit und schwere Spannungen zwischen der Führung in Kabul und der NATO.

(ARD: "Tote bei NATO-Luftangriff in Afghanistan" vom 8. September 2013)

Die Provinz ist eine Festung für bewaffnete Gruppen und viele Fremdkämpfer, unter anderem auch Araber, von denen angenommen wird, dass sie bei den afghanischen Taliban mitkämpfen. Manche werden verdächtigt, mit al-Qaida zusammenzuarbeiten.

(AlJazeera: "Afghan president condemns deadly NATO strike" vom 9. September 2013)

Im Süden Afghanistans waren auch 2012 die meisten zivilen Opfer zu beklagen (46 Prozent). Der Fokus der regierungsfeindlichen Gruppierungen richtete sich jedoch zunehmend auf den Osten, wo die gewaltsamen Auseinandersetzungen in der Folge rasant angestiegen sind. Insbesondere in Nangarhar haben die regierungsfeindlichen Gruppierungen eine signifikante Eskalation zur Verstärkung ihrer Hochburg im Osten unternommen. ANSO geht davon aus, dass es sich um eine strategische Positionierung im Hinblick auf 2014 handelt. Im Frühjahr 2013 konnten die regierungsfeindlichen Gruppierungen ihre Position im Osten weiter konsolidieren und auch im Süden sind die Angriffe erneut in die Höhe geschnellt. Die meist umkämpften Provinzen waren 2012/13 Kandahar, Nangarhar, Helmand, Khost, Kunar und Ghazni.

(Bericht der Schweizer Flüchtlingshilfe, Afghanistan: Update vom 30. September 2013, Sitzung 10f)

Provinz Laghman:

Beamte geben zwischenzeitlich an, dass sich die Sicherheitslage in der Provinz im Vergleich zur Vergangenheit um 80 Prozent verbessert hat. Nun sind alle Straßen, die in die Bezirke führen, für den Verkehr geöffnet.

(Pajhwok: "Laghman security improved; problems in far-flung areas persist" vom 6. August 2013)

Provinz Logar:

Die Taliban sind besonders in der Provinz Logar aktiv. Die Taliban sperren Straßen, die nur dann wieder eröffnet werden, wenn die BewohnerInnen aufhören, Freiwilligenstreitkräfte zu bilden bzw. Milizen gegen sie zu mobilisieren.

(Pajhwok: "Taliban stage comeback, close Azra roads" vom 22. August 2013)

Laut einem Beamten wurden 32 Rebellen im Zuge einer einwöchigen Sicherheitsoperation im Zentralraum der Provinz Logar verhaftet und dabei eine große Menge an Sprengstoff beschlagnahmt. Mehrere Dörfer wurden im Zuge dieser Operation von den Aufständischen geräumt. Auch Waffen konnten beschlagnahmt werden. Die Taliban behaupteten jedoch, dass deren Kämpfer auch weiterhin die Kontrolle über diese Gebiete hätten, und dass es sich um falsche Propaganda handle.

(Pajhwok: "32 rebels held in Logar operation, Taliban deny" vom 10. September 2013)

Provinz Nangarhar:

Im Süden waren auch 2012 die meisten zivilen Opfer zu beklagen (46 Prozent). Der Fokus der regierungsfeindlichen Gruppierungen richtete sich jedoch zunehmend auf den Osten, wo die gewaltsamen Auseinandersetzungen in der Folge rasant angestiegen sind. Insbesondere in Nangarhar haben die regierungsfeindlichen Gruppierungen eine signifikante Eskalation zur Verstärkung ihrer Hochburg im Osten unternommen. ANSO geht davon aus, dass es sich um eine strategische Positionierung im Hinblick auf 2014 handelt. Im Frühjahr 2013 konnten die regierungsfeindlichen Gruppierungen ihre Position im Osten weiter konsolidieren und auch im Süden sind die Angriffe erneut in die Höhe geschnellt. Die meist umkämpften Provinzen waren 2012/13 Kandahar, Nangarhar, Helmand, Khost, Kunar und Ghazni.

(Bericht der Schweizer Flüchtlingshilfe, Afghanistan: Update vom 30. September, Sitzung 10)

Eineinhalb Jahre vor Ende des Nato-Kampfeinsatzes haben die afghanischen Sicherheitskräfte offiziell im ganzen Land die Verantwortung übernommen. Dies sagte Präsident Hamid Karzai am 18. Juni 2013 in der Militärakademie bei Kabul. Zuvor hatte ein Selbstmordattentäter in Kabul drei Zivilisten getötet. Karzai sprach von einer verbesserten Sicherheitslage, doch hat sich diese laut Experten verschlechtert.

(TAZ: "Afghanen tragen jetzt die volle Verantwortung" vom 19. Juni 2013)

Unter anderem sind Hekmatyars Hezb-e Islami, Taliban, das Haqqani-Netzwerk und die Al Qaida in Nangarhar als regierungsfeindliche Gruppierungen aktiv.

(Bericht der Schweizer Flüchtlingshilfe, Afghanistan: Update vom 30. September 2013, Sitzung 4f)

Der UNO-Generalsekretär erwähnt in einem Bericht vom März 2013, dass im Zeitraum vom 16. November 2012 bis 15. Februar 2013 insgesamt

3.783 sicherheitsrelevante Vorfälle verzeichnet wurden. Dies stellt einen 4-prozentigen Rückgang gegenüber dem gleichen Zeitraum ein Jahr zuvor dar. Die Zahl der zwischen 1. Jänner und 15. Februar 2013 verzeichneten Sicherheitsvorfälle lag allerdings um 6 Prozent höher als im Vorjahr. Wie der UNO-Generalsekretär berichtet, ereigneten sich die meisten der zwischen 16. November 2012 und 15. Februar 2013 verzeichneten Vorfälle auch weiterhin in den Provinzen im Süden, Südosten und Osten des Landes. Die größte Zahl wurde in der Provinz Nangarhar verzeichnet.

(UN-General Assembly Security Council, The Situation in Afghanistan and its implications for international peace and security, vom 5. März 2013)

Provinz Paktia:

Die Bewohner der Provinz Paktia bemerken eine Verbesserung der allgemeinen Sicherheitslage. Jedoch sind sie über die Straßenbomben und die nächtlichen militärischen Razzien überall in der Provinz besorgt. Manche Bezirke der Provinz wie zum Beispiel Zurmat, Shawak, Gardah Seria und Wazi Zadran zählen zu den unsicheren Gegenden, in denen die Rebellen des Haqqani Netzwerkes aktiv sind.

(Pajhwok: "Paktia residents express concern over growing insecurity" vom 29. August 2013)

Provinz Paktika:

Gemäß ANSO gelingt es den afghanischen Sicherheitskräften nicht, die sich aus dem Abzug der internationalen Truppen ergebenden Lücken zu füllen. Dies zeigt sich insbesondere in den nordwestlichen Provinzen Faryab und Badghis, im gesamten Nordosten und in der südlichen Provinz Paktika.

(Bericht der Schweizer Flüchtlingshilfe, Afghanistan: Update vom 30. September 2013, Sitzung 5)

Provinz Panjshir:

In der Provinz Panjshir kam es im Jahr 2012 lediglich zu 5 Anschlägen und Angriffen durch regierungsfeindliche Gruppen.

(ANSO, 4. Quartalsbericht 2012, vom 13. Jänner 2013, Sitzung 16)

Provinz-Wardak:

Die Provinz Wardak liegt strategisch günstig beim westlichen Zugang zu Kabul. Wardak ist für die Aufständischen perfekt positioniert, welche die naheliegenden Bergdörfer unter Kontrolle haben, und sie als Basen für ihre Selbstmordattentate in die Stadt nützen. Rebellen greifen bereits hier amerikanische und afghanische Kräfte an und führen Selbstmordattentate durch. Es herrscht die Angst, dass der Abzug der amerikanischen Spezialeinheiten die Rebellen ermutigt.

(Reuters: Analysis: "Afghan security vaccum feared along gateway to Kabul" vom 13. März 2013)

Die Taliban-Rebellen und die al-Qaida-Kämpfer sehen Wardak als Tor für Angriffe auf die Provinz Kabul.

(BBC: "Taliban bombers hit Afghanistan Wardak intelligence HQ" vom 8. September 2013)

Die Provinz Herat

Die Stadt Herat liegt an der iranisch-afghanischen Grenze und wird als eine der besser entwickelten und sichereren Städte Afghanistans angesehen.

(The Guardian: "Afghanistan: Taliban attack US consulate in Herat with suicide bomb, gunfire", vom 13. September 2013)

Herat galt seit der Absetzung der Taliban durch die amerikanisch-geführten Kräfte als relativ friedlich. Als eine der best entwickeltsten und reichsten Provinzen Afghanistans ist sie traditionell auch weniger von Gewalt betroffen. Allerdings ist es den Taliban möglich, in den ländlichen Gegenden in der Umgebung zu operieren.

(Al Jazeera: "Taliban attacks US consulate in Afghanistan", vom 13. September 2013; BBC News: US withdrawal: "Views from Afghanistan", vom 9. Jänner 2013; BBC News: "Herat attack: Afghanistan Taliban target US consulate", vom 23. September 2013)

Der Trend bezüglich der Sicherheitslage ging im ersten Quartal des Jahres 2013 in Richtung einer Verschärfung: Es wurden im ersten Quartal des Jahres 2013 81 Vorfälle registriert. Damit haben sich die Vorfälle in der Provinz Herat im Vergleich zum Vorjahr um 103 Prozent erhöht.

(ANSO, Afghanistan NGO Safety Office: Quarterly Data Report, Q.1 2013, vom April 2013)

Menschenrechte und Menschenrechtsorganisationen:

Trotz beachtlicher Erfolge während der vergangenen elf Jahre bleibt die gesellschaftliche Verankerung der Menschenrechte, insbesondere der Frauenrechte, eine große Herausforderung in Afghanistan. Das liegt zum einen an der Schwäche der afghanischen Institutionen und mangelnder Rechtskenntnis bei Bevölkerung und Behörden, zum anderen an der mangelnden Akzeptanz von Menschen- und Frauenrechten innerhalb der Gesellschaft. Nicht zuletzt spielt die fehlende Bereitschaft von Justiz und Strafverfolgungsbehörden, geltende Gesetze zum Schutz von Menschen- und Frauenrechten umzusetzen, eine Rolle. In Umsetzung der Tokio-Verpflichtungen muss die afghanische Regierung weitere Anstrengungen zur Stärkung der Rechtsstaatlichkeit und Verbesserung der Situation der Menschenrechte vorweisen. Mittlerweile haben sich die afghanische Regierung und die Staatengemeinschaft auf zwei messbare Hard Deliverables im Bereich der Menschenrechte geeinigt, anhand derer die internationale Gemeinschaft eine erste Bilanz der Reformfortschritte ziehen will:

1. Bericht aller beteiligten Regierungsinstitutionen zur landesweiten Umsetzung des Gesetzes zur Eliminierung von Gewalt gegen Frauen [EVAW] und 2. inklusiver Nominierungsprozess für die Kommissare der Unabhängigen Afghanischen Menschenrechtskommission (Afghan Independent Human Rights Commission [AIHRC]).

Neben der afghanischen Verfassung selbst, in der die Gleichberechtigung von Männern und Frauen festgeschrieben ist, bedeutet insbesondere das per Präsidialdekret erlassene EVAW-Gesetz vom August 2009 eine signifikante Stärkung der Frauenrechte. Sowohl ein UNAMA-Bericht vom 11. November 2012 als auch die AIHRC bestätigen, dass im Vergleich zum Vorjahr deutlich mehr Fälle von Gewalt registriert und damit öffentlich geworden sind. Damit sind die Voraussetzungen für eine Strafverfolgung der Schuldigen erheblich besser geworden. Von einer effektiven Umsetzung des Gesetzes sind die Behörden jedoch noch weit entfernt.

Dies bestätigt auch der jüngste Bericht von Human Rights Watch zur Situation weiblicher Insassen afghanischer Hafteinrichtungen, denen sogenannte "Sittenverbrechen" nach der islamischen Scharia vorgeworfen werden. Derzeit seien rund 600 Frauen - also die Hälfte aller weiblichen Insassen - wegen solcher "moralischer Vergehen" inhaftiert. Den meisten dieser Frauen werde Flucht aus dem Elternhaus oder dem Haus des Ehemannes angelastet. Dies sei auch nach afghanischem Recht keine Straftat. Vielmehr seien gerade diese Frauen oft Opfer von häuslicher Gewalt, die nach dem EVAW-Gesetz unter besonderem Schutz der Behörden stehen müssten.

Mangelnde Kenntnis und Akzeptanz des EVAW-Gesetzes führen jedoch dazu, dass viele Fälle von Gewalt gegen Frauen nach wie vor an traditionelle Streitschlichtungsgremien überwiesen werden. Zudem haben auch Menschenrechtsorganisationen festgestellt, dass es der afghanischen Polizei und Justiz weiterhin nicht selten noch an hinreichender Qualifikation fehlt, um Mindeststandards der Rechtspflege konsequent einzuhalten.

Der UNAMA-Folgebericht zu Folter in afghanischen Haftanstalten vom Januar 2013 bestätigt ebenfalls, dass Defizite bei den Sicherheits- und Strafverfolgungsbehörden die Durchsetzung der Menschenrechte in Afghanistan erschweren. Der Bericht konzentriert sich auf Inhaftierte, die im Zusammenhang mit dem bewaffneten Konflikt in Afghanistan festgenommen oder verurteilt wurden. Darin werden den Sicherheitskräften erneut Rechtsverstöße, vor allem Folter, vorgeworfen. Die Gebergemeinschaft, vor allem die EU und die UN, hat nach Veröffentlichung des UNAMA-Berichts die afghanische Regierung nachdrücklich aufgefordert, die Menschenrechte einzuhalten und die Haftbedingungen zu verbessern.

Die afghanische Regierung zog die Ergebnisse des UNAMA-Berichts zunächst in Zweifel. Präsident Karzai beauftragte noch im Januar 2013 eine afghanische Untersuchungskommission, die Vorwürfe zu prüfen. Diese bestätigte die Feststellungen des UNAMA-Berichts. Die Kommission gab elf Handlungsempfehlungen an die Regierung, darunter eine minimale Gesundheitsversorgung für Inhaftierte und Videoaufzeichnungen bei Verhören. Der Präsident ordnete am 11. Februar 2013 die Umsetzung der Empfehlungen per Dekret an. Die AIHRC ist inzwischen wieder voll besetzt.

(Deutsches Auswärtiges Amt, Bericht zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in der Islamischen Republik Afghanistan, vom 4. Juni 2013, Sitzung 4f; Deutsche Bundesregierung, Fortschrittsbericht Afghanistan, vom Juni 2013, S.17ff; Deutsche Bundesregierung, Fortschrittsbericht Afghanistan, vom Januar 2014, Sitzung 27ff.)

Allerdings hat die Ernennungen der neuen Mitglieder der Menschenrechtskommission im Juni 2013 Unmut unter Menschenrechtsorganisationen sowohl in Afghanistan, als auch im Ausland hervorgerufen.

(RFE-Radio Free Europe: "Human Rights Appointments Draw Fire In Afghanistan", vom 3. Juli 2013)

So beförderte Staatspräsident Karzai, unter anderem, einen früheren Talibanführer zum Kommissionär der AIHRC. Es gab auch andere kontroverse KandidatInnen.

(Afghan Analyst: AIHRC Commissioners Finally Announced, vom 16. Juni 2013; vergleiche Revolutionary Association of the Women of Afghanistan:

"Human Rights Commission Appointments Draw Fire In Afghanistan" vom 3. Juli 2013)

Meinungs- und Pressefreiheit:

Die afghanische Verfassung garantiert in Artikel 34, Meinungs- und Pressefreiheit. Die Freiheiten sind - zumal im regionalen Vergleich - in einem bemerkenswerten Maß verwirklicht.

Staatliche Medien wie der Fernsehsender RTA, die Nachrichtenagentur Baghda und die Tageszeitung Anis stehen unter starker inhaltlicher Einflussnahme der Regierung. Daneben gibt es eine Fülle privater Medien. Das Spektrum reicht von großen westlich orientierten und regierungskritischen Medien wie Tolo TV, der Tageszeitung Hasht-e-Sobh und der Nachrichtenagentur Pajhwok bis hin zu kleinen Sendern und Zeitungen, die von lokalen Machthabern, Parteien, dem Ausland (insbesondere Pakistan und Iran) sowie religiösen Strömungen für die eigene Propaganda genutzt werden.

Wichtigstes Medium in den Provinzen ist das Radio, in den Städten das Fernsehen. Aufgrund einer hohen Analphabetenrate und schlechter Verfügbarkeit in den ländlichen Regionen sind Printmedien nur von nachrangiger Bedeutung. In Kabul und anderen Städten gibt es jedoch eine Vielzahl kleiner Zeitungen in niedriger Auflagezahl. Nur wenige dieser Medien können sich selbst finanzieren und sind auf (internationale) Unterstützung angewiesen. Zentral bleiben landesweit auch traditionelle Kommunikationswege: Sowohl lokale Versammlungen als auch Predigten in Moscheen werden von der Bevölkerung als wichtige Informationsquelle wahrgenommen.

Das Ministerium für Information und Kultur hat ein neues Mediengesetz entworfen, das mehr Spielraum für inhaltliche Einflussnahme der Regierung auf Berichterstattung bietet. Differenzen zwischen dem liberaleren Vizeminister und dem konservativen Minister verhindern zur Zeit jedoch die Weitergabe an und Ratifikation durch das Parlament.

Es kommt zu zahlreichen Einschüchterungen und gewalttätigen Übergriffen gegen Journalisten, bis hin zu gezielten Ermordungen. Rasche Ermittlungen und staatsanwaltliche Verfolgung dieser Vorfälle blieben oft nur gute Absicht. Journalisten beklagen zudem eine wach-sende Kontrolle des Staates über Berichterstattung betreffend Korruption, Sicherheitsvorfälle, und Aufständische. Für Sender tätige Personen, die "unislamische" Fernsehsendungen - insbesondere Musikvideos - ausstrahlen, werden zum Teil dem Staatsanwalt vorgeführt. Strafen reichen bis zum Entzug der Sendelizenz. Unter den afghanischen Journalisten ist da-her eine Kultur der Selbstzensur zu beobachten; die Berichterstattung bleibt oft oberflächlich. Einige Journalisten gehen jedoch bewusst Risiken ein, um Missstände anzuprangern. Präsident Karzai sprach sich im Oktober 2012 explizit dafür aus, dass das Ministerium für Information und Kultur medial vermittelte Inhalte stärker kontrollieren solle, da "unislamische" Videos und kontroverse Fernsehdebatten das Potential hätten, die Gesellschaft zu entzweien.

(Deutsches Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan, vom 4. Juni 2013, Sitzung 9)

Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit:

Die Versammlungsfreiheit ist in Afghanistan grundsätzlich gewährleistet (siehe auch Artikel 36 der afghanischen Verfassung). Es gibt regelmäßig - genehmigte wie spontane - Demonstrationen, v.a. gegen soziale Missstände, gegen die Tötung von Zivilisten durch NATO-Truppen, gegen (geplante) Koranverbrennungen oder gegen im Ausland verbreitete Karikaturen des Propheten Mohammed. Die Kundgebungen verlaufen in den meisten Fällen friedlich, eskalieren aber teilweise oder werden von Einzelpersonen gezielt genutzt, um gewaltsame Ausschreitungen anzustacheln. Die afghanische Regierung ruft die Bevölkerung bei Demonstrationen regelmäßig auf, diese friedlich abzuhalten.

Die afghanische Verfassung erlaubt in Artikel 35, die Gründung von Vereinen nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen. Dem Auswärtigen Amt sind keine Fälle bekannt, in denen die afghanische Regierung auf Zusammenschlüsse wie Vereine, Gewerkschaften o.ä. Druck ausgeübt hätte. Das Gleiche gilt für die Gründung und Tätigkeit im Rahmen politischer Parteien.

(Deutsches Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan, vom 4. Juni 2013; United States, Country Reports on Human Rights Practices, vom 19. April 2013)

Religionsfreiheit:

Die Religionsfreiheit ist in der afghanischen Verfassung verankert. Dies gilt allerdings ausdrücklich nur für Anhänger anderer Religionen als dem Islam. Laut Verfassung ist der Islam die Staatsreligion Afghanistans (Artikel 2 der Verfassung). Die von Afghanistan ratifizierten internationalen Verträge und Konventionen wie auch die nationalen Gesetze sind allesamt im Lichte des generellen Islamvorbehalts (Artikel 3 der Verfassung) zu verstehen. Die Glaubensfreiheit, die auch die freie Religionsauswahl beinhaltet, gilt in Afghanistan daher für Muslime nicht.

Nach offiziellen Schätzungen sind 84 Prozent der Bevölkerung sunnitische Muslime und 15 Prozent schiitische Muslime. Andere in Afghanistan vertretene Glaubensgemeinschaften wie z.B. Sikhs, Hindus und Christen machen zusammen nicht mehr als 1 Prozent der Bevölkerung aus.

(Deutsches Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan, vom 4. Juni 2013, Sitzung 10)

Laut UNHCR schützt die afghanische Regierung religiöse Minderheiten nicht vor Übergriffen.

(Richtlinien des UNHCR zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfes Afghanischer Asylsuchender, Sitzung 22, 44ff.; USDOS, Human Rights Practices 2012, 19. April 2013, Sitzung 22f.)

Schiiten:

Der Großteil der afghanischen Schiiten gehört der ethnischen Gruppe der Hazara an. Die Situation der afghanischen schiitisch-muslimischen Gemeinde, der größten religiösen Min-derheit des Landes, hat sich seit dem Ende des Taliban Regimes wesentlich gebessert. Trotzdem war die schiitische Minderheit mit gesellschaftlichen Diskriminierungen sowie einer Verschlechterung der Beziehungen zu der sunnitischen Mehrheit konfrontiert. Die schiiti-schen Muslime konnten im Berichtzeitraum (31. Jänner 2012 bis 30. Jänner 2013) ihr tradi-tionelles Ashura Fest in Kabul öffentlich ohne Zwischenfälle feiern. Nichtsdestotrotz gab es sporadische Attacken gegen die schiitischen Hazara. Der letzte große Zwischenfall, bei dem mindestens 55 Menschen getötet und mehr als 100 verletzt wurden, fand 2011 während der Ashura-Feiern in Form eines Selbstmordattentats in einer heiligen Stätte in Kabul statt. Die Verfassung garantiert, dass das schiitische Gesetz in Personenstandsangelegenheiten an-gewendet wird, in denen alle Parteien Schiiten sind. Im Jahr 2009 wurde ein Gesetzestext durchgesetzt, der viele konstitutionelle Rechte der schiitischen Frauen schmälert. Erb-schafts-, Heiratsfragen und Angelegenheiten persönlicher Freiheit werden von den konserva-tiven schiitischen Autoritäten festgesetzt. Der Gesetzestext wurde im Parlament durchge-setzt, ohne ordentlich debattiert zu werden. Zivilgesellschaftliche Gruppen und afghanischen Frauenorganisationen kritisierten, dass der Gesetzestext im Widerspruch zu Artikel 22 steht, der die Gleichheit von Mann und Frau vor dem Gesetz bekräftigt.

(U.S., Commission on International Religous Freedom, Annual Report 2013, vom 30. April 2013; US Department of States, International Religous Freedom Report for 2012, vom 22. Mai 2013; BBC: "Shia mosque attacked in Kabul by men in police uniforms" vom 5. September 2013; USAID, Shiite personal status law, vom April 2009; Freedom House, Freedom in the world 2013, vom Jänner 2013; Herizons, Afghan Women Stand Strong Against Shia law, vom September 2009)

Christen:

Die christliche Gemeinde wird auf 500 bis 8.000 Personen geschätzt. Die wenigen afghanischen Christen - Konvertiten vom Islam oder deren Kinder - sind seit langem gezwungen, ihre Religion zu verstecken und können diese nicht frei ausüben.

Konversion wird als Akt der Abtrünnigkeit und ein Verbrechen gegen den Islam gesehen, das mit dem Tod bestraft werden könnte, sofern die Konversion nicht widerrufen wird.

Die einzige öffentliche Kirche in Afghanistan, die hauptsächlich von im Land lebenden Ausländern genutzt wurde, musste 2010 geschlossen werden, da der Besitzer einen Vertragsbruch im Zuge seines Mietvertrags begangen hatte. Die Behörden hielten den Mietvertrag nicht aufrecht, und das Gebäude wurde im März 2010 zerstört.

(US Department of States, International Religous Freedom Report for 2012, vom 22. Mai 2013; U.S., Commission on International Religous Freedom, Annual Report 2013, vom 30. April 2013)

Gemäß Weltverfolgungsindex 2013 werden Christen in Afghanistan weltweit am drittstärksten verfolgt.

(Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe, Afghanistan: Update vom 3. September 2013, Sitzung 19; Open Doors, Weltverfolgungsindex 2013 "Wo Christen am stärksten verfolgt werden" vom Januar 2013, Sitzung 4f, 10, 13 und 15: www.opendoors.de/downloads/wvi/wvi_2013.pdf; UNHCR, Eligibility Guidelines, 6. August 2013, Sitzung 46)

Konversion wird nach der Scharia als Verbrechen betrachtet, auf das die Todesstrafe steht. Allerdings wurde die Todesstrafe wegen Konversion nach Kenntnis des Auswärtigen Amtes nie vollstreckt. Gefahr droht Konvertiten oft auch aus dem familiären oder nachbarschaftlichen Umfeld. Repressionen gegen Konvertiten sind in städtischen Gebieten aufgrund der größeren Anonymität weniger zu befürchten als in Dorfgemeinschaften. Für christliche Afghanen gibt es allerdings keine Möglichkeit der Religionsausübung außerhalb des häuslichen Rahmens. Zu Gottesdiensten, die in Privathäusern von internationalen NROs abgehalten werden, erscheinen sie meist nicht.

(Deutsches Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan, vom 4. Juni 2013)

Hindus und Sikhs:

Genaue verlässliche Angaben über die Anzahl von Hindus und Sikhs in Afghanistan gibt es nicht. Die Zahlen variieren zwischen 3.000 und 15.000 landesweit. Im Vergleich zurzeit unter der Taliban-Herrschaft ist die staatliche Diskriminierung dieser Gruppen deutlich zurückgegangen. Gelegentlich wird - was nach Ansicht der Deutschen Botschaft glaubhaft ist - von Diskriminierungen von Hindus und Sikhs im Hinblick auf den Zugang zu öffentlichen Ämtern berichtet, wenngleich einige Hindus und Sikhs solche Ämter bekleiden. Sie äußern sich jedoch nicht immer offen über ihre Glaubenszugehörigkeit. Hindus und Sikhs werden aber von großen Teilen der Bevölkerung als Außenseiter wahrgenommen. Kinder von Hindus und Sikhs, die afghanische Schulen besuchen, werden laut AIHRC oftmals "gehänselt". Die mus-limische Bevölkerung verurteilt die Feuerbestattungen, die im Hinduismus das zentrale Be-gräbnisritual darstellen. Die afghanische Regierung hat auf diesen Streitpunkt reagiert, indem sie den Hindus einen dafür gewidmeten Ort zur Verfügung gestellt hat.

(Deutsches Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan, vom 4. Juni 2013)

Die Sikhs sollen vor etwa 200 Jahren nach Afghanistan gekommen sein. In den 1990er Jahren stieg ihre Zahl auf bis zu 50.000, wobei sie sich vor allem in Jalalabad, Kabul, Kandahar und Ghazni ansiedelten. Aber jahrzehntelange Instabilität und Intoleranz haben Immigrationswellen verstärkt und dabei die Gemeinschaft auf 372 Familien landesweit reduziert.

(RAWA news: "Afghanistan Sikhs, already marginalized, are pushed to the brink" vom 17. Juni 2013)

Es gibt widersprüchliche Berichte, ob sich die Situation der kleinen afghanischen Hindu- und Sikh-Gemeinschaft seit dem Fall der Taliban verbessert hat. USCIRF geht davon aus, dass sich die Situation der kleinen afghanischen Sikh- und Hindu-Gemeinschaft seit dem Sturz des Taliban-Regimes verbessert. Es ist den Sikh und Hindus erlaubt, ihren Glauben auszuleben. Auch haben sie Orte, an denen sie öffentlich ihren Gottesdienst abhalten.

(US Commission on International Religous Freedom, Annual Report 2013, vom 30. April 2013)

Sie sind jedoch auch weiterhin Ziel von Verfolgung und Diskriminierung. Die lokale Sikh- und Hindu-Gemeinschaft ist etwa Problemen ausgesetzt, wenn es um das Erwerben eines Grundstücks für Kremation geht, auch sind sie Belästigungen während größerer religiöser Festlichkeiten ausgesetzt.

(US Department of States, International Religous Freedom Report for 2012, vom 22. Mai 2013)

Es gibt Schulen für Kinder von Sikhs in Ghazni, Helmand, und Kabul. Obwohl mehr als ein Viertel der Sikh-Bevölkerung in Jalalabad lebt, gibt es dort keine Schule für sie. Die Re-gierung unterstützt Schulen der Sikhs mit eingeschränkter Finanzierung, inklusive Lehrern für den Grundschullehrplan. Ein paar Kinder von Sikhs besuchen internationale Privatschulen.

Die Hindu- und Sikh- Gemeinschaften erhalten keinen Gratisstrom für ihre Mandirs und Gurdwaras, sondern sie müssen höhere Raten, wie etwa für Geschäftslokale zahlen. Bis zum Ende 2012 hatte die Regierung mehrere Anfragen der beiden Gemeinschaften, die gleiche Behandlung wie Moscheen zu erhalten, nicht beantwortet.

(US Department of States, International Religous Freedom Report for 2012, vom 22. Mai 2013)

Vor drei Jahrzehnten noch gab es 64 Glaubensstätten landesweit, heutzutage existieren nur noch neun.

(Pajhwok: "Afghan news, Sikh throng temples to celebrate Vaisakhi" vom 11. April 2013)

Anarkali Kaur Honaryar ist die erste weibliche Abgeordnete, die aus der kleinen Hindu- und Sikh-Gemeinde stammt. Sie bekam im Jahr 2009 eine internationale Anerkennung für ihre Arbeit im Bereich der Frauenrechte und wurde von Staatspräsident Hamid Karzai gebeten, an den Wahlen 2010 für das Parlamentsunterhaus teilzunehmen. Allerdings verlor sie, wurde aber von Karzai zur Repräsentantin des Oberhauses der Hindu- und Sikh-Gemeinde ernannt.

(New Indian Express: "Afghan¿s only Sikh MP recounts her struggle" vom 15. Februar 2013)

Baha'i:

AnhängerInnen des Baha'i-Glaubens praktizieren seit ungefähr 150 Jahren ihren Glauben in Afghanistan. Die Gemeinschaft ist hauptsächlich in Kabul und mit wenigen Baha'is in Kandahar vertreten. Es gibt keine klaren Zahlen über die Mitglieder der Baha'i-Gemeinschaft, da sie ihren Glauben nicht öffentlich praktizieren. Schätzungen zufolge besteht die Baha'i-Gemeinschaft aus etwa 2,000 Personen.

Im Mai 2007 befand das Generaldirektorat für Fatwas, dass der Glaube der Baha'i eine Abweichung vom Islam und eine Form der Blasphemie ist. Auch wurden alle Muslime, die zum Baha'i-Glauben konvertieren zu Abtrünnigen erklärt. Damit gefährdete es den rechtlichen Status der Gemeinschaft.

Lokale Baha'is bekunden ihren Glauben nicht öffentlich und versammeln sich auch aus Angst vor Diskriminierung, Verfolgung, Haft oder Tod nicht offen, um den Gottesdienst abzuhalten.

(USCIRF [U.S. Commission on International Religious Freedom], Annual Report - Afghanistan, vom 30. April 2013; USDOS [United States Department of States], International Religious Freedom Report for 2012, vom 20. Mai 2013; Freedom House, Freedom in the World 2013 - Afganistan, vom Jänner 2013)

Konversion:

Konversion wird als Apostasie betrachtet und mit dem Tode bestraft.

(Bericht der Schweizer Flüchtlingshilfe, Afghanistan: Update vom 3. September 2013, Sitzung 19)

Ein Konvertit kann den Übertritt vom Islam zu einer anderen Religion innerhalb von drei Tagen widerrufen, andernfalls kann ihm Tod durch Steinigung drohen, er kann enteignet und seine Ehe annulliert werden.

(International Religious Freedom Report 2012 des U.S. Department of State vom 20. Mai 2013)

Konvertiten riskieren ferner, von ihren eigenen Familien und Gemeinschaften zurückgewiesen zu werden und ihre Arbeit zu verlieren. Wer vom Islam zum Christentum konvertiert, ist außerdem durch die Taliban gefährdet, die jeden mit dem Tode bedrohen, der sich zum Christentum bekehren lässt. Personen, die vermeintlich versuchen, andere zu einer Konversion zu bewegen, sind ebenfalls gefährdet, verhaftet und inhaftiert zu werden.

(Richtlinien des UNHCR zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfes Afghanischer Asylsuchender vom 6. August 2013)

Dort, wo Apostasie nicht vor Gericht verhandelt wird - und das scheint die Mehrheit der Fälle zu sein -, erleidet der Konvertit häufig Verfolgung durch die eigene Familie und Gesellschaft, manchmal sogar den Tod durch Verwandte, die die Schande des Abfalls von der Familie abwaschen möchten. Konvertiten müssen damit rechnen, beschimpft und bloßgestellt oder geschlagen zu werden, ihren Arbeitsplatz zu verlieren, ins Gefängnis zu kommen oder auch umgebracht zu werden.

(Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 13. Februar 2012)

Ein afghanischer Angestellter des IKRK wurde am 31. Mai 2010 infolge einer Fernsehreportage über afghanische Christen verhaftet und später der Apostasie angeklagt; aufgrund des Drucks der internationalen Gemeinschaft wurde der Konvertit von den afghanischen Behörden entlassen, woraufhin er das Land mit unbekanntem Ziel verließ.

(Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 13. Februar 2012)

Ethnische Minderheiten:

Der Anteil der Volksgruppen im Vielvölkerstaat wird in etwa wie folgt geschätzt: Paschtunen ca. 38 Prozent, Tadschiken ca. 25 Prozent, Hazara ca. 19 Prozent, Usbeken ca. 6 Prozent sowie zahlreiche kleinere ethnische Gruppen (Aimak, Turkmenen, Baluchi, Nuristani u.a.). Die afghanische Verfassung schützt sämtliche ethnische Minderheiten. Neben den offiziellen Landessprachen Dari und Paschtu wird in der Verfassung (Artikel 16,) sechs weiteren Sprachen dort ein offizieller Status eingeräumt, wo die Mehrheit der Bevölkerung (auch) eine dieser an-deren Sprache spricht. Diese weiteren in der Verfassung genannten Sprachen sind Usbekisch, Turkmenisch, Belutschisch, Pashai, Nuristani und Pamiri.

Für die während der Taliban-Herrschaft besonders verfolgten Hazara hat sich die Lage deutlich verbessert. Sie sind in der öffentlichen Verwaltung zwar nach wie vor unterrepräsentiert, aber dies scheint eher eine Folge der früheren Marginalisierung zu sein als eine gezielte Benachteiligung neueren Datums. Gesellschaftliche Spannungen bestehen fort und leben in lokal unterschiedlicher Intensität gelegentlich wieder auf.

Die ca. eine Million Nomaden (Kutschi), die mehrheitlich Paschtunen sind, leiden in besonderem Maße unter den ungeklärten Boden- und Wasserrechten. De facto kommt es immer wieder zu einer Diskriminierung dieser Gruppe, da ihre Mitglieder aufgrund ihres nomadischen Lebensstils als Außenseiter gelten und so Gefahr laufen, Opfer einer diskriminieren-den Verwaltungspraxis oder strafrechtlicher Sanktionierung zu werden. Immer wieder werden Nomaden rasch einer Straftat bezichtigt und verhaftet, wenngleich sie oft auch genauso schnell wieder auf freiem Fuß sind.

(Deutsches Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in der Islamischen Republik Afghanistan, vom 4. Juni 2013, Sitzung 9f)

Tadschiken

Die Dari-sprachige Minderheit der Tadschiken ist die zweitgrößte und zweitmächtigste Gemeinschaft in Afghanistan. Der erste Vizepräsident von Präsident Hamid Karzai ist ein Tadschike. Der Verteidigungsminister ist ebenfalls ein Tadschike. Tadschiken sind bei den Sicherheitskräften deutlich überrepräsentiert. Paschtunen und Tadschiken sind auch die größten ethnischen Gruppen in der Provinz Kabul, wobei die Tadschiken in der Hauptstadt Kabul eine knappe Mehrheit bilden. Ein Großteil der Tadschiken gehört dem sunnitischen Glauben an. Ethnische Spannungen bestehen schon seit vielen Jahren in Afghanistan; im September 2012 wurden bei einem Zusammenstoß von Hazara und Tadschiken in Kabul 5 bis 6 Hazara getötet.

Das UNO-Hochkommissariat für Flüchtlinge (UNHCR) berichtete im Dezember 2010, dass in Afghanistan seit den 1970er Jahren keine Volkszählung mehr durchgeführt wurde. Die verfügbaren Informationen zeigen jedoch, dass die Provinz Kabul durch ethnische Vielfalt gekennzeichnet ist und einen großen Anteil an tadschikischer Bevölkerung hat. Es konnten im Zeitraum 2010/2011 keine Berichte über Attacken von Taliban gegenüber Tadschiken in Kabul gefunden werden. In den Quellen wurden auch keine weiteren Informationen bezüglich der aktuellen Situation der Tadschiken, einschließlich reicher Tadschiken in Kabul, gefunden. Ebenso wurden keine Berichte in Bezug auf staatlichen Schutz für Tadschiken in Kabul gefunden.

Die Mehrheit der Tadschiken gehört der sunnitischen Glaubensrichtung an.

Die zweitgrößte ethnische Gruppe in Afghanistan stellen die Tadschiken mit ca. 30 Prozent dar. Im Vergleich zu den übrigen Volksgruppen sind die Tadschiken in gewisser Weise nur vage definiert; nach landläufigem afghanischen Verständnis sind "Tadschiken" alle diejenigen, die weder den Paschtunen noch irgendeiner anderen nicht primär persisch-sprachigen Gruppe angehören. Tadschiken im engeren Sinne besiedeln ein geschlossenes Gebiet in den nordöstlichen Provinzen (Badakhshan, Takhar, Baghlan, Parwan, Kapisa und Kabul), dieses Siedlungsgebiet leitet nach Norden, jenseits des Amu-Darja, nach Tadschikistan über, wo sie mit knapper Mehrheit das namensgebende Staatsvolk bilden. Häufig werden auch die persisch-sprechenden Bewohner Nordwestafghanistans, insbesondere der Flussoase von Herat als Tadschiken bezeichnet, da sich ihre in der Hauptsache städtische Kultur aber deutlich von der Lebensweise der nordostafghanischen tadschikischen Bergbauern abhebt und viele Gemeinsamkeiten mit dem angrenzenden nordöstlichen Iran aufweist, ist es durchaus gerechtfertigt, stattdessen die Bezeichnung "Farsiwan" (Persischsprecher) zu verwenden. Ebenfalls einen Sonderfall stellen die häufig als "Pamir-Tadschiken" bezeichneten Bewohner der höheren Hindukusch-Täler Badakhshans (Wakhi, Ishkashami, Zebaki etc.) dar; sie sprechen im Gegensatz zu den eigentlichen Tadschiken altertümliche nordostiranische Dialekte, die nur weitläufig mit dem Persischen verwandt sind und werden daher in der neueren Literatur als "Pamiri" zusammengefasst. Außerhalb dieser tadschikischen Kerngebiete in Nordafghanistan siedeln Tadschiken inselhaft in weiten Teilen Afghanistans, namentlich in den größeren Städten, in der Hauptstadt Kabul sind sie knapp in der Mehrheit. Wie bereits angedeutet, leben die Tadschiken entweder als sesshafte Bauern, im Hochgebirge häufig mit Almwirtschaft und den damit verbundenen saisonalen vertikalen Wanderungen; in den Städten stellen sie das Gros der Handwerker, kleinen und mittleren Händler, darüber hinaus findet man sie häufig in mittleren Positionen der staatlichen Verwaltung, etwa im Bildungswesen. Als rein sesshaftes Volk kennen die Tadschiken keine Stammesorganisation; sie definieren sich auf lokaler Ebene zumeist nach Dorf- oder Talschaften, wie etwa die Panjsheri, Andarabi etc.

Gemäß Minority Rights Group [MRG] stellen ethnische Spannungen zwischen Hazara und Tadschiken weiterhin ein Hauptproblem in Afghanistan dar. Im September 2012 wurde eine Anzahl von Menschen getötet, als zwischen Mitgliedern der beiden Gemeinschaften in Kabul Gewalt ausbrach.

Gemäß Human Rights Watch schürte die ethnische Gewalt zwischen Tadschiken und Hazara in Kabul im September [2012] erneut die Ängste vor ansteigenden religiösen Konflikten, welche das benachbarten Pakistan geplagt haben, aber in Afghanistan bisher weitgehend abgewendet werden konnten.

Tadschiken sind bei den Sicherheitskräften deutlich überrepräsentiert.

Die Dari-sprachige Minderheit der Tadschiken ist die zweitgrößte und zweitmächtigste Gemeinschaft in Afghanistan. Die Tadschiken sind der Kern der "Nordallianz", eine politisch-militärische Koalition, die oft Karzai und seinem inneren paschtunischen Zirkel gegenübersteht, aber trotzdem mit ihm an den Strukturen der Regierung arbeitet. Der erste Vizepräsident von Präsident Hamid Karzai ist Muhammad Fahim, ein Tadschike. Der Verteidigungsminister, Bismillah Khan Mohammedi, ist ebenfalls ein Tadschike.

Gemäß UNHCR können Einzelpersonen, welche zu einer der bundesweit größten ethnischen Gruppen gehören, in ihrem Wohnort eine ethnische Minderheit darstellen und in ihrer Heimat aufgrund ihrer ethnischen Herkunft bestimmten Herausforderungen ausgesetzt sein. Umgekehrt ist ein Mitglied einer ethnischen Gruppe, welche auf nationaler Ebene eine Minderheit darstellt, aufgrund der Ethnizität in Bereichen, wo diese ethnische Gruppe die lokale Mehrheit darstellt, nicht gefährdet.

(Anfragebeantwortung der Staatendokumentation: "Informationen zur Lage von Tadschiken in Kabul, welche dem Glauben der Sunniten angehören" vom 15. November 2013)

Hazara

Die Hazara unterscheiden sich von anderen Minderheiten in Afghanistan, da diese sowohl eine ethnische als auch aufgrund ihres schiitischen Glaubens eine religiöse Minderheit darstellen. Sie können aufgrund ihrer ostasiatischen Gesichtszüge leicht von anderen Minderheiten unterschieden werden. Ihr deutlich anderes Aussehen in Kombination mit dem Praktizieren des Schiitentums hat sie über viele Jahrhunderte zu Angriffszielen gemacht.

Besonders zu Zeiten der Taliban-Herrschaft wurde die Minderheit der Hazara verfolgt. Ihre Lage hat sich zwar deutlich verbessert, jedoch sind sie in der öffentlichen Verwaltung nach wie vor unterrepräsentiert. Aber dies scheint eher eine Folge der früheren Marginalisierung zu sein als eine gezielte Benachteiligung neueren Datums. Gesellschaftliche Spannungen bestehen fort und leben in lokal unterschiedlicher Intensität gelegentlich wieder auf.

Die schiitische Minderheit der Hazara verbessert sich ökonomisch und politisch durch Bildung. In der Vergangenheit wurden die Hazaras von den Paschtunen verachtet, da diese dazu tendierten, die Hazara als Hausangestellte oder für andere niedere Arbeiten einzustellen. Berichten zufolge schließen viele Hazara, inklusive weiblicher Hazara, Studien ab oder schlagen den Weg in eine Ausbildung in den Bereichen Informationstechnologie, Medizin oder andere Bereiche ein, die in den unterschiedlichen Sektoren der afghanischen Wirtschaft besonders gut bezahlt werden.

Einer der zwei Vizepräsidenten von Präsident Hamid Karzai ist Karim Khalil. Er stammt der Minderheit der Hazara ab.

(Länderinformationsblatt Afghanistan der Staatendokumentation des Bundesasylamtes vom September 2013)

Für die während der Taliban-Herrschaft besonders verfolgten (mehrheitlich schiitischen) Hazara hat sich die Lage deutlich verbessert. Sie sind in der öffentlichen Verwaltung zwar nach wie vor unterrepräsentiert, aber dies scheint eher eine Folge der früheren Marginalisierung zu sein als eine gezielte Benachteiligung neueren Datums. Gesellschaftliche Spannungen bestehen fort und leben in lokal unterschiedlicher Intensität gelegentlich wieder auf.

In einer besonderen Lage befinden sich die ca. eine Million Kuchi-Nomaden, die unter ungeklärten Boden- und Wasserrechten in besonderem Maße leiden. De facto kommt es immer wieder zu einer Diskriminierung dieser Gruppe, da sie aufgrund ihres nomadischen Lebensstils als Außenseiter gelten und so die Gefahr laufen, Opfer einer diskriminierenden Verwaltungspraxis oder strafrechtlicher Sanktionierung zu werden. Immer wieder werden Nomaden rasch einer Straftat bezichtigt und verhaftet, wenngleich sie oft auch genauso schnell wieder auf freiem Fuß sind.

(Deutsches Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in der Islamischen Republik Afghanistan, vom 4. Juni 2013, Sitzung 9f)

In diesem Sinne sind Angehörige der Hazara weiterhin gesellschaftlich diskriminiert und Berichten zufolge Opfer von Schikanierung, Einschüchterung und Tötungen durch die Taliban sowie andere regierungsfeindliche Kräfte. Andererseits verbessert sich die Minderheit der Hazara ökonomisch und politisch durch Bildung: Viele Hazara schließen Studien ab oder schlagen den Weg in eine Ausbildung in den Bereichen Informationstechnologie oder Medizin ein.

(Congressional Research Service vom 22. November 2013)

Hazara werden Berichten zufolge weiterhin gesellschaftlich diskriminiert und gezielt durch illegale Besteuerung, Zwangsrekrutierung, Zwangsarbeit und körperliche Misshandlung unter Druck gesetzt. Hazara sind Berichten zufolge außerdem weiterhin Opfer von Schikanierung, Einschüchterung und Tötungen durch die Taliban und andere regierungsfeindliche Kräfte.

(Richtlinien des UNHCR zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfes Afghanischer Asylsuchender vom 6. August 2013; US State Department, 2012 Country Reports on Human Rights Practices - Afghanistan, 19. April 2013,

http://www.refworld.org/docid/517e6e73f.html)

Geschlechtsspezifische Verfolgung:

Die Situation der Frauen war bereits vor dem Taliban-Regime durch sehr strenge Scharia-Auslegungen und archaisch-patriarchalische Ehrenkodizes geprägt. So war die Burka auch vor der Taliban-Herrschaft bei der ländlichen weiblichen Bevölkerung ein übliches Kleidungsstück. Viele Frauen tragen sie noch immer, weil sie sich damit vor Übergriffen sicher fühlen. Während Frauenrechte in der Verfassung und teilweise im staatlichen Recht gestärkt werden konnten, liegt ihre Verwirklichung für den größten Teil der afghanischen Frauen noch in weiter Ferne.

Die Lage der Frauen unterscheidet sich je nach regionalem und sozialem Hintergrund stark. In weiten Landesteilen erlaubt es die unbefriedigende Sicherheitslage den Frauen nicht, die mit Überwindung der Taliban und ihrer frauenverachtenden Vorschriften erwarteten Freiheiten wahrzunehmen. Die meisten sind sich ihrer in der Verfassung garantierten und im Islam vorgegebenen Rechte nicht bewusst. Eine Verteidigung ihrer Rechte ist in einem Land, in dem die Justiz stark konservativ-traditionell geprägt und überwiegend von männlichen Richtern bestimmt wird und in dem kaum qualifizierte Anwältinnen oder Anwälte zur Verfügung stehen, in den seltensten Fällen möglich. Staatliche Akteure aller drei Gewalten sind häufig nicht in der Lage - oder aufgrund konservativer Wertvorstellungen nicht gewillt -, Frauenrechte zu schützen.

Frauen werden weiterhin im Familien-, Erb-, Zivilverfahrens- sowie im Strafrecht benachtei-ligt. Dies gilt vor allem hinsichtlich des Straftatbestands "Ehebruch", wonach selbst Opfer von Vergewaltigungen bestraft werden können. Fälle, in denen Frauen wegen "Ehebruchs" von Ehemännern oder anderen Familienmitgliedern umgebracht werden (so genannte "Ehren-morde"), kommen besonders in den paschtunischen Landesteilen vor. Im August 2010 hatten Taliban in der Provinz Kundus ein unverheiratetes Liebespaar wegen "Ehebruchs" öffentlich gesteinigt, was durch Präsident Karzai verurteilt wurde. Im August 2010 haben die Taliban in der Provinz Badghis eine Witwe wegen Ehebruchs gehängt, die vier Jahre nach dem Tod ihres Mannes schwanger geworden war. Am 8. Dezember 2010 haben Taliban in der Provinz Takhar eine Frau wegen angeblichen Ehebruchs erschossen. Die AIHRC verurteilte die Tat.

Das durchschnittliche Heiratsalter von Mädchen liegt bei 15 Jahren, obwohl ein Mindesthei-ratsalter von 16 Jahren gesetzlich vorgeschrieben ist. Zwangsheirat bereits im Kindesalter, "Austausch" weiblicher Familienangehöriger zur Beilegung von Stammesfehden sowie weit verbreitete häusliche Gewalt kennzeichnen die Situation der Frauen. Opfer sexueller Gewalt sind auch innerhalb der Familie stigmatisiert. Das Sexualdelikt wird in der Regel als "Entehrung" der gesamten Familie aufgefasst. Sexualverbrechen zur Anzeige zu bringen hat auf-grund des desolaten Zustands des Sicherheits- und Rechtssystems wenig Aussicht auf Er-folg. Der Versuch endet u.U. mit der Inhaftierung der Frau, sei es aufgrund unsachgemäßer Anwendung von Beweisvorschriften oder zum Schutz vor der eigenen Familie, die eher die Frau oder Tochter eingesperrt als ihr Ansehen beschädigt sehen will.

Viele Frauen sind wegen sogenannter Sexualdelikte inhaftiert, weil sie sich beispielsweise einer Zwangsheirat durch Flucht zu entziehen versuchten, vor einem gewalttätigen Ehemann flohen oder weil ihnen vorgeworfen wurde, ein uneheliches Kind geboren zu haben.

Internationale Aufmerksamkeit erregte im Frühjahr 2009 die Verabschiedung des schiitischen Personenstandsgesetzes durch das Parlament. Es enthielt zahlreiche Frauen diskriminierende Bestimmungen. Nach massiven Protesten unterzeichnete Präsident Karzai am 19. Juli 2009 eine überarbeitete Fassung des Gesetzes, die er als Dekret in Kraft setzte. Bislang ist das Gesetz vom Parlament nicht wieder aufgenommen worden. Die Zivilgesellschaft begrüßte die in Kraft getretene Fassung des Gesetzes mehrheitlich; mehr sei in Anbetracht der politischen Kräfteverhältnisse nicht zu erreichen. Das in Kraft getretene Gesetz stellt eine deutliche Verbesserung gegenüber dem ursprünglichen Entwurf dar. Gestrichen wurden unter anderem die höchst umstrittenen Passagen, die regeln sollten, wie häufig die Eheleute einander zu Geschlechtsverkehr verpflichtet sind. Zudem wurden einige Textstellen getilgt, die die Ehe mit/unter Minderjährigen bestrafen und diese damit implizit anerkannten sowie ein Artikel abgeändert, der das Verlassen des Hauses durch die Frau an die Zustimmung des Mannes knüpfte.

Zahlreiche Bestimmungen stehen aber im Widerspruch zu völkerrechtlichen Verpflichtungen Afghanistans, vor allem zur Konvention zur Beseitigung aller Formen von Diskriminierung gegen Frauen (CEDAW). Zwar erhält der Ehemann in der von Präsident Karzai in Kraft gesetzten Fassung kein "Vetorecht" mehr, wenn seine Frau das Haus verlassen möchte, doch darf die Frau nur zu "legalen Zwecken" ausgehen, und auch dies nur "in dem Maße, wie örtliche Gewohnheit es zulässt". Problematisch sind daneben unter anderem Bestimmungen zum Vormundschaftsrecht von Vater und Großvater, zur Einschränkung des Rechts der Frau zu arbeiten, zur Polygamie, zur finanziellen Kompensation für Geschlechtsverkehr mit Minderjährigen, zur Verweigerung des Unterhalts durch den Mann bei Verweigerung "ehelicher Rechte" durch die Frau und zu Unterschieden im Erbrecht zwischen Männern und Frauen, v.a. in Bezug auf Immobilien.

Die Situation der Frau in Afghanistan wird in der Theorie durch die Verabschiedung des "Gesetzes zur Beseitigung aller Formen von Diskriminierung gegen Frauen" (EVAWGesetz) verbessert, das am 19. Juli 2009 von Präsident Karzai unterzeichnet wurde. Das EVAWGesetz genießt nach seinem Schlussartikel Vorrang vor allen entgegenstehenden Normen. Es enthält zahlreiche Bestimmungen und hat zum Ziel, Gewalt gegen Frauen in allen Formen zu bekämpfen und zur Schaffung eines Bewusstseins von der Würde und den Rechten der Frau beizutragen. Von einer effektiven Umsetzung des Gesetzes sind die Behörden, die es nach einer UNAMA-Studie von Dezember 2010 zum Teil gar nicht kennen, weit entfernt.

Traditionell sind Mädchen und Frauen in der Region Herat in ihrer Bewegungs- und Handlungsfreiheit aufgrund eines ausgeprägt traditionellen Verhaltenskodex besonders stark eingeschränkt. In dieser Region wird - mit abnehmender Tendenz - eine erhebliche Zahl von Selbstverbrennungen von Frauen verzeichnet. Überwiegend handelt es sich dabei um aus Iran zurückgekehrte Flüchtlingsfrauen, von denen angenommen wird, dass sie sich hauptsächlich aus Verzweiflung wegen Zwangsverheiratung selbst verbrannt haben. Verlässliche Statistiken liegen nicht vor.

Frauen waren unter den Taliban (1996 bis 2001) von jeglicher Bildung ausgeschlossen. Die Alphabetisierungsrate bei Frauen liegt Schätzungen zufolge in der Größenordnung von 10 Prozent.

Nach Angaben von UNICEF können nur 18 Prozent der Mädchen und Frauen im Alter zwischen 15 und 24 Jahren lesen und schreiben. Für die wenigen hochqualifizierten Afghaninnen hat sich jedoch der Zugang zu adäquaten Tätigkeiten bei der Regierung verbessert. Die Entwicklungsmöglichkeiten für Mädchen und Frauen bleiben durch die strenge Ausrichtung an Traditionen und fehlender Schulbildung weiterhin wesentlich eingeschränkt. Wiederholte Gasangriffe auf Mädchenschulen (zuletzt am 25. August 2010, Totja-Oberschule, Kabul - der fünfte mutmaßliche Gasangriff auf eine Mädchenschule in Kabul 2010; 2011 wurden keine derartigen Vorkommnisse bekannt) bestätigen, dass Schulbildung für Mädchen immer noch von einem Teil der Bevölkerung abgelehnt wird.

Im Juni 2008 wurde der mit Unterstützung von UNIFEM erarbeitete National Action Plan for Women of Afghanistan (NAPWA) von der Regierung gebilligt. NAPWA soll helfen, die Situation der Frauen in Afghanistan zu verbessern, insbesondere ihre Diskriminierung zu beenden, die Entfaltung ihrer Fähigkeiten zu ermöglichen und ihnen volle und gleichberechtigte Beteiligung in allen Lebensbereichen (Wirtschaft, Gesundheit, Bildung) zu gewähren. Die staatlichen Institutionen sind jedoch bisher nicht fähig, die Vorgaben des NAPWA wirksam durchzusetzen. Oft liegt dies auch an den weiterhin bestehenden, den Forderungen des NAPWA entgegenstehenden kulturell verankerten Traditionen.

(Deutsches Auswärtiges Amt, Berichte über die asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in der Islamischen Republik Afghanistan, vom 10. Jänner 2012, S 20ff, und vom 4. Juni 2013, Sitzung 12f)

Derzeit steht ein vom afghanischen Parlament verabschiedeter Gesetzesentwurf in der Kritik der EU, westlicher Regierungen und von Menschenrechtsorganisationen. Dieser Entwurf soll das afghanische Strafrecht dahingehend abändern, dass ein "Verbot der Befragung von Personen als Zeugen" vorgesehen wird. Davon betroffen sind Verwandte, Kinder, Ärzte und Anwälte der mutmaßlichen Täter. Opfer und Zeugen von häuslicher Gewalt sind somit zum Schweigen verurteilt. Präsident Karzai und sein Kabinett haben eine Überarbeitung der umstrittenen Passage angeordnet. Die neue Formulierung ist bisher nicht bekannt. Auch bei einer geplanten Änderung ist zu befürchten, dass die Position der Frauen weiter geschwächt wird, da über das Vernehmungsverbot hinaus ein sehr weitreichendes Zeugnisentschlagungsrecht vorgesehen ist. Da der Begriff der Familie nicht definiert ist, kann dies künftig dazu führen, dass die Bewohner des gesamten Dorfs vom Zeugnisentschlagungsrecht profitieren.

(derstandard.at: Afghanistan: "Geplantes Gesetz schränkt Rechte der Frauen drastisch ein" vom 5. Februar 2014; Frankfurter Allgemeine Zeitung: "Afghanistan: Neues Gesetz beschneidet Frauenrechte drastisch" vom 5. Februar 2014, Statement by EU High Representative Catherine Ashton on the Criminal Procedure Code in Afghanistan vom 10. Februar 2014, The Guardian "Hamid Karzai orders changes to draft law amid fears for Afghan women" vom 17. Februar 2014, The Guardian:

"Campaigners welcome Hamid Karzai's intervention on domestic abuse law" vom 17. Februar 2014)

In der Provinz Balkh ist die Lage der Frauen laut der Frauenbeauftragten der Regionalregierung zwar besser als in anderen Provinzen. Allerdings wird gerade hier v.a. in den letzten beiden Jahren von einer Welle von Selbstmorden von jungen Frauen berichtet. Die meisten schlucken Rattengift oder Pestizide. Als Grund werden Zwangsheiraten oder das Verbot, die Ausbildung fortzusetzen, angenommen.

(Neue Züricher Zeitung: "Verliebte junge Frauen schlucken Rattengift" vom 6. Februar 2014)

Diskriminierung aufgrund sexueller Identität

Formen bisexuellen, homosexuellen oder transsexuellen Lebens werden von der Gesellschaft abgelehnt.

Laut Artikel 247, Absatz eins, des afghanischen Strafgesetzbuches werden nebst unehelichem Geschlechtsverkehr auch solche Sexualpraktiken, die üblicherweise mit Homosexualität in Verbindung gebracht werden, mit langjähriger Haftstrafe sanktioniert. Neben der sozialen Ächtung Bisexueller, Homosexueller und Transsexueller verstärken Bestimmungen und Auslegung des islamischen Rechts (der Scharia, die z. T. von noch konservativeren vorislamischen Stammestraditionen beeinflusst wird) mit Androhungen von Strafen bis hin zur Todesstrafe den Druck auf die Betroffenen. Eine systematische Verfolgung durch staatliche Organe ist nicht festzustellen, was allerdings seine Gründe auch in der vollkommenen Tabuisierung des Themas haben kann. Über die Durchführung von Strafverfahren wegen homosexueller und transsexueller Handlungen liegen dem Auswärtigen Amt keine Erkenntnisse vor.

(Deutsches Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in der Islamischen Republik Afghanistan, vom 4. Juni 2013, Sitzung 13)

Außereheliche Beziehungen:

In Fällen außerehelicher Beziehungen kann den Beteiligten die Todesstrafe oder auch eine Haftstrafe drohen: In Afghanistan sind außereheliche Beziehungen (insbesondere auch Ehebruch) sowohl im Strafgesetz als auch gemäß der Scharia verboten und gelten als ehrverletzend - vor allem für die Familie der Frau. Deshalb kann es auch zu Ehrenmorden an der Frau wie auch am Mann kommen. Alle vor- oder außerehelichen Beziehungen gelten in Afghanistan als Zina-Vergehen. Sowohl in der Scharia wie auch im afghanischen Strafgesetz gilt Zina als schweres Verbrechen und wird bestraft. Zina bezeichnet im Islam den Geschlechtsverkehr zwischen Menschen, die nicht verheiratet sind. Sowohl Frauen als auch Männer werden wegen Zina strafrechtlich verfolgt und zu langen Haftstrafen verurteilt. Gemäß der Scharia reicht die Bestrafung für Zina von Auspeitschungen bis hin zur Steinigung. In Afghanistan gibt es viele Vorfälle und Morde aufgrund von Ehrverletzungen, in einigen Regionen kommt es zu Steinigungen. Ob der außereheliche Geschlechtsverkehr freiwillig war oder nicht, ist meistens nicht von Bedeutung: Es wird kaum eine Differenzierung zwischen Vergewaltigung und einvernehmlichem Geschlechtsverkehr gemacht.

(Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 10. Juni 2013)

Justiz und (Sicherheits-)Verwaltung:

Verwaltung und Justiz funktionieren nur sehr eingeschränkt. Neben der fehlenden Einheitlichkeit in der Anwendung der verschiedenen Rechtsquellen (kodifiziertes Recht, Scharia und Gewohnheitsrecht), werden auch rechtsstaatliche Verfahrensprinzipien nicht regelmäßig ein-gehalten. Trotz bestehender Aus- und Fortbildungsangebote für Richter und Staatsanwälte wird die Schaffung eines funktionierenden Verwaltungs- und Gerichtssystems noch Jahre dauern.

(Bericht des Deutschen Auswärtigen Amtes über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan vom 4. Juni 2013)

Richterinnen und Richter sind Bestechungsversuchen und Drohungen sowohl seitens lokaler Machthaber, Beamten aber auch Familienangehörigen, Stammesältesten und Angehöriger regierungsfeindlicher Gruppierungen ausgesetzt, was ihre Unabhängigkeit schwerwiegend beeinträchtigt. Die Urteile zahlreicher Gerichte basieren auf einem Gemisch von kodifiziertem Recht, Scharia, lokalen Gebräuchen und Stammesgesetzen. Gerichtsprozesse entsprechen in keiner Weise den internationalen Standards für faire Verfahren. Die Haftbedingungen liegen weiterhin unter den internationalen Standards; sanitäre Einrichtungen, Nahrungsmittel, Trinkwasser und Decken sind mangelhaft, ansteckende Krankheiten verbreitet.

Die Afghanische Nationale Polizei [ANP] gilt als korrupt und verfügt bei der afghanischen Bevölkerung kaum über Vertrauen. Die afghanischen Sicherheitskräfte, die inzwischen praktisch im ganzen Land an vorderster Front kämpfen, werden auch künftig auf internationale Unterstützung sowie Beratung und Ausbildung angewiesen sein. Ein weiteres schwerwiegendes Problem stellt die hohe Ausfallquote dar: Rund 35 Prozent der Angehörigen der Afghanischen Sicherheitskräfte schreiben sich jedes Jahr nicht mehr in den Dienst ein. Die Desertionsrate in der Armee wird nur noch von jener der ANP übertroffen.

Die Taliban haben in den von ihnen kontrollierten Gebieten ihre eigenen parallelstaatlichen Justizsysteme eingerichtet. Ihre Rechtsprechung basiert auf einer äußerst strikt ausgelegten Interpretation der Shari'a; die von ihnen ausgeführten Bestrafungen umfassen auch Hin-richtungen und körperliche Verstümmelungen und werden von UNAMA teilweise als Kriegs-verbrechen eingestuft.

(Bericht der Schweizer Flüchtlingshilfe, Afghanistan: Update vom 30. September 2013, Sitzung 12f)

Eine Strafverfolgungs- oder Strafzumessungspraxis, die systematisch nach Merkmalen wie Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischer Überzeugung diskriminiert, ist nicht festzustellen. Fälle von Sippenhaft sind allerdings nicht auszuschließen (Bericht des Deutschen Auswärtigen Amtes vom 4.6.2013). Blutfehden können zu lang anhaltenden Kreisläufen aus Gewalt und Vergeltung führen. Nach dem Pashtunwali muss die Rache sich grundsätzlich gegen den Täter selbst richten, unter bestimmten Umständen kann aber auch der Bruder des Täters oder ein anderer Verwandter, der aus der väterlichen Linie stammt, zum Ziel der Rache werden. Im Allgemeinen werden Racheakte nicht an Frauen und Kinder verübt. Wenn die Familie des Opfers nicht in der Lage ist, sich zu rächen, dann kann die Blutfehde ruhen, bis die Familie des Opfers sich in der Lage sieht, Racheakte auszuüben. Daher kann sich die Rache Jahre oder sogar Generationen nach dem eigentlichen Vergehen ereignen. Die Bestrafung des Täters durch das formale Rechtssystem schließt gewaltsame Racheakte durch die Familie des Opfers nicht notwendigerweise aus.

Innerhalb der Polizei sind Korruption, Machtmissbrauch und Erpressung - ebenso wie in der Justiz - endemisch.

(Richtlinien des UNHCR zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfes Afghanischer Asylsuchender vom 6. August 2013)

Strafverfolgung, Strafbemessung und Strafvollstreckung:

Eine Strafverfolgungs- oder Strafzumessungspraxis, die systematisch nach Merkmalen wie Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischer Überzeugung diskriminiert, ist nicht erkennbar. Fälle von Sippenhaft sind allerdings nicht auszuschließen. Zu einer Strafverfolgungs- oder Strafzumessungspraxis, die speziell Christen diskriminiert, kommt es in Afghanistan in der Regel schon deshalb nicht, weil sich Christen nicht offen zu ihrem Glauben bekennen.

Präsident Karzai verkündet in regelmäßigen Abständen zu besonderen Anlässen Amnestien, die insbesondere Frauen, Kinder und ältere Gefängnisinsassen betreffen.

(Deutsches Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan, vom 4. Juni 2013, Sitzung 11)

Haftbedingungen:

Gefängnisse, Jugendrehabilitationszentren und andere Haftanstalten werden von unterschiedlichen Organisationen verwaltet: Das "General Directorate of Prisons and Detention Centers" (GDPDC), ein Teil des Innenministeriums (MOI), ist verantwortlich für alle zivil geführten Gefängnisse sowohl für weibliche als auch männliche Häftlinge. Das MOI und das "Juvenile Rehabilitation Directorate" (JRD) sind verantwortlich für alle Jugendrehabilitationszentren und Zivilhaftanstalten. Die ANP (Afghan National Police) unter dem Innenministerium und dem NDS (National Directorate of Security) ist verantwortlich für Kurzhaftanstalten auf Provinz- und Bezirksebene. Das Verteidigungsministerium betreibt die nationalen Haftanstalten Afghanistans in Parwan und Pul-e-Charki.

(United States, Country Reports on Human Rights Practices, vom 19. April 2013)

Folter und Misshandlungen werden nach wie vor in den Gefängnissen in Afghanistan praktiziert und stellen ein ernstzunehmendes und weitverbreitetes Problem in den Haftanstalten Afghanistans dar.

(United Nations Assistance Mission in Afghanistan "Treatment of Conflict-Related Detainees in Afghan Custody" vom Jänner 2013; Afghanistan Independent Human Rights Commission "Torture, Transfers, and Denial of Due Process" vom 17. März 2012; TAZ: "Kabul räumt erstmals Folter ein" vom 11. Februar 2013)

AIHRC und andere Beobachter berichteten, dass es in den Gefängnissen kein adäquates Essen oder Wasser gebe. Außerdem seien die Sanitäranlagen schlecht und es seien nicht genügend Decken vorhanden. Infektiöse Krankheiten seien verbreitet.

(United States, Country Reports on Human Rights Practices, vom 19. April 2013)

Die Haftbedingungen liegen weiterhin unter den internationalen Standards. Sanitäre Einrichtungen, Nahrungsmittel und Trinkwasser sowie Decken sind mangelhaft, ansteckende Krankheiten verbreitet. Die begrenzten Unterbringungsmöglichkeiten führen dazu, dass Gefangene in Untersuchungshaft und bereits verurteilte Gefangene nicht getrennt festgehalten werden. Im März 2012 führten etwa 100 Gefangene im Pul-e-Charkhi-Gefängnis wegen Misshandlungen einen Hungerstreik durch. Für Kinder verurteilter Mütter wurden spezielle Unterstützungszentren geschaffen.

(Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe, Afghanistan: Update vom 30. September 2013, Sitzung 12f; USDOS, Human Rights Practices 2012, 19. April 2013, Sitzung 3f.)

Todesstrafe:

Die Todesstrafe ist in der Verfassung und im Strafgesetzbuch für besonders schwerwiegende Delikte (Mord, Entführung und gewisse Straftaten gegen die nationale Sicherheit) vorgesehen. Unter dem Einfluss der Scharia wird die Todesstrafe aber auch bei anderen Delikten verhängt (z.B. Blasphemie, Apostasie). Die Entscheidung über die Todesstrafe wird vom Obersten Gericht getroffen und kann nur mit Einwilligung des Präsidenten vollstreckt werden. Allgemein sind keine Bestrebungen seitens der Regierung zu erkennen, ein Moratorium zu erlassen oder die Todesstrafe gar abzuschaffen. Zuletzt wurde die Todesstrafe im November 2012 vollstreckt, als 14 wegen Vergewaltigung und Mordes Verurteilte exekutiert wurden. Landesweit sind momentan über 100 Personen zu Tode verurteilt.

(Deutsches Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan, vom 4. Juni 2013, Sitzung 16; vergleiche, Amnesty International, Amnesty Report 2013, vom 21. Mai 2013)

Gemäß Amnesty International wurden in Afghanistan am 20. und 21. November 2012 14 Gefangene hingerichtet. Der Oberste Gerichtshof soll zudem 30 Todesurteile bestätigt haben. Zehn Todesurteile wurden in Haftstrafen umgewandelt. Ende November 2012 befanden sich mehr als 250 Personen in Todeszellen.

(Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe, Afghanistan: Update vom 30. September 2013, Sitzung 12f; Amnesty International, Report 2013, vom 23. Mai 2013. USDOS, Human Right Practices 2012, vom 19. April 2013, Sitzung 3)

Versorgungslage:

Die Grundversorgung ist für große Teile der Bevölkerung eine tägliche Herausforderung. Das World Food Programme reagiert das ganze Jahr hindurch in verschiedenen Landesteilen auf Krisen bzw. Notsituationen wie Dürre, Überschwemmungen oder extremen Kälteeinbruch. Auch der Norden - eigentlich die "Kornkammer" - des Landes ist extremen Natureinflüssen wie Trockenheiten, Überschwemmungen und Erdverschiebungen ausgesetzt. Die aus Konflikt und chronischer Unterentwicklung resultierenden Folgeerscheinungen im Süden und Osten haben zur Folge, dass ca. 1 Mio. oder 29,5 Prozent aller Kinder als akut unterernährt gelten.

(Deutsches Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan, vom 4. Juni 2013, Sitzung 18)

Medizinische Versorgung:

Die medizinische Versorgung ist trotz erkennbarer Verbesserungen landesweit (die Anzahl der Gesundheitseinrichtungen hat sich seit 2002 vervierfacht) aufgrund ungenügender Verfügbarkeit von Medikamenten, Ausstattung der Kliniken, Ärzten und Ärztinnen sowie mangels gut qualifizierten Assistenzpersonals (v.a. Hebammen) immer noch unzureichend. Dies führt dazu, dass Afghanistan weiterhin zu den Ländern mit der höchsten Mütter- und Kindersterblichkeitsrate der Welt gehört. Die Lebenserwartung der Frauen liegt bei 51, Männer werden im Schnitt 48 Jahre alt.

Durch die überdurchschnittlich gute ärztliche Versorgung im French Medical Institute in Kabul können Kinder auch mit komplizierteren Krankheiten in Kabul behandelt werden. Afghanische Staatsangehörige mit guten Kontakten zum ausländischen Militär oder Botschaften, können sich unter Umständen auch in Militärkrankenhäusern der ausländischen Truppen behandeln lassen. Die Militärkrankenhäuser können Zivilisten (jeglicher Staatsangehörigkeit) allerdings nur in beschränktem Maße aufnehmen, da Betten für Mitglieder der internationalen Streitkräfte vorgehalten werden müssen.

Die Behandlung von psychischen Erkrankungen stellt Afghanistan nach wie vor große Herausforderungen. Die wenigen Kliniken, die es in einigen größeren Städten gibt, sind klein und überfüllt.

(Deutsches Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan, vom 4. Juni 2013, Sitzung 18)

Während sich der Zugang zu Gesundheitseinrichtungen für die städtische Bevölkerung verbessert hat, hat sich dieser für die ländliche Bevölkerung sowie für Nomaden verschlechtert. Insbesondere für Personen, welche in Gebieten unter der Kontrolle regierungsfeindlicher Gruppierungen leben, sind medizinische Einrichtungen schwer zu erreichen. 10 Prozent der Kinder sterben, bevor sie das 5. Lebensjahr erreichen und die Müttersterblichkeit gehört noch immer zu den weltweit höchsten.

(Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe, Afghanistan: Update vom 30. September 2013, Sitzung 21)

Physisch und psychisch behinderte Personen und Opfer von Misshandlungen, die erwägen, in ihr Heimatland zurückzukehren, müssen eine starke Unterstützung seitens ihrer Familie und der betreffenden Kommune sicherstellen. Medizinische Versorgung ist für eine Vielzahl von Krankheiten weitestgehend nicht erhältlich. Chirurgische Eingriffe können nur in ausgewählten Orten durchgeführt werden; generell fehlt es an adäquater Ausrüstung und Fachpersonal. Diagnosegeräte wie zum Beispiel Computertomographen, von denen es nur in Kabul einen gibt, sind ebenfalls nicht erhältlich. Der Zugang zu Medikamenten verbessert sich, wobei einige dennoch den meisten Afghanen nicht zugänglich sind.

(BAMF_IOM, Länderinformationsblatt - Afghanistan, vom Oktober 2012, Sitzung 16)

Rückkehrfragen:

Freiwillig zurückkehrende Afghanen kamen in den ersten Jahren meist bei Familienangehörigen unter, was die in der Regel nur sehr knapp vorhandenen Ressourcen (Wohnraum, Versorgung) noch weiter strapazierte. Eine zunehmende Zahl von Rückkehrern verfügt aber nicht mehr über diese Anschlussmöglichkeiten.

(Deutsches Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage, vom 10. Jänner 2012, Sitzung 28)

Ob ein Schutz in Kabul für Personen aus einer Konfliktregion gegeben ist, hängt sehr von der Schwere des Konflikts ab, ob sie oder er in Kabul weiter verfolgt wird. Aufgrund der Stammesgesellschaft mit nahen Familiennetzen ist es kein Problem, jemanden zu finden, wenn man es wirklich will. Auch den nationalen Behörden ist es möglich, in Kabul Personen ausfindig zu machen. Die Problematik, die sich jedoch dabei stellt, ist, dass es in Afghanistan keine Registrierung der Adresse gibt.

(Danish Immigration Service, Report from Danish Immigration Service's fact finding mission to Kabul, vom 29. Mai 2012)

Physisch und psychisch behinderte Personen und Opfer von Misshandlungen, die erwägen, in ihr Heimatland zurückzukehren, müssen eine starke Unterstützung seitens ihrer Familie und der betreffenden Kommune sicherstellen. Medizinische Versorgung ist für eine Vielzahl von Krankheiten weitestgehend nicht erhältlich. Chirurgische Eingriffe können nur in ausgewählten Orten durchgeführt werden; generell fehlt es an adäquater Ausrüstung und Fach-personal. Diagnosegeräte wie zum Beispiel Computertomographen, von denen es nur in Kabul einen gibt, sind ebenfalls nicht erhältlich. Der Zugang zu Medikamenten verbessert sich, wobei einige dennoch den meisten Afghanen nicht zugänglich sind.

(BAMF_IOM, Länderinformationsblatt - Afghanistan, vom Oktober 2012, Sitzung 16)

Ausweichmöglichkeiten:

Die Ausweichmöglichkeiten für diskriminierte, bedrohte oder verfolgte Personen hängen maßgeblich vom Grad ihrer sozialen Verwurzelung, ihrer Ethnie und ihrer finanziellen Lage ab. Die größeren Städte bieten aufgrund ihrer Anonymität eher Schutz als kleine Städte oder Dorfgemeinschaften.

(Deutsches Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in der Islamischen Republik Afghanistan, vom 4. Juni 2013, Sitzung 14)

Nach Ansicht von UNHCR besteht in umkämpften Gebieten keine interne Fluchtmöglichkeit. Da regierungsfeindliche Gruppierungen wie die Taliban, das Haqqani-Netzwerk oder Hekmatyars Hezb-e Islami über operationelle Kapazitäten verfügen, Personen im ganzen Land zu verfolgen, existiert für von diesen Gruppierungen bedrohte Personen auch in Gebieten, welche von der Regierung kontrolliert werden, keine Fluchtalternative. Die afghanische Regierung hat in zahlreichen Gebieten des Landes die effektive Kontrolle an regierungsfeindliche Gruppierungen verloren und ist dort daher nicht mehr schutzfähig. Betreffend der Verletzung sozialer Normen muss in Betracht gezogen werden, dass konservative Akteure auf allen Regierungsstufen Machtpositionen innehaben und das weite Segmente der afghanischen Gesellschaft konservative Wertvorstellungen vertreten. UNHCR schließt für alleinerziehende Frauen ohne nahe männliche Angehörige eine innerstaatliche Fluchtalternative aus.

(UNHCR, Eligibility Guidelines, vom August 2013, Sitzung 72 bis 78)

Dokumente:

Echte Dokumente unwahren Inhalts gibt es in erheblichem Umfang. So werden Pässe und Personenstandsurkunden von afghanischen Ministerien und Behörden offenkundig ohne adäquaten Nachweis ausgestellt. Ursachen sind ein nach 23 Jahren Bürgerkrieg lückenhaftes Registerwesen, mangelnde administrative Qualifikation sowie weit verbreitete Korruption.

(Deutsches Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage, vom 10. Jänner 2012, Sitzung 30)

Weniger als zehn Prozent der afghanischen Bevölkerung haben ein Geburtszertifikat. Auch besitzen die wenigsten Kinder eine Geburtsurkunde.

(United States Department of State, Trafficking in Persons Report 2012, vom 19. Juni 2012; UNICEF: "Children on the Move" vom Februar 2010)

Die Tazkira ist die übliche ID-Karte in Afghanistan. Dort sind persönliche und familienbezogene Informationen des Inhabers festgehalten wie Wohn- und Geburtsort, Beruf und Militärdienst. Es gibt keine weiteren Identitätskarten, mit denen die Angaben einer Tazkira zusätzlich legitimiert werden könnten. Das Immigration and Refugee Board of Canada (IRBC) geht davon aus, dass es kein Standardverfahren zur Verifizierung der Identität des Antragsstellers und zur Ausstellung der Tazkira gibt. Tazkiras werden für den Schul- oder Universitätseintritt oder für die Beantragung eines Reisepasses gebraucht. Viele beantragen eine Tazkira erst, wenn sie eine benötigen. UNHCR beschrieb, dass jeder Mann eine Tazkira haben sollte, für die Frauen ist die Beantragung freiwillig.

(Brooking Institution University of Bern: "Realizing National, Responsibility for the Protection of Internally Displaced Persons in Afghanistan: A Review of Relevant Laws, Policies, and Practices" vom November 2010; Immigration and Refugee Board of Canada:

"Afghanistan: The Issuance of Tazkira Certificates; Whether Individuals Can Obtain Tazkiras While Abroad" vom 16. Dezember 2011)

Risikogruppen:

In seinen "Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asyl-suchender vom August 2013" geht UNHCR von folgenden "[m]öglicherweise gefährdete[n] Personenkreise[n] in Afghanistan" aus:

• Personen, die tatsächlich oder vermeintlich mit der Regierung oder mit der internationalen Gemeinschaft einschließlich der internationalen Streitkräfte verbunden sind, oder diese tatsächlich oder vermeintlich unterstützen

• Journalisten und in der Medienbranche tätige Personen

• Männer und Burschen im wehrfähigen Alter

• Zivilisten, die der Unterstützung regierungsfeindlicher Kräfte verdächtigt werden

• Angehörige religiöser Minderheiten und Personen, bei denen vermutet wird, dass sie gegen die Scharia verstoßen haben

• Personen, bei denen vermutet wird, dass sie gegen islamische Grundsätze, Normen und Werte gemäß der Auslegung durch die Taliban verstoßen

• Frauen

• Kinder

• Opfer von Menschenhandel oder Zwangsarbeit und Personen, die entsprechend gefährdet sind

• lesbische, schwule, bisexuelle, transgender und intersexuelle Personen (LGBTI)

• Angehörige ethnischer (Minderheiten-)Gruppen

• an Blutfehden beteiligte Personen

• Familienangehörige von Geschäftsleuten und anderen wohlhabende Personen

Die Aufzählung ist nicht notwendigerweise abschließend. Je nach den spezifischen Umstän-den des Falls können auch Familienangehörige oder andere Mitglieder des Haushalts von Personen mit diesen Profilen aufgrund ihrer Verbindung mit der gefährdeten Person inter-nationalen Schutzes bedürfen.

Überdies können nach den genannten UNHCR-Richtlinien "Menschenrechtsverletzungen einzeln oder zusammen eine Verfolgung darstellen, wie etwa:

• die Kontrolle über die Zivilbevölkerung durch regierungsfeindliche Kräfte einschließlich der Einführung paralleler Justizstrukturen und der Verhängung ungesetzlicher Strafen sowie der Bedrohung und Einschüchterung der Zivilbevölkerung, der Einschränkung der Bewegungsfreiheit und der Einsatz von Erpressungen und illegalen Steuern

• Zwangsrekrutierung

• die Auswirkung von Gewalt und Unsicherheit auf die humanitäre Situation in Form von Ernährungsunsicherheit, Armut und Vernichtung von Lebensgrundlagen

• steigende organisierte Kriminalität und die Möglichkeit von lokalen Machthabern ("Warlords") und korrupten Beamten, in von der Regierung kontrollierten Gebieten straflos zu agieren

• die systematische Beschränkung des Zugangs zu Bildung und zu grundlegender Gesundheitsversorgung

• die systematische Beschränkung der Teilnahme am öffentlichen Leben, insbesondere für Frauen

Ad 2. Zum den UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des Internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchsuchender des hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen (UNHCR) vom 6. August 2013:

Abrufbar unter: http://www.refworld.org

Ad 3. Zur Gefährdungslage von Angehörigen der Afghanischen Armee:

Dieses Gutachten besagt, dass

2. Beweiswürdigung:

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt des Bundesasylamtes unter zentraler Berücksichtigung der darin enthaltenen niederschriftlichen Angaben des Beschwerdeführers, den eingebrachten Dokumenten, des bekämpften Bescheides, der Beschwerde sowie den Ergebnissen der mündlichen Verhandlung Beweis erhoben.

Das Vorbringen des BF wird wie folgt gewürdigt:

Das Vorbringen eines Asylwerbers ist dann glaubhaft, wenn es vier Grunderfordernisse erfüllt (diesbezüglich ist auf die Materialien zum Asylgesetz 1991 [RV270 BlgNR 18. GP; Ausschussbericht 328 BlgNR 18. GP] zu verweisen, die wiederum der VwGH-Judikatur entnommen wurden).

1. Das Vorbringen des Asylwerbers ist genügend substantiiert. Dieses Erfordernis ist insbesondere dann nicht erfüllt, wenn der Asylwerber den Sachverhalt sehr vage schildert oder sich auf Gemeinplätze beschränkt, nicht aber in der Lage ist, konkrete und detaillierte Angaben über seine Erlebnisse zu machen.

2. Das Vorbringen muss, um als glaubhaft zu gelten, in sich schlüssig sein. Der Asylwerber darf sich nicht in wesentlichen Aussagen widersprechen.

3. Das Vorbringen muss plausibel sein, d.h. mit den Tatsachen oder der allgemeinen Erfahrung übereinstimmen. Diese Voraussetzung ist u. a. dann nicht erfüllt, wenn die Darlegungen mit den allgemeinen Verhältnissen im Heimatland nicht zu vereinbaren sind oder sonst unmöglich erscheinen und

4. der Asylwerber muss persönlich glaubwürdig sein. Das wird dann nicht der Fall sein, wenn sein Vorbringen auf gefälschte oder verfälschte Beweismittel abgestützt ist, aber auch dann, wenn er wichtige Tatsachen verheimlicht oder bewusst falsch darstellt, im Laufe des Verfahrens das Vorbringen auswechselt oder unbegründet einsilbig und verspätet erstattet oder mangelndes Interesse am Verfahrensablauf zeigt und die nötige Mitwirkung verweigert.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in zahlreichen Erkenntnissen betont, wie wichtig der persönliche Eindruck, den das zur Entscheidung berufene Mitglied der Berufungsbehörde im Rahmen der Berufungsverhandlung von dem Berufungswerber gewinnt, ist (siehe z. B. VwGH vom 24.6.1999, 98/20/0435, VwGH vom 20.5.1999, 98/20/0505, u. v.a.m.).

Diese Erfordernisse hat der BF erfüllt:

Der BF hat seine Angaben äußert detailgetreu geschildert, konkret, substantiiert und widerspruchsfrei untermauertet, sodass das Gericht dem BF - auch aufgrund des gewonnen persönlichen Eindruckes in der mündlichen Verhandlung - gänzlich die Glaubwürdigkeit zuspricht. Das Vorbringe des BF war daher zur Gänze glaubhaft.

b) Zur Sicherheitslage in Afghanistan:

Die Feststellungen zur Sicherheitslage in ganz Afghanistan stützen sich einerseits auf die oben angeführten Quellen. Das Bundesverwaltungsgericht bediente sich hierbei einer ausgewogenen Auswahl verschiedener Quellen, sowohl staatlichen als auch nichtstaatlichen Ursprunges, um sich so ein möglichst umfassendes Bild von der Lage im Herkunftsstaat der Beschwerdeführer machen zu können. Angesichts der Seriosität der genannten Quellen und der Plausibilität dieser Aussagen, der die belangte Behörde nicht substantiiert entgegengetreten ist, besteht für das Bundesverwaltungsgericht kein Grund, an der Zuverlässigkeit und Richtigkeit dieser Quellen zu zweifeln.

c) Zur Gefährdungslage des BF als Unteroffizier der afghanischen Armee:

Hinsichtlich dieser Feststellungen stützt sich das Gericht gänzlich auf das Gutachten des mit ausgewiesener Fach- und Landeskunde ausgestatteten, beigezogenen länderkundigen Sachverständigen für Afghanistan, Univ.- Lekt. Dr. Sarajuddin Rasuly, dessen Gutachten in sich schlüssiges und plausible war, sodass sich aus Sicht des Gerichtes keine Anhaltspunkte ergaben, am Ergebnis des Gutachtes zu zweifeln.

Zum beigezogenen Sachverständigen hält das Gericht fest, dass es sich bei ihm um eine Person handelt, die selbst afghanischer Herkunft ist, die afghanischen Verhältnisse zur Gänze belegen kann und seit Jahrzehnten als Gutachter von diversen Gerichten und Organisationen zu Fragen zur Situation Afghanistans beauftragt wurde. Daher liegen beim Gutachter aus Sicht des Gerichtes ausgezeichnete Fachkenntnisse zu Fragen, das Land Afghanistan betreffend, vor.

Es war daher dem Gutachten zu folgen.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Anzuwendendes Recht:

Mit 1.1.2006 ist das Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl in Kraft getreten (AsylG 2005, Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 100 aus 2005,, zuletzt geändert mit Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 38 aus 2011,) und ist auf die ab diesem Zeitpunkt gestellten Anträge auf internationalen Schutz, sohin auch auf den vorliegenden, anzuwenden.

Gemäß Paragraph 6, des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG), Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 10 aus 2013,, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung der nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichterin.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr 33 aus 2013, idgF, geregelt. Gemäß Paragraph 58, Absatz 2, VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß Paragraph 17, VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Artikel 130, Absatz eins, B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der Paragraphen eins bis 5 sowie des römisch IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung (BAO), Bundesgesetzblatt Nr. 194 aus 1961,, des Agrarverfahrensgesetzes (AgrVG), Bundesgesetzblatt Nr. 173 aus 1950,, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 (DVG), Bundesgesetzblatt Nr. 29 aus 1984,, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Paragraph eins, BFA-VG, BGBl römisch eins 2012/87 in der Fassung BGBl römisch eins 2013/144 bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und FPG bleiben unberührt.

Gemäß Paragraph 7, Absatz eins, Ziffer eins, des BFA-Verfahrensgesetzes (BFA-VG), Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 87 aus 2012, in der geltenden Fassung, entscheidet über Beschwerden gegen Entscheidungen (Bescheide) des Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl das Bundesverwaltungsgericht.

Gemäß Paragraphen 16, Absatz 6 und 18 Absatz 7, BFA-VG sind die Paragraphen 13, Absatz 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anwendbar.

Gemäß Paragraph 75, Absatz 17, AsylG sind alle mit Ablauf des 31.12.2013 beim Bundesasylamt anhängigen Verfahren ab 01.01.2014 vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zu Ende zu führen.

Gemäß Paragraph 75, Absatz 19, AsylG sind alle mit Ablauf des 31.12.2013 beim Asylgerichtshof anhängigen Beschwerdeverfahren ab 01.01.2014 vom Bundesverwaltungsgericht nach Maßgabe des Absatz 20, zu Ende zu führen.

Gemäß Paragraph 15, AsylG hat der Asylwerber am Verfahren nach diesem Bundesgesetz mitzuwirken und insbesondere ohne unnötigen Aufschub seinen Antrag zu begründen und alle zur Begründung des Antrags auf internationalen Schutz erforderlichen Anhaltspunkte über Nachfrage wahrheitsgemäß darzulegen.

Gemäß Paragraph 18, AsylG hat die Behörde in allen Stadien des Verfahrens von Amts wegen darauf hinzuwirken, dass die für die Entscheidung erheblichen Angaben gemacht oder lückenhafte Angaben über die zur Begründung des Antrages geltend gemachten Umstände vervollständigt, die Bescheinigungsmittel für die Angaben bezeichnet oder die angebotenen Bescheinigungsmittel ergänzt und überhaupt alle Aufschlüsse gegeben werden, welche zur Begründung des Antrages notwendig erscheinen. Erforderlichenfalls sind Bescheinigungsmittel auch von Amts wegen beizuschaffen.

3.2. Zu A)

Gemäß Paragraph 3, Absatz eins, AsylG ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit oder Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, der Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, der Genfer Flüchtlingskonvention droht. Der Antrag auf internationalen Schutz ist gem. Paragraph 3, Absatz 3, AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abzuweisen, wenn dem Fremden eine innerstaatliche Fluchtalternative offen steht (Ziffer 1) oder der Fremde einen Asylausschlussgrund gesetzt hat (Ziffer 2). Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, der Genfer Flüchtlingskonvention definiert, dass als Flüchtling im Sinne dieses Abkommens anzusehen ist, wer aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, sich außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

Zentrales Element des Flüchtlingsbegriffes ist die "begründete Furcht vor Verfolgung". Die begründete Furcht vor Verfolgung liegt dann vor, wenn objektiver Weise eine Person in der individuellen Situation des Asylwerbers Grund hat, eine Verfolgung zu fürchten. Wohlbegründet kann eine Furcht nur dann sein, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers und unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist vergleiche z. B. VwGH vom 22.12.1999, Zl. 99/01/0334; vom 21.12.2000, Zl. 2000/01/0131; vom 25.01.2001, Zl. 2001/20/0011). Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation (aus Konventionsgründen) fürchten würde. es ist vielmehr zu prüfen, ob die Furcht objektiv nachvollziehbar ist, ob also die normative Maßfigur in derselben Situation wie der Asylwerber ebenfalls Furcht empfinden würde. Das UNHCR-Handbuch spricht davon, dass nicht nur die seelische Verfassung der entsprechenden Person über ihre Flüchtlingseigenschaft entscheidet, sondern dass diese seelische Verfassung durch objektive Tatsachen begründet sein muss vergleiche Frank/Anerinhof/Filzwieser, AsylG 2005, 4. Auflage, K7 zu Paragraph 3, AsylG, 56f). Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn die Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht vergleiche VwGH 24.11.1999, 99/01/0280).

Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen.

Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in einem der Gründe haben, welche Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, GFK nennt vergleiche VwGH vom 09.09.1993, Zl. 93/01/0284; vom 15.03.2001, Zl. 99/20/0128); sie muss Ursache dafür sein, dass sich der Asylwerber außerhalb seines Heimatlandes bzw. des Landes seines vorigen Aufenthaltes befindet. Relevant kann aber nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein; sie muss vorliegen, wenn die Asylentscheidung erlassen wird; auf diesen Zeitpunkt hat die Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den genannten Gründen zu befürchten habe vergleiche VwGH vom 09.03.1999, Zl. 98/01/0318; vom 19.10.2000, Zl. 98/20/0233). Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vergleiche VwGH vom 28.03.1995, Zl. 95/19/0041; VwGH vom 27.06.1995, Zl. 94/20/0836; VwGH vom 23.07.1999, Zl. 99/20/0208; VwGH vom 21.09.2000, Zl. 99/20/0373; VwGH vom 26.02.2002, Zl. 99/20/0509 mwN; VwGH vom 12.09.2002, Zl. 99/20/0505 sowie VwGH vom 17.09.2003, Zl. 2001/20/0177) ist eine Verfolgungshandlung nicht nur dann relevant, wenn sie unmittelbar von staatlichen Organen (aus Gründen der GFK) gesetzt worden ist, sondern auch dann, wenn der Staat nicht gewillt oder nicht in der Lage ist, Handlungen mit Verfolgungscharakter zu unterbinden, die nicht von staatlichen Stellen ausgehen, sofern diese Handlungen - würden sie von staatlichen Organen gesetzt - asylrelevant wären. Eine von dritter Seite ausgehende Verfolgung kann nur dann zur Asylgewährung führen, wenn sie von staatlichen Stellen infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt nicht abgewandt werden kann vergleiche VwGH vom 22.03.2003, Zl. 99/01/0256 mwN).

Von einer mangelnden Schutzfähigkeit des Staates kann nicht bereits dann gesprochen werden, wenn der Staat nicht in der Lage ist, seine Bürger gegen jedwede Übergriffe Dritter präventiv zu schützen (VwGH 13.11.2008, Zl. 2006/01/0191). Für die Frage, ob eine ausreichend funktionierende Staatsgewalt besteht - unter dem Fehlen einer solchen ist nicht "zu verstehen, dass die mangelnde Schutzfähigkeit zur Voraussetzung hat, dass überhaupt keine Staatsgewalt besteht" (VwGH 22.3.2000, Zl. 99/01/0256) -, kommt es darauf an, ob jemand, der von dritter Seite (aus den in der GFK genannten Gründen) verfolgt wird, trotz staatlichen Schutzes einen - asylrelevante Intensität erreichenden - Nachteil aus dieser Verfolgung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit zu erwarten hat vergleiche VwGH 22.3.2000, 99/01/0256 im Anschluss an Goodwin-Gill, The Refugee in International Law, 2. Auflage [1996] 73; weiters VwGH 26.2.2002, Zl. 99/20/0509 mwN.; 20.9.2004, Zl. 2001/20/0430; 17.10.2006, Zl. 2006/20/0120; 13.11.2008, Zl. 2006/01/0191).

Im gegenständlichen Fall sind die dargestellten Voraussetzungen für die Zuerkennung von Asyl, nämlich eine glaubhafte Verfolgungsgefahr im Herkunftsstaat aus einem in Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, der Genfer Flüchtlingskonvention angeführten Grund, gegeben, weil es dem BF - wie sich aus der Beweiswürdigung ergibt - gelungen ist eine Verfolgung glaubhaft zu machen. Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich nämlich, dass die behauptete Furcht des BF, in seinem Herkunftsstaat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit aus den in der GFK genannten Gründen verfolgt zu werden, begründet ist:

Es wird eine asylrelevante Verfolgungsgefahr aus Gründen der politischen Gesinnung erkannt. Die geltend gemachte Furcht des BF im Falle seiner Rückkehr nach Afghanistan ist asylrelevant, weil sie im kausalen Zusammenhang zwischen der behaupteten Verfolgung des BF durch die regierungsfeindlichen Taliban und dem in der Genfer Flüchtlingskonvention taxativ aufgezählten Grund der politischen Gesinnung des BF steht.

Auf Grund der im Rahmen der Beweiswürdigung dargelegten Erwägungen ist es dem BF gelungen glaubhaft zu machen, dass der behauptete Sachverhalt verwirklicht worden ist. Ein Beweis desselben ist nicht erforderlich und ist der BF mit seinen Angaben diesem herabgesetzten Maßstab bei Abwägung der Gesamtumstände gerecht geworden.

Auf Grund der aktuellen Lage in Afghanistan, auch unter Berücksichtigung der dem Verfahren zugrunde gelegten Feststellungen zu seiner individuellen Gefährdungslage als ehemaliger Unteroffizier der afghanischen Armee ist mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit anzunehmen, dass der BF im Fall seiner Rückkehr in den Herkunftsstaat einer Verfolgung aus dem in der GFK genannten Grund der politischen Gesinnung ausgesetzt ist.

Der BF konnte somit glaubhaft machen, dass ihm in seinem Herkunftsstaat eine asylrelevante Verfolgung droht.

Gemäß Paragraph 3, Absatz 5, AsylG 2005 ist die Entscheidung, mit der einem Fremden von Amts wegen oder auf Grund eines Antrages auf internationalem Schutz der Status des Asylberechtigten zuerkannt wird, mit der Feststellung zu verbinden, dass diesem Fremden damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

Es war somit, da auch kein Anhaltspunkt für einen der sonstigen in Artikel eins, Abschnitt C oder F der GFK angeführten Endigung- bzw. Ausschlussgründe ersichtlich ist, und ein solcher Grund auch von der belangten Behörde nicht vorgebracht wurde, der Beschwerde Folge zu geben und die Flüchtlingseigenschaft des BF festzustellen.

Eine asylrelevante Verfolgung des BF liegt daher vor.

Es war sohin spruchgemäß zu entscheiden.

3.3 Zu B)

Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß Paragraph 25 a, Absatz eins, VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist zu begründen.

Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

European Case Law Identifier

ECLI:AT:BVWG:2014:W151.1429134.1.00