Gericht

BVwG

Entscheidungsdatum

05.11.2014

Geschäftszahl

L512 1439270-1

Spruch

IM NAMEN DER REPUBLIK!

1.) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Marlene JUNGWIRT als Einzelrichterin über die Beschwerde von römisch 40 , geb. römisch 40 , StA. der islamischen Republik Pakistan, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. BLUM, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 26.11.2013, Zl. 12 18.340-BAL, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 24.09.2014, zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkt römisch eins des angefochtenen

Bescheides gemäß Paragraph 3, AsylG 2005, BGBl römisch eins 2005/100 idgF als unbegründet abgewiesen.

Gem. Paragraph 8, Absatz eins, Asylgesetz 2005 wird römisch 40 der Status einer subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Pakistan zuerkannt und ihr gemäß Paragraph 8, Absatz 4, Asylgesetz 2005 eine bis zum 05.11.2015 befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigte erteilt.

B) Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.

2.) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Marlene JUNGWIRT als Einzelrichterin über die Beschwerde von römisch 40 , geb. römisch 40 , StA. der islamischen Republik Pakistan, vertreten durch römisch 40 , diese wiederum vertreten durch Rechtsanwalt Dr. BLUM, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 26.11.2013, Zl. 12 18.341-BAL, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 24.09.2014, zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkt römisch eins des angefochtenen

Bescheides gemäß Paragraph 3, AsylG 2005, BGBl römisch eins 2005/100 idgF als unbegründet abgewiesen.

Gem. Paragraph 8, Absatz eins, Asylgesetz 2005 wirdXXXX der Status einer subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Pakistan zuerkannt und ihr gemäß Paragraph 8, Absatz 4, Asylgesetz 2005 eine bis zum 05.11.2015 befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigte erteilt.

B) Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

römisch eins. Verfahrensgang:

römisch eins.1. Die Beschwerdeführer (in weiterer Folge gemäß der Reihenfolge ihrer Nennung im Spruch dieses Erkenntnisses kurz als "BF 1" und "BF 2" bezeichnet), Staatsangehörige der islamischen Republik Pakistan, (in weiterer Folge "Pakistan" genannt) brachten nach illegaler Einreise am 17.12.2012 bei der belangten Behörde einen Antrag auf internationalen Schutz ein.

Vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes brachte die BF 1 am 17.12.2012 Folgendes vor:

Sie sei in römisch 40 , Pakistan geboren, sei verwitwet, würde farsi, urdu und englisch gut sprechen. Sie gehöre dem muslimischen Glauben an. Die BF 1 habe 10 Jahre die Grundschule und 6 Jahre lang die Universität (Degree College) in Pakistan besucht. Sie sei zuletzt als Hausfrau tätig gewesen. Sie habe ihre Heimat per Flugzeug illegal verlassen.

Zum Fluchtgrund führte die BF 1 an, in ihrem Heimatdorf würden viele Taliban leben. Täglich würden Bomben explodieren und es gebe viele Tote. Es würden auch Menschen mit Pistolen erschossen werden. Der Mann der BF 1 wäre auch erschossen worden. Aus Angst um das Leben der Tochter und ihr Leben habe die BF 1 beschlossen zu fliehen. Weiters würde die BF 1 einem anderen religiösen Stamm namens Shia angehören. Sie seien keine Muslime und deshalb würden sie auch verfolgt werden. Bei ihrer Rückkehr fürchte sie um ihrer Leben und das der BF 2. Die BF 2 lebe seit ihrer Geburt ständig bei der BF 1. Es würden die gleichen Gründe wie für die Bf 1 gelten. Die BF 2 habe überdies keine eigenen Fluchtgründe [Aktenseite (AS) 11 ff.].

Vor einer Organwalterin der belangten Behörde bestätigte die BF 1 am 20.03.2013 ihre bisherigen Angaben und führte zudem aus, sie und die BF 2 seien gesund. Sie habe in römisch 40 sowohl zu Hause als auch nach pakistanischem Recht geheiratet. Ihre Ehe wäre registriert worden. Der Mann der BF 1 sei amXXXX verstorben. Er sei Chauffeur gewesen. Er sei unterwegs gewesen als er überfallen und erschossen worden sei. Er sei nicht alleine verstorben, es wären insgesamt 8 Personen verstorben. Der Vorfall sei von der Behörde untersucht worden, aber es sei nichts dabei herausgekommen.

Der Vater der BF 1 würde nicht mehr leben, er sei im August 2006 an Altersschwäche verstorben. Die Mutter der BF 1 lebe von Einkünften aus Mieterträgen und arbeite als Näherin. Die Schwiegereltern der BF 1 würden nicht mehr leben. Die BF 1 habe einen Bruder, ihr Gatte habe keine Geschwister gehabt. Die BF 1 habe 10 Jahre die Grundschule besucht, die Universität habe sie nie besucht. Der Mann der BF 1 habe für ihren Lebensunterhalt gesorgt, nach dem Tod ihres Mannes habe sie von den Ersparnissen gelebt und habe den Fuhrpark ihres Ehemannes verkauft. Die Eltern der BF 1 hätten keine Geschwister gehabt.

Die BF 1 sei in ihrer Heimat nicht vorbestraft, sei nie vor Gericht oder in Haft gewesen. Sie habe auch nie mit den Behörden in der Heimat Probleme gehabt. Nach der Person der BF 1 werde auch nicht gefahndet. Sie sei auch nie politisch tätig gewesen und habe auch keine Probleme mit Organisationen gehabt. Sie habe jedoch aufgrund ihres Religionsbekenntnisses, ihrer Volksgruppenzugehörigkeit und mit Privatpersonen Probleme gehabt. Sie habe nie an bewaffneten oder gewalttätigen Auseinandersetzungen teilgenommen.

Zum Fluchtgrund befragt, schilderte die BF 1, dass sie als ihr Mann erschossen worden sei, sie sich aus lauter Angst dachte, dass sie ihre Heimat verlasse. Die Lebenssituation in ihrer Heimat sei sehr unsicher, es gebe immer wieder Bombenattentate und immer wieder würden Menschen ermordet werden. Die BF 1 gehöre den Schiah an und habe deswegen Probleme. Das sei alles. Unbekannte Gruppierungen würden Schiiten aus dem Land haben wollen. Die BF 1 könne nur innerhalb ihres Gebietes leben und sich nicht außerhalb frei bewegen. Sie habe sich nur sehr selten außerhalb ihrer Gegend aufgehalten. Es sei dabei nichts passiert, sie habe aber Angst gehabt.

Die BF1 lebe mit der BF 2 zusammen, koche und lerne Deutsch. Sie befinde sich zusammen mit der BF 2 in Grundversorgung, arbeite nicht und besuche einen Deutschkurs. Sie habe keine Probleme mit den Gesetzen in Österreich gehabt.

Die BF 1 vertrete die BF 2 im Verfahren. Die BF 2 habe keine eigenen Fluchtgründe (AS 59 ff.).

Am 20.03.2013 wurde von der zuständigen Organwalterin des Bundesasylamtes eine Anfrage an die Österreichische Botschaft in Islamabad via Staatendokumentation des Bundesasylamtes gerichtet, um die Angaben der BF 1 überprüfen zu lassen.

Am 02.05.2013 langte ein Erhebungsbericht eines Vertrauensanwaltes der österreichischen Botschaft in Islamabad beim Bundesasylamt ein. Darin wurde zusammengefasst festgehalten, dass die angegebene Adresse der BF 1 unvollständig sei. Die meisten Stadtbereiche in römisch 40 würden herausragende Landmarken aufweisen. Die BF 1 konnte von Ortsansässigen nicht identifiziert werden. Der Aufzeichnungszuständige habe in einem Register der Stadtverwaltung in römisch 40 geprüft, ob es einen Eintrag zu einem Todesfall des Ehemannes der BF 1 Anfang oder Mitte 2012 gäbe. Einen derartigen Eintrag gab es jedoch nicht. Es gab auch keine Einträge bezüglich der Geburt der BF 1 sowie einer Eheschließung zwischen BF 1 und ihrem Ehemann. Es wären zudem mehrere Schneidereien in der Gegend kontaktiert worden, jedoch kannte niemand die Mutter der BF 1. Es wurde die von der BF 1 angegebene Schule aufgesucht, die jedoch nach den letzten gezielten Tötungen geschlossen wurde. Eine Lehrerin gab die Auskunft, dass viele Mädchen der Schule zu den A-Level-Prüfungen erschienen seien, die nicht von der Schule durchgeführt worden wären, stattdessen würden diese unter Aufsicht des römisch 40 in römisch 40 abgehalten. Für den Erhalt einer derartigen Bestätigung seien das Studienjahr und die Eintragsnummer des Schülers notwendig. Zahlreiche Ortsansässige bestätigten, dass Hazaras in römisch 40 offen das Ziel von Angriffen seien. Da nicht bekannt gegeben wurde, welche Staatsangehörigkeit der Ehemann der BF 1 gehabt habe und wie er verstarb, sei es - auch unter Bedachtnahme, dass es mehr als 12 Friedhöfe der Hazara in römisch 40 gebe - nicht möglich die Angaben zu verifizieren (AS 73 - 107).

Der BF 1 wurde am 29.05.2013 von einer Organwalterin der belangten Behörde das Ergebnis der oben angeführten Erhebungen vor Ort zur Kenntnis gebracht. Diesbezüglich führte die BF 1 aus, ihre Eltern würden aus Afghanistan stammen, hätten aber ihr ganzes Leben in Pakistan verbracht und hätten die pakistanische Staatsbürgerschaft erhalten. Sie könne sich ihre Zeugnisse, ihre ID-Karte sowie eine Bestätigung vom Krankenhaus bezüglich der BF 2 schicken lassen. Ihr Ehemann sei am Hazara-Friedhof in römisch 40 in der römisch 40 beigesetzt worden (AS 119-123).

Am 06.06.2013 legte die BF 1 ihren Personalausweis sowie ein Zeugnis der BF 1, beide im Original, vor.

Am 18.06.2013 wurde von der zuständigen Organwalterin der belangten Behörde um erneute Überprüfung der Angaben der BF 1 durch den Vertrauensanwalt der österreichischen Botschaft in Islamabad ersucht. Das diesbezügliche Ermittlungsergebnis langte am 21.10.2013 ein. Darin wurde erörtert, dass die von der BF 1 vorgelegten Dokumente authentisch seien und die von der BF 1 angegebene Adresse nunmehr ausfindig gemacht werden konnte. Die Mutter der BF 1 und der Bruder der BF 1 würden an dieser Adresse leben. Einheimische in diesem Gebiet bestätigten, dass Hazara verfolgt werden und dass der Ehemann der BF 1 im letzten Jahr während eines solchen Vorfalles getötet worden sei. Deshalb seien auch bereits viele Hazara-Familien ins Ausland migriert bzw. besteht auch eine Ausweichmöglichkeit nach Karachi oder Punjab (AS 145-157).

Mit Schreiben des Bundesasylamtes vom 23.10.2013 wurden der BF 1 das erneute Ermittlungsergebnis des Vertrauensanwaltes der österreichischen Botschaft in Islamabad sowie Länderfeststellungen zu Pakistan zur Kenntnis gebracht. Eine diesbezügliche Stellungnahme langte nicht ein.

römisch eins.2. Die Anträge der BF 1 und BF 2 auf internationalen Schutz wurden mit Bescheiden vom 26.11.2013, Az.: 12 18.340-BAL bzw. Az.: 12 18.341-BAL gemäß Paragraph 3, Absatz eins, AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt römisch eins.). Gem. Paragraph 8, Absatz eins, Ziffer eins, AsylG wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Pakistan nicht zugesprochen (Spruchpunkt römisch II.). Gemäß Paragraph 10, Absatz eins, Ziffer 2, AsylG wurde die Ausweisung aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Pakistan verfügt (Spruchpunkt römisch III.).

römisch eins.2.1. Im Rahmen der Beweiswürdigung erachtete die belangte Behörde das Vorbringen der BF 1 in Bezug auf den Umstand, dass der Ehemann ermordet wurde und dass Hazara verfolgt werden, als glaubwürdig. Es würden jedoch keine Hinweise vorliegen, dass die BF 1 Angriffen ausgesetzt gewesen wäre. Zudem liege eine innerstaatliche Fluchtalternative innerhalb von Pakistan - viele Hazara hätte sich in Karachi und im Punjab niedergelassen - vor. Es handle sich bei der BF 1 um eine erwachsene und selbsterhaltungsfähige Frau. Der Lebensunterhalt sei durch das Einkommen ihrer Mutter aus der Vermietung von Wohnungen gesichert.

römisch eins.2.2. Zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in Pakistan traf die belangte Behörde Feststellungen.

römisch eins.2.3. Rechtlich führte die belangte Behörde aus, dass weder ein unter Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2 der GKF noch unter Paragraph 8, Absatz eins, AsylG zu subsumierender Sachverhalt hervorkam. Ebenso stelle eine Ausweisung keinen unzulässigen Eingriff in das durch Artikel 8, EMRK geschützte Recht auf ein Privat- und Familienleben der BF 1 und BF 2 dar.

römisch eins.3. Mit Schriftsatz vom 04.12.2013 wurde innerhalb offener Frist Beschwerde gegen den Bescheid der belangten Behörde erhoben.

Es wurden die Anträge gestellt,

Die Beschwerde wurde im Wesentlichen wie folgt begründet:

Die BF 1 wiederholte erneut ihr bisheriges Vorbringen und erläuterte dazu, dass der Bescheid wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Mangelhaftigkeit des Verfahrens bekämpft werde. Aufgrund eines mangelnden Ermittlungsverfahrens des Bundesasylamtes, individuell unzureichender Feststellungen, infolge mangelhafter Beweiswürdigung habe das Bundesasylamt eine ganzheitliche Würdigung des individuellen Vorbringens nicht vorgenommen und habe gegen die im Paragraph 19, AsylG determinierten Ermittlungspflichten verstoßen. Es sei nicht erforderlich, dass es bereits zu konkreten Verfolgungshandlungen gegen die BF 1 gekommen sei, sondern es sei im Sinne einer Prognoseentscheidung darauf abzustellen, ob begründete Furcht vor Verfolgung vorliege und glaubhaft gemacht wurde. Abgesehen von der höchstgefährlichen Lage für die BF 1 als Hazara und Shia in römisch 40 , sei auch bereits der Ehemann der BF 1 umgebracht worden. Die Verfolgung sei aktuell und sei in der GFK begründet, durch den Konventionsgrund der Religion, der Nationalität als auch der Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe und zwar der Volksgruppe der Hazara. Die BF 1 sei zudem eine alleinstehende Frau mit einem minderjährigen weiblichen Kind und sei dadurch einer Bedrohung ausgesetzt. Denn als Angehörige zu dieser sozialen Gruppe würde es zu einer Verfolgung in dem von den Taliban kontrollierten Gebiet kommen. Schutz von staatlicher Seite wäre nicht gewährleistet. Zudem stehe eine innerstaatliche Fluchtalternative nicht offen, da Hazara äußerlich erkennbar seien und daher nicht sicher wären. Dies würden die zahlreiche Berichte und auch die Länderberichte des Bundesasylamtes feststellen. Da in der Beweiswürdigung darauf nicht eingegangen worden sei, liege Aktenwidrigkeit vor und der Bescheid sei daher grob mangelhaft. Diesbezüglich wurden Ausschnitte von Berichten wiedergegeben. Zudem wären die BF 1 und die BF 2 als Zivilpersonen einer ernsthaften Bedrohung des Lebens und der körperlichen Unversehrtheit ausgesetzt und würden in eine völlig aussichtlose Situation geraten. Die BF 1 und die BF 2 möchten schnell Deutsch lernen, damit die BF 1 arbeiten und die BF 2 in die Schule gehen könne. Die BF 1 helfe bereits bei Übersetzungen. Zwei Deutschkursbestätigungen sowie ein Schreiben bzgl. Übersetzungsarbeiten der BF 1 wurden vorgelegt (AS 455-495).

römisch eins.4. Am 17.06.2014 langte die Vollmachtsbekanntgabe der rechtsfreundlichen Vertretung der BF 1 und BF 2 ein.

römisch eins.5. Für den 24.09.2014 lud das erkennende Gericht die Verfahrensparteien zu einer mündlichen Verhandlung.

römisch eins.5.1. Mit Schreiben vom 29.08.2014 wurde den BF eine Aufforderung zur Mitwirkung im Beschwerdeverfahren und zur Vorlage von Dokumenten und Beweismitteln übermittelt. Den Verfahrensparteien wurden zudem mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichts ebenfalls vom 29.08.2014 aktuelle Länderberichte zur Lage in Pakistan sowie die zweite Anfragebeantwortung der Österreichischen Botschaft in Islamabad zur Kenntnis gebracht und die Möglichkeit eingeräumt, sich bis zum Zeitpunkt der anberaumten Verhandlung schriftlich bzw. in der Verhandlung mündlich hierzu zu äußern.

römisch eins.6. Mit Schriftsatz vom 17.09.2014 wurde durch die rechtsfreundliche Vertretung der BF 1 und BF 2 insofern eine Stellungnahme abgegeben, indem erörtert wurde, dass die Länderfeststellungen zur Kenntnis genommen werden. Eine asylrelevante Verfolgung sei glaubhaft vorgebracht worden. Wegen der Zugehörigkeit zur sozialen Gruppe der Frauen, zu der ethnischen Minderheit der Hazara sowie zur religiösen Minderheit der Schiiten sei asylrelevante Verfolgung zu bejahen. Verwundbar sei die BF 1 auch deshalb, da der Ehemann in Pakistan getötet wurde, sie daher mit ihrem Kind alleine sei und aus der gefährlichsten Region Pakistan, Belutschistan, stamme. Als Frau sei man in Pakistan massiven Diskriminierungen, Einschränkungen, Misshandlungen und Ausgrenzungen ausgesetzt. Die BF 1 sei westlich orientiert und es wäre ihr nicht möglich das Haus alleine zu verlassen und wenn dann nur ganzkörperverschleiert. Es bestehe nicht die Möglichkeit in einem anderen Gebiet des Herkunftsstaates Schutz zu finden, da Hazara an deren Gesichtszügen erkennbar seien. Die BF 1 und BF 2 könnten keinen effektiven Schutz durch den pakistanischen Staat finden.

römisch eins.7. Mit Schreiben vom 22.09.2014 teilte die belangte Behörde (nunmehr das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl) mit, dass die Teilnahme eines informierten Vertreters an der Verhandlung aus dienstlichen und personellen Gründen nicht möglich sei. Ungeachtet dessen wurde aufgrund der gegebenen Aktenlage die Abweisung gegenständlicher Beschwerde beantragt und um Übersendung des aufgenommen Verhandlungsprotokolls ersucht (OZ 5).

römisch eins.8. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung bestätigte die BF 1 ihre dem bisherigen Verfahren zugrunde gelegte Identität und gab an, dass sie verhandlungsfähig und gesund sei.

Zur Einvernahmesituation im bisherigen Verfahren führte die BF 1 an, es sei alles in Ordnung gewesen. Sie habe immer die Wahrheit gesagt und habe nichts richtigzustellen oder zu ergänzen.

Die BF 1 hatte zudem die Möglichkeit zu ihrer Integration, ihrem Fluchtvorbringen und ihrer Rückkehrsituation Stellung zu nehmen.

römisch eins.9. Hinsichtlich des Verfahrensherganges im Detail wird auf den Akteninhalt verwiesen.

römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

römisch II.1.1. Die beschwerdeführende Partei

Bei der BF 1 und bei der BF 2 handelt es sich um weibliche, pakistanische Staatsbürgerinnen. Die BF 1 spricht die Sprachen urdu, farsi und englisch. Die BF 1 und die BF 2 gehören der Glaubensrichtung der Schiiten und der Volksgruppe der Hazara an. Die BF 1 ist eine verwitwete, gesunde, arbeitsfähige Frau mit bestehenden familiären bzw. sozialen Anknüpfungspunkten im Herkunftsstaat. Sie ist für die BF 2 sorge- und unterhaltspflichtig. Die BF 1 und die BF 2 stammen aus der Provinz Belutschistan.

Die Mutter der BF 1 sowie der Bruder der BF 1 leben im Herkunftsstaat der BF 1. Der Vater der BF 1 arbeitet im Ausland.

Die Identität der BF 1 steht fest. Die Identität der BF 2 steht nicht fest.

Die BF 1 und BF 2 haben in Österreich keine Verwandten und leben auch sonst mit keiner nahe stehenden Person zusammen. Sie möchten offensichtlich ihr künftiges Leben in Österreich gestalten und halten sich fast 2 Jahre im Bundesgebiet auf. Sie reisten rechtswidrig und mit Hilfe einer Schlepperorganisation in das Bundesgebiet ein. Die BF 1 und BF 2 befinden sich in Grundversorgung. Die BF 1 und BF 2 wohnen in einer Flüchtlingsunterkunft. Die BF 1 spricht einfaches Deutsch. Die BF 1 hat zwei Deutschkurse besucht. Die BF 2 besucht den Kindergarten. Die BF 1 hilft freiwillig beim Dolmetschen. Die BF 1 ist kein Mitglied in einem Verein. Die BF 1 ist strafrechtlich unbescholten.

römisch II.1.2. Die Lage im Herkunftsstaat Pakistan:

Zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in Pakistan werden folgende Feststellungen getroffen:

Politische Lage

Pakistan ist ein Bundesstaat mit den vier Provinzen Punjab, Sindh, Baluchistan, Khyber Pakhtunkhwa (ehemals North West Frontier Province) und den "Federally Administered Tribal Areas" (FATA). Die pakistanische Verfassung bestimmt, dass die vom Parlament beschlossenen Gesetze in den FATA nur gelten, wenn dies der Präsident explizit anordnet. Daneben kontrolliert Pakistan die Gebiete von Gilgit-Baltistan (die früheren "Northern Areas") und Azad Jammu & Kashmir (AJK - "freies Kaschmir"), den auf der pakistanischen Seite der Demarkationslinie ("Line of Control") zwischen Indien und Pakistan liegenden Teil Kaschmirs. Beide Gebiete werden offiziell nicht zum pakistanischen Staatsgebiet gerechnet. Gilgit-Baltistan hat im September 2009 eine Teilautonomie erhalten. Es war bislang von Islamabad aus regiert worden. AJK genießt ebenfalls Autonomie, ist aber finanziell und politisch von der Regierung in Islamabad abhängig (AA 10.2013a).

Die pakistanische Bevölkerung wird vom CIA World Factbook mit Stand Juli 2013 auf über 193 Millionen geschätzt. Pakistan ist damit der sechstbevölkerungsreichste Staat der Welt (CIA 11.9.2013).

Die gesetzgebende Gewalt in Pakistan liegt beim Parlament. Das Parlament besteht aus zwei Kammern, der Nationalversammlung und dem Senat. Daneben werden in den Provinzen Pakistans Provinzversammlungen gewählt. Die Nationalversammlung umfasst 342 Abgeordnete. 60 Sitze sind für Frauen, 10 weitere für Vertreter religiöser Minderheiten reserviert. Die Legislaturperiode dauert fünf Jahre (AA 10.2013a).

Im April 2010 wurde eine weitreichende Verfassungsreform verabschiedet, die von einem parteiübergreifenden Parlamentsausschuss seit Juni 2009 vorbereitet worden war. Ziel war es, zur Grundgestalt der unter Präsident Zulfikar A. Bhutto 1973 verabschiedeten Verfassung zurückzukehren, die nach zahlreichen Eingriffen der Militärherrscher Zia-ul Haq und Musharraf fast bis zur Unkenntlichkeit verändert worden war. Kernelemente der vorgenommenen Verfassungsänderungen sind eine Stärkung der Position des Ministerpräsidenten bei gleichzeitiger Einschränkung der Machtbefugnisse des Präsidenten, eine Stärkung des Föderalismus durch eine deutliche Ausweitung der Kompetenzen der Provinzen, eine Stärkung der Unabhängigkeit der Justiz durch ein neues Ernennungsverfahren für die obersten Richter und die Einführung zweier neuer Grundrechte: des Rechts auf Information und des Rechts auf Erziehung (AA 10.2013a).

Die Wahlbeteiligung bei den Parlamentswahlen am 11. Mai 2013 war überraschend hoch. In vielen Wahlkreisen blieben die Lokale wegen des großen Ansturms länger offen. Unter den Wartenden befanden sich ungewöhnlich viele junge Wähler und Frauen. Eine Wahlhelferin in einer zum Wahllokal umfunktionierten Mädchenschule in Rawalpindi, erklärte, eine so hohe Beteiligung habe sie in ihrer langen Karriere noch nie gesehen. Die Tehrik-e Taliban Pakistan hatten am Freitag einmal mehr zum Wahlboykott aufgerufen (NZZ 11.5.2013). Die mit der Al-Kaida verbündete TTP (Tehrik-e-Taliban Pakistan) hält die Wahl für unislamisch und hatte für den Wahltag Selbstmordanschläge angekündigt. Die Wahl fand deshalb unter großen Sicherheitsvorkehrungen statt, mehr als 620.000 Polizisten, Paramilitärs und Soldaten waren im Einsatz (Die Zeit 11.5.2013). Rund ein Drittel der Wahlkreise wurde als riskant eingestuft. Noch nie war eine Parlamentswahl in Pakistan so blutig wie diese. Doch die Wähler haben bewiesen, dass ihnen die Demokratie wichtig ist und sie sich von Extremisten nicht einschüchtern lassen (NZZ 11.5.2013).

Drohungen der Taliban hatten die Wahlkampagnen der ANP, der PPP (Pakistan People's Party), und der MQM (Muttahida Qaumi Movement) geschwächt. Ein Sprecher der Taliban warnte pakistanische Wähler, Veranstaltungen dieser säkularen Parteien fern zu bleiben. Alle drei Parteien sind säkular und waren in der Regierungskoalition. Die ANP, welche die Regierung in Khyber Pakhtunkhwa führte, war am stärksten betroffen. Die durch die Drohungen eingeschränkten Zugangsmöglichkeiten zu den Wählern erschwerten es für diese Parteien die Unbeliebtheit, die sie während ihrer Regierungszeit erlangten, wieder auszugleichen (BBC 5.4.2013).

Insgesamt starben zwischen 1. Jänner und 15.Mai laut Daten des Sicherheitsinstituts PIPS bei 148 Anschlägen, die spezifisch politische Führer, politische Aktivisten, Kandidaten, Parteibüros und Wahllokale betrafen, 170 Menschen in Pakistan. Die Hauptlast der Anschläge entfiel auf die bis zur Übergangsregierung in der Provinz Khyber Pakhtunkhwa regierende und an der nationalen Regierungskoalition beteiligte ANP, mit 37 Anschlägen, gefolgt von unabhängigen Kandidaten, der PPP und der in Karatschi regierenden MQM. Die konservativen Parteien blieben allerdings nicht verschont, Aktivisten und Kandidaten der Pakistan Muslim League-Nawaz (PML-N), der Pakistan Tehreek-e-Insaf (PTI), der islamistischen Jamiat Ulema-e-Islami, Jamaat-e-Islami, belutschische nationalistische Parteien sowie einige kleinere Parteien waren, etwas seltener, ebenfalls von Attacken betroffen (PIPS 5.2013).

Bei den Wahlen wurde die bisherige Regierungspartei Pakistan Peoples Party (PPP) von der Pakistan Muslim League-N (PML-N) unter Nawaz Sharif abgelöst. Die PML-N erreichte bei den Wahlen eine absolute Mehrheit der Mandate. Zweitstärkste Partei in der Nationalversammlung wurde die ehemalige Regierungspartei PPP, dicht gefolgt von der PTI des ehemaligen Cricket-Stars Imran Khan. Die MQM (Muttahida Quami Movement), mit ihren Hochburgen in den beiden Großstädten der Provinz Sindh, Karachi und Hyderabad, stellt jetzt die viertstärkste Fraktion im Parlament. Am 5. Juni 2013 wurde Nawaz Sharif vom Parlament zum Ministerpräsidenten gewählt. Es war das erste Mal in der Geschichte Pakistans, dass eine zivile Regierung eine volle Legislaturperiode (2008 - 2013) regieren konnte und dass der demokratische Wechsel verfassungsgemäß ablief (AA 10.2013a). Erst im Herbst 2008 war Pakistan zu demokratischen Verhältnissen zurückgekehrt, nachdem der seit 1999 regierende Militärherrscher Musharraf das Land verlassen hatte, um einem drohenden Amtsenthebungsverfahren zuvorzukommen (AA 2.11.2012).

Ebenfalls am 11. Mai 2013 fanden die Wahlen zu den vier Provinzversammlungen statt. In Punjab, der bevölkerungsreichsten Provinz (ca. 50% der Bevölkerung Pakistans), errang die PML-N mehr als zwei Drittel der Mandate. In Sindh konnte die PPP ihre Vormachtstellung verteidigen, in Khyber-Pakhtunkhwa errang die PTI die meisten Mandate und führt dort nun eine Koalitionsregierung. Die Regierung von Belutschistan wird nunmehr von einem Chief Minister der belutschischen Nationalistenpartei NP geführt, die eine Koalition mit PML-N und weiteren Parteien eingegangen ist (AA 10.2013a).

Am 30. Juli 2013 wählten beide Kammern des Parlaments und Abgeordnete der Provinzparlamente mit großer Mehrheit den PML-N Politiker Mamnoon Hussain zum neuen pakistanischen Staatsoberhaupt, der am 9. September 2013 vereidigt wurde. Hussain löst Asif Ali Zardari im Amt des Staatspräsidenten ab, der als erstes Staatsoberhaupt in der Geschichte Pakistans seine Amtszeit geordnet beenden konnte. Der verfassungsmäßige Machtübergang sowohl in der Regierung als auch im Amt des Staatsoberhaupts hat die Demokratie in Pakistan erheblich gestärkt (AA 10.2013a).

Ministerpräsident Nawaz Sharif hat wirtschafts- und finanzpolitische Themen sowie die Verbesserung der Beziehungen zu den Nachbarstaaten Afghanistan und Indien zu den Schwerpunkten seiner Amtszeit erklärt. Bereits wenige Monate nach seinem Amtsantritt rückt allerdings auch die Sicherheitslage in Pakistan, und insbesondere die Bedrohung durch die islamistischen Extremisten der pakistanischen Taliban (TTP), wieder in den Vordergrund. Eine Allparteienkonferenz am 9. September 2013 hat die Regierung einvernehmlich mandatiert, mit den Taliban in Gespräche einzutreten. Dieser Dialogansatz wurde allerdings bereits wenige Tage nach der Konferenz durch mehrere blutige Taliban-Anschläge in Frage gestellt (AA 10.2013a).

Sicherheitslage

Pakistan ist mit einer erheblichen terroristischen Bedrohung durch die Taliban und andere jihadistische Gruppen konfrontiert, die sich in den vergangenen Jahren zur zentralen Bedrohung des Landes entwickelt haben (AA 2.11.2012). Die pakistanischen Taliban, die Lashkar-e-Jhangvi, die Belutschistan Liberation Army und andere bewaffnete Gruppen zielen auf Sicherheitskräfte und Zivilisten, unter anderem Mitglieder religiöser Minderheiten, Mitarbeiter von Hilfsorganisationen, Aktivisten und Journalisten (AI 5.2013; vergleiche USDOS 19.4.2013). Die westlichen Grenzgebiete zu Afghanistan - Belutschistan, die FATA (Federal Administered Tribal Areas) und Khyber Pakhtunkhwa - leiden seit Jahren an Gewalt zwischen Militanten und Regierungskräften (Reuters 11.4.2013).

In den vergangenen Jahren hatten Taliban-Gruppen in Teilen der Stammesgebiete an der Grenze zu Afghanistan eigene Herrschaftsstrukturen etabliert und ihre extrem konservative Interpretation der Scharia durchgesetzt. Wesentliche Menschenrechte und Grundfreiheiten werden in diesen Gebieten verletzt. Dabei kommt es auch immer wieder zu Auseinandersetzungen mit Lashkars (Bürgerwehren der Stämme) (AA 2.11.2012). Das Heranziehen von Stammesmilizen, die die Menschenrechte verletzten, um militärische Ziele zu erreichen, ging auf Kosten der Rechte von IDPs und anderer Bürger (Brookings Institution 11.2011).

Das Hauptaugenmerk der Armee liegt mehr und mehr auf der Bekämpfung der Taliban und anderer jihadistischer Gruppen. Seit Ende April 2009 haben sich die militärischen Auseinandersetzungen zwischen dem pakistanischen Militär und den Taliban verschärft. Zuvor hatten die Taliban eine Vereinbarung mit der Provinzregierung von Khyber-Pakhtunkhwa im Februar 2009 genutzt, um die Herrschaft im Swat-Tal zu übernehmen und anschließend in zwei Nachbardistrikte vorzurücken. Mit einer Offensive im April 2009 beendete die Armee die Taliban-Herrschaft im Swat-Tal. Von Oktober bis Dezember 2009 wurden die Taliban aus Süd-Wasiristan (FATA) vertrieben, einer Region, die von ihnen jahrelang kontrolliert worden war (AA 10.2013a; vergleiche Reuters 11.4.2013). Die meisten Taliban-Kämpfer sind in entlegenere Gebiete der sog. "Stammesgebiete" ausgewichen. Gleichzeitig haben sie Pakistan im Jahr 2009 mit einer Welle von Terroranschlägen überzogen, die sich zumeist gegen Einrichtungen der Sicherheitskräfte richtete (Armee, Polizei und ISI), der aber auch viele unbeteiligte Zivilisten zum Opfer fielen (AA 2.11.2012).

Die pakistanische Regierung steht in dieser Auseinandersetzung vor großen Herausforderungen: Einerseits müssen, um die militärischen Erfolge zu konsolidieren und einer Rückkehr der Taliban vorzubeugen, in den zurück gewonnenen Gebieten funktionierende zivile Verwaltungsstrukturen etabliert werden, das gilt v.a. für das Rechtssystem. Außerdem muss die große Zahl der Binnenvertriebenen bewältigt und die wirtschaftliche Entwicklung dieser Gebiete vorangetrieben werden (AA 10.2013a). Schließlich wird die Verbreitung der Taliban in den Grenzgebieten auf Jahre der Vernachlässigung und schlechter Regierungsführung sowie auf die Unsicherheit in Afghanistan zurückgeführt (Reuters 11.4.2013).

In Teilen der FATA finden darüber hinaus weiterhin immer wieder Gefechte statt (AA 10.2013a). Die Armee führt hier Militäroperationen durch, um die Taliban und al Qaida Militante zu vertreiben. Dies vertreibt weiterhin Menschen aus der FATA, auch aus Gebieten, die offiziell als von Militanten befreit erklärt wurden (Reuters 11.4.2013).

Regierungsstrategie ist es, kurz vor Militäroperationen gegen Taliban die Bevölkerung der jeweils betroffenen Agency bzw. Region zu informieren, das bedeutet die Agency wird "notified". Nach den Militäroperationen wird die Zone "denotified" und damit vom Militär als sicher für die Rückkehr erklärt und somit für die Rückkehr freigegeben. Das Militär arbeitet in diesem Prozess mit den Zivilbehörden zusammen, die zum Teil bei der Rückkehr unterstützen (BAA 6.2013).

Die Taliban reagieren auf die Militäroperationen weiterhin mit Terroranschlägen, von denen v.a. Khyber-Pakhtunkhwa und die FATA betroffen sind, die sich aber auch gegen Ziele in pakistanischen Großstädten wie z.B. Karachi, Lahore und Faisalabad richten (AA 10.2013a; vergleiche Reuters 11.4.2013). Der regionale Schwerpunkt terroristischer Anschläge liegt allerdings sehr deutlich in Khyber-Pakhtunkhwa, den Stammesgebieten FATA und in Belutschistan; dort sind auch die meisten Opfer zu beklagen (AA 24.10.2013; vergleiche Reuters 11.4.2013). Die Anschläge zielen vor allem auf Einrichtungen des Militärs und der Polizei. Opfer sind aber auch politische Gegner der Taliban, religiöse Minderheiten, Schiiten sowie Muslime, die nicht der strikt konservativen Scharia-Auslegung der Taliban folgen, wie z.B. die Sufis (AA 10.2013a).

Insgesamt gab es im Jahr 2011 in Pakistan 1.966 terroristische Anschläge mit 2.391 Todesopfern. Terroristischen Anschläge, militärische Operationen, Drohnen, ethno-politische Gewalt, Gewalt zwischen verschiedenen Stämmen und grenzüberschreitende Gewalt zusammen genommen, wurden im Jahr 2011 in Pakistan bei 2.985 Zwischenfällen 7.107 Menschen getötet. Die Gewaltvorfälle gingen damit um 12% im Vergleich zu 2010 zurück (22% im Vergleich zu 2009), die Zahl der Todesopfer um 29% (PIPS 4.1.2012).

2012 führten militante nationalistisch und konfessionell motivierte Gruppen in Pakistan 1.577 Terrorattacken aus, welche 2.050 Menschen töteten, bei 501 Anschlägen gab es keine Opfer. In 202 sektiererischen - gegen andere muslimische Konfessionen gerichteten -Terrorakten verschiedener Gruppen, wie der TTP (Tehreek-i Taliban) wurden 537 Menschen getötet (PIPS 4.1.2013).

Terroranschläge, Operationen durch die Sicherheitskräfte und deren Zusammenstöße mit Militanten, ethnopolitische Gewalt, Drohnenangriffe, Gewalt zwischen den Stämmen und zwischen den Militanten, interreligiöse Zusammenstöße, religiös-kommunale Gewalt, grenzübergreifende Zusammenstöße und Attacken sowie Zusammenstöße zwischen kriminellen Banden bzw. zwischen diesen und der Polizei zusammengerechnet, wurden 2012 5.047 Menschen bei 2.217 solchen Gewaltvorfällen getötet. Der Trend eines Rückgangs der Anzahl der Vorfälle von Gewalt und Todesopfer, der 2010 begann, hielt 2011 und 2012 an (PIPS 4.1.2013).

Zielgerichtete Anschläge auf Personen oder Gruppen, die sich gegen die TTP aussprechen, hielten an. Neben Trauerumzügen wurden vermehrt auch Moscheen zu Anschlagszielen, die von Mitgliedern von Pro-Regierungsmilizen aufgesucht werden. Die Anschläge konzentrieren sich auf die Provinz Khyber-Paschtunistan (KPK) und die FATA (HSS 5.4.2012). Im dritten Quartal 2012 weitete die TTP ihre Angriffe auf pakistanische Sicherheitskräfte und ihre Einrichtungen aus. Nicht nur in der vorwiegend betroffenen Provinz Khyber-Pakhtunkhwa, sondern auch in anderen Landesteilen kommt es zu Anschlägen. Schiiten sind weiterhin Ziel von Angriffen (HSS 10.10.2012).

Die Taktiken der Terroristen waren divers, der größte Anteil aller Anschläge, 587 bzw. 37 Prozent, waren gezielte Tötungen (in diesem Wert sind 177 Fälle politisch motivierter gezielter Tötungen nicht inkludiert). Andere signifikante Taktiken waren u.a. improvisierte Sprengsätze (375) und ferngezündete Bomben (139) (PIPS 4.1.2013).

Bis Ende 2012 sind die Vorfälle von Terror und Gewalt, Terroranschläge und Opferzahlen insgesamt zurückgegangen. So führten staatliche Maßnahmen in einigen kritischen Regionen zur Verbesserung der Lage. Im Swat-Tal und in Südwasiristan ist ein Erfolg der Militäroperationen sichtbar. Den Drohnenangriffen der USA im Grenzgebiet zu Afghanistan fielen einige hohe Führer der Taliban zum Opfer, dies schadete besonders den strategischen Kapazitäten der Extremisten. Die Bevölkerung hat die Militanten satt. Der Staat geht gegen die Militanten vor, für eine substantielle Verbesserung der Unsicherheiten fehlt eine breitere, konsistente Strategie. Die distriktweise Auswertung der digitalen Datenbank zeigt allerdings, dass die roten Zonen, jene Distrikte, die von einer hohen Anzahl sicherheitsrelevanter Gewaltvorfälle betroffen sind, über die letzten Jahre zurückgegangen sind (BAA 6.2013).

Die Sicherheitsstruktur, die lange nicht den wachsenden Einfluss von Extremisten auf das Land erkennen wollte, sieht diesen nun formal als Bedrohung. Zwischen den einzelnen Behörden mangelt es jedoch an Koordination und Vertrauen. Die öffentliche Meinung ist noch geteilt, wie mit den Terroristen in den Stammesgebieten umgegangen werden soll. Trotzdem reduzierten die militärischen Offensiven im Swat und in Südwasiristan die Terror-Bedrohung. Ernste Sicherheitsherausforderungen bleiben der Anstieg der Gewalt zwischen den muslimischen Glaubensrichtungen; die verstärkten ethnopolitischen Spannungen in Karatschi; die TTP und ihre Verbündeten; die Situation in Belutschistan (PIPS 4.1.2013).

Die Regierung ergreift zum Schutz der Bevölkerung einige Maßnahmen. Das pakistanische Militär führte in der FATA Anti-Terrorismus Maßnahmen durch (USDOS 19.4.2013). 107 operative Militärschläge wurden im Jahr 2012 in dieser Region durchgeführt. 79 Suchoperationen gegen Terroristen verzeichnet PIPS für 2012 im ganzen Land, 27 in Khyber Pakhtunkhwa, 24 in der FATA, elf in Belutschistan und vier im Sindh. Dabei wurden hohe Mengen an Sprengstoff, Selbstmordjacken und Waffen gefunden. 1.287 mutmaßliche Militante wurden 2012 verhaftet, allerdings nur wenige davon verurteilt. Oft werden Verdächtige ohne Verfahren verhaftet oder aufgrund mangelnder Beweise wieder freigelassen (PIPS 4.1.2013). Es wurden auch Maßnahmen ergriffen um die Verbindungen zwischen den Terroristen zu schwächen und Rekrutierungen durch militante Organisationen zu verhindern. Große Waffenarsenale wurden in städtischen Gebieten, wie Islamabad und Karatschi, ausgehoben, Gang-Mitglieder und TTP Kommandanten, die logistische Unterstützung für Militante in Stammesgebieten boten, wurden in Karatschi verhaftet, Selbstmordattentäter wurden vor der Tat verhaftet und Anschlagspläne vereitelt (USDOS 19.4.2013). Mindestens 14 Anschläge konnten z.B. auch im August 2013 vereitelt werden (PIPS 11.9.2013). Ein weiterer Weg der Bekämpfung ist die Kontrolle und Beschneidung des internationalen Geldflusses zu diesen Organisationen (BAA 6.2013).

Die Vorwahlzeit war allerdings von überdurchschnittlich stark ausgeprägter terroristischer Gewalt geprägt. Militante Kräfte versuchten die politische Lage zu destabilisieren, um die Wahlen zu verhindern. Bereits zum Jahresende 2012 kulminierten Anschläge und Attentate in einer Gewaltwelle. Obwohl Ende November landesweit die Sicherheitsmaßnahmen anlässlich des Aschura-Festes in einem außergewöhnlich starken Ausmaß erhöht wurden, kam es zu zahlreichen Anschlägen, bei denen dutzende Menschen starben (BAA 6.2013). In einer landesweiten Welle der Gewalt starben in der vorletzten Woche des Jahres 2012 mindestens 75 Menschen durch Anschläge. Beobachter verbinden die drastische Zunahme der Gewalt mit den Parlamentswahlen. Auch im 4. Quartal 2012 standen viele Attentate im Zusammenhang mit dem Konflikt zwischen Sunniten und Schiiten. Die meisten Angriffe ereigneten sich in Karatschi, doch auch in der Provinz Belutschistan starben zahlreiche Menschen (HSS 17.1.2013).

Der Anstieg der Gewalt hielt 2013 weiter an. Die ersten beiden Monate 2013 verzeichneten darüber hinaus einen außergewöhnlich hohen Anstieg der interkonfessionellen Gewalt (BAA 6.2013). Mindestens 92 Tote, davon 86 Angehörige der schiitischen Hazara Minderheit, forderte ein Doppelanschlag in einer Billardhalle in einem Hazara-Viertel der belutschischen Provinzhauptstadt römisch 40 am 10. Jänner. Der Anschlag, zu dem sich die sunnitische Extremistengruppe Lashkar-i-Jhangvi bekannte, war der schwerste seit fast zwei Jahren und der blutigste Anschlag auf die schiitische Minderheit in Pakistan bisher (BAA 6.2013; vergleiche Spiegel 11.1.2013, Dawn 11.1.2013b). Insgesamt wurden im Jänner von PIPS 215 Anschläge mit 321 Toten verzeichnet (PIPS 13.2.2013; Anmerkung; wissenschaftliches Institut - zur Methodik siehe BAA 6.2013). Von der NGO CRSS wird nach ihrer endgültigen Auswertung die Zahl der Toten durch verschiedene Arten sicherheitsrelevanter Gewalt für Jänner mit 591 angegeben (CRSS 25.9.2013).

Für Februar 2013 verzeichnete PIPS 129 Terroranschläge mit 247 Toten, sowie insgesamt 492 Tote bei 183 unterschiedlichen relevanten Gewaltvorfällen in Pakistan. Sektiererische Anschläge stiegen im Februar, hauptsächlich in römisch 40 und Karatschi (PIPS 11.3.2013). Von CRSS wird nach der endgültigen Auswertung die Zahl der Toten durch sicherheitsrelevante Gewalt für Februar mit 454 angegeben (CRSS 25.9.2013). Allein bei einem erneuten Anschlag in einer überwiegend von schiitischen Hazara bewohnten Enklave in römisch 40 starben am 16. Februar mindestens 84 Personen. Es kam zu weiten Protestaktionen (BAA 6.2013; vergleiche NYT 17.2.2013).

Nach dem Höhepunkt im Jänner und Februar nahm diese interkonfessionelle Kategorie des Terrors in den nächsten beiden Monaten ab, im April sank die Zahl signifikant. Nichtsdestotrotz traf ein weiterer der größeren Anschläge der Vorwahlzeit am 3. März ebenfalls die schiitische Minderheit, diesmal in Karatschi, 48 Menschen starben bei einem Anschlag auf ein schiitisches Viertel (BAA 6.2013). Insgesamt wurden im März laut PIPS 152 Terroranschläge in ganz Pakistan durchgeführt mit 220 Toten, zusammengenommen gab es 206 berichtete Vorfälle von Gewalt mit 504 Toten. Der Zuwachs geht hauptsächlich auf die nationalistische Gewalt in Belutschistan und die Taliban in Khyber Pakhtunkhwa zurück (PIPS 11.4.2013). Von CRSS wird nach der endgültigen Auswertung die Zahl der Toten durch Gewaltvorfälle für März mit 570 angegeben (CRSS 25.9.2013).

Im April verzeichnete PIPS 198 Anschläge mit 183 Toten, insgesamt starben bei 253 relevanten Sicherheitsvorfällen 404 Personen in Pakistan. Entsprechend der Vorwahlzeit war ein hoher Anteil (56 Anschläge) auf politische Ziele - politische Parteien, Kandidaten, Wahlkampfbüros und Wahlveranstaltungen (PIPS 8.5.2013). Von CRSS wird die Zahl der Toten durch Gewalt für April mit 429 angegeben (CRSS 25.9.2013).

Im Mai wurden vom PIPS 197 Terroranschläge in ganz Pakistan berichtet mit 242 Toten, alle sicherheitsrelevante Gewaltvorfälle zusammen forderten 514 Todesopfer (PIPS 13.6.2013). CRSS spricht für Mai von 622 Toten durch Gewalt (CRSS 25.9.2013). Unter den zivilen Opfern befand sich eine hohe Zahl politischer Kandidaten, politischer Aktivisten und Unterstützern aller Parteien (CRSS 18.6.2013; vergleiche PIPS 13.6.2013).

Zwischen 1. Jänner und 15. Mai starben insgesamt bei 148 spezifisch auf politische Führer, politische Aktivisten, Kandidaten, Parteibüros und Wahllokale gerichtete Anschlägen, laut Daten des Sicherheitsinstituts PIPS, 170 Menschen in Pakistan, die meisten davon im April und Mai. Zusätzlich zu terroristischen Anschlägen wurden 97 Vorfälle von Gewalt und Zusammenstöße zwischen den Aktivisten und Anhänger verschiedener Parteien im selben Zeitraum aufgezeichnet, bei denen 128 Menschen starben (PIPS 5.2013).

Im Juni zählte PIPS 130 Anschläge mit 283 Toten und insgesamt 202 Gewaltvorfälle mit 510 Toten (PIPS 8.7.2013). CRSS gibt für Juni 616 Todesopfer durch Gewalt an (CRSS 25.9.2013).

Für Juli verzeichnete PIPS 122 Anschläge, die 208 Todesopfer forderten. Insgesamt gab es bei 179 verschiedensten Gewaltvorkommnissen 399 Tote (PIPS 8.8.2013). Nach der Auswertung wird die Zahl der Toten durch Gewalt von CRSS für Juli mit 572 angegeben (CRSS 25.9.2013).

Für August berichtet PIPS von insgesamt 124 terroristischen Anschlägen mit 171 Todesopfern. Alle sicherheitsrelevante Gewalt zusammen genommen starben in 227 Gewaltvorfällen 272 Menschen (PIPS 11.9.2013). CRSS verzeichnete im August 432 Todesopfer in verschiedenen Arten der Gewalt (CRSS 25.9.2013). Es gab insgesamt einen starken Rückgang der Gewaltvorfälle im August 2013, der Rückgang der im Wahljahr stark angestiegenen Gewalt begann ab Juni. In Khyber Pakhtunkhwa und FATA fiel die Gewalt stark, in Belutschistan und Sindh (Karatschi) nahm sie allerdings stark zu (CRSS 25.9.2013; vergleiche PIPS 11.9.2013).

Im September stiegen aufgrund zweier großer Anschläge in Peschawar die Opferzahlen in Khyber Pakhtunkhwa stark an. Insgesamt wurden im September landesweit 135 Anschläge mit 270 Toten verzeichnet, bei allen 219 Gewaltvorfällen zusammen 380 Tote (PIPS 14.10.2013). Von CRSS wurden 493 Todesopfer recherchiert (CRSS 21.10.2013).

Es werden 2013 immer wieder auch Schulen und andere Infrastruktureinrichtungen in der FATA, in Belutschistan und Khyber Pakhtunkhwa zerstört (z.B. CRSS 11.2.2013). Außerdem kommt es in Teilen von Khyber Pakhtunkhwa, FATA, Belutschistan und Karatschi 2013 immer wieder zu bewaffneten Zusammenstößen zwischen Sicherheitskräften und Militanten (z.B. PIPS 8.5.2013).

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Regionale Verteilung der Gewalt

Die verschiedenen Provinzen leiden an unterschiedlichen Formen und Intensitäten der Gewalt. Die Aktivitäten der Talibangruppen beschränken sich hauptsächlich auf den Nordwesten Pakistans, allerdings wurden sie in den letzten Jahren auch in der Wirtschaftsmetropole Karatschi sichtbar (CRSS 13.7.2013). Die westlichen Grenzgebiete sind geplagt von Gewalt. Die Gebiete, die in erster Linie betroffen sind, sind Khyber Pakhtunkhwa und die FATA, die eine starke Talibanpräsenz aufweisen, sowie Belutschistan, in dem militante Stammesgruppen aufständische Gewaltakte verüben. Der Rest von Pakistan ist von sporadischen terroristischen Attacken betroffen, indem sich etwas der militanten Gewalt auch in andere Teile Pakistans ergießt mit Selbstmordanschlägen in den Städten und bewaffneten Attacken auf das Militär (Reuters 11.4.2013 vergleiche AA 24.10.2013).

Insgesamt divergiert somit die Sicherheitslage stark zwischen und innerhalb einzelner Provinzen. Der Vertreter des PIPS erläutert, dass die - mit um die 90 Millionen Einwohner bevölkerungsreichste Provinz Punjab als sicher eingestuft werden kann, auch Sindh ist sicher, mit Ausnahme von Karatschi, das ein Hotspot der Gewalt ist, außerdem versuchen terroristische Gruppen den Inneren Sindh zu infiltrieren. Islamabad gilt ebenfalls als relativ sicher. Doch Anschläge kommen auch in diesen Gebieten vor. Die paschtunischen Gebiete in Belutschistan sind relativ sicher, die belutschischen stark unsicher. In Khyber Pakhtunkhwa ist die Sicherheitslage kritisch - nur wenige Distrikte sind sicher, während andere schwer von Anschlägen gezeichnet sind. Belutschistan, die FATA, Khyber Pakhtunkhwa und die Metropole Karatschi sind somit die kritischen Gebiete Pakistans (BAA 6.2013). Auf Belutschistan, die FATA und Khyber Pakhtunkhwa entfielen im Jahr 2011 1.827 von insgesamt 1.966 terroristischen Anschlägen. Khyber Pakhtunkhwa wies dabei mit 890 die höchste Zahl an Todesopfern auf, die FATA mit 675 die höchste Zahl an terroristischen Anschlägen (612 Tote). In Belutschistan gab es 640 Anschläge (710 Tote), in Karatschi 58, in den anderen Teilen der Provinz Sindh 21, im Punjab 30, in Gilgit-Baltistan 26, in Islamabad 4 und in Azad Jammu und Kaschmir keine (PIPS 4.1.2012).

2012 wurde mit 474 die höchste Anzahl an Terroranschlägen aus Belutschistan berichtet. Die durch die Taliban und Militante heimgesuchten Khyber Pakhtunkhwa und die FATA waren die zweit- und drittbrisantesten Regionen des Landes mit 456 respektive 388 Terroranschlägen. 187 Terroranschläge wurden aus Karatschi gemeldet und 28 aus anderen Teilen Sindhs, 26 aus Gilgit Baltistan, 17 aus dem Punjab, einer aus Islamabad und keiner aus Azad Jammu und Kaschmir. Die meisten Todesopfer gab es dabei in den FATA und in Belutschistan (je 631 Tote). In Khyber Pakhtunkhwa gab es 2012 401 Tote, in Karatschi 272, im inneren Sindh 17, im Punjab 75, in Gilgit Baltistan 22, in Islamabad bei einem Anschlag einen Toten (PIPS 4.1.2013). In 28 von 36 Distrikten des Punjabs wurden 2012 keine Anschläge verzeichnet (BAA 6.2013).

Die regionale Differenzierung ist auch in der mit den Wahlen verbundenen gestiegenen Gewalt 2013 erkennbar. Stark betroffen waren die FATA, Khyber Pakhtunkhwa und Belutschistan, sowie Karatschi (BAA 6.2013).

Im Zeitraum zwischen Jänner und September 2013 verzeichnete PIPS im Zusammenhang mit Terrorakten im Punjab 27 Anschläge und 27 Todesopfer, in Islamabad 3 Anschläge und 5 Todesopfer, in Sindh-Karatschi 318 Anschläge und 438 Todesopfer, in Khyber Pkt. 405 Anschläge und 633 Todesopfer, in Belutschistan 405 Anschläge und 634 Todesopfer, in FATA 243 Anschläge und 388 Todesopfer, in Azad Kaschmir 0 Anschläge und 0 Todesopfer, in Giligt-Balt 5 Anschläge und 16 Todesopfer.

Auch von den spezifischen, auf politische Aktivisten, Kandidaten oder Wahllokale durch PIPS vom 1. Jänner bis 15. Mai 2013 aufgezeichneten Anschlägen entfiel mit 50 die höchste Anzahl auf Khyber Pakhtunkhwa (55 Tote). 49 solcher Anschläge betrafen Belutschistan (19 Tote), 30 den Sindh (25 davon in Karatschi; 60 Tote), 12 die FATA (33 Tote), 7 den Punjab (3 Tote). Die ANP und die PPP wurden in fast jeder Region angegriffen, die MQM in Karatschi. Von den 97 zusätzlichen Vorfällen von Gewalt und Zusammenstößen zwischen Aktivisten und Anhängern verschiedener Parteien vom 1. Jänner bis 15. Mai 2013 betraf der überwiegende Anteil Karatschi (70 Vorfälle/ 90 Tote). 3 Zusammenstöße mit 7 Toten wurden aus dem übrigen Sindh, 9 mit 4 Toten aus Khyber Pakhtunkhwa, 9 mit 11 Toten aus dem Punjab und 6 mit 16 Toten aus Belutschistan gemeldet (PIPS 5.2013).

Quellen:

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PIPS - Pak Institute for Peace Studies (13.2.2013): Pakistan Security Report (January 2013), http://san-pips.com/app/database/index.php?action=reports&id=315, Zugriff 4.10.2013

PIPS - Pak Institute for Peace Studies (11.3.2013): Pakistan Security Report (February 2013), http://www.san-pips.com/index.php?action=reports&id=320, Zugriff 20.10.2013

PIPS - Pak Institute for Peace Studies (11.4.2013): Pakistan Security Report (March 2013),

http://san-pips.com/app/database/index.php?action=reports&id=325, Zugriff 29.9.2013

PIPS - Pak Institute for Peace Studies (8.5.2013): Pakistan Security Report (April 2013),

http://san-pips.com/app/database/index.php?action=reports&id=328, Zugriff 22.10.2013

PIPS - Pak Institute for Peace Studies (13.6.2013): Pakistan Security Report (May 2013)

http://san-pips.com/app/database/index.php?action=reports&id=334, Zugriff 18.9.2013

PIPS - Pak Institute for Peace Studies (8.7.2013): Pakistan Security Report (June 2013),

http://san-pips.com/app/database/index.php?action=reports&id=337; Zugriff 16.9.2013

PIPS - Pak Institute for Peace Studies (8.8.2013): Pakistan Security Report (July 2013),

http://san-pips.com/app/database/index.php?action=reports&id=345, Zugriff 14.10.2013

PIPS - Pak Institute for Peace Studies (11.9.2013): Pakistan Security Report (August 2013),

http://san-pips.com/app/database/index.php?action=reports&id=350, Zugriff 29.9.2013

PIPS - Pak Institute for Peace Studies (14.10.2013): Pakistan Security Report (September 2013), http://san-pips.com/app/database/index.php?action=reports&id=360, Zugriff 15.10.2013

PIPS - Pak Institute for Peace Studies (5.2013): Elections 2013:

Violence against Political Parties, Candidates and Voters

Reuters (11.4.2013): Pakistan violence, http://www.trust.org/spotlight/Pakistan-violence, Zugriff 21.9.2013

Wichtige Terrorgruppen

Taliban und andere militante Organisationen in Pakistan sind in inneren Konflikten, in regionalen Kämpfen (Afghanistan, Kaschmir) und im globalen Jihad aktiv. Sie sind lose koordiniert, teilen sich aber oftmals Ressourcen und Rekruten. Verschiedene militante Gruppen haben sich zur Tehrik-e-Taliban Pakistan (TTP), den pakistanischen Taliban, zusammengeschlossen (Reuters 11.4.2013). Die TTP ist der Hauptakteur von Instabilität im Land. Ziele der TTP sind neben Sicherheitskräften nunmehr auch die politische Führung und Friedensaktivisten. Die TTP kämpft mit internen Krisen. Ihre Stärke liegt in der Verbindung von externen und internen Terrorgruppen. Sie fungiert auch als Brücke zwischen internationalen (z.B. Al Qaeda) und lokalen Terrorgruppen - von den Punjabi Taliban bis zur Lashkar-e-Jhangvi (PIPS 4.1.2013).

Die TTP verfügt über eine Stärke von mindestens 30.000 Mitgliedern (Reuters 11.4.2013). Der Vertreter des PIPS erläutert, dass die TTP nicht über eine einheitliche Struktur verfügt und auch die vorhandene Struktur nicht mehr intakt ist. Jede Gruppe hat eigene Operationen. Die von der TTP ausgehende Gewalt konzentriert sich regional auf die Stammesgebiete, thematisch auf Parteien, Pro-Regierungsstämme, regierende Politiker, auf Pro-Regierungs-Älteste, Sicherheitskräfte, Moscheen, die von Sicherheitskräften aufgesucht werden oder in denen Imame oder Mullahs die Regierung unterstützen, Friedensaktivist/innen (wie Malala Yousafzai), Einrichtungen des Militärs und der Polizei, Minderheiten sowie Muslime, die nicht ihrer Scharia-Auslegung folgen. Ursprünglich waren Schiiten in den Stammesgebieten nicht Ziel der Taliban, dies hat sich geändert (BAA 6.2013). Die Awami National Party war das Hauptziel von TTP-Gewalt, einige Anschläge richteten sich gegen Führungspersonen und Aktivisten (PIPS 4.1.2013). Die Aktivitäten der Taliban beschränken sich hauptsächlich auf den Nordwesten Pakistans, allerdings wurden sie in den letzten Jahren auch in der Wirtschaftsmetropole Karatschi sichtbar (CRSS 13.7.2013, vergleiche Reuters 11.4.2013). Einige Taliban Gruppen haben Basen in Belutschistan (Reuters 11.4.2013).

Die TTP benutzt seit 2009 auch Entführungen von "high profile" Personen (u.a. reiche Geschäftsmänner, Akademiker, westliche Mitarbeiter von Hilfsorganisationen und Angehörige von Militärs) in den großen pakistanischen Städten, um Geldmittel zu lukrieren (Reuters 11.4.2013). Drei Mitglieder der TTP wurden im Juli in Islamabad festgenommen, da sie dort und in Khyber Pakhtunkhwa Geschäftsleute erpressten. Dies zeigt das Verschwimmen zwischen kriminellen Syndikaten und religiösen Militanten (CRSS 13.7.2013).

Außerhalb der TTP agieren lokale Taliban-Gruppen, die entweder mit der TTP in loser Verbindung stehen oder mit ähnlichen Zielen formiert wurden. Die meisten dieser Gruppen agieren in Khyber Pakhtunkhwa, hauptsächlich in Charsadda, Swabi, Nowshera und der Peripherie von Peschawar. Allerdings gebrauchen auch viele kriminelle Gruppen dieses Label. Die meisten dieser Gruppen sind klein und ihre Operationen sind auf ihre Umgebung begrenzt (BAA 6.2013).

Es gibt auch im Punjab sunnitische Terrorgruppen. Eine von diesen, die Lashkar-e-Jhangvi, zielt darauf ab, Schiiten aus Pakistan zu vertreiben (Reuters 11.4.2013). Sie ist in viele Gruppen zersplittert, deren Taktiken und Ziele sich von einem Gebiet zum anderem unterscheiden. Sie ist eine lokal orientierte Gruppe, ihre Zielsetzung auf Schiiten richtet sich z.B. in Belutschistan vor allem gegen Hazara. Höhepunkt waren die Anschläge in römisch 40 im Jänner und im Februar 2013 (ca. 200 Tote) (BAA 6.2013) Die Punjabi Taliban sind eine eigene, von der TTP gesonderte Gruppe, doch unterhalten sie zu dieser Verbindungen. Ihre Ziele sind hauptsächlich Sicherheitskräfte und Schiiten. Sie agieren im Punjab wie terroristische Zellen, derzeit sind sie allerdings wenig aktiv (BAA 6.2013).

Hauptakteur nationalistischer Gewalt ist die Balochistan Liberation Army. Sie ist in Belutschistan aktiv, vereinzelt auch in Karatschi und in den Stammesgebieten des angrenzenden Südpunjabs. Weitere Beispiele belutschischer Terrororganisationen sind Lashkar-e-Balochistan, die Balochistan Liberation Front und die United Baloch Army. 2012 verübten auch Sindhi nationalistische Gruppen im Inneren Sindh Terrorakte (BAA 6.2013).

Quellen:

BAA - Bundesasylamt (6.2013): Bericht zur Fact Finding Mission Pakistan vom 8-16.3.2013 mit den Schwerpunkten Sicherheitslage, Religiöse Minderheiten Landrechte Medizinische und soziale Versorgung, Afghanische Flüchtlinge

BAA - Bundesasylamt (31.1.2011): Analyse der Staatendokumentation - Afghanistan / Pakistan - Extremistische Gruppierungen im afghanisch-pakistanischen Grenzgebiet

CRSS - Center for Research and Security Studies Pakistan (13.7.2013): Conflict Tracker Monthly Report (June 2013), http://crss.pk/?p=4555, Zugriff 18.9.2013

PIPS - Pak Institute for Peace Studies: Pakistan Security Report 2012, 4.1.2013,

http://san-pips.com/index.php?action=reports&id=psr_list_1, Zugriff 13.10.2013

Reuters (11.4.2013): Pakistan violence, http://www.trust.org/spotlight/Pakistan-violence, Zugriff 21.9.2013

Regionale Problemzone Belutschistan

Belutschistan umfasst 31 Distrikte. Die Einwohnerzahl beläuft sich auf ca. 8 Millionen. Es ist flächenmäßig die größte, gleichzeitig allerdings die am geringsten besiedelte, am wenigsten entwickelte und ärmste Provinz Pakistans. Mehrere nationalistische Gruppen greifen zu Terror um eine Unabhängigkeit zu erreichen (BAA 6.2013). So sind militante Stämme in einem Aufstand auf niederschwelligem Niveau aktiv, um größere Kontrolle über die Ressourcen (Bodenschätze) und die politische Macht bzw. politische Autonomie zu erhalten (Reuters 11.4.2013).

Belutschistan zählt zu den kritischen Regionen Pakistans, besonders die belutschischen Gebiete in Belutschistan sind stark unsicher, während die paschtunisch besiedelten etwas sicherer sind. Aus Belutschistan, welches seit Jahren ein Unruheherd nationalistischer Rebellen und interkonfessioneller Gewalt ist, wurde die höchste Anzahl an Terroranschlägen und Todesopfer 2012 berichtet. Die separatistisch-nationalistische und die interkonfessionelle Gewalt haben in Belutschistan zugenommen. 631 Personen wurden in der Region bei 474 Terroranschlägen getötet. Hauptakteur nationalistischer Gewalt ist die Belutschistan Liberation Army. Weitere Beispiele belutschischer Terrororganisationen sind Lashkar-e-Balochistan, Balochistan Liberation Front und United Baloch Army (BAA 6.2013). Hauptziel dieser Aufständischen waren Sicherheitskräfte (30 % aller Anschläge), nicht-belutschische Siedler, Pro-Regierungs-Stammesmitglieder und politische Aktivisten, sowie Infrastruktureinrichtungen, wie Gas-Pipelines, Bahngleise und elektrische Leitungen (PIPS 4.1.2013). Die Anschläge auf Erdgas- und Stromleitungen führten zu schweren Versorgungsengpässen in der Provinz. Bei religiös motivierten Angriffen der Splittergruppe Lashkar-e-Jhangvi und anderer Extremistengruppen auf Schiiten kamen 2011 insgesamt mindestens 280 Menschen zu Tode oder wurden verletzt (AI 24.5.2012).

In Belutschistan fanden 2011 615 der insgesamt 1.887 von HRCP registrierten Angriffe terroristischer und extremistischer Gruppen statt (HRCP 3.2012; für ihren Jahresbericht 2012 verwendet HRCP die Daten von PIPS). PIPS berichtete für 2011 von 640 Anschlägen mit 710 Toten (PIPS 4.1.2012).

Besonderes Ziel in Belutschistan ist die schiitische Hazara-Minderheit, an der sich mehrere Kategorien des Terrors kreuzen (BAA 6.2013). Sunnitische extremistische Bewaffnete attackieren in römisch 40 systematisch Angehörige der Hazara. Es gab keine Verhaftungen, was schwere Vorwürfe gegen die Regierung hervorruft. Hauptdrahtzieher ist die Lashkar-e-Jhangvi. Die Angstkampagne hat viele Hazara gezwungen, sich in ethnische Enklaven am Rande der Stadt zurückzuziehen, wo bewaffnete Männer an Straßenecken Wache halten (NYT 3.12.2012). Die HRCP berichtet, dass mehr als 100 Hazara in Belutschistan 2012 getötet wurden (HRCP 3.2013).

Am 10. Jänner 2013 starben mindestens 92 Menschen, davon 86 schiitische Hazara, bei einem Anschlag in römisch 40 . Die sunnitische Extremistengruppe Lashkar-i-Jhangvi bekannte sich dazu. Bei einem erneuten Anschlag in einer überwiegend von schiitischen Hazara bewohnten Enklave in römisch 40 starben am 16. Februar mindestens 84 Personen (BAA 6.2013). Mindestens 28 Tote forderte ein weiterer Anschlag in Hazara Town in römisch 40 am 30. Juni 2013 (Dawn 1.7.2013).

Die Regierung hat im November 2009 ein Maßnahmenpaket zur Verbesserung der Situation in Belutschistan verabschiedet. Dazu zählt auch die Bereitschaft zum Dialog mit belutschischen Nationalisten, die wegen der Repressionen durch die Musharraf-Regierung ins Exil gegangen waren oder die Wahlen in Belutschistan boykottiert haben. Dennoch ist es bislang noch zu keiner grundlegenden Verbesserung der politischen Situation in Belutschistan gekommen; die politisch motivierten Gewalttaten gehen weiter (AA 2.11.2012). Die Roadmap zur Lösung des Konflikts sieht die Umverteilung der Rohstoffe vor. Die Kontrolle durch das Militär dauert jedoch weiter an, begleitet von regelmäßigen Berichten zu Menschenrechtsverletzungen (Reuters 11.4.2013).

Nach den nationalen Wahlen nominierte der neue Premierminister Nawaz Sharif den belutschischen Nationalisten Dr. Abdul Malik Baloch von der Nationalpartei zum Chief Minister von Belutschistan, obwohl die PML-N in der Provinzversammlung von Belutschistan in den Wahlen die Mehrheit erringen konnte. Die Ernennung wird als wichtiger Schritt der Stabilisierungsbemühungen von Nawaz Sharif angesehen (BAA 6.2013).

Quellen:

AA - Auswärtiges Amt (2.11.2012): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Pakistan

AI - Amnesty International (24.5.2012): Annual Report 2012 - Pakistan, http://www.amnesty.org/en/region/pakistan/report-2012, Zugriff 10.10.2013

BAA - Bundesasylamt (6.2013): Bericht zur Fact Finding Mission Pakistan vom 8-16.3.2013 mit den Schwerpunkten Sicherheitslage, Religiöse Minderheiten Landrechte Medizinische und soziale Versorgung, Afghanische Flüchtlinge

Dawn (1.7.2013): römisch 40 , Peshawar rocked by blasts: Suicide bomber kills 28 Hazara men and women,

http://beta.dawn.com/news/1021939/quetta-peshawar-rocked-by-blasts-suicide-bomber-kills-28-hazara-men-and-women, Zugriff 9.10.2013

HRCP - Human Rights Commission of Pakistan (3.2012): State of Human Rights in 2011,

http://hrcp-web.org/hrcpweb/wp-content/pdf/AR2011-A.pdf, Zugriff 10.10.2013

HRCP - Human Rights Commission of Pakistan (3.2013): State of Human Rights in 2012,

http://hrcp-web.org/hrcpweb/wp-content/pdf/AR2012.pdf, Zugriff 2.9.2013

HRW - Human Rights Watch (31.1.2013): World Report 2013 - Pakistan, http://www.ecoi.net/local_link/237129/360003_de.html, Zugriff 15.10.2013

NYT - New York Times (3.12.2012): Pakistan Reels with Violence against Shiites,

http://www.nytimes.com/2012/12/04/world/asia/pakistans-hazara-shiites-under-siege.html?pagewanted=all&_r=0, Zugriff 9.9.2013

PIPS - Pak Institute for Peace Studies (4.1.2012): Pakistan Security Report 2011, http://san-pips.com/download.php?f=108.pdf, Zugriff 13.10.2013

PIPS - Pak Institute for Peace Studies (4.1.2013): Pakistan Security Report 2012,

http://san-pips.com/index.php?action=reports&id=psr_list_1, Zugriff 13.9.2013

Reuters (11.4.2013): Pakistan violence, http://www.trust.org/spotlight/Pakistan-violence, Zugriff 21.9.2013

Rechtsschutz/Justizwesen

Die Justiz hat ihre Unabhängigkeit zurückgewonnen und bemüht sich, den Rechtsstaat in Pakistan zu stärken (AA 2.11.2012). Das pakistanische Justizwesen behauptete auch 2012 weiterhin seine Unabhängigkeit von der Regierung (HRW 31.1.2013).

Erhebliche Schwächen bei der Durchsetzung des geltenden Rechts bestehen allerdings fort. Nach dem Index des "World Justice Project" zur Rechtsstaatlichkeit gehört Pakistan zu den Ländern mit großen Defiziten in diesem Bereich. Teil römisch VII der Verfassung garantiert die Unabhängigkeit der Judikative, die zwar eine politische Stärkung erfahren hat, die aber insgesamt gesehen nach wie vor ineffizient und vor allem in den unteren Gerichtsinstanzen auch weitgehend wirkungslos ist (AA 2.11.2012). In der Praxis ist die Justiz oft von externen Einflüssen, wie der Angst vor Repressionen bei Fällen von Terrorismus, beeinträchtigt. Viele Gerichte unterer Instanzen bleiben korrupt, ineffizient und Opfer des Drucks prominenter wohlhabender, religiöser und politischer Akteure. Die politische Ernennung von Richtern erhöht den Einfluss der Regierung auf die Justiz (USDOS 19.4.2013).

Die erwähnte weitverbreitete Korruption vor allem unterer Gerichtsinstanzen in Zusammenhang mit einem veralteten Prozessrecht sowie überlasteten und überforderten Strafverfolgungsbehörden führen zu einer Vielzahl unerledigter Fälle, langen Inhaftierungen ohne gerichtliches Verfahren oder nach Fehlurteilen, da Beweissicherungen nicht möglich sind (AA 2.11.2012; vergleiche USDOS 19.4.2013). Laut dem Obersten Richter gab es 1,6 Millionen ausstehende Verfahren (USDOS 19.4.2013). Trotz der Annahme der "National Judicial Policy" 2009 blieb der Rückstand an Fällen auf allen Ebenen hoch, die Probleme der Korruption und Inkompetenz in den Gerichten weiterhin verbreitet (HRW 31.1.2013) und der Zugang zur Gerichtsbarkeit kostenintensiv und schwierig (AA 2.11.2012; vergleiche HRW 31.1.2013). Schließlich ist der Aufbau der Judikative mit unterschiedlichen Sondergerichten (z.B. Militär, Scharia, zur Bekämpfung des Terrorismus usw.) komplex und wird als nicht jedermann zugänglich empfunden (AA 2.11.2012).

Im Januar 2010 wurde der "Public Defender and Legal Aid Office Act (PDLAOA) 2009" verabschiedet. Das Gesetz soll insbesondere sicherstellen, dass alle Angeklagten unabhängig von ihren finanziellen Möglichkeiten gleichermaßen Zugang zu einem Rechtsbeistand vor Gericht und, soweit notwendig, Anspruch auf Armenrecht haben. Eine Implementierung des Gesetzes steht allerdings bislang noch aus (AA 2.11.2012).

Bei der Bearbeitung von unpolitischen Fällen werden der Hohe Gerichtshof und der Oberste Gerichtshof durch Medien und Öffentlichkeit generell als zuverlässig eingestuft (USDOS 19.4.2013). Der in den vergangenen Jahren durch die hartnäckige Verfolgung von Korruptionsvorwürfen aufgefallene Oberste Richter am Supreme Court of Pakistan, Justice Iftikar Chaudhry, scheint inzwischen auch ranghohe Angehörige des pakistanischen Militärs und Geheimdienstes nicht mehr zu schonen. Erstmals in der facettenreichen Justizgeschichte Pakistans wird die de facto Immunität von Armee- und Militärvertretern aufgehoben und - mit dem früheren Chef des pakistanischen Geheimdienstes (ISI) sowie dem früheren Oberbefehlshaber der pakistanischen Armee - Generälen in aller Öffentlichkeit der Prozess gemacht (HSS 10.10.2012). Im Juni 2012 entließ der Oberste Gerichtshof in einer kontroversen Entscheidung darüber hinaus Premierminister Gilani aufgrund der Weigerung an die Schweizer Behörden einen Aufruf zur Untersuchung von Korruptionsvorwürfen gegen Präsident Zardari zu übermitteln. Der Supreme Court war im Aufgreifen der Thematik von Regierungsmissbräuchen in Belutschistan aktiv. Allerdings wurde kein hoher Militär dafür zur Verantwortung gezogen. Der Gebrauch von suo motu [auf eigene Veranlassung] Gerichtsverfahren durch den Supreme Court war exzessiv. Der Oberste Gerichtshof und die Oberen Provinzgerichte begegneten Medienkritik mit Androhungen eines "Missachtung des Gerichts" Verfahrens (HRW 31.1.2013).

Im Zivil-, Kriminal- und Familiengerichtssystem gibt es öffentliche Verhandlungen, es gilt die Unschuldsvermutung, und es gibt die Möglichkeit einer Berufung. Angeklagte haben das Recht auf Anhörung und der Konsultation eines Anwalts. Die Kosten für die rechtliche Vertretung vor den unteren Gerichten muss der Angeklagte übernehmen, in Berufungsgerichten kann ein Anwalt auf öffentliche Kosten zur Verfügung gestellt werden. Angeklagte können Zeugen befragen, eigene Zeugen und Beweise einbringen und haben rechtlichen Zugang zu den Beweisen, die gegen sie vorgebracht werden (USDOS 19.4.2013).

Gerichte versagen oft dabei, die Rechte religiöser Minderheiten zu schützen. Gesetze gegen Blasphemie werden diskriminierend gegen Christen, Ahmadis und andere religiöse Minderheiten eingesetzt. Untere Gerichte verlangen oft keine ausreichenden Beweise in Blasphemiefällen, und einige Angeklagte oder Verurteilte verbringen Jahre im Gefängnis, bevor ein höheres Gericht ihre Freilassung anordnet oder ihren Schuldspruch aufhebt (USDOS 19.4.2013).

In Pakistan, insbesondere in feudalen und von Stämmen bewohnten Gebieten, existiert ein informelles, paralleles Rechtssystem, das Jirga und Panchayat System [Informelle Versammlungen von Älteren, welche über Dispute entscheiden]. Es hat keine rechtliche Deckung und man kann dagegen verfassungsrechtlich vorgehen. Viele Menschen in ländlichen Gegenden machen aber davon Gebrauch, da sie den Gerichten oder der Polizei misstrauen (Dawn 29.3.2013). Die Panchayats oder Jirgas werden von feudalen Landherren und lokalen Führern in Sindh und Punjab und Stammesführer in paschtunischen und belutschischen Gebieten, manchmal auch in Missachtung des Rechtssystems, abgehalten (USDOS 19.4.2013).

Die Gesetzeslage hinsichtlich der Jirgas ist jedoch unklar. Erkenntnisse des Supreme Courts und anderer Gerichte haben sie für illegal erklärt. Sie haben jedoch nicht definiert, was eine Jirga ausmacht und keine Strafen für die Teilnahme an einer solchen Ratssitzung festgelegt. Im pakistanischen Gesetzbuch existiert kein spezifisches Gesetz, das Jirgas verbieten würde. Jirgas sprechen regelmäßig Urteile aus, die selbst ein Verbrechen darstellen, wie die Erlaubnis, jemanden zu töten. Trotzdem scheuen sich die Behörden oft, gegen diese Räte vorzugehen, weil sie Stammesgemeinschaften in ihren Traditionen nicht verärgern wollen. Menschenrechtsaktivisten treten stark für eine Strafbarkeit der Teilnahme an Jirgas, die widerrechtliche Urteile und Strafen aussprechen, ein. Im März 2012 hielt der Oberste Richter des Verfassungsgerichtshofs die Führung der Provinzpolizei an, gegen Jirgas vorzugehen, die Zwangsheiraten als Kompensation anordneten (LAT 1.8.2012).

Zunehmend geht die Justiz gegen die Jahrhunderte alte Tradition der Jirgas oder Panchayats vor. Im Großteil des Landes werden Jirgas toleriert, aber nicht anerkannt durch die formalen Gerichte. Jirga Entscheidungen sind rechtlich nicht bindend - außer in den Stammesregionen an der afghanischen Grenze [FATA], solange sie nach den Gesetzen dieser Region gefällt werden - aber werden für gewöhnlich durch die Dorfgemeinschaft umgesetzt. Jirga Entscheidungen werden meist besser befolgt als solche von Gerichten. Wenn man nicht gehorcht, muss man das Dorf verlassen. In den letzten Jahren haben Richter begonnen, die Entscheidungen der meistens konservativen und nur von Männern abgehaltenen Jirgas zu untersuchen, allen voran Bestrafungen wie Tod, Vergewaltigung oder erzwungene Kinderheiraten. Richter gehen immer öfter gegen Jirgas vor, auch weil Medien sehr viel darüber berichten. Außerdem wenden sich immer mehr Menschen auch an die Gerichte, weil sie von erfolgreichen Verfahren gegen Jirgas hören. Seit 2005 wurden 60 Fälle der seit 2004 verbotenen, allerdings weiterhin verbreiteten Zwangsehen aufgehoben. Da viele Pakistanis allerdings Jirgas unterstützen, weil sie diesen eher vertrauen als den Gerichten, meinen einige NGOs, man müsste deren System verbessern und die Strafmöglichkeiten einschränken, anstatt sie zu verbieten (Reuters 14.3.2013).

Die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes und der Hohen Gerichte ist für einige Gebiete, die andere juristische Systeme haben, nicht zuständig (USDOS 19.4.2013).

Quellen:

AA - Auswärtiges Amt (2.11.2012): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Pakistan vom 2.11.2012

Dawn (29.3.2013): Jirga system and plight of women, http://dawn.com/2013/03/29/jirga-system-and-plight-of-women/, Zugriff 23.9.2013

HRW - Human Rights Watch (31.1.2013): World Report 2013 - Pakistan, http://www.ecoi.net/local_link/237129/360003_de.html, Zugriff 15.10.2013

HSS - Hanns-Seidel-Stiftung (10.10.2012): Quartalsbericht, Pakistan III/2012,

http://www.hss.de/fileadmin/media/downloads/QB/Pakistan_QB_2012_III.pdf, Zugriff 27.8.2013

LAT - Los Angeles Times (1.8.2012): Pakistan's tribal justice system: Often a vehicle for revenge, http://articles.latimes.com/2012/aug/01/world/la-fg-pakistan-jirga-justice-20120801, 23.9..2013

Reuters (14.3.2013): In Pakistan, ancient and modern justice collide,

http://in.reuters.com/article/2013/03/13/pakistan-jirgas-idINDEE92C0HM20130313, Zugriff 23.9.2013

USDOS - US Department of State (19.4.2013): Country Report on Human Rights Practices 2012 - Pakistan, http://www.refworld.org/docid/517e6df418.html, Zugriff 15.10.2013

Sicherheitsbehörden, inkl. Dokumente

Die polizeilichen Zuständigkeiten sind zwischen nationalen und regionalen Behörden aufgeteilt. Die Bundespolizei (Federal Investigation Agency, FIA) ist dem Innenministerium unterstellt. Sie ist zuständig für die Bereiche Einwanderung; organisierte Kriminalität; Interpol; Terrorismus- und Rauschgiftbekämpfung. Die Abteilung zur Terrorismusbekämpfung innerhalb der FIA ist der Counter Terrorism Wing (CTWI). In diesem Bereich sind auch die pakistanischen Geheimdienste ISI [Inter-Services Intelligence] und IB [Intelligence Bureau] aktiv. Die Rauschgiftbekämpfungsbehörde ANF untersteht einem eigenen Ministerium, dem Ministry for Narcotics Control. Bei der Rauschgiftbekämpfung wirken allerdings auch andere Behörden (z.B. Custom oder Frontier Corps) mit, wobei die Kompetenzen nicht immer klar abgegrenzt sind. Die einzelnen Provinzen verfügen über eigene Verbrechensbekämpfungsbehörden. Gegenüber diesen Provinzbehörden ist die FIA nicht weisungsbefugt (AA 2.11.2012).

Die Effizienz der Arbeit der Polizeikräfte ist pro Bezirk sehr unterschiedlich und reicht von gut bis ineffizient. Einige Mitglieder der Polizei verübten Menschenrechtsverletzungen oder ließen sich von politischen Interessen beeinflussen (USDOS 19.4.2013). Die Menschenrechtsverletzungen, derer die Sicherheitskräfte werden sind weitreichend (AI 5.2013). In der Öffentlichkeit genießt die vor allem in den unteren Rängen schlecht ausgebildete, gering bezahlte und oft unzureichend ausgestattete Polizei kein Ansehen. Dazu trägt die extrem hohe Korruptionsanfälligkeit ebenso bei, wie häufige unrechtmäßige Übergriffe (2011 wurden bei 254 Polizeieinsätzen 337 Verdächtige getötet und 71 verletzt) und Verhaftungen sowie Misshandlungen von in Polizeigewahrsam genommenen Personen. Illegaler Polizeigewahrsam - 2010 wurden 174 Fälle bekannt - und Misshandlungen durch die Polizei gehen oft Hand in Hand, um den Druck auf die inhaftierte Person bzw. deren Angehörige zu erhöhen, durch Zahlung von Bestechungsgeldern eine zügige Freilassung zu erreichen. Die Polizeikräfte sind oftmals in lokale Machtstrukturen eingebunden und daher nicht in der Lage, unparteiische Untersuchungen durchzuführen. So werden häufig Strafanzeigen gar nicht erst aufgenommen und Ermittlungen verschleppt (AA 2.11.2012). Neben diesen Vorwürfen gibt es auch solche des "Verschwinden Lassens". In den Stammesgebieten im Nordwesten des Landes verzerren Sicherheitskräfte Gesetze um Gerichte zu umgehen (AI 5.2013). Bei Anti-Terror-Operationen verletzen Sicherheitskräfte regelmäßig Grundrechte, Verdächtige werden oft ohne Anklage verhaftet oder ohne fairen Prozess verurteilt. Die Armee verweigert Anwälten, Verwandten, unabhängigen Beobachtern und humanitärem Personal weiterhin den Zugang zu Personen, die bei Militäroperationen verhaftet wurden (HRW 31.1.2013).

Die Polizei versagt häufig dabei, Minderheitenangehörige, wie Christen, Ahmadis und Schiiten vor Attacken zu schützen. Das häufige Versagen darin, Missbräuche zu bestrafen, trägt zu einem Klima der Straflosigkeit bei. Interne Ermittlungen und Strafen können bei Missbräuchen vom Generalinspektor, den Bezirkspolizeioffizieren, den "Bezirks-Nazims" [~Bezirksleiter], Provinzinnenministern oder Provinzministerpräsidenten, dem Innenminister, dem Premierminister und den Gerichten angeordnet werden. Die Exekutive und Polizeibeamte können in solchen Fällen auch Kriminalstrafverfolgung empfehlen, und die Gerichte können eine solche anordnen. Diese Mechanismen werden in der Praxis auch manchmal eingesetzt. Es gab Verbesserungen bei der Professionalität der Polizei. Wie im Jahr zuvor führte die Regionalregierung des Punjab regelmäßige Aus- und Fortbildungen der technischen Fertigkeiten und zum Schutz der Menschenrechte auf allen Ebenen der Polizei durch (USDOS 19.4.2013).

Die Islamabad Capital Police richtete eine Menschenrechtseinheit ein, um die Einwohner zu ermutigen, über Menschenrechtsverletzungen zu berichten (persönlich, per Telefon-Hotline oder Email). Außerdem wurden in allen Polizeistationen Menschenrechtsoffiziere bzw. Ansprechpartner aus der Gemeinde postiert. Diese können Polizeistationen jederzeit besuchen, Gefangene befragen und bei Berichten über Missbräuche disziplinäre Maßnahmen empfehlen. Rechtsdurchsetzungsorgane der föderalen und der Provinzebenen besuchten Trainings zu Menschen-, Opfer- und Frauenrechten. Zwischen 2008 und 2010 hat die "Society for Human Rights and Prisoners' Aid" mehr als 2.000 Polizeioffiziere in Menschenrechtsthemen fortgebildet (USDOS 8.4.2011).

Ein "First Information Report" (FIR) ist die gesetzliche Grundlage für alle Inhaftierungen. Die Befähigung der Polizei, selbst einen FIR zu initiieren, ist begrenzt. Oft muss eine andere Person dies tun. Dabei ist es gleichgültig, ob plausible Beweise vorliegen. Ein FIR erlaubt der Polizei, einen Verdächtigen 24 Stunden festzuhalten. Eine Verlängerung der Untersuchungshaft um weitere 14 Tage ist nach Vorführung vor einen Polizeirichter möglich, wenn die Polizei triftige Gründe anführt, dass eine solche Verlängerung für die Ermittlungen unbedingt notwendig ist. Einige halten sich nicht an diese Beschränkung. Es gibt Berichte, dass Staatsorgane entweder einen FIR ohne Beweise ausstellten, oder aber erst nach dem Erhalt von Bestechungsgeld (USDOS 19.4.2013).

Die Zahl der [pakistanischen, in Deutschland] vorgelegten inhaltlich ge- oder verfälschten Dokumente ist hoch. Es ist in Pakistan problemlos möglich, ein (Schein-)Strafverfahren gegen sich selbst in Gang zu bringen, in dem die vorgelegten Unterlagen (z.B. "First Information Report" oder Haftverschonungsbeschluss) echt sind, das Verfahren in der Zwischenzeit aber längst eingestellt wurde. Verfahren können zum Schein jederzeit durch einfachen Antrag wieder in Gang gesetzt werden. Ebenso ist es ohne große Anstrengungen möglich, Zeitungsartikel, in denen eine Verfolgungssituation geschildert wird, gegen Bezahlung oder aufgrund von Beziehungen veröffentlichen zu lassen (AA 2.11.2012).

Quellen:

AA - Auswärtiges Amt (2.11.2012): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Pakistan

AI - Amnesty International (5.2013): Annual Report 2013, The state of the world's human rights, Pakistan, http://www.amnesty.org/en/region/pakistan/report-2013, Zugriff 2.9.2013

HRW - Human Rights Watch (31.1.2013): World Report 2013 - Pakistan, http://www.ecoi.net/local_link/237129/360003_de.html, Zugriff 15.10.2013

USDOS - US Department of State (19.4.2013): Country Report on Human Rights Practices 2012 - Pakistan, http://www.refworld.org/docid/517e6df418.html, Zugriff 15.10.2013

USDOS - US Department of State (8.4.2011): Country Report on Human Rights Practices 2010 - Pakistan, http://www.refworld.org/docid/4da56d9c8e.html, Zugriff 15.10.2013

Folter und unmenschliche Behandlung

Die Verfassung verbietet Folter und andere grausame und unmenschliche oder degradierende Behandlung, aber es gab Berichte, dass Sicherheitskräfte, darunter die Geheimdienste, Personen in der Haft folterten und misshandelten. Gelegentlich führte Folter zum Tod oder zu schweren Verletzungen (USDOS 19.4.2013). So ist zu vermuten, dass bei den 2011 in Haft verstorbenen 92 Strafgefangenen in der Mehrzahl der Fälle Folter zum Tod beigetragen hat oder sogar die Todesursache gewesen ist. Folter ist im Polizeigewahrsam, aber auch in Gefängnissen weit verbreitet. Sie findet u.a. auch Anwendung, um bei polizeilichen Ermittlungen Geständnisse oder Kooperation zu erzwingen. In Fällen mit terroristischem Hintergrund oder von Landesverrat sind Berichte über die Anwendung von Folter durch die Sicherheitsdienste häufig; sie entziehen sich häufig der gerichtlichen Kontrolle. Unter Folter erzwungene Geständnisse werden zwar als Beweismittel vor Gericht grundsätzlich nicht zugelassen; dies gilt allerdings nicht nach dem Gesetz zur Bekämpfung des Terrorismus für Geständnisse gegenüber ranghohen Beamten und Offizieren. 2010 wurden 521 Fälle bekannt, in denen Frauen Opfer von Misshandlungen in Polizeigewahrsam wurden (AA 2.11.2012).

Im Gesetz gibt es keinen speziellen Abschnitt gegen Folter; es sanktioniert nur "Verletzen" und enthält keine Hinweise auf eine Bestrafung von Folterern. Laut der Asian Human Rights Commission trägt das Fehlen eines angemessenen Beschwerdezentrums und einer speziellen Sektion im Strafgesetzbuch gegen Folter zur Verbreitung bei (USDOS 19.4.2013). Folter wird von der Regierung offiziell verurteilt, doch ist die Strafverfolgung landesweit generell so unzureichend, dass es bisher selbst in Fällen von Folter mit Todesfolge so gut wie nie zu einer Verurteilung der Täter gekommen ist. In einer Reihe von Fällen wurde eine Strafanzeige erst nach gerichtlicher Intervention durch die Angehörigen der Opfer von der Polizei registriert. In einigen wenigen Fällen wurden Verantwortliche vom Dienst suspendiert und Untersuchungen angeordnet, an deren Ende aber in der Regel lediglich die Versetzung der Beschuldigten an eine andere Dienststelle stand. Die Gerichtsbarkeit unternimmt erst seit 2006 größere Anstrengungen, um Fälle von Folter aufzuklären und gegen die Verantwortlichen Strafverfahren einzuleiten (AA 2.11.2012).

Quellen:

AA - Auswärtiges Amt (2.11.2012): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Pakistan

USDOS - US Department of State (19.4.2013): Country Report on Human Rights Practices 2012 - Pakistan, http://www.refworld.org/docid/517e6df418.html, Zugriff 15.10.2013

Korruption

Die Korruption in allen Bereichen der öffentlichen Verwaltung, der Justiz und bei den Sicherheitsorganen ist weiterhin endemisch (AA 2.11.2012). Im Transparency International Corruption Perceptions Index 2012 nimmt Pakistan den 139. Platz von 174 Ländern ein (TI 5.12.2012).

Korruption ist bei den unteren Ebenen der Polizei üblich. Eine Umfrage von Tranparency International vom Juli 2010 besagt, dass der Hauptgrund für Korruption ein Mangel an Rechenschaftspflicht, gefolgt von niedrigen Gehältern, war. Einige Polizeiangehörige verlangen für die Annahme von Beschwerden Gebühren, oder sie nehmen falsche Beschwerden gegen Bestechungsgeld auf. Die Zahlung von Bestechungsgeld zur Vermeidung von Strafen ist üblich. Es gibt auch Einzelberichte zu Korruption im Gerichtssystem, wie etwa zu kleineren Zahlungen an Angestellte zur Beschleunigung von Verfahren. Die Gerichte unterer Instanzen sind korrupt. Korruption ist bei Politikern und in der Regierung weit verbreitet, verschiedene Politiker sind mit Korruptionsvorwürfen konfrontiert (USDOS 19.4.2013).

Das Gesetz sieht strafrechtliche Konsequenzen für Korruption von Staatsangestellten vor, jedoch wurde das Gesetz im Berichtszeitraum nicht effektiv umgesetzt und Behördenvertreter waren häufig ungestraft in korrupte Praktiken verstrickt. Die Nationale Rechenschaftsbehörde (NAB) dient als höchste Antikorruptionsorganisation mit einem Mandat um Korruption durch Vollstreckung, Bewusstseinsbildung und Prävention zu eliminieren (USDOS 19.4.2013).

Nachdem eine noch unter Musharraf eingeführte Amnestie aus dem Jahr 2007 unter anderem für Korruptionsanschuldigungen für die Zeit zwischen 1986 und 1999 vom Obersten Gerichtshof 2009 aufgehoben wurde, eröffnete dieser 8000 Fälle, unter anderem gegen [bis zu den Wahlen amtierende] Präsidenten, Minister und Parlamentarier. Im November 2012 kam die Regierung der Anordnung des Obersten Gerichts nach, an die Schweizer Behörden ein Amtshilfeersuchen über verschobene Gelder zu richten (USDOS 19.4.2013). Im Juni 2012 entließ der Oberste Gerichtshof in einer kontroversen Entscheidung Premierminister Zardari aufgrund der Weigerung an die Schweizer Behörden einen Aufruf zur Untersuchung von Korruptionsvorwürfen in Bezug auf Präsident Gilani zu übermitteln (HRW 31.1.2013).

Der durch die hartnäckige Verfolgung von Korruptionsvorwürfen aufgefallene Oberste Richter am Supreme Court of Pakistan, Justice Iftikar Chaudhry, eröffnete auch gegen den früheren Chef des pakistanischen Geheimdienstes (ISI) bzw. den früheren Oberbefehlshaber der pakistanischen Armee den Prozess (HSS 10.10.2012).

Das Gesetz erlaubt den Bürgern Zugang zu allen öffentlichen Berichten der föderalen Regierung und Behörden, nicht inkludiert sind Provinzregierungen und staatliche Firmen. Einige Berichte sind davon ausgenommen (USDOS 19.4.2013).

Quellen:

AA - Auswärtiges Amt (2.11.2012): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Pakistan

HRW - Human Rights Watch (31.1.2013): World Report 2013 - Pakistan, http://www.ecoi.net/local_link/237129/360003_de.html, Zugriff 15.10.2013

HSS - Hanns-Seidel-Stiftung (10.10.2012): Quartalsbericht, Pakistan III/2012,

http://www.hss.de/fileadmin/media/downloads/QB/Pakistan_QB_2012_III.pdf, Zugriff 27.8.2013

TI - Transparency International (5.12.2012): Corruption Perceptions Index 2012, http://www.transparency.org/cpi2012/results, Zugriff 26.8.2013

USDOS - US Department of State (19.4.2013): Country Report on Human Rights Practices 2012 - Pakistan, http://www.refworld.org/docid/517e6df418.html, Zugriff 15.10.2013

Nichtregierungsorganisationen (NGOs)

Menschenrechtsorganisationen können sich in Pakistan betätigen (AA 2.11.2012). Nationale und internationale Menschenrechtsorganisationen operieren ohne Behinderung seitens staatlicher Stellen, führen Untersuchungen von Menschenrechtsverletzungen durch und veröffentlichen deren Ergebnisse. Andere Gruppen, die über Themen in Zusammenhang mit Regierung, Militär oder Geheimdienste berichten, sind in ihren Aktivitäten mit Restriktionen konfrontiert (USDOS 19.4.2013).

In den letzten Jahren sind die Aktivitäten der Zivilgesellschaft wieder aufgeblüht und haben viel Aufmerksamkeit erhalten. Die Anzahl von lokalen, nationalen und internationalen NGOs ist stark angewachsen. Es gibt ein breites Spektrum - von international vernetzten Frauenrechts- bis zu eher konservativ-religiösen Organisationen. Bereits die Musharraf Administration suchte aktiv die Hilfe von Frauenrechtsorganisationen wie der Aurat Foundation oder der Shirkat Gah, um fortschrittlichere Gesetze wie die Frauenschutzverordnung von 2006 zu entwickeln. Lokale religiöse Gruppen intervenieren aber auch gegen Änderungen in den Blasphemiegesetzen (FH 4.11.2011). Laut dem aufgelösten Ministerium für soziale Wohlfahrt und Sonderpädagogik gibt es in Pakistan über 100.000 aktive NGOs. Die genaue Zahl ist aber unklar (USDOS 19.4.2013).

Weiblichen Mitarbeiterinnen von Hilfsorganisationen wird in vielen Teilen des Landes vorgeworfen, sich nicht an die kulturellen Normen zu halten, weil sie z.B. keinen Schleier tragen, andere Frauen zum Arbeiten ermutigen oder zusammen mit Männern arbeiten. Organisationen, welche sich für die Rechte der Frauen einsetzen sind mit besonderen Herausforderungen konfrontiert (USDOS 19.4.2013). In der pakistanisch verwalteten Kaschmirregion (Azad Kaschmir und Gilgit-Baltistan) können Nichtregierungsorganisationen, die zu humanitären Themen arbeiten, im allgemeinen frei agieren, während jene, welche sich auf politische oder Menschenrechtsthemen fokussieren mehr Kontrolle und gelegentlich auch Belästigungen erfuhren (FH 1.2013).

Visa für regierungskritische ausländische Mitarbeiter von Hilfsorganisationen wurden verzögert oder blockiert. Nur wenige NGOs hatten Zugang zu Khyber Pakhtunkhwa, FATA und Teilen Belutschistans. Regierungsstellen sind manchmal kooperativ, reagieren aber nur wenig auf die Ansichten dieser Gruppen. Sicherheitsbedrohungen sind für NGOs in FATA und Khyber Pakhtunkhwa ein Problem. Militante töteten zwischen 2009 und Ende 2012 mindestens 19 Mitarbeiter von Hilfsorganisationen und entführten mehr als 20 (USDOS 19.4.2013).

Die Situation unterscheidet sich in Pakistan sowohl regional, als auch für die einzelnen Menschenrechtsorganisationen, je nachdem wie groß ihr Bekanntheitsgrad ist. Die Human Rights Commission of Pakistan (HRCP) ist international stark vernetzt und bekannt, sie genießt auch in Pakistan Anerkennung, und damit Schutz. Die Arbeit ist somit für sie leichter. Kleine, unbekanntere Organisationen sind verletzlicher. An und für sich können Menschenrechtsorganisationen, insbesondere große wie HRCP, und Medien frei schreiben und tun dies auch. Es gibt viele Menschenrechtsorganisationen in Pakistan. In den Konfliktgebieten ist die Arbeit allerdings schwierig, hier erhalten Organisationen Drohungen von Militanten und es kommt auch in Einzelfällen zu Morden an Menschenrechtsaktivisten und Journalisten. 3 Mitarbeiter der HRCP wurden 2012 getötet, 2 in Belutschistan und 1 in Khyber Pakhtunkhwa (BAA 6.2013). Auch 2011 wurden drei Mitarbeiter der HRCP ermordet. Aufgabe der angesehenen NGO HRCP ist die Aufklärung und Bekämpfung von Menschenrechtsverletzungen jeder Art. In allen Landesteilen gibt es Provinzbüros und freiwillige Helfer, die Menschenrechtsverletzungen anzeigen oder ihnen angezeigte Fälle aufnehmen, Fakten sammeln und gegebenenfalls die Fälle der Justiz zuführen. Speziell für bessere Haftbedingungen und die Begnadigung von zum Tode Verurteilten sowie für die Suche nach vermissten Personen setzt sich z.B. der im Jahre 1980 gegründete Ansar Burney Welfare Trust International ein (AA 2.11.2012).

Quellen:

AA - Auswärtiges Amt (2.11.2012): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Pakistan

BAA - Bundesasylamt (6.2013): Bericht zur Fact Finding Mission Pakistan vom 8-16.3.2013 mit den Schwerpunkten Sicherheitslage, Religiöse Minderheiten Landrechte Medizinische und soziale Versorgung, Afghanische Flüchtlinge

FH - Freedom House (4.11.2011): Countries at the Crossroads 2011 - Pakistan,

http://www.freedomhouse.org/sites/default/files/inline_images/Pakistan%20final.pdf, Zugriff 15.10.2013

FH - Freedom House 1.2013 Freedom in the World 2013, Pakistani Kashmir,

http://www.freedomhouse.org/report/freedom-world/2013/pakistani-kashmir, Zugriff 24.10.2013

USDOS - US Department of State (19.4.2013): Country Report on Human Rights Practices 2012 - Pakistan, http://www.refworld.org/docid/517e6df418.html, Zugriff 15.10.2013

Ombudsmann

Es gibt einen Ombudsmann für Häftlinge mit einem Zentralbüro in Islamabad und einem in jeder Provinz. Obwohl ein Beschwerdesystem für Gefangene existiert, um Missstände aufzuzeigen, funktioniert dieses nicht effektiv (USDOS 19.4.2013).

Für Beschwerden gegen Menschenrechtsverletzung sind in den verschiedenen Provinzen Büros des Ombudsmannes eingerichtet, diese wurden in den letzten Jahren erweitert. Durch das neue Gesetz gegen sexuelle Belästigung wurde auch eine Ombudsperson gegen die Belästigung von Frauen am Arbeitsplatz eingerichtet, mit Büros in jeder Provinz (BAA 6.2013).

Quellen:

BAA - Bundesasylamt (6.2013): Bericht zur Fact Finding Mission Pakistan vom 8-16.3.2013 mit den Schwerpunkten Sicherheitslage, Religiöse Minderheiten Landrechte Medizinische und soziale Versorgung, Afghanische Flüchtlinge

USDOS - US Department of State (19.4.2013): Country Report on Human Rights Practices 2012 - Pakistan, http://www.refworld.org/docid/517e6df418.html, Zugriff 15.10.2013

Allgemeine Menschenrechtslage

Pakistan hat im Juni 2010 den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte sowie die Konvention gegen Folter ratifiziert. Nach der Ratifikation des Internationalen Pakts über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte im April 2008 hat Pakistan damit eine Reihe wichtiger menschenrechtlicher Kodifikationen ratifiziert (AA 10.2013a).

Der Schutz der Menschenrechte ist in der Verfassung verankert. Kapitel 1, Teil römisch II der Verfassung ist den Grundrechten gewidmet. Artikel 4, Paragraphen eins und 2 der Verfassung garantieren den Schutz der körperlichen Unversehrtheit und Selbstbestimmung, die nur auf der Basis der geltenden Gesetzgebung eingeschränkt werden dürfen, den Schutz vor willkürlicher Verhaftung, des persönlichen Ansehens sowie das Recht auf Freiheit und Eigentum. Artikel 9, der Verfassung verbietet willkürliche Verhaftungen und Tötungen ohne gesetzliche Grundlage (die Todesstrafe ist nach wie vor in Pakistan nicht abgeschafft). Artikel 24, Absatz 2, garantiert den Schutz vor willkürlicher Enteignung persönlichen Eigentums und Artikel 25, Paragraph eins, die Gleichheit aller Bürger vor dem Gesetz. Artikel 25, Paragraph 2, der Verfassung verbietet Diskriminierung auf Grund des Geschlechts. Zwischen Verfassungsanspruch und Wirklichkeit besteht eine erhebliche Diskrepanz (AA 2.11.2012, vergleiche AA 10.2013a).

Seit der Rückkehr zur Demokratie 2008 hat sich die Menschenrechtslage in Pakistan leicht verbessert, bleibt aber kritisch. Menschenrechtsverletzungen werden vom Staat in der Regel nicht angeordnet oder initiiert, die pakistanische Regierung bekennt sich zu den Menschenrechten. Es gelingt ihr aber aufgrund schwacher staatlicher Institutionen, auch im Justizbereich, oftmals nicht, Menschenrechtsverletzungen aufzuklären, Rechtsbrecher zur Verantwortung zu ziehen und gefährdete Personengruppen zu schützen (AA 2.11.2012). Auch die seit dem Ende der Militärherrschaft wiedererstarkte Judikative ist bisher noch nicht in der Lage gewesen, einen besseren gerichtlichen Schutz der Menschenrechte zu gewährleisten. In jüngerer Zeit bildet sich in den Städten eine bürgerliche Mittelschicht heraus, die zunehmend politisches Selbstbewusstsein entfaltet. Es ist dieser Teil der Gesellschaft, der die Anwaltsbewegung getragen hat, die sich schließlich erfolgreich für die Wiedereinsetzung des unter Präsident Musharraf 2007 abgesetzten Obersten Richters Iftikhar Chaudhry und eine unabhängige Justiz eingesetzt und damit den Rückzug Musharrafs eingeleitet hat (AA 10.2013a).

In der Menschenrechtsgesetzgebung ist es seit Ende 2011 v.a. im Bereich der Frauenrechte zu erkennbaren Fortschritten gekommen, diese wurden bislang aber nur teilweise umgesetzt (AA 10.2013a). Im Dezember 2008 wurde von der Regierung ein Gesetzentwurf zur Wiedereinrichtung einer staatlichen Menschenrechtskommission eingebracht. Am 4. Mai 2012 wurde das Gesetz zur Gründung der (unabhängigen, staatlich finanzierten) National Commission for Human Rights im Parlament verabschiedet (AA 2.11.2012). Das Gesetz sieht eine Kommission von 10 Mitgliedern vor, denen ein Richter vom Obersten Gerichtshof oder ein Menschenrechtsexperte vorsteht, ein Sitz ist für Frauen, einer für religiöse Minderheiten reserviert (USDOS 19.4.2013). Die Kommission soll die Kompetenz bekommen jede Institution für Menschenrechtsverbrechen zur Verantwortung ziehen zu können (USDOS 20.5.2013). Die Kommission ist zwar staatlich finanziert, soll aber unabhängig agieren können. Ihre Aufgabe ist die Untersuchung von Menschenrechtsverletzungen; die Kommission soll zudem Empfehlungen an die zuständigen Regierungsbehörden oder Gerichte aussprechen (AA 2.11.2012).

Die größten Probleme im Bereich Menschenrechte stellen extralegale Tötungen, "Verschwinden lassen" von Personen und Folter durch Sicherheitskräfte dar. Weitere Menschenrechtsprobleme sind unter anderem schlechte Haftbedingungen, außergerichtliche Haft, ein schwaches Kriminalstrafsystem, ein Mangel an juristischer Unabhängigkeit in den Gerichten unterer Instanzen, Korruption, Verletzung der Religionsfreiheit der Minderheiten, verschiedene Formen schwerwiegender Gewalt gegen Frauen, wie Ehrverbrechen sowie Diskriminierung. Gewalt und religiöse Intoleranz durch militante Organisationen tragen in einigen Teilen des Landes - in erster Linie Belutschistan, Khyber Pakhtunkhwa und FATA - zu einer Kultur der Gesetzlosigkeit bei (USDOS 19.4.2013).

Fälle von "Verschwinden lassen" (Journalisten, Aktivisten, Terrorverdächtige oder Stammesführer) durch die Sicherheitskräfte stammen überwiegend aus der Zeit der Militärdiktatur, kommen aber immer noch vor. 2011 hat die Menschenrechtskommission 62 neue Fälle registriert, davon 35 in Belutschistan und 20 in Sindh. Die im Jahre 2011 eingesetzte Commission on Missing Persons gibt an, dass 83 Personen wieder aufgefunden werden konnten (AA 2.11.2012).

Regierung und vor allem Justiz bemühen sich, Menschenrechtsverletzungen aus der Zeit der Militärherrschaft aufzuklären. Der Oberste Gerichtshof hat sich seit Anfang Januar 2010 der Thematik der "verschwundenen Personen" angenommen und damit Regierung und Sicherheitskräfte unter Druck gesetzt, die Aufklärung der ungeklärten Fälle zu beschleunigen (AA 2.11.2012). Der Oberste Gerichtshof erreichte durch ein beispielloses Vorgehen, 2012 einen noch nie dagewesenen Zugang zu einigen Opfern des Verschwinden Lassens. Ab Februar 2012 erschienen einige Entführte aus Belutschistan vor Gericht. Der Präsident des Obersten Gerichtshofs drohte den Mitarbeitern der Strafverfolgungsbehörden mit Haft, sollten sie keine rechtlichen Grundlagen für die Inhaftierungen in Belutschistan vorweisen können. Das Obere Gericht in Peschawar übte Druck auf die Behörden aus, die genauen Daten aller Häftlinge anzugeben, die in den nordwestlichen Stammesgebieten in "Sicherheitshaft" gehalten wurden. Kein aktiver oder ehemaliger Angehöriger der Sicherheitskräfte wurde wegen mutmaßlicher Verwicklung in diese oder andere Menschenrechtsverletzungen vor Gericht gestellt. Es gab allerdings weiterhin Berichte von Fällen von "Verschwinden lassen" im Land, insbesondere in Belutschistan und den nord-westlichen Stammesgebieten, wofür niemand vor Gericht gestellt wurde. Die UN Arbeitsgruppe zu erzwungenen Verschwinden durfte ihren ersten Besuch im Land abhalten, allerdings weigerten sich wichtige Amtsträger sich mit ihr zu treffen (AI 5.2013). Berichte zu außergerichtlichen Verhaftungen, in einigen Fällen mit Folter und Todesfällen sowie Fälle von "Verschwinden lassen" gibt es auch aus der pakistanisch verwalteten Kaschmir Region (FH 1.2013).

Außergerichtliche Tötungen kommen vor allem in Form der so genannten "police encounters" vor, d.h. bei Zusammenstößen zwischen mutmaßlichen Straftätern und der Polizei, die mit dem Tod des mutmaßlich Straffälligen enden. Als Begründung führt die Polizei regelmäßig an, dass die Opfer versuchten, aus dem Polizeigewahrsam zu flüchten oder bei ihrer Verhaftung von der Schusswaffe Gebrauch gemacht hätten. Willkürliche Festnahmen kommen insbesondere aufgrund der weit verbreiteten Korruption innerhalb der Polizei vor. Selbst bei offensichtlich unbegründeten Beschuldigungen kann eine lange Inhaftierung erfolgen, ohne dass es dabei zu einer Haftprüfung kommt. Beispiel hierfür sind die Blasphemiefälle. Die Regierung des Punjab hat verstärkt Haftprüfungen in den Gefängnissen der Provinz durchführen lassen, um bei Bagatelldelikten und überlanger Untersuchungshaft Abhilfe zu schaffen. Auch die Sicherheitsdienste greifen in Fällen mit terroristischem Hintergrund oder in Fällen von Landesverrat auf willkürlichen und rechtswidrigen Gewahrsam zurück (AA 2.11.2012).

Der Senat und die Ständigen Komitees der Nationalversammlung zu Recht, Justiz, Minderheiten und Menschenrechte hielten Anhörungen zu einer breiten Reihe von Problemen ab. Sie dienten als nützliches Forum, um das öffentliche Bewusstsein für solche Probleme zu wecken, doch ihre Tätigkeit war nicht viel mehr als eine breite Übersicht über die Problematiken (USDOS 19.4.2013).

Die Wahlen vom Mai 2013 brachten einen historischen Übergang von einer demokratisch gewählten Regierung zu einer anderen. Pakistan hat beeindruckende Fortschritte unter herausfordernden Umständen seit der Wiedererrichtung der Demokratie erreicht, um diese Fortschritte zu halten, so Human Rights Watch, muss Menschenrechtsverletzungen Einhalt geboten werden (HRW 23.8.2013).

Quellen:

AA - Auswärtiges Amt (2.11.2012): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Pakistan vom 2.11.2012, Stand: September 2012

AA - Auswärtiges Amt (10.2013a): Pakistan, Staatsaufbau/Innenpolitik,

http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Pakistan/Innenpolitik_node.html#doc344388bodyText3, Zugriff 14.10.2013

AI - Amnesty International (5.2013): Annual Report 2013, The state of the world's human rights, Pakistan, http://www.amnesty.org/en/region/pakistan/report-2013, Zugriff 2.9.2013

HRW - Human Rights Watch (23.8.2013): Pakistan: 10 Steps to Improve Human Rights,

http://www.hrw.org/news/2013/08/23/pakistan-10-steps-improve-human-rights, Zugriff 23.9.2013

FH - Freedom House 1.2013 Freedom in the World 2013, Pakistani Kashmir,

http://www.freedomhouse.org/report/freedom-world/2013/pakistani-kashmir, Zugriff 24.10.2013

USDOS - US Department of State (19.4.2013): Country Report on Human Rights Practices 2012 - Pakistan, http://www.refworld.org/docid/517e6df418.html, Zugriff 15.10.2013

USDOS - US Department of State (20.5.2013): International Religious Freedom Report for 2012 - Pakistan, http://www.ecoi.net/local_link/247481/371066_de.html, Zugriff 15.10.2013

Meinungs- und Pressefreiheit

Die Medienlandschaft ist breit und pluralistisch. In den letzten Jahren haben sich 75 private Fernsehsender neu etabliert, es gibt neue online-Magazine und neue Radiostationen. Selbst in den FATA an der Grenze zu Afghanistan gab es Ende 2011 trotz der schwierigen und gefährlichen Arbeitsbedingungen für Journalisten mindestens zwölf Presse-Clubs in Selbstorganisation mit dem Ziel, auch aus dieser Region die Medienberichterstattung zu verbessern. Die zahlreichen Medien können weitgehend frei berichten, Kritik an der Regierung ist möglich und verbreitet (AA 2.11.2012). Unabhängige Medien verleihen einer Vielzahl an Ansichten Ausdruck, Journalisten kritisieren oft die Regierung. Themen, über die früher nicht berichtet wurde (z.B. Verfolgung von Minderheiten), werden behandelt. Es gibt eine Vielzahl von unabhängigen englisch-, urdu- und regionalsprachigen Zeitung und Magazinen. Private Kabel- und Satellitenkanäle strahlen heimische Nachrichten aus und sind gegenüber der Regierung kritisch. Um in Azad Kaschmir zu publizieren, benötigt man eine Erlaubnis des Kaschmir Rates und des Ministeriums für Kaschmir Angelegenheiten (USDOS 19.4.2013).

Das Gesetz gewährt Rede- und Pressefreiheit, aber es gibt etwas Zensur. Es gab Fälle, bei denen die Regierung private Fernsehsender schloss, und die Ausstrahlung bestimmter Programme blockierte. Die diesbezüglichen Gesetze sind laut den Sendeanstalten vage und lassen Raum für Missbrauch. Außerdem führen Drohungen, Gewalt und Tötungen dazu, dass Journalisten und Redakteure Selbstzensur praktizieren (USDOS 19.4.2013). Ernste Drohungen von Sicherheitskräften und bewaffneten Gruppen gab es in erster Linie in Belutschistan, Sindh und den nordwestlichen Stammesgebieten (AI 5.2013). In Einzelfällen berichten Journalisten über Repressionen durch Regierungsstellen, dies betrifft vor allem Reaktionen auf Fälle von investigativem Journalismus gegenüber einzelnen Regierungsmitgliedern. Nicht geduldet wird auch eine ein bestimmtes Maß überschreitende Kritik an der Institution des Militärs oder den Sicherheitsdiensten. In diesen Fällen sehen sich Journalisten Repressionen ausgesetzt (AA 2.11.2012; vergleiche AI 5.2013). Ein Klima von Angst erschwert somit die Berichterstattung über das Militär und über militante Gruppen. Journalisten berichten selten über vom Militär begangene Menschenrechtsverletzungen bei Anti-Terroroperationen (HRW 31.1.2013; vergleiche USDOS 19.4.2013). Einschüchterungen oder Gewalt gehen auch von politischen Parteien aus (USDOS 19.4.2013).

Die Hauptgefahr für die Meinungsfreiheit und die freie Betätigung der Medien geht von nichtstaatlichen bewaffneten Gruppen wie den Taliban und mit ihnen verbündeten Gruppen sowie anderen religiös-extremistischen Gruppen aus. Sie setzen Morde, Entführungen und Einschüchterungen, auch gegenüber Familienangehörigen, ein, um missliebige Journalisten zu beseitigen oder mundtot zu machen. In von Taliban kontrollierten Gebieten ist eine Taliban-kritische Berichterstattung unmöglich, in den übrigen Landesteilen werden Taliban-kritische Journalisten gezielt bedroht und eingeschüchtert. Viele Journalisten aus der Provinz Khyber Pakhtunkhwa oder den FATA sind in die Städte Karachi, Lahore oder Islamabad geflohen und arbeiten von dort aus. Auch in Belutschistan ist die freie Betätigung der Presse sehr eingeschränkt und sehen sich Journalisten Drohungen und Einschüchterungen ausgesetzt. Urheber sind zumeist nichtstaatliche bewaffnete Gruppen oder kriminelle Banden. Insgesamt wurden 2011 landesweit mindestens zehn Journalisten getötet, vor allem in Belutschistan, Khyber-Pakhtunkhwa und den FATA (dort zwölf in den vergangenen zehn Jahren) (AA 2.11.2012; vergleiche USDOS 19.4.2013; HRW 31.1.2013).

Laut dem Committee to Protect Journalists wurden 2012 7 Journalisten in Pakistan getötet, laut Reportern ohne Grenzen 10, laut Asia Media Commission 13 (USDOS 19.4.2013). Laut HRW wurden acht Journalisten in Pakistan während des Jahres 2012 getötet. Dahingegen ging die Zahl an Einflussnahmen durch Behördenvertreter gegenüber regierungskritischen Journalisten auch dieses Jahr, wie jedes seit der Rückkehr zu einer Zivilregierung, weiter zurück (HRW 31.1.2013).

Artikel 19, der Verfassung garantiert die Meinungsfreiheit, stellt sie jedoch unter einen Gesetzesvorbehalt. Einschränkungen der Meinungsfreiheit sind danach zulässig zum Schutz der Integrität, Sicherheit oder Verteidigung von Pakistan oder zum Schutz des Islam ("in the interest of the glory of Islam") (AA 2.11.2012; vergleiche USDOS 19.4.2013). Die Blasphemiegesetze schränken die Rechte des Individuums auf freie Meinungsäußerung in Bezug auf religiöse Glaubenssätze ein. Politische Aktivitäten stehen unter Beobachtung der Regierung. Die Staatsbürger können die Regierung öffentlich oder privat kritisieren, doch Kritik am Militär ist eingeschränkt. Mitglieder von Studierendenorganisationen mit Kontakten zu politischen Parteien erzeugen eine Atmosphäre der Gewalt und Intoleranz, welche die akademische Freiheit ihrer Kommilitonen beeinträchtigt (USDOS 19.4.2013). In Azad Kaschmir sind politische Dissidenten Objekt von Überwachung, Belästigung und manchmal auch von Verhaftungen durch pakistanische Sicherheitskräfte (FH 1.2.3013).

Quellen:

AA - Auswärtiges Amt (2.11.2012): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Pakistan

AI - Amnesty International (5.2013): Annual Report 2013, The state of the world's human rights, Pakistan, http://www.amnesty.org/en/region/pakistan/report-2013, Zugriff 2.9.2013

FH - Freedom House 1.2013 Freedom in the World 2013, Pakistani Kashmir,

http://www.freedomhouse.org/report/freedom-world/2013/pakistani-kashmir, Zugriff 24.10.2013

HRW - Human Rights Watch (31.1.2013): World Report 2013 - Pakistan, http://www.ecoi.net/local_link/237129/360003_de.html, Zugriff 15.10.2013

USDOS - US Department of State (19.4.2013): Country Report on Human Rights Practices 2012 - Pakistan, http://www.refworld.org/docid/517e6df418.html, Zugriff 15.10.2013

Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit / Opposition

Die Versammlungsfreiheit wird durch die Verfassung garantiert, kann aber aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung eingeschränkt werden. Dies äußert sich teilweise durch die Anordnung von Sicherheitsverwahrung und durch massiven Gewalteinsatz der Polizei gegenüber Demonstranten. 2011 richtete sich eine wachsende Zahl von Demonstrationen gegen die sich ausweitende Energiekrise, einige Demonstrationen schlugen in Gewalt um. Nach Angaben der HRCP (Human Rights Commission of Pakistan) sollen bei der gewaltsamen Auflösung von Demonstrationen durch die Polizei 2011 mindestens zwölf Menschen ums Leben gekommen und 343 verletzt worden sein (AA 2.11.2012). Versammlungen von mehr als vier Personen können von den Distriktbehörden untersagt werden, wenn keine polizeiliche Genehmigung vorliegt. Das Gesetz erlaubt es der Regierung, alle Arten von Versammlungen, außer Begräbnisprozessionen, aus Sicherheitsgründen zu verbieten (USDOS 19.4.2013).

Das Recht auf Versammlungsfreiheit wird auch durch die Gefahr terroristischer Anschläge eingeschränkt, da der Staat nicht in der Lage ist, angemessenen Schutz zu gewähren (AA 2.11.2012).

Eine Einschränkung der politischen Opposition findet nicht statt. Politische Auseinandersetzungen werden jedoch vor allem in Karachi zum Teil gewalttätig ausgetragen (AA 2.11.2012).

Ein Maßnahmenpaket der Regierung zur Verbesserung der Situation in Belutschistan beinhaltet auch die Bereitschaft zum Dialog mit belutschischen Nationalisten. Dennoch ist es bislang noch zu keiner grundlegenden Verbesserung der politischen Situation in Belutschistan gekommen; die politisch motivierten Gewalttaten gehen weiter. 2011 wurde der Geltungsbereich der Political Parties Act auf die "Stammesgebiete" ("Federally Administered Tribal Areas", FATA) ausgedehnt. Seitdem dürfen - erstmals in der Geschichte Pakistans - politische Parteien dort aktiv werden (AA 2.11.2012). Der Geheimdienst Inter-Services Intelligence Directorate führt in der pakistanisch verwalteten Kaschmir Region ausführliche Überwachung, insbesondere von Unabhängigkeitsgruppen durch. Die Polizei unterdrückte in Azad Jammu und Kaschmir in den letzten Jahren regelmäßig Demonstrationen gegen die Regierung, in manchen Fällen auch mit Gewalt (FH 1.2013).

Die TTP (Pakistanische Taliban) warnte in der Vorwahlzeit vor Anschlägen auf "säkulare Parteien", wie das Muttahida Qaumi Movement (MQM), die Pakistan People's Party (PPP) und die Awami National Party (ANP) (Dawn 14.4.2013). Drohungen der Taliban schwächten die Wahlkampagnen von ANP, PPP, und MQM. Ein Sprecher der Taliban warnte in der Vorwahlzeit, dass pakistanische Wähler den Veranstaltungen dieser säkularen Parteien fern bleiben sollten. Die ANP, welche die Provinzregierungskoalition in Khyber Pakhtunkhwa führte, war am stärksten betroffen. Sie hat ihre Hauptbasis in Khyber Pakhtunkhwa, aber auch große Unterstützung in Karatschi. Alle drei Parteien waren in der Regierungskoalition. Die eingeschränkten Zugangsmöglichkeiten zu den Wählern machten es für diese Parteien schwierig ihre Unbeliebtheit, die sie während ihrer Regierungszeit erlangten, auszugleichen. Schränkte früher bei den Wahlen 2002 die Militärherrschaft säkulare Parteien ein - übernahmen dies bei den Wahlen 2013 die Taliban (BBC 5.4.2013). Die ANP musste herbe Verluste hinnehmen und errang nur einen Sitz in der Nationalen Versammlung, während es bei den Wahlen 2008 10 Sitze waren (TNI 14.5.2013). Durch die Nachwahl in einigen Distrikten gewann sie einen weiteren hinzu (Geo.Tv 23.8.2013).

Nach einem Anschlag mit Schusswaffen und Sprengstoff auf ein Büro der ANP im Gulshan-e-Bunair Gebiet im Juli in Karatschi schloss die ANP ihre Büros in der ganzen Stadt. 2 ANP Aktivisten wurden getötet. Die ANP hatte angenommen, dass nach den Wahlen keine Anschläge mehr folgen würden und die Sicherheitsvorkehrungen herunter gefahren (TET 23.7.2013). Die ANP ist eine Partei, die auf paschtunisch-ethnischer Zugehörigkeit basiert. Sie war Juniorpartner in der vorigen Föderalregierung und hielt die Macht in der Provinz Khyber Pakhtunkhwa. Über 100 ihrer Mitglieder wurden durch die Taliban seit 2008 getötet, sie ist das Hauptziel der Taliban unter den politischen Parteien (RFI 29.4.2013).

Quellen:

AA - Auswärtiges Amt (2.11.2012): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Pakistan

BBC (5.4.2013): Pakistan election: Taliban threats hamper secular campaign, http://www.bbc.co.uk/news/world-asia-22022951, Zugriff 16.9.2013

Dawn (14.4.2013): TTP attack kills ANP leader in Swat, injures candidate in Charsadda,

http://dawn.com/2013/04/14/anp-candidate-killed-in-swat-ied-blast/, Zugriff 30.9.2013

Geo.Tv (23.8.2013): By-polls - PML-N wins five NA seats, PPP three, PTI two,

http://www.geo.tv/article-114897-By-polls-PML-N-wins-five-NA-seats-PPP-three-PTI-two, Zugriff 9.10.2013

RFI - Radio France International (29.4.2013): Awami National Party - Pashtun party seeks national role, http://www.english.rfi.fr/asia-pacific/20130429-awami-national-party, Zugriff 16.9.2013

TET - The Express Tribune (23.7.2013): Awami National Party shuts down offices across Karachi following attack, http://tribune.com.pk/story/580512/awami-national-party-shuts-down-offices-across-karachi-following-attack/, Zugriff 16.9.2013

TNI - The News International (14.5.2013): Election results shock ANP workers and leaders alike,

http://www.thenews.com.pk/Todays-News-2-177237-Election-results-shock-ANP-workers-and-leaders-alike, Zugriff 8.10.2013

USDOS - US Department of State (19.4.2013): Country Report on Human Rights Practices 2012 - Pakistan, http://www.refworld.org/docid/517e6df418.html, Zugriff 15.10.2013

Haftbedingungen

Das Verhältnis der Zahl der Strafgefangenen zur Gesamtbevölkerung (geschätzt auf 164,6 Mio.) liegt bei 50:100.000 und ist damit gering. Ungefähr 74% der Häftlinge sind nicht zuletzt wegen der allgemein überlangen Verfahrensdauer Untersuchungshäftlinge; Mitte 2011 waren landesweit rund 1,35 Mio. unerledigte Strafverfahren anhängig. Dabei übersteigt die Dauer der Untersuchungshaft nicht selten das zu erwartende Strafmaß. Von der Möglichkeit, Untersuchungshäftlinge auf Kaution frei zu lassen, wird selten Gebrauch gemacht. Viele Untersuchungshäftlinge verfügen nicht über die finanziellen Möglichkeiten zur Stellung einer Kaution. Abhilfe soll hier der am 18.4.2011 vom Staatspräsidenten unterzeichnete Code of Criminal Procedure (Amendment) Act 2011 schaffen, der die Möglichkeiten der Entlassung von Untersuchungsgefangenen sowie von Strafgefangenen in überlangen Berufungsverfahren auf Kaution regelt (AA 2.11.2012).

Die Haftbedingungen sind oft sehr schlecht und entsprechen nicht internationalen Standards. Dies gilt verstärkt für Strafgefangene, die zum Tode verurteilt wurden. Nach Feststellung von UNODC und Human Rights Commission of Pakistan (HRCP) sind die Grundrechte der Strafgefangenen, insbesondere auf körperliche Unversehrtheit und Menschenwürde, nicht gewahrt. Menschenrechtsgruppen, welche die Haftbedingungen kontrollierten, fanden sexuellen Missbrauch, Folter und überlange Untersuchungshaft vor. Manchmal folterte und misshandelte die Polizei Personen in Haft und manchmal wurden außergerichtliche Tötungen durchgeführt (USDOS 19.4.2013). 2011 wurden mindestens 92 Todesfälle bei Strafgefangenen verzeichnet; mindestens 99 Strafgefangene wurden verletzt. Es gibt glaubhafte Berichte über Folterung und über erniedrigende Behandlung von Strafgefangenen. Entsprechend zahlreich waren auch 2011 Gefängnisrevolten; die pakistanische Menschenrechtskommission verzeichnet in ihrem Jahresbericht für 2011 sechs größere Gefängnisrevolten landesweit. Eine leichte Verbesserung gab es 2011 lediglich bei den Ausbildungsprogrammen für Strafgefangene. Gefangene, soweit sie nicht durch Bestechung des extrem korruptionsanfälligen Wachpersonals ihre Haftbedingungen verbessern können, sind in Blöcken mit ca. 50 Personen pro Schlafsaal inhaftiert. Betten und Matratzen sind nicht vorhanden und dürfen auch nicht mitgebracht werden. Die Gefangenen schlafen in Wolldecken eingewickelt auf dem Betonboden (AA 2.11.2012).

Unzureichende medizinische und Nahrungsversorgung in den Gefängnissen führte zu chronischen Gesundheitsproblemen und Unterernährung bei jenen, die nicht in der Lage waren, ihre Nahrung mit Hilfe von Familie oder Freunden zu ergänzen. Einrichtungen für Hygiene, Belüftung, Beleuchtung und Trinkwasserzugang waren inadäquat. Es existierte ein System für grundlegende medizinische Versorgung und Notfallversorgung aber dieses funktionierte nicht immer effektiv (USDOS 19.4.2013).

Haftanstalten sind chronisch überbelegt. Dies gilt insbesondere für die Gefängnisse im Punjab. Die landesweit 97 vorhandenen Einrichtungen sind für rund 42.000 Gefangene ausgelegt, tatsächlich waren dort aber rund 83.000 Personen (Stand Oktober 2009) untergebracht; die Überbelegungsquote liegt bei 194%. Mit Verabschiedung der "National Judicial Policy" 2009 wurde zwar versucht, u.a. durch konsequentere Anwendung der gesetzlichen Bestimmungen zur Entlassung auf Kaution und zur Bewährung das Problem der Überbelegung der Gefängnisse in den Griff zu bekommen; eine deutliche Verbesserung der Lage war aber auch 2011 noch nicht festzustellen. (AA 2.11.2012). Eine andere Quelle - SHARP, eine NGO für Gefängnisinsassen - schätzte, dass 97.850 Personen in Haft waren bei einer landesweiten Kapazität der Gefängnisse von 36.000. Zwar konnte die Zahl der Häftlinge durch Umsetzung der Justizpolitik von 2009 und die Abarbeitung von Fällen stark reduziert werden, allerdings blieb Überfüllung ein Problem (USDOS 19.4.2013).

Es gibt eigene Frauengefängnisse, bei gemischten Gefängnissen sind Frauen- und Männerabteilungen voneinander getrennt. Die Zahl der weiblichen Strafgefangenen belief sich 2011 auf rund 900, von denen 408 in Untersuchungshaft und 149 zum Tode verurteilt waren. Wenn auch nicht in gleichem Grad wie bei den übrigen Haftanstalten, gibt es auch in den Einrichtungen für Frauen schlechte Haftbedingungen unter unzureichenden hygienischen Bedingungen und mangelhafter medizinischer Versorgung (AA 2.11.2012).

Jugendliche Straftäter waren oft in den gleichen Einrichtungen untergebracht wie Erwachsene, allerdings in anderen Abteilungen, wobei diese aber in Kontakt kamen und sie oft Opfer von Gewalt, Missbrauch oder Vergewaltigung wurden (USDOS 19.4.2013). Jugendgefängnisse existieren nicht. 2011 gab es rund 1.200 jugendliche Strafgefangene; davon waren nur 125 (8,3%) rechtskräftig verurteilt (AA 2.11.2012).

Rechtlich ungeklärt ist die Lage der ca. 2.500 Gefangenen aus den militärischen Operationen im Swat-Tal und in Süd-Wasiristan, die sich in der Gewalt des Militärs befinden. Zum einen fehlt es an einer eindeutigen auf ihren Fall anwendbaren Strafgesetzgebung, zum anderen gibt es weder ordentliche Strafanstalten noch ein funktionierendes Justizwesen in den vom Militär befreiten Gebieten. Das Militär hat im Swat Tal zur Rehabilitation radikaler Moslems vier "Deradikalisierungszentren", zwei für Männer und je eins für Frauen und Heranwachsende, eingerichtet. In dreimonatigen Kursen werden psychiatrische Behandlung und religiöse Unterweisung angeboten (AA 2.11.2012).

Es gibt einen Ombudsmann für Häftlinge mit einem Zentralbüro in Islamabad und einem in jeder Provinz. Obwohl ein Beschwerdesystem für Gefangene existierte, um Missstände aufzuzeigen, funktionierte dieses nicht effektiv. Nach einer Beschwerde muss der Beschwerdeführer im gleichen Gefängnis verbleiben, weshalb Gefangene schweigen. Inspektoren besuchen die Gefängnisse, allerdings nicht regelmäßig. Das Internationale Rote Kreuz durfte keine Gefängnisse in den Konfliktgebieten Khyber Pakhtunkhwa, FATA und Belutschistan besuchen, die Regierungen von Sindh, Gilgit-Baltistan und Azad Kaschmir erlauben dem Roten Kreuz unabhängiges Monitoring in Zivilgefängnissen, im Punjab stellte das Rote Kreuz die Kontrolle der Gefängnisse ein, da der Zugang nicht regelmäßig war. Behörden auf lokaler, Provinz- und nationaler Ebene erlauben einigen Menschenrechtsgruppen und Journalisten die Gefängnisbedingungen für jugendliche und weibliche Häftlinge zu beobachten (USDOS 19.4.2013).

Quellen:

AA - Auswärtiges Amt (2.11.2012): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Pakistan

USDOS - US Department of State (19.4.2013): Country Report on Human Rights Practices 2012 - Pakistan, http://www.refworld.org/docid/517e6df418.html, Zugriff 15.10.2013

Todesstrafe

Bei Verwirklichung von 27 verschiedenen Straftatbeständen kann die Todesstrafe verhängt werden, darunter Mord, Anstiftung zum Mord, Hochverrat, Spionage, Blasphemie (falls der Tatbestand der Prophetenbeleidigung gegeben ist), Besitz von und Handel mit mehr als 1 kg Rauschgift, gemeinschaftlich begangene Vergewaltigung, terroristischer Anschlag mit Todesfolge und Internet-Terrorismus ("cyber terrorism") mit Todesfolge. Zwingend vorgeschrieben ist sie bei Mord, Vergewaltigung und Blasphemie (falls der Tatbestand der Prophetenbeleidigung verwirklicht ist). Der unter die Todesstrafe gestellte Strafenkatalog geht weit über den nach dem Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte gesetzten Rahmen hinaus. Die Todesstrafe wird in Pakistan weiterhin verhängt, seit September 2008 ist sie wegen eines Moratoriums jedoch nicht mehr vollstreckt worden. (AA 2.11.2012) Im November 2012 allerdings ließen Militärbehörden Muhammad Hussain hinrichten. Ihm wurden drei Morde zur Last gelegt. Gnadengesuche des Armeechefs und des Präsidenten waren abgelehnt worden. Damit wurde erstmals seit 2008 wieder ein Todesurteil in Pakistan vollstreckt. Die [damalige] Regierung distanzierte sich von der Entscheidung der Militärbehörden, das Todesurteil zu vollstrecken. Auch wenn es durch die Militärbehörden durchgeführt wurde, befürchten Aktivisten, dies könnte das Tor zur Wiederaufnahme von Hinrichtungen öffnen. Mehr als 8.300 Menschen saßen 2012 in der Todeszelle, einige von ihnen bereits seit zwei bis drei Jahrzehnten. Im Laufe des Jahres wurden 242 Todesurteile ausgesprochen (AI 5.2013).

In Revisionsverfahren wird die Todesstrafe oft in lebenslange Freiheitsstrafen, die gesetzlich auf 25 Jahre begrenzt sind, umgewandelt, insbesondere bei Verurteilungen wegen Mordes bei Zustimmung der Familie des Opfers. Während sich insbesondere Menschenrechtsgruppen für die Abschaffung der Todesstrafe aussprechen, gibt es erhebliche Widerstände seitens islamischer Kleriker sowie aus Teilen der Bevölkerung (AA 2.11.2012).

Die [neue] Regierung unter Nawaz Sharif hatte Anfang August 2013 eine Wiederaufnahme von Exekutionen angekündigt. Nach Kritik durch NGOs und der EU wurden die geplanten Exekutionen offiziell ausgesetzt und damit das Moratorium, das im Land seit 5 Jahren besteht, bestätigt (Agenzia Fides 29.8.2013).

Quellen:

AA - Auswärtiges Amt (2.11.2012): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Pakistan

Agenzia Fides (29.8.2013): Sharif's Pakistan stops the executioner, http://www.fides.org/en/news/34186-ASIA_PAKISTAN_Sharif_s_Pakistan_stops_the_executioner, Zugriff 12.9.2013

AI - Amnesty International (5.2013): Annual Report 2013, The state of the world's human rights, Pakistan, http://www.amnesty.org/en/region/pakistan/report-2013, Zugriff 2.9.2013

Religionsfreiheit

Laut CIA World Factbook mit Stand Juli 2013 sind 96,4 % der rund 193 Millionen Pakistanis (Schätzung) offiziell Muslime, davon 85-90 % Sunniten und 10-15% Schiiten (CIA 11.9.2013). Anhand der letzten Volkszählung von 1998 geben USDOS und BAMF die Aufteilung mit 75 % Sunniten und 25 % Schiiten an (USDOS 20.5.2013, BAMF 8.2011). Weniger als 5 % machen Hindus, Christen, Zoroastrier, Bahais, Sikhs, Buddhisten, Ahmadis und weitere Gruppen wie Kalasha, Kihal und Jainisten aus (USDOS 20.5.2013).

Der Secretary des Ministerium für Nationale Harmonie geht von circa 10 Millionen Minderheitenangehörigen aus, vier Millionen Christen, drei Millionen Hindus, 20.000 Sikhs, dazu Bahais und Parsen sowie Ahmadis. Insgesamt ist die Zahl der Nicht-Muslime in Pakistan stark zurückgegangen, bei der Staatsgründung machten sie noch 29 % der Bevölkerung aus, 1970 10 % und bei der letzten Volkszählung 1998 waren dies nur noch 3 %. Es ist nicht klar, ob dies auf Konversionen, Abwanderungen oder unterschiedliches Bevölkerungswachstum zurückgeführt werden könnte. Möglich ist auch, dass bei der Volkszählung der Anteil der Minderheiten nach unten redigiert wurde, um diesen weniger politische Repräsentation zugestehen zu müssen (BAA 6.2013).

Artikel 227 der Verfassung besagt, dass alle Gesetze mit den Regeln des Islams konform sein müssen, wobei der Artikel auch dezidierten Schutz der Rechte von Nicht-Muslimen vorsieht (Murad Ullah 1.-2.10.2012, vergleiche USDOS 20.5.2013).

Obwohl die Verfassung die Einrichtung adäquater Regelungen zum Schutz der religiösen Minderheiten und der freien Ausübung ihrer Religionen verlangt, begrenzen andere Bestimmungen der Verfassung und weiterer Gesetze diese Rechte. Die Verfassung und andere Gesetze schränken somit die Religionsfreiheit ein. In der Praxis setzte die Regierung diese Einschränkungen auch durch, insbesondere gegenüber Ahmadis. Die Verfassung erklärt den Islam zur Staatsreligion. Aufgrund einer diskriminierenden Gesetzgebung waren Minderheitenangehörige oft verängstigt, ihre Religion frei auszuüben und die Politik der Regierung bietet den Angehörigen der Minderheitenreligionen nicht denselben Schutz wie den Mehrheitsreligionsgruppen. Es gibt weiterhin Missbrauch der Blasphemie-Gesetzregelungen und anderer Gesetze, wie der "Anti-Ahmadiyya" genannten Gesetzesregelungen (USDOS 20.5.2013, vergleiche BAMF 8.2011). Diese Gesetze diskriminieren religiöse Minderheiten und bieten Anlass zur Strafverfolgung, wobei hier insbesondere die Strafandrohungen gegen die Ahmadiyya-Gemeinschaften zu nennen sind, die zudem auch bei der Ausübung ihres religiösen Glaubens behindert werden (AA 2.11.2012). Religiöse Minderheiten waren überproportional von Vorfällen betroffen, in denen private Individuen versuchten, die vage formulierten Blasphemiegesetze missbräuchlich gegen sie zu verwenden (AI 5.2013).

Es gibt keine offizielle Einschränkung zur Errichtung von Glaubensstätten, doch Behörden auf Distriktebene verweigerten regelmäßig die Genehmigung zur Errichtung von Glaubensstätten, insbesondere für Ahmadis. Minderheitenvertreter werfen Behörden Untätigkeit bei Übergriffen von Extremisten auf ihre Gebetsstätten vor. Die Religionszugehörigkeit wird in Pässen angegeben und bei einem Antrag auf eine Identitätskarte wird danach gefragt (USDOS 20.5.2013).

Angehörige religiöser Minderheiten wie Ahmadi, Hindu und Christen erfahren ein beträchtliches Risiko, wegen ihres Glaubens eingeschüchtert und gewaltsam angegriffen zu werden (AI 5.2013). Es gab viele Angriffe auf Versammlungen und religiöse Plätze von Ahmadis, Hindus, Sufis, Schiiten und Christen bei denen es zahlreiche Tote und große Zerstörungen gab. Es kam vermehrt zu Mobgewalt und Selbstjustiz (USDOS 20.5.2013). Die Lage der religiösen Freiheit hat sich im Berichtszeitraum verschlechtert (USCIRF 30.4.2013).

Minderheiten sind ein Ziel von Extremisten. Die Taliban haben eine repressive Interpretation des Islams, die Situation für Nicht-Muslime stuft die Human Rights Commission of Pakistan (HRCP) deshalb als kritisch ein. Kritischer sei sie allerdings für jene Muslime, bei denen sie denken, dass sie vom Glauben abgefallen sind. Die terroristische Gewalt zielt besonders auf Schiiten. UNHCR nennt die Lage der religiösen Minderheiten als eines der gröbsten Menschenrechtsprobleme Pakistans, insbesondere die Lage der Hazara, unter anderem aufgrund ihrer Zugehörigkeit zum Schiitentum. Gezielte Tötungen betreffen vor allem lokal bekannte Personen, die z.B. einflussreiche Positionen in ihrer Gemeinschaft haben oder angesehene Berufe, wie Ärzte und Rechtsanwälte. Durch die Anschläge der Terroristen entsteht Misstrauen zwischen den Religionen (BAA 6.2013, vergleiche AA 10.2013a).

Es gibt eine "Infrastruktur" von Hass und Gewalt - Zentren von Intoleranz, Organisationen die Hass verbreiten, Institutionen, die sie schützen sowie Interessensgruppen, die sich ökonomischen Vorteil aus der Diskriminierung von Minderheiten erwarten, führt der Vertreter der NCJP [National Commission for Justice and Peace] aus. Die NRJP geht davon aus, dass eigentlich Extremisten hinter Ausschreitungen stehen. Auch gibt es den Verdacht, dass hinter den Vorwürfen zu Blasphemie gegen Christen, Versuche einflussreicher Personen oder Gruppen stehen, sich Land anzueignen Einige lokale Führer zündeln und hetzten eine Menschenmenge auf. Es ist ein "Checks and Balance", eine Kontrolle der Moscheen notwendig, aber es mangelt an politischem Willen (BAA 6.2013).

Per Gesetz ist es Madrassen verboten interkonfessionellen oder interreligiösen Hass oder Gewalt zu propagieren. In der Praxis gibt es allerdings Kleriker, die Intoleranz predigen. Außerdem gibt es - wenige, aber einflussreiche - Madrassen, an welchen Gewalt oder Extremismus gepredigt werden. Um dies zu drosseln wurde 2002 vorgeschrieben, dass sich Madrassen in einem von fünf Verbänden registrieren lassen müssen und keine Finanzierung aus dem Ausland annehmen dürfen (USDOS 20.5.2013).

Im Alltag ist die Kommunikation relativ unproblematisch zwischen den Religionen, dies bestätigen alle Interviewpartner. Man heiratet häufig untereinander, versteht sich, lebt friedlich. Aber die Situation ist labil, so die Deutsche Botschaft. Wenn sich ein Vorfall ereignet und jemand die Leute aufhetzt, kann es zu Ausschreitungen kommen. Seit der Anwendung des Paragraph 295, C gegen Blasphemie traten zwei bis drei Vorfälle von Ausschreitungen auf, so wie im März 2013 gegen die christliche Gemeinde in Lahore. Die HRCP gibt an, dass trotz des grundsätzlich friedlichen Alltags die Gewaltvorfälle und die Spannungen zunehmen. Neben vereinzelten Ausschreitungen gegen christliche Siedlungen richten sich Demonstrationen mit Hetzkampagnen bestimmter extremistischer Gruppen immer wieder gegen Ahmadis. Es gäbe allerdings mehr Spannungen unter den Muslimen als zwischen Muslimen und den Minderheiten. Daneben kommt es auch immer wieder zu kleineren Gewaltakten gegen Einrichtungen und Glaubensstätten der Minderheiten. Die NCJP hat für 2012 für alle nicht-muslimische Minderheiten neun solcher Vorfälle gesammelt, in denen Gräber geschändet, sowie Kirchen, Tempel und Ahmadiyya Moscheen vandalisiert wurden, darunter die Brandstiftung an einer Kirche in Mardan, Khyber Pakhtunkhwa, im Zuge der Proteste gegen einen Mohammed beleidigenden US-Film (BAA 6.2013).

Bei Drohungen kümmert sich die Polizei oft nicht darum. Allgemein gibt es eine schlechte Performance der Polizei bei solchen Vorfällen, sie steht eher daneben, als dass sie eingreifen würde. Für die NCJP stellt sich die Lage so dar, dass Gewaltakte durch eine aufgebracht Menschenmenge ausbrechen können, da die Gewalttäter meistens nicht bestraft werden und damit eine abschreckende Wirkung fehlt. Das Rechtssystem ist für jeden gleich, meint allerdings HRCP, aber es gibt große Problemstellungen, die Polizei untersucht oft nicht genau. Bei Prozessionen, wie Palmsonntagprozessionen, werden als Prävention allerdings Polizeischutzmaßnahmen ergriffen (BAA 6.2013).

Gewalttäter gehen aufgrund von Korruption, lokalen Feudalstrukturen und der Ineffizienz der Justiz häufig straffrei aus (AA 10.2013a). Die begrenzte Kapazität und Willen der Regierung Täter der steigenden extremistischen Übergriffe gegen Minderheiten und Personen, die sich für Toleranz einsetzen, zu verfolgen, ließ ein Klima von Straflosigkeit zu (USDOS 20.5.2013).

Die religiöse Intoleranz hat zugenommen. Die Mehrheit befürwortet jedoch Toleranz und ist gegen Extremisten. Die Menschen wählen säkulare Parteien. Das Land hat auch positive Veränderungen in diesem Bereich gesehen. Bis vor einigen Jahren konnte man kaum über interreligiöse Toleranz sprechen. Schon Musharraf versuchte zu de-islamisieren, zwar nicht erfolgreich, doch der Prozess wurde durch die PPP forciert. Es ist heute möglich, vieles zu diskutieren, was vorher nicht ging. Es gibt unterschiedliche Organisationen in Pakistan, die für Toleranz und Zusammenarbeit zwischen den Religionen arbeiten (BAA 6.2013).

Im Alltag gibt es keinen aktiven Konflikt, aber es gibt Diskriminierung und Ungleichheit und dies ist die Basis für Disharmonie. Minderheiten treffen auf Diskriminierung im wirtschaftlichen und sozialen Bereich, in Bildung, Gesundheit und Regierung. Die Diskriminierungen gehen allerdings nicht in die Richtung einer tatsächlichen Abgrenzung (BAA 6.2013). Die meisten Minderheitengruppen, außer Schiiten, berichteten von Diskriminierungen bei Anstellungen. Auch der Karriere-Aufstieg von Minderheitenangehörigen im Staatsdienst ist anscheinend begrenzt, insbesondere für Ahmadis (USDOS 20.5.2013).

Die [bis März amtierende] Regierung unternahm einige Schritte um die interreligiöse Toleranz zu fördern (USCIRF 30.4.2013).

Das Nationale Ministerium für Interreligiöse Harmonie bzw. sein Vorgänger das Ministerium für Minderheiten wurde eigens für religiöse Minderheiten eingerichtet. Für die religiösen Belange der Muslime (Sunniten und Schiiten, die als Muslime nicht als Minderheit, sondern Teil der Mehrheit gelten) ist das Ministerium für religiöse Angelegenheiten zuständig. Hauptanliegen des Ministeriums für Harmonie ist die Förderung der Minderheiten und der interreligiösen Toleranz. Als spezielles Programm für Minderheiten gibt es ein eigenes Budget für die soziale Wohlfahrt und finanzielle Assistenz zur Förderung ärmerer Minderheiten. Der Erhalt und die Renovierung von Glaubensstätten der Minderheiten fallen ebenfalls in die Verantwortlichkeit des Ministeriums. Auf Provinzebene gibt es eigene "Departments of Interfaith". Die meisten funktionieren allerdings noch nicht, die Aufgaben werden noch vom nationalen Ministerium für Harmonie, dem Nachfolger des Minderheitenministeriums ausgeführt. Als Dialogforum zwischen den Religionsgemeinschaften wurde das "National Council of Interfaith Harmony" eingerichtet (BAA 6.2013, vergleiche USDOS 20.5.2013).

Die Bildungskampagne ist ein Fokus der NCJP und des Nationalen Ministerium für Harmonie. In der Lehrerausbildung, in den Lehrplänen und Schulbüchern wird versucht vorhandene Diskriminierung zu eliminieren und Toleranz zu fördern. Der Vertreter der PIL betont die Bedeutung der Zusammenarbeit zwischen den religiösen Führern unterschiedlicher Religionen, insbesondere muslimischen. Wenn ein bedeutender, muslimischer geistlicher Führer, wie der Vorsitzende des Pakistan Ulema Council, für interreligiöse Harmonie spricht, findet dies Gehör (BAA 6.2013).

2009 wurde in allen staatlichen Bereichen bei der Anstellung eine 5-Prozent-Quote für Minderheiten eingeführt. Diese wurde allerdings noch nicht erreicht und wird im Land ungleich umgesetzt. Auch auf Distriktebene wurden Komitees zur Interreligiösen Harmonie zur Förderung von Toleranz zwischen den Religionen eingerichtet (USCIRF 30.4.2013).

Im Mai wurde das Gesetz zu Einrichtung einer Nationalen Kommission für Menschenrechte vom Präsidenten unterzeichnet, ein Sitz von 10 in der Kommission soll für einen Vertreter der Minderheiten reserviert sein. Von den 342 Parlamentariern sind 13 Angehörige einer religiösen Minderheit. Im Senat sind vier der 104 Sitze für religiöse Minderheiten reserviert - je einer für jede Provinz. Reservierte Sitze für religiöse Minderheiten bestehen auch in den Provinzversammlungen, drei in Khyber Pakhtunkhwa, acht im Punjab, neun im Sindh und drei in Belutschistan. In den lokalen Regierungen ist ein Minimum von einem Sitz pro Zila (Distrikt) und pro Tehsil (~Bezirk) vorgesehen, in Belutschistan mindestens zwei (USDOS 20.5.2013, vergleiche Murad Ullah 1.-2.10.2012).

Für Beschwerden gegen Menschenrechtsverletzung sind in den verschiedenen Provinzen Büros des Ombudsmannes eingerichtet, Verletzungen der Rechte der Minderheiten fallen in ihren Zuständigkeitsbereich (BAA 6.2013).

In Pakistan finden sich nicht nur unterschiedliche Religionen, sondern viele Variationen der muslimischen Identität und der religiösen Intensität. Religiöse Intoleranz findet sich auch zwischen den muslimischen Sekten und innerhalb der sunnitischen Konfession, z.B. zwischen der Barelvi Sekte [auch Ahle Sunnat wal Jama'at], die sehr viel Sufi-Einfluss aufweist, aufgeschlossener ist und die Mehrheit der Pakistanis ausmacht, und der Deobandi, die islamistisch geprägt ist (BAA 6.2013). Die sunnitischen hanafitischen Barelvi Muslime hängen traditionellen Glaubenspraktiken, darunter auch der Verehrung von Heiligen (Sufis) und deren Gräber, an. Die Hanafiten sind mit 50% Anteil an der islamischen Bevölkerung die zahlenstärkste muslimische Gruppe in Pakistan. Die Barelvi werden von den Deobandi und den Ahle Hadith, zwei weiteren sunnitischen Glaubensrichtungen, wegen der Verehrung von Sufi-Heiligen sowie sonstiger Praktiken abgelehnt und von Extremisten unter diesen bekämpft. Auch die Barelvi lehnen die Anschauungen der anderen sunnitischen Sekten ab. Angehörige der sunnitischen hanafitischen Barelvi Muslime und Schiiten werden vielfach Opfer sunnitischer Extremisten, wobei sich diese Vorfälle meist in Städten abspielten. Häufig wurden Selbstmordattentäter auf schiitische Prozessionen angesetzt (BAMF 8.2011).

In Khyber Pakhtunkhwa kommt es zu interkonfessionellen Anschlägen auf Moscheen, in den Stammesgebieten zu Zusammenstößen zwischen schiitischen und sunnitischen Stämmen. In Karatschi setzen sich die Schiiten zur Wehr. Die Sipah-e-Muhammad Pakistan ist z.B. eine schiitische Gruppe, die in Karatschi in gezielte Tötungen an religiösen Führern und Aktivisten der verbotenen, terroristischen sunnitischen Sipah-e-Sahaba involviert ist. In Karatschi finden auch Schießereien zwischen schiitischen und sunnitischen Gangs statt. Im Sindh, außerhalb Karatschis, gibt es wenige interkonfessionelle Zwischenfälle. Im Punjab ebenfalls, aber es gibt dennoch vereinzelte Anschläge auf Schiiten. Interkonfessionelle Gewaltvorfälle sind im Punjab auch zurückgegangen. Schiiten leben vor allem in Lahore. In der Stadt sind die Kontrollen hoch und sie ist relativ unter Kontrolle der Sicherheitskräfte (BAA 6.2013). Klerikern, die als zur Gewalt anstiftend gesehen werden, wird während Muharram die Einreise in viele Distrikte des Punjabs und des Sindhs verwehrt (HRCP 3.2013). Für schiitische Prozessionen wird Polizeischutz zur Verfügung gestellt, dennoch kommt es dabei zu Anschlägen (BAA 6.2013).

Im Jahr 2011 wurden mindestens 389 Personen bei Gewalttaten gegen verschiedene muslimische Konfessionen getötet (HRCP 3.2012).

2012 wurden laut HRCP insgesamt mindestens 531 Menschen bei sektiererischen terroristischen Attacken zwischen den verschiedenen muslimischen Sekten getötet. Hauptsächlich waren davon Schiiten betroffen (HRCP 3.2013). Von den 202 interkonfessionellen terroristischen Akten, die von PIPS im Jahr 2012 aufgezeichnet wurden, zielten um die 60 % auf die schiitische Gemeinde, 30 % auf Sunniten. 395 Angehörige der schiitischen Gemeinde wurden getötet - 73 % aller Opfer interkonfessioneller Gewalt. Anschläge und Zusammenstöße zusammengenommen wurden 213 Vorfälle von Gewalt zwischen den muslimischen Konfessionen mit 563 Todesopfern von PIPS registriert (BAA 6.2013). Circa 85 % aller Vorfälle sektiererischer Gewalt 2012 waren, laut PIPS, gezielte Tötungen (PIPS 4.1.2013). HRW schätzt, dass 2012 mindestens 325 Angehörige der schiitischen Bevölkerung in gezielten Anschlägen in Pakistan getötet wurden, mehr als 100 davon in Belutschistan, die meisten von diesen wiederum Hazara (HRW 31.1.2013). 119 Hazara wurden 2012 in römisch 40 in gezielten Anschlägen getötet. Die Hazara meinen, die Behörden hätten keinen Willen sie zu beschützen. Aus Sicherheitsgründen haben sich die Hazara in zwei Enklaven in der Stadt zurückgezogen (HRCP 3.2013).

2012 nahm die sektiererische Gewalt in Pakistan somit zu, obwohl sie 2011 zurückgegangen war. Einen starken Zuwachs verzeichneten die Provinzhauptstädten römisch 40 und Karatschi sowie Teile Belutschistans. Aufgeschlüsselt fanden laut PIPS 85 % aller Vorfälle zwischen muslimischen Konfessionen 2012 in Karatschi, römisch 40 , Gilgit und der Kurram Agency (FATA) statt. Diese sind auch im Mehrjahresvergleich 2010-2012 Hotspots sektierischer Gewalt, wohingegen sporadische Vorfälle in diesen Jahren auch von anderen Teilen des Landes berichtet werden, insbesondere Zentral- und Süd-Punjab, Hangu und Dera Ismail Khan in Khyber Pakhtunkhwa (KP), Khyber und Orakzai in der FATA und Mastung in Belutschistan. (BAA 6.2013; vergleiche PIPS 4.1.2013). Weitere Schwerpunkte 2012 waren: Diamer in Gilgit Baltistan, die Distrikte Kohistan und Mansehra in KP (HRCP 3.2013); sowie weiters Hangu, Kohat, Tank, - ebenfalls in KP, Dera Ghazi Khan im [Süd-] Punjab (USDOS 20.5.2013). Zwei größere Anschläge mit jeweils um die 20 Toten ereigneten sich im Punjab 2012 im südlichen Distrikt Rahimyar Khan und in Rawalpindi (HRCP 3.2013). 2011 waren außerdem auch Lahore (Punjab), Nowshera (KP), und Khyber (FATA) Schwerpunkte (HRCP 3.2012).

Auch die ersten beiden Monate 2013 waren, verbunden mit der Vorwahlzeit, von stark erhöhter interkonfessioneller Gewalt gezeichnet, in erster Linie in Karatschi und römisch 40 . Im Jänner und Februar 2013 wurden bei interkonfessionellen Anschlägen 238 Menschen getötet, ein Großteil davon bei zwei verheerenden Anschlägen in einem Viertel der schiitischen Hazara in römisch 40 . Nach diesem Höhepunkt nahm diese Art des Terrors in den nächsten beiden Monaten ab. Nichtsdestotrotz traf ein weiterer der größeren Anschläge der Vorwahlzeit am 3. März ebenfalls die schiitische Minderheit, diesmal in Karatschi, 48 Menschen starben bei einem Anschlag auf ein schiitisches Viertel (BAA 6.2013).

Verbotene Gruppen wie die Pakistanischen Taliban und die Lashkar-e-Jhangvi übernahmen die Verantwortung für Anschläge auf Schiiten (HRCP 3.2013). Sunnitische militante Gruppen operierten mit weiter Straflosigkeit in Pakistan (HRW 31.1.2013). Die Reaktion der Regierung war großteils unzureichend. Dies anerkennend gab der Oberste Gerichtshof eine Kritik an der Regierung aufgrund der unzureichenden Bemühungen in römisch 40 Sicherheit zu gewährleisten ab. Im Jänner wurde in Belutschistan nach den großen Bombenanschlägen die Kontrolle auf die von der Provinz auf die Bundesregierung übertragen und damit den Forderungen der Hinterbliebenen nachgekommen (USCIRF 30.4.2013).

Quellen:

AA - Auswärtiges Amt (2.11.2012): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Pakistan

AA - Auswärtiges Amt (10.2013a): Pakistan, Staatsaufbau/Innenpolitik,

http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Pakistan/Innenpolitik_node.html#doc344388bodyText3, Zugriff 14.10.2013

AI - Amnesty International (5.2013): Annual Report 2013, The state of the world's human rights, Pakistan, http://www.amnesty.org/en/region/pakistan/report-2013, Zugriff 2.9.2013

BAA - Bundesasylamt (15.4.2013): Analysen Pakistan, Ahmadiyya - Entstehung und Glauben

BAA - Bundesasylamt (6.2013): Bericht zur Fact Finding Mission Pakistan vom 8-16.3.2013 mit den Schwerpunkten Sicherheitslage, Religiöse Minderheiten Landrechte Medizinische und soziale Versorgung, Afghanische Flüchtlinge

BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge Deutschland (8.2011):

Informationszentrum Asyl und Migration: Lage der Religionsgemeinschaften in ausgewählten islamischen Ländern

CIA (11.9.2013): The World Factbook Pakistan, https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/pk.html, Zugriff 9.10.2013

HRCP - Human Rights Commission of Pakistan (3.2013): State of Human Rights in 2012,

http://hrcp-web.org/hrcpweb/wp-content/pdf/AR2012.pdf, Zugriff 2.9.2013

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HRW - Human Rights Watch (31.1.2013): World Report 2013 - Pakistan, http://www.ecoi.net/local_link/237129/360003_de.html, Zugriff 15.10.2013

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http://www.hrw.org/news/2013/08/23/pakistan-10-steps-improve-human-rights, Zugriff 23.9.2013

Murad Ullah, Legal Officer des UNHCR in Islamabad (1.- 2.10.2012):

Vortrag zum DACH Workshop Pakistan, Nürnberg

PIPS - Pak Institute for Peace Studies (4.1.2013): Pakistan Security Report 2012,

http://san-pips.com/index.php?action=reports&id=psr_list_1, Zugriff 13.9.2013

USCIRF - US Commission on International Religious Freedom (30.4.2013): 2013 Annual Report, http://www.uscirf.gov/images/2013 USCIRF Annual Report (2).pdf, Zugriff 15.10.2013

USDOS - US Department of State (20.5.2013): International Religious Freedom Report for 2012 - Pakistan, http://www.ecoi.net/local_link/247481/371066_de.html, Zugriff 15.10.2013

Frauen allgemein

In administrativer Hinsicht fallen Angelegenheiten des Frauenrechtsbereichs seit der Devolution im Rahmen der Novellierung der Verfassung von 2010 in die Zuständigkeit der Provinzen, die dazu Ministerien bzw. Departments für Frauenentwicklung einrichteten (BAA 6.2013). Pakistan hat das Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau ratifiziert. Trotz des in der Verfassung festgeschriebenen Diskriminierungsverbots sind Frauen in Pakistan in mehreren Rechtsbereichen aufgrund traditioneller patriarchalischer Normen und infolge der Anwendung islamisch geprägter Rechtsvorschriften schlechter gestellt als Männer (AA 10.2013a). Dies gilt unter anderem aufgrund der Anwendung der Scharia in Teilen des materiellen und prozessualen Rechts. Rechtliche Bestimmungen, die Frauen benachteiligen, finden sich u.a. auch im pakistanischen Strafgesetz, dem Staatsangehörigkeitsrecht und in der Gesetzgebung zum Schutz der Frau (AA 2.11.2012).

Es gibt in der Nationalversammlung 60 für Frauen reservierte Sitze. Von den 758 Sitzen in den verschiedenen Provinzversammlungen waren 128 für Frauen reserviert, in den lokalen Räten ein Drittel der Sitze (USDOS 19.4.2013). Nachdem der Frauenanteil bei den Parlamentswahlen 2008 auf 23 % angestiegen war, ist er bei den Wahlen im Mai 2013 allerdings wieder auf 20,5 % zurückgegangen. Im Senat liegt der Frauenanteil aktuell nur bei 16,5 % (AA 10.2013a).

Die Ausstellung einer dafür erforderlichen Identitätskarte hinderte Frauen oft daran, ihr aktives Wahlrecht auszuüben, da dies auf gesellschaftliche und administrative Hürden stößt. Frauen wurden in mehreren Wahlkreisen (vor allem in Khyber-Pakhtunkhwa, Belutschistan und Südpunjab) u.a. durch Stammesälteste, Familienangehörige und vereinzelt durch die von den säkularen und religiösen Parteien aufgestellten Kandidaten an der Stimmabgabe gehindert (AA 2.11.2012). In manchen Distrikten verhinderten sozial und religiös Konservative die Kandidatur von Frauen. Frauen nehmen als Mitglieder politischer Parteien aktiv teil (USDOS 19.4.2013). Unter der neuen Regierung von Nawaz Sharif wurden auf Bundesebene zwei Ministerinnen angelobt (TOI 7.6.2013).

Das Gesetz verbietet Diskriminierung aufgrund des Geschlechts, aber in der Praxis setzen die Behörden diese Bestimmung nicht durch. Frauen sind mit rechtlicher und ökonomischer Diskriminierung und mit Diskriminierung im Familien- und Eigentumsrecht sowie im Justizsystem konfrontiert. In vielen ländlichen Gebieten werden Frauen durch starken sozialen Druck davon abgehalten außerhalb des Hauses zu arbeiten (USDOS 19.4.2013).

Unabhängig von ihrer rechtlichen Stellung sind besonders Frauen aus ärmeren Schichten und auf dem Land faktisch von Geburt an benachteiligt (AA 10.2013a). Die Rolle der Frau in Pakistan wird in erster Linie von einer islamischen Gesellschaft geprägt, in der weite Teile einer sehr konservativen Denkweise anhängen. Dem setzen sich vor allem Frauen aus der wirtschaftlichen Oberschicht entgegen; es gelingt ihnen z.T. wichtige Positionen in Staat und Gesellschaft zu erringen (AA 2.11.2012). Während somit Frauen, insbesondere in ländlichen Regionen und aus armen Familien eine Reihe von bürgerlichen, sozialen und politischen Rechten vorenthalten werden, werden Frauen der bürgerlichen intellektuellen urbanen Mittel- und Oberschichten, politische Teilhabe, Berufstätigkeit und größere Selbstbestimmtheit zugestanden (Christina Alff / Militärgeschichtliches Forschungsamt 2010).

Die Lage der Frauen wird vom UNHCR als eines der größten Menschenrechtsprobleme Pakistans gesehen. Sie ist sehr unterschiedlich in den wirtschaftlich bessergestellten und aufgeschlosseneren Gebieten, wie Punjab und Islamabad, wo Frauen auch arbeiten und unverschleiert am öffentlichen Leben teilnehmen und bestimmten ländlichen, konservativen Gebieten, insbesondere den verschiedenen Stammesgebieten, in denen Frauen das Haus nicht alleine und unverschleiert verlassen und nur mit Zustimmung ihres Mannes arbeiten dürfen, Mädchen oft das Recht auf Bildung verwehrt wird und es schwerwiegende Menschenrechtsverletzungen gegenüber Frauen gibt(BAA 6.2013).

In Gebieten mit paschtunischer Bevölkerungsmehrheit, in Belutschistan und großen Teilen des Sindhs verlassen Frauen ihre Häuser nur in Begleitung männlicher Verwandter und in der Regel tief verschleiert. In einigen nördlichen Regionen des Landes mit schiitischer und ismailitischer Bevölkerung verfügen Frauen über größere Handlungs- und Entscheidungsspielräume und unterliegen weniger strikten Regeln der Geschlechtertrennung. In ländlichen Regionen gilt die Einhaltung der Geschlechtertrennung als Statussymbol, wohingegen Frauen ärmerer Haushalte gezwungen sind, Erwerbstätigkeiten außerhalb der schützenden Hofmauern nachzugehen. Tatsächlich arbeiten viele Frauen auf dem Dorf in der Landwirtschaft, als Haushaltshilfen bei Grundbesitzern und in den Städten im informellen Sektor. Dennoch müssen sie ihr Verhalten an vorherrschende Normen anpassen und befinden sich im öffentlichen Raum stets unter Beobachtung durch Verwandte männlichen Geschlechts und/oder Dorfbewohner (Christina Alff / Militärgeschichtliches Forschungsamt 2010).

Auf der Rangliste des Global Gender Gap Report 2011 lag Pakistan auf Platz 133 von 135 erfassten Staaten. Dabei fällt auf, dass Pakistan im Teilbereich der politischen Gestaltungsmöglichkeiten einen verhältnismäßig guten 54. Platz einnimmt. Frauen unterliegen religiösen Zwängen sowie Benachteiligungen im Beruf - in den Spitzenämtern der öffentlichen Verwaltung sind sie unterdurchschnittlich vertreten und in der Ausbildung - so sind nur halb so viele Frauen alphabetisiert wie Männer (AA 2.11.2012).

Im Zugang zu Grundbildung für Mädchen und Jungen lassen sich große Stadt-Land- sowie regionalspezifische Unterschiede konstatieren. Der niedrige Bildungsstand zeigt direkte Auswirkungen auf die Erwerbsmöglichkeiten von Frauen, die in Pakistan mehrheitlich im informellen Sektor und als niedrig entlohnte landwirtschaftliche Kräfte arbeiten. Allerdings erhöhen sich die Chancen auf eine Beschäftigung im formellen Sektor immens, sobald Frauen eine höhere Schulbildung absolviert haben. So waren 2004 im öffentlichen Dienst knapp 35 % Frauen als Lehrerinnen, Ärztinnen, Staatsangestellte und Bürokräfte beschäftigt (Christina Alff / Militärgeschichtliches Forschungsamt 2010).

Vergewaltigung ist eine Straftat. Der Strafrahmen reicht von mindestens 10 bis 25 Jahre Haft und von einer Geldstrafe bis zur Todesstrafe. Obwohl Vergewaltigung häufig vorkam, kommt es selten zu strafrechtlicher Verfolgung. Die Frauenorganisation Aurat schätzt, dass zwischen 2008 und 2011 3.461 Frauen vergewaltigt wurden. Es gibt auch Berichte von Vergewaltigungen durch die Sicherheitskräfte. Außergerichtliche Einigungen nach Vergewaltigungen sind üblich, oft musste das Opfer dabei den Täter heiraten. Vergewaltigung in der Ehe ist nach aktuellem Strafrecht kein Verbrechen (USDOS 19.4.2013). Geschlechtsverkehr mit Frauen unter 16 Jahren gilt als Vergewaltigung (AA 2.11.2012).

Das so genannte "Zina-Gesetz" von 1979, das den außerehelichen Geschlechtsverkehr generell unter Strafe stellte, ist weiterhin gültig, wurde aber de facto durch den 2006 verabschiedete Women's Protection Act weitgehend außer Kraft gesetzt. Der Federal Shariat Court erklärte allerdings bereits Ende 2010 Teile des Women's Protection Act für unislamisch und verfassungswidrig. Über eine Verfassungsklage gegen dieses Gerichtsurteil ist bislang noch nicht entschieden worden. Ehebruch wurde aus den Hudood-Verordnungen entfernt und als "Unzucht" in das Strafgesetzbuch aufgenommen. Das Delikt wird mit bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe und Geldstrafe geahndet, die Todesstrafe wird bei Ehebruch nicht mehr verhängt. Für die Anzeige werden hohe verfahrensrechtliche Hürden aufgestellt. Eine Verhaftung kann nur auf richterliche Anordnung erfolgen; Freilassung auf Kaution ist möglich. Bei Vergewaltigung kann sowohl nach pakistanischem Strafgesetzbuch als auch nach den Hudood-Verordnungen durch eine Anzeige und unter Beiziehung forensischer und medizinischer Indizien das Gerichtsverfahren eröffnet werden. Über die Anklage entscheidet ein Richter. Die Umwandlung einer Vergewaltigungsklage in eine Anklage wegen Ehebruchs gegen das Opfer - eine bislang übliche Praxis - wird ausdrücklich ausgeschlossen (AA 2.11.2012).

Die staatliche "National Commission on the Status of Women" setzt sich u. a. dafür ein, die Hudood-Gesetze (diese Gesetze von 1979 sehen die Anwendung von Körperstrafen des islamischen Strafrechts für eine Reihe von Straftaten vor, z.B. Ehebruch oder Diebstahl) vollständig abzuschaffen und das Staatsangehörigkeitsrecht zu ändern; weiterhin veranstaltet sie Workshops für Frauenfragen. Bislang wurde nur ihre Empfehlung, Frauen an Familiengerichten 1/3 der Stellen vorzubehalten, teilweise umgesetzt. So sind 5% der Richterämter an Familiengerichten für Frauen reserviert (AA 2.11.2012).

Zivilgesellschaftliche Gruppen und Menschenrechtsorganisationen wie die Stiftung AURAT oder Shirkat Gah kämpfen für mehr Gleichberechtigung und gegen diskriminierende Gesetze sowie für die uneingeschränkte politische Teilhabe von Frauen (Christina Alff / Militärgeschichtliches Forschungsamt 2010). Gruppen, die sich für Frauenrechte einsetzten, wurden bedroht (AI 5.2013).

In der vergangenen Legislaturperiode wurden eine Reihe wichtiger Gesetzesvorhaben zum Schutz der Frauen verabschiedet, darunter ein Gesetz zur Bekämpfung traditioneller frauenfeindlicher Praktiken (Prevention of Anti-Women Practices Act) (AA 10.2013a). Es zielt vor allem gegen Zwangsehen, den Brauch der "Verheiratung mit dem Koran" und den Ausschluss vom Erbrecht. Der Protection from Harassment Act, der die sexuelle Belästigung von Frauen am Arbeitsplatz unter Strafe stellen soll, ist 2010 in Kraft getreten. Im Dezember 2011 wurde der Acid Crime Prevention Act einstimmig vom Parlament verabschiedet. Säureangriffe werden danach künftig mit Haftstrafen von zehn Jahren bis lebenslang unter Strafe gestellt. Wie sich die verabschiedeten wichtigen Gesetze zum Schutz der Frauen in der Praxis bewähren, bleibt abzuwarten (AA 2.11.2012, vergleiche USDOS 19.4.2013).

Zuletzt wurde im Mai 2012 das Mandat der "National Commission on the Status of Women", der pakistanischen Frauenrechtskommission, ausgeweitet. Diese Erfolge gehen auch darauf zurück, dass die Parlamentarierinnen begonnen haben, sich bei einzelnen Themen parteiübergreifend zu organisieren und sich nun auch dauerhaft zu einem sogenannten Women's Caucus zusammengeschlossen haben. Ob die Erfolge des Women's Caucus in der neuen Legislaturperiode wiederholt werden können, wird sich noch zeigen müssen (AA 10.2013a).

Das Women Entrepreneurial Development Programme zielt auf die Befähigung von Frauen zur Erwerbstätigkeit in Lahore ab. Es werden Trainings im handwerklichen, unternehmerischen und rechtlichen Bereich abgehalten und ein gegenseitiges Unterstützungssystem z.B. zur Aufteilung der Kinderbetreuung angeboten (BAA 6.2013).

Das National Rural Support Programm (NRSP) bietet Aus- und Fortbildung u.a. zur rechtlichen Stärkung der Frauen an. Im Frauenrechtsbereich wurden unterschiedliche Programme mit Trainern des NRSP von verschiedenen Gemeindeorganisationen umgesetzt:

Unterstützung von Frauen bei der Registrierung bei NADRA (Nationale Registrierungsbehörde) um den Zugang zu sozialen Leistungen zu ermöglichen; Programm zur Bewusstseinsbildung gegen Ehrenmorde; in das auch Polizei, Bezirks- und Distriktverwaltungen sowie Rechtsanwälte miteinbezogen sind, USAID Programme zur reproduktiven Gesundheit und Formierung von Frauenorganisationen etc. Außerdem sind einer Erhebung zufolge 60 % aller Mikrokreditnehmer der NRSP Frauen (BAA 6.2013). Durch das staatliche Bait-ul-Mal wird eine Berufsschule für Mädchen pro Distrikt betrieben, in manchen Distrikten auch zwei, insgesamt sind es ungefähr 250. Diese offerieren Großteils Ausbildungen in traditionellen Frauenberufen. Aber es gibt in Pakistan auch immer mehr Mädchen, die in Studienfächern reüssieren, die nicht traditionell weiblich besetzt sind. Im Bereich der Mädchenbildung gibt es ebenfalls zahlreiche NGOs (BAA 6.2013).

Quellen:

AA - Auswärtiges Amt (2.11.2012): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Pakistan

AA - Auswärtiges Amt (10.2013a): Pakistan, Staatsaufbau/Innenpolitik,

http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Pakistan/Innenpolitik_node.html#doc344388bodyText3, Zugriff 14.10.2013

AI - Amnesty International (5.2013): Annual Report 2013, The state of the world's human rights, Pakistan, http://www.amnesty.org/en/region/pakistan/report-2013, Zugriff 2.9.2013.

BAA - Bundesasylamt (6.2013): Bericht zur Fact Finding Mission Pakistan vom 8-16.3.2013 mit den Schwerpunkten Sicherheitslage, Religiöse Minderheiten Landrechte Medizinische und soziale Versorgung, Afghanische Flüchtlinge

Christina Alff / Militärgeschichtliches Forschungsamt (2010):

Frauen-Welten in Pakistan, In: Pakistan - Wegweiser zur Geschichte, http://www.mgfa.de/html/einsatzunterstuetzung/downloads/meupakistangesamtinternet.pdf, Zugriff 10.9.2013

TOI - Times of India (7.6.2013): Pakistan PM Nawaz Sharif's cabinet takes oath,

http://articles.timesofindia.indiatimes.com/2013-06-07/pakistan/39814061_1_new-ministers-portfolios-pml-n, Zugriff 10.10.2013

USDOS - US Department of State (19.4.2013): Country Report on Human Rights Practices 2012 - Pakistan, http://www.refworld.org/docid/517e6df418.html, Zugriff 15.10.2013

Häusliche Gewalt / Frauenhäuser / Scheidung

Häusliche Gewalt ist ein verbreitetes und ernstes Problem und kann in einigen Fällen bis zum Mord oder zu Verstümmelung führen, unter anderem in Mitgiftstreitigkeiten (USDOS 19.4.2013). 2012 wurden durch die Aurat Foundation insgesamt 7.516 Fälle aller Arten von Gewalt gegen Frauen gesammelt, darunter 1.745 Morde, 822 Vergewaltigungen, 989 Fälle häuslicher Gewalt, 432 Ehrenmorde, 83 Säureattacken und 575 Selbstmorde. Die höchste Zahl wird aus der bevölkerungsreichsten Provinz Punjab berichtet, dies könnte aber auch darauf zurückzuführen sein, dass Frauen im Punjab besseren Zugang zu Rechtdurchsetzung und Medien haben als in Khyber Pakhtunkhwa und Belutschistan (AF 29.8.2013).

Eine einheitliche Gesetzgebung gegen häusliche Gewalt gibt es nicht (USDOS 19.4.2013).

Nachdem die Domestic Violence (Prevention and Protection) Bill bereits im Jahr 2009 von der Nationalversammlung ohne Gegenstimme angenommen wurde, wurde sie im Februar 2012 auch einstimmig vom Oberhaus angenommen (TET 20.2.2012). Kleriker verlangten eine Überarbeitung der Domestic Violence (Prevention and Protection) Bill (TET 16.4.2012). Nachdem die Domestic Violence Bill durch diese Beschwerde der Klerikern blockiert wurde, fällt die Zuständigkeit für die Verabschiedung eines Gesetzes gegen häusliche Gewalt mit In-Kraft-Treten der 18. Novellierung der Verfassung nunmehr in das Provinzrecht (TET 25.11.2012; vergleiche Dawn 3.10.2012). Die Provinzversammlung des Sindh hat am 8. März 2013 als erste pakistanische Provinz ein Gesetz gegen häusliche Gewalt angenommen (TET 1.4.2013).

Das Familiengesetz sieht Schutzregelungen für Frauen bei einer Scheidung vor, inklusive Unterhaltsleistungen und genauer Richtlinien für die Obsorge der Kinder. Viele Frauen kennen diese rechtlichen Schutzbestimmungen nicht oder sind nicht in der Lage, einen rechtlichen Beistand zuzuziehen, um sie durchzusetzen. Geschiedene Frauen bleiben oft ohne Unterstützung, da ihre Familien sie ausgrenzen (USDOS 19.4.2013). Die Formulierung von Eheverträgen eröffnet Frauen häufig nicht die Möglichkeit, die Scheidung zu verlangen. Das muslimische Eherecht ist durch die Vorrangstellung des Mannes gekennzeichnet; insbesondere können Männer sich nach islamischem Recht außergerichtlich scheiden lassen und sind danach nur für drei Monate unterhaltspflichtig. In Bezug auf das Sorgerecht ist nach islamischem Recht aller Rechtsschulen der alleinige gesetzliche Vertreter des Kindes der Vater. Der Mutter steht die tatsächliche Personensorge zu. Dabei kennen sunnitisches und schiitisches Recht unterschiedliche Altersgrenzen, zu denen das Recht der Kindesmutter auf Personensorge endet (AA 2.11.2012).

Für Frauen, die sich gegen Menschenrechtsverletzungen wehren, bedeutet dies zumeist den Verlust des Familienverbandes und damit der wirtschaftlichen Grundlage. Es gibt nur wenige Frauenhäuser (AA 1.7.2011). Frauen, die Misshandlung melden wollen, sind mit ernsten Herausforderungen konfrontiert. Polizei und Richter sind oft unwillig, Handlungen zu setzen, da sie derartige Materien als Familienangelegenheit sehen. Aufgrund des mit einer Scheidung verbundenen Stigmas und der ökonomischen wie psychologischen Abhängigkeit von Verwandten zögern Frauen, Delikte zur Anzeige zu bringen (USDOS 19.4.2013).

Um den sozialen Normen entgegenzuwirken, die Opfer davon abhalten, geschlechtsspezifische Gewalt anzuzeigen, wurden Frauenpolizeistationen mit weiblichen Angestellten eingerichtet, die Frauen einen sicheren Zufluchtsort für Anzeigen bieten. Diese Stationen sind allerdings von Unterfinanzierung und Unterausstattung betroffen. Die Zahl der Inanspruchnahme wuchs (USDOS 19.4.2013).

Ende 2011 gab es 12 Frauenpolizeistationen: in Karachi (3), Larkana (1), Hyderabad (1), Sukkur (1), Lahore (1), Faisalabad (1), Rawalpindi (1), Peshawar (1), Abbottabad (1), römisch 40 (1) und Islamabad (USDOS 24.5.2012).

Die Regierung unterhielt ein Krisenzentrum für Frauen in Notlagen, das Frauen, die misshandelt wurden, an NGOs zur Unterstützung weitervermittelte (USDOS 19.4.2013). Es bietet Frauen, die Opfer von Gewalt wurden (auch Menschenhandel), vorübergehenden Schutz. Die Frauen können ca. drei Monate im Frauenzentrum bleiben. Während dieser Zeit wird versucht, die Betroffenen in die Gesellschaft zu reintegrieren, entweder, indem ihre Probleme vor Gericht gelöst werden, oder indem sie dabei unterstützt werden, eine Arbeitsstelle und eine Wohnung zu finden. Dabei werden sie anfangs mit der Grundausstattung für einen neuen Haushalt und mit Lebensmitteln versorgt. Falls beide Wege nicht erfolgreich sind, können die Frauen vorerst im Zentrum bleiben und dort eine handwerkliche Ausbildung absolvieren. Diejenigen, die alphabetisiert sind, erhalten EDV-Training und Beratung zur Unternehmensgründung. Medizinische, rechtliche und psycho-soziale Beratung wird ebenfalls angeboten. Frauen mit Kindern werden auch aufgenommen und die Ausbildung der Kinder wird durch die Zusammenarbeit mit Partnerorganisationen sichergestellt (IOM 8.2013).

Weiters gibt es insgesamt 26 staatliche Shaheed Benazir Bhutto Frauenschutzzentren, die temporären Schutz, rechtliche Hilfe sowie medizinische und psychologische Betreuung bieten. Von diesen werden die Frauen in ungefähr 200 von den Provinzen verwalteten Darul Aman (Frauen- und Kinderzentren) weitergeleitet, wo Unterkunft, Zugang zu medizinischer Versorgung, begrenzte rechtliche Beratung und etwas Berufsausbildung gewährt werden. Viele Regierungszentren waren überfüllt und Ressourcen und Personal unzureichend vorhanden. Es gibt Fällen, in denen Frauen in staatlichen Schutzhäusern missbraucht, in ihrer Bewegungsfreiheit einschränkt oder unter Druck gesetzt wurden, zu ihren Misshandlern zurückzukehren (USDOS 19.4.2013, vergleiche Murad Ullah 1.-2.10.2012). Auch der private Edhi Trust leistet Unterstützung in vielen Bereichen, u.a. durch kostenlose medizinische Einrichtungen und Schutzhäuser für Waisen und Frauen, die häuslicher Gewalt entkommen sind (BAA 6.2013).

Weitere Berichte gibt es über zwei NGO-Schutzzentren für Frauen, Dastak in Lahore und Panah in Karachi. Laut einer Vertreterin der Frauenorganisation Shirkat Gah, sind diese beiden Schutzhäuser in gutem Zustand, die Regierungshäuser aber in einem schlechten. Ersteres bietet 25 Frauen und 45 Kinder Unterschlupf, nahm zweitweise auch 70 Frauen mit ihren Kindern auf. Nach eigener Aussage wird niemand weggeschickt. Es wird von bewaffneten Sicherheitskräften bewacht und bietet mindestens für drei Monate Unterschlupf, manchmal auch für Jahre (IRB 14.1.2013). Im festungsähnlichen Schutzhaus Panah befanden sich 2010 229 Frauen und 82 Kinder. Das Schutzhaus Panah bietet Frauen kostenlose rechtliche Hilfe, beschäftigt sich mit Trauma und Rehabilitation. Die meisten der Frauen hier wollen sich scheiden lassen oder einer Zwangsheirat entkommen, viele sind auch von Ehrenmorden bedroht. Wenn sie vom Schutzhaus zum Gericht gehen, erhalten sie Polizeischutz. Familien erscheinen und versuchen sie zu attackieren (A safe world for women o. D.). Panah ist kein permanentes Zuhause. Neben Sicherheit bietet das Zentrum rechtliche und medizinische Hilfe an (IRB 14.1.2013).

Quellen:

AA - Auswärtiges Amt (2.11.2012): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Pakistan

AA - Auswärtiges Amt (1.7.2011): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Pakistan

AF - Aurat Foundation (29.8.2013): Data on violence against women during year 2012 released

http://www.af.org.pk/PDF/VAW%20Reports%20AND%20PR/PR/Data%20Release%20on%20Violence%20Against%20Women%202012%20(English).pdf, Zugriff 10.9.2013

A safe world for women (o.D.): A Pakistan shelter to protect the honour of women, letztes Bezugsdatum 2010, http://www.asafeworldforwomen.org/global-news/asia/pakistan/1612-pakistan-womens-shelter.html, Zugriff 29.1.2013

BAA - Bundesasylamt (6.2013): Bericht zur Fact Finding Mission Pakistan vom 8-16.3.2013 mit den Schwerpunkten Sicherheitslage, Religiöse Minderheiten Landrechte Medizinische und soziale Versorgung, Afghanische Flüchtlinge

Dawn (3.10.2012): Violence in the home, http://dawn.com/2012/10/03/violence-in-the-home/, Zugriff 11.9.2013

IOM - Internationale Organisation für Migration (8.2013):

Länderinformationsblatt Pakistan, http://www.bamf.de/SharedDocs/MILo-DB/DE/Rueckkehrfoerderung/Laenderinformationen/Informationsblaetter/cfs_pakistan-dl_de.pdf?__blob=publicationFile, Zugriff 14.10.2013

IRB - Immigration and Refugee Board of Canada (14.1.2013): Responses To Information Requests (RIRs), PAK104261.E Pakistan: Domestic violence, including effectiveness of the Protection of Women (Criminal Laws Amendment) Act, 2006; state protection and services available to victims,

http://www.irb-cisr.gc.ca:8080/RIR_RDI/RIR_RDI.aspx?id=454350&l=e, Zugriff 26.1.2013

Murad Ullah, Legal Officer des UNHCR in Islamabad (1.- 2.10.2012):

Vortrag zum DACH Workshop Pakistan, Nürnberg

TET - The Express Tribune (20.2.2012): Senate unanimously passes Domestic Violence Bill,

http://tribune.com.pk/story/339308/senate-unanimously-passes-domestic-violence-bill/, Zugriff 9.9.2013

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Clerics demand review of 'controversial' clauses, http://tribune.com.pk/story/365512/domestic-violence-bill-clerics-as-government-to-review-decision/, Zugriff 9.9.2013

TET - The Express Tribune (25.11.2012): In Pakistan, education is no shield against female violence, http://tribune.com.pk/story/470882/international-day-for-elimination-of-violence-in-pakistan-education-is-no-shield-against-female-violence/, Zugriff 11.9.2013

TET - The Express Tribune (1.4.2013): Celebrating milestones: With the domestic violence act, the hurly-burly's done, but the battle hasn't been won,

http://tribune.com.pk/story/529300/celebrating-milestones-with-the-domestic-violence-act-the-hurly-burlys-done-but-the-battle-hasnt-been-won/, Zugriff 9.9.2013

USDOS - US Department of State (24.5.2012): Country Report on Human Rights Practices 2011 - Pakistan, http://www.ecoi.net/local_link/217677/338442_de.html, Zugriff 15.10.2013

USDOS - US Department of State (19.4.2013): Country Report on Human Rights Practices 2012 - Pakistan, http://www.refworld.org/docid/517e6df418.html, Zugriff 15.10.2013

Ehrverbrechen (Frauen und Männer), Zwangsheirat und andere schädliche traditionelle Praktiken

Manchmal werden Frauen Opfer unterschiedlicher Arten gesellschaftlich bedingter Gewalt und Misshandlungen (Ehrenmorde;

Verstümmelungen von Gesicht, Körper und Genitalien; Zwangsehen;

erzwungene Isolation; und sie wurden benutzt um Streitigkeiten beizulegen). Frauen werden oft wie Gegenstände behandelt. Die Täter sind oft Ehemänner und andere Familienmitglieder (USDOS 19.4.2013). "Ehrenverbrechen" beinhalten auch "Säureangriffe" (2011: 38 Fälle) oder Brandanschläge (2011: 47 Fälle) (AA 2.11.2012).

In Bezug auf Gewalt gegen Frauen hat sich die Situation, laut Human Rights Commission Pakistan (HRCP) verschlechtert, die Zahl der Ehrenmorde nimmt zu. Dies kann darauf zurückzuführen sein, dass Frauen verstärkt ihre Rechte beanspruchen. Es gibt auch die Möglichkeit, dass die Berichte zu den Fällen zunehmen, da in letzter Zeit das Bewusstsein gestärkt wurde (BAA 6.2013). Das Gesetz zu Ehrenmorden von 2004 und das Gesetz zur Bekämpfung von frauenfeindlichen Praktiken aus 2011 machen Akte schädlicher traditioneller Praktiken gegen Frauen strafrechtlich verfolgbar. Dennoch werden Hunderte Frauen Opfer von Ehrenmorden, wobei viele Fälle ungemeldet und ungestraft bleiben (USDOS 19.4.2013).

Seit Anfang 2012 ist Zwangsehe unter Strafe gestellt. Das Phänomen der Zwangsverheiratung trifft Frauen weit stärker als Männer, da sie nur wenige Möglichkeiten haben, sich gegen solche Entscheidungen zu wehren (AA 2.11.2012). Frauen steht es zwar rechtlich frei, ohne Einverständnis ihrer Familie zu heiraten, doch werden sie danach häufig ausgegrenzt oder Opfer eines Ehrverbrechens. Viele junge Mädchen und Frauen werden Opfer von Zwangsehen. Obwohl diese strafbar sind, bleibt die Strafverfolgung ein Problem. In ländlichen Gegenden gibt es auch die verbotenen Praktiken des Kaufens und Verkaufens von Frauen, der Übergabe von Frauen zur Streitbeilegung sowie der Verheiratung mit dem Koran, wodurch eine Frau nicht mehr heiraten kann und ihr Erbanteil bei ihren männlichen Verwandten bleibt. In ländlichen Gebieten finden außerhalb des Rechtssystems traditionelle Ratsversammlungen statt, die Fehden beilegen oder wahrgenommenes Fehlverhalten bestrafen, oft auch widersprüchlich zu geltendem Recht. Über Frauen werden in Bezug auf die "Ehre" oft gewaltvolle Strafen oder Todesurteile verhängt (USDOS 19.4.2013).

In den FATA hat sich ein auf dem Stammesrecht (z.B. Pashtunwali) basierendes paralleles Rechtssystem mit Jirga-Gerichten der Stammesältesten erhalten. Während sich männliche Angeklagte im Wege von Geldleistungen der Verhängung schwerer Strafen entziehen können, werden Frauen bei Verstößen gegen den Sittenkodex hart bestraft. Auch sind Fälle bekannt, in denen stellvertretend für Delinquenten weibliche Familienangehörige getötet oder in anderer Weise bestraft werden (AA 2.11.2012).

"Karo-kari" bezieht sich wörtlich auf einen Mann und eine Frau, die einer unrechtmäßigen Beziehung beschuldigt sind und damit Schande über die Familie oder den Clan gebracht haben, was einen Mord an der Frau und dem Mann, zum Schutz der Ehre erlaubt. Während die Frauen meistens nach solchen Anschuldigungen getötet werden, werden die beschuldigten Männer oft laufen gelassen oder sind fähig zu fliehen (AF 11.2011). Normalerweise hat der Mann die Möglichkeit zu fliehen, während seine Familie mit der entehrten Familie verhandelt, um sein Leben zu schützen (AHRC 2012; vergleiche USDOS 19.4.2013). Manchmal wird somit auch der beschuldigte Mann getötet, obwohl dies im Stammesgesetz für beide vorgesehen ist. "Karo Kari" trifft bei Seitensprüngen und unerlaubter Heirat zu (UK Home Office 9.8.2013).

In Pakistan geht das Konzept der Ehrenmorde zurück auf paschtunische und belutschische Stammesbräuche, es ist allerdings auch im Sindh und Punjab prävalent geworden, wodurch solche Morde im ganzen Land ohne regionale oder Klassengrenzen begangen werden (AF 11.2011). Sie kommen hauptsächlich im von Stämmen bewohnten Landgürtel, der an Belutschistan grenzt vor (A safe world for women o.D.). In erster Linie erstreckt sich ihre Verbreitung somit im südlichen Punjab und im Sindh, wo ein jahrhundertealtes feudales Stammessystem benutzt wird (AHRC 23.1.2013). Auch in Islamabad registriert die Polizei nun regelmäßig Fälle. Die Polizei geht davon aus, dass die meisten Fälle ungemeldet bleiben. Die Zahlen werden durch Berichte der Polizei und der Medien gesammelt (Dawn 23.7.2012). Pakistan ist einer der Staaten, in denen eine große Zahl an Ehrenmorden berichtet wird. In vielen Fällen ist die "Ehre" aber nur Vorwand für Verbrechen, die aufgrund von Streitigkeiten geschehen (AHRC 2012).

Bei den Motiven, die in einer Studie von Aurat in den FIR (Polizeiberichten) recherchiert wurden, zeigen sich landesweite Übereinstimmungen, die auf dem Verhalten der Frauen basierten: der Vorwurf schlechten Charakters, schlechter Moral, schlechten Verhaltens, vorgeworfene oder tatsächliche unerlaubte Beziehungen, Heirat ohne Einverständnis der Familie, Verlassen des Ehemannes/ Scheidung, Gespräch/Freundschaft mit einem Mann, der nicht verwandt ist, frühere Beziehungen, oft unbegleitet außer Haus gehen, das Haus ohne Erlaubnis verlassen oder Opfer einer Vergewaltigung zu werden. In der Logik der Stammestraditionen werden Frauen, die so getötet werden oder fliehen können, nicht als Opfer gesehen, sondern als Täter (AF 11.2011).

Bislang konnte noch keine grundlegende Verbesserung der Situation aufgrund des 2004 verabschiedeten Honour Killing Act festgestellt werden, der die sog. "Ehrentötungen" (Karo Kari), deren Opfer z.B. eine außereheliche Beziehung unterhielten oder eine Liebesehe schlossen bzw. diesbezüglich verdächtigt werden, als Mord unter Strafe stellt. In 77 % der Fälle, in denen es zu einer Strafverfolgung kommt, werden die Angeklagten frei gesprochen. 2011 sind mindestens 943 Frauen, darunter 93 Minderjährige, Opfer von Ehrenmorden geworden. Unter den Opfern waren sieben Frauen christlichen und zwei hinduistischen Glaubens. Die Dunkelziffer fällt womöglich höher aus (AA 2.11.2012). Für 2012 sammelte die Human Rights Commission of Pakistan 913 Fälle von Ehrenmorden an Frauen, darunter 99 minderjährige (HRCP 3.2013). Einer Statistik der Women Rights Cell of Research and Development for Human Resources zufolge wurden zwischen Jänner und März 2012 im Sindh auch 32 Männer Opfer von Ehrenmorden (TNI 18.4.2012). Eine Analyse der Foundation for Research & Community Empowerment von Medienberichten zu Ehrenmorden zeigte, dass 80 % in nördlichen Gebieten des Sindh stattfanden (AHRC 10.12.2012).

Trotz des Gesetzes zu Ehrenmorden von 2004 bleiben diese ein durch einen Kompromiss beilegbares Verbrechen. Da sie meist durch Familienmitglieder begangen werden - Vater, Bruder, Ehemann des Opfers - wird dadurch leicht "vergeben" und damit das Verfahren beigelegt. Allerdings müssen alle rechtlichen Erben des Opfers für eine Vergebung zustimmen (Dawn 23.7.2012). Die Möglichkeit des Verzichts auf Strafe des Täters kann auch bei Verbrechen außerhalb der Familie großen Druck, von Seiten der Täter bzw. deren Familien eröffnen. Diese Möglichkeit geht auf die "Qisas und Diyat" Regelung im pakistanischen Strafgesetz zurück, laut welcher Opfer eines Körperverbrechens bzw. deren Erben, dem Täter "verzeihen" und damit auf eine Strafe verzichten oder einen Kompromiss durch Kompensation schließen können. Bei Ehrenmorden kann allerdings durch das Gesetz von 2004 das Gericht in Fällen, wo nicht alle Erbberechtigen des Opfers auf ihr Recht auf Vergeltung [rechtliche Bestrafung des Täters] verzichten oder aufgrund des Prinzips der Störung der Gesellschaft, gegen einen Täter trotz eines Verzichts von Angehörigen, eine Strafe von einem Minimum von 10 Jahren verhängen. Außerdem müssen die Bedingungen für einen Verzicht oder eine Kompensation vom Gericht genehmigt werden. Die Möglichkeit als Kompensation Frauen zu übergeben, wurde als illegal unter Strafe gestellt. (AF 11.2011).

In Pakistan beschäftigen Ehrenmorde regelmäßig seit Jahren die Gerichte. Das Hohe Gericht in Khyber Pakhtunkhwa zeigt weiterhin einen konservativen, schweigenden Zugang zu Ehrenmorden. Das Hohe Gericht in Sindh wurde aktiver und gab eine Reihe starker Statements ab. Das Höchstgericht in Lahore hat widersprüchliche Entscheidungen getroffen. Besorgniserregend ist der Mangel an Fällen aus Belutschistan und Khyber Pakhtunkhwa, wo nach Medienberichten und Strafanzeigen jedoch Ehrenmorde passieren (AF 11.2011).

Es gibt immer noch eine hohe Unwissenheit oder Ignoranz über das Gesetz, auch bei Anwälten und der Polizei, besonders in ländlichen Gegenden. In den Städten ist das Bewusstsein dafür bereits gewachsen. Die Proklamierung des Gesetzes durchbrach gesellschaftliche Barrieren, um das Thema zu diskutieren. In den Medien Pakistans erhält es nun eine breite Abdeckung, die soziale Intoleranz diesem Verbrechen gegenüber wächst. Auch haben einige Stammesführer und Grundherren sich öffentlich von dieser Tradition distanziert (AF 11.2011). In den letzten Jahren gab es eine wachsende Bewegung gegen Ehrverbrechen in verschiedenen Teilen der Gesellschaft Pakistans. Die Zivilgesellschaft hat sich lautstark des Themas angenommen (AHRC 2012). NGOs und Frauenrechtsorganisationen kämpfen dafür, dass Ehrenmorde als nicht beilegbares Verbrechen gegen den Staat geahndet werden (Dawn 23.7.2012).

Die Hilfsorganisation Oxfam initiierte eine Aufklärungskampagne gegen Ehrenmorde. Es wurde eine institutionelle Struktur geschaffen in der Polizei von Sindh, um Anti-Karo-Kari Einheiten einzurichten und Polizisten auszubilden (USAID, AF 1.2011). In einigen Bezirken werden Workshops zur Fortbildung für Polizisten im Umgang mit Ehrenmord- oder anderen Gewaltfällen abgehalten und dabei auch bestehende Problematiken kritisch behandelt (TET 26.9.2012). Im Sindh wurden Karo-Kari Einheiten, mit einer gebührenfreien Telefonnummer auch in den Bezirken Sukkur, Ghotki, Khairpur und Nausharo Feroze eingerichtet. Ständige Komitees der Nationalversammlung hielten Anhörungen u.a. zu Ehrenmorden ab. Obwohl viele Fälle von Ehrenmord nicht berichtet werden, meinen Polizei und NGOs, dass die zunehmende Behandlung in den Medien es der Rechtsdurchsetzung ermöglicht einige Aktivitäten gegen eine begrenzte Anzahl von Tätern zu unternehmen (USDOS 19.4.2013).

Quellen:

AA - Auswärtiges Amt (2.11.2012): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Pakistan

AF - Aurat Foundation (11.2011): A Pilot Study on: Honour Killings in Pakistan and Compliance of law, http://www.af.org.pk/pub_files/1366345831.pdf, Zugriff 10.9.2013

AHRC - Asian Human Rights Commission (23.1.2013): A journalist cum human rights defender has been implicated in an honour killing and police refused to protect him,

http://www.humanrights.asia/news/urgent-appeals/AHRC-UAC-007-2013, Zugriff 11.9.2013

AHRC - Asian Human Rights Commission (2012): Pakistan: Honour Killings - Reckless Practice of the Culture, http://www.humanrights.asia/opinions/columns/AHRC-ETC-010-2012, Zugriff 9.9.2013

AHRC - Asian Human Rights Commission (10.12.2012): The State of Human Rights in Pakistan 2012,

http://www.humanrights.asia/resources/hrreport/2012/ahrc-spr-008-2012.pdf/view, Zugriff 9.9.2013

A safe world for women (o.D.): A Pakistan shelter to protect the honour of women, letztes Bezugsdatum 2010, http://www.asafeworldforwomen.org/global-news/asia/pakistan/1612-pakistan-womens-shelter.html, Zugriff 29.1.2013

BAA - Bundesasylamt (6.2013): Bericht zur Fact Finding Mission Pakistan vom 8-16.3.2013 mit den Schwerpunkten Sicherheitslage, Religiöse Minderheiten Landrechte Medizinische und soziale Versorgung, Afghanische Flüchtlinge

Dawn (23.7.2012): Honour killing cases on the rise, http://dawn.com/2012/07/23/honour-killing-cases-on-the-rise/, Zugriff 11.9.2013

HRCP - Human Rights Commission of Pakistan (3.2013): State of Human Rights in 2012,

http://hrcp-web.org/hrcpweb/wp-content/pdf/AR2012.pdf, Zugriff 2.9.2013

TET - The Express Tribune (26.9.2012): Violence against women: In most honour killing cases, SHOs 'favour' the guilty party, http://tribune.com.pk/story/442420/violence-against-women-in-most-honour-killing-cases-shos-favour-the-guilty-party/, Zugriff 8.9.2013

TNI - The News International (18.4.2012): Honor-killing, domestic violence goes on,

http://www.thenews.com.pk/article-45082-Honor-killing,-domestic-violence-goes-on, Zugriff 11.9.2013

UK Home Office (9.8.2013): Pakistan Country of Origin Information (COI) Report Pakistan,

https://contact-ukba.homeoffice.gov.uk/sitecontent/documents/policyandlaw/coi/pakistan/report-09082013.pdf?view=Binary, Zugriff 8.9.2013

USAID - USAID / Aurat Foundation (1.2011): Gender-Based Violence in Pakistan, Aurat Foundation, A Scoping Study, http://af.org.pk/gep/deskStudies/GENDER%20BASED%20VIOLENCE%20-%20R%20PARVEEN%20(2).pdf, Zugriff 8.9.2013

USDOS - US Department of State (19.4.2013): Country Report on Human Rights Practices 2012 - Pakistan, http://www.refworld.org/docid/517e6df418.html, Zugriff 15.10.2013

Bewegungsfreiheit

Das Gesetz gewährleistet die Bewegungsfreiheit im Land und ungehinderte internationale Reisen, doch die Regierung beschränkte diese Rechte in der Praxis. Die Regierung schränkte den Zugang zu bestimmten Gebieten der FATA, Khyber Pakhtunkhwa und Belutschistan aufgrund von Sicherheitsbedenken ein. Regierungsangestellte und Studenten müssen vor Reisen ins Ausland ein "no objection certificate" einholen, doch bei Studenten wurde dies selten durchgesetzt. Personen auf der Exit Control List war es verboten, ins Ausland zu reisen. Diese Liste soll Personen, welche ein Kriminalverfahren anhängig haben, von Auslandsreisen abhalten. Allerdings war keine gerichtliche Handlung notwendig, damit das Innenministerium einen Namen auf die Liste setzen konnte. Sie wurde manchmal benutzt, um Menschenrechtsaktivisten und Führer nationalistischer Parteien zu schikanieren. Personen auf der Liste haben das Recht, bei Gericht Einspruch einzulegen (USDOS 19.4.2013)

Die Reisefreiheit in Pakistan wurde 2012 häufig eingeschränkt. Durch die interkonfessionelle Gewalt in Gilgit Batlisten und Belutschistan wurden einige Gegenden für einen nicht unbeachtlichen Teil der Bevölkerung zur "no go area". Durch die Sicherheitslage in vielen Agencies der FATA sind diese für Personen von außerhalb und manchmal auch für die Bewohner selbst zur "no go area" geworden. Sicherheitsmaßnahmen führten bei Terrordrohungen zur Einschränkung der Bewegungsfreiheit für alle Bürger. Kämpfe zwischen kriminellen Banden bedrohten die Bewegungsfreiheit der Bürger Karatschis. Gewalt zwischen ethnischen Gruppen machten bestimmte Teile Karatschis, die von einer ethnischen Gruppe dominiert wurden, zu einer "no go area" für die andere ethnische Gruppe. Ethnische Gewalt in Teilen Belutschistans schränkten auch hier - vor allem für Hazara - die Bewegungsfreiheit ein. Arbeiter in illegaler Schuldknechtschaft gehörten zu den Gruppen mit den stärksten Beschränkungen der Bewegungsfreiheit. Die Opfer wurden durch bewaffnete Wächter davon abgehalten zu fliehen und die Familien wurden als Geiseln gehalten (HRCP 3.2013).

Für Angehörige aller Gruppen gilt, dass ein Ausweichen in der Regel das Aufgeben der wirtschaftlichen Basis mit sich bringt. In den Städten, vor allem den Großstädten Rawalpindi, Lahore, Karachi, Peshawar oder Multan, leben potentiell Verfolgte aufgrund der dortigen Anonymität sicherer als auf dem Lande. Selbst Personen, die wegen Mordes von der Polizei gesucht werden, können in einer Stadt, die weit genug von ihrem Heimatort entfernt liegt, unbehelligt leben (AA 2.11.2012).

Ahmadis bietet eine Flucht nach Rabwah, ihrem religiösen Zentrum, keinen sicheren Schutz vor Repressionen (AA 1.7.2011), aber einen erheblichen. Sie sind dort weitgehend unter sich, doch für ihre Gegner sehr sichtbar (AA 2.11.2012). 95 % der Einwohner der Stadt Rabwah sind Ahmadis. In einer Antwort erklärte die Human Rights Commission of Pakistan, dass die Sicherheit in Rabwah für Ahmadis von der Art der Verfolgung und dem Einfluss der verfolgenden Person abhängt. Rabwah ist zwar sicherer für Ahmadis als die meisten anderen Orte in Pakistan, doch wenn jemand in ganz Pakistan verfolgt wird, dann wird er auch in Rabwah gefunden. In Rabwah zu leben zeigt, dass man Ahmadi ist, sollte man einen Ahmadi aufspüren wollen, würde man dort suchen (UK Home Office 9.8.2013).

Auch besteht die Möglichkeit, in den Schutz der größeren Städte zu fliehen, falls es sich nicht um Personen handelt, die bereits überregional bekannt geworden sind. Dies wird auch von Vertretern unabhängiger pakistanischer Menschenrechtsorganisationen als Ausweichmöglichkeit gesehen. Für verfolgte Angehörige der christlichen Minderheit bestehen - abgesehen wiederum von den Fällen, die überregionale Bekanntheit erlangt haben - generell Ausweichmöglichkeiten in andere Landesteile (AA 2.11.2012).

Zum Spruch des Europäischen Gerichtshofes, Deutschland gegen Y & Z [2012] EUECJ C-71/11 (05 September 2012): Es ist und war im Allgemeinen möglich für Ahmadis ihren Glauben auf einer eingeschränkten Basis sowohl im privaten Bereich als auch in der Gemeinschaft auszuüben, ohne das heimische pakistanische Gesetz zu verletzen. In Bezug auf eine volle Glaubensübung über die Einschränkungen des pakistanischen Strafgesetzes unter Sektion 298B und 298C hinaus, gilt das Gesetz landesweit [Anmerkung: die länderkundlichen Aspekte wurden verwendet, die diesbezüglichen Entscheidungsvorgaben der britischen Behörde wurden nicht miteinbezogen] (UK Home Office 1.2013).

Für jene Individuen, denen aufgrund schädlicher religiöser Normen oder traditioneller Praktiken Leid droht, wie Opfer von oder Personen in Gefahr von Zwangsheirat, Zwangskonversion oder Ehrenmorden und für die eine interne Relokation in einen anderen Teil des Landes relevant sein kann, muss die Anerkennung solcher Normen durch breite Teile der Gesellschaft und mächtige, konservative Elemente in der Verwaltung berücksichtigt werden (Murad Ullah o.D.).

Laut Bericht des Vertrauensanwaltes, kann eine Person, die von einem Konfliktherd mit Taliban flieht, relativ sicher in einer pakistanischen Stadt in den Provinzen Sindh oder Punjab leben. Hinsichtlich der Sicherheit existieren in Pakistan - schon aufgrund der Größe des Landes - interne Fluchtalternativen. Wenn die Taliban direkt eine Person verfolgen, ist es schwierig sich zu verstecken, Karatschi kann im allgemeinen eine Option für Sicherheit sein, wie weit dies sicher ist, hängt allerdings vom Profil der Person und von der Art des Konfliktes ab, von dem die Person flieht. Es muss sorgfältig auf einer Einzelfallbasis abgeklärt werden. Es hängt von der Ernsthaftigkeit des jeweiligen Konfliktes ab, ob diese Person durch die Taliban gesucht und gefunden werden wird. Paschtunen haben ein enges Familiennetz und da die meisten in Karatschi wieder in diesem Familiennetz bzw. "community" leben, kann man sie über diesen Weg finden. Doch es ist möglich sich aufgrund der Größe Pakistans aus dem Radar der Taliban begeben. Eine "low profile" Person, die z. B. nach Karatschi flüchtet, wird dort von den Taliban nicht aufgespürt werden, da es für die Taliban auch keine Priorität hat, "low profile" Personen zu suchen (ÖB Islamabad 25.7.2013).

Nach Einschätzung des Vertreters des PIPS (Pakistan Institute for Peace Studies) ist es nicht die Strategie der Taliban, einzelne Personen durch das Land zu verfolgen. Eine Assistenzprofessorin erzählt von Fällen aus Karatschi - wo sich die Taliban im Zuge der durch die Militärinterventionen im Swat-Tal ausgelösten Wanderung in einigen Vororten etablieren konnten - in denen Personen, die gegen die Taliban im Swat-Tal agierten, in Karatschi getötet wurden. Der UNHCR betont, dass die Terrororganisationen zwar meist lokal agieren, einige aber teilweise vernetzt sind und zum Teil zusammen arbeiten. Eine innerstaatliche Fluchtalternative kann somit nicht generell angenommen werden, sondern muss in jedem Fall einzeln geprüft werden (BAA 6.2013).

Männer können bei privaten Disputen oder der Gefährdung, Opfer eines Ehrverbrechens zu werden, also in Fällen, wo nur durch Privatpersonen eine Verfolgung besteht, grundsätzlich meist in andere Gebiete Pakistans ausweichen. Es kommt allerdings auf die Vernetzung und den Einfluss der verfolgenden Person bzw. Personengruppen an. Wenn ein ganzer Stamm eine Person aufgrund einer Ehrverletzung verfolgt, wird er, laut Aussage von HRCP, auch "in New York gefunden" werden. Es ist somit der individuelle Einzelfall zu berücksichtigen (BAA 6.2013).

Quellen:

AA - Auswärtiges Amt (2.11.2012): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Pakistan

AA - Auswärtiges Amt (1.7.2011): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Islamischen Republik Pakistan

BAA - Bundesasylamt (6.2013): Bericht zur Fact Finding Mission Pakistan vom 8-16.3.2013 mit den Schwerpunkten Sicherheitslage, Religiöse Minderheiten Landrechte Medizinische und soziale Versorgung, Afghanische Flüchtlinge

HRCP - Human Rights Commission of Pakistan (3.2013): State of Human Rights in 2012,

http://hrcp-web.org/hrcpweb/wp-content/pdf/AR2012.pdf, Zugriff 2.9.2013

Murad Ullah, Legal Officer des UNHCR in Islamabad (o.D.): Minorities in Pakistan - UNHCR Eligibility Guidelines and practical perspective from the field, Unterlage zu DACH Workshop 1.-2.10.2013

ÖB Islamabad - Österreichische Botschaft (25.7.2013):

Ermittlungsbericht des Vertrauensanwaltes, SLC/SIS/A-15887

UK Home Office (9.8.2013): Pakistan Country of Origin Information (COI) Report Pakistan,

https://contact-ukba.homeoffice.gov.uk/sitecontent/documents/policyandlaw/coi/pakistan/report-09082013.pdf?view=Binary, Zugriff 8.9.2013

USDOS - US Department of State (19.4.2013): Country Report on Human Rights Practices 2012 - Pakistan, http://www.refworld.org/docid/517e6df418.html, Zugriff 15.10.2013

Grundversorgung/Wirtschaft

Die schweren Fluten drei Jahre hintereinander haben der pakistanischen Wirtschaft ernsten Schaden zugefügt und ihr potentielles Wachstum halbiert. Sie erhöhten auch Inflation und Arbeitslosenrate, unterbrachen Versorgungsketten, zerstörten die Saat und behinderten die industrielle Produktion. Die stärker werdenden Engpässe in der Energieversorgung und die schwache Recht- und Ordnungssituation sowie strukturelle Hindernisse zügeln ebenfalls Investitionen und Wachstum (TRF 9.9.2013, vergleiche AA 10.2013b; World Bank 16.11.2011). Nach den Fluten 2010 und 2011 und der weltweiten Nahrungsmittelpreiskrise gab es eine merkbare Zunahme der absoluten Armut (BAA 6.2013). Mit geschätzten 3,6 % blieb das Wirtschaftswachstum im Haushaltsjahr 2013 (1.7.2012-30.6.2013) hinter den Möglichkeiten des Landes zurück und bewegte sich auf dem Niveau der Vorjahre (2010: 3,8 %; 2011: 2,4 %; 2012: 4,4 %) (AA 10.2013b). Das Wirtschaftswachstum kann nicht mit dem Bevölkerungswachstum mithalten (BAA 6.2013).

Die Inflation entwickelte sich zuletzt positiv. Sie ging von fast 14 % im Vorjahr auf 7,5 % im Sommer 2013 zurück und ist damit erstmals seit sechs Jahren wieder im einstelligen Bereich angesiedelt. Das Haushaltsdefizit liegt derzeit bei fast 9 % des BIP, die gesamten öffentlichen Schulden bei 63,5 %. Die Devisenreserven Pakistans sind gegenüber Sommer 2012 (10,8 Mrd. US-Dollar) auf zuletzt 6,27 Mrd. US-Dollar deutlich geschrumpft. Defizitäre Staatsbetriebe belasten die öffentlichen Finanzen und benötigen regelmäßig staatliche Finanzspritzen. Pakistan wird seine Staatseinnahmen deutlich erhöhen müssen; mit knapp 9 % des BIP hat es eine der niedrigsten Steuerquoten der Welt (AA 10.2013b).

Es gibt eine Energiekrise, ein großer Teil der Bevölkerung hat keinen regelmäßigen Zugang zu Strom. Die Energiesituation hat sich in den letzten Jahren rapide verschlechtert, es ist jedoch schwer dies zu quantifizieren, da es in letzter Zeit keine Erhebungen gab. Der Stromausfall beträgt landesweit im Sommer bis zu 18 Stunden am Tag. Besonders betroffen ist der Punjab, in anderen Provinzen ist die Situation etwas besser Es gibt ein System des "load shedding shedule", ein öffentlicher Plan und Information, wann die Elektrizität wo abgeschaltet wird (BAA 6.2013). Die Stromausfälle haben nicht nur negative Auswirkungen auf die Lebensumstände der Bevölkerung. Sie führen auch zu einem um 3 bis 4 Prozentpunkte niedrigeren Wirtschaftswachstum. Die von der neuen Regierung im Juli 2013 vorgestellte Nationale Energiepolitik benennt als erste Priorität die Schließung der Lücke zwischen Stromangebot und -nachfrage (AA 10.2013b).

Die Landwirtschaft Pakistans ist mit einem Beitrag von rund 21 % zum BIP immer noch in vielerlei Hinsicht der wichtigste Sektor der pakistanischen Volkswirtschaft. Über 44 % der arbeitenden Bevölkerung sind in der Landwirtschaft beschäftigt; knapp 60 % der ländlichen Bevölkerung hängen direkt oder indirekt vom landwirtschaftlichen Sektor ab. Die Provinz Punjab gehört in vielen Bereichen (u.a. Getreideanbau u. Viehzucht) zu den weltweit größten Produzenten und verfügt über das größte zusammenhängende landwirtschaftliche Bewässerungsgebiet weltweit. Der Industriesektor trägt mit 25,4 % zum BIP bei. Der bei weitem wichtigste Exportsektor ist die Textilbranche, die ca. 60 % aller pakistanischen Exportgewinne ausmacht. Der Dienstleistungssektor hat sich zu einem wichtigen Wachstumsfaktor entwickelt, er trägt inzwischen mit ca. 53 % zum BIP bei. Wichtigste Bereiche sind hier v.a. Bankwesen, Versicherungswesen, Transportwesen und der Kommunikationssektor, aber auch der überproportional große öffentliche Verwaltungsapparat (AA 10.2013b). Die Telekommunikations- und die Baubranche haben ihre Expansion fortgesetzt und viele formelle und informelle Arbeitsplätze geschaffen. Diese Expansionen haben zu einem besseren Stellenangebot geführt (IOM 8.2013).

Die Gehaltsstruktur ist sehr unterschiedlich verteilt. In den Städten wie Multan, Lahore und Islamabad ist eine ausgeprägte Mittelschicht vorhanden, in den ländlichen Gebieten allerdings weniger. Laut IOM liegt das Einkommen der Mittelklasse bei ca. 20.000-30.000 Rupien (ca. € 152-227) im Monat. Durch die Inflation ist das bei einer Familie mit 2 Kindern gerade genug, um die wichtigsten Bedürfnisse zu befriedigen - im Fall eines eigenen Hauses und ohne private Schule. Muss man Miete zahlen, ist es schwieriger (BAA 6.2013).

Im niedrigen öffentlichen Dienst, als Tagelöhner oder Kleinstangestellter zeichnet sich ein Gehalt von 10.000-20.000 Rupien (ca. € 76-152) im Monat ab. Dies reicht kaum, um über die Runden zu kommen, 80 % der Haushaltsausgaben werden für Lebensmittel aufgewendet. Die geschätzte Arbeitslosigkeit ist gering, aber der Arbeitsmarkt ist durch eine Unterbeschäftigung bzw. Unterbezahlung gekennzeichnet. Lahore und Karatschi sind teurer, hier braucht man zwischen 30.000 und 35.000 Rupien (ca. € 227-265) im Monat, allerdings gibt es hier mehr Einkommensmöglichkeiten und ein stärker ausgeprägtes Mietwohnungswesen. Es sind zwar alle "irgendwie beschäftigt", aber die Löhne sind gering und reichen schlecht für das notwendigste Auskommen. In Karatschi, Rawalpindi und Lahore haben die Menschen eher ihre eigenen kleinen Geschäfte oder Kleinstunternehmen als eine Arbeitsstelle. In den ländlichen Gegenden ist der Großteil in der Land- oder Viehwirtschaft tätig (BAA 6.2013).

Die Organisation National Rural Support Programme erläutert, dass es aufgrund der großen Bevölkerung sehr viele Möglichkeiten für Geschäfte auf kleiner Basis gibt, neue gut laufende Trends sind z.B. kleine Schönheitssalons oder Handyreparaturwerkstätten. Die Organisation SEPLAA spricht den Bereichen IT, Energie-Sektor, Training und Unterricht hohes Potential in Pakistan zu. Die Leiterin des Women Entrepreneurial Development Programme führt aus, dass es viele Möglichkeiten am Markt gibt, aber das Problem sei oft, das Individuum mit den Marktanforderungen zu verknüpfen (BAA 6.2013).

Quellen:

AA - Auswärtiges Amt (10.2013b): Pakistan, Wirtschaft, http://www.auswaertiges-amt.de/sid_C2C3DF892573C0A8B185C354561BDB9D/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Pakistan/Wirtschaft_node.html, Zugriff 14.10.2013

BAA - Bundesasylamt (6.2013): Bericht zur Fact Finding Mission Pakistan vom 8-16.3.2013 mit den Schwerpunkten Sicherheitslage, Religiöse Minderheiten Landrechte Medizinische und soziale Versorgung, Afghanische Flüchtlinge

IOM - Internationale Organisation für Migration (8.2013):

Länderinformationsblatt Pakistan, http://www.bamf.de/SharedDocs/MILo-DB/DE/Rueckkehrfoerderung/Laenderinformationen/Informationsblaetter/cfs_pakistan-dl_de.pdf?__blob=publicationFile, Zugriff 14.10.2013

TRF - Thomas Reuters Foundation (9.9.2013): Floods have halved Pakistan's economic growth - expert, http://www.trust.org/item/20130909134725-rm708/, Zugriff 22.9.2013

World Bank (16.11.2011): Country Partnership Strategy Progress Report for The Islamic Republic Of Pakistan For The Period Fy2010-14,

http://siteresources.worldbank.org/PAKISTANEXTN/Resources/293051-1298387688762/CPSPRNov21.pdf, Zugriff 2.9.2013

Soziale Wohlfahrt und staatliche Beschäftigungsförderungsprogramme

Das Ministerium für religiöse Angelegenheiten, Zakat und Ushr, verwaltet die staatlich eingehobene Zakat [Anmerkung: religiöse Pflicht für Muslime, einen geregelten Anteil des Einkommens an Arme und Bedürftige abzugeben, in Pakistan wird sie staatlich eingehoben], die 2,5% des Einkommens beträgt, und finanziert damit Projekte für Arme und Bedürftige. Aber auch in diesem Bereich herrscht Korruption (Murad Ullah 1.-2.10.2012). Ein durchgehendes, konsistentes Sozialsystem ist auf Regierungsebene laut IOM nicht vorhanden. Das staatliche Zakat System finanziert Pakistan Bait-ul-Mal (PBM), das dem Premierminister untersteht, sowie das "Benazir Income Project" (BAA 6.2013). PBM ist eine autonome Behörde, die einen erheblichen Beitrag zur Bekämpfung der Armut durch die verschiedenen Maßnahmen für die ärmsten Mitglieder der Gesellschaft leistet und Unvermögende, Witwen, Waisen, Invaliden sowie schwache und andere bedürftige Menschen unterstützt (IOM 8.2013). PBM hat ein Budget von 2 Milliarden Rupien (ca. 15.157.710 €). Es werden unterschiedliche Projekte und Hilfsschemen finanziert, einige Programme für Kinder sowie das Individuelle Finanzielle Unterstützungsprogramm. Das Individuelle-Finanz-Assistenz-Programm richtet sich an besonders bedürftige Personen und setzt sich aus drei Komponenten zusammen. Einerseits kann bedürftigen Antragsstellern eine allgemeine finanzielle Unterstützung bei Armut gewährt werden. Die zweite Komponente des Programms ist eine finanzielle Assistenz zur Förderung von Eigenerwerbsfähigkeit. Dabei wird einer Person finanzielle Unterstützung gewährt, um ein kleines Geschäft zu gründen. Die dritte Möglichkeit der finanziellen Unterstützung wird über die Finanzierung einer medizinischen Behandlung geboten (BAA 6.2013).

Anträge müssen mit der Kopie der nationalen ID Karte beim District Officer eingereicht werden. Es gibt 144 zuständige District Officers für Pakistan, 30 für die FATA, 40 für Gilgit Baltistan und 40 für Kaschmir. Die Zahl der Empfänger des individuellen Unterstützungsprogrammes beträgt ca. 50.000. Die private Wohltätigkeitsebene ist in Pakistan sehr gut ausgeprägt (BAA 6.2013).

Die Overseas Pakistanis Foundation (OPF) wurde 1979 im Rahmen des Emigrations Erlasses gegründet. Ihr Ziel ist die Unterstützung der im Ausland lebenden Pakistanis und ihrer in Pakistan gebliebenen Familien. Ihre Angebote umfassen ökonomische Hilfen, medizinische Versorgung und Hilfe (IOM 8.2012). Zielgruppe der OPF sind im Ausland arbeitende Pakistanis und ihre in Pakistan gebliebenen Familien, ein Ziel dabei sind auch Dienstleistungen für zurückkehrende Migranten. Die OPF untersteht dem Ministerium für Auslandspakistanis (OPF o.D.).

Arbeitsvermittlungsbüros von staatlicher Seite gibt es nicht. Es gibt private Arbeitsvermittlungsagenturen (BAA 6.2013).

Zur Beschleunigung des wirtschaftlichen Wachstums wurden durch die Regierung verschiedene Maßnahmen getroffen. Eine Reihe initiierter Projekte soll eine positive Auswirkung auf die Schaffung neuer Arbeitsplätze haben. Hierzu zählen unter anderem die Verbesserung der physischen Infrastruktur, die Ausweitung des landwirtschaftlichen Potenzials des Landes und die Anwendung neuer Ressourcen zur Bekämpfung der Armut. Das Tameer-e-Pakistan-Programm wurde als Maßnahme zur Verringerung der Armut initiiert und dient dazu, die Einkommensquellen für arme Menschen zu verbessern und Beschäftigungsmöglichkeiten im gesamten Land zu schaffen. Die SME Bank (kleine und mittelständische Unternehmen) wurde am 1. Jänner 2002 mit dem primären Ziel der finanziellen und geschäftlichen Unterstützung von SME gegründet (IOM 8.2013).

Die Aufgabe der Nationalen Kommission zur beruflichen und technischen Bildung ist es, politische Richtlinien für die berufliche und technische Bildung zu erarbeiten und in diesem Bereich regulierend tätig zu sein, damit der nationale und internationale Bedarf an Fachkräften besser gedeckt werden kann. In den folgenden Fachgebieten werden Ausbildungsmaßnahmen angeboten:

Dienstleistungen (Krankenpflege, Tourismus, IT und Telekommunikation); Baugewerbe; Landwirtschaft, Milchproduktion und Viehzucht; Feinmechanik; ähnlich arbeitet der Rat für Berufliche Ausbildung in Punjab (PVTC), der von der Provinzregierung getragen wird. Er bietet nachfrageorientierte Ausbildungen an und ist vor allem um die Vermittlung benachteiligter Jugendlicher bemüht. Die verschiedenen Institute des Rates bieten folgende Ausbildungen an:

Computerreparatur und Wartung, EDV-gestütztes Textildesign, Betriebswirtschaftliche EDV, Reparatur von Mobiltelefonen, Textilverarbeitung, Import / Export Dokumentation, EDV-gestütztes technisches Zeichnen, KFZ-Elektriker, KFZ-Mechaniker, Stickerei, Schneiderei, Kosmetik; Es gibt im privaten Sektor viele NGOs und Institute, die berufliche Aus- und Weiterbildungen anbieten (IOM 8.2013).

Quellen:

BAA - Bundesasylamt (6.2013): Bericht zur Fact Finding Mission Pakistan vom 8-16.3.2013 mit den Schwerpunkten Sicherheitslage, Religiöse Minderheiten Landrechte Medizinische und soziale Versorgung, Afghanische Flüchtlinge

IOM - Internationale Organisation für Migration (8.2013):

Länderinformationsblatt Pakistan, http://www.bamf.de/SharedDocs/MILo-DB/DE/Rueckkehrfoerderung/Laenderinformationen/Informationsblaetter/cfs_pakistan-dl_de.pdf?__blob=publicationFile, Zugriff 14.10.2013

Murad Ullah, Legal Officer des UNHCR in Islamabad (1.-2.10.2012):

Vortrag zum DACH Workshop Pakistan, Nürnberg

OPF - Overseas Pakistanis Foundation (o.D.): Startseite, http://www.opf.org.pk/home.aspx, Zugriff 11.9.2013

Wohlfahrt-NGOs

Private Einrichtungen wie der Edhi-Trust spielen eine wichtige Rolle in der sozialen Versorgung (BAA 6.2013). Dieser bietet soziale Dienste, wie medizinische Versorgung, Notfallhilfe, Luftrettung, Bestattungen, Versorgung psychisch Kranker, Altenheime, Kinderhilfe, Frauenhäuser und Berufsbildung für benachteiligte Menschen an (IOM 8.2013).

Der Bunyad Literacy Community Council (BLCC) ist eine NGO, die sich hauptsächlich im Bereich Bildung engagiert (IOM 8.2013). Er hat sich die Verbesserung der Situation auf dem Lande lebender Familien zur Aufgabe gemacht hat. Die Programme richten sich an Randgruppen, vor allem an Frauen und Kinder. Das Hauptaugenmerk der Bunyad Programme liegt auf Alphabetisierung und Bildung (IOM 8.2012).

Development, Education, Environment, Poverty Alleviation, & Population Welfare Organization (DEEPP) ist eine im südlichen Punjab aktive NGO, die mit benachteiligten und marginalisierten Menschen arbeitet (IOM 8.2013).

Weitere Bespiele sind: Community Development Network Organization, Jacobabad; District Development Association Tharparkar (DDAT); Social Aid for Education and Development (SAFE), Sukkur; Legal Aid and Welfare Society (LAWS), Peschawar; Sarhad Rural Support Corporation (SRSC), Peschawar; Society for Integrated Development (S.I.R.D.), Quetta; Khawra Development Organization Muzaffarabad (IOM 8.2013).

Die pakistanische Entwicklungshilfeorganisation National Rural Support Programme (NRSP) unterstützt bei der Selbstorganisation der Landbevölkerung. Die Einheiten erörtern ihren Bedarf und beschließen ihre eigenen Projekte, Aufgabe von NRSP ist das Lukrieren von Finanzierungsmöglichkeiten. Eine weitere Hauptaufgabe ist der Aufbau der Qualifikationen und des Fachkönnens zur Erwerbstätigkeit. Trainings werden z.B. in den Bereichen Alphabetisierung, allgemeines Management, Finanzen, Nutztierhaltung, Forstwirtschaft, aber auch zur Führung kleinerer Geschäfte abgehalten. Das NRSP vergibt auch über die eigene Bank Mikrokredite mit einen Maximum von 30.000 Rupien (ca. € 227) pro Person. Speziell für arme Familien läuft das Social and Human Protection Programme zur Einkommensgenerierung. (BAA 6.2013).

Quellen:

BAA - Bundesasylamt (6.2013): Bericht zur Fact Finding Mission Pakistan vom 8-16.3.2013 mit den Schwerpunkten Sicherheitslage, Religiöse Minderheiten Landrechte Medizinische und soziale Versorgung, Afghanische Flüchtlinge

IOM - Internationale Organisation für Migration (8.2013):

Länderinformationsblatt Pakistan, http://www.bamf.de/SharedDocs/MILo-DB/DE/Rueckkehrfoerderung/Laenderinformationen/Informationsblaetter/cfs_pakistan-dl_de.pdf?__blob=publicationFile, Zugriff 14.10.2013

Rückkehrhilfe und -projekte

Personen, die nach Pakistan zurückkehren, erhalten keinerlei staatliche Wiedereingliederungshilfen oder sonstige Sozialleistungen (AA 2.11.2012). Kehren sie in ihren Familienverband zurück, ist ihre Grundversorgung im Rahmen dessen wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit gesichert (AA 1.7.2011).

IOM betreibt ein Freiwilliges Rückkehrprogramm für Pakistanis aus Österreich, das Projekt ist für das Jahr 2013 auf 30 Personen konzipiert, elf sind bis zum März bereits zurückgekehrt, darunter auch Familien. Bis auf zwei Personen, die ins Swat-Tal zurückgekehrt sind, kommen alle aus dem Punjab. Es wird eine finanzielle Rückkehrunterstützung sowie eine Reintegrationsunterstützung, u.a. durch berufliche Weiterbildung geboten. Die Situation bei der Rückkehr hängt von der Person und den Umständen sowie der Zeit, die sie außer Landes verbracht hat, ab (BAA 6.2013).

Im Rahmen dieses Projekts werden pakistanische Staatsangehörige, die in Österreich (i) Asylwerber/innen, (ii) asylberechtigt, (iii) subsidiär schutzberechtigt, oder (iv) nicht oder nicht mehr aufenthaltsberechtigt sind, bei ihrer freiwilligen Rückkehr und nachhaltigen Reintegration in ihrem Herkunftsland unterstützt. Die Maßnahmen werden gemeinsam mit den Teilnehmer/innen erarbeitet und sind auf deren individuelle Bedürfnisse und Fähigkeiten abgestimmt.

IOM implementiert folgende Aktivitäten: Finanzielle Unterstützungsleistung; Reintegrationsunterstützung; IOM unterstützt Reintegrationsmaßnahmen durch Sachleistungen bis zu einem Maximalwert von EUR 3.000,-, darunter fallen: Berufsberatung und Arbeitsvermittlung, Berufliche und schulische Aus- und Weiterbildungsangebote, z.B. als Mechaniker/in, Computertechniker/in, Frisör/in, Installateur/in, Elektriker/in, etc.; Unterstützung bei der Neugründung von Kleinbetrieben sowie Geschäftsgründungs- und Managementseminare; Unterstützung beim Ankauf von Werkzeugen und Ausrüstungen; Sonderunterstützung für Projektteilnehmer/innen mit besonderen Bedürfnissen (IOM o.D.).

Die Unterstützung zur Erwerbstätigkeit wird, laut IOM, an die Person angepasst. Bei der Aus- und Weiterbildung für den Arbeitsmarkt wird darauf aufgebaut, welche beruflichen Erfahrungen die Betroffenen mitbringen, und dies mit den Marktanforderungen abgeglichen. Die finanziellen Mittel sind auf kleine Geschäftsgründungen angelegt. Geschäfte, die so eröffnet wurden, sind z.B. kleine Kleider-, Lebensmittel-, Mobiltelefongeschäfte oder Schönheitssalons - diese sind derzeit erfolgreich (BAA 6.2013). IOM in Pakistan führt kontinuierliches Monitoring mit den Projektteilnehmer/innen vor Ort durch (IOM o.D.).

Auch die pakistanische NGO WELDO betreut Rückkehrprogramme. Es gibt unterschiedliche Programme für die freiwillige Rückkehr. Es werden Leistungen zur Reintegration und Unterstützung bereitgestellt. Sie versuchen die Rückkehrer wieder in den Arbeitsmarkt zu integrieren und vermitteln Arbeitsplätze. Das Ausbildungsprogramm wird mit dem Bedarf am Arbeitsmarkt und an die jeweilige Person angepasst. Meist sind jene Migranten nur schlecht ausgebildet. Beratung und Unterstützung in der Zielregion wird geboten. Die meisten Programme enthalten auch finanzielle Leistungen für die Betroffenen. Es gibt verschiedene Programme z.B. für vulnerable Personengruppen, unbegleitete Minderjährige und Menschen, die psychische Hilfe benötigen. WELDO kümmert sich ebenfalls und im gleichen Umfang um zwangsweise Abgeschobene (BAA 6.2013).

Quellen:

AA - Auswärtiges Amt (2.11.2012): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Pakistan

AA - Auswärtiges Amt (1.7.2011): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Pakistan

BAA - Bundesasylamt (6.2013): Bericht zur Fact Finding Mission Pakistan vom 8-16.3.2013 mit den Schwerpunkten Sicherheitslage, Religiöse Minderheiten Landrechte Medizinische und soziale Versorgung, Afghanische Flüchtlinge

IOM - Internationale Organisation für Migration (o.D.):

Unterstützung der freiwilligen Rückkehr und Reintegration von Rückkehrenden nach Pakistan, Informationsblatt

Medizinische Versorgung

Pakistan verfügte mit Stand 2010 über 975 öffentliche (staatliche) Spitäler des tertiären und sekundären Sektors und insgesamt 13.051 staatliche Grundversorgungseinrichtungen. Laut einem Überblick von 2001 verfügte Pakistan über 73.000 private Einrichtungen - die meisten von diesen Einzelkliniken. Der Non-Profit und private Wohltätigkeitsbereich verzeichnete in einer Erhebung vom Jahr 2005 über 7.000 Betten. Pakistan hat ein Netz von mehr als 62.000 Apotheken, allerdings nur 2.000 qualifizierte Apotheker. Im Jahr 2009 gab es 109 Schulen für Krankenpflege sowie 141 für Hebammen (Lancet 17.5.2013).

In den modernen Krankenhäusern in den Großstädten kann - unter dem Vorbehalt der Finanzierbarkeit - eine Behandlungsmöglichkeit für die meisten Krankheiten festgestellt werden (AA 2.11.2012). Beinahe alle Krankheiten und medizinischen Probleme sind, laut IOM, in Pakistan behandelbar, auch in den öffentlichen (staatlichen) Spitälern. Organtransplantationen oder Dialysen werden durchgeführt. In sehr seltenen Fällen ist eine Behandlung nicht erhältlich. Doch es gibt Problemstellungen im Gesundheitssystem. Eines der gravierendsten Probleme ist die geringe Dichte an Humanressourcen im Gesundheitsbereich. 121.374 Ärzte sind derzeit, laut einer Lancet Studie, in Pakistan registriert. Daneben gibt es auch Engpässe bei anderem medizinischen Personal (BAA 6.2013). Nach Regierungsangaben kommen auf einen Arzt 1.222, auf einen Zahnarzt 16.854 und auf ein Krankenhausbett 1.701 Einwohner (HRCP 3.2012).

Eine starke Diskrepanz zwischen ländlichen und städtischen Gebieten verstärkt die Situation, erläutert IOM. In den großen Städten gibt es eine relativ gute medizinische Versorgung. Insgesamt ist, so eine Führungsangestellte des privaten Kulsum Krankenhauses, in den städtischen Gebieten die medizinische Versorgung besser, während sie in den ländlichen Gebieten oft nicht abgedeckt ist. Doch auch zwischen den Provinzen bestehen starke Unterschiede, in den ländlichen Gebieten des Sindh ist die Situation besser als in jenen anderer Provinzen. Ein Teil des Problems ist die Gewalt in der Grenzregion zu Afghanistan sowie die aufständische Gewalt in Belutschistan, was die ohnedies mangelhafte Gesundheitsversorgung in diesen Regionen verschlechterte, besonders Frauen und Kinder sind davon betroffen. Die Neugeborenen-, Mütter- und Kindersterblichkeit gehört somit zu einer der höchsten weltweit. So sieht ein leitender Gesprächspartner des UNHCR den fehlenden bzw. kaum vorhandenen Zugang zur Gesundheitsversorgung in einigen Gebieten Pakistans als eines seiner wichtigsten Menschenrechtsprobleme an (BAA 6.2013).

Die Qualität der Humanressourcen, insbesondere der Ärzte, ist hoch, erläutert IOM. Pakistan verfügt über sehr viel Expertise auf diesem Gebiet. Auch die Deutsche Botschaft schätzt die Qualität der Ärzte als hoch ein und zwar auch in den Regierungsspitälern, wobei diese hier allerdings überlastet sind. Die medizinische Forschung, u.a. zu Humanressourcen ist ausgeprägt und ausgesprochen produktiv. Laut Lancet gibt es 88 medizinische Hochschulen und Colleges im Land, an denen 2012 171.450 Absolventen abschlossen. Bezieht man die privaten Krankenhäuser mit ein, lässt sich in Pakistan nach Einschätzung der Deutschen Botschaft im regionalen Kontext eine verhältnismäßig gute Qualität der medizinischen Versorgung feststellen. Es besteht jedoch neben den regionalen Diskrepanzen meist ein starker Unterschied zwischen staatlichen und privaten Krankenhäusern. Die staatlichen Krankenhäuser sind oft grenzwertig, auch hier sind zwar die Ärzte gut ausgebildet, die Wartezeiten sind jedoch übermäßig lange, die hygienischen Bedingungen oft mangelhaft. Die Ausstattung in staatlichen Krankenhäusern, die Wartung des Equipments und die Kontinuität der Finanzierung bereiten oft Probleme. Oft fehlen den Primärgesundheitsstationen in ländlichen Gebieten die Versorgungsmittel. Viele Basisgesundheitseinrichtungen und auch Sekundärgesundheitseinrichtungen funktionieren oft nicht ausreichend, weshalb die Spezialkrankenhäuser überladen werden mit Fällen, die eigentlich nur Basisversorgungsfälle sind. Jedoch auch im öffentlichen Bereich gibt es Vorzeigespitäler. Zur Finanzierung der medizinischen Versorgung erhält Pakistan zusätzlich Gelder von globalen Fonds. (BAA 6.2013).

Einige Beispiele für Krankenhäuser ind Lahore sind das King Edward Medical College, das Allama Iqbal Medical College, das Fatima Jinnah Medical College für Frauen, das Mayo Hospital, Lady Willington, das Lahore General Hospital, das Sir Ganga Ram Hospital, das Shaukat Khanum Memorial Cancer Hospital & Research Centre, das Services Hospital und das Sheikh Zayed Hospital. Islamabad/Rawalpindi beherbergt u.a. das Pakistan Institute of Medical Sciences (PIMS), das Shifa International Hospital, das Marghala Institute of Health Sciences (MIHS), das Al-Shifa Eye Hospital, das Rawalpindi General Hospital, das Holy Family Hospital, das Army Medical College und das Rawalpindi Medical College. In Karachi findet sich das Fazal Hospital, das Agha Khan University Hospital (AKUH), das Karachi Adventist Hospital, das Bismillah Taqee Hospital, das Sindh Medical College und Jinnah Postgraduate Medical Centre, das Liaquat National Hospital, die Imam Clinic und das General Hospital, das Dow Medical College und das Civil Hospital Karachi. In Gujranwala gibt es u.a. das Fazal Hospital in Jhelum, das Jinnah Memorial Hospital und in Bahawalpur das Bahawalpur Victoria Hospital (IOM 8.2013). Das "Pakistan Medical and Dental Council" zertifiziert medizinische Einrichtungen. Eine Infektionskontrolle ist vorhanden, diese hat allerdings Schwächen. Ein konsistentes, umfassendes Gesundheitskontrollsystem ist noch nicht eingerichtet (BAA 6.2013).

Die meisten Medikamente, wie z.B. Insulin, können in den Apotheken in ausreichender Menge und Qualität erworben werden. Die Grundversorgung mit nahezu allen gängigen Medikamenten ist sichergestellt. Für ärztliche Versorgung und Medikamente muss in Pakistan nur ein Bruchteil der in Deutschland hierfür anfallenden Kosten aufgewendet werden, so dass sie für weite Teile der Bevölkerung erschwinglich sind (AA 2.11.2012). Im Allgemeinen ist eine große Bandbreite an Medikamenten erhältlich. Im privaten Sektor ist alles erhältlich an Medikamenten. Es traten in der Vergangenheit Probleme mit gestreckten Medikamenten auf. Als Reaktion darauf wurden 2012 eine Medikamentenregulierungsbehörde und ein entsprechendes Gesetz eingerichtet. Die Behörde orientiert sich an Einrichtungen in den USA und Kanada. Das Problem mit gefälschten Medikamenten könne auftreten, wenn man sie nicht bei zugelassenen oder seriösen Anbietern kauft, so eine Gesprächspartnerin des Kulsum Krankenhauses (BAA 6.2013).

70 % der Bevölkerung müssen Behandlungen selbst bezahlen, da es kein durchgehendes Krankenversicherungssystem gibt. Es gibt Versicherungen auf staatlicher Organisationsbasis, z.B. für das Militär oder die Fluggesellschaft PIA. Es gibt auch private Krankenversicherungen, die relativ günstig sind, dennoch können sich diese wenige leisten bzw. ist der Vorsorgegedanke kaum vorhanden. Angestellte bei größeren Firmen erhalten meist eine private Versicherung über die Firma. In einigen sozialen Bereichen haben NGOs eigene Systeme (BAA 6.2013).

Die staatlichen Krankenhäuser müssen die arme Bevölkerung gratis behandeln, für Bedürftige ist somit die medizinische Versorgung kostenfrei (BAA 6.2013; vergleiche auch AA 2.11.2012). Für über das Notwendigste hinausgehende Behandlungen halten sich die Krankenhäuser nicht immer an die Vorgabe der kostenlosen Behandlung, meint der Stellvertretende Leiter der staatlichen Sozialbehörde Bait-ul-Mal (BAA 6.2013). Da Bedürftigkeit offiziell nicht definiert ist, reicht die Erklärung aus, dass die Behandlung nicht bezahlt werden kann. Allerdings trifft dies nicht auf schwierige Operationen (z.B. Organtransplantationen) zu (AA 2.11.2012).

Zusätzlich gibt es ein staatliches Wohlfahrts-Programm, das von Pakistan Bait-ul-Mal administriert wird. Es bietet eine medizinisch-finanzielle Hilfestellung für Bedürftige, bei der die Behandlung dem staatlichen Krankenhaus mit der Bestätigung für die Behandlungskosten vorab bezahlt wird. Für bedürftige Menschen wird somit die medizinische Versorgung durch die Krankenhäuser selbst, durch Bait-ul-Mal und verschiedene Programme der Provinzregierung übernommen, womit, in der Einschätzung des Gesprächspartners, grundsätzlich die Fälle ohne andere Möglichkeiten abgedeckt sind. In erster Linie wird allerdings die Finanzierung in Notlagen durch die Familie aufgebracht. Auf der anderen Seite wurzelt im Zakat auch eine Tradition der Wohltätigkeitsprogramme und Spendenbereitschaft, es gibt wichtige Wohltätigkeitseinrichtungen im medizinischen Bereich (BAA 6.2013). Es gibt viele NGOs und staatliche Stellen, die medizinische Dienstleistungen im Rahmen verschiedener Projekte bereitstellen. Solche Angebote umfassen folgende Aktivitäten:

Psychosoziale Unterstützung, Medizinische Notversorgung, Familienplanung, Kostenlose Apotheken, Mobile Krankenlager, Notunterkünfte, Krankentransport (auch Luftrettung), Blutbanken (IOM 8.2013).

IOM nennt das von Imran Khan gegründete Shaukat Khanum Memorial Cancer Hospital and Research Centre in Lahore als Beispiel, welches führend auf dem Gebiet der Krebsbehandlung ist und gleichzeitig über ein System der Gratisversorgung bei Bedürftigkeit verfügt. Auch die Aga Khan Stiftung leistet sehr viel auf dem medizinischen Gebiet. Es gibt ein großes Aga Khan University Hospital in Karatschi mit einem Labornetzwerk, das eine sehr gute medizinische Versorgung bietet, in dem Vermögende zahlen müssen und Arme gratis behandelt werden. Die Stiftung hat auch medizinische Einrichtungen in anderen Städten Pakistans (BAA 6.2013).

Die Edhi Foundation unterhält 335 Gesundheitszentren in ganz Pakistan mit 24 Stunden Service und 1.800 Ambulanzfahrzeuge sowie 250 Notfallambulanzen, 28 Rettungsbooten, 30 Apotheken, kostenlose Kliniken und Diagnosezentren in Karatschi und Hyderabad, zwei Geburtskliniken in Karatschi, ein Diabetes-Zentrum in Karatschi, Laboratorien in Karatschi und Hyderabad, zwei Krankenpflege-Ausbildungszentren in Karatschi, Rehabilitationszentren für Drogenkranke in Karatschi und einen Luftrettungsdienst. Sie verteilt auch notwenige medizinische Behelfe wie Rollstühle, Patientenbetten, Sauerstoffflaschen u.a. Die Einrichtungen der Edhi Foundation richten sich an Bedürftige und sind kostenlos (BAA 6.2013). Zentren der Edhi Foundation, der größten Wohlfahrtstiftung Pakistans werden sowohl in Großstädten als auch in entlegenen Gebieten unterhalten (IOM 8.2013).

Quellen:

AA - Auswärtiges Amt (2.11.2012): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Pakistan

BAA - Bundesasylamt (6.2013): Bericht zur Fact Finding Mission Pakistan vom 8-16.3.2013 mit den Schwerpunkten Sicherheitslage, Religiöse Minderheiten Landrechte Medizinische und soziale Versorgung, Afghanische Flüchtlinge

HRCP - Human Rights Commission of Pakistan (3.2013): State of Human Rights in 2012,

http://hrcp-web.org/hrcpweb/wp-content/pdf/AR2012.pdf, Zugriff 2.9.2013

IOM - Internationale Organisation für Migration (8.2013):

Länderinformationsblatt Pakistan, http://www.bamf.de/SharedDocs/MILo-DB/DE/Rueckkehrfoerderung/Laenderinformationen/Informationsblaetter/cfs_pakistan-dl_de.pdf?__blob=publicationFile, Zugriff 14.10.2013

Lancet (17.5.2013): Health Transitions in Pakistan 1 Pakistan's health system: performance and prospects after the 18th Constitutional Amendment,

http://dx.doi.org/10.1016/S0140-6736(13)60019-7, Zugriff 11.9.2013

Behandlung nach Rückkehr und Dokumente

Zurückgeführte Personen haben bei ihrer Rückkehr nach Pakistan allein wegen der Stellung eines Asylantrags nicht mit staatlichen Repressalien zu rechnen. Eine über eine Befragung hinausgehende besondere Behandlung Zurückgeführter ist nicht festzustellen. Aus Ländern wie der Türkei, Griechenland und Großbritannien, werden regelmäßig Abschiebungen nach Pakistan durchgeführt. Die Rückführung von pakistanischen Staatsangehörigen ist nur mit gültigem pakistanischem Reisepass oder mit einem von einer pakistanischen Auslandsvertretung ausgestellten so genannten "emergency passport" möglich, nicht aber mit deutschen oder europäischen Passersatzdokumenten (AA 2.11.2012).

Die nationale Datenbank- und Registrierungsbehörde (NADRA) ist für die Ausstellung der Ausweispapiere (National Identity Card, Pakistan Origin Card - PIC, National Identity Card for Overseas Pakistanis - NICOP und Children Registration Certificates) verantwortlich. Die zuständigen Swift Centres sind in den meisten Städten zu finden (IOM 8.2013).

Pakistan Origin Card (POC): Eine Person kann eine POC erhalten, wenn sie ausländischer Staatsbürger ist und zu einem Zeitpunkt des Lebens ein Staatsbürger Pakistans gewesen ist. National Identity Card for Overseas Pakistanis - NICOP: Die NADRA-Behörde stellt dieses Papier pakistanischen Arbeitern/Emigranten und Bürgern im Ausland aus, sowie Pakistanis, die die doppelte Staatsbürgerschaft haben und bei einer NADRA-Behörde gemeldet sind. Die NICOP und auch die POC kann wenn nötig auch anstelle der National Identity Card verwendet werden (IOM 8.2013).

Children Registration Certificate: Die NADRA-Behörde sieht vor, für jedes Kind unter 18 Jahren ein solches Meldezertifikat auszustellen. Das Zertifikat enthält Informationen wie Name, Meldenummer, Namen der Eltern und Nummer ihrer computerisierten Nationalen Ausweise, Geburtsdatum, Geburtsort und Geschlecht (IOM 8.2013).

Quellen:

AA - Auswärtiges Amt (2.11.2012): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Pakistan

IOM - Internationale Organisation für Migration (8.2013):

Länderinformationsblatt Pakistan, http://www.bamf.de/SharedDocs/MILo-DB/DE/Rueckkehrfoerderung/Laenderinformationen/Informationsblaetter/cfs_pakistan-dl_de.pdf?__blob=publicationFile, Zugriff 14.10.2013

Individuell:

Frauen

Laut eines Bevollmächtigten der Menschenrechtskommission Pakistans (HRCP) "...es ist so gut wie unmöglich für eine alleinstehende Frau allein in Pakistan zu leben und das aufgrund von Vorurteilen gegen Frauen und der ihren ökonomischen Abhängigkeit". Nach Angaben eines Assistenzprofessoren der Metropolitan Staatsuniversität von Denver lebten die meisten Frauen in ländlichen Gebieten mit ihren jeweiligen Familien zusammen und es wurde im Allgemeinen bei Frauen sozial nicht akzeptiert, wenn diese alleine leben. In städtischen Gebieten, besonders in größeren Städten wie Karachi, Lahore oder Islamabad, ist es für gebildete, höherständische und arbeitende Frauen einfacher, alleine zu leben. Dies stellte jedoch eine äußerst außergewöhnliche Gegebenheit dar. Die Quellen, die vom Immigrations- und Flüchtlingsrat Canadas beraten wurden, beschreiben die Schwierigkeiten für alleinstehende Frauen, die in urbanen Gebieten Immobilien mieten. Es existieren Sicherheitsbedenken und gesellschaftliche Rahmenbedingungen. Geschiedene Frauen haben mit spezifischer Stigmatisierung und einer sozialen Ausgrenzung zu kämpfen.

UK Home Office (16.07.2014): Country Informatione and Guidance Note Pakistan: Women,

http://ukba.homeoffice.gov.uk/sitecontent/documents/policyandlaw/countryspecificasylumpolicyogns/pakistanogn?view=Binary, Zugriff 25.8.2014

Schiiten

Es existieren keine diskriminierenden Gesetze beziehungsweise gibt es keine staatlichen Regierungspolitiken gegen schiitische Muslime in Pakistan. Desweiteren gibt es keinerlei gesetzliche Beschränkungen in Bezug auf die Religionsfreiheit von schiitischen Muslimen. Es existiert jedoch eine geringfügige gesellschaftliche Diskriminierung, die dazu führt, die schiitischen Muslime in ihrem Alltagsleben einzuschränken. Die größte Bedrohung für schiitische Muslime in Pakistan stellt die sektiererische Gewalt wie auch dass sie von Militanten ins Visier genommen werden dar. Jedoch kann die Intensität wie auch die Häufigkeit dieser Bedrohungen von Region zu Region unterschiedlich ausfallen.

Es existiert eine allgemeine Bereitschaft seitens der pakistanischen Behörden, schiitische Muslime zu beschützen. Während dem "Moharram" stellen die Strafverfolgungsbehörden Schutz für die Teilnehmer bereit. Bewaffnete Streitkräfte haben den schiitischen Pilgern, die von und aus dem Iran anreisen, Schutz geboten. Allerdings limitiert der Mangel an Ressourcen die Sicherheitskräfte daran, der schiitischen Gemeinde ständigen Schutz zu gewähren.

Es gibt eine signifikante Anzahl an schiitischen Gemeinden in ganz Pakistan. Schiitische Moscheen und Glaubensstätten befinden sich in den meisten größeren Städten und Dörfern. In den meisten Fällen besteht für schiitische Muslime sehr wohl die Möglichkeit in andere, relativ sichere Gebiete in Pakistan umzuziehen.

UK Home Office (16.07.2014): Country Informatione and Guidance Note Pakistan: religious freedem,

http://ukba.homeoffice.gov.uk/sitecontent/documents/policyandlaw/countryspecificasylumpolicyogns/pakistanogn?view=Binary, Zugriff 25.8.2014

Hazaren

Bei den Hazaren handelt es sich um eine überwiegend schiitische Ethnie, welche ursprünglich aus dem Zentralraum Afghanistans abstammen. Es existiert ebenfalls eine beträchtliche Anzahl an Hazaren in Pakistan und dem Iran. Hazaren sind eine Mischung von osteurasischen und westeurasischen Menschen, die sich sichtlich von vielen anderen Pakistanern unterscheiden. Hazaren, die in ländlichen Gebieten leben, sprechen Hazaragi, ein östlicher Dialekt der persischen (Farsi) Sprache. Viele Hazaras in urbanen Gebieten Pakistans sprechen auch andere Sprachen, wie Persisch, Urdu und Englisch.

Obwohl es keine zuverlässigen Zahlen gibt, liegt die geschätzte Anzahl an der Hazara Bevölkerung in Pakistan bei bis zu 750,000. Bis zu 500,000 dieser Personen leben in und um römisch 40 , der Hauptstadt der Provinz Belutschistan. Die Bevölkerung römisch 40 s schließt auch eine signifikante Anzahl an Paschtunen, Balochis, Pandschabis wie auch anderen Minderheiten mit ein.

Obwohl eine Vielzahl der Hazara Familien in römisch 40 ihren Ursprung auf die ersten Hazara Ankömmlinge im späten 19ten Jahrhundert zurückführen können, ist die Mehrheit der Gemeinde in zwei Wellen zugereist - die Erste während der sowjetischen Belagerung in Afghanistan im Jahr 1979 und die Zweite im Jahr 1996, als das Taliban Regime in Afghanistan begonnen hat die Hazaras ins Visier zu nehmen. Bestehende lokale Netzwerke haben den afghanischen Hazara-Flüchtlingen erlaubt, Flüchtlingslager zu übergehen und sich besser in die pakistanische Gesellschaft zu integrieren. Die Hazaras aus Afghanistan kommen immer wieder nach römisch 40 , obwohl sich jedoch ihre Anzahl verlangsamt hat.

Hazaras leben im Umkreis von römisch 40 und das hauptsächlich in zwei ihrer eigenen Gemeinden - Hazara Dorf (auch bekannt als "Brewery Straße") und entlang der "Alamdar" Straße in Richtung "Mehrabad". Diese neigen dazu Gebiete an den Stadträndern von römisch 40 mit niedrigem und mittelständischem Einkommen zu sein. Innerhalb dieser Gebiete haben die Hazara Zugang zu medizinischen und bildungstechnischen Einrichtungen, die im Allgemeinen von ihren eigenen Gemeinden bereitgestellt werden. Üblicherweise haben Hazara Familien in römisch 40 Verwandtschaft in den westlichen Ländern und sie erhalten auf reguläre Basis Geldüberweisungen von ihnen.

Diskriminierung

Hazaras in Pakistan sind relativ gut gebildet und sie begleitet die Reputation hart arbeitende Menschen zu sein. Laut DFAT unterliegt die pakistanische Hazara Gemeinde keinen offiziellen Regierungspolitiken in Bezug auf Diskrimination (das heißt einer offiziellen Diskriminierung) und es gibt nur wenig Diskriminierung auf der Gemeindeebene (sprich gesellschaftliche Diskriminierung). DFAT hat festgestellt, dass die Hazaras in römisch 40 in die örtliche Gesellschaft integriert sind und Seite an Seite mit Mitgliedern anderer ethnischen Gruppierungen zusammenarbeiten. Viele sind im öffentlichen Dienst der Regierung Balochistans beschäftigt und arbeiten für die Polizeikräfte Balochistans. Hazaras sind üblicherweise ebenfalls in der Privatwirtschaft angestellt. In ganz Pakistan haben die Hazaras die Möglichkeit ihre Religion in schiitischen Moscheen frei auszuleben.

Hazaras, deren Familien für Generationen hinweg in Pakistan gelebt haben, sind dazu berechtigt, die pakistanische Staatsangehörigkeit zu erlangen. Einige, jedoch nicht alle, Mitglieder der afghanischen Hazaras, die erst vor kurzem nach römisch 40 migriert sind, haben rechtsgültige Aufenthaltsberechtigungsdokumente beziehungsweise Flüchtlingsregistrierungskarten, die es ihnen erlauben in Pakistan zu bleiben, erhalten.

Gewalt

Die Sicherheitssituation in Balochistan ist unbeständig, das schließt auch römisch 40 mit ein. Bundes- und Landesstellen üben keine effektive Kontrolle von urbanen Zentren und Quartieren aus. Das größte Risiko für die Hazara Gemeinde stellen ideologisch motivierte Ermordungen seitens sektiererischen Organisationen wie der "LeJ" dar. DFAT hat festgestellt, dass die pakistanische Hazara Gemeinde weiterhin das Ziel von häufig stattfindender sektiererischer Gewalt ist, teilweise weil es sich um Mitglieder einer physisch getrennten und überwiegend schiitischen ethnische Gruppe handelt. Beispielsweise wurden am 17. Februar 2013 mindestens 84 Personen, hauptsächlich Hazaras, ermordet, als eine Bombe in einem Gemüsemarkt in römisch 40 explodiert ist. Hazaras in römisch 40 waren das Ziel einer Serie von Bombenexplosionen im Januar 2013 und mehr als 90 Leben wurden dabei genommen. Die anti-schiitische "LeJ" hat sich für diese beiden Angriffe verantwortlich erklärt.

Als Folge dieser Anschläge haben sich die Hazaras in zwei Enklaven in römisch 40 , die vorwiegend aus Hazaras bestehen und wo sie einen größeren Grad an Sicherheit genießen, zurückgezogen. Allerdings hat die DFAT festgestellt, dass sich die Hazaras im Allgemeinen während den Tagesstunden frei in römisch 40 bewegen können. Um ihre Gemeinde zu verteidigen, sind einige Hazaras im Besitz ihrer eigenen, lizenzierten Waffen.

Reisesicherheit

Das Reisen in einigen Teilen Pakistans kann für alle Pakistaner, unabhängig von ihrer Ethnizität beziehungsweise ihrer Religion, gefährlich ausfallen. Jedoch wurden schiitische Hazaras, die nach Balochistan reisten, von Militanten ins Visier genommen. Zum Beispiel wurden im September 2011 26 Mitglieder einer Hazara Gemeinde, die mit dem Bus in den Iran reisten, um die schiitischen heiligen Stätten zu besuchen, von bewaffneten Männern in der Nähe des Dorfes Mastung dazu gezwungen von Bord zu gehen und sie wurden daraufhin zu Tode geschossen. Drei weitere Personen wurden ermordet, da diese die verletzten Menschen in ein Krankenhaus gebracht haben. "Lej" erklärte sich für diesen Anschlag verantwortlich. Die pakistanischen Medien haben von einer Vielzahl anderer Bespiele, bei denen Hazaras auf den Straßen in und um römisch 40 angegriffen wurden, berichtet. Obwohl es der DFAT nicht Möglich ist diese Informationen zu verifizieren, haben die Führer der Hazara Gemeinde berichtet, dass das Reisen auf der Straße nach Zhob beziehungsweise durch Bolan in Balochistan und nach Dera Ghazi Khan in Punjab äußerst gefährlich für Hazaras ist. Aufgrund dieser Gefahren haben sich viele Hazaras dazu entschieden aus römisch 40 mit dem Flugzeug zu fliegen, um andere Destinationen in Pakistan erreichen zu können, da diese Reisemöglichkeit eine sicherere Alternative als das Reisen auf der Straße darstellt.

Interne Umsiedlung

Die Bewegungsfreiheit in ganz Pakistan wird vom Absatz 15 der Verfassung gewährleistet. Aufgrund der Größe Pakistans und ihrer Verschiedenartigkeit, bietet eine interne Umsiedlung einen Grad an Anonymität und die Möglichkeit für Opfer Schutz vor Diskriminierung beziehungsweise Gewalt zu finden an. In den meisten Fällen gibt es für Zugehörige der meisten ethnischen Gruppierungen und religiösen Minderheiten die Möglichkeit, in Gebiete mit einer relativen Sicherheit in einem anderen Teil Pakistans umzusiedeln. Im Besonderen stellen viele große urbane Zentren die Heimat verschiedener ethnischer und religiöser Gemeinschaften dar und bieten bessere Möglichkeiten für Arbeit, den Zugang zu Dienstleistungen wie auch einen besseren Grad an staatlichem Schutz als in anderen Gebieten. In Praxis wird eine interne Umsiedlung am erfolgreichsten betrachtet, wenn diese Verhältnisse bestehen, jedoch ist dieses meistens aufgrund des Mangels an finanziellen Ressourcen und in einigen Fällen aufgrund den Schulden an Grundeigentümer oder Geldgeber limitiert.

DAFT (29.11.2013) Countra Information Report Pakistanhttps://www.immi.gov.au/media/publications/pdf/dfat-cir-pakistan.pdf, Zugriff am 25.8.2014

römisch II.1.3. Behauptete Ausreisegründe aus dem Herkunftsstaat

Es konnte nicht festgestellt werden, dass der BF 1 und der BF 2 eine aktuelle sowie unmittelbare persönliche und konkrete Gefährdung oder Verfolgung in ihrem Heimatland Pakistan droht.

Es wird festgestellt, dass die BF 1 und die BF 2 im Falle der Rückkehr nach Pakistan in eine existenzgefährdende Notsituation geraten würden.

2. Beweiswürdigung:

römisch II.2.1. Das erkennende Gericht hat durch den vorliegenden Verwaltungsakt Beweis erhoben und ein ergänzendes Ermittlungsverfahren sowie eine Beschwerdeverhandlung durchgeführt.

Aufgrund des vorliegenden Verwaltungsaktes, des Ergebnisses des ergänzenden Ermittlungsverfahrens sowie der Beschwerdeverhandlung ist das erkennende Gericht in der Lage, sich vom entscheidungsrelevanten Sachverhalt ein ausreichendes und abgerundetes Bild zu machen.

römisch II.2.2. Die Feststellungen zur Person der BF 1 und BF 2 ergeben sich - vorbehaltlich der Feststellungen zur Identität - aus den in diesem Punkt nicht widerlegten Angaben der BF 1 sowie ihren Sprach- und Ortskenntnissen.

Aufgrund der Vorlage eines unbedenklichen nationalen Identitätsdokuments bzw. aufgrund Erhebungen durch einen Vertrauensanwalt der österreichischen Botschaft in Islamabad konnte die Identität der BF 1 festgestellt werden. Die Identität der BF 2 steht jedoch nicht fest, da keinerlei diesbezügliche Dokumente vorgelegt wurden.

Die Feststellung zum Gesundheitszustand der BF 1 und BF 2 ergeben sich aus den diesbezüglichen Angaben der BF 1 im Verfahren.

römisch II.2.3. Zu der getroffenen Auswahl der Quellen, welche zur Feststellung der asyl- und abschiebungsrelevanten Lage im Herkunftsstaat herangezogen wurden, ist anzuführen, dass es sich hierbei aus der Sicht des erkennenden Gerichts um eine ausgewogene Auswahl verschiedener Quellen - sowohl staatlichen, als auch nichtstaatlichen Ursprunges - handelt, welche es ermöglichen, sich ein möglichst umfassendes Bild von der Lage im Herkunftsstaat zu machen. Zur Aussagekraft der einzelnen Quellen wird angeführt, dass zwar in nationalen Quellen rechtsstaatlich-demokratisch strukturierter Staaten - von denen der Staat der Veröffentlichung davon ausgehen muss, dass sie den Behörden jenes Staates, über den berichtet wird, zur Kenntnis gelangen - diplomatische Zurückhaltung geübt wird, wenn es um Sachverhalte geht, für die ausländische Regierungen verantwortlich zeichnen, doch andererseits sind gerade diese Quellen aufgrund der nationalen Vorschriften vielfach zu besonderer Objektivität verpflichtet, weshalb diesen Quellen keine einseitige Parteinahme weder für den potentiellen Verfolgerstaat, noch für die behauptetermaßen Verfolgten unterstellt werden kann. Hingegen findet sich hinsichtlich der Überlegungen zur diplomatischen Zurückhaltung bei Menschenrechtsorganisationen im Allgemeinen das gegenteilige Verhalten wie bei den oa. Quellen nationalen Ursprunges. Der Organisationszweck dieser Erkenntnisquellen liegt gerade darin, vermeintliche Defizite in der Lage der Menschenrechtslage aufzudecken und falls laut dem Dafürhalten - immer vor dem Hintergrund der hier vorzunehmenden inneren Quellenanalyse- der Organisation ein solches Defizit vorliegt, dies unter der Heranziehung einer dem Organisationszweck entsprechenden Wortwahl ohne diplomatische Rücksichtnahme, sowie uU mit darin befindlichen Schlussfolgerungen und Wertungen - allenfalls unter teilweiser Außerachtlassung einer systematisch-analytischen wissenschaftlich fundierten Auswertung der Vorfälle, aus welchen gewisse Schlussfolgerungen und Wertungen abgeleitet werden - aufzuzeigen vergleiche Erk. des AsylGH vom 1.8.2012, GZ. E10 414843-1/2010).

Die getroffenen Feststellungen ergeben sich daher im Rahmen einer ausgewogenen Gesamtschau unter Berücksichtigung der Aktualität und der Autoren der einzelnen Quellen. Auch kommt den Quellen im Rahmen einer Gesamtschau Aktualität zu (zu den Anforderungen an die Aktualität einer Quelle im Asylverfahren vergleiche etwa Erk. d. VwGH v. 4.4.2001, GZ 2000/01/0348).

Die BF 1 und die BF 2 traten den Quellen und deren Kernaussagen nicht konkret und substantiiert entgegen.

Vollständigkeitshalber wird darauf hingewiesen, dass die der BF 1 und BF 2 im Vorfeld zur mündlichen Verhandlung zur Kenntnis gebrachten länderspezifischen Feststellungen zum Herkunftsstaat Pakistan zwar nicht den Anspruch absoluter Vollständigkeit erheben (können), jedoch als so umfassend und aktuell qualifiziert werden, dass der Sachverhalt bezüglich der individuellen Situation des Beschwerdeführers in Verbindung mit der Beleuchtung der allgemeinen Situation im Herkunftsstaat als geklärt angesehen werden kann. Es ist - bei einem Land wie Pakistan mit einer sehr hohen Berichtsdichte, in dem praktisch ständig neue Erkenntnisquellen entstehen - de facto unmöglich, sämtliches existierendes Berichtsmaterial zu berücksichtigen, weshalb die belangte Behörde bzw. das erkennende Gericht ihrer Obliegenheit zur Feststellung der asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in Pakistan nachkommt, wenn sie bzw. es sich zur Entscheidungsfindung eines repräsentativen Querschnitts des bestehenden Quellenmaterials bedient.

römisch II.2.4. Das Vorbringen der BF 1 - ihr Ehemann sei in römisch 40 im Rahmen eines sektiererischen Vorfalles ermordet worden - wird als der Wahrheit entsprechend angesehen.

Das erkennende Gericht hat anhand der Darstellung der persönlichen Bedrohungssituation eines Beschwerdeführers und den dabei allenfalls auftretenden Ungereimtheiten - z. B. gehäufte und eklatante Widersprüche ( z. B. VwGH 25.1.2001, 2000/20/0544) oder fehlendes Allgemein- und Detailwissen (z. B. VwGH 22.2.2001, 2000/20/0461) - zu beurteilen, ob Schilderungen eines Asylwerbers mit der Tatsachenwelt im Einklang stehen oder nicht.

Auch wurde vom Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass es der Verwaltungsbehörde [nunmehr dem erkennenden Gericht] nicht verwehrt ist, auch die Plausibilität eines Vorbringens als ein Kriterium der Glaubwürdigkeit im Rahmen der ihr zustehenden freien Beweiswürdigung anzuwenden. (VwGH v. 29.6.2000, 2000/01/0093).

Weiters ist eine abweisende Entscheidung im Verfahren nach Paragraph 7, AsylG [numehr: Paragraph 3, AsylG] bereits dann möglich, wenn es als wahrscheinlich angesehen wird, dass eine Verfolgungsgefahr nicht vorliegt, der Glaubhaftmachung: Ackermann, Hausmann, Handbuch des Asylrechts [1991] 137 f; s.a. VwGH 11.11.1987, 87/01/0191; Rohrböck AsylG 1997, Rz 314, 524).

Die freie Beweiswürdigung ist ein Denkprozess der den Regeln der Logik zu folgen hat und im Ergebnis zu einer Wahrscheinlichkeitsbeurteilung eines bestimmten historisch-empirischen Sachverhalts, also von Tatsachen, führt. Eine Tatsache darf in freier Beweiswürdigung nur dann als erwiesen angenommen werden darf, wenn die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens ausreichende und sichere Anhaltspunkte für eine derartige Schlussfolgerung liefern vergleiche ho. Erk. vom 1.8.2012 Gz. E10 414843-1/2010 mwN und präzisierenden Ausführungen).

Von einem Antragsteller ist ein Verfolgungsschicksal glaubhaft darzulegen. Eine solche Glaubhaftmachung setzt voraus, dass eine nach Auskunftslage relevante Gefährdung vorgetragen wird, insbesondere eine Gefährdungssituation einer als (besonders) gefährdet angesehenen Personengruppe vorliegt und der Beschwerdeführer unter Beachtung der Besonderheiten des Einzelfalls, insbesondere auch seines angegebenen Herkommens, Bildungsstands und Alters im Kern dieses in den Einvernahmen bzw. Verhandlungen manifestierten Vorbringens wesentlich gleichbleibende und nicht deutlich davon abweichende, möglichst detaillierte und konkrete Angaben macht. Die Behörde muss somit die Überzeugung von der Wahrheit des von einem Asylwerber behaupteten individuellen Schicksals erlangen, aus dem er seine Furcht vor asylrelevanter Verfolgung herleitet. Es kann zwar durchaus dem Asylweber nicht die Pflicht auferlegt werden, dass dieser hinsichtlich asylbegründeter Vorgänge einen Sachvortrag zu Protokoll geben muss, der aufgrund unumstößlicher Gewissheit als der Wirklichkeit entsprechend gewertet werden muss, die Verantwortung eines Antragstellers muss jedoch darin bestehen, dass er bei tatsächlich zweifelhaften Fällen mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit die Ereignisse schildert.

So ist in diesem Kontext besonders auf die Anfragebeantwortung der österreichischen Botschaft in Islamabad vom 21.10.2013 bzw. Erhebungen vor Ort durch dessen Vertrauensanwalt hinzuweisen. Laut Erhebungsbericht des Vertrauensanwaltes der österreichischen Botschaft in Islamabad konnten anhand einzelner Auskunftspersonen, wie den Nachbarn der BF 1, die Angaben der BF 1 in diesem Punkt bestätigt werden.

Dem Rechercheergebnis des Vertrauensanwaltes kommt im gegebenen Fall aufgrund des Umstandes, dass durch diesen Recherchen vor Ort durchgeführt wurden und die Ergebnisse dieser Erhebungen schlüssig und nachvollziehbar dargelegt wurden, besonders hohe Beweiskraft zu. Es ist zwar zu berücksichtigen, dass die Untersuchungen bzw. Erläuterungen nicht als Gutachten zu werten sind, jedoch als Ermittlungsergebnisse anzusehen sind, die der freien Beweiswürdigung unterliegen. Der Vertrauensanwalt ist eine Person, die von der österreichischen Botschaft in Islamabad ausgewählt wurde und sich die Botschaft sichtlich vor Ort ein Bild über dessen Verlässlichkeit und persönliche sowie fachliche Eignung zur Durchführung solcher Recherchen machte. Beim Vertrauensanwalt handelt es ich um eine in Pakistan aufhältige Person, welche mit den dortigen Verhältnissen vertraut ist und daher auch davon auszugehen ist, dass er in der Lage ist, die Aussage- bzw. Beweiskraft der von ihm herangezogenen Quellen entsprechen einzuschätzen. Ebenso hat der Vertrauensanwalt sichtlich kein Interesse am Ausgang des Verfahrens in welche Richtung auch immer. Vielmehr zeigt sich die Objektivität und die Ernsthaftigkeit der Ermittlungen durch den Vertrauensanwalt auch darin, dass die erstmaligen Nachforschungen aufgrund fehlender Beweismittel und konkreter Angaben bzw. Fragestellungen zu kaum verwertbaren Erkundungen führten, eine erneute Recherche jedoch zu entscheidenden Resultaten kam.

Die BF 1 hat zudem im Rahmen ihrer Einvernahmen vor der belangten Behörde in Bezug auf den Tod ihres Ehemannes im Großen und Ganzen einen in sich stimmigen Sachvortrag preisgegeben, ohne sich dabei in erhebliche Widersprüchlichkeiten oder Unschlüssigkeiten zu verwickeln.

Wenn die BF 1 anführt, dass ihr Vater bereits 2006 verstarb, kann jedoch dieser Sachvortrag als nicht der Wahrheit entsprechend angesehen werden. Laut Auskunft der Nachbarn an der Wohnadresse der BF 1 sei der Vater der BF 1 ins Ausland gegangen, um dort Geld zu verdienen. Warum Nachbarn, somit unbeteiligte Dritte, falsche Aussagen zur familiären Situation der BF 1 erteilen sollten, ist dem erkennenden Gericht nicht ersichtlich bzw. konnte die BF 1 ebenso derartige Widersprüchlichkeiten nicht aufklären. Mit der wiederholten Aussage der BF 1 - nach entsprechendem Vorhalt der Angaben der Nachbarn vor dem erkennenden Gericht - dass ihr Vater bereits verstorben sei, hat die BF 1 nicht darlegen können, dass ihre Angaben der Wahrheit entsprechen.

Dass die BF 1 bestimmte Umstände bezüglich ihres privaten bzw. familiären Umfeldes im Verfahren verschleiern möchte bzw. tatsachenwidrig versucht darzustellen, wird ebenso anhand ihres Vorbringens bspw. hinsichtlich ihrer schulischen Ausbildung bzw. ihres beruflichen Alltags deutlich. So gab die BF 1 im Rahmen ihrer Erstbefragung an, sie habe 10 Jahre lang die Grundschule und weiters 6 Jahre lang die Universität (Degree College) besucht. In den Einvernahmen vor der belangten Behörde hingegen gab die BF 1 an, dass sie zwar 10 Jahre die Schule besucht habe und die Matura absolviert hätte; einen Besuch einer Universität verneinte sie hingegen. Von einer weiteren Berufsausbildung erwähnte die BF 1 zudem nichts. Sie habe die letzten drei Jahre vor ihrer Ausreise von der beruflichen Tätigkeit ihres Ehemannes gelebt, nach dem Tod ihres Mannes von den Ersparnissen. Zudem sei der Fuhrpark des Ehemannes verkauft worden. Vor dem erkennenden Gericht brachte die BF 1 erstmals vor, dass sie vor ihrer Heirat drei Jahre lang an einer Schule in römisch 40 unterrichtet habe. Sie sei damals 23 oder 24 Jahre alt gewesen, als sie mit dieser beruflichen Tätigkeit begann. Eine derartige unterschiedliche Darstellung von bestimmten Gegebenheiten - ohne dass der Grund für diese Ungereimtheiten erkennbar ist - lässt aus Sicht des erkennenden Gerichtes den Eindruck entstehen, dass gewisse Einzelheiten verborgen gehalten werden möchten.

Bezüglich des Vorbringens der BF 1, dass die BF 1 und die BF 2 aufgrund deren religiösen bzw. ethnischen Zugehörigkeit - beide BF sind Schiiten und Hazara - in ihrer Heimat einer asylrelevanten Verfolgung ausgesetzt sind, darf folgendes in Betracht gezogen werden:

Das erkennende Gericht verkennt nicht, dass sektiererische Gewalt zwischen Sunniten und Schiiten in Pakistan existiert, hieraus kann jedoch nicht geschlossen werden, dass jeder Schiit in Pakistan mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit der landesweiten Gefahr ausgesetzt sei, Opfer solcher Gewalt zu werden. Vielmehr geht das erkennende Gericht nach Würdigung und Bewertung des Berichtslage im Wege einer Gesamtschau der maßgeblichen Kriterien davon aus, dass Schiiten allein aufgrund ihrer Glaubenszugehörigkeit, also ohne hinzukommende persönliche Gefährdungsmerkmale, in Pakistan keiner hieran anknüpfenden gruppengerichteten religiösen oder politischen Verfolgung durch extremistische Sunniten ausgesetzt sind. Eine religiöse oder politische Verfolgung von Schiiten durch die derzeitige pakistanische Regierung ist nach Auskunftslage nicht ersichtlich. Auch die berichteten Übergriffe durch radikale, terroristische Organisationen erreichen von der Anzahl der Rechtsverletzungen im Verhältnis zur Gesamtzahl dieser Gruppe und ihrer Behandlung durch die sunnitische Bevölkerungsmehrheit im Übrigen schon nicht die Schwelle, ab der eine Verfolgungsdichte anzunehmen wäre. Zwar ist die schiitische Bevölkerungsminderheit Terroraktionen durch sunnitische Extremisten ausgesetzt, jedoch kann nach Auskunftslage nicht festgestellt werden, dass auch für jeden Schiiten der rund 193 Millionen Pakistanis, wobei Schiiten ca. 10-15% der Bevölkerung ausmachen, in Pakistan eine aktuelle Gefahr eigener und persönlicher Betroffenheit bestünde.

Hazaras in Pakistan sind laut Länderinformationsbericht des Australian Government vom 29.11.2013 relativ gut gebildet und sie begleitet die Reputation hart arbeitende Menschen zu sein. Laut DFAT unterliegt die pakistanische Hazara Gemeinde keinen offiziellen Regierungspolitiken in Bezug auf Diskrimination (das heißt einer offiziellen Diskriminierung) und es gibt nur wenig Diskriminierung auf der Gemeindeebene (sprich gesellschaftliche Diskriminierung). DFAT hat festgestellt, dass die Hazaras in römisch 40 in die örtliche Gesellschaft integriert sind und Seite an Seite mit Mitgliedern anderer ethnischen Gruppierungen zusammenarbeiten. Viele sind im öffentlichen Dienst der Regierung Balochistans beschäftigt und arbeiten für die Polizeikräfte Balochistans. Hazaras sind üblicherweise ebenfalls in der Privatwirtschaft angestellt. In ganz Pakistan haben die Hazaras die Möglichkeit ihre Religion in schiitischen Moscheen frei auszuleben.

Die Sicherheitslage der Hazara-Minderheit, vor allem in Belutschistan, wird übereinstimmend in den Berichten als durchaus prekär beschrieben. Gleichwohl ist das Bild zwiespältig. So wird erwähnt, dass die schiitische Hazara-Minderheit besonderes Ziel in Belutschistan ist vergleiche BAA 6.2013). Sunnitische extremistische Bewaffnete attackieren in römisch 40 systematisch Angehörige der Hazara. Es gab keine Verhaftungen, was schwere Vorwürfe gegen die Regierung hervorruft. Im Gegensatz dazu wird ebenso ausgeführt, dass die Regierung im November 2009 ein Maßnahmenpaket zur Verbesserung der Situation in Belutschistan verabschiedet hat. Dennoch ist es bislang noch zu keiner grundlegenden Verbesserung der politischen Situation in Belutschistan gekommen; die politisch motivierten Gewalttaten gehen weiter (AA 2.11.2012). Die Kontrolle durch das Militär dauert jedoch weiter an (Reuters 11.4.2013). Nach den nationalen Wahlen nominierte der neue Premierminister Nawaz Sharif den belutschischen Nationalisten Dr. Abdul Malik Baloch von der Nationalpartei zum Chief Minister von Belutschistan, obwohl die PML-N in der Provinzversammlung von Belutschistan in den Wahlen die Mehrheit erringen konnte. Die Ernennung wird als wichtiger Schritt der Stabilisierungsbemühungen von Nawaz Sharif angesehen (BAA 6.2013). Bundes- und Landesstellen üben keine effektive Kontrolle von urbanen Zentren und Quartieren aus. Das größte Risiko für die Hazara Gemeinde stellen ideologisch motivierte Ermordungen seitens sektiererischen Organisationen wie der "LeJ" dar. DFAT hat festgestellt, dass die pakistanische Hazara Gemeinde weiterhin das Ziel von häufig stattfindender sektiererischer Gewalt ist, teilweise weil es sich um Mitglieder einer physisch getrennten und überwiegend schiitischen ethnische Gruppe handelt. Als Folge dieser Anschläge haben sich die Hazaras in zwei Enklaven in römisch 40 , die vorwiegend aus Hazaras bestehen und wo sie einen größeren Grad an Sicherheit genießen, zurückgezogen. Allerdings hat die DFAT festgestellt, dass sich die Hazaras im Allgemeinen während den Tagesstunden frei in römisch 40 bewegen können. Um ihre Gemeinde zu verteidigen, sind einige Hazaras im Besitz ihrer eigenen, lizenzierten Waffen vergleiche DAFT (29.11.2013) Country Information Report Pakistan)

In diesem Kontext ist darauf hinzuweisen, dass die oben angeführten Quellen zweifelsohne im Wesentlichen eine kritische Sicherheitslage für schiitische Hazara darlegen, jedoch kann im gegenständlichen Fall nicht von einer Gruppenverfolgung der schiitischen Hazara ausgegangen werden. Zum einen sind die pakistanischen Sicherheitsbehörden bestrebt Übergriffe seitens terroristischer Organisationen, die sich keineswegs nur gegen Schiiten richten, jedenfalls teilweise erfolgreich zu unterbinden. Die Taliban werden unter Einsatz des pakistanischen Militärs, teilweise auch erfolgreich bekämpft. So wurden 79 Suchoperationen gegen Terroristen für 2012 im ganzen Land verzeichnet, 27 in Khyber Pakhtunkhwa, 24 in der FATA, elf in Belutschistan und vier im Sindh. Dabei wurden hohe Mengen an Sprengstoff, Selbstmordjacken und Waffen gefunden. Zum anderen ist ebenso zu berücksichtigten, dass Übergriffe seitens extremistischer Gruppierungen, sich nicht nur gezielt gegen Angehörige der Hazara-Gemeinde richten bzw. sich auch nicht landesweit mit gleicher Intensität ereignen, sodass die erforderliche Intensität die zur Feststellung einer Gruppenverfolgung erforderlich wäre, nicht gegeben ist. In diesem Kontext ist zudem darauf hinzuweisen, dass ein lückenloser Schutz in Pakistan ebenso wie in allen anderen Ländern der Erde aber nicht möglich ist. Vor Übergriffen radikaler Gruppen durch diese, ist man nirgends auf der Welt sicher. Von einer allgemeinen, das Leben eines jeden Bürgers betreffenden, Gefährdungssituation im Sinne des Artikel 3, EMRK ist aber nicht auszugehen.

Sofern die BF 1 in diesem Zusammenhang vor dem erkennenden Gericht anführt, dass die pakistanischen Behörden nach der Ermordung ihres Ehemannes nichts unternommen hätten, stehen diese Angaben im gänzlichen Widerspruch zu den Ausführungen vor der belangten Behörde und können nicht als den Tatsachen entsprechend angesehen werden. Vor dem Bundesasylamt gab die BF 1 ausdrücklich an, dass Ermittlungen seitens der Behörden durchgeführt worden, jedoch sei nichts herausgekommen.

Auch der Umstand, dass es sich bei der BF 1 um eine alleinstehende Frau in Pakistan handelt, stellt im konkreten Fall kein durchgreifendes Kriterium dar, dass die BF 1 und die BF 2 dermaßen aus der Gesellschaft in Pakistan ausgrenzt, sodass eine asylrelevante Verfolgung in Betracht kommen könnte.

Im konkreten Fall darf insbesondere darauf verwiesen werden, dass es sich bei der BF 1 um eine gebildete junge Frau handelt, die ebenso über eine Berufsausbildung bzw. auch Berufspraxis als Lehrerin verfügt. Bis zu ihrer Heirat bzw. nach dem Tod ihres Ehemannes hat die BF 1 - folgt man ihren Angaben ein selbstbestimmtes Leben geführt. Sie hat bis zu ihrer Hochzeit Freundschaften gepflegt, danach hatte sie mit ihren Nachbarn Kontakt. Die BF 1 hat nach dem Tod ihres Mannes die täglichen Einkäufe erledigt. Dafür ging sie in zwei oder drei Geschäfte, die ca. 20 Minuten zu Fuß von ihr entfernt waren. Die Mutter und der Bruder der BF 1 leben nach wie vor in Pakistan.

Wenn die BF 1 erstmals im Rahmen des mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Gericht anführt, dass sie sich in Pakistan ihr Gesicht und ihren Körper mit einem großen Tschador verhüllt habe und sie als alleinstehende Frau in Pakistan nicht leben könne, keine Rechte habe und von Männern auf der Straße belästigt wurde und ihr eine Zwangsheirat bei ihrer Rückkehr drohen würde, lässt dieser Sachvortrag den Schluss auf eine glaubwürdigen asylrelevante Gefährdung der BF 1 nicht zu.

Zunächst muss darauf verwiesen werden, dass die BF 1 im Verfahren vor der belangten Behörde einer Verfolgung aufgrund dieser Umstände, dass sie eine alleinstehende Frau ist, nie vorbrachte. Ebenso wurde die BF 1 im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Gericht befragt, ob sich an den Gründen ihrer Asylantragstellung seit Erhalt des angefochtenen Bescheides etwas geändert habe. Dies wurde von der BF 1 verneint. Erst nachdem die rechtsfreundliche Vertretung der BF 1 diese näher befragte, ob es noch andere Gründe geben würde, warum sie nicht außerhalb von römisch 40 leben könne, erwähnte die BF 1 derartiges, vor allem dass sie auf dem Weg zur Schule von Männern belästigt wurde, sodass der Ehemann der BF 1 dieser nicht mehr erlaubte zu arbeiten.

Die weiteren Ausführungen der BF 1 gestalteten sich in der mündlichen Verhandlung wiederholt derart, dass die BF 1 immer wieder darauf zurückfiel, dass sie Hazara und Schiite sei. Deshalb sei ihr Leben gefährdet.

Auf die Frage, ob sie bezüglich der BF 2 Ergänzungen vornehmen möchte, schilderte die BF 1 schlussendlich, dass man die BF 1 gezwungen hätte jemanden zu heiraten, der die BF 2 nicht akzeptiert hätte. Nachgefragt, wer die BF 1 zur Heirat zwingen hätte sollen, gab die BF 1 an, dass ihr Mutter dies gemacht hätte, da alle wissen, dass eine alleinstehende Frau in Pakistan nicht überleben könne.

Hinsichtlich des gelegentlichen vagen Vorbringens der BF 1, sie habe als Frau in Pakistan keine Rechte gehabt und wäre auch dort zwangsverheiratet worden, ist auszuführen, dass sie diesen Fluchtgrund nicht glaubhaft machen konnte. Die Ausführungen laut Berichtslage bezüglich der relativen Freiheit von gebildeten Frauen in Pakistan im Zusammenhang mit der Tatsache, dass die BF 1 aus XXXX- einer Großstadt - stammt, eine junge gebildete Frau ist, einer beruflichen Tätigkeit nachging, lassen eine Bedrohung aufgrund der in Pakistan derzeit herrschenden - auf durchschnittlichen Traditionen beruhenden - Lebensweise nicht erkennen.

Dass die BF 1 tatsächlich eine Zwangsverheiratung drohen würde, ist nicht nachvollziehbar, hat die BF 1 derartiges vor der belangten Behörde niemals vorgebracht.

Soweit die BF 1erwähnte, dass sie westlich orientiert sei und sie aufgrund dieser innerlichen Wertehaltung bei ihrer Rückkehr Probleme habe, wird darauf verwiesen, dass das erkennender Gericht zum Schluss kommt, dass die BF 1 bereits vor ihrer Ausreise aus Pakistan ein selbstbestimmtes Verhalten an den Tag legte. Sie absolvierte ein College, ging einer Arbeit als Lehrerin nach und hat nach dem Tod ihres Mannes die täglichen Einkäufe durchgeführt. Wenn die BF 1 diesbezüglich ausführte, dass sie in Pakistan kaum aus dem Haus ging, kann eine derartige Schilderung mit den eben angeführten Umständen nicht in Einklang gebracht werden. Vielmehr wird davon ausgegangen, dass die BF 1 ihre Situation als Frau in Pakistan als schwierig und ungünstig darstellen möchte, um eine mögliches Rückkehrhindernis hervorheben zu wollen.

Zur Lage der Frauen in Pakistan ist anhand der Berichtslage im Allgemeinen festzuhalten, dass das Gesetz Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes verbietet, jedoch dies in der Praxis nicht umgesetzt wird. Frauen sind mit rechtlicher und ökonomischer Diskriminierung konfrontiert.

In vielen ländlichen Gebieten werden Frauen durch starken sozialen Druck davon abgehalten außerhalb des Hauses zu arbeiten (USDOS 19.4.2013). Die Rolle der Frau in Pakistan wird in erster Linie von einer islamischen Gesellschaft geprägt, in der weite Teile einer sehr konservativen Denkweise anhängen. Dem setzen sich vor allem Frauen aus der wirtschaftlichen Oberschicht entgegen; es gelingt ihnen z.T. wichtige Positionen in Staat und Gesellschaft zu erringen (AA 2.11.2012). Während somit Frauen, insbesondere in ländlichen Regionen und aus armen Familien eine Reihe von bürgerlichen, sozialen und politischen Rechten vorenthalten werden, werden Frauen der bürgerlichen intellektuellen urbanen Mittel- und Oberschichten, politische Teilhabe, Berufstätigkeit und größere Selbstbestimmtheit zugestanden (Christina Alff / Militärgeschichtliches Forschungsamt 2010).

In Gebieten mit paschtunischer Bevölkerungsmehrheit, in Belutschistan und großen Teilen des Sindhs verlassen Frauen ihre Häuser nur in Begleitung männlicher Verwandter und in der Regel tief verschleiert. In einigen nördlichen Regionen des Landes mit schiitischer und ismailitischer Bevölkerung verfügen Frauen über größere Handlungs- und Entscheidungsspielräume und unterliegen weniger strikten Regeln der Geschlechtertrennung.

In der vergangenen Legislaturperiode wurden eine Reihe wichtiger Gesetzesvorhaben zum Schutz der Frauen verabschiedet, darunter ein Gesetz zur Bekämpfung traditioneller frauenfeindlicher Praktiken (Prevention of Anti-Women Practices Act) (AA 10.2013a). Es zielt vor allem gegen Zwangsehen, den Brauch der "Verheiratung mit dem Koran" und den Ausschluss vom Erbrecht. Der Protection from Harassment Act, der die sexuelle Belästigung von Frauen am Arbeitsplatz unter Strafe stellen soll, ist 2010 in Kraft getreten. Im Dezember 2011 wurde der Acid Crime Prevention Act einstimmig vom Parlament verabschiedet. Säureangriffe werden danach künftig mit Haftstrafen von zehn Jahren bis lebenslang unter Strafe gestellt. Wie sich die verabschiedeten wichtigen Gesetze zum Schutz der Frauen in der Praxis bewähren, bleibt abzuwarten (AA 2.11.2012, vergleiche USDOS 19.4.2013).

Zuletzt wurde im Mai 2012 das Mandat der "National Commission on the Status of Women", der pakistanischen Frauenrechtskommission, ausgeweitet. Diese Erfolge gehen auch darauf zurück, dass die Parlamentarierinnen begonnen haben, sich bei einzelnen Themen parteiübergreifend zu organisieren und sich nun auch dauerhaft zu einem sogenannten Women's Caucus zusammengeschlossen haben. Ob die Erfolge des Women's Caucus in der neuen Legislaturperiode wiederholt werden können, wird sich noch zeigen müssen (AA 10.2013a). Seit Anfang 2012 ist Zwangsehe unter Strafe gestellt.

Es ist zwar richtig, dass Frauen in Pakistan im Allgemeinen einer Diskriminierung bzw. Schlechterstellung gegenüber Männern ausgesetzt sind und dass für alleinstehende Frauen in Pakistan auch schwierige Lebensbedingungen herrschen. Frauen werden aber nicht allgemein als inferior angesehen. Aufgrund der Heterogenität dieser Gruppe und der unterschiedlichen Situation im Einzelfall kann von einer sozialen Gruppe der wegen ihres Geschlechts in Pakistan diskriminierten Frauen nicht gesprochen werden.

Bezugnehmend auf die individuelle Situation der BF 1 ist jedoch in Betracht zu ziehen, dass nicht ausgeschlossen werden kann, dass die BF 1 und die BF 2 - entgegen den Ausführungen der belangten Behörde - bei ihrer Rückkehr in ihre Heimatregion in eine existenzbedrohliche Lage geraten würde. So muss im gegenständlichen Fall berücksichtigt werden, dass die BF 1 zwar eine arbeitsfähige und gesunde junger Frau ist, bei der die grundsätzliche Teilnahmemöglichkeit am Erwerbsleben vorausgesetzt werden kann, jedoch ist die BF 1 auch für die BF 2 unterhalts- und sorgepflichtig

.

Soweit zu berücksichtigen ist, dass sich die BF 1 und die BF 2 auch in anderen Teilen Pakistan niederlassen könnten, ist anzumerken, dass dies der BF 1 und der BF 2 nicht zumutbar ist. Es ist zwar einzuräumen, dass die Bewegungsfreiheit in Pakistan gewährleistet sei, laut Berichtslage gewährleistet das Gesetz die Bewegungsfreiheit im Land und ungehinderte internationale Reisen. Die Regierung beschränkte diese Rechte in der Praxis insofern ein, dass der Zugang zu bestimmten Gebieten der FATA, Khyber Pakhtunkhwa und Belutschistan aufgrund von Sicherheitsbedenken eingeschränkt wurde. Regierungsangestellte und Studenten müssen vor Reisen ins Ausland ein "no objection certificate" einholen, doch bei Studenten wurde dies selten durchgesetzt. Es gibt keine Hinweise, dass im gegenständlichen Fall die Bewegungsfreiheit bei der Rückkehr der BF 1 und BF 2 nach Pakistan eingeschränkt wäre. Jedoch handelt es sich bei der BF 1 um für ein Kleinkind sorgepflichtige verwitwete Frau, wobei angesichts ihrer individuellen Umstände in Pakistan nicht ausgeschlossen werden kann, dass sie den Lebensunterhalt für sich und die BF 2 nicht gewährleisten kann.

3. Rechtliche Beurteilung:

römisch II.3.1. Zuständigkeit, Entscheidung durch den Einzelrichter

Gemäß Paragraph 7, Absatz eins, Ziffer eins, des Bundesgesetzes, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden (BFA-Verfahrensgesetz - BFA-VG), Bundesgesetzblatt Teil eins, 87 aus 2012, idgF entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.

Gemäß Paragraph 6, BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gegenständlich liegt somit mangels anderslautender gesetzlicher Anordnung in den anzuwendenden Gesetzen Einzelrichterzuständigkeit vor.

römisch II.3.2. Anzuwendendes Verfahrensrecht

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. römisch eins 2013/33 in der Fassung BGBl. römisch eins 2013/122, geregelt (Paragraph eins, leg.cit.). Gemäß Paragraph 58, Absatz 2, VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß Paragraph 17, VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Artikel 130, Absatz eins, B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der Paragraphen eins bis 5 sowie des römisch IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, Bundesgesetzblatt Nr. 194 aus 1961,, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, Bundesgesetzblatt Nr. 173 aus 1950,, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, Bundesgesetzblatt Nr. 29 aus 1984,, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Paragraph eins, BFA-VG (Bundesgesetz, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden, BFA-Verfahrensgesetz, BFA-VG), Bundesgesetzblatt Teil eins, 87 aus 2012, in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, 144 aus 2013, bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und FPG bleiben unberührt.

Gem. Paragraphen 16, Absatz 6,, 18 Absatz 7, BFA-VG sind für Beschwerdevorverfahren und Beschwerdeverfahren die Paragraphen 13, Absatz 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anzuwenden.

römisch II.3.3. Prüfungsumfang, Übergangsbestimmungen

Gemäß Paragraph 27, VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, es den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (Paragraph 9, Absatz eins, Ziffer 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (Paragraph 9, Absatz 3,) zu überprüfen.

Gem. Paragraph 75, Absatz 19, AsylG sind alle mit Ablauf des 31. Dezember 2013 beim Asylgerichtshof anhängigen Beschwerdeverfahren ab 1. Jänner 2014 vom Bundesverwaltungsgericht nach Maßgabe des Absatz 20, zu Ende zu führen.

Bestätigt das Bundesverwaltungsgericht in den Fällen des Paragraph 75, Absatz 19, AsylG in Bezug auf Anträge auf internationalen Schutz

1. den abweisenden Bescheid des Bundesasylamtes,

2. jeden weiteren einer abweisenden Entscheidung folgenden zurückweisenden Bescheid gemäß Paragraph 68, Absatz eins, AVG des Bundesasylamtes,

3. den zurückweisenden Bescheid gemäß Paragraph 4, des Bundesasylamtes,

4. jeden weiteren einer zurückweisenden Entscheidung gemäß Paragraph 4, folgenden zurückweisenden Bescheid gemäß Paragraph 68, Absatz eins, AVG des Bundesasylamtes,

5. den Bescheid des Bundesasylamtes, mit dem der Status des Asylberechtigten gemäß Paragraph 7, aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt, oder

6. den Bescheid des Bundesasylamtes, mit dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß Paragraph 9, aberkannt wird,

so hat das Bundesverwaltungsgericht gem. Paragraph 75, Ab. 20 AsylG in jedem Verfahren zu entscheiden, ob in diesem Verfahren die Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig ist oder das Verfahren zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung an das Bundesamt zurückverwiesen wird. Wird das Verfahren zurückverwiesen, so sind die Abwägungen des Bundesverwaltungsgerichtes hinsichtlich des Nichtvorliegens der dauerhaften Unzulässigkeit der Rückkehrentscheidung für das Bundesamt nicht bindend. In den Fällen der Ziffer 5 und 6 darf kein Fall der Paragraphen 8, Absatz 3 a, oder 9 Absatz 2, vorliegen.

Zu A)

römisch II.3.4. Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten

Die hier maßgeblichen Bestimmungen des Paragraph 3, AsylG lauten:

"§ 3. (1) Einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, ist, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß Paragraphen 4,, 4a oder 5 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, Genfer Flüchtlingskonvention droht.

(2) ...

(3) Der Antrag auf internationalen Schutz ist bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abzuweisen, wenn

1. dem Fremden eine innerstaatliche Fluchtalternative (Paragraph 11,) offen steht oder

2. der Fremde einen Asylausschlussgrund (Paragraph 6,) gesetzt hat.

..."

Gegenständlicher Antrag war nicht wegen Drittstaatsicherheit (Paragraph 4, AsylG), des Schutzes in einem EWR-Staat oder der Schweiz (Paragraph 4 a, AsylG) oder Zuständigkeit eines anderen Staates (Paragraph 5, AsylG) zurückzuweisen. Ebenso liegen bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen keine Asylausschlussgründe vor, weshalb der Antrag der BF 1 und BF 2 inhaltlich zu prüfen ist.

Flüchtling im Sinne von Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, der GFK ist, wer aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Gesinnung verfolgt zu werden, sich außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen.

Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde (VwGH 9.5.1996, Zl.95/20/0380).

Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die vom Staat zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (z.B. VwGH vom 19.12.1995, Zl. 94/20/0858, VwGH vom 14.10.1998. Zl. 98/01/0262).Die Verfolgungsgefahr muss nicht nur aktuell sein, sie muss auch im Zeitpunkt der Bescheiderlassung vorliegen (VwGH 05.06.1996, Zl. 95/20/0194)

Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in den in der Genfer Konvention genannten Gründen haben und muss ihrerseits Ursache dafür sein, dass sich die betreffende Person außerhalb ihres Heimatlandes befindet.

Die Verfolgungsgefahr - Bezugspunkt der Furcht vor Verfolgung - bezieht sich nicht auf die vergangenen Ereignisse vergleiche VwGH 18.04.1996, 95/20/0239; 16.02.2000, 99/01/097), sondern erfordert eine Prognose. Verfolgungshandlungen, die in der Vergangenheit gesetzt worden sind, können im Rahmen dieser Prognose ein wesentliches Indiz für eine Verfolgungsgefahr sein vergleiche dazu VwGH 09.03.1999, 98/01/0318).

(AsylGH 08.09.2008, D12 241.703-2/2008)

Die BF 1 konnte für sich und für die BF 2 keine aktuelle oder zum Fluchtzeitpunkt bestehende an asylrelevante Merkmale im Sinne der GFK anknüpfende Verfolgung in Pakistan glaubhaft machen. Eine solche ist auch im Rahmen des Ermittlungsverfahrens nicht hervorgekommen, notorisch oder amtsbekannt.

Soweit die BF 1 im Zuge ihres Verfahrens behauptete, wegen ihrer Zugehörigkeit zur religiösen Gemeinschaft der Schiiten und der Volksgruppe der Hazara verfolgt zu werden, ist auf folgende höchstgerichtliche Judikatur zu verweisen:

Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass Schiiten bzw. Hazara im gesamten pakistanischen Staatsgebiet einer Verfolgung unterliegen, ist weder aus dem Vorbringen der BF 1 noch aus der Entscheidung zugrunde gelegten Erkenntnisquellen zur allgemeine Lage im Herkunftsstaat der BF 1 und BF 2 ersichtlich.

Im gegenständlichen Fall ist auch darauf hinzuweisen, dass mögliche Beeinträchtigungen im wirtschaftlichen oder sozialen Lebensbereichen in diesem Kontext nicht die zur Gewährung von Asyl erforderliche Intensität erreichen. So reichen etwa unspezifizierbare Verfolgungshandlungen von nur geringer Schwere nach ständiger Judikatur des VwGH nicht aus, solange sie nicht eine derartige Intensität erreichen, dass deshalb ein weiterer Aufenthalt der BF im Herkunftsstaat als unerträglich anzusehen wäre (VwGH 7. 10. 1993, 93/01/0942; 7. 10. 1993, 93/01/0872; 7. 11. 1995, 95/20/0080; 25. 4. 1995, 94/20/0762). "(...) Benachteiligungen (allgemeine Geringschätzung, Benachteiligung und Schikanen)(erreichen) insgesamt noch nicht eine derartige Intensität (...), dass deshalb ein weiterer Aufenthalt der Erstbeschwerdeführerin in ihrem Heimatland als unerträglich oder unzumutbar anzusehen wäre" (VwGH 23. 5. 1995, 92/20/0808). Weiters führte der VwGH aus, "dass auch aus allgemeinen Verhältnissen im Heimatland eines Asylwerbers nach den Umständen des

Einzelfalles ... auf die konkrete Verfolgung einer Person

rückgeschlossen werden kann. ... Erst aus einer Gesamtschau der

Umstände des Einzelfalles kann abgeleitet werden, inwieweit Intensität und Qualität der befürchteten Verfolgung Asylrelevanz aufweisen oder nicht" (VwGH 6. 3. 1996, 95/20/0210) und "dass bei wirtschaftlichen Maßnahmen, wie etwa bei Enteignungen, das in diesem Zusammenhang für die Annahme einer Verfolgungsgefahr erforderliche Ausmaß an Intensität der staatlichen Maßnahme nur bei Bedrohung der (wirtschaftlichen) Existenz des Beschwerdeführers erreicht wäre" (VwGH 27. 7. 1995, 95/19/0048; vergleiche auch VwGH 23. 2. 1994, 93/01/0586; 27. 4. 1994, 93/01/0487; 19. 5. 1994, 94/19/0716; 25. 4. 1995, 94/20/0762; 25. 4. 1995, 94/20/0790; 30. 4. 1997, 95/01/0529; 8. 9. 1999, 98/01/0614; vergleiche auch UBAS 6. 8. 1998, 204.176/0-VIII/22/98).

Insofern die BF 1 sich auf ihre Situation als alleinstehende Frau in Pakistan beruft, ist folgendes festzuhalten:

Es kann auch nicht festgestellt werden, dass die BF 1 oder die BF 2 wegen der Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe verfolgt werden oder ihnen deswegen Schutz verweigert würde.

Der Ausdruck "soziale Gruppe", der als Auffangtatbestand in die Genfer Flüchtlingskonvention eingefügt wurde, wurde in Lehre und Rechtsprechung durchaus unterschiedlich definiert. In der Judikatur des Verwaltungsgerichtshof wurde einerseits auf die Definition des UNHCR abgestellt, derzufolge eine soziale Gruppe in der Regel Personen mit ähnlichem Hintergrund, ähnlichen Gewohnheiten oder ähnlichem sozialen Status umfasst vergleiche Handbuch des UNHCR über Verfahren und Kriterien zur Feststellung der Flüchtlingseigenschaft, Sitzung 219, aber auch den Gemeinsamen Standpunktes des Rates der Europäischen Union vom 4.3.1996 betreffend die harmonisierte Anwendung der Definition des Begriffes des "Flüchtling" in Artikel eins, des Genfer Abkommens vom 28.7.1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge), wobei aber - unter Hinweis auf das genannte Handbuch des UNHCR - darauf hingewiesen wird, dass hinter der angesprochenen Regelung die Erwägung stehe, dass die Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe Anlass zu Verfolgung sein kann, wenn kein Vertrauen in die Loyalität der Gruppe der Regierung gegenüber bestehe oder wenn die politische Ausrichtung, das Vorleben oder die wirtschaftliche Tätigkeit der Mitglieder der Gruppe oder auch schon allein die Existenz der Gruppe an sich als Hindernisse für die Politik der Regierung angesehen werden(vgl. VwGH 18.12.1996, Zl. 96/20/0793).

Andererseits wies der Verwaltungsgerichtshof auf die Definition des kanadischen Obersten Gerichtshofes (Supreme Court) hin, nach der eine soziale Gruppe iSd GFK folgende drei Personenkreise umfasse:

Personen, die ein gemeinsames angeborenes oder unabänderliches Merkmal wie Geschlecht, sprachliche Zugehörigkeit oder sexuelle Orientierung aufweisen; Personen, die freiwillig aus Gründen verbunden sind, die für ihre Menschenwürde derart fundamental sind, dass sie nicht gezwungen werden sollten, diese Verbindung aufzugeben und schließlich Personen, die durch einen früheren freiwilligen Zustand verbunden sind, der aufgrund seiner historischen Dauer nicht geändert werden kann vergleiche die in Goodwin-Gill, The Refugee in International Law, 1996, p. 359 f., wiedergegebenen Fälle, insbesondere den Fall Canada v. Ward).

Auf diese Definitionen nimmt - zumindest zum Teil - auch Artikel 10, der Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29.4.2004 ("Statusrichtlinie") - auf den im Übrigen Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 12, Asylgesetz 2005 verweist - Bezug, wenn er in seiner Litera d, eine bestimmte soziale Gruppe folgendermaßen umschreibt: "Eine Gruppe gilt insbesondere als eine bestimmte soziale Gruppe wenn - die Mitglieder dieser Gruppe angeborene Merkmale oder einen Hintergrund, der nicht verändert werden kann, gemein haben, oder Merkmale oder eine Glaubensüberzeugung teilen, die so bedeutsam für die Identität oder das Gewissen sind, dass der Betreffende nicht gezwungen werden sollte, auf sie zu verzichten, und - die Gruppe in dem betreffenden Land eine deutlich abgegrenzte Identität hat, da sie von der sie umgebenden Gesellschaft als andersartig betrachtet wird.

Je nach den Gegebenheiten im Herkunftsland kann als eine soziale Gruppe auch eine Gruppe gelten, die sich auf das gemeinsame Merkmal der sexuellen Ausrichtung gründet. Als sexuelle Ausrichtung dürfen keine Handlungen verstanden werden, die nach dem nationalen Recht der Mitgliedstaaten als strafbar gelten; geschlechterbezogene Aspekte können berücksichtigt werden, rechtfertigen aber für sich allein genommen noch nicht die Annahme, dass dieser Artikel anwendbar ist."

Die BF 1 und die BF 2 gehören sohin auch keiner sozialen Gruppe der Frauen in Pakistan an. Es ist zwar richtig, dass Frauen in Pakistan im Allgemeinen einer Diskriminierung bzw. Schlechterstellung gegenüber Männern ausgesetzt sind und dass für alleinstehende Frauen in Pakistan auch schwierige Lebensbedingungen herrschen. Frauen werden aber nicht allgemein als inferior angesehen. Aufgrund der Heterogenität dieser Gruppe und der unterschiedlichen Situation im Einzelfall kann von einer sozialen Gruppe der wegen ihres Geschlechts in Pakistan diskriminierten Frauen nicht gesprochen werden.

Die Situation in Pakistan ist in diesem Zusammenhang differenziert auf den Einzelfall zu betrachten und ist jeder Fall unterschiedlich zu beurteilen, sodass auch eine ausreichend homogene soziale Gruppe nicht vorliegt. Gleiches spricht geschlechtsunabhängig gegen die Annahme einer sozialen Gruppe solcher Personen, die sich gegen die strengen Moralvorstellungen stellen. Insgesamt kann in beiden Konstellationen nicht von einer diesbezüglichen (auch nur relativ) homogenen "Gruppe" von Personen, die eine solche Verfolgung zu gewärtigen hätten, im Rechtssinn gesprochen werden; eine derartig extensive Interpretation würde auch die in Artikel eins, Abschn. A Ziffer 2, GFK getroffene Beschränkung der für die Asylgewährung erforderlichen Verfolgungsgründe unterlaufen, respektive ad absurdum führen.

Die BF 1 hat angegeben, aus römisch 40 zu stammen, ihre Mutter und ihr Bruder leben in römisch 40 und ergibt sich aus den länderkundlichen Feststellungen, dass gebildete, arbeitende Frauen in Großstädten grundsätzlich problemlos leben können. Die BF 1 ist eine gebildete junge Frau, die das tägliche Leben selbst meistern konnte - dies auch nach dem Tod ihres Mannes. Auch aufgrund ihrer inneren Werthaltung (Verweigerung des Tragens eines Kopftuches, Führen eines selbstbestimmten Lebens) ist in der Gesamtheit betrachtet, keine Verfolgung von asylrelevanter Intensität erkennbar. Es ergibt sich folglich aus den persönlichen Umständen der BF 1 und BF 2 keine asylrelevante Gefährdung.

Da eine aktuelle oder zum Fluchtzeitpunkt bestehende asylrelevante Verfolgung auch sonst im Rahmen des Ermittlungsverfahrens nicht hervorgekommen, notorisch oder amtsbekannt ist, war in der Folge davon auszugehen, dass eine asylrelevante Verfolgung im gegebenen Fall weder vor der Ausreise der BF 1 und Bf 2 existent war noch pro futuro eine solche für diese besteht.

römisch II.3.5. Zuerkennung des Status subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat

Die hier maßgeblichen Bestimmungen des Paragraph 8, AsylG lauten:

"§ 8. (1) Der Status des subsidiär Schutzberechtigten ist einem Fremden zuzuerkennen,

1. der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird oder

2. ...

wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Artikel 2, EMRK, Artikel 3, EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

(2) Die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Absatz eins, ist mit der abweisenden Entscheidung

nach Paragraph 3, ... zu verbinden.

(3) Anträge auf internationalen Schutz sind bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative (Paragraph 11,) offen steht.

..."

Bereits Paragraph 8, AsylG 1997 beschränkte den Prüfungsrahmen auf den "Herkunftsstaat" des Asylwerbers. Dies war dahin gehend zu verstehen, dass damit derjenige Staat zu bezeichnen war, hinsichtlich dessen auch die Flüchtlingseigenschaft des Asylwerbers auf Grund seines Antrages zu prüfen ist (VwGH 22.4.1999, 98/20/0561; 20.5.1999, 98/20/0300). Diese Grundsätze sind auf die hier anzuwendende Rechtsmaterie insoweit zu übertragen, als dass auch hier der Prüfungsmaßstab hinsichtlich des Bestehend der Voraussetzungen, welche allenfalls zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten führen, sich auf den Herkunftsstaat beschränken.

Artikel 2, EMRK lautet:

"(1) Das Recht jedes Menschen auf das Leben wird gesetzlich geschützt. Abgesehen von der Vollstreckung eines Todesurteils, das von einem Gericht im Falle eines durch Gesetz mit der Todesstrafe bedrohten Verbrechens ausgesprochen worden ist, darf eine absichtliche Tötung nicht vorgenommen werden.

(2) Die Tötung wird nicht als Verletzung dieses Artikels betrachtet, wenn sie sich aus einer unbedingt erforderlichen Gewaltanwendung ergibt:

a) um die Verteidigung eines Menschen gegenüber rechtswidriger Gewaltanwendung sicherzustellen;

b) um eine ordnungsgemäße Festnahme durchzuführen oder das Entkommen einer ordnungsgemäß festgehaltenen Person zu verhindern;

c) um im Rahmen der Gesetze einen Aufruhr oder einen Aufstand zu unterdrücken."

Während das 6. ZPEMRK die Todesstrafe weitestgehend abgeschafft wurde, erklärt das 13. ZPEMRK die Todesstrafe als vollständig abgeschafft.

Artikel 3, EMRK lautet:

"Niemand darf der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden."

Folter bezeichnet jede Handlung, durch die einer Person vorsätzlich große körperliche oder seelische Schmerzen oder Leiden zugefügt werden, zum Beispiel um von ihr oder einem Dritten eine Aussage oder ein Geständnis zu erlangen, um sie für eine tatsächlich oder mutmaßlich von ihr oder einem Dritten begangene Tat zu bestrafen, um sie oder einen Dritten einzuschüchtern oder zu nötigen oder aus einem anderen, auf irgendeiner Art von Diskriminierung beruhenden Grund, wenn diese Schmerzen oder Leiden von einem Angehörigen des öffentlichen Dienstes oder einer anderen in amtlicher Eigenschaft handelnden Person, auf deren Veranlassung oder mit deren ausdrücklichem oder stillschweigendem Einverständnis verursacht werden. Der Ausdruck umfasst nicht Schmerzen oder Leiden, die sich lediglich aus gesetzlich zulässigen Sanktionen ergeben, dazu gehören oder damit verbunden sind (Artikel eins, des UN-Übereinkommens gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe vom 10. Dezember 1984).

Unter unmenschlicher Behandlung ist die vorsätzliche Verursachung intensiven Leides unterhalb der Stufe der Folter zu verstehen (Walter/Mayer/Kucsko-Stadlmayer, Bundesverfassungsrecht 10. Aufl. (2007), RZ 1394).

Unter einer erniedrigenden Behandlung ist die Zufügung einer Demütigung oder Entwürdigung von besonderem Grad zu verstehen (Näher Tomasovsky, FS Funk (2003) 579; Grabenwarter, Menschenrechtskonvention 134f).

Artikel 3, EMRK enthält keinen Gesetzesvorbehalt und umfasst jede physische Person (auch Fremde), welche sich im Bundesgebiet aufhält.

Der EGMR geht in seiner ständigen Rechtsprechung davon aus, dass die EMRK kein Recht auf politisches Asyl garantiert. Die Ausweisung eines Fremden kann jedoch eine Verantwortlichkeit des ausweisenden Staates nach Artikel 3, EMRK begründen, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass der betroffene Person im Falle seiner Ausweisung einem realen Risiko ausgesetzt würde, im Empfangsstaat einer Artikel 3, EMRK widersprechenden Behandlung unterworfen zu werden vergleiche etwa EGMR, Urteil vom 8. April 2008, NNYANZI gegen das Vereinigte Königreich, Nr. 21878/06).

Eine aufenthaltsbeendende Maßnahme verletzt Artikel 3, EMRK auch dann, wenn begründete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Fremde im Zielland gefoltert oder unmenschlich behandelt wird (für viele:

VfSlg 13.314; EGMR 7.7.1989, Soering, EuGRZ 1989, 314). Die Asylbehörde hat daher auch Umstände im Herkunftsstaat der BF zu berücksichtigen, auch wenn diese nicht in die unmittelbare Verantwortlichkeit Österreichs fallen. Als Ausgleich für diesen weiten Prüfungsansatz und der absoluten Geltung dieses Grundrechts reduziert der EGMR jedoch die Verantwortlichkeit des Staates (hier: Österreich) dahingehend, dass er für ein "ausreichend reales Risiko" für eine Verletzung des Artikel 3, EMRK eingedenk des hohen Eingriffschwellenwertes ("high threshold") dieser Fundamentalnorm strenge Kriterien heranzieht, wenn dem Beschwerdefall nicht die unmittelbare Verantwortung des Vertragstaates für einen möglichen Schaden des Betroffenen zu Grunde liegt vergleiche Karl Premissl in Migralex "Schutz vor Abschiebung von Traumatisierten in "Dublin-Verfahren"", derselbe in Migralex: "Abschiebeschutz von Traumatisieren"; EGMR: Ovidenko vs. Finnland; Hukic vs. Scheden, Karim, vs. Schweden, 4.7.2006, Appilic 24171/05, Goncharova & Alekseytev vs. Schweden, 3.5.2007, Appilic 31246/06.

Der EGMR geht weiters allgemein davon aus, dass aus Artikel 3, EMRK grundsätzlich kein Bleiberecht mit der Begründung abgeleitet werden kann, dass der Herkunftsstaat gewisse soziale, medizinische od. sonst. unterstützende Leistungen nicht biete, die der Staat des gegenwärtigen Aufenthaltes bietet. Nur unter außerordentlichen, ausnahmsweise vorliegenden Umständen kann die Entscheidung, den Fremden außer Landes zu schaffen, zu einer Verletzung des Artikel 3, EMRK führen vergleiche für mehrere. z. B. Urteil vom 2.5.1997, EGMR 146/1996/767/964 ["St. Kitts-Fall"], oder auch Application no. 7702/04 by SALKIC and Others against Sweden oder S.C.C. against Sweden v. 15.2.2000, 46553 / 99).

Gem. der Judikatur des EGMR muss die BF die erhebliche Wahrscheinlichkeit einer aktuellen und ernsthaften Gefahr schlüssig darstellen vergleiche EKMR, Entsch. Vom 7.7.1987, Nr. 12877/87 - Kalema gg. Frankreich, DR 53, Sitzung 254, 264). Dazu ist es notwendig, dass die Ereignisse vor der Flucht in konkreter Weise geschildert und auf geeignete Weise belegt werden. Rein spekulative Befürchtungen reichen ebenso wenig aus vergleiche EKMR, Entsch. Vom 12.3.1980, Nr. 8897/80: römisch zehn u. Y gg. Vereinigtes Königreich), wie vage oder generelle Angaben bezüglich möglicher Verfolgungshandlungen vergleiche EKMR, Entsch. Vom 17.10.1986, Nr. 12364/86: Kilic gg. Schweiz, DR 50, Sitzung 280, 289). So führt der EGMR in stRsp aus, dass es trotz allfälliger Schwierigkeiten für den Antragsteller "Beweise" zu beschaffen, es dennoch ihm obliegt - so weit als möglich - Informationen vorzulegen, die der Behörde eine Bewertung der von ihm behaupteten Gefahr im Falle einer Abschiebung ermöglicht ( z. B. EGMR Said gg. die Niederlande, 5.7.2005)

Auch nach Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Antragsteller das Bestehen einer aktuellen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten oder nicht effektiv verhinderbaren Bedrohung der relevanten Rechtsgüter glaubhaft zu machen, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffender, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerter Angaben darzutun ist (VwGH 26.6.1997, Zl. 95/18/1293, VwGH 17.7.1997, Zl. 97/18/0336). Wenn es sich um einen der persönlichen Sphäre der Partei zugehörigen Umstand handelt (zB ihre familiäre (VwGH 14.2.2002, 99/18/0199 ua), gesundheitliche (VwSlg 9721 A/1978; VwGH 17.10.2002, 2001/20/0601) oder finanzielle vergleiche VwGH 15.11.1994, 94/07/0099) Situation), von dem sich die Behörde nicht amtswegig Kenntnis verschaffen kann vergleiche auch VwGH 24.10.1980, 1230/78), besteht eine erhöhte Mitwirkungspflicht des Asylwerbers (VwGH 18.12.2002, 2002/18/0279).

Voraussetzung für das Vorliegen einer relevanten Bedrohung ist auch in diesem Fall, dass eine von staatlichen Stellen zumindest gebilligte oder nicht effektiv verhinderbare Bedrohung der relevanten Rechtsgüter vorliegt oder dass im Heimatstaat des Asylwerbers keine ausreichend funktionierende Ordnungsmacht (mehr) vorhanden ist und damit zu rechnen wäre, dass jeder dorthin abgeschobene Fremde mit erheblicher Wahrscheinlichkeit der in [nunmehr] Paragraph 8, Absatz eins, AsylG umschriebenen Gefahr unmittelbar ausgesetzt wäre vergleiche VwGH 26.6.1997, 95/21/0294).

Der VwGH geht davon aus, dass der Beschwerdeführer vernünftiger Weise (VwGH 9.5.1996, Zl.95/20/0380) damit rechnen muss, in dessen Herkunftsstaat (Abschiebestaat) mit einer über die bloße Möglichkeit (z.B. VwGH vom 19.12.1995, Zl. 94/20/0858, VwGH vom 14.10.1998. Zl. 98/01/0262) hinausgehenden maßgeblichen Wahrscheinlichkeit von einer aktuellen (VwGH 05.06.1996, Zl. 95/20/0194) Gefahr betroffen zu sein. Wird dieses Wahrscheinlichkeitskalkül nicht erreicht, scheidet die Zuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten somit aus.

Umgelegt auf den gegenständlichen Fall werden im Lichte der dargestellten nationalen und internationalen Rechtsprechung folgende Überlegungen angestellt:

Hinweise auf das Vorliegen einer allgemeinen existenzbedrohenden Notlage (allgemeine Hungersnot, Seuchen, Naturkatastrophen oder sonstige diesen Sachverhalten gleichwertige existenzbedrohende Elementarereignisse) liegen nicht vor, weshalb hieraus aus diesem Blickwinkel bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen kein Hinweis auf das Vorliegen eines Sachverhaltes gem. Artikel 2, bzw. 3 EMRK abgeleitet werden kann.

Aufgrund der Ausgestaltung des Strafrechts des Herkunftsstaates der BF (die Todesstrafe wurde abgeschafft) scheidet das Vorliegen einer Gefahr im Sinne des Artikel 2, EMRK, oder des Protokolls Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe aus.

Da sich der Herkunftsstaat der BF 1 und BF 2 nicht im Zustand willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes befindet, kann bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen nicht festgestellt werden, dass für die BF als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines solchen internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes besteht.

Auch wenn sich die Lage der Menschenrechte im Herkunftsstaat der BF 1 und BF 2 in wesentlichen Bereichen als problematisch darstellt, kann nicht festgestellt werden, dass eine nicht sanktionierte, ständige Praxis grober, offenkundiger, massenhafter Menschenrechts-verletzungen (iSd VfSlg 13.897/1994, 14.119/1995, vergleiche auch Artikel 3, des UN-Übereinkommens gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe vom 10. Dezember 1984) herrschen würde und praktisch jeder, der sich im Hoheitsgebiet des Staates aufhält, schon alleine aufgrund des Faktums des Aufenthaltes aufgrund der allgemeinen Lage mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit damit rechnen muss, von einem unter Paragraph 8, Absatz eins, AsylG subsumierbaren Sachverhalt betroffen ist.

Aus der sonstigen allgemeinen Lage im Herkunftsstaat kann ebenfalls bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen kein Hinweis auf das Bestehen eines unter Paragraph 8, Absatz eins, AsylG subsumierbaren Sachverhalt abgeleitet werden.

Weitere, in der Person der BF begründete Rückkehrhindernisse wurden jedoch bei Berücksichtigung der bekannter Tatsachen festgestellt.

Zur individuellen Versorgungssituation der BF 1 und BF 2 wird festgehalten, dass nicht ausgeschlossen werden kann, dass diese im Herkunftsstaat über eine hinreichende Existenzgrundlage verfügen. Bei der BF 1 handelt es sich zwar um eine arbeitsfähige, junge, gesunde, gebildete Frau, jedoch ist sie, da sie für die BF 2 sorge- bzw. unterhaltspflichtig ist, in Bezug auf ihre individuelle Versorgungslage qualifiziert schutzbedürftiger einzustufen als die übrige Bevölkerung. Vor ihrer Ausreise lebten die BF 1 und die BF 2 von Ersparnissen bzw. dem Erlös des Unternehmens des nunmehr verstorbenen Ehemannes der BF 1. Aufgrund des Umstandes, dass sich aus den länderkundlichen Quellen ableiten lässt, dass es schwierig ist für gebildete, höherständische und arbeitende Frauen in städtischen Gebieten ihre ökonomische Unabhängigkeit zu sichern und die BF 1 zudem für ein Kleinkind sorgepflichtig ist, kann nicht ohne weiteres festgestellt werden, dass im konkreten Einzelfall eine die physische Existenz ausreichende sichernde Versorgungssituation im Herkunftsstaat gegeben ist.

Aufgrund der oa. Ausführungen ist letztlich im Rahmen einer Gesamtschau nicht davon auszugehen, dass die BF 1 und die BF 2 im Falle einer Rückkehr in ihren Herkunftsstaat ihre dringendsten Bedürfnisse befriedigen können und nicht über eine allfällige Anfangsschwierigkeiten überschreitende, dauerhaft aussichtslose Lage geraten.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß Paragraph 25 a, Absatz eins, VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Aus den dem gegenständlichen Erkenntnis entnehmbaren Ausführungen geht hervor, dass das ho. Gericht in seiner Rechtsprechung im gegenständlichen Fall nicht von der bereits zitierten einheitlichen Rechtsprechung des VwGH, insbesondere zum Erfordernis der Glaubhaftmachung der vorgebrachten Gründe, zum Flüchtlingsbegriff, dem Refoulement-schutz abgeht.

European Case Law Identifier

ECLI:AT:BVWG:2014:L512.1439270.1.00