Gericht

BVwG

Entscheidungsdatum

11.06.2014

Geschäftszahl

W153 1311163-1

Spruch

W153 1311163-1/19E

IM NAMEN DER REPUBLIk!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Christoph KOROSEC als Einzelrichter über die Beschwerde von römisch XXXX, StA DR KONGO, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 14.03.2007, Zl: 04 19.392-BAW, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 23.04.2014 zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird stattgegeben und Frau römisch XXXX gemäß Paragraph 7, AsylG 1997 Asyl gewährt. Gemäß Paragraph 12, leg. cit. wird festgestellt, dass römisch XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

B)

Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

römisch eins. Verfahrensgang

Die Beschwerdeführerin, eine Staatsbürgerin der Demokratischen Republik KONGO, stellte am 22.09.2004 beim Bundesasylamt einen Antrag auf internationalen Schutz. Die Beschwerdeführerin war damals minderjährig.

Im Zuge der am 28.09.2004 durchgeführten Einvernahme vor der BAA-Erstaufnahmestelle Ost gab die Beschwerdeführerin im Wesentlichen an, dass sie die DR Kongo am 31.05.2004 verlassen habe und zunächst nach römisch XXXX gereist sei. Dort sei sie bis 21.09.2004 geblieben und an diesem Tag mit einer ihr unbekannten Fluglinie in ein ihr unbekanntes Land geflogen. Von dort sei sie mit einem anderen Flugzeug nach römisch XXXX weitergeflogen. Die Beschwerdeführerin gehöre dem Stamm der römisch XXXX, auch römisch XXXX oder Ruander genannt, an. Im April 2004 habe sie in römisch XXXX gelebt, als die Truppen von römisch XXXX die Stadt besetzen wollten. Sie habe mit der Familie die Stadt verlassen und habe sich ins Flüchtlingslager römisch XXXX römisch XXXX begeben. In der Nacht vom römisch XXXX habe es einen Angriff auf dieses Lager gegeben. Daraufhin seien sie nach römisch XXXX geflohen und dort am 15.08.2004 angekommen. Da man dort keine römisch XXXX wolle, habe sie ihr Vater nach Europa geschickt. Als Fluchtgrund gab die Beschwerdeführerin an, dass sie vor dem Krieg flüchte. Ihre Flucht habe mit der drohenden Besetzung von römisch XXXX durch Truppen von römisch XXXX begonnen. Außerdem sei sie als römisch XXXX in ihrer Heimat nicht Willkommen.

Mit Beschluss des BG römisch XXXX wurde die Obsorge über die minderjährige Beschwerdeführerin Herrn XXXXübertragen.

Bei der Einvernahme am 16.11.2005 wiederholte die Beschwerdeführerin im Wesentlichen ihre Fluchtgründe. Sie habe keine identitätsbezeugende Dokumente. Sie gehöre der Ethnie der Banyamulenge an und spreche neben Französisch, die Sprachen römisch XXXX und etwas römisch XXXX. Vor der Flucht habe sie von 2003 bis 2004 in römisch XXXX, römisch XXXX, gelebt. Am 31.05.2004 habe sie mit den Eltern, d.h. mit dem Vater, der Stiefmutter und ihrem Halbbruder, die Stadt verlassen und sie seien nach römisch XXXX, wo sie am 21.09.2004 ausgereist sei. Als römisch XXXX hätten sie Angst, dass sich die kongolesische Armee an ihnen rächen könnte, da die Rebellen auch römisch XXXX seien. Daher seien sie in das Flüchtlingslager gefahren.

Vor der Flucht sei sie in BAKAVU in die Schule gegangen. Sie seien in der Schule und am Markt ein bisschen bedroht worden. Man habe sie nicht gewollt, da sie keine 100%igen Kongolesen seien. Als Beispiel gab die Beschwerdeführerin an, dass man sie an der Aussprache erkannt habe und ihnen die Waren teurer verkauft habe. Im Krankenhaus hätten sie im Voraus bezahlen müssen, um überhaupt Medikamente zu bekommen. Man habe ihnen als Kranke oft kein Bett gegeben und Sie haben dann die Nächte im Freien verbringen müssen.

Befragt zu ihrer Familie gab die Beschwerdeführerin an, dass sie bis zum Tod ihrer Mutter im Jahr 2003 bei dieser in römisch XXXX gelebt habe. Die Eltern seien geschieden gewesen und nach dem Tod der Mutter habe sie ein Cousin des Vaters zu diesem nach römisch XXXX gebracht. Der Vater habe dort mit seiner zweiten Ehefrau gelebt. Sie hätten ein gemeinsames Kind, ihr Halbbruder sei 1999 geboren worden. Ihr Vater habe beruflich Gold, Schuhe und andere Waren verkauft. Seit ihrer Flucht habe sie zu ihrer Familie keine Kontakte mehr.

Die Beschwerdeführerin sei nach einem Angriff auf das Flüchtlingslager in der Nacht vom 13. auf den 14.08.2004 mit ihrer Familie in ein Krankenhaus geflohen. Soldaten hätten das Lager angegriffen, welche Soldaten wisse sie nicht. Am 20.09.2004 sei sie einem Freund ihres Vaters übergeben worden und mit diesem nach Europa geflogen.

Der anwesende Pflegevater führt noch aus, dass die Bevölkerung aufgrund der Nachkriegssituation sehr gegen die Ethnie der Banyamulenge eingestellt sei.

Bei einer weiteren Befragung vor dem Bundesasylamt am 01.03.2006 wurde ihre Zugehörigkeit zur Ethnie der Banyamulenge hinterfragt, da sie die Sprache römisch XXXX nicht spreche. Dazu führte die Beschwerdeführerin aus, sie habe bis 2003 bei ihrer Mutter gelebt. Diese habe der Ethnie der XXXXangehört und in der Gegend, wo sie aufgewachsen sei, spreche man römisch XXXX. Mit ihrem Vater habe sie nach der Scheidung keinen Kontakt gehabt. Erst nach dem Tod der Mutter habe sie ein Jahr beim Vater gelebt. Sie habe daher keine Möglichkeit gehabt, die Sprache der römisch XXXX zu erlernen. Man könne die ethnische Zugehörigkeit auch aufgrund des Aussehens feststellen. So seien die Banyamulenge, auch Ruander genannt, eher schlank und hätten eine spitze Nase. Sie habe auch ein wenig diese Merkmale.

Mit Bescheid vom 14.03.2007 hat das Bundesasylamt den gegenständlichen Asylantrag gemäß Paragraph 7, AsylG 1997, in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 101 aus 2003,, abgewiesen und die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den Heimatstaat gemäß Paragraph 8, Absatz 1 AsylG 1997 für zulässig erklärt. Gemäß Paragraph 8, Absatz 2 AsylG 1997 wird sie in den Heimatstaat ausgewiesen.

Die Behörde begründete dies im Wesentlichen damit, dass die ethnische Zugehörigkeit und die Fluchtgründe nicht glaubhaft gemacht werden konnten.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die fristgerecht eingelangte Beschwerde/Berufung vom 01.04.2007, in der im Wesentlichen beantragt wurde der Beschwerde/Berufung stattzugeben und den Bescheid aufzuheben oder abzuändern.

In weiterer Folge werden zahlreiche Nachweise vorgelegt, die die Integrationsbemühungen der Beschwerdeführerin belegen. Verwiesen wird auf die guten Integrationsfortschritte und die lange Aufenthaltsdauer im Bundesgebiet. Außerdem habe sie keinerlei Kontakt zur Familie mehr, wodurch sie im Falle einer Rückkehr vollkommen auf sich allein gestellt wäre.

Mit Schreiben vom 28.08.2012 wird ein ärztlicher Befund vorgelegt, der darlegt, dass die Beschwerdeführerin seit Juni 2012 in regelmäßiger psychologischer Behandlung stehe und an einer posttraumatischen Belastungsstörung leide. Es wird in der Stellungnahme auch dargelegt, dass diese notwendige medizinische Behandlung im Heimatstaat der Beschwerdeführerin nicht zur Verfügung stehe.

Das mit 01.01.2014 zuständige Bundesverwaltungsgericht führte in der gegenständlichen Rechtssache am 23.04.2014 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, an der die Beschwerdeführerin im Beisein eines bevollmächtigten Vertreters persönlich teilnahm. Ein Vertreter des mit 01.01.2014 zuständigen Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl nahm an der Verhandlung nicht teil.

Zu ihrer ethnischen Angehörigkeit wiederholte sie, dass sie bis 2003 außerhalb des Siedlungsgebietes der römisch XXXX gelebt habe. Sie habe daher die Sprache römisch XXXX nicht gelernt. Erst nach dem Tod der Mutter sei sie zu ihrem Vater nach römisch XXXX gekommen.

Ihr Vater habe wieder geheiratet. Mit der Stiefmutter habe sie sich nicht gut verstanden, mit ihrem Vater anfangs auch nicht, dann aber sehr gut.

2004 sei es zu Kämpfen in der Stadt gekommen. Auf Nachfrage, ob dabei auch sie oder ihre Familie angegriffen wurden, gab die Beschwerdeführerin an, dass ein Verwandter ihres Vaters getötet worden sei und daraufhin seien sie ins Lager römisch XXXX geflüchtet. Dann sei das Lager angegriffen worden. Es seien Bewaffnete gewesen, ob es Soldaten waren, wisse sie nicht. Auf die Frage, ob sie konkret bedroht wurde, sagte die Beschwerdeführerin, dass sie bedroht worden sei. Sie habe auch gesehen, dass Mädchen vergewaltigt worden seien und junge und alte Leute seien getötet worden. Sie sei sogar über die Toten gestiegen. Zum Vorhalt, dass sie bei den drei Einvernahmen beim Bundesasylamt zwischen 2004 und 2006 diese Details nicht vorgebracht habe, rechtfertigte sich die Beschwerdeführerin damit, sie sei damals durcheinander gewesen und habe Angst gehabt.

Die Familie sei vor den Massakern ins nahe Krankenhaus geflohen. Dort seien sie sicher gewesen. Dann sei der beste Freund ihres Vaters, er lebt in römisch XXXX, gekommen und ihr Vater habe ihr befohlen mitzugehen. Noch am selben Tag sei sie mit diesem Mann von römisch XXXX aus weggeflogen.

Nochmals befragt zu den Fluchtgründen gab die Beschwerdeführerin an, dass sie Angst vor dem Krieg habe. Als Angehörige der römisch XXXX fühle sie sich in ihrem Heimatland als Fremde. Sie sei schikaniert und auch körperlich angegriffen, wenn auch nicht so stark, angegriffen worden. Nachbarn hätten die Kriegssituation ausgenutzt, da die Leute über die ethnische Herkunft ihrer Familie Bescheid gewusst hätten. In der Heimat ihrer Mutter sei sie jedoch nicht verfolgt worden.

Ihre Familie besitze kein Vermögen und seit sie in Österreich ist, habe sie weder zum Vater noch zu Verwandten der verstorbenen Mutter Kontakt.

Der Vertreter der Beschwerdeführerin legte eine schriftliche Stellungnahme zum Länderbericht vor und gab an, dass in Folge des Krieges und der Fluchtbewegungen ihrer Familie die Beschwerdeführerin in der DR KONGO über keine sozialen oder familiären Anknüpfungspunkte mehr verfüge. Sie sei daher im Falle einer Rückkehr aufgrund ihrer langen Abwesenheit gänzlich auf sich alleine gestellt. Ihr drohe daher eine asylrelevante Gefährdung aufgrund ihrer Zugehörigkeit zur sozialen Gruppe der alleinstehenden Frauen.

römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen

Glaubhaft ist folgender Sachverhalt:

Die Beschwerdeführerin wurde am römisch XXXX geboren und ist Staatsbürgerin der DR KONGO. Sie reiste am 22.09.2004 illegal und schlepperunterstützt nach Österreich ein und stellte einen Antrag auf internationalen Schutz.

Nach der Scheidung der Eltern lebte sie bis 2003 bei ihrer Mutter und erst nach dem Tod der Mutter kam sie zum Vater nach römisch XXXX. Dort lebte sie ca. ein Jahr bis zur Flucht im Jahr 2004. Im Zuge der Kämpfe zwischen XXXXund der Regierung flüchtete die Familie, bestehend aus ihr, ihrem Vater, der Stiefmutter und einem Halbbruder aus der Stadt nach römisch XXXX. Von dort floh sie per Flugzeug nach Österreich.

Die Beschwerdeführerin ist väterlicherseits Angehörige der Ethnie der römisch XXXX.

Zur Situation in der DR KONGO werden folgende Feststellungen getroffen:

"Politische Lage

Die DR Kongo gliedert sich in elf Provinzen mit eigenen Parlamenten und Regierungen. Das Parlament des Landes gliedert sich in zwei Kammern - Nationalversammlung und Senat (AA 9.2013a), deren Mitglieder für eine fünfjährige Amtszeit durch allgemeine Wahlen im Falle der Nationalversammlung und durch Provinzversammlungen im Falle des Senats gewählt werden. (FH 1.2013) Der Staatspräsident wird für eine Amtszeit von fünf Jahren direkt gewählt (FH 1.2013; vergleiche AA 9.2013a) und hat eine starke Stellung inne. Nach einer Verfassungsänderung im Jänner 2011 wurde die Notwendigkeit einer absoluten Mehrheit bei Präsidentschaftswahlen in eine einfache Mehrheit abgeändert und somit die Notwendigkeit eines zweiten Wahlgangs abgeschafft. Ferner wurde dem Präsidenten das Recht zur Absetzung der Gouverneure und zur Auflösung der Provinzparlamente eingeräumt. (AA 9.2013a)

Die DR Kongo ist keine Wahldemokratie. (FH 1.2013) Die Präsidentschafts- und Parlamentswahlen vom 28.11.2011 sind aufgrund von Vorwürfen wegen technischer Mängel, Manipulation und Wahlfälschung umstritten. (AA 9.2013a; vergleiche FH 1.2013) Unter 11 Kandidaten wurde Staatspräsident Joseph Kabila im Amt bestätigt. Für die fünfhundert Sitze des Parlaments hatten sich annähernd 19.000 Kandidaten beworben. Die "Präsidentielle Mehrheit", ein Parteienbündnis zur Unterstützung von Präsident Kabila, konnte im Parlament eine Mehrheit erringen. Dazu gehören als größte Parteien die von Kabila gegründete PPRD (Parti du Peuple pour la Reconstruction et la Démocratie; 62 Sitze, vorher 111), deren neugegründete Schwesterpartei PPPD (Parti du peuple pour la paix et la démocratie; 28 Sitze), der MSR (Mouvement Social pour le Renouveau; 27 Sitze) sowie die PALU (Parti lumumbiste unifié; 19 Sitze, vorher 34; sie stellte bisher den Premierminister, Adolphe Muzito). Premierminister ist seit April 2012 Augustin Matata Ponyo Mapon, der der PPRD angehört. Die UDPS (Union pour la Démocratie et le Progrès Social) von Etienne Tshisekedi wurde mit 41 Sitzen stärkste Oppositionspartei; die Wahlen 2006 hatte sie boykottiert und war deshalb bisher nicht im Parlament vertreten. Tshisekedi hat sich zum eigentlich gewählten Präsidenten und die Parlamentswahlen für ungültig erklärt. Der MLC (Mouvement de Libération du Congo) des in Den Haag wegen Kriegsverbrechen in Untersuchungshaft sitzenden Jean-Pierre Bemba, bisher mit 64 Sitzen stärkste Oppositionspartei, erhielt 22 Sitze. Die neugegründete Partei UNC (Union pour la Nation Congolaise) von Vital Kamerhe konnte 17 Sitze erringen, die von Senatspräsident Kengo wa Dondo vier. Das Parlament hat sich am 16. Februar 2012 konstituiert, während der Oberste Gerichtshof erst am 27. April 2012 sein Revisionsverfahren über insgesamt 522 Beschwerden abschloss. Parteien repräsentieren im Kongo nicht in erster Linie politische Strömungen, sondern spiegeln vor allem regionale und ethnische Loyalitäten wider. (AA 9.2013a) Die Legitimität der unabhängigen Wahlkommission (CENI) ist fraglich. (FH 1.2013)

Nach Abschluss einer Umbildung der Wahlbehörde CENI im September 2013 sollen von 2014-16 Kommunalwahlen, danach Wahlen in den Provinzen und schließlich auf nationaler Ebene stattfinden. Damit einhergehen soll eine Volkszählung. (AA 9.2013a)

Quellen:

AA - Auswärtiges Amt (9.2013a): Innenpolitik - Kongo (Demokratische Republik Kongo),

http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/KongoDemokratischeRepublik/Innenpolitik_node.html, Zugriff 28.10.2013

FH - Freedom House (1.2013): Freedom in the World 2013 - Democratic Republic of the Congo,

http://www.ecoi.net/local_link/246474/370011_de.html, Zugriff 28.10.2013

Sicherheitslage

Der Sicherheitsrat verlängerte am 28.3.2013 das Mandat der Stabilisierungsmission der Organisation der Vereinten Nationen in der Demokratischen Republik Kongo MONUSCO und genehmigte eine "Interventionsbrigade". (UN 2013)

Vor Reisen in die östlichen und nordöstlichen Landesteile der Demokratischen Republik Kongo wird gewarnt. Dies gilt in besonderem Maße für die Provinzen Orientale, Nord- und Süd-Kivu, Maniema und das nördliche Katanga (Tanganyika, Haut-Lomani, nördliches Haut-Katanga), wo immer wieder Kämpfe zwischen den kongolesischen Streitkräften und bewaffneten Gruppen stattfinden. In römisch XXXX, kam es dieses Jahr schon zu gewalttätigen Zwischenfällen (u.a. Angriff auf das Gefängnis im Juni 2013). (AA 28.10.2013) In den Bezirken Haut Ulele und Bas Ulele der Provinz Orientale ist die LRA weiterhin aktiv und für schwerwiegende Menschenrechtsverletzungen verantwortlich. (USDOS 19.4.2013)

Die übrigen Regionen des Landes sind vergleichsweise ruhig. Allerdings kommt es immer wieder zu Unruhen oder Ausschreitungen. Die kongolesischen Ordnungs- und Sicherheitskräfte sind nicht in der Lage, einen hohen Sicherheitsstandard im Land zu gewährleisten. (AA 28.10.2013)

Mit der Truppenverlegung der kongolesischen Armee (FARDC/Forces Armées de la République Démocratique du Congo) zur Bekämpfung der M23 in der östlichen DR Kongo entstand ein Sicherheitsvakuum in anderen Gebieten. Dies ermöglichte es mehreren bewaffneten Gruppen, während der Ausdehnung ihrer militärischen Operationen auf diese Gebiete schwere Menschenrechtsverstöße zu begehen. Zu diesen Gruppen gehörten u.a. Raia Mutomboki, Nyatura, Forces Démocratiques de Libération du Rwanda (FDLR), Forces Nationales de Libération (römisch XXXX), Mayi Mayi Sheka und Alliance des Patriotes pour un Congo Libre et Souverain. Andere bewaffnete Gruppen waren weiterhin im Nordosten des Landes aktiv, darunter die Lord's Resistance Army (LRA), die Mayi Mayi Lumumba und die Allied Democratic Forces/?National Army for the Liberation of Uganda (ADF/NALU). (AI 23.5.2013)

Die Sicherheitslage in der Metropole Kinshasa (11 Millionen Einwohner) kann sich rasch ändern (Streiks, Demonstrationen, Menschenaufläufe). Die Kriminalität steigt, vor allem durch bewaffnete Jugendbanden (Kuluna). Diese operieren bislang außerhalb des von Ausländern bevorzugten Stadtteils Gombe. (AA 28.10.2013)

Quellen:

AA - Auswärtiges Amt (28.10.2013): Reise- und Sicherheitshinweise -

Demokratische Republik Kongo: Teilreisewarnung, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Laenderinformationen/00-SiHi/Nodes/KongoDemokratischeRepublikSicherheit_node.html, Zugriff 28.10.2013

AI - Amnesty International (23.5.2013): Amnesty International Report 2013 - Zur weltweiten Lage der Menschenrechte - Democratic Republic Of The Congo, http://www.ecoi.net/local_link/247935/374063_de.html, Zugriff 28.10.2013

UN - United Nations (2013): Demokratische Republik Kongo http://www.un.org/depts/german/sr/sr_them/kongodr.htm, Zugriff 28.10.2013

USDOS - U.S. Department of State (19.4.2013): Country Report on Human Rights Practices 2012 - Congo, Democratic Republic of the, http://www.ecoi.net/local_link/245078/368526_de.html, Zugriff 28.10.2013

Nordkivu

Im April 2012 gründeten Deserteure der FARDC in Nord- und Südkivu die bewaffnete Gruppe M23. Die M23 behauptete, sie kämpfe dafür, dass die Regierung der DR Kongo das Friedensabkommen vom 23. März 2009 vollständig respektiere. Zusammenstöße zwischen der FARDC und bewaffneten Gruppen führten zu einer Verschlechterung der Sicherheitslage und trieben Tausende von Menschen zur Flucht aus ihren Wohnorten. Gewaltsame Auseinandersetzungen zwischen Soldaten der FARDC und Kämpfern der M23 fanden zwischen April und September und nochmals im November 2012 statt, als Goma, die Hauptstadt von Nordkivu, elf Tage lang unter die Kontrolle der M23 fiel. Auch andere bewaffnete Gruppen sollen an den Auseinandersetzungen beteiligt gewesen sein. Dabei verübten alle Konfliktparteien zahlreiche Menschenrechtsverstöße. (AI 23.5.2013) Ende August 2013 hat die kongolesische Armee, unterstützt von der neuen Interventionsbrigade der MONUSCO, die Rebellen der M23 aus ihren Positionen nördlich in der Nähe von Goma vertrieben. (LesEchos.fr 25.10.2013)

In der Provinz Nordkivu ist die Rebellenbewegung M23 an die Grenze zu Ruanda zurückgedrängt worden. Die Orte Kiwanja, 80km nördlich von Goma, und Rutshuru sind von der FARDC (Streitkräfte der DR Kongo) am 27.10.2013 erobert worden. Kibumba, 25km nördlich von Goma, wurde ebenfalls erobert. (Jeuneafrique 28.10.2013; vergleiche Portail Officiel de la Province du Nord-Kivu, 27.10.2013) Ein tansanischer Blauhelmsoldat der Interventionsbrigade der MONUSCO wurde bei den heftigen Kämpfen am Wochenende des 26. und 27.10.2013 getötet. (Jeuneafrique 28.10.2013) Am 31.10.2013 fiel die letzte Bastion der Rebellen. Kongolesische Streitkräfte nahmen den Ort Bunagana an der Grenze zu Uganda ein. Die Kämpfer der M23 haben sich in die Berge zurückgezogen (DW 31.10.2013), namentlich die Anhöhen von Mbuzi, Chanzu et Runyonyi. Am 3.11.2013 hat Bertrand Bisimwa, Vorsitzender der Bewegung M23, seinen Truppen einen Waffenstillstand angeordnet, "um den politischen Prozess voranzutreiben." (Jeuneafrique 3.11.2013) Am 4.11.2013 kam es jedoch zu Schusswechseln in der Gegend von Bunagana, bei denen vier Personen getötet worden sein sollen. (Jeunafrique 4.11.2013) Am 5.11.2013 gelang Regierungstruppen die Vertreibung verbleibender Einheiten der M23 aus ihren letzten Rückzugsgebieten und die kongolesische Regierung verkündete ihren Sieg über die Bewegung. Die letzten Rebellen hätten sich ergeben oder wären aus dem Land geflüchtet. Am selben Tag kündigte Bisimwa an, dass seine Bewegung auf den bewaffneten Kampf verzichte und nunmehr ausschließlich politische Mittel zur Erreichung ihrer Ziele anwenden würde und forderte seine M23-Kämpfer zur Demobilisierung und Entwaffnung auf. (BBC 5.11.2013)

Ruanda wird seitens der FARDC (Jeuneafrique 28.10.2013) und seitens der UN (DW 31.10.2013) beschuldigt, die M23 zu unterstützten, dementiert dies jedoch weiterhin. (Jeuneafrique 28.10.2013; vergleiche DW 31.10.2013)

Quellen:

AA - Auswärtiges Amt (28.10.2013): Reise- und Sicherheitshinweise -

Demokratische Republik Kongo: Teilreisewarnung, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Laenderinformationen/00-SiHi/Nodes/KongoDemokratischeRepublikSicherheit_node.html, Zugriff 28.10.2013

AI - Amnesty International (23.5.2013): Amnesty International Report 2013 - Zur weltweiten Lage der Menschenrechte - Democratic Republic Of The Congo, http://www.ecoi.net/local_link/247935/374063_de.html, Zugriff 28.10.2013

BBC News (5.11.2013): DR Congo M23 rebels 'end insurgency', http://www.bbc.co.uk/news/world-africa-24816223, Zugriff 5.11.2013

DW - Deutsche Welle (31.10.2013): Kongos Armee nimmt letzte M23-Hochburg ein,

http://www.dw.de/kongos-armee-nimmt-letzte-m23-hochburg-ein/a-17188468?maca=de-newsletter_de_International_do-2351-html-newsletter, Zugriff 4.11.2013

Jeuneafrique (28.10.2013): RDC : le M23 repoussé à la frontière avec le Rwanda,

http://www.jeuneafrique.com/Article/ARTJAWEB20131028081259/onu-rwanda-rdc-fardc-nord-kivu-rdc-le-m23-repousse-a-la-frontiere-avec-le-rwanda.html, Zugriff 28.10.2013

Jeuneafrique (3.11.2013): RDC : le M23 ordonne la "cessation immédiate des hostilités",

http://www.jeuneafrique.com/Article/DEPAFP20131103160701/fardc-bertrand-bisimwa-kivu-m23-crise-au-kivu-rdc-le-m23-ordonne-la-cessation-immediate-des-hostilites.html, Zugriff 4.11.2013

Jeuneafrique (4.11.2013): RDC : au moins quatre personnes tuées par un obus tombé à Bunagana,

http://www.jeuneafrique.com/Article/ARTJAWEB20131104120427/rdc-fardc-kivu-m23-crise-dans-le-kivu-rdc-au-moins-quatre-personnes-tuees-par-un-obus-tombe-a-bunagana.html, Zugriff 4.11.2013

LesEchos.fr (25.10.2013): Reprise des combats en RDC entre M23 et armée près de Goma,

http://www.lesechos.fr/entreprises-secteurs/industrie-lourde/actu/reuters-00559404-reprise-des-combats-en-rdc-entre-m23-et-armee-pres-de-goma-622450.php, Zugiff 28.10.2013

Portail Officiel de la Province du Nord-Kivu (27.10.2013): RDC:

l'armée déloge le M23 de Rutshuru-centre, http://www.provincenordkivu.org/, Zugriff 28.10.2013

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Sicherheitsbehörden

Die kongolesische Nationalpolizei (Police National Congolaise - PNC) untersteht dem Innenministerium. Ihre Hauptaufgabe ist die Durchsetzung der Gesetze sowie die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung. Zur PNC gehören die "Schnelle Eingreiftruppe" ("Police d'Intervention Rapide" - PIR) (USDOS 19.4.2013; vergleiche AA 31.10.2011) und die "integrierte Polizeieinheit". Der nationale Geheimdienst (Agence Nationale de Renseignements - ANR) ist für interne und externe Geheimdienstaufgaben zuständig und untersteht dem nationalen Sicherheitsberater des Präsidenten. Zu anderen staatlichen Sicherheitskräften zählen der militärische Geheimdienst unter dem Verteidigungsministerium; die Generaldirektion für Migration (DGM), verantwortlich für die Grenzkontrolle, unter dem Innenministerium; die Republikanische Garde (RG) unter der Präsidentschaftskanzlei; und die Streitkräfte der DR Kongo (FARDC), die Teil des Verteidigungsministeriums sind und primär für die externe Sicherheit verantwortlich sind, aber auch eine Rolle im Bereich der inneren Sicherheit spielen. (USDOS 19.4.2013)

Die staatlichen Sicherheitskräfte sind üblicherweise undiszipliniert, korrupt, schlecht ausgebildet und unterfinanziert. Gehälter werden oft verspätet oder nicht ausbezahlt, obwohl die Initiative der europäischen Mission zur Reform des Sicherheitssektors in der DR Kongo (EUSEC), die Soldaten biometrische Ausweise zur Verfügung stellte, um die Bezahlung des Lohns der Soldaten zu vereinfachen, zu Fortschritten führte. Es gibt Mechanismen, um Vergehen von Mitgliedern der staatlichen Sicherheitskräfte bzw. disziplinäre Probleme zu untersuchen, wiewohl diese Mechanismen schwach und ineffizient bleiben, besonders was Fehlverhalten von Beamten mittleren oder höheren Rangs betrifft. Jedoch wurden im Bereich der Reduktion der Straffreiheit bei der PNC und der FARDC Fortschritte erzielt. (USDOS 19.4.2013)

Eine nach rechtsstaatlichen Grundsätzen funktionierende Polizei existiert nicht. Wie in anderen Behörden auch, wird bei der Polizei das Einkommen im Außendienst und im Besucherverkehr durch "Nebeneinnahmen" - also Korruption - sichergestellt. Ein Teil dieser Einnahmen ist in der Regel bei der übergeordneten Stelle abzuliefern, die über die Vergabe der einträglichen Posten befindet. (AA 31.10.2011)

Quellen:

AA - Auswärtiges Amt (31.10.2011): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Demokratischen Republik Kongo (Stand: September 2011)

USDOS - U.S. Department of State (19.4.2013): Country Report on Human Rights Practices 2012 - Congo, Democratic Republic of the, http://www.ecoi.net/local_link/245078/368526_de.html, Zugriff 28.10.2013

...

Allgemeine Menschenrechtslage

Die Menschenrechtslage ist unbefriedigend. Obwohl formal ein Rechtsstaat, werden in der DR Kongo grundlegende Menschenrechtsnormen und Prozessstandards nicht gewahrt. Willkür ist im Justiz- und Polizeiwesen und bei den Streitkräften verbreitet. Die Menschenrechtslage in den Krisenregionen im Osten des Landes ist als äußerst problematisch einzuschätzen: Zivilisten werden regelmäßig Opfer von Gewalt, auch sexualisierter Gewalt, verübt durch Regierungstruppen sowie Rebellengruppen. Die Rechte auf Ernährung, Bildung, Zugang zum Gesundheitswesen und auf einen angemessenen Lebensstandard bleiben vielen Kongolesen und Kongolesinnen verwehrt. Auch grundlegende Arbeitsnormen (darunter das Verbot von Kinderarbeit, Höchstarbeitszeiten, Gesundheitsnormen etc.) finden kaum Anwendung. (AA 9.2013)

...

Quellen:

AA - Auswärtiges Amt (9.2013): Innenpolitik - Kongo (Demokratische Republik Kongo),

http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/KongoDemokratischeRepublik/Innenpolitik_node.html, Zugriff 28.10.2013

AA - Auswärtiges Amt (31.10.2011): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Demokratischen Republik Kongo (Stand: September 2011)

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Ethnische Minderheiten

Die Verfassung verbietet Diskriminierung aufgrund von ethnischer Zugehörigkeit. Die Regierung setze dieses Verbot nicht effektiv um. (USDOS 19.4.2013) Angehörige der mehr als 400 Ethnien des Landes praktizieren ethnische Diskriminierung (USDOS 19.4.2013; vergleiche FH 1.2013); in manchen Städten zeige sich dies bei abgelehnten Bewerbungen aufgrund ethnischer Zugehörigkeit. Die Regierung setze dagegen keine Schritte - zumindest wird davon nicht berichtet. (USDOS 19.4.2013)

Im Land leben zwischen 200.000 und 500.000 Pygmäen (Twa, Mbuti, Aka, und andere), die als die ursprünglichen Bewohner des Landes gelten. Gesellschaftliche Diskriminierung ihnen gegenüber ist weit verbreitet, und die Regierung schütze ihre zivilen und politischen Rechte nicht effektiv. Die meisten Pygmäen leben in abgelegenen Gegenden und nehmen am politischen Prozess nicht Teil. Kämpfe im Osten der DR Kongo zwischen Rebellengruppen und Sicherheitskräften führten zur Vertreibung einiger pygmäischer Populationen. Seit 2003 wurden viele Pygmäen, die in Lagern für intern Vertriebene im Osten gelebt hatten von anderen Bewohnern der Camps aus den Lagern vertrieben, was ihnen den Zugang zu humanitärer Hilfe entzog. (USDOS 19.4.2013) In manchen Gegenden werden Pygmäen entführt und versklavt. (USDOS 19.4.2013; vergleiche FH 1.2013) Ruandisch sprechende Minderheiten in den Kivus sind seit Jahrzehnten Opfer von Gewalt und Hasstiraden. (FH 1.2013)

Quellen:

FH - Freedom House (1.2013): Freedom in the World 2013 - Democratic Republic of the Congo,

http://www.ecoi.net/local_link/246474/370011_de.html, Zugriff 28.10.2013

USDOS - U.S. Department of State (19.4.2013): Country Report on Human Rights Practices 2012 - Congo, Democratic Republic of the, http://www.ecoi.net/local_link/245078/368526_de.html, Zugriff 28.10.2013

Frauen/Kinder

Trotz verfassungsrechtlicher Gleichstellung sind Frauen in fast allen Lebensbereichen Diskriminierungen ausgesetzt, vor allem in ländlichen Gegenden. (FH 1.2013; vergleiche AA 9.2013) Frauen haben nicht dieselben Rechte wie Männer, sowohl entsprechend den Gesetzen als auch in der Praxis. Gesetzlich benötigt eine verheiratete Frau die Zustimmung ihres Ehemannes, um rechtliche Transaktionen wie Verkauf oder Kauf von Landeigentum, Eröffnung eines Bankkontos oder Einreichung eines Reisepassantrags durchzuführen. Auch im wirtschaftlichen Bereich werden Frauen diskriminiert. Gesetzlich darf eine Frau nicht in der Nacht arbeiten oder eine Arbeitsstelle ohne Zustimmung ihres Ehemannes annehmen. Frauen erhalten für eine gleichwertige Stelle oft niedrigeren Lohn als Männer und haben selten Führungspositionen inne. (USDOS 19.4.2013)

Gesetzlich ist Vergewaltigung verboten, aber die Regierung setze dieses Gesetz nicht um, und Vergewaltigungen sind weit verbreitet. (USDOS 19.4.2012) Sicherheitskräfte, Rebellengruppen und Zivilisten begehen weit verbreitet Vergewaltigungen und Massenvergewaltigungen von Frauen und Mädchen. (USDOS 19.4.2012; vergleiche FH 1.2013)) Strafrechtliche Verfolgung von Vergewaltigungen und anderen Formen sexueller Gewalt bleibt selten, obwohl es Hinweise gibt, dass sich die Situation verbessert hat. Familienmitglieder üben oft Druck auf Vergewaltigungsopfer aus, die Vergewaltigung geheim zu halten, um das Ansehen des Opfers und der Familie zu wahren. Nach sexuellen Übergriffen werden viele junge Frauen und Mädchen als ungeeignet für eine Heirat angesehen, und verheiratete Frauen werden häufig von ihren Ehemännern verlassen. Häusliche Gewalt ist ebenfalls weit verbreitet. Gesetzlich ist innereheliche Misshandlung nicht eigens unter Strafe gestellt. Die Polizei interveniert selten bei häuslichen Auseinandersetzungen. Es gibt keine Berichte, dass die Justiz in Fällen häuslichen Streits oder bei Misshandlungen aktiv geworden wäre. (USDOS 19.4.2013)

Quellen:

AA - Auswärtiges Amt (9.2013): Innenpolitik - Kongo (Demokratische Republik Kongo),

http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/KongoDemokratischeRepublik/Innenpolitik_node.html, Zugriff 28.10.2013

FH - Freedom House (1.2013): Freedom in the World 2013 - Democratic Republic of the Congo,

http://www.ecoi.net/local_link/246474/370011_de.html, Zugriff 28.10.2013

USDOS - U.S. Department of State (19.4.2013): Country Report on Human Rights Practices 2012 - Congo, Democratic Republic of the, http://www.ecoi.net/local_link/245078/368526_de.html, Zugriff 28.10.2013

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Bewegungsfreiheit

Gesetzlich sind interne Bewegungsfreiheit (USDOS 19.4.2013; vergleiche FH 1.2013), Auslandsreisen, Emigration und Wiedereinbürgerung gewährleistet. (USDOS 19.4.2013) Die Regierung schränkt diese Rechte manchmal ein. Sicherheitskräfte - und in einem größeren Ausmaß Rebellengruppen - richten Checkpoints auf Straßen, Häfen, Flughäfen und Märkten ein, und belästigen routinemäßig Zivilisten bzw. fordern Geld. Die Regierung unterwirft Reisende Immigrationsprozeduren bei Inlandsreisen am Flughafen, in Häfen, und beim Verlassen oder Betreten von Städten. (USDOS 19.4.2013; vergleiche FH 1.2013) Aufgrund unzulänglicher Verwaltungssysteme kommt es oft zu Irregularitäten bei der Ausstellung von Reisepässen. Beamte akzeptieren regelmäßig Bestechungsgelder, um die Ausstellung zu beschleunigen. (USDOS 19.4.2013)

Quellen:

FH - Freedom House (1.2013): Freedom in the World 2013 - Democratic Republic of the Congo,

http://www.ecoi.net/local_link/246474/370011_de.html, Zugriff 28.10.2013

USDOS - U.S. Department of State (19.4.2013): Country Report on Human Rights Practices 2012 - Congo, Democratic Republic of the, http://www.ecoi.net/local_link/245078/368526_de.html, Zugriff 28.10.2013

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Binnenflüchtlinge (IDPs)

Teilweise als Folge der Ausweitung der Kampfhandlungen im Osten der DR Kongo seit April 2012 stieg die Zahl der IDPs im Berichtsjahr auf mehr als 2,4 Mio. an. (AI 23.5.2013; vergleiche USDOS 19.4.2013) Das war seit 2009 die höchste Zahl von innerhalb des Landes vertriebenen Menschen. Am 1. November 2012 gab es allein in den Provinzen Nord- und Südkivu etwa 1,6 Mio. IDPs. Viele der Personen, die ihre Heimatorte verlassen hatten, sind Zivilpersonen, die vor der Zwangsrekrutierung durch bewaffnete Gruppen geflohen waren. (AI 23.5.2013) Einige IDPs in Nordkivu sind Opfer von Misshandlungen, wie etwa sexuelle Ausbeutung von Frauen und Kindern, Entführungen, Zwangsrekrutierungen, Plünderungen, unrechtmäßige Besteuerung und Belästigungen durch alle an den Kampfhandlungen beteiligten Fraktionen oder andere Zivilisten. (USDOS 19.4.2013)

Quellen:

AI - Amnesty International (23.5.2013): Amnesty International Report 2013 - Zur weltweiten Lage der Menschenrechte - Democratic Republic Of The Congo, http://www.ecoi.net/local_link/247935/374063_de.html, Zugriff 28.10.2013

USDOS - U.S. Department of State (19.4.2013): Country Report on Human Rights Practices 2012 - Congo, Democratic Republic of the, http://www.ecoi.net/local_link/245078/368526_de.html, Zugriff 28.10.2013

Grundversorgung/Wirtschaft

Trotz seiner wertvollen natürlichen Ressourcen (Bodenschätze, Holz, Wasserkraft, fruchtbare Böden) ist die DR Kongo ein extrem armes Land, geprägt von Subsistenzwirtschaft. Es überwiegt die Landwirtschaft, die circa 40% des Bruttoinlandsprodukts ausmacht. Es gibt kaum mittelständische Industrie, Handel herrscht vor. Ein wachsender Wirtschaftszweig ist die Rohstoffindustrie. Der Bergbausektor (Kupfer, Kobalt, Gold Diamanten, Coltan, Kasserit, seltene Erden) trug im Jahr 2012 2% zum Wachstum der Gesamtwirtschaft der DR Kongo bei. Trotz starker Wachstumsraten in den letzten Jahren - der Internationale Währungsfonds prognostiziert ein Wachstum von rund 8% für 2013 - leben weite Teile der Bevölkerung nach wie vor unter der Armutsgrenze. Im "Index für menschliche Entwicklung" der Vereinten Nationen belegt die DR Kongo im Jahr 2013 gemeinsam mit Niger den letzten Platz. (AA 9.2013b)

Die lokalen Märkte bieten in der Regel alle Grundnahrungsmittel an. Geschäfte und Supermärkte führen immer auch importierte Produkte für den privaten Haushaltsgebrauch. Staatliche Unternehmen liefern Wasser und Strom an Haushalte im ganzen Land, jedoch nur in den städtischen Gebieten. Die Wasserversorgung ist zudem von der Elektrizitätsversorgung abhängig, die aufgrund technischer Probleme nicht regelmäßig gewährleistet ist. In Kinshasa und den größeren Städten in der DR Kongo gibt es eine Vielzahl von Supermärkten, in denen Lebensmittel und Fabrikwaren erhältlich sind. (IOM 10.2012)

Es gibt keinen größeren Sektor, der signifikante Beschäftigungsmöglichkeiten bietet, da die meisten Unternehmen seit Anfang der neunziger Jahre geplündert wurden. Darüber hinaus haben Bürgerkriege die Krise noch verstärkt. Neben dem staatlichen Arbeitsamt sind einige private Institutionen, wie z.B. "Job Factory" für das Beschäftigungswesen zuständig. Die wirtschaftliche Aktivität des Landes geht vor allem von kleinen Betrieben und Mikrounternehmen aus. Da der Arbeitsmarkt mit arbeitssuchenden Akademikern überschwemmt ist, sind gute Arbeitsstellen schwer zu bekommen. Selbst das beste Diplom ist in den meisten Fällen nutzlos. Seit einiger Zeit sind Hilfs- und internationale Organisationen die größten Arbeitgeber und die meisten Arbeitsplätze werden im Entwicklungssektor geschaffen. Zu den typischen Tätigkeiten zählen Projektleitung, Logistik und Funkbetrieb. (IOM 10.2012)

Quellen:

AA - Auswärtiges Amt (9.2013b): Wirtschaftspolitik - Kongo (Demokratische Republik Kongo), http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/KongoDemokratischeRepublik/Wirtschaft_node.html, Zugriff 31.10.2013)

IOM - International Organization for Migration (10.2012):

Länderinformationsblatt Demokratische Republik Kongo

Medizinische Versorgung

Die medizinische Versorgung im Lande ist mit der in Europa nicht zu vergleichen, sie ist vielfach technisch und apparativ problematisch, die hygienischen Standards sind grundsätzlich unzureichend, im Landesinneren katastrophal. In der Hauptstadt Kinshasa sind die meisten Medikamente erhältlich, aber sehr teuer - vorübergehende Engpässe können nie ausgeschlossen werden. Zumutbare Behandlungsmöglichkeiten bei akuten Erkrankungen bietet das "Centre Médical de Kinshasa" (CMK), Avenue de Wagenia 168, B.P. 95 86 Kinshasa, Tel.: 00243-89 50 300. Dieses Gesundheitszentrum verfügt auch über eine Notaufnahme, das "Centre Privé d'Urgence" (CPU). (AA 28.10.2013)

Grundsätzlich gibt es in den großen Städten ein städtisches Krankenhaus, private Kliniken und Behandlungszentren für die Bevölkerung. In ländlichen Regionen stehen solche Einrichtungen nicht immer in der unmittelbaren Umgebung zur Verfügung. Die vorhandene Ausstattung ist häufig bereits mehrere Jahrzehnte alt. Die Behandlung in öffentlichen Krankenhäusern ist kostengünstiger als in Privatkliniken. Trotzdem stehen diese den Menschen des Landes aufgrund der allgemeinen Armut nur selten zur Verfügung. Patienten mit ernsthaften Gesundheitsproblemen werden an höhere medizinische Einrichtungen überwiesen. (IOM 10.2012)

Struktur der medizinischen Versorgung

Medikamente für die Behandlung einiger Krankheiten (Tuberkulose, Malaria, Hepatitis, Kinderkrankheiten, HIV) stehen in kleinen medizinischen Einrichtungen (Armenapotheken mit ärztlichem Beistand, kleine Behandlungsstationen), Gesundheitszentren, städtischen Krankenhäusern und Fachzentren sowie Spezialkliniken zur Verfügung. Es gibt kein Krankenversicherungssystem in der DR Kongo. Es gibt viele kleine medizinische Einrichtungen (Armenapotheken, medizinische Stationen) in jeder Gemeinde in Kinshasa und in jedem Verwaltungsbezirk in bestimmten Regionen. Große Städte sowie bestimmte Regionen der Verwaltungsbezirke verfügen über je ein städtisches Krankenhaus sowie eine Spezialklinik. Darüber hinaus gibt es in Kinshasa einige Kliniken (öffentliche und private). (IOM 10.2012)

Quellen:

AA - Auswärtiges Amt (28.10.2013): Reise- und Sicherheitshinweise -

Demokratische Republik Kongo: Teilreisewarnung, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Laenderinformationen/00-SiHi/Nodes/KongoDemokratischeRepublikSicherheit_node.html, Zugriff 28.10.2013

IOM - International Organization for Migration (10.2012):

Länderinformationsblatt Demokratische Republik Kongo

Behandlung nach Rückkehr

Die Mitgliedschaft in Auslandsorganisationen kongolesischer Oppositionsparteien oder die Teilnahme an deren Kundgebungen gegen die Regierung führen zu keiner erkennbaren Gefährdung der betreffenden Person durch die Sicherheitsdienste. Es liegen auch keine Erkenntnisse vor, dass allein ein Asylantrag zu staatlichen Verfolgungsmaßnahmen gegen kongolesische Staatsangehörige nach deren Rückkehr geführt hat. Abgelehnte und in die DR Kongo zurückgeführte Asylbewerber sowie Kongolesen mit deutschen und anderen ausländischen Pässen werden bei Ankunft am internationalen Flughafen N'Djili/Kinshasa grundsätzlich von Beamten der Einwanderungsbehörde, "Direction Générale de Migration" (DGM), befragt. Ebenfalls werden alle ankommenden Passagiere, die nur mit einem Passersatzpapier einreisen oder als zurückgeführte Personen angekündigt sind, in die Büros der DGM neben der Abflughalle im Flughafengebäude begleitet, wo ihre Personalien aufgenommen werden und ein Einreiseprotokoll erstellt wird. Geprüft wird dabei vornehmlich die Staatsangehörigkeit. Daneben werden die ausliegenden Fahndungslisten abgeglichen. Bei begründeten Zweifeln an der kongolesischen Staatsangehörigkeit oder der Echtheit des ausländischen Passes wird die Einreise verweigert. Nach bisherigen Erfahrungen bleiben die betroffenen Personen unbehelligt und können nach der Überprüfung durch die DGM, den Zoll und die Gesundheitsbehörden sowie in besonderen Fällen auch durch den Nachrichtendienst ANR (Agence Nationale de Renseignement) zu ihren Familienangehörigen weiterreisen. Gegenteilige Berichte einiger Menschenrechtsorganisationen und die von ihnen genannten Referenzfälle wurden eingehend geprüft, konnten aber in keinem Fall bestätigt werden. (AA 31.10.2011)

Mitarbeiter von Menschenrechtsorganisationen besuchen in besonders gelagerten Fällen im Auftrag des Auswärtigen Amts zurückgekehrte Personen an ihren Wohnadressen. Staatliche Repressionen gegen diese Personen wurden dabei bislang in keinem Fall festgestellt. Diese Situation kann sich jedoch schnell und dramatisch ändern, soweit Rückkehrer sich in der DR Kongo politisch betätigen wollen. Insbesondere, wenn sie oppositionellen Bewegungen angehören bzw. mit ihnen sympathisieren, können sie relativ schnell zum Beobachtungsobjekt für die Sicherheitsdienste werden. (AA 31.10.2011)

Sofern vor der Rückkehr keine Absprachen oder Vereinbarungen getroffen wurden, sollten Heimkehrer keine finanzielle Unterstützung oder Pensionsleistungen erwarten. (IOM 10.2012)

Quellen:

AA - Auswärtiges Amt (31.10.2011): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Demokratischen Republik Kongo (Stand: September 2011)

IOM - International Organization for Migration (10.2012):

Länderinformationsblatt Demokratische Republik Kongo"

2. Beweiswürdigung

Die Feststellungen zur Person, zu den familiären und persönlichen Lebensverhältnissen ergeben sich aus den glaubwürdigen Angaben der Beschwerdeführerin im Beschwerdeverfahren.

Das Bundesverwaltungsgericht folgt im Wesentlichen den Angaben der Beschwerdeführerin über ihr Fluchtvorbringen, auch wenn bezüglich der Flucht nach römisch XXXX Widersprüche festgestellt wurden. So ist es für das Bundesverwaltungsgericht nicht glaubhaft, dass die Beschwerdeführerin die Massaker im Flüchtlingslager römisch XXXX persönlich so erlebt hat, zumal sie erst in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht, also 10 Jahre später, diese erstmals so geschildert hat. Das Bundesverwaltungsgericht wertet dies als übersteigertes Vorbringen. Auch bestehen zeitliche und örtliche Divergenzen bezüglich der Abreise nach Österreich. Jedoch verkennt das Bundesverwaltungsgericht nicht, dass es sich bei der Beschwerdeführerin damals um eine Minderjährige gehandelt hat und aufgrund der dramatischen Umstände die Wahrnehmungsfähigkeit beeinträchtigt war.

Als Kern kann jedoch als glaubhaft angenommen werden, dass die Beschwerdeführerin gezwungen war mit ihrer Familie ihre Heimatstadt im Osten der DR KONGO zu verlassen. Im Gegensatz zum Bundesasylamt hält das Bundesverwaltungsgericht ihre Angaben betreffend ihre Zugehörigkeit zur Ethnie der römisch XXXX für plausibel. Da sie bis zu deren Tod bei ihrer Mutter, die einer anderen Ethnie angehört hat, in einem anderen Landesteil aufgewachsen ist, ist es glaubwürdig, dass sie die Sprache römisch XXXX nicht spricht.

Aufgrund ihrer Ortskenntnisse (u.a. wurde der Beschwerdeführerin ein Bild einer Kirche vorgelegt und sie bezeichnete sie sofort richtig als die Kathedrale der Stadt), bestehen für das Bundesverwaltungsgericht keine Zweifel, dass die Beschwerdeführerin in der Stadt römisch XXXX gelebt hat. Auch die Furcht vor ethnischer Diskriminierung und vor kriegerischen Auseinandersetzungen ist begründet, zumal die Beschwerdeführerin dies glaubwürdig dargestellt hat. Die Länderberichte legen dar, dass in diesem Landesteil damals wie heute kriegerische Auseinandersetzungen zwischen der Regierung und Rebellen stattfinden, wobei die Rebellen der Ethnie der römisch XXXX, auch römisch XXXX genannt, angehören. Ende 2012 wurde römisch XXXX durch Kämpfe bedroht. Derzeit sind die Rebellen zwar vertrieben, aber wie die Jahre zuvor ist die Lage äußerst instabil. Alleine in diesem Landesteil sind laut Länderinformation vom November 2013 etwa 1,6 Millionen Binnenflüchtlinge. Insgesamt gab es 2012 im Gebiet der DR KONGO mehr als 2,4 Millionen Binnenflüchtlinge. Auch finden immer wieder Gewalttätigkeiten gegen die Ethnie der Beschwerdeführerin statt. Auch in der Heimatstadt ihrer Mutter, in der die Beschwerdeführerin aufgewachsen ist, kommt es immer wieder zu Kämpfen zwischen Regierungstruppen und bewaffneten Gruppen (Länderbericht zur Sicherheitslage).

3. Rechtliche Beurteilung

Gemäß Paragraph 44, Absatz 2, AsylG 1997 in der Fassung der AsylGNov. 2003 sind Verfahren über Asylanträge, die ab dem 01.05.2004 gestellt worden sind, nach den Bestimmungen des AsylG 1997 in der jeweils geltenden Fassung, das ist nunmehr die Fassung der AsylGNov. 2003, zu führen.

Gemäß Paragraph 75, Absatz eins,, 1. Satz Asylgesetz 2005, Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 100 aus 2005, idgF sind alle am 31. Dezember 2005 anhängigen Verfahren nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997 mit der Maßgabe zu Ende zu führen, dass in Verfahren, die nach dem 31. März 2009 beim Bundesasylamt anhängig sind oder werden, Paragraph 10, in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 29 aus 2009, mit der Maßgabe anzuwenden ist, dass eine Abweisung des Asylantrages, wenn unter einem festgestellt wurde, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Asylwerbers in den Herkunftsstaat zulässig ist, oder eine Zurückweisung des Asylantrages als Entscheidung nach dem Asylgesetz 2005 gilt.

Die Beschwerdeführerin hat ihren Asylantrag nicht vor dem 01.05.2004 gestellt; das Verfahren war am 31.12.2005 anhängig und es wurde vor dem 31.03.2009 der Unabhängige Bundesasylsenat zuständig; das Beschwerdeverfahren ist daher nach dem AsylG 1997 in der Fassung der AsylGNov. 2003 zu führen.

Das Verfahren war am 01.07.2008 beim unabhängigen Bundesasylsenat anhängig, es war daher vom Asylgerichtshof weiterzuführen.

Gemäß Paragraph 75, Absatz 19, AsylG 2005 i.d.g.F. sind alle mit Ablauf des 31.12.2013 beim Asylgerichtshof anhängigen Beschwerdeverfahren ab 01.01.2014 vom Bundesverwaltungsgericht zu Ende zu führen; dies trifft auf das vorliegende Verfahren zu.

Zu Spruchpunkt A)

Gemäß Paragraph 7, AsylG 1997 hat die Behörde Asylwerbern auf Antrag Asyl zu gewähren, wenn glaubhaft ist, dass ihnen im Herkunftsstaat Verfolgung iSd Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge Bundesgesetzblatt 55 aus 1955, (Genfer Flüchtlingskonvention, in der Folge: GFK) droht und keiner der in Artikel eins, Abschnitt C oder F der GFK genannten Endigungs- oder Ausschlussgründe. Damit will der Gesetzgeber an die Gesamtheit der aufeinander bezogenen Elemente des Flüchtlingsbegriffs der GFK anknüpfen (VwGH 15.5.2003, 2001/01/0499).

Flüchtling iSd Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, GFK in der Fassung des Artikel eins, Absatz 2, des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge Bundesgesetzblatt 78 aus 1974,) ist, wer sich "aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren." vergleiche VfGH 12.6.2010, U 613/10; 12.6.2010, U 614/10)

Zentraler Aspekt dieses Flüchtlingsbegriffs der GFK ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Wohlbegründet kann eine Furcht nur dann sein, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers und unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist vergleiche zB VwGH 22.12.1999, 99/01/0334; 21.12.2000, 2000/01/0131; 25.1.2001, 2001/20/0011; 17.3.2009, 2007/19/0459; 28.5.2009, 2008/19/1031). Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation (aus Konventionsgründen) fürchten würde vergleiche VwGH 19.12.2007, 2006/20/0771; 17.3.2009, 2007/19/0459; 28.5.2009, 2008/19/1031; 6.11.2009, 2008/19/0012). Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht; die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH 21.12.2000, 2000/01/0131; 25.1.2001, 2001/20/0011; 28.5.2009, 2008/19/1031). Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in einem der Gründe haben, welche Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, GFK nennt (VwGH 9.9.1993, 93/01/0284; 15.3.2001, 99/20/0128; 23.11.2006, 2005/20/0551); sie muss Ursache dafür sein, dass sich der Asylwerber außerhalb seines Heimatlandes bzw. des Landes seines vorigen Aufenthaltes befindet. Relevant kann aber nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein; sie muss vorliegen, wenn der Asylbescheid (bzw. das Asylerkenntnis) erlassen wird; auf diesen Zeitpunkt hat die Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den genannten Gründen zu befürchten habe vergleiche VwGH 9.3.1999, 98/01/0318; 19.10.2000, 98/20/0233).

Wenn Asylsuchende in bestimmten Landesteilen vor Verfolgung sicher sind und ihnen insoweit auch zumutbar ist, den Schutz ihres Herkunftsstaates in Anspruch zu nehmen, bedürfen sie nicht des Schutzes durch Asyl vergleiche zB VwGH 24.3.1999, 98/01/0352 mwN; 15.3.2001, 99/20/0036; 15.3.2001, 99/20/0134). Damit ist nicht das Erfordernis einer landesweiten Verfolgung gemeint, sondern vielmehr, dass sich die asylrelevante Verfolgungsgefahr für den Betroffenen - mangels zumutbarer Ausweichmöglichkeit innerhalb des Herkunftsstaates - im gesamten Herkunftsstaat auswirken muss (VwSlg. 16.482 A/2004). Das Zumutbarkeitskalkül, das dem Konzept einer "internen Flucht- oder Schutzalternative" (VwSlg. 16.482 A/2004) innewohnt, setzt daher voraus, dass der Asylwerber dort nicht in eine ausweglose Lage gerät, zumal da auch wirtschaftliche Benachteiligungen dann asylrelevant sein können, wenn sie jede Existenzgrundlage entziehen (VwGH 8.9.1999, 98/01/0614, 29.3.2001, 2000/20/0539; vergleiche VwGH 17.3.2009, 2007/19/0459).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vergleiche VwGH 28.3.1995, 95/19/0041; 27.6.1995, 94/20/0836; 23.7.1999, 99/20/0208; 21.9.2000, 99/20/0373; 26.2.2002, 99/20/0509 mwN; 12.9.2002, 99/20/0505; 17.9.2003, 2001/20/0177; 28.10.2009, 2006/01/0793; 23.2.2011, 2011/23/0064) ist eine Verfolgungshandlung nicht nur dann relevant, wenn sie unmittelbar von staatlichen Organen (aus Gründen der GFK) gesetzt worden ist, sondern auch dann, wenn der Staat nicht gewillt oder nicht in der Lage ist, Handlungen mit Verfolgungscharakter zu unterbinden, die nicht von staatlichen Stellen ausgehen, sofern diese Handlungen - würden sie von staatlichen Organen gesetzt - asylrelevant wären. Eine von dritter Seite ausgehende Verfolgung kann nur dann zur Asylgewährung führen, wenn sie von staatlichen Stellen infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt nicht abgewandt werden kann (VwGH 22.3.2000, 99/01/0256 mwN).

Von einer mangelnden Schutzfähigkeit des Staates kann nicht bereits dann gesprochen werden, wenn der Staat nicht in der Lage ist, seine Bürger gegen jedwede Übergriffe Dritter präventiv zu schützen (VwGH 13.11.2008, 2006/01/0191; 28.10.2009, 2006/01/0793; 19.11.2010, 2007/19/0203; 23.2.2011, 2011/23/0064; 24.3.2011, 2008/23/1101). Für die Frage, ob eine ausreichend funktionierende Staatsgewalt besteht - unter dem Fehlen einer solchen ist nicht "zu verstehen, dass die mangelnde Schutzfähigkeit zur Voraussetzung hat, dass überhaupt keine Staatsgewalt besteht" (VwGH 22.3.2000, 99/01/0256) -, kommt es darauf an, ob jemand, der von dritter Seite (aus den in der GFK genannten Gründen) verfolgt wird, trotz staatlichem Schutz einen - asylrelevante Intensität erreichenden - Nachteil aus dieser Verfolgung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit zu erwarten hat vergleiche VwGH 22.3.2000, 99/01/0256 im Anschluss an Goodwin-Gill, The Refugee in International Law2 [1996] 73; weiters VwGH 26.2.2002, 99/20/0509 mwN; 20.9.2004, 2001/20/0430; 17.10.2006, 2006/20/0120; 13.11.2008, 2006/01/0191; 28.10.2009, 2006/01/0793; 19.11.2010, 2007/19/0203; 23.2.2011, 2011/23/0064; 24.3.2011, 2008/23/1101). Für einen Verfolgten macht es nämlich keinen Unterschied, ob er auf Grund staatlicher Verfolgung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einen Nachteil zu erwarten hat oder ob ihm dieser Nachteil mit derselben Wahrscheinlichkeit auf Grund einer Verfolgung droht, die von anderen ausgeht und die vom Staat nicht ausreichend verhindert werden kann. In diesem Sinne ist die oben verwendete Formulierung zu verstehen, dass der Herkunftsstaat "nicht gewillt oder nicht in der Lage" sei, Schutz zu gewähren (VwGH 26.2.2002, 99/20/0509). In beiden Fällen ist es dem Verfolgten nicht möglich bzw. im Hinblick auf seine wohlbegründete Furcht nicht zumutbar, sich des Schutzes seines Heimatlandes zu bedienen vergleiche VwGH 22.3.2000, 99/01/0256; 13.11.2008, 2006/01/0191; 28.10.2009, 2006/01/0793; 19.11.2010, 2007/19/0203; 23.2.2011, 2011/23/0064; 24.3.2011, 2008/23/1101).

Aber auch dann, wenn die Verfolgung von dritter Seite ausgeht, ohne auf einem der in der GFK genannten Gründe zu beruhen, kann sie asylrelevant sein: dann nämlich, wenn der Staat aus solchen Gründen seinen Schutz verweigert (VwGH 11.12.1997, 96/20/0045; 13.11.2001, 2000/01/0098; 23.2.2006, 2005/01/0171; 23.11.2006, 2005/20/0406).

Wie bereits in der Beweiswürdigung ausgeführt, sind die Angaben der Beschwerdeführerin zu den Fluchtgründen im Kern glaubhaft. Es ist aus der Sicht eines vernünftigen Drittens objektivierbar, dass die Beschwerdeführerin auch 10 Jahre nach der Flucht die Furcht vor Verfolgung wegen ihrer Zugehörigkeit zu einer Minderheit wohlbegründet ist. Die Bedrohungslage ist zudem aktuell und weist die vom Gesetz geforderte Intensität auf.

Im konkreten Fall kommt noch hinzu, dass die Beschwerdeführerin nicht nur der verfolgten Volksgruppe der römisch XXXX angehört, sondern mütterlicherseits auch noch einer anderen Ethnie entstammt. Sie spricht auch nicht Sprache der römisch XXXX und sie ist daher auch durch eine Diskriminierung innerhalb der eigenen Ethnie bedroht, zumal sie seit ihrer Ausreise nach Österreich keinerlei Kontakte zu ihrer Familie hatte.

Nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts ist eine innerstaatliche Fluchtalternative, wie die Rückkehr der Beschwerdeführerin zur Familie mütterlicherseits, nicht gegeben und nicht zumutbar, da sie zu dieser Familie ebenfalls keinen Kontakt hat und die Sicherheitslage in diesem Landesteil instabil ist. Die Beschwerdeführerin wäre laut dem aktuellen Länderbericht als alleinstehende Frau, ohne Rückhalt eines Familienverbandes, noch weiterer Diskriminierungen ausgesetzt.

Der Beschwerdeführerin war daher aus wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung als Angehörige einer ethnischen Gruppe, nämlich wegen der Zugehörigkeit zur Volksgruppe der römisch XXXX Asyl zu gewähren.

Der Vollständigkeit halber ist anzuführen, dass sich aus dem Akt keine Anhaltspunkte für Asylausschlussgründe gemäß Paragraph 13, AsylG 1997 ergeben haben.

Gemäß Paragraph 12, AsylG 1997 war die Entscheidung über die Asylgewährung mit der Feststellung zu verbinden, dass dem Fremden damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

Zu Spruchpunkt B)

Gemäß Paragraph 25 a, Absatz eins, VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen - oben angeführten -Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

European Case Law Identifier

ECLI:AT:BVWG:2014:W153.1311163.1.00