Kurztitel

Bundesabgabenordnung

Kundmachungsorgan

Bundesgesetzblatt Nr. 194 aus 1961, zuletzt geändert durch Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 117 aus 2016,

Paragraph/Artikel/Anlage

Paragraph 292,

Inkrafttretensdatum

01.01.2017

Text

27. Verfahrenshilfe

Paragraph 292,

  1. Absatz einsAuf Antrag einer Partei (Paragraph 78,) ist, wenn zu entscheidende Rechtsfragen besondere Schwierigkeiten rechtlicher Art aufweisen, ihr für das Beschwerdeverfahren Verfahrenshilfe vom Verwaltungsgericht insoweit zu bewilligen,
    1. Ziffer eins
      als die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten und
    2. Ziffer 2
      als die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint.
  2. Absatz 2Als notwendiger Unterhalt ist derjenige Unterhalt anzusehen, den die Partei für sich und ihre Familie, für deren Unterhalt sie zu sorgen hat, zu einer einfachen Lebensführung benötigt.
  3. Absatz 3Einer juristischen Person oder einer Personenvereinigung (Personengemeinschaft) ohne eigene Rechtspersönlichkeit ist die Verfahrenshilfe insoweit zu bewilligen,
    1. Ziffer eins
      als die zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel weder von ihr noch von den an der Führung des Verfahrens wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können und
    2. Ziffer 2
      als die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint.
  4. Absatz 4Ein wirtschaftlich Beteiligter (Absatz 3, Ziffer eins,) ist eine Person, auf deren Vermögenssphäre sich der Ausgang des Beschwerdeverfahrens nicht ganz unerheblich auswirkt und bei der es – auch aus diesem Grund – als zumutbar angesehen werden kann, von dieser Person eine Finanzierung der Verfahrenskosten zu verlangen.
  5. Absatz 5Offenbar aussichtslos ist eine Beschwerde insbesondere bei Unschlüssigkeit des Begehrens oder bei unbehebbarem Beweisnotstand. Bei einer nicht ganz entfernten Möglichkeit des Erfolges liegt keine Aussichtslosigkeit vor. Mutwillig ist eine Beschwerde dann, wenn sich die Partei der Unrichtigkeit ihres Standpunktes bewusst ist oder bewusst sein muss.
  6. Absatz 6Der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe ist bis zur Vorlage der Bescheidbeschwerde bei der Abgabenbehörde, ab Vorlage der Beschwerde beim Verwaltungsgericht einzubringen. Wird der Antrag vor Ablauf der Frist zur Einbringung einer Bescheidbeschwerde beim Verwaltungsgericht eingebracht, so gilt dies als rechtzeitige Einbringung. Für Verfahren über Maßnahmenbeschwerden (Paragraph 283,) und über Säumnisbeschwerden (Paragraph 284,) ist der Antrag beim Verwaltungsgericht einzubringen. Wird der Antrag vor Ablauf der Frist zur Einbringung einer Maßnahmenbeschwerde bei der Abgabenbehörde eingebracht, so gilt dies als rechtzeitige Einbringung.
  7. Absatz 7Der Antrag kann gestellt werden
    1. Ziffer eins
      ab Erlassung des Bescheides, der mit Beschwerde angefochten werden soll bzw.
    2. Ziffer 2
      ab dem Zeitpunkt, in dem der Betroffene Kenntnis von der Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt erlangt hat bzw.
    3. Ziffer 3
      nach Ablauf der für Säumnisbeschwerden nach Paragraph 284, Absatz eins, maßgebenden Frist.
  8. Absatz 8Der Antrag hat zu enthalten
    1. Ziffer eins
      die Bezeichnung des Bescheides (Absatz 7, Ziffer eins,) bzw. der Amtshandlung (Absatz 7, Ziffer 2,) bzw. der unterlassenen Amtshandlung (Absatz 7, Ziffer 3,),
    2. Ziffer 2
      die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt,
    3. Ziffer 3
      die Entscheidung der Partei, ob der Kammer der Wirtschaftstreuhänder oder der Rechtsanwaltskammer die Bestellung des Verfahrenshelfers obliegt,
    4. Ziffer 4
      eine Darstellung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Antragstellers und der wirtschaftlich Beteiligten.
  9. Absatz 9Ein bei der Abgabenbehörde vor Vorlage der Bescheidbeschwerde eingebrachter Antrag ist unter Anschluss der Verwaltungsakten unverzüglich dem Verwaltungsgericht vorzulegen.
  10. Absatz 10Das Verwaltungsgericht hat über den Antrag mit Beschluss zu entscheiden. Hat das Gericht die Bewilligung der Verfahrenshilfe beschlossen, so hat es die Kammer der Wirtschaftstreuhänder bzw. die Rechtsanwaltskammer hievon zu benachrichtigen.
  11. Absatz 11Die Kammer der Wirtschaftstreuhänder bzw. die Rechtsanwaltskammer hat mit Beschluss den Wirtschaftstreuhänder bzw. Rechtsanwalt zu bestellen, dessen Kosten die Partei nicht zu tragen hat. Wünschen der Partei über die Auswahl der Person des Wirtschaftstreuhänders oder Rechtsanwaltes ist im Einvernehmen mit dem namhaft gemachten Wirtschaftstreuhänder bzw. Rechtsanwalt nach Möglichkeit zu entsprechen. Von der Bestellung sind die Abgabenbehörde und das Verwaltungsgericht zu verständigen.
  12. Absatz 12Wird der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb einer für die Einbringung der Beschwerde (Paragraph 243,, Paragraph 283,), des Vorlageantrages (Paragraph 264,) oder einer im Beschwerdeverfahren gegenüber dem Verwaltungsgericht einzuhaltenden Frist gestellt, so beginnt diese Frist mit dem Zeitpunkt, in dem
    1. Ziffer eins
      der Beschluss über die Bestellung des Wirtschaftstreuhänders bzw. Rechtsanwaltes zum Vertreter und der anzufechtende Bescheid dem Wirtschaftstreuhänder bzw. Rechtsanwalt bzw.
    2. Ziffer 2
      der den Antrag nicht stattgebende Beschluss der Partei
    zugestellt wurde, von neuem zu laufen.
  13. Absatz 13Die Bewilligung der Verfahrenshilfe ist vom Verwaltungsgericht zu widerrufen, wenn die Voraussetzungen für die Bewilligung nicht mehr gegeben sind oder wenn das Vorhandensein der Voraussetzungen auf Grund unrichtiger oder irreführender Angaben der Partei zu Unrecht angenommen worden ist.
  14. Absatz 14Der Bund hat der Kammer der Wirtschaftstreuhänder und dem Österreichischen Rechtsanwaltskammertag jährlich spätestens zum 30. September für die im abgelaufenen Kalenderjahr erbrachten Leistungen der nach Absatz 11, bestellten Wirtschaftstreuhänder und Rechtsanwälte eine angemessene Pauschalvergütung zu zahlen, deren Höhe durch Verordnung des Bundesministers für Finanzen festzusetzen ist. Die Festsetzung hat anhand der Anzahl der jährlichen Bestellungen und des Umfanges der erbrachten Leistungen zu erfolgen.