Sicherheitsrat der Vereinten Nationen - Resolution 1022 (1995)
Bundesgesetzblatt Nr. 76 aus 1996,
Artikel eins,
17.02.1996
(Übersetzung) |
DER SICHERHEITSRAT,
UNTER HINWEIS auf alle seine früheren Resolutionen betreffend die Konflikte im ehemaligen Jugoslawien,
IN BEKRÄFTIGUNG seines Eintretens für eine politische Verhandlungsregelung der Konflikte im ehemaligen Jugoslawien, durch welche die territoriale Unversehrtheit aller dortigen Staaten innerhalb ihrer international anerkannten Grenzen gewahrt wird,
MIT DEM AUSDRUCK SEINER ANERKENNUNG für die Anstrengungen der internationalen Gemeinschaft, einschließlich der Kontaktgruppe, den Parteien bei der Herbeiführung einer Regelung behilflich zu sein,
MIT LOB für den Entschluß der Regierungen der Republik Bosnien und Herzegowina, der Republik Kroatien und der Bundesrepublik Jugoslawien, in den Vereinigten Staaten von Amerika an indirekten Gesprächen teilzunehmen und sich konstruktiv daran zu beteiligen, sowie MIT ANERKENNUNG für die Bemühungen dieser Regierungen um die Herbeiführung einer dauerhaften Friedensregelung in Bosnien und Herzegowina,
MIT GENUGTUUNG über die Paraphierung des Allgemeinen Rahmenübereinkommens für den Frieden in Bosnien und Herzegowina und der dazugehörigen Anhänge (zusammen als „das Friedensübereinkommen“ bezeichnet) durch die Republik Bosnien und Herzegowina, die Republik Kroatien und die Bundesrepublik Jugoslawien sowie die anderen Parteien am 21. November 1995 in Dayton (Ohio), wodurch zum Ausdruck gebracht wurde, daß sich die Parteien auf die offizielle Unterzeichnung des Friedensübereinkommens geeinigt haben,
IM HINBLICK auf die am Ende der indirekten Gespräche herausgegebene Abschließende Erklärung, in der sich alle Parteien unter anderem verpflichtet haben, bei der Auffindung der beiden in Bosnien und Herzegowina vermißten französischen Piloten behilflich zu sein und ihre sofortige sichere Rückkehr zu gewährleisten,
BETONEND, daß alle Parteien alle Bestimmungen des Friedensübereinkommens voll einhalten müssen,
FESTSTELLEND, daß die Befolgung der Ersuchen und Verfügungen des Internationalen Gerichts für das ehemalige Jugoslawien einen wesentlichen Aspekt der Umsetzung des Friedensübereinkommens darstellt,
IN DER ERWÄGUNG, daß alle Staaten ein Interesse an der Realisierung der Aussetzung und anschließenden Aufhebung der vom Rat verhängten Maßnahmen haben, insbesondere die Nachfolgestaaten des ehemals als Sozialistische Föderative Republik Jugoslawien bezeichneten Staates in bezug auf die Verfügung über Vermögenswerte, die von dem Umstand, daß dieser Staat zu bestehen aufgehört hat, betroffen sind, sowie daß es wünschenswert ist, den zur Zeit unter der Schirmherrschaft der Internationalen Konferenz über das ehemalige Jugoslawien stattfindenden Prozeß zu beschleunigen, der darauf gerichtet ist, unter den Nachfolgestaaten eine Konsensualvereinbarung betreffend die Verfügung über diese Vermögenswerte zu erzielen,
FESTSTELLEND, daß die Situation in der Region auch weiterhin eine Bedrohung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit darstellt,
TÄTIG WERDEND nach Kapitel römisch VII der Satzung der Vereinten Nationen,
Ziffer eins BESCHLIESST, daß die mit den Resolutionen 757 (1992) *), 787 (1992) **), 820 (1993) ***), 942 (1994) ****), 943 (1994) *****), 988 (1995), 992 (1995), 1003 (1995) und 1015 (1995) verhängten oder bekräftigten Maßnahmen mit sofortiger Wirkung auf unbestimmte Zeit ausgesetzt werden, vorbehaltlich der Bestimmungen in den Ziffern 2 bis 5 dieser Resolution, mit der Maßgabe, daß die genannten Maßnahmen ab dem fünften Tag nach der Vorlage eines Berichts des Generalsekretärs an den Rat, wonach die Bundesrepublik Jugoslawien das Friedensübereinkommen nicht zu dem von der Kontaktgruppe zu diesem Zweck angekündigten Datum offiziell unterzeichnet hat und die anderen Parteien des Übereinkommens ihre Bereitschaft zur Unterzeichnung bekundet haben, automatisch wieder verhängt werden;
Ziffer 2 BESCHLIESST AUSSERDEM, daß die in Ziffer 1 vorgesehene Aussetzung für die gegen die Partei der bosnischen Serben verhängten Maßnahmen erst nach dem Tag gelten wird, an dem der Kommandeur der im Einklang mit dem Friedensübereinkommen zu dislozierenden internationalen Truppe, auf der Grundlage eines über die entsprechenden politischen Behörden übermittelten Berichts, den Rat über den Generalsekretär davon in Kenntnis gesetzt hat, daß sich alle Streitkräfte der bosnischen Serben hinter die mit dem Friedensübereinkommen geschaffenen Trennungszonen zurückgezogen haben; und FORDERT alle beteiligten Parteien NACHDRÜCKLICH AUF, alles Erforderliche zu tun, um bei der Auffindung der beiden in Bosnien und Herzegowina vermißten französischen Piloten behilflich zu sein und ihre sofortige sichere Rückkehr zu gewährleisten;
Ziffer 3 BESCHLIESST FERNER für den Fall, daß zu irgendeinem Zeitpunkt der in dem Friedensübereinkommen vorgesehene Hohe Beauftragte oder der Kommandeur der im Einklang mit dem Friedensübereinkommen zu dislozierenden internationalen Truppe im Hinblick auf eine in den Rahmen ihres jeweiligen Mandats fallende Angelegenheit, und gegebenenfalls nach gegenseitiger Konsultation, auf der Grundlage eines über die entsprechenden politischen Behörden übermittelten Berichts, den Rat über den Generalsekretär davon in Kenntnis setzt, daß die Bundesrepublik Jugoslawien oder die Behörden der bosnischen Serben ihre Verpflichtungen aus dem Friedensübereinkommen in erheblicher Weise nicht einhalten, die in Ziffer 1 vorgesehene Aussetzung am fünften Tag nach Erhalt eines solchen Berichts durch den Rat endet, es sei denn, der Rat faßt unter Berücksichtigung der Art der Nichteinhaltung einen anderen Beschluß;
Ziffer 4 BESCHLIESST FERNER, daß er die in Ziffer 1 genannten Maßnahmen am zehnten Tag nach der Abhaltung der in Anhang 3 des Friedensübereinkommens vorgesehenen ersten freien und fairen Wahlen aufheben wird, vorausgesetzt, daß die Streitkräfte der bosnischen Serben sich wie im Friedensübereinkommen vorgesehen aus den Trennungszonen zurückgezogen haben und diese weiter achten;
Ziffer 5 BESCHLIESST FERNER, daß für die Dauer der Aussetzung der in Ziffer 1 genannten Maßnahmen beziehungsweise nach der Beendigung dieser Maßnahmen durch einen späteren Ratsbeschluß im Einklang mit Ziffer 4 alle zuvor gemäß den Resolutionen 757 (1992) und 820 (1993) eingefrorenen oder beschlagnahmten Gelder und Vermögenswerte von den Staaten im Einklang mit dem anwendbaren Recht freigegeben werden können, mit der Maßgabe, daß alle solche Gelder und Vermögenswerte, die Forderungen, Pfandrechten, Gerichtsurteilen oder Belastungen unterliegen oder einer Person, Personen- oder Kapitalgesellschaft oder sonstigen Körperschaft gehören, die nach dem Recht oder den Grundsätzen des Rechnungswesens des jeweiligen Staates für zahlungsunfähig befunden wurde oder als zahlungsunfähig gilt, weiterhin eingefroren oder beschlagnahmt bleiben, bis sie im Einklang mit dem anwendbaren Recht freigegeben werden, und BESCHLIESST FERNER, daß die in den genannten Resolutionen enthaltenen Verpflichtungen der Staaten im Zusammenhang mit dem Einfrieren oder der Beschlagnahme von Geldern und Vermögenswerten gemäß Ziffer 1 für alle gegenwärtig nicht eingefrorenen oder beschlagnahmten Gelder und Vermögenswerte ausgesetzt werden, bis die betreffenden Maßnahmen durch einen späteren Ratsbeschluß beendet werden;
Ziffer 6 BESCHLIESST FERNER, daß die Ansprüche der Nachfolgestaaten der ehemaligen Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien in bezug auf Gelder und Vermögenswerte von der Aussetzung oder Beendigung der Verpflichtungen gemäß dieser Resolution nicht berührt werden; BETONT, daß die Nachfolgestaaten Einigung über die Aufteilung der Gelder und Vermögenswerte und die Zuweisung der Verbindlichkeiten der ehemaligen Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien erzielen müssen; LEGT allen Staaten NAHE, in ihren innerstaatlichen Rechtsvorschriften Bestimmungen zur Regelung konkurrierender Ansprüche von Staaten sowie von Ansprüchen von Privatpersonen im Hinblick auf Gelder und Vermögenswerte vorzusehen; und LEGT den Staaten FERNER NAHE, geeignete Maßnahmen zu treffen, um die rasche Beitreibung von Geldern und Vermögenswerten durch die entsprechenden Parteien und die Regelung damit zusammenhängender Ansprüche zu erleichtern;
Ziffer 7 BESCHLIESST FERNER, daß alle Staaten auch weiterhin die erforderlichen Maßnahmen ergreifen werden, um sicherzustellen, daß keine Forderung im Zusammenhang mit einem Vertrag oder einem anderen Rechtsgeschäft zugelassen wird, dessen Erfüllung durch die Maßnahmen beeinträchtigt wurde, die mit den in Ziffer 1 genannten Resolutionen und damit zusammenhängenden Resolutionen verhängt worden sind;
Ziffer 8 ERSUCHT den Ausschuß nach Resolution 724 (1991), seine Richtlinien im Lichte der Bestimmungen dieser Resolution zu überprüfen und zu ändern;
Ziffer 9 WÜRDIGT die Nachbarstaaten, die Mission der Internationalen Konferenz über das ehemalige Jugoslawien, den Sanktionskoordinator der Europäischen Union/Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa, das Sanktions-Kommunikationszentrum und die Sanktionsunterstützungsmissionen, den Einsatz der Westeuropäischen Union auf der Donau und die Operation „Sharp Guard“ der Organisation des Nordatlantikvertrags/Westeuropäischen Union in der Adria für ihren maßgeblichen Beitrag zur Herbeiführung eines Verhandlungsfriedens;
Ziffer 10 BESCHLIESST, mit der Angelegenheit befaßt zu bleiben.
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*) Kundgemacht in Bundesgesetzblatt Nr. 322 aus 1992, **) Kundgemacht in Bundesgesetzblatt Nr. 822 aus 1992, ***) Kundgemacht in Bundesgesetzblatt Nr. 313 aus 1993, ****) Kundgemacht in Bundesgesetzblatt Nr. 859 aus 1994, *****) Kundgemacht in Bundesgesetzblatt Nr. 860 aus 1994, |