Entscheidende Behörde

Bundeskommunikationssenat

Entscheidungsdatum

11.12.2013

Geschäftszahl

611.813/0004-BKS/2013

Text

GZ 611.813/0004-BKS/2013

B E S C H E römisch eins D

Der Bundeskommunikationssenat hat durch den Vorsitzenden Dr. PÖSCHL und die weiteren Mitglieder Dr.in PRIMUS, Dr. GITSCHTHALER, Dr. KARASEK und Dr.in LEITL-STAUDINGER über die Berufung 1. der wahlwerbenden Partei „N“ und L.F:“, 2. des Dr. M.S., 3. der politischen Partei „N.“ und 4. der politischen Partei „L.F.“ gegen den Bescheid der Kommunikationsbehörde Austria (KommAustria) vom 6. November 2013, KOA 12.020/13-009, wie folgt entschieden:

Spruch:

Die Berufung wird gemäß Paragraph 66, Absatz 4, AVG – soweit sie sich gegen Spruchpunkt 1. wendet – in Verbindung mit Paragraph 4, Absatz 5, sowie Paragraph 10, Absatz 5 und 6 ORF-Gesetz (ORF-G), Bundesgesetzblatt Nr. 379 aus 1984, in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 169 aus 2013,, und – soweit sie sich gegen Spruchpunkt 2. wendet – in Verbindung mit Paragraph 36, Absatz eins, Ziffer eins, Litera a und c ORF-G als unbegründet abgewiesen.

Begründung:

1. Zum entscheidungswesentlichen Sachverhalt kann auf die Ausführungen im erstinstanzlichen Bescheid verwiesen werden. Die KommAustria ist dabei von folgendem unbestrittenen Sachverhalt ausgegangen vergleiche die Seiten 17ff des erstinstanzlichen Bescheides):

„Die Erstbeschwerdeführerin ist eine wahlwerbende Partei iSd NRWO, Bundesgesetzblatt Nr. 471 aus 1992, in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 115 aus 2013,, für die am 29.09.2013 stattgefundene Nationalratswahl in der N.“ (Drittbeschwerdeführerin) und „Liberales Forum“ (Viertbeschwerdeführerin). Sie stellte sich in allen neun Landeswahlkreisen der Nationalratswahl 2013.

Der Zweitbeschwerdeführer war Spitzenkandidat der Erstbeschwerdeführerin und nahm den ersten Platz des Bundes-Wahlvorschlags der Erstbeschwerdeführerin ein.

Bei der Nationalratswahl 2013 erzielte die Erstbeschwerdeführerin 4,96 % der abgegebenen gültigen Stimmen.

Der Beschwerdegegner hat im Vorfeld der Nationalratswahl 2013 in seinen Rundfunkprogrammen und Online-Angeboten wie folgt über die Nationalratswahl und die wahlwerbenden Parteien bzw. Spitzenkandidaten berichtet:

„Sonder-Berichterstattung“:

Im Zuge der Sendereihe „TV-Konfrontationen“ wurden 15 Aufeinandertreffen der jeweiligen Spitzenkandidaten der zum damaligen Zeitpunkt sechs im Nationalrat vertretenen Parteien (SPÖ, ÖVP, FPÖ, Die Grünen, BZÖ, Team Stronach) in Form von „Zweier-Duellen“ (Jede(r) gegen Jede(n)) im Hauptabendprogramm auf ORF 2 mit einer Dauer von je ca. 50 Minuten ausgestrahlt. Am 26.09.2013 wurde eine Konfrontation von drei Oppositionsparteien (FPÖ, Die Grünen, BZÖ; Dauer: ca. 105 Minuten) ausgestrahlt. Die Erstbeschwerdeführerin bzw. der Zweitbeschwerdeführer als deren Spitzenkandidat waren lediglich im Rahmen der „Runde der Kleinstparteien“ am Sonntag, dem 22.09.2013, am Sendeplatz der „Pressestunde“ um 11:05 Uhr in ORF 2 (Dauer ca. 55 Minuten) vertreten. Im Zuge der Sendereihe „Die Wahlfahrt“ auf ORF eins im Spätabendprogramm wurden die sechs Spitzenkandidaten der genannten im Nationalrat vertretenen Parteien einen Tag lang im Wahlkampf begleitet (drei Sendungen mit je zwei Spitzenkandidaten; Dauer je ca. 45 Minuten).

Im Rahmen der Sendereihe „Im Zentrum“ fanden am 08.09.2013, 15.09.2013 und 22.09.2013 jeweils im Spätabendprogramm auf ORF 2 Diskussionsrunden mit Vertretern der genannten sechs Parteien statt (Dauer: ca. 60 bis 73 Minuten), bei denen u.a. wahlrelevante Themen und die entsprechenden Vorschläge der Parteien hierzu thematisiert wurden (Finanzkrise, Asylpolitik, EU-Politik, Steuerpolitik, Bildungspolitik). Im Rahmen des Hörfunkprogramms Ö1 wurden in der Sendereihe „Klartext Spezial“ die genannten sechs Spitzenkandidaten vor Publikum im Ausmaß von je ca. 45 Minuten interviewt.

Sonstige Berichterstattung:

Der Beschwerdegegner strahlte in Bezug auf die Nationalratswahl in den regelmäßigen Ö1-Informationssendungen (Journale) rund 15 Beiträge mit direktem inhaltlichem Bezug zur Erstbeschwerdeführerin aus. In rund 20 Beiträgen kamen O-Töne von Vertretern der Erstbeschwerdeführerin zum Einsatz.

In den „Zeit-im-Bild“ Sendungen war die Erstbeschwerdeführerin u.a. am 02.08.2013, am 30.08.2013, am 14.09.2013, am 19.09.2013 und am 22.09.2013 Gegenstand der Berichterstattung. Der Zweitbeschwerdeführer war dabei einmal Studiogast in der ZIB 2 (02.08.2013) und einmal in der ZIB 24 (30.08.2013).

Am 10.09.2013 wurde in der Sendung Report ein ausführlicher Beitrag über jene wahlwerbenden Gruppen ausgestrahlt, die zu diesem Zeitpunkt nicht im Parlament vertreten waren. Im Rahmen dieses Beitrages wurde ein Interview mit Dr. H.-P. H., der von der Erstbeschwerdeführerin im Wahlkampf als potentieller Ministerkandidat präsentiert und propagiert wurde, geführt, in welchem dieser Gelegenheit hatte, die Ziele und Vorstellungen der Erstbeschwerdeführerin näher darzustellen (Dauer ca. 10 Minuten). In den drei Sendungen des Parlamentsmagazins „Hohes Haus“ vor der Nationalratswahl (08.09.2013, 15.09.2013 und 22.09.2013) in ORF 2 war die Erstbeschwerdeführerin einmal Gegenstand eines Beitrages, wobei auch O-Töne des Zweitbeschwerdeführers und von Dr. H.P. H. eingesetzt wurden. Im Online-Angebot des Beschwerdegegners auf ORF.at im Rahmen der Vorwahlberichterstattung war die Erstbeschwerdeführerin in 4 „Storypaketen“ (mehrteilige Berichte mit Bild im Aufmacherbereich von ORF.at) Hauptinhalt der Berichterstattung; in 16 derartigen Berichten wurde sie zumindest erwähnt. Weiters war sie in 11 Kurzmeldungen Hauptgegenstand der Berichterstattung und wurde in weiteren 21 derartigen Kurzmeldungen erwähnt. Im Rahmen des Teilangebotes ORF.at/wahl13 hatte 1 Blogeintrag die Erstbeschwerdeführerin zum Hauptinhalt, in 5 weiteren wurde sie zumindest erwähnt; zudem widmeten sich 7 dort bereitgestellte Videobeiträge hauptinhaltlich der Erstbeschwerdeführerin und wurde diese in 4 weiteren zumindest erwähnt. Im Rahmen der neun Bundesländerseiten (niederösterreich.ORF.at, kaernten.ORF.at etc.) widmeten sich 37 Beiträge hauptinhaltlich der Erstbeschwerdeführerin und wurde diese in 36 weiteren Beiträgen zumindest erwähnt.“

2. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 6.11.2013 hat die KommAustria über die Beschwerde 1. der wahlwerbenden Partei „N“ und L.F.“, 2. des Dr. M.S.,

3. der politischen Partei „N.“ und 4. der politischen Partei „L.F.“ gegen den ORF wegen Verletzung des ORF-Gesetzes wie folgt entschieden:

„1. Die Beschwerde der wahlwerbenden Partei „N. und L.F.“ und des Dr. M.S. wird gemäß Paragraph 36, Absatz eins, Ziffer eins, Litera a, in Verbindung mit Paragraph 37, Absatz eins, in Verbindung mit Paragraph 4, Absatz 5, sowie Paragraph 10, Absatz 5 und 6 ORF Gesetz (ORF G), Bundesgesetzblatt Nr. 379 aus 1984, in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 169 aus 2013,, als unbegründet abgewiesen.

2. Die Beschwerde der politischen Partei „N.“ und der politischen Partei „Liberales Forum“ wird gemäß Paragraph 36, Absatz eins, Ziffer eins, Litera a und c ORF G zurückgewiesen.“

3. Begründend führte die KommAustria im angefochtenen Bescheid dazu insbesondere aus:

3.1. Zur Beschwerdelegitimation sei im Hinblick auf die Dritt- und Viertbeschwerdeführerin zu berücksichtigen, dass es sich bei diesen nicht um wahlwerbende Parteien iSd Paragraph 42, Absatz eins, (bzw. Paragraph 106, Absatz eins,) NRWO, sondern um zwei politische Parteien iSd Paragraph 2, Ziffer eins, PartG handle, welche das „Wahlbündnis“ der Erstbeschwerdeführerin bilden würden. In dieser – verglichen mit anderen wahlwerbenden Gruppierungen, bei denen meist Personenidentität zwischen der wahlwerbenden und der politischen Partei bestehe – untypischen Konstellation, fehle es aber in Bezug auf das konkrete Beschwerdevorbringen an der Möglichkeit einer unmittelbaren Schädigung iSd Paragraph 36, Absatz eins, Ziffer eins, Litera a, ORF-G: Die Folgen der behaupteten Verletzung des Objektivitätsgebotes bei der Vorwahlberichterstattung durch den ORF könnten unmittelbar nämlich nur die wahlwerbende Erstbeschwerdeführerin bzw. den Zweitbeschwerdeführer dahingehend schädigen, dass sie eine für einen Einzug in den Nationalrat zu geringe Zahl von Stimmen auf sich vereinen bzw. weniger Stimmen und damit letztlich Mandate als bei gesetzeskonformer Berichterstattung erhalten würden. Auf Ebene der Dritt- und Viertbeschwerdeführerin hätte ein derartiges Szenario aber bestenfalls mittelbare Auswirkungen. Soweit die Beschwerde ferner auf Paragraph 36, Absatz eins, Ziffer eins, Litera c, ORF-G gestützt werde, sei auf die ständige Rechtsprechung zu verweisen, wonach diese Bestimmung ein spezifisches Wettbewerbsverhältnis zwischen Unternehmen voraussetze, in das durch die Berichterstattung eingegriffen werde. Mangels Vorliegens eines solchen Wettbewerbsverhältnisses sei daher Paragraph 36, Absatz eins, Ziffer eins, Litera c, ORF-G nicht einschlägig. Hinsichtlich der Dritt- und Viertbeschwerdeführerin sei die Beschwerde daher mangels Beschwerdelegitimation zurückzuweisen gewesen (Spruchpunkt 2. des erstinstanzlichen Bescheides).

3.2. Hinsichtlich der Erstbeschwerdeführerin und des Zweitbeschwerdeführers bejahte die KommAustria die Beschwerdelegitimation und setzte sich in weiterer Folge mit der behaupteten Verletzung des Objektivitätsgebotes auseinander, welche sich im Kern auf den Vorwurf zusammenfassen lasse, dass der ORF bei der „Sonderberichterstattung“ im Vorfeld der Nationalratswahl zu Unrecht die Erstbeschwerdeführerin bzw. den Zweitbeschwerdeführer als deren Spitzenkandidaten – verglichen mit anderen wahlwerbenden Parteien – nicht ausreichend im Programm berücksichtigt habe. Unter Bedachtnahme auf die Judikatur zur Frage der angemessenen Berücksichtigung politischer Parteien im Programm des ORF ging die KommAustria insbesondere davon aus, dass kein Anspruch auf Präsenz in einer bestimmten Sendung bestehe. Vorliegend habe der ORF den Kreis der Einzuladenden nach dem Kriterium abgegrenzt, ob eine zur Wahl stehende Partei bereits im Nationalrat vertreten gewesen sei, und sich dabei am Bestehen eines Parlamentsklubs orientiert. Diese Art der Auswahl könne als erster Schritt jedenfalls als sachlich gerechtfertigt angesehen werden, stelle doch beispielsweise auch Paragraph 42, Absatz 2, NRWO auf die Möglichkeit der Unterstützung eines Wahlvorschlags durch eine bestimmte Zahl von Abgeordneten zum Nationalrat ab. Im Hinblick auf die Frage, ob darüber hinaus noch weitere Repräsentanten anderer wahlwerbender Parteien – wie der Erstbeschwerdeführerin – zu den genannten Sondersendungsformaten hinzugezogen hätten werden müssen, sei dem ORF zuzugestehen, dass schon die Festlegung bestimmter Sendungsformate eine Einschränkung des Teilnehmerkreises bedingen könne. Es sei nun jedenfalls nicht Aufgabe der Regulierungsbehörde, den ORF bei dieser – in den Kernbereich der journalistischen Tätigkeit hineinreichenden – Beurteilung und Kriterienfindung in enge Vorgaben zu zwängen. Nicht umsonst habe auch die Rechtsprechung stets betont, dass eine Gesamtschau aller relevanten Sendungen anzustellen und anhand dieser zu beurteilen sei, ob dem Gebot der Meinungsvielfalt entsprochen worden sei. Wenn, wie vorliegend bei der Erstbeschwerdeführerin, eine Partei erstmalig in dieser Form bei den Nationalratswahlen antrete und sich – neben den sechs bereits im Nationalrat vertretenen Parteien – als eine von drei weiteren Gruppierungen bundesweit um Wählerstimmen bemühe, so lasse sich aus Meinungsumfragen, die diese Partei bei rund 3% der Stimmen sehen würden und damit unter Ausnutzung der Schwankungsbreite ein Überspringen der 4-Prozent-Hürde gerade noch denkmöglich erscheine, alleine noch kein zwingender Grund ableiten, die vom ORF vorgenommene Abgrenzung des Kreises der zu Wahlkonfrontationen und vergleichbaren Sonderformaten Eingeladenen (Vertreter der sechs bereits im Nationalrat vertretenen Parteien) als mit dem Objektivitätsgebot unvereinbar anzusehen. Sehr wohl sei jedoch davon auszugehen, dass der ORF für eine angemessene Berücksichtigung im Gesamtprogramm dahingehend zu sorgen habe, dass auch die Erstbeschwerdeführerin und die von ihr vertretenen Inhalte den Zuhörern bzw. Zusehern in Erfüllung des in Paragraph 4, Absatz 5, sowie Paragraph 10, Absatz 5, ORF G enthaltenen Auftrages zur umfassenden, unparteilichen und objektiven Auswahl und Vermittlung von Informationen entsprechend präsentiert werde. Zusammengefasst komme die KommAustria damit zum Ergebnis, dass die Art und Weise der Auswahl der zu den im Rahmen der „Sonderberichterstattung“ zur Nationalratswahl ausgestrahlten Sendungen („Konfrontationen“, „Die Wahlfahrt“, „Im Zentrum“ und „Klartext Spezial“) eingeladenen Vertreter innerhalb des dem ORF gesetzlich zukommenden Gestaltungsspielraumes gelegen sei. Insbesondere stehe das Abstellen auf diejenigen wahlwerbenden Parteien, die bereits im Nationalrat in Klubstärke vertreten gewesen seien, dem Grunde nach im Einklang mit der einschlägigen Rechtsprechung und sei als objektivierbares Kriterium per se nicht zu beanstanden. Die gesellschaftliche Relevanz der Erstbeschwerdeführerin sei zweifelsfrei – schon im Lichte der bundesweiten Kandidatur, aber auch nach den zitierten Meinungsumfragen – soweit gegeben gewesen, dass dem ORF eine Berücksichtigung im Rahmen der Berichterstattung aufgetragen gewesen sei. Dass dies zwingend im Rahmen einer Einladung zu den genannten Sondersendungen erfolgen hätte müssen, sei aus den gesetzlichen Vorgaben ebenso wenig abzuleiten, wie es auch keinen Anspruch auf eine bestimmte „Zuseherquote“ gebe, den die Beschwerdeführer mittelbar einfordern. Es sei vielmehr eine angemessene Berücksichtigung im Programm insgesamt gefordert. Die Beschwerde sei vor diesem Hintergrund als unbegründet abzuweisen gewesen (Spruchpunkt 1. des erstinstanzlichen Bescheides).

4. Mit der vorliegenden Berufung wenden sich sämtliche Beschwerdeführer gegen den Bescheid der KommAustria und führen dazu aus:

4.1. Entgegen der Ansicht der KommAustria komme auch der Dritt- und Viertbeschwerdeführerin Beschwerdelegitimation im gegenständlichen Verfahren zu. Beide seien Parteien im Sinne des Parteiengesetzes, ihnen komme damit unzweifelhaft Rechtspersönlichkeit zu. Sie würden gemeinsam die Erstbeschwerdeführerin als „wahlwerbende Partei“ iSd NRWO bilden und seien auch durchaus unmittelbar gemäß Paragraph 36, Absatz eins, Ziffer eins, Litera a, ORF-G geschädigt. Zudem stütze sich die Beschwerde auch auf Litera c, leg.cit.; nun stünden die Dritt- und Viertbeschwerdeführerin nicht in einem unmittelbaren Konkurrenzverhältnis zum ORF, sie seien „aber sämtlich in ihren rechtlichen und wirtschaftlichen Interessen berührt“ gewesen. Hinzu komme, dass die Beschwerdelegitimation der Dritt- und Viertbeschwerdeführerin im vorangegangenen Verfahren weder von der KommAustria selbst noch vom Bundeskommunikationssenat in Zweifel gezogen worden sei.

4.2. In inhaltlicher Hinsicht verweist die Berufung zunächst darauf, dass „alles was die Beschwerdeführer verlangt“ hätten und „nach wie vor verlangen“ würden, „eine angemessene Berücksichtigung im relevanten Gesamtprogramm“ sei. Zu beachten sei, dass sich die von der KommAustria herangezogene Judikatur stets auf die Berücksichtigung von Vertretern einzelner Parteien in einzelnen Sendungen bezogen habe. Vorliegend seien allerdings nicht einzelne Sendungen inkriminiert, sondern es gehe um einen einheitlich geplanten und thematisch in sich abgeschlossenen Sende-Schwerpunkt des ORF. Dieser Sendeschwerpunkt sei, wie die KommAustria richtig erkannt habe, in seiner Gesamtheit zu betrachten. Er könne jedoch nicht einer einzelnen Sendung im Sinne der Judikatur gleichgehalten werden. Der ORF habe daher dafür Sorge zu tragen, dass innerhalb dieses Sendeschwerpunkts allen gesellschaftlich relevanten Gruppierungen eine angemessene Möglichkeit zukomme, sich selbst darzustellen und ihre Argumente mit jenen der übrigen Parteien auszutauschen. Die gänzliche Nicht-Berücksichtigung der Erstbeschwerdeführerin innerhalb dieses Sendeschwerpunkts erfülle damit nicht mehr das Gebot einer journalistisch sachlich begründeten Auswahl. Besonders gravierend sei, dass der ORF den Beschwerdeführern keinerlei Möglichkeit gegeben habe, eine direkte Diskussion mit Vertretern der bereits im Nationalrat vertretenen Parteien zu führen. Die Berufung wendet sich weiters gegen die Einschätzung der KommAustria, die Nichtberücksichtigung der Beschwerdeführer im Rahmen des Sendeschwerpunkts sei durch die Berichterstattung in anderen Sendungen „quasi kompensiert“ worden: So reiche der bloße Umstand, dass eine Gruppierung „irgendwann und irgendwo“ im Sendungsangebot des ORF vorgekommen sei, nicht aus, um von einer angemessenen Berücksichtigung sprechen zu können. Zudem müsse zur Beurteilung einer angemessenen Berücksichtigung miteinbezogen werden, an welche Zuseherkreise sich die einzelnen Sendungen richten würden. So hätte sich der Sendeschwerpunkt speziell an die wesentliche Gruppe der „Unentschlossenen“ wenden wollen.

5. Der ORF hat dazu mit Schreiben vom 3.12.2013 Berufungsgegenausführungen übermittelt, worin er sich insbesondere gegen das Berufungsvorbringen wendet, dass ein bisher nie dagewesener Sende-Schwerpunkt vorliegen würde. Dies entspreche nicht den Tatsachen, da der ORF vor jeder Wahl entsprechende – im Wesentlichen gleichförmig gestaltete – Schwerpunkte setze. Es sei daher durchaus zutreffend gewesen, dass die KommAustria in ihrer Entscheidung auf die bisherige Rechtsprechung zur Wahlberichterstattung verwiesen habe. Ferner stimme es, dass sich etwa bei den „Zeit im Bild“-Sendungen eine ungefähre Zuseheranzahl prognostizieren lasse. Dies gelte jedoch nicht für das erstmals auf Sendung gegangene Format „Die Wahlfahrt“. Insofern könne die in der Berufung geäußerte Forderung, die zu erwartende Zuseheranzahl auch aus rechtlicher Sicht zu beurteilen, aus Sicht des ORF unmöglich verwirklicht werden. Der Grund dafür liege darin, dass es für neue Sendeformate keine (seriösen) Prognosen betreffend Zuseherzahlen gebe. Angemerkt wird schließlich, dass die „Zeit im Bild 2“ im Durchschnitt 500.000 bis 600.000 Zuseher habe und nicht wie in der Berufung behauptet werde 150.000 bis 200.000 Zuseher.

Die Berufung ist nicht berechtigt:

6. Sache des Berufungsverfahrens ist der Gegenstand des Verfahrens in der Vorinstanz, also jene Angelegenheit, die den Inhalt des Spruchs des angefochtenen Bescheides in der Unterinstanz gebildet hat (VwGH 20.03.2012, 2012/11/0013). Im Hinblick auf Spruchpunkt 2. des Bescheides der KommAustria ist Gegenstand des Berufungsverfahrens daher ausschließlich die Frage der Rechtmäßigkeit der Zurückweisung der Beschwerde durch die erstinstanzliche Behörde in Bezug auf die Dritt- und Viertbeschwerdeführerin (VwGH 11.07.1996, Zl. 95/18/0889, 24.02.2006, Zl. 2005/12/0111). Hat nämlich die Unterbehörde selbst über eine formalrechtliche oder verfahrensrechtliche Frage entschieden, darf die Rechtsmittelinstanz keine Sachentscheidung treffen, da sonst die Sache des Berufungsverfahrens überschritten würde.

7. Auch unter Bedachtnahme auf das Berufungsvorbringen steht für den Bundeskommunikationssenat die Rechtmäßigkeit der Zurückweisung der Beschwerde durch die KommAustria betreffend die Dritt- und Viertbeschwerdeführerin außer Frage. Die erstinstanzliche Behörde geht richtigerweise davon aus, dass eine Schädigung im Sinne von Paragraph 36, Absatz eins, Ziffer eins, Litera a, ORF-G nur in Bezug auf die Erstbeschwerdeführerin bzw. den Zweitbeschwerdeführer denkbar ist, wenn man berücksichtigt, dass nur diese von der behaupteten Verletzung des Objektivitätsgebotes bei der Vorwahlberichterstattung des ORF im Hinblick auf das Wahlergebnis unmittelbar betroffen sein können. Vergleichbare direkte Auswirkungen können hingegen betreffend die Dritt- und Viertbeschwerdeführerin nicht angenommen werden, da es sich bei diesen eben nicht um wahlwerbende Parteien handelte. Die Berufung vermag dieser Argumentation auch gar nichts entgegen zu setzen, sondern beschränkt sich vielmehr auf die nicht weiter substantiierte Behauptung, dass der Dritt- und Viertbeschwerdeführerin Beschwerdelegitimation zukomme, da sie gemeinsam die Erstbeschwerdeführerin bilden würden und schon insoweit unmittelbar im Sinne von Litera a, leg.cit. geschädigt wären. Hinsichtlich Paragraph 36, Absatz eins, Ziffer eins, Litera c, ORF-G anerkennt selbst die Berufung, dass die Dritt- und Viertbeschwerdeführerin nicht in einem unmittelbaren Konkurrenzverhältnis zum ORF stehen. Anhaltspunkte für das nach der Judikatur erforderliche spezifische Wettbewerbsverhältnis zwischen Unternehmen, worauf die KommAustria in ihrer Entscheidung zutreffend verweist, können in der Argumentation der Berufung insoweit nicht erblickt werden. Wenn die Berufung schließlich darauf verweist, dass die Beschwerdelegitimation der Dritt- und Viertbeschwerdeführerin im vorangegangenen Verfahren weder von der KommAustria selbst noch vom Bundeskommunikationssenat in Zweifel gezogen worden sei, muss ihr entgegen gehalten werden, dass im angesprochenen Verfahren vergleiche KommAustria 10.9.2013, KOA 12.020/13-001, bzw. BKS 20.9.2013, GZ 611.813/0002-BKS/2013) die Beschwerde als offensichtlich unbegründet ohne weiteres Verfahren zurückgewiesen wurde, weswegen eine Auseinandersetzung mit der Beschwerdelegitimation weder von Seiten der KommAustria noch des Bundeskommunikationssenates erfolgte bzw. überhaupt erforderlich war.

8. Soweit die Berufung im Hinblick auf Spruchpunkt 1. des Bescheides der KommAustria neuerlich eine Verletzung des Objektivitätsgebotes dahingehend behauptet, dass der ORF die Erstbeschwerdeführerin und den Zweitbeschwerdeführer (im Folgenden: die Beschwerdeführer) im Rahmen der Sonderberichterstattung im Vorfeld der Nationalratswahl vergleiche zu den entsprechenden Feststellungen oben 1.) nicht ausreichend berücksichtigt habe, kann ihr auch in dieser Hinsicht nicht gefolgt werden:

9. Die KommAustria hat sich im erstinstanzlichen Bescheid mit dem Beschwerdevorbringen ausführlich auseinandergesetzt und diesen im Hinblick auf sämtliche Argumente der Beschwerdeführer nachvollziehbar begründet. Wenn in der Berufung nun vorgebracht wird, dass es den Beschwerdeführern speziell um „eine angemessene Berücksichtigung im relevanten Gesamtprogramm“ und dabei ausschließlich um die angesprochene Sonderberichterstattung gehe, innerhalb derer allen gesellschaftlich relevanten Gruppierungen eine angemessene Möglichkeit zukommen müsse, sich selbst darzustellen und ihre Argumente mit jenen der übrigen Parteien auszutauschen, wird offensichtlich darauf abgezielt, die sonstige Berichterstattung des ORF, zB in dessen Nachrichtensendungen, komplett aus der Betrachtung auszublenden. Für eine derartig isolierte Sichtweise bieten die Regelungen zum Objektivitätsgebot (Paragraph 4, Absatz 5, sowie Paragraph 10, Absatz 5 und 6 ORF-G) jedoch keine Anhaltspunkte. Vielmehr ist – wie die KommAustria richtig hervorhebt – davon auszugehen, dass der ORF für eine angemessene Berücksichtigung im Gesamtprogramm zu sorgen hat und den Beschwerdeführern insoweit Gelegenheit einräumen muss, die von von ihnen vertretenen Inhalte im Sinne der zitierten Bestimmungen zu präsentieren. Hingegen würde die von den Beschwerdeführern vertretene – einschränkende – Sichtweise einen unzulässigen Eingriff in den journalistischen Gestaltungsspielraum des ORF bedeuten und ferner der bereits im vorangegangenen Verfahren (BKS 20.9.2013, GZ 611.813/0002-BKS/2013) angeführten höchstgerichtlichen Judikatur, wonach kein Anspruch auf Präsenz in einer bestimmten Sendung besteht, zuwiderlaufen (zB VwGH 26.7.2007, Zl. 2006/04/0175). Woraus die Beschwerdeführer ableiten, dass die gegenständliche Sonderberichterstattung des ORF nicht einer einzelnen Sendung im Sinne der Judikatur gleichgehalten werden könne, erschließt sich dem Bundeskommunikationssenat nicht und wird in der Berufung auch nicht näher substantiiert.

10. Davon, dass den Beschwerdeführern keine adäquate Repräsentationsmöglichkeit im Rahmen der Programme und Angebote des ORF geboten wurde bzw. – wie es die Berufung ausdrücklich anmerkt – diese nur „irgendwann und irgendwo“ vorgekommen seien, was keiner angemessenen Berücksichtigung gleichkomme, kann im Übrigen schon ausweislich der Feststellungen zur „Sonstigen Berichterstattung“ des ORF vergleiche oben 1. sowie die entsprechende Begründung der KommAustria im erstinstanzlichen Bescheid, Seite 24f) keine Rede sein. Auch soweit sich die Beschwerdeführer gegen die gänzliche Nichtberücksichtigung im Rahmen der Sonderberichterstattung wenden, hält der Bundeskommunikationssenat die Entscheidung der KommAustria letztlich für nachvollziehbar und detailgenau begründet. Insbesondere ist es in keiner Weise unschlüssig, wenn die KommAustria davon ausgeht, dass das Abstellen auf die im Nationalrat in Klubstärke vertretenen Parteien im Zusammenhang mit der „Einladungspolitik“ des ORF zur in Rede stehenden Sonderberichterstattung objektivierbar und insoweit nicht zu beanstanden ist.

Die erstinstanzliche Entscheidung ist daher vor dem Hintergrund dieser Erwägungen nicht zu beanstanden. Damit war der Berufung der Erfolg zu versagen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann binnen sechs Wochen ab Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof und/oder Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde muss iS des Paragraph 24, Absatz 2, VwGG bzw. iS des Paragraph 17, Absatz 2, in Verbindung mit Paragraph 14, Absatz eins, VerfGG von einem Rechtsanwalt/einer Rechtsanwältin eingebracht werden. Spätestens im Zeitpunkt der Überreichung der Beschwerde ist eine Gebühr von EUR 240 zu entrichten.

Darüber hinaus ergehen aufgrund des Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetzes (VwGbk-ÜG) folgende weitere Hinweise:

Wenn Ihnen der Bescheid vor Ablauf des 31. Dezember 2013 zugestellt worden ist und die Beschwerdefrist mit Ende des 31. Dezember 2013 noch läuft, gilt im Hinblick auf Paragraph 4, Absatz eins und 3 VwGbk-ÜG Folgendes:

– Haben Sie bis zu diesem Zeitpunkt noch keine Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof erhoben, so können Sie gegen den Bescheid in sinngemäßer Anwendung des Artikel 133, Absatz eins, Ziffer eins, B-VG in seiner ab 1. Jänner 2014 geltenden Fassung vom 1. Jänner bis zum Ablauf des 12. Februar 2014 Revision beim Verwaltungsgerichtshof erheben.

– Haben Sie vor Ablauf des 31. Dezember 2013 Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof erhoben, so gilt die Beschwerde als rechtzeitig erhobene Revision gemäß Artikel 133, Absatz eins, Ziffer eins, B-VG in seiner ab 1. Jänner 2014 geltenden Fassung.

Im Mehrparteienverfahren:

Ist jedoch in einem Mehrparteienverfahren ein Bescheid, gegen den eine Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof zulässig ist, bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 zwar gegenüber mindestens einer Partei, aber nicht gegenüber allen Parteien, denen gegenüber er zu erlassen war, erlassen worden, so kann von den Parteien, denen gegenüber dieser Bescheid nach Ablauf des 31. Dezember 2013 erlassen wird, innerhalb von sechs Wochen in sinngemäßer Anwendung des Artikel 133, Absatz eins, Ziffer eins, B-VG in seiner ab 1. Jänner 2014 geltenden Fassung Revision beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Gegen einen solchen Bescheid bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 erhobene Beschwerden gelten als rechtzeitig erhobene Revisionen gemäß Artikel 133, Absatz eins, Ziffer eins, B-VG in seiner ab 1. Jänner 2014 geltenden Fassung.

Wenn Ihnen der Bescheid vor Ablauf des 31. Dezember 2013 zugestellt worden ist und die Beschwerdefrist mit Ende des 31. Dezember 2013 noch läuft, gilt gemäß Paragraph 6, Absatz eins und 3 VwGbk-ÜG Folgendes:

– Haben Sie bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 noch keine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof erhoben, so können Sie gegen den Bescheid vom 1. Jänner bis zum Ablauf des 12. Februar 2014 Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof gemäß Artikel 144, Absatz eins, B-VG in seiner ab 1. Jänner 2014 geltenden Fassung erheben.

– Haben Sie vor Ablauf des 31. Dezember 2013 bereits Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof erhoben, so gilt die Beschwerde als rechtzeitig erhobene Beschwerde gemäß Artikel 144, Absatz eins, B-VG in seiner ab 1. Jänner 2014 geltenden Fassung.

Im Mehrparteienverfahren:

Ist jedoch in einem Mehrparteienverfahren ein Bescheid, gegen den eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zulässig ist, bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 zwar gegenüber mindestens einer Partei, aber nicht gegenüber allen Parteien, denen gegenüber er zu erlassen war, erlassen worden, so kann von den Parteien, denen gegenüber dieser Bescheid nach Ablauf des 31. Dezember 2013 erlassen wird, innerhalb von sechs Wochen Beschwerde gemäß Artikel 144, Absatz eins, B-VG in seiner ab 1. Jänner 2014 geltenden Fassung beim Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Gegen einen solchen Bescheid bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 erhobene Beschwerden gelten als rechtzeitig erhobene Beschwerden gemäß Artikel 144, Absatz eins, B-VG in seiner ab 1. Jänner 2014 geltenden Fassung.

11. Dezember 2013