BUNDESGESETZBLATT
FÜR DIE REPUBLIK ÖSTERREICH

Jahrgang 2017

Ausgegeben am 26. Juli 2017

Teil I

104. Bundesgesetz:

Gleichstellungsgesetz von Frauen und Männern im Aufsichtsrat – GFMA-G

(NR: GP römisch XXV IA 2226/A AB 1742 S. 188. BR: AB 9877 S. 871.)

104. Bundesgesetz, mit dem das Aktiengesetz, das GmbH-Gesetz, das SE-Gesetz, das Genossenschaftsgesetz und das Arbeitsverfassungsgesetz zur Erreichung einer gleichberechtigten Vertretung von Frauen und Männern im Aufsichtsrat geändert werden (Gleichstellungsgesetz von Frauen und Männern im Aufsichtsrat – GFMA-G)

Der Nationalrat hat beschlossen:

Artikel 1
Änderung des Aktiengesetzes – AktG

Das Bundesgesetz über Aktiengesellschaften, Bundesgesetzblatt Nr. 98 aus 1965,, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 20 aus 2017,, wird wie folgt geändert:

Novellierungsanordnung 1, Dem Paragraph 86, werden folgende Absatz 7 bis 9 angefügt:

  1. Absatz 7In börsenotierten Gesellschaften sowie in Gesellschaften, in denen dauernd mehr als 1 000 Arbeitnehmer beschäftigt sind, besteht der Aufsichtsrat zu mindestens 30 Prozent aus Frauen und zu mindestens 30 Prozent aus Männern, sofern der Aufsichtsrat aus mindestens sechs Mitgliedern (Kapitalvertretern) und die Belegschaft zu mindestens 20 Prozent aus Arbeitnehmerinnen beziehungsweise Arbeitnehmern besteht. Es ist auf volle Personenzahlen zu runden; aufzurunden ist, wenn der errechnete Mindestanteil eine Dezimalstelle von zumindest fünf aufweist.
  2. Absatz 8Eine Wahl der Mitglieder des Aufsichtsrates durch die Hauptversammlung und eine Entsendung in den Aufsichtsrat unter Verstoß gegen das Mindestanteilsgebot des Absatz 7, ist nichtig. Wird eine Wahl aus anderen Gründen für nichtig erklärt, so verstoßen zwischenzeitlich erfolgte Wahlen insoweit nicht gegen das Mindestanteilsgebot.
  3. Absatz 9Der Mindestanteil ist vom Aufsichtsrat insgesamt zu erfüllen. Widerspricht die Mehrheit der gemäß diesem Bundesgesetz oder der Satzung bestellten Aufsichtsratsmitglieder (Kapitalvertreter) oder die Mehrheit der gemäß Paragraph 110, ArbVG entsandten Aufsichtsratsmitglieder (Arbeitnehmervertreter) spätestens sechs Wochen vor einer Wahl oder Entsendung der Gesamterfüllung gegenüber dem Aufsichtsratsvorsitzenden, so ist der Mindestanteil für diese Wahl oder Entsendung von den Kapitalvertretern und den Arbeitnehmervertretern getrennt zu erfüllen. Die Kapitalvertreter und die Arbeitnehmervertreter können für einen bestimmten Zeitraum einen Verzicht auf das Widerspruchsrecht vereinbaren oder jeweils erklären, einen Widerspruch aufrecht zu erhalten; dies ist jeweils dem Aufsichtsratsvorsitzenden mitzuteilen.“

Novellierungsanordnung 2, In Paragraph 108, Absatz eins, wird nach dem ersten Satz folgender Satz eingefügt:

„Dabei ist auf Paragraph 86, Absatz 7 und Absatz 9, sowie auf Paragraph 87, Absatz 2 a, Bedacht zu nehmen.“

Novellierungsanordnung 3, In Paragraph 108, Absatz 2, wird nach dem ersten Satz folgender Satz eingefügt:

„In Gesellschaften, auf die Paragraph 86, Absatz 7, anzuwenden ist, ist zusätzlich anzugeben, wie viele der Sitze im Aufsichtsrat mindestens jeweils von Frauen und Männern besetzt sein müssen, um das Mindestanteilsgebot gemäß Paragraph 86, Absatz 7, zu erfüllen und ob ein Widerspruch gemäß Paragraph 86, Absatz 9, erhoben wurde.“

Novellierungsanordnung 4, Dem Paragraph 110, Absatz 2, ist folgender Satz anzufügen:

„In Gesellschaften, auf die Paragraph 86, Absatz 7, anzuwenden ist, hat die Gesellschaft zusätzlich anzugeben, wie viele der Sitze im Aufsichtsrat mindestens jeweils von Frauen und Männern besetzt sein müssen, um das Mindestanteilsgebot gemäß Paragraph 86, Absatz 7, zu erfüllen und ob ein Widerspruch gemäß Paragraph 86, Absatz 9, erhoben wurde.“

Novellierungsanordnung 5, Dem Paragraph 262, wird folgender Absatz 38, angefügt:

  1. Absatz 38Paragraph 86, Absatz 7 bis 9, Paragraph 108, Absatz eins und 2 sowie Paragraph 110, Absatz 2, in der Fassung des Bundesgesetzes Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 104 aus 2017, treten mit 1. Jänner 2018 in Kraft. Paragraph 86, Absatz 7 bis 9 ist auf Wahlen und Entsendungen in den Aufsichtsrat anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2017 erfolgen. Bestehende Aufsichtsratsmandate bleiben davon unberührt; das Mindestanteilsgebot ist bei einem Nachrücken von vor dem 1. Jänner 2018 gewählten oder entsandten Ersatzmitgliedern zu beachten.“

Artikel 2
Änderung des GmbH-Gesetzes – GmbHG

Das Gesetz vom 6. März 1906, über Gesellschaften mit beschränkter Haftung, RGBl. Nr. 58/1906, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 40 aus 2017,, wird wie folgt geändert:

Novellierungsanordnung 1, Dem Paragraph 30, wird folgender dritter Satz angefügt:

„§ 86 Absatz 7 bis 9 AktG ist sinngemäß anzuwenden.“

Novellierungsanordnung 2, Dem Paragraph 127, wird folgender Absatz 24, angefügt:

  1. Absatz 24Paragraph 30, dritter Satz in der Fassung des Bundesgesetzes Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 104 aus 2017, tritt mit 1. Jänner 2018 in Kraft und ist auf Wahlen und Entsendungen in den Aufsichtsrat anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2017 erfolgen. Bestehende Aufsichtsratsmandate bleiben davon unberührt; das Mindestanteilsgebot ist bei einem Nachrücken von vor dem 1. Jänner 2018 gewählten oder entsandten Ersatzmitgliedern zu beachten.“

Artikel 3
Änderung des SE-Gesetzes – SEG

Gesetz über das Statut der Europäischen Gesellschaft (Societas Europaea – SE), Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 67 aus 2004,, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 43 aus 2016,, wird wie folgt geändert:

Novellierungsanordnung 1, In Paragraph 45, Absatz 3, wird die Wortfolge „Abs. 3 bis 6 AktG“ durch die Wortfolge „Abs. 3 bis 9 AktG“ ersetzt.

Novellierungsanordnung 2, Dem Paragraph 67, wird folgender Absatz 11, angefügt:

  1. Absatz 11Paragraph 45, Absatz 3, in der Fassung des Bundesgesetzes Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 104 aus 2017, tritt mit 1. Jänner 2018 in Kraft und ist auf Wahlen und Entsendungen in den Verwaltungsrat anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2017 erfolgen. Bestehende Verwaltungsratsmandate bleiben davon unberührt; das Mindestanteilsgebot ist bei einem Nachrücken von vor dem 1. Jänner 2018 gewählten oder entsandten Ersatzmitgliedern zu beachten.“

Artikel 4
Änderung des Genossenschaftsgesetzes – GenG

Das Gesetz vom 9. April 1873, über Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften, RGBl. Nr. 70/1873, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 43 aus 2016,, wird wie folgt geändert:

Novellierungsanordnung 1, Nach Paragraph 24, Absatz eins, zweiter Satz wird folgender Satz eingefügt:

„§ 86 Absatz 7 bis 9 AktG ist sinngemäß anzuwenden.“

Novellierungsanordnung 2, Nach Paragraph 94 h, wird folgender Paragraph 94 i, eingefügt:

Paragraph 94 i,

Paragraph 24, Absatz eins, dritter Satz in der Fassung des Bundesgesetzes Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 104 aus 2017, tritt mit 1. Jänner 2018 in Kraft und ist auf Wahlen und Entsendungen in den Aufsichtsrat anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2017 erfolgen. Bestehende Aufsichtsratsmandate bleiben davon unberührt; das Mindestanteilsgebot ist bei einem Nachrücken von vor dem 1. Jänner 2018 gewählten oder entsandten Ersatzmitgliedern zu beachten.“

Artikel 5
Änderung des Arbeitsverfassungsgesetzes – ArbVG

Das Arbeitsverfassungsgesetz, Bundesgesetzblatt Nr. 22 aus 1974,, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 37 aus 2017,, wird wie folgt geändert:

Novellierungsanordnung 1, Paragraph 110, Absatz eins, lautet:

Paragraph 110,

  1. Absatz einsIn Unternehmen, die in der Rechtsform einer Aktiengesellschaft geführt werden, entsendet der Zentralbetriebsrat oder, sofern nur ein Betrieb besteht, der Betriebsrat aus dem Kreise der Betriebsratsmitglieder, denen das aktive Wahlrecht zum Betriebsrat zusteht, für je zwei nach dem Aktiengesetz 1965, Bundesgesetzblatt Nr. 98 aus 1965,, oder der Satzung zu bestellende Aufsichtsratsmitglieder einen Arbeitnehmervertreter in den Aufsichtsrat. Ist die Zahl der nach dem Aktiengesetz 1965 oder der Satzung zu bestellenden Aufsichtsratsmitglieder eine ungerade, ist ein weiterer Arbeitnehmervertreter zu entsenden.“

Novellierungsanordnung 2, Nach Paragraph 110, Absatz 2, werden folgende Absatz 2 a, bis 2d eingefügt:

  1. Absatz 2 aIn börsenotierten Unternehmen sowie in Unternehmen, in denen dauernd mehr als 1 000 Arbeitnehmer beschäftigt sind, gilt Absatz eins, mit der Maßgabe, dass unter den in den Aufsichtsrat entsandten Arbeitnehmervertretern jedes der beiden Geschlechter im Ausmaß von mindestens 30 Prozent vertreten sein muss, sofern mindestens drei Arbeitnehmervertreter in den Aufsichtsrat zu entsenden sind und die Belegschaft zu mindestens 20 Prozent aus Arbeitnehmerinnen bzw. Arbeitnehmern besteht.
  2. Absatz 2 bIn Unternehmen gemäß Absatz 2 a, ist das Nominierungsrecht gemäß Absatz 2, in der Weise auszuüben, dass dadurch die Entsendung beider Geschlechter im Ausmaß von jeweils mindestens 30 Prozent gewährleistet ist. Wenn die wahlwerbenden Gruppen von ihrem Vorschlagsrecht nicht in dieser Weise Gebrauch machen, bleiben jene Sitze, die zunächst zu besetzen sind und aus denen die Nichterreichung des Mindestanteils von 30 Prozent Arbeitnehmerinnen bzw. Arbeitnehmern im Aufsichtsrat folgt, bis zur Erstattung eines gesetzmäßigen Vorschlages unbesetzt; es sei denn, der Mindestanteil ist gemäß Paragraph 86, Absatz 9, AktG erfüllt (Gesamtbetrachtung). Eine Nachnominierung auf die frei bleibenden Sitze zur Erfüllung des Mindestanteils ist jederzeit möglich.
  3. Absatz 2 cBei der Berechnung des Mindestanteilsgebots ist auf volle Personenzahlen zu runden; aufzurunden ist, wenn der errechnete Mindestanteil eine Dezimalstelle von zumindest fünf aufweist.
  4. Absatz 2 dIn Unternehmen gemäß Absatz 2 a, kann die Nominierung von Arbeitnehmervertretern für die Entsendung in den Aufsichtsrat abweichend von dem Verfahren gemäß Absatz 2, erfolgen, sofern der Zentralbetriebsrat (Betriebsrat) einen entsprechenden einvernehmlichen Beschluss fasst und dabei der Mindestanteil der zu entsendenden Arbeitnehmerinnen bzw. Arbeitnehmer gemäß Absatz 2 a, gewahrt bleibt.“

Novellierungsanordnung 3, Paragraph 110, Absatz 6, zweiter Satz lautet:

„Der Zentralbetriebsrat (Betriebsrat) des herrschenden Unternehmens entsendet unter sinngemäßer Anwendung der Absatz 2 a, bis 2d so viele Arbeitnehmervertreter, als dem Verhältnis der Zahl der im herrschenden Unternehmen beschäftigten Arbeitnehmer zur Zahl der in den beherrschten Unternehmen beschäftigten Arbeitnehmer entspricht, mindestens jedoch einen Arbeitnehmervertreter.“

Novellierungsanordnung 4, Paragraph 110, Absatz 6 b, letzter Satz lautet:

„Für die Ausübung des Vorschlagsrechts innerhalb der jeweiligen Gruppe der Konzernvertretungsmitglieder gilt Absatz 2, bis 2d sinngemäß.“

Novellierungsanordnung 5, Nach Paragraph 247, Absatz eins, wird folgender Absatz eins a, eingefügt:

  1. Absatz eins aBei der Entsendung der österreichischen Mitglieder in den Aufsichts- oder Verwaltungsrat der Europäischen Gesellschaft ist Paragraph 110, Absatz 2 a, bis 2d sinngemäß anzuwenden.“

Novellierungsanordnung 6, Dem Paragraph 264, wird folgender Absatz 32, angefügt:

  1. Absatz 32Paragraphen 110, Absatz eins,, 2a bis 2d, 6 und 6b sowie Paragraph 247, Absatz eins a, in der Fassung des Bundesgesetzes Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 104 aus 2017, treten mit 1. Jänner 2018 in Kraft und gelten für die Entsendungen von Arbeitnehmervertretern durch Organe der Arbeitnehmerschaft, deren Wahl nach dem 31. Dezember 2017 erfolgt.“

Van der Bellen

Kern