BUNDESGESETZBLATT
FÜR DIE REPUBLIK ÖSTERREICH

Jahrgang 2013

Ausgegeben am 11. Juli 2013

Teil I

116. Bundesgesetz:

Sexualstrafrechtsänderungsgesetz 2013

(NR: GP römisch XXIV RV 2319 AB 2366 S. 206. BR: 9007 AB 9013 S. 822.)

[CELEX-Nr.: 32011L0093, 32011L0036]

116. Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch und die Strafprozessordnung 1975 zur Verbesserung des strafrechtlichen Schutzes der sexuellen Integrität und Selbstbestimmung geändert werden (Sexualstrafrechtsänderungsgesetz 2013)

Der Nationalrat hat beschlossen:

Inhaltsverzeichnis

Art. 

               Gegenstand

1

               Änderung des Strafgesetzbuches

2

               Änderung der Strafprozessordnung 1975

3

               Umsetzung von Richtlinien

4

               Inkrafttreten

Artikel 1
Änderung des Strafgesetzbuches

Das Strafgesetzbuch, Bundesgesetzblatt Nr. 60 aus 1974,, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 120 aus 2012, und die Kundmachung Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 25 aus 2013,, wird wie folgt geändert:

Novellierungsanordnung 1, Im Paragraph 53, Absatz eins, entfällt der zweite Satz.

Novellierungsanordnung 2, Im Paragraph 53, Absatz 2, lautet der letzte Satz:

„Abs. 1 Satz 2 gilt entsprechend.“

Novellierungsanordnung 3, Im Paragraph 64, Absatz eins, Ziffer 4 a, wird nach der Wendung „verbotene Adoptionsvermittlung (Paragraph 194,)“ die Wendung „Vergewaltigung (Paragraph 201,), geschlechtliche Nötigung (Paragraph 202,)“ eingefügt.

Novellierungsanordnung 3a, Paragraph 65 a, samt Überschrift lautet:

„Erweiterter Geltungsbereich des Verfalls und der Einziehung bei Auslandstaten

Paragraph 65 a,

Der Verfall und die Einziehung treffen auch im Inland befindliche Vermögenswerte und Gegenstände in Bezug auf Taten, die auch durch die Gesetze des Tatorts mit Strafe bedroht sind, aber nach den Paragraphen 62 bis 65 nicht den österreichischen Strafgesetzen unterliegen.“

Novellierungsanordnung 4, Paragraph 74, Absatz eins, Ziffer 9, lautet:

  1. Ziffer 9
    Prostitution: die Vornahme geschlechtlicher Handlungen oder die Duldung geschlechtlicher Handlungen am eigenen Körper gegen Entgelt durch
    1. Litera a
      eine minderjährige Person oder
    2. Litera b
      eine volljährige Person in der Absicht, sich oder einem Dritten durch die wiederkehrende Vornahme oder Duldung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen;“

Novellierungsanordnung 5, Paragraph 104 a, lautet:

Paragraph 104 a,

  1. Absatz einsWer eine volljährige Person mit dem Vorsatz, dass sie ausgebeutet werde (Absatz 3,), unter Einsatz unlauterer Mittel (Absatz 2,) gegen diese Person anwirbt, beherbergt oder sonst aufnimmt, befördert oder einem anderen anbietet oder weitergibt, ist mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu bestrafen.
  2. Absatz 2Unlautere Mittel sind der Einsatz von Gewalt oder gefährlicher Drohung, die Täuschung über Tatsachen, die Ausnützung einer Autoritätsstellung, einer Zwangslage, einer Geisteskrankheit oder eines Zustands, der die Person wehrlos macht, die Einschüchterung und die Gewährung oder Annahme eines Vorteils für die Übergabe der Herrschaft über die Person.
  3. Absatz 3Ausbeutung umfasst die sexuelle Ausbeutung, die Ausbeutung durch Organentnahme, die Ausbeutung der Arbeitskraft, die Ausbeutung zur Bettelei sowie die Ausbeutung zur Begehung mit Strafe bedrohter Handlungen.
  4. Absatz 4Wer die Tat im Rahmen einer kriminellen Vereinigung, unter Anwendung schwerer Gewalt oder so begeht, dass durch die Tat das Leben der Person vorsätzlich oder grob fahrlässig gefährdet wird oder die Tat einen besonders schweren Nachteil für die Person zur Folge hat, ist mit Freiheitsstrafe von einem bis zu zehn Jahren zu bestrafen.
  5. Absatz 5Mit Freiheitsstrafe von einem bis zu zehn Jahren ist auch zu bestrafen, wer eine minderjährige Person mit dem Vorsatz, dass sie ausgebeutet werde (Absatz 3,), anwirbt, beherbergt oder sonst aufnimmt, befördert oder einem anderen anbietet oder weitergibt.“

Novellierungsanordnung 5a, Im Paragraph 165, Absatz eins, wird das Zitat „308“ durch das Zitat „309“ ersetzt.

Novellierungsanordnung 6, Paragraph 194, Absatz eins, lautet:

  1. Absatz einsWer
    1. Ziffer eins
      bewirkt, dass eine zustimmungsberechtigte Person gegen Gewährung eines Vorteils für sich oder einen Dritten der Adoption einer minderjährigen Person durch eine andere Person zustimmt, oder
    2. Ziffer 2
      sonst als Vermittler die Zustimmung einer zustimmungsberechtigten Person zur Adoption einer minderjährigen Person entgegen Artikel 4, des Haager Übereinkommens über den Schutz von Kindern und die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der internationalen Adoption, Bundesgesetzblatt Teil 3, Nr. 145 aus 1999,, herbeiführt,
    ist mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren zu bestrafen.“

Novellierungsanordnung 7, Im Paragraph 201, Absatz eins, werden die Worte „sechs Monaten“ durch das Wort „einem“ ersetzt.

Novellierungsanordnung 8, Paragraph 202, Absatz 2, lautet:

  1. Absatz 2Hat die Tat eine schwere Körperverletzung (Paragraph 84, Absatz eins,) oder eine Schwangerschaft der genötigten Person zur Folge oder wird die genötigte Person durch die Tat längere Zeit hindurch in einen qualvollen Zustand versetzt oder in besonderer Weise erniedrigt, so ist der Täter mit Freiheitsstrafe von fünf bis zu fünfzehn Jahren, hat die Tat aber den Tod der genötigten Person zur Folge, mit Freiheitsstrafe von zehn bis zu zwanzig Jahren oder mit lebenslanger Freiheitsstrafe zu bestrafen.“

Novellierungsanordnung 9, Paragraph 205, lautet:

Paragraph 205,

  1. Absatz einsWer eine wehrlose Person oder eine Person, die wegen einer Geisteskrankheit, wegen einer geistigen Behinderung, wegen einer tiefgreifenden Bewusstseinsstörung oder wegen einer anderen schweren, einem dieser Zustände gleichwertigen seelischen Störung unfähig ist, die Bedeutung des Vorgangs einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, unter Ausnützung dieses Zustands dadurch missbraucht, dass er mit ihr den Beischlaf oder eine dem Beischlaf gleichzusetzende Handlung vornimmt oder sie zur Vornahme oder Duldung des Beischlafes oder einer dem Beischlaf gleichzusetzenden geschlechtlichen Handlung mit einer anderen Person oder, um sich oder einen Dritten geschlechtlich zu erregen oder zu befriedigen, dazu verleitet, eine dem Beischlaf gleichzusetzende geschlechtliche Handlung an sich selbst vorzunehmen, ist mit Freiheitsstrafe von einem bis zu zehn Jahren zu bestrafen.
  2. Absatz 2Wer außer dem Fall des Absatz eins, eine wehrlose oder psychisch beeinträchtigte Person (Absatz eins,) unter Ausnützung dieses Zustands dadurch missbraucht, dass er an ihr eine geschlechtliche Handlung vornimmt oder von ihr an sich vornehmen lässt oder sie zu einer geschlechtlichen Handlung mit einer anderen Person oder, um sich oder einen Dritten geschlechtlich zu erregen oder zu befriedigen, dazu verleitet, eine geschlechtliche Handlung an sich selbst vorzunehmen, ist mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu bestrafen.
  3. Absatz 3Hat die Tat eine schwere Körperverletzung (Paragraph 84, Absatz eins,) oder eine Schwangerschaft der missbrauchten Person zur Folge oder wird die missbrauchte Person durch die Tat längere Zeit hindurch in einen qualvollen Zustand versetzt oder in besonderer Weise erniedrigt, so ist der Täter mit Freiheitsstrafe von fünf bis zu fünfzehn Jahren, hat die Tat aber den Tod der missbrauchten Person zur Folge, mit Freiheitsstrafe von zehn bis zu zwanzig Jahren oder mit lebenslanger Freiheitsstrafe zu bestrafen.“

Novellierungsanordnung 10, Paragraph 206, Absatz 3 und 4 lautet:

  1. Absatz 3Hat die Tat eine schwere Körperverletzung (Paragraph 84, Absatz eins,) oder eine Schwangerschaft der unmündigen Person zur Folge oder wird die unmündige Person durch die Tat längere Zeit hindurch in einen qualvollen Zustand versetzt oder in besonderer Weise erniedrigt, so ist der Täter mit Freiheitsstrafe von fünf bis zu fünfzehn Jahren, hat sie aber den Tod der unmündigen Person zur Folge, mit Freiheitsstrafe von zehn bis zu zwanzig Jahren oder mit lebenslanger Freiheitsstrafe zu bestrafen.
  2. Absatz 4Übersteigt das Alter des Täters das Alter der unmündigen Person nicht um mehr als drei Jahre, wird die unmündige Person durch die Tat weder längere Zeit hindurch in einen qualvollen Zustand versetzt noch in besonderer Weise erniedrigt und hat die Tat weder eine schwere Körperverletzung (Paragraph 84, Absatz eins,) noch den Tod der unmündigen Person zur Folge, so ist der Täter nach Absatz eins und 2 nicht zu bestrafen, es sei denn, die unmündige Person hätte das 13. Lebensjahr noch nicht vollendet.“

Novellierungsanordnung 11, Paragraph 207, Absatz 3 und 4 lautet:

  1. Absatz 3Hat die Tat eine schwere Körperverletzung (Paragraph 84, Absatz eins,) zur Folge oder wird die unmündige Person durch die Tat längere Zeit hindurch in einen qualvollen Zustand versetzt oder in besonderer Weise erniedrigt, so ist der Täter mit Freiheitsstrafe von fünf bis zu fünfzehn Jahren, hat sie aber den Tod der unmündigen Person zur Folge, mit Freiheitsstrafe von zehn bis zu zwanzig Jahren oder mit lebenslanger Freiheitsstrafe zu bestrafen.
  2. Absatz 4Übersteigt das Alter des Täters das Alter der unmündigen Person nicht um mehr als vier Jahre, wird die unmündige Person durch die Tat weder längere Zeit hindurch in einen qualvollen Zustand versetzt noch in besonderer Weise erniedrigt und ist keine der Folgen des Absatz 3, eingetreten, so ist der Täter nach Absatz eins und 2 nicht zu bestrafen, es sei denn, die unmündige Person hätte das zwölfte Lebensjahr noch nicht vollendet.“

Novellierungsanordnung 12, Im Paragraph 207 b, Absatz 2, wird der Ausdruck „16. Lebensjahr“ durch den Ausdruck „18. Lebensjahr“ ersetzt.

Novellierungsanordnung 13, Paragraph 208, Absatz 2, lautet:

  1. Absatz 2Ebenso ist zu bestrafen, wer, außer dem Fall des Absatz eins,, um sich oder einen Dritten geschlechtlich zu erregen oder zu befriedigen, bewirkt, dass eine unmündige Person eine geschlechtliche Handlung wahrnimmt.“

Novellierungsanordnung 14, Dem Paragraph 208, werden folgende Absätze 3 und 4 angefügt:

  1. Absatz 3Wer, um sich oder einen Dritten geschlechtlich zu erregen oder zu befriedigen, bewirkt, dass eine unmündige Person eine strafbare Handlung nach den Paragraphen 201 bis 207 oder 207b wahrnimmt, ist mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren zu bestrafen.
  2. Absatz 4Übersteigt das Alter des Täters im ersten Fall des Absatz eins und im Absatz 2, das Alter der unmündigen Person nicht um mehr als vier Jahre, so ist der Täter nach Absatz eins und 2 nicht zu bestrafen, es sei denn, die unmündige Person hätte das zwölfte Lebensjahr noch nicht vollendet.“

Novellierungsanordnung 15, Im Paragraph 208 a, wird nach dem Absatz eins, folgender Absatz eins a, eingefügt:

  1. Absatz eins aWer zu einer unmündigen Person in der Absicht, eine strafbare Handlung nach Paragraph 207 a, Absatz 3, oder 3a in Bezug auf eine pornographische Darstellung (Paragraph 207 a, Absatz 4,) dieser Person zu begehen, im Wege einer Telekommunikation oder unter Verwendung eines Computersystems Kontakt herstellt, ist mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen.“

Novellierungsanordnung 16, Paragraph 208 a, Absatz 2, lautet:

  1. Absatz 2Nach Absatz eins und 1a ist nicht zu bestrafen, wer freiwillig und bevor die Behörde (Paragraph 151, Absatz 3,) von seinem Verschulden erfahren hat, sein Vorhaben aufgibt und der Behörde sein Verschulden offenbart.“

Novellierungsanordnung 17, Im Paragraph 215 a, Absatz eins, wird die Wortfolge „bis zu drei“ durch die Wortfolge „von sechs Monaten bis zu fünf“ ersetzt.

Novellierungsanordnung 18, Paragraph 215 a, Absatz 2, lautet:

  1. Absatz 2Wer die Tat gegen eine unmündige Person, im Rahmen einer kriminellen Vereinigung, unter Anwendung schwerer Gewalt oder so begeht, dass durch die Tat das Leben der Person vorsätzlich oder grob fahrlässig gefährdet wird oder die Tat einen besonders schweren Nachteil für die Person zur Folge hat, ist mit Freiheitsstrafe von einem bis zu zehn Jahren zu bestrafen.“

Novellierungsanordnung 19, Im Paragraph 216, Absatz eins, wird die Wortfolge „einem Jahr“ durch die Wortfolge „zwei Jahren“ ersetzt.

Novellierungsanordnung 20, Im Paragraph 216, Absatz 2, wird das Wort „zwei“ durch das Wort „drei“ ersetzt.

Novellierungsanordnung 21, Im Paragraph 216, Absatz 3 und Absatz 4, wird jeweils die Wortfolge „bis zu drei“ durch die Wortfolge „von sechs Monaten bis zu fünf“ ersetzt.

Novellierungsanordnung 22, Im Paragraph 220 b, Absatz eins, wird nach dem Wort „Minderjähriger“ die Wortfolge „oder sonst intensive Kontakte mit Minderjährigen“ eingefügt.

Artikel 2

Änderung der Strafprozessordnung 1975

Die Strafprozessordnung 1975, Bundesgesetzblatt Nr. 631 aus 1975,, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 2 aus 2013,, wird wie folgt geändert:

Novellierungsanordnung 1, In Paragraph 66, Absatz 2, wird nach dem ersten Satz folgender Satz eingefügt:

„Opfern, die in ihrer sexuellen Integrität verletzt worden sein könnten und das vierzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet haben, ist jedenfalls psychosoziale Prozessbegleitung zu gewähren.“

Novellierungsanordnung 2, In Paragraph 514, wird nach dem Absatz 22, folgender Absatz 23, angefügt:

  1. Absatz 23Paragraph 66, Absatz 2, in der Fassung des Bundesgesetzes Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 116 aus 2013, tritt mit 1. Jänner 2014 in Kraft.“

Artikel 3
Umsetzung von Richtlinien der Europäischen Union

  1. Absatz einsArtikel 1 Ziffer 3,, 4, 12 bis 18 sowie 22 und Artikel 2 Ziffer eins, dieses Bundesgesetzes dienen der Umsetzung der Richtlinie 2011/93/EU zur Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs und der sexuellen Ausbeutung von Kindern sowie der Kinderpornografie sowie zur Ersetzung des Rahmenbeschlusses 2004/68/JI, ABl. Nr. L 335 vom 17.12.2011 S. 1, in der Fassung der Berichtigung ABl. Nr. L 18 vom 21.1.2012 S. 7.
  2. Absatz 2Artikel 1 Ziffer 5, dieses Bundesgesetzes dient der Umsetzung der Richtlinie 2011/36/EU zur Verhütung und Bekämpfung des Menschenhandels und zum Schutz seiner Opfer sowie zur Ersetzung des Rahmenbeschlusses 2002/629/JI, ABl. Nr. L 101 vom 15.4.2011 S. 1.

Artikel 4
Inkrafttreten

              Artikel eins, dieses Bundesgesetzes tritt mit 1. August 2013 in Kraft.

Fischer

Faymann