BUNDESGESETZBLATT
FÜR DIE REPUBLIK ÖSTERREICH

Jahrgang 2012

Ausgegeben am 16. Mai 2012

Teil I

44. Bundesgesetz:

Arzneibuchgesetz 2012 - ABG 2012

(NR: GP römisch XXIV RV 1678 AB 1761 S. 153. BR: AB 8725 S. 808.)

44. Bundesgesetz über das Arzneibuch (Arzneibuchgesetz 2012 - ABG 2012)

Der Nationalrat hat beschlossen:

Begriffsbestimmungen

Paragraph eins,

  1. Absatz einsDas Arzneibuch ist eine vom/von der Bundesminister/in für Gesundheit bekannt gemachte Sammlung anerkannter pharmazeutischer Regeln über die Definition, Herstellung, Qualität, Zusammensetzung, Dosierung, Bezeichnung, Lagerung, Abgabe und Prüfung von Arzneimitteln sowie über die Beschaffenheit von Behältnissen und Umhüllungen von Arzneimitteln.
  2. Absatz 2Das Arzneibuch besteht aus dem Europäischen Arzneibuch gemäß dem Übereinkommen über die Ausarbeitung eines Europäischen Arzneibuchs, Bundesgesetzblatt Nr. 181 aus 1979,, und dem Österreichischen Arzneibuch.

Verbindlicherklärung und Kundmachung

Paragraph 2,

  1. Absatz einsDer/Die Bundesminister/in für Gesundheit hat durch Verordnung die deutschsprachige Fassung des Europäischen Arzneibuchs als „Europäisches Arzneibuch, Amtliche Österreichische Ausgabe“ verbindlich zu erklären und durch Auflage beim Bundesministerium für Gesundheit und bei den Bezirksverwaltungsbehörden kundzumachen. Dabei ist eine unentgeltliche öffentliche Einsichtnahme sicherzustellen.
  2. Absatz 2Der/Die Bundesminister/in für Gesundheit hat diejenigen Regelungen des Österreichischen Arzneibuchs, welche durch das Europäische Arzneibuch, Amtliche Österreichische Ausgabe, nicht ersetzt werden, unter Bedachtnahme auf den jeweiligen Stand der Wissenschaft und unter Berücksichtigung der besonderen Erfordernisse Österreichs durch Verordnung als „Österreichisches Arzneibuch, Amtliche Ausgabe“ verbindlich zu erklären. Der/Die Bundesminister/in für Gesundheit wird ermächtigt, die Regelungen des Europäischen Arzneibuchs, Amtliche Österreichische Ausgabe, erforderlichenfalls durch zusätzliche Regelungen im Österreichischen Arzneibuch zu ergänzen.

Untersuchungen

Paragraph 3,

Die Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH, AGES, ist das zuständige Institut für fachliche Untersuchungen im Zusammenhang mit dem Arzneibuch. Sofern der AGES die Durchführung der Untersuchungen nicht möglich ist, können diese in anderen dafür geeigneten Einrichtungen vorgenommen werden.

Herstellung, Prüfung und Inverkehrbringen

Paragraph 4,

  1. Absatz einsArzneimittel sind nach den im Arzneibuch enthaltenen Regeln herzustellen, zu prüfen oder in Verkehr zu bringen. Dies gilt auch für die Beschaffenheit der im Arzneibuch angeführten Behältnisse oder Umhüllungen, sofern diese mit Arzneimitteln direkt in Berührung stehen.
  2. Absatz 2Bei der Prüfung können auch andere Methoden angewendet und andere Geräte benutzt werden, als sie im Arzneibuch beschrieben sind, sofern nach dem jeweiligen Stand der Wissenschaft gewährleistet ist, dass nachweislich die gleichen Ergebnisse wie mit den im Arzneibuch beschriebenen Methoden und Geräten erzielt werden. Bei der Herstellung dürfen nur dann andere Methoden angewendet werden, sofern eine Monographie des Arzneibuchs ein anderes Herstellungsverfahren ausdrücklich zulässt.
  3. Absatz 3Sofern das Arzneibuch keine Regeln über die Herstellung, Prüfung und das Inverkehrbringen von Arzneimitteln, Behältnissen oder Umhüllungen enthält, ist der jeweilige Stand der Wissenschaft einzuhalten.

Qualitäts- und Identitätsprüfungen

Paragraph 5,

  1. Absatz einsWer Arzneimittel oder die in Paragraph 4, Absatz eins, genannten Behältnisse oder Umhüllungen herstellt oder prüft, hat die im Arzneibuch vorgesehenen Qualitätsprüfungen entweder selbst durchzuführen oder
    1. Ziffer eins
      in Betrieben, die über eine entsprechende Bewilligung gemäß Paragraph 63, Absatz eins, Arzneimittelgesetz, Bundesgesetzblatt Nr. 185 aus 1983,, verfügen, oder
    2. Ziffer 2
      in Betrieben, die über eine entsprechende Bewilligung einer zuständigen Behörde einer anderen Vertragspartei des Europäischen Wirtschaftsraums verfügen, oder
    3. Ziffer 3
      in Apotheken
    durchführen zu lassen.
  2. Absatz 2Die Verpflichtung gemäß Absatz eins, besteht nicht, wenn bereits entsprechende Prüfzertifikate über die Durchführung der im Arzneibuch vorgesehenen Qualitätsprüfungen vorliegen.
  3. Absatz 3Wer Arzneimittel an Letztverbraucher/innen abgibt, hat die im Arzneibuch vorgesehenen Identitätsprüfungen durchzuführen. Eine Prüfung auf Identität ist auch dann vorzunehmen, wenn das Arzneibuch keine diesbezüglichen Angaben enthält. Bei der Abgabe von Arzneispezialitäten sind solche Identitätsprüfungen nicht erforderlich.
  4. Absatz 4Über die gemäß Absatz eins und 3 durchgeführten Prüfungen sind Aufzeichnungen in schriftlicher oder elektronischer Form zu führen, die mindestens folgende Angaben zu enthalten haben:
    1. Ziffer eins
      Datum des Probeneingangs sowie Datum des Beginns und der Beendigung der Prüfung,
    2. Ziffer 2
      Name des Arzneimittels oder des Behältnisses oder der Umhüllung,
    3. Ziffer 3
      gelieferte oder im Betrieb hergestellte Menge,
    4. Ziffer 4
      Name und Anschrift des Lieferanten,
    5. Ziffer 5
      Ergebnis einer visuellen Prüfung der Überverpackung und der Lieferung,
    6. Ziffer 6
      Chargennummer,
    7. Ziffer 7
      Art und Ergebnis der Prüfung und
    8. Ziffer 8
      Unterschrift des/der Prüfenden.
    Die Aufzeichnungen sind mindestens fünf Jahre gerechnet von der letzten datierten Unterschrift aufzubewahren. Die in elektronischer Form gespeicherten Daten müssen jederzeit in lesbarer Form verfügbar gemacht werden können.

Arzneibuchkommission

Paragraph 6,

  1. Absatz einsBeim Bundesministerium für Gesundheit wird eine Arzneibuchkommission eingerichtet. Die Arzneibuchkommission hat den/die Bundesminister/in für Gesundheit bei der Erfüllung der ihm/ihr gemäß den Paragraphen eins, und 2 obliegenden Aufgaben zu beraten.
  2. Absatz 2Der Arzneibuchkommission haben als Mitglieder anzugehören:
    1. Ziffer eins
      je ein/eine Vertreter/in der Fachgebiete
      1. Litera a
        Pharmazeutische Chemie,
      2. Litera b
        Pharmakognosie,
      3. Litera c
        Pharmakologie,
      4. Litera d
        Pharmazeutische Technologie,
      5. Litera e
        Hygiene und
      6. Litera f
        Veterinärmedizin;
    2. Ziffer 2
      drei fachkundige Bedienstete des Bundesministeriums für Gesundheit;
    3. Ziffer 3
      ein/eine Vertreter/in des Bundesministeriums für Landesverteidigung und Sport;
    4. Ziffer 4
      drei in Bezug auf Agenden der Arzneimittelsicherheit und -qualität fachkundige Bedienstete der AGES;
    5. Ziffer 5
      je zwei Vertreter/innen
      1. Litera a
        der Österreichischen Apothekerkammer und
      2. Litera b
        der Wirtschaftskammer Österreich;
    6. Ziffer 6
      je ein/eine Vertreter/in
      1. Litera a
        der Österreichischen Ärztekammer,
      2. Litera b
        der Österreichischen Zahnärztekammer,
      3. Litera c
        der Österreichischen Tierärztekammer,
      4. Litera d
        des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger,
      5. Litera e
        der Landwirtschaftskammer Österreichs,
      6. Litera f
        der Bundesarbeitskammer und
      7. Litera g
        des Österreichischen Gewerkschaftsbundes.
  3. Absatz 3Für jedes Mitglied ist ein/eine Stellvertreter/in zu bestellen. Die Mitglieder und deren Stellvertreter/innen sind vom/von der Bundesminister/in für Gesundheit für die Dauer von fünf Jahren zu bestellen. Hinsichtlich der in Absatz 2, Ziffer 3,, 5 und 6 genannten Vertreter/innen steht den betreffenden Institutionen das Vorschlagsrecht zu.
  4. Absatz 4Den Beratungen der Arzneibuchkommission können gegebenenfalls weitere Sachverständige beigezogen werden.
  5. Absatz 5Der/Die Bundesminister/in für Gesundheit hat für die im Absatz 3, genannte Zeit einen/eine Bediensteten/Bedienstete seines/ihres Ministeriums oder der AGES mit dem Vorsitz der Arzneibuchkommission zu betrauen.
  6. Absatz 6Die Beratungen der Arzneibuchkommission sind nach einer vom/von der Bundesminister/in für Gesundheit zu erlassenden Geschäftsordnung zu führen.
  7. Absatz 7Die Tätigkeit in der Arzneibuchkommission ist ehrenamtlich. Allfällige Reisekosten sind den Mitgliedern der Arzneibuchkommission oder deren Stellvertretern und den beigezogenen Sachverständigen nach der höchsten Gebührenstufe der Reisegebührenvorschrift 1955, Bundesgesetzblatt Nr. 133, zu ersetzen.

Strafbestimmungen

Paragraph 7,

  1. Absatz einsWer
    1. Ziffer eins
      Arzneimittel oder Behältnisse oder Umhüllungen entgegen den Anforderungen gemäß Paragraph 4, herstellt, prüft oder in Verkehr bringt, oder
    2. Ziffer 2
      die im Arzneibuch vorgesehenen Qualitätsprüfungen entgegen Paragraph 5, Absatz eins, nicht durchführt oder nicht durchführen lässt, oder
    3. Ziffer 3
      Arzneimittel entgegen Paragraph 5, Absatz 3, ohne Identitätsprüfung an Letztverbraucher/innen abgibt, oder
    4. Ziffer 4
      den Aufzeichnungspflichten gemäß Paragraph 5, Absatz 4, zuwiderhandelt,
    begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 3 600 Euro, im Wiederholungsfall mit einer Geldstrafe bis zu 7 200 Euro zu bestrafen.
  2. Absatz 2Der Versuch ist strafbar.

Schlussbestimmungen

Paragraph 8,

  1. Absatz einsSoweit dieses Bundesgesetz auf Bestimmungen anderer Bundesgesetze verweist, sind diese Bestimmungen in ihrer jeweils geltenden Fassung anzuwenden.
  2. Absatz 2Mit Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes tritt das Bundesgesetz vom 17. April 1980 über das Arzneibuch (Arzneibuchgesetz), Bundesgesetzblatt Nr. 195 aus 1980,, außer Kraft.

Paragraph 9,

Mit der Vollziehung dieses Bundesgesetzes ist der/die Bundesminister/in für Gesundheit betraut.

Fischer

Faymann