Bundesgesetz über eine Verhältnismäßigkeitsprüfung vor Erlassung neuer Berufsreglementierungen (Verhältnismäßigkeitsprüfungs-Gesetz – VPG)
Der Nationalrat hat beschlossen:
Ziel
§ 1.Paragraph eins,
Durch dieses Bundesgesetz wird die Richtlinie (EU) 2018/958 über eine Verhältnismäßigkeitsprüfung vor Erlass neuer Berufsreglementierungen, ABl. Nr. L 173 vom 9.7.2018 S 25, in österreichisches Recht umgesetzt.
Gegenstand und Anwendungsbereich
§ 2.Paragraph 2,
(1)Absatz einsDieses Bundesgesetz regelt die Durchführung von Verhältnismäßigkeitsprüfungen vor der Erlassung von Rechts- und Verwaltungsvorschriften des Bundes, die die Aufnahme oder Ausübung eines reglementierten Berufs im Geltungsbereich der Richtlinie 2005/36/EG über die Anerkennung von Berufsqualifikationen, ABl. Nr. L 255 vom 30.9.2005 S 22, in der Fassung der Richtlinie 2013/55/EU, ABl. Nr. L 345 vom 28.12.2013 S 132, oder einer bestimmten Art seiner Ausübung beschränken, einschließlich des Führens einer Berufsbezeichnung und der im Rahmen dieser Berufsbezeichnung erlaubten beruflichen Tätigkeiten.
(2)Absatz 2Ein reglementierter Beruf im Sinne dieses Bundesgesetzes ist eine berufliche Tätigkeit oder eine Gruppe beruflicher Tätigkeiten, bei der die Aufnahme oder Ausübung oder eine der Arten der Ausübung direkt oder indirekt durch Rechts- und Verwaltungsvorschriften an den Besitz bestimmter Berufsqualifikationen gebunden ist; eine Art der Ausübung ist insbesondere die Führung einer Berufsbezeichnung, die durch Rechts- oder Verwaltungsvorschriften auf Personen beschränkt ist, die über eine bestimmte Berufsqualifikation verfügen.
(3)Absatz 3Die Regelungen dieses Bundesgesetzes gelten nicht für die Durchführung von Verhältnismäßigkeitsprüfungen vor Erlassung von Rechts- und Verwaltungsvorschriften,
die den Zugang zu reglementierten Berufen oder deren Ausübung nicht beschränken, einschließlich redaktioneller Änderungen oder technischer Anpassungen des Inhalts von Ausbildungsgängen oder der Aktualisierung von Ausbildungsvorschriften;
die reglementierte Berufe betreffen, für die in einem gesonderten Rechtsakt der Europäischen Union spezifische Anforderungen an einen bestimmten Beruf festgelegt sind, soweit dieser Rechtsakt den Mitgliedstaaten keine Wahl der genauen Art und Weise der Umsetzung dieser Anforderungen lässt;
für die in einem gesonderten bundesgesetzlichen Rechtsakt die Richtlinie (EU) 2018/958 in innerstaatliches Recht umgesetzt ist.
Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und Nichtdiskriminierung
§ 3.Paragraph 3,
(1)Absatz einsNeu eingeführte oder geänderte Rechts- und Verwaltungsvorschriften gemäß § 2 Abs. 1 haben folgenden Grundsätzen zu entsprechen:Neu eingeführte oder geänderte Rechts- und Verwaltungsvorschriften gemäß Paragraph 2, Absatz eins, haben folgenden Grundsätzen zu entsprechen:
sie müssen für die Verwirklichung des angestrebten Ziels geeignet sein und nicht über das zur Erreichung dieses Ziels erforderliche Maß hinaus gehen (Grundsatz der Verhältnismäßigkeit);
sie dürfen in Bezug auf Berufsangehörige, die dem Recht der Europäischen Union unterliegen, weder eine direkte noch eine indirekte Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit oder des Wohnsitzes enthalten (Grundsatz der Nichtdiskriminierung).
(2)Absatz 2Zur Sicherstellung der Einhaltung dieser Grundsätze ist vor der Erlassung neuer oder geänderter Rechts- und Verwaltungsvorschriften gemäß § 2 Abs. 1 eine Verhältnismäßigkeitsprüfung nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes durchzuführen.Zur Sicherstellung der Einhaltung dieser Grundsätze ist vor der Erlassung neuer oder geänderter Rechts- und Verwaltungsvorschriften gemäß Paragraph 2, Absatz eins, eine Verhältnismäßigkeitsprüfung nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes durchzuführen.
Verpflichtete Organe
§ 4.Paragraph 4,
(1)Absatz einsDie Verhältnismäßigkeitsprüfung ist vom jeweils zuständigen Bundesminister, der jeweils zuständigen Bundesministerin oder der gegebenenfalls zuständigen Bundesregierung vor Erlassung einer Verordnung oder der Einbringung eines Gesetzesantrags in den Nationalrat durchzuführen. Wenn Gesetzesvorschläge von der Bundesregierung gemäß Art. 41 Abs. 1 B-VG als Regierungsvorlagen dem Nationalrat zur parlamentarischen Behandlung vorgelegt werden, hat das zuständige Organ die Verhältnismäßigkeitsprüfung bereits vor Einbringung in den Ministerrat durchzuführen. Die Verhältnismäßigkeitsprüfung ist vom jeweils zuständigen Bundesminister, der jeweils zuständigen Bundesministerin oder der gegebenenfalls zuständigen Bundesregierung vor Erlassung einer Verordnung oder der Einbringung eines Gesetzesantrags in den Nationalrat durchzuführen. Wenn Gesetzesvorschläge von der Bundesregierung gemäß Artikel 41, Absatz eins, B-VG als Regierungsvorlagen dem Nationalrat zur parlamentarischen Behandlung vorgelegt werden, hat das zuständige Organ die Verhältnismäßigkeitsprüfung bereits vor Einbringung in den Ministerrat durchzuführen.
(2)Absatz 2Sind andere Organe als der Nationalrat, eine Bundesministerin, ein Bundesminister oder die Bundesregierung ermächtigt, Rechts- und Verwaltungsvorschriften gemäß § 2 Abs. 1 zu erlassen, so obliegt ihnen die Durchführung der Verhältnismäßigkeitsprüfung.Sind andere Organe als der Nationalrat, eine Bundesministerin, ein Bundesminister oder die Bundesregierung ermächtigt, Rechts- und Verwaltungsvorschriften gemäß Paragraph 2, Absatz eins, zu erlassen, so obliegt ihnen die Durchführung der Verhältnismäßigkeitsprüfung.
Anforderungen an die Verhältnismäßigkeitsprüfung
§ 5.Paragraph 5,
(1)Absatz einsDer Umfang der Verhältnismäßigkeitsprüfung gemäß § 3 Abs. 2 muss im Verhältnis zu der Art, dem Inhalt und den Auswirkungen der neuen bzw. geänderten Vorschrift stehen.Der Umfang der Verhältnismäßigkeitsprüfung gemäß Paragraph 3, Absatz 2, muss im Verhältnis zu der Art, dem Inhalt und den Auswirkungen der neuen bzw. geänderten Vorschrift stehen.
(2)Absatz 2Jede Vorschrift im Sinne des § 2 Abs. 1 ist so ausführlich zu erläutern, dass eine Bewertung der Übereinstimmung mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ermöglicht wird.Jede Vorschrift im Sinne des Paragraph 2, Absatz eins, ist so ausführlich zu erläutern, dass eine Bewertung der Übereinstimmung mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ermöglicht wird.
(3)Absatz 3Die Gründe für die Beurteilung einer Vorschrift im Sinne des § 2 Abs. 1 als gerechtfertigt und verhältnismäßig müssen durch qualitative und, soweit möglich und relevant, quantitative Elemente substantiiert werden.Die Gründe für die Beurteilung einer Vorschrift im Sinne des Paragraph 2, Absatz eins, als gerechtfertigt und verhältnismäßig müssen durch qualitative und, soweit möglich und relevant, quantitative Elemente substantiiert werden.
(4)Absatz 4Bei der Durchführung der Verhältnismäßigkeitsprüfung ist auf Relevanz, auf inhaltliche Konsistenz, auf Verständlichkeit, auf Nachvollziehbarkeit, auf Vergleichbarkeit und auf Überprüfbarkeit zu achten.
Inhalt der Verhältnismäßigkeitsprüfung
§ 6.Paragraph 6,
(1)Absatz einsIm Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung gemäß § 3 Abs. 2 sind insbesondere folgende Inhalte zu prüfen:Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung gemäß Paragraph 3, Absatz 2, sind insbesondere folgende Inhalte zu prüfen:
Rechtfertigung durch Ziele des Allgemeininteresses, die konkreten Risiken entgegenwirken sollen;
Geeignetheit und Angemessenheit der Regelung;
Verhältnismäßigkeit der Regelung unter Berücksichtigung gelinderer Mittel;
Verhältnis zu bestehenden Vorschriften und kombinatorische Effekte insbesondere in Bezug auf bestimmte berufsrechtliche Anforderungen;
Auswirkungen auf den freien Personen- und Dienstleistungsverkehr, die Wahlmöglichkeit für Verbraucher und die Qualität der Dienstleistung;
berufsspezifische Zusammenhänge zwischen der beruflichen Tätigkeit und der Berufsqualifikation;
spezifische Anforderungen an die vorübergehende Erbringung von Dienstleistungen;
Nichtdiskriminierung im Sinne des § 3 Abs. 1 Z 2.Nichtdiskriminierung im Sinne des Paragraph 3, Absatz eins, Ziffer 2,
(2)Absatz 2Die Verhältnismäßigkeitsprüfung ist unter Berücksichtigung der in § 5 festgelegten Anforderungen nach dem in der Anlage angeführten Prüfschema durchzuführen.Die Verhältnismäßigkeitsprüfung ist unter Berücksichtigung der in Paragraph 5, festgelegten Anforderungen nach dem in der Anlage angeführten Prüfschema durchzuführen.
Information und Befassung der Interessenträger
§ 7.Paragraph 7,
Die verpflichteten Organe im Sinne des § 4 haben die Verhältnismäßigkeitsprüfung gemäß § 6 einschließlich des Entwurfs und der Erläuterungen einer Rechts- und Verwaltungsvorschrift gemäß § 2 Abs. 1 vor deren Erlassung einem allgemeinen Begutachtungsverfahren zu unterziehen. Im Rahmen des Begutachtungsverfahrens sind die Bürger, Dienstleistungsempfänger und andere einschlägige Interessenträger, einschließlich jener, die keine Angehörigen des betroffenen Berufs sind, zu informieren, und es ist ihnen die Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Die verpflichteten Organe im Sinne des Paragraph 4, haben die Verhältnismäßigkeitsprüfung gemäß Paragraph 6, einschließlich des Entwurfs und der Erläuterungen einer Rechts- und Verwaltungsvorschrift gemäß Paragraph 2, Absatz eins, vor deren Erlassung einem allgemeinen Begutachtungsverfahren zu unterziehen. Im Rahmen des Begutachtungsverfahrens sind die Bürger, Dienstleistungsempfänger und andere einschlägige Interessenträger, einschließlich jener, die keine Angehörigen des betroffenen Berufs sind, zu informieren, und es ist ihnen die Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.
Überwachung
§ 8.Paragraph 8,
(1)Absatz einsNach der Erlassung von Vorschriften gemäß § 2 Abs. 1 haben die verpflichteten Organe im Sinne des § 4 deren Übereinstimmung mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im Sinne des § 3 Abs. 1 Z 1 zu überwachen sowie Entwicklungen, die nach der Erlassung der betreffenden Vorschriften eingetreten sind, Rechnung zu tragen.Nach der Erlassung von Vorschriften gemäß Paragraph 2, Absatz eins, haben die verpflichteten Organe im Sinne des Paragraph 4, deren Übereinstimmung mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im Sinne des Paragraph 3, Absatz eins, Ziffer eins, zu überwachen sowie Entwicklungen, die nach der Erlassung der betreffenden Vorschriften eingetreten sind, Rechnung zu tragen.
(2)Absatz 2Bei der Überwachung gemäß Abs. 1 ist auf Relevanz, auf inhaltliche Konsistenz, auf Verständlichkeit, auf Nachvollziehbarkeit, auf Vergleichbarkeit und auf Überprüfbarkeit zu achten.Bei der Überwachung gemäß Absatz eins, ist auf Relevanz, auf inhaltliche Konsistenz, auf Verständlichkeit, auf Nachvollziehbarkeit, auf Vergleichbarkeit und auf Überprüfbarkeit zu achten.
Vollziehung
§ 9.Paragraph 9,
Mit der Vollziehung dieses Bundesgesetzes ist der oder die nach dem Bundesministeriengesetz 1986, BGBl. Nr. 76/1986, in der jeweils geltenden Fassung, jeweils zuständige Bundesminister oder jeweils zuständige Bundesministerin oder gegebenenfalls die Bundesregierung betraut. Mit der Vollziehung dieses Bundesgesetzes ist der oder die nach dem Bundesministeriengesetz 1986, Bundesgesetzblatt Nr. 76 aus 1986,, in der jeweils geltenden Fassung, jeweils zuständige Bundesminister oder jeweils zuständige Bundesministerin oder gegebenenfalls die Bundesregierung betraut.
Inkrafttreten
§ 10.Paragraph 10,
Dieses Bundesgesetz tritt mit Ablauf des Tages der Kundmachung im Bundesgesetzblatt in Kraft.