Gericht

Asylgerichtshof

Entscheidungsdatum

01.10.2013

Geschäftszahl

D3 405613-1/2009

Spruch

D3 405613-1/2009/22E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Dr. KUZMINSKI als Vorsitzenden und die Richterin MMag. Dr. SCHNEIDER als Beisitzerin über die Beschwerde des römisch 40 , StA. Nigeria, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 16.03.2009, Zl. 09 02.883-BAT, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 30.04.2013 zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß Paragraphen 3,, 8 Absatz eins und 10 Absatz eins, Ziffer eins, AsylG 2005 i.d.g.F. als unbegründet abgewiesen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Beschwerdeführer, ein Staatsbürger von Nigeria und Angehöriger der Volksgruppe der Ibo sowie der römisch-katholischen Religion, gelangte am 08.03.2009 unter Umgehung der Grenzkontrolle nach Österreich und stellte noch am gleichen Tag einen Antrag auf internationalen Schutz. Am 09.03.2009 wurde er vom Bundesasylamt, Erstaufnahmestelle Ost, erstmals einvernommen. Dabei gab er zu seinen Fluchtgründen an, dass sein Vater Chef eines Kultes gewesen sei und als dieser verstorben sei, hätten die Mitglieder des Kultes gewollt, dass er seine Stellung übernehme. Bevor er dies tun könne, müsse er jedoch ein Kind opfern. Da seine Mutter und er jedoch römisch-katholisch seien, hätten sie das nicht gewollt. Daraufhin hätten ihn die Mitglieder umbringen wollen, weil er sich geweigert habe, die Stellung seines Vaters zu übernehmen. Deswegen sei er geflüchtet.

Nach Zulassung zum Asylverfahren wurde er am 13.03.2009 vom Bundesasylamt, Außenstelle Traiskirchen, ergänzend einvernommen. Er gab dabei einleitend an, dass seine Geburtsurkunde bei seiner Mutter sei. Er sei ledig, nigerianischer Staatsbürger, gehöre der Volksgruppe Ibo an und sei römisch-katholisch. An Familienangehörigen habe er nur seine Mutter, sie sei noch am Leben. Er sei der einzige Sohn. Außer sechs Jahren Grundschule habe er keine Ausbildung erhalten; er habe seinem Vater auf den Feldern geholfen, dieser sei nunmehr verstorben. Er habe im römisch 40 , im römisch 40 gelebt, und zwar die ganze Zeit bis zu seiner Ausreise. Im Zuge der Ausreise sei er ca. eine Stunde zu Fuß in den römisch 40 gegangen, und zwar in das Dorf römisch 40 , wo seine Mutter geboren sei. Er sei mit seiner Mutter in deren Heimatdorf gegangen, am nächsten Tag jedoch schon mit einem öffentlichen Motorrad alleine weiter nach römisch 40 gefahren. Mit einem öffentlichen Bus sei er dann weiter nach Lagos gefahren. Dort begegnete er einer Frau, deren Auto er angeschoben habe. Daraufhin habe er ihr sein Problem geschildert und sei sie ihm bei der Ausreise behilflich gewesen. Sie habe ihm einen Afrikaner vermittelt, der ihn zum Containerhafen gebracht habe und in einem Schiffscontainer versteckt habe.

Über Vorhalt, dass er bei der Ersteinvernahme angegeben habe nach römisch 40 mit dem Bus gefahren zu sein und nunmehr angab es wäre zu Fuß gewesen, gab er an, dass er mit dem Bus lediglich von römisch 40 nach römisch 40 gefahren sei.

Über Vorhalt angegeben zu haben mit dem Motorrad von römisch 40 nach römisch 40 gefahren zu sein, gab er an, dass er das nicht richtig verstanden habe.

Zu den Fluchtgründen führte er aus, dass sein Vater ein Hohepriester eines Orakels gewesen und am 05.01.2009 gestorben sei. Normalerweise werde dann nach einem Monat über seinen Nachfolger beraten. Dies geschehe nach dem Begräbnis. Nach einem großen Treffen hätten die Dorfbewohner beschlossen, dass er die Stelle seines Vaters einnehmen müsse. Er habe sich jedoch geweigert, weil er christlich sei. Er wisse auch, dass dieses Orakel Menschenopfer darbringe. Am 06.02.2009 sei eine Frau zu ihnen gekommen und habe seiner Mutter geraten ihn aus dem Dorf wegzubringen. Es habe sich um eine Freundin der Familie gehandelt, er habe sie römisch 40 genannt. Auf die Frage, wie viele Christen es im Dorf gäbe, gab er an, dass die meisten Christen Frauen seien. Nach dem Glauben der Männer gefragt, gab er an, dass die meisten Männer beim Orakel seien, aber es würden nicht so viele zum Orakel gehen. Sein Problem bestehe darin, dass er als Opfergabe dargebracht würde, wenn er nicht die Stelle seines Vaters einnehme. Der Kult heiße römisch 40 . Danach gefragt, was er über diesen Kult wisse, gab er an, dass er, bevor er Christ geworden sei, oft mit seinem Vater beim römisch 40 gewesen sei und dass er sich sicher sei, dass sie Menschenopfer darbringen. Gefragt, ob er jemals bei einem solchen Menschenopfer dabei gewesen sei, bejahte er diese Frage. Das Datum wisse er jedoch nicht, es sei etwa um 2000 gewesen. Auf die Frage, was geopfert worden sei, gab er an, dass er nicht genau hingesehen habe, das Opfer sei in der Nacht dargebracht worden. Er hätte das Opfer auch nicht gekannt, die meisten Opfer seien nämlich nicht aus ihrem Dorf, sondern aus einem Nachbardorf, nämlich aus dem Dorf römisch 40 . Auf die Frage, ob die anderen Dörfer sich das einfach gefallen lassen würden, gab er an, dass sie dies nicht wissen würden, wenn jemand verschwinde.

Er sei als Christ ausgegrenzt worden. Auf die Frage, warum man ihn als Nachfolger seines Vaters gewollt habe, wenn er ausgegrenzt worden sei, gab er an, dass dies deswegen sei, weil sein Vater ein Hohepriester gewesen sei und der Nachfolger aus der Familie kommen würde. Nunmehr würden die Dorfbewohner solange warten bis er sterbe, bevor sie einen Nachfolger bestellen würden. Auf die Frage, dass die Dorfbewohner jetzt "führerlos" wären, gab er an, dass sie das nicht so schnell machen würden. Er könne nur sagen, dass die Kultangehörigen keinen Respekt vor Menschenleben hätten und römisch 40 ein sehr schlechter Kult sei.

Er sei 2001 Christ geworden. Man habe ihn zuerst getauft, dann wurden ihm einige Fragen zum Christentum gestellt. Auf die Frage, wo sich der Schrein des römisch 40 befinde, gab er an, dass dieser neben einem Fluss in der Umgebung von römisch 40 sei. Auf die Frage, ob dieser Kult in Nigeria erlaubt sei, gab er an, dass die Polizei nie zu ihnen gekommen sei.

Auf die Frage, ob er in einem anderen Teil Nigerias hätte leben können, gab er an, dass sie ihn überall finden könnten. Er sei sogar Leuten aus seinem Dorf in Lagos am Autobusbahnhof begegnet. Diese seien dort Straßenverkäufer gewesen. Sein Vater habe römisch 40 geheißen.

Über Vorhalt, dass dies ein christlicher Name sei, gab er an, dass er die Stelle von seinem Großvater übernommen habe. Auf die Frage, was die Aufgaben seines Vaters gewesen seien, gab er an, dass er Hohepriester gewesen sei und die Botschaft des Orakels verkündet habe. Auf die Frage, woran sein Vater gestorben sei, gab er an, dass er zwei Tage schwer krank gewesen sei, Näheres wisse er nicht.

Auf die Frage, wie die Zeremonie beim Kult ablaufe, gab er an, dass im August die Hauptzeremonie für römisch 40 sei, es gäbe Masken, es werde gegessen und getrunken, der Dorfvorsteher werde immer eingeladen, es sei eine der größten Feiern des Dorfes. Der Hohepriester trage einen langen Stab, er verkleide sich mit einigen Sachen, wie Glocken und tanze herum. Die Leute würden solange auf das Essen warten, bis mein Vater sage, dass römisch 40 glücklich sei und dass sie jetzt feiern könnten. Bevor er Hohepriester werde, müsse er in einer Zeremonie auch ein Menschenopfer darbringen.

Bei einer Rückkehr in den Herkunftsstaat fürchte er um sein Leben.

In Österreich gehe er keiner Beschäftigung nach und lebe von der Bundesbetreuung. Er habe auch in Österreich keine Verwandten oder sonstige Kontakte. Er besuche auch keine Schule oder Universität und sei auch in keinen Vereinen Mitglied. Er habe jedoch im Lager einen Deutschkurs besucht.

Mit Bescheid des Bundesasylamtes, Außenstelle Traiskirchen, vom 16.03.2009, Zl. 09 02.883-BAT, wurde unter Spruchteil römisch eins. der Antrag auf internationalen Schutz vom 08.03.2009 bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gem. Paragraph 3, Absatz eins, AsylG abgewiesen, unter Spruchteil römisch II. gem. Paragraph 8, Absatz eins, leg.cit. dieser Antrag auch bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Nigeria abgewiesen und unter Spruchteil römisch III. gem. Paragraph 10, Absatz eins, leg.cit. der Antragsteller aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Nigeria ausgewiesen.

In der Begründung des Bescheides wurden die oben bereits im wesentlichen Inhalt wiedergegebenen Einvernahmen dargestellt und anschließend Feststellungen zu Nigeria getroffen. In der Folge wurde beweiswürdigend ausgeführt, dass das Vorbringen nicht glaubwürdig gewesen sei, dass der Antragsteller nur sehr allgemeine Angaben gemacht habe, beispielsweise zu den erwähnten Menschenopfern, obwohl er behauptet habe, bei solchen dabei gewesen zu sein. Auch hinsichtlich der Flucht habe er widersprüchliche Angaben gemacht. Zu den angeblichen Verfolgungshandlungen von Dorfbewohnern habe er überhaupt nichts aussagen können. Unstimmig sei auch der Umstand gewesen, dass es ihm möglich gewesen sei den christlichen Glauben anzunehmen, obwohl sein Vater ein Hohepriester gewesen sei; auch aus den Vornamen der Eltern sei deutlich erkennbar, dass diese christliche Namen gehabt hätten.

Rechtlich begründend wurde insbesondere ausgeführt, dass der Antragsteller eine wohlbegründete Furcht vor Verfolgung im Sinne der GFK in keinster Weise glaubhaft gemacht habe. Auch hätte er selbst im Falle einer tatsächlichen Verfolgung durch Dorfbewohner die Möglichkeit einer innerstaatlichen Fluchtalternative gehabt und beispielsweise in einer der Großstädte Nigerias unterkommen können.

Zu Spruchteil römisch II. wurde insbesondere dargelegt, dass den Angaben des Antragstellers keine Gefährdung seiner Person habe entnommen werden können und eine aktuelle Bedrohung auch aus der allgemeinen Situation im Herkunftsland nicht zu entnehmen gewesen sei. Sonstige Abschiebungshindernisse, wie etwa das Vorliegen einer lebensbedrohlichen Erkrankung, habe der Antragsteller nicht behauptet und lägen dafür auch keine Anhaltspunkte vor. Die Behörde sei daher zu der Ansicht gelangt, dass keine stichhaltigen Gründe für die Annahme bestünden, dass der Antragsteller im Falle einer Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung Gefahr liefe, in der Russischen Föderation einer unmenschlichen Behandlung, oder Strafe, oder der Todesstrafe unterworfen zu werden.

Zu Spruchteil römisch III. wurde insbesondere dargelegt, dass der Antragsteller in Österreich keine Verwandten oder Bekannten habe und dass er hier von der Bundesbetreuung lebe, keine Schulen oder sonstigen Bildungseinrichtungen besuche und auch sonst keine Bindungen zu Österreich habe, sondern lediglich einen Deutschkurs besuchen würde. Er würde sich erst sehr kurze Zeit in Österreich befinden. Es seien keine Anhaltspunkte dafür aufgetreten, die die Vermutung einer besonderen Integration in Österreich rechtfertigen würden. Es sei daher aufgrund der Gesamtabwägung der Interessen unter Beachtung aller bekannten Umstände festzustellen gewesen, dass die Ausweisung zur Erreichung der in Artikel 8, Absatz 2, EMRK genannten Ziele gerechtfertigt sei.

Gegen diesen Bescheid erhob der Antragsteller fristgerecht gegen alle drei Spruchteile Beschwerde an den Asylgerichtshof. Die Beweiswürdigung wurde kritisiert und den Feststellungen, dass er nichts über angebliche Menschenopfer habe sagen können, entgegengehalten, dass er seinen Vater nur lediglich bis zum Alter von zehn Jahren zu solchen begleitet habe und das nicht mehr so genau wiedergeben könne. Wenn die Behörde Zweifel an der Richtigkeit gehegt hätte, hätte sie ihn ergänzend befragen müssen. Sein Vater sei auch christlich getauft worden und sei trotzdem zum Hohepriester initiiert worden. Die Behörde habe hinsichtlich des Fehlens eines Fluchtgrundes mit europäischen Denkmustern argumentiert. Außerdem stehe ihm keine innerstaatliche Fluchtalternative offen und könnte er überall von römisch 40 gefunden und verschleppt werden. Schließlich bestünde eine hohe Verhaftungswahrscheinlichkeit im Falle seiner Abschiebung und seien die Bedingungen in der Haft katastrophal. Es wurde ausdrücklich die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt, da die erstinstanzliche Beweiswürdigung substantiiert bekämpft worden sei und der Sachverhalt überdies ergänzungsbedürftig sei. Der Beschwerde wurde eine ACCORD-Anfragebeantwortung zu Geheimgesellschaften angeschlossen.

Das gegenständliche Asylverfahren wurde mangels ladungsfähiger Anschrift mit Aktenvermerk des Asylgerichtshofes vom 30.06.2009 eingestellt, nach Bekanntgabe einer Zustelladresse mit Aktenvermerk vom 02.09.2009 jedoch fortgesetzt. Seitens des Bundesasylamtes wurde mit Schreiben vom 16.10.2009 mitgeteilt, dass der Beschwerdeführer mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen römisch 40 gem. Paragraph 27, Absatz 3, SMG zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten, davon sechs Monate bedingt auf drei Jahre, verurteilt wurde. Der Beschwerdeführer legte im Wege des Bundesasylamtes, Außenstelle Wien, eine Vollmacht an den römisch 40 vor.

Mit Schreiben vom 30.03.2011 und 05.04.2011 wurde dem Beschwerdeführer das Parteiengehör hinsichtlich länderkundlicher Dokumente zu Nigeria eingeräumt. Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen römisch 40 , erfolgte eine Verurteilung gem. Paragraphen 15,, 269 Absatz eins und 83 Absatz eins, StGB zu einer Freiheitsstrafe von zehn Monaten, bedingt auf drei Jahre.

Mit 02.01.2013 wurde der gegenständliche Verfahrensakt dem nunmehr zuständigen Richtersenat zugeteilt. Dieser beraumte für den 30.04.2013 eine öffentliche mündliche Beschwerdeverhandlung an, die dem Beschwerdeführer zuhanden des römisch 40 nicht zugestellt werden konnte, weil die Ladung nicht behoben wurde; eine Zustellung unter der im Zentralmelderegister aufscheinenden Anschrift war jedoch möglich und ist der Beschwerdeführer zu dieser Verhandlung auch (ohne seine ausgewiesene Vertretung) erschienen, während das Bundesasylamt sich für die Nichtteilnahme entschuldigen ließ. Der Beschwerdeführer legte keine weiteren Dokumente vor und hielt sein bisheriges Vorbringen aufrecht und brachte auch keine Ergänzungen oder Korrekturen vor. Die Vollmacht zu römisch 40 wurde gekündigt.

Er sei Ibo und römisch-katholisch und am römisch 40 , geboren. Mit 16 Jahren habe ihn seine Mutter in die Kirche mitgenommen, er habe die Bibel lesen wollen und sei zu diesem Zweck in die Schule gegangen, vorher habe er nicht die Schule besucht. Seine Mutter habe ihm gesagt, dass er am römisch 40 geboren sei, ein diesbezügliches Dokument habe er jedoch nicht. Sein richtiger Name sei römisch 40 , er sei in römisch 40 aufgewachsen und habe dort auch bis zu seiner Flucht gelebt. Er habe mit 16 Jahren die Schule begonnen und vier Jahre lang die Schule besucht; über Vorhalt, dass sich das bei einem Geburtsjahrgang römisch 40 mit der Ausreise im Jahre 2009 nicht ausgehe, gab er an, dass er sich nicht genau erinnern könne.

Seine Familie habe eine Landwirtschaft betrieben, sie hätten Cassava, Yam und Reis angebaut. Er habe sich in Nigeria nicht politisch betätigt. Sein Vater sei ein Anhänger der traditionellen Religion, seine Mutter hingegen römisch-katholisch gewesen. Er wisse nicht, ob seine Mutter von Geburt an Christin gewesen sei, seine Mutter heiße römisch 40 und sein Vater römisch 40 . Er habe keine Geschwister.

Über Vorhalt, dass auch sein Vater einen christlichen Vornamen trage, gab er an, dass seine Mutter ihm erzählt habe, dass sein Vater früher auch die Kirche besucht habe, er sei jedoch nach dem Tode seines Vaters aus der Kirche ausgetreten, da ihn die Dorfgemeinschaft gezwungen habe, die Rolle seines Vaters zu übernehmen. Befragt, ob sein Vater eine religiöse Funktion gehabe habe, gab der Beschwerdeführer an, dass er dies nicht wisse; gefragt, welche Rolle sein Vater gezwungenermaßen übernehmen habe müssen, gab er an, die Rolle eines Priesters. Nach seinen Aufgaben befragt, gab er lediglich an, dass er ein Priester des römisch 40 gewesen sei. Gefragt, ob es einen bestimmten Schrein oder ein bestimmtes Orakel gegeben habe, wo sein Vater Priester gewesen sei, bejahte der Beschwerdeführer die Frage; über nähere Nachfrage, ob er dieses namentlich bezeichnen könne, gab er an, dass der Ort, wo sich der Schrein befinde, römisch 40 , in der Nähe des Flusses römisch 40 , gewesen sei.

Über nähere Nachfrage, ob er den Schrein näher beschreiben könne, gab er an, dass sich der Schrein in seinem Heimatort römisch 40 , in der Mitte des Dorfes befinde und aus drei verschiedenen kleinen Häuschen aus Lehm, welche ein Dach aus Gras aufweisen würden, bestehe. In diesen Häusern würden sich auch Köpfe von Toten, welche aus Holz gebaut seien, befinden. Einmal im Jahr müssten die Dorfbewohner eine Zeremonie machen; dabei sei ein Mensch für dieses Orakel zu opfern, es müsse eine Jungfrau, entweder männlich oder weiblich, geopfert werden; diese werde vom Orakel ausgewählt. Nachgefragt, wer oder was das Orakel sei, gab der Beschwerdeführer an, dass dies der Gott des Dorfes sei und dass dieser durch seinen Vater als Priester gesprochen habe. Auf die Frage, wie diese Person getötet wurde, gab der Beschwerdeführer an, dass die Person meistens von einem Nachbarort gebracht werde und mit einer Schnur an einen Baum gebunden werde und sein Vater jene Person gewesen sei, welche dieses Opfer mit einem Messer getötet habe. Als er noch klein war, sei er mit seinem Vater zu solchen Opfern gegangen und habe seine Tasche getragen. Sein Vater habe jährlich ein Menschenopfer dargebracht. Die Polizei habe nichts davon gewusst.

Auf die Frage, wenn jährlich Menschen aus dem Nachbarort entführt und ermordet worden seien, um für den Heimatort des Beschwerdeführers geopfert zu werden, ob nie die Polizei eingeschaltet worden sei und sich auch die Personen aus dem Nachbarort dagegen nicht gewehrt hätten, gab der Beschwerdeführer an, dass die Opfer in der Nacht entführt worden seien und die Angehörigen nicht gewusst hätten, wo die Opfer hingebracht worden seien und dass die Nachbardörfer Angst wegen des Orakels gehabt hätten. Der Beschwerdeführer gab auf die Frage der beisitzenden Richterin, wie lang sein Vater Hohepriester gewesen sei, lediglich an, dass er schon Hohepriester gewesen sei, als er geboren worden sei; auf die weitere Frage, ob dieses Amt immer an den Sohn weitergegeben werde, bejahte der Beschwerdeführer und gab an, dass nur, wenn es keinen männlichen Nachkommen gäbe, dieses an eine andere Familie gehe.

Über Vorhalt, dass er beim Bundesasylamt (AS. 59) gesagt habe, dass sich die Dorfbewohner einen Monat lang über die Nachfolge beraten hätten, was keinen Sinn mache, wenn diese schon geklärt wäre, gab er an, dass für den Fall, dass der männliche Nachfolger sich weigere die Rolle anzunehmen, die Dorfbewohner vier Wochen brauchen würden, um einen Nachfolger zu bestimmen. Im Falle der Verweigerung der Übernahme der Rolle würde diese Person dann getötet werden.

Auf die Frage, was für ein Gott römisch 40 sei, gab der Beschwerdeführer an, dass römisch 40 als Gott angesehen werde.

Auf die Frage, wann und unter welchen Umständen sein Vater gestorben sei, gab der Beschwerdeführer an, dass er am 05.01.2009 gestorben sei. Er sei am Abend schlafen gegangen und in der Früh nicht mehr aufgewacht. Die Beerdigung erfolge erst nach vier Wochen. Auf die Frage, wie das im Falle seines Vaters konkret gewesen sei, gab er an, dass am 06.02.2009 eine Freundin seiner Mutter zu dieser gekommen sei und ihr erzählt habe, dass die Dorfältesten besprochen hätten, dass der Beschwerdeführer mehrmals vorgeladen worden sei, um die Rolle des Priesters zu übernehmen, aber kein Interesse gezeigt habe und dass sie raten würde, aus dem Dorf wegzulaufen.

Auf die Frage, ob der Beschwerdeführer konkret von dem Dorfältesten gefragt worden sei, ob er die Rolle des Priesters übernehmen wolle, gab der Beschwerdeführer an, dass, als seine Mutter begonnen habe mit ihm in die Kirche zu gehen, sein Vater nicht mehr das gegessen habe, was seine Mutter gekocht habe und habe ihm dann seine Mutter erzählt, dass, wenn sein Vater nicht mehr am Leben sei, die Dorfbewohner ihn zwingen würden seine Rolle zu übernehmen. Nach dem Tod seines Vaters habe ihn der Dorfälteste mehrmals vorgeladen, er sei jedoch nicht hingegangen, weil er gewusst habe, worum es gehe. Er sei insgesamt drei- bis viermal vorgeladen worden. Vier Wochen nach seinem Tod sei sein Vater beerdigt worden, einen Tag später sei er vorgeladen worden und dann wiederum täglich.

Über Vorhalt der beisitzenden Richterin, dass der Beschwerdeführer nunmehr angegeben habe, dass sein Vater in der Nacht überraschend verstorben sei, beim Bundesasylamt (AS. 63) jedoch gesagt habe, dass er zwei Tage schwer krank gewesen sei, gab der Beschwerdeführer an, dass sie vor dem Tod jeden Tag zusammengesessen wären und gesprochen hätten. An einem Abend sei er dann ins Bett gegangen und nicht mehr aufgewacht. Auf die weitere Frage, wie oft er bei Menschenopfern dabei gewesen sei, gab er an, dass er sich nicht mehr genau erinnern könne, aber mindestens fünfmal.

Über Vorhalt, dass der Antragsteller bei der Erstaufnahmestelle Ost am 09.03.2009 (AS. 31) angegeben habe, dass er ein Kind hätte opfern sollen, während er beim Bundesasylamt, Außenstelle Traiskirchen, (AS. 59), vorgebracht habe, dass er selbst geopfert werden solle, gab er an, dass, wenn er die Rolle seines Vaters übernommen hätte, er in diesem Jahr eine Person für den Schrein hätte opfern müssen. Nachdem er sich geweigert hätte, hätten ihn die Dorfbewohner geopfert.

Auf die Frage, ob er formell die Übernahme des Amtes des Hohepriesters verweigert habe, gab er an, nachdem er nicht hingegangen sei, die Dorfbewohner wissen würden, dass er kein Interesse an dieser Funktion habe. Er habe am 06.02.2009, einen Tag nach der Beerdigung, das Dorf verlassen, und zwar sei er gemeinsam mit seiner Mutter zu Fuß zum Heimatdorf seiner Mutter gegangen, dort hätten sie einen Tag übernachtet. Am nächsten Tag sei er mit seiner Mutter mit dem öffentlichen Bus nach römisch 40 gefahren. Er habe dort Leute aus seinem Dorf gesehen und sei freudig zu ihnen gelaufen, um sie zu grüßen. Sie hätten ihn aber ignoriert. Nachdem die Leute aus seinem Heimatdorf ihm nicht geholfen hätten, sei er dann mit dem Bus nach Lagos gefahren. Seine Mutter sei jedoch in ihrem Heimatort römisch 40 verblieben. Dieser Ort sei zu Fuß nur 15 Minuten von seinem Heimatdorf entfernt, obwohl römisch 40 in einem anderen Bundesstaat liege. Für die Reise habe er nichts bezahlt.

Seit er in Österreich sei, habe er keine Möglichkeit gehabt, mit seiner Mutter Kontakt aufzunehmen, weil sie kein Telefon habe. Er wisse auch nicht, ob seine Mutter noch am Leben sei. Zu weiteren Verwandten habe er auch keinen Kontakt.

In Österreich wohne er bei seiner Freundin römisch 40 , welche ein Restaurant namens römisch 40 betreibe und helfe ihr. Sie sei schon seit 1998 österreichische Staatsbürgerin, weil sie einmal mit einem Österreicher verheiratet gewesen sei. Außerdem sei sie auch einmal mit einem Nigerianer verheiratet gewesen. Sie sei schon 1994 eingereist. Eine Beschäftigungsbewilligung sei beim AMS abgelehnt worden. Er habe keine Kinder in Österreich, seine Freundin sei derzeit auch nicht schwanger. Er habe keine gesundheitlichen oder psychischen Probleme. Als er bei römisch 40 angemeldet gewesen sei, sei er auf der Warteliste eines Deutschkurses gewesen. Er habe aber bisher keine Deutschkurse und auch keine sonstigen Kurse besucht. Er sei auch nicht bei irgendwelchen Vereinen oder Institutionen Mitglied.

Wenn er nach Nigeria zurückkehren würde, habe er Angst, dass er von den Dorfbewohnern getötet würde. Er möchte sich hier eine Existenz aufbauen und auch einen Deutschkurs besuchen.

Nach Verlesung des aktuellen Strafregisterauszuges, in dem zwei Verurteilungen aufscheinen, wurden den Verfahrensparteien gem. Paragraph 45, Absatz 3, AVG folgende Länderdokumente zur Kenntnis gebracht und eine Frist zur Abgabe einer Stellungnahme von zwei Wochen eingeräumt:

Feststellungen des Bundesasylamtes zu Nigeria vom Oktober 2012 betreffend allgemeine Lage, innerstaatliche Fluchtalternative, Religion, Rechtschutz, Rückkehrfragen.

Accord Themenpapier Nigeria betreffend Traditionelle Religion, Okkultismus, Hexerei und Geheimgesellschaften vom 17.06.2011

Australian Government Refugee Review Tribunal betreffend Übernahme religiöser Ämter und staatlicher Schutzmöglichkeiten.

Von der Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme machte nur der Beschwerdeführer in einem in englischer Sprache gehaltenen Schreiben Gebrauch, wobei er auch selbst einige englische Länderdokumente anschloss.

Zur gegenwärtigen Lage in seinem Heimatland führte der Beschwerdeführer aus, dass es in Nigeria noch immer Okkultismus, Rituale und Geheimgesellschaften gäbe und die Regierung überhaupt nichts unternehme, um ihr Volk zu schützen. Es gäbe keine Spitäler, keinen Strom und keine Schulen und in Wirklichkeit funktioniere gar nichts. Es komme täglich zu Blutvergießen, die Menschen würden an Hunger und Krankheiten sterben. Da die Regierung keine Sicherheit biete, habe Boko Haram tausende Menschen töten können. Er möchte nicht in sein Heimatland zurückkehren, da er nicht sterben möchte.

Weiters wurden Länderberichte zu religiösen Unruhen in Jos vorgelegt.

Der Asylgerichtshof hat wie folgt festgestellt und erwogen:

Zur Person des Beschwerdeführers wird folgendes festgestellt:

Der Beschwerdeführer ist Staatsbürger von Nigeria und Angehöriger der Volksgruppe Ibo sowie römisch-katholisch und wurde nach eigenen Angaben am römisch 40 , geboren, wo er auch bis zu seiner Ausreise lebte. An anderer Stelle behauptete der Beschwerdeführer, dass sein Heimatort römisch 40 heiße. Seine Familie lebte von der Landwirtschaft, und zwar vom Anbau von Cassava, Yam und Reis. Er hat selbst in der Landwirtschaft gearbeitet; behauptetermaßen hat er mit ca. 16 Jahren die Schule begonnen und vier Jahre lang die Schule besucht und sonst keine weitere Ausbildung erhalten. Er gibt an, ein Einzelkind gewesen zu sein, sein Vater habe römisch 40 geheißen und seine Mutter römisch 40 . Zu den Fluchtgründen können mangels glaubhafter Angaben keine Feststellungen getroffen werden.

Er hat am 06.02.2009 sein Heimatdorf verlassen und gelangte am 08.03.2009 unter Umgehung der Grenzkontrolle nach Österreich, wo er sogleich einen Antrag auf internationalen Schutz stellte. Seinen Angaben zufolge ist sein Vater am 05.01.2009 verstorben, zu seiner Mutter habe er keinen Kontakt mehr, ebenso wenig mit anderen Verwandten in Nigeria. Der Beschwerdeführer ist in Österreich nicht verheiratet und hat keine Kinder, lebt aber bei seiner Freundin römisch 40 , in deren Gastgewerbelokal er auch (unangemeldet) hilft. Seine Freundin ist eine österreichische Staatsbürgerin nigerianischer Herkunft und seinen Angaben zufolge seit 1994 in Österreich aufhältig. Der Beschwerdeführer hat in Österreich keinerlei Deutschkurse oder sonstige Ausbildungen absolviert, er ist auch in keinen Vereinen oder Institutionen Mitglied. Der Beschwerdeführer wurde in Österreich mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen römisch 40 wegen Paragraph 27, Absatz eins und 2 SMG zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten, davon sechs Monaten bedingt auf drei Jahre, sowie mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen römisch 40 wegen Paragraphen 83, Absatz eins,, 15 in Verbindung mit 269 Absatz eins, StGB zu einer Freiheitsstrafe von zehn Monaten, ebenfalls bedingt auf eine Probezeit von drei Jahren, rechtskräftig verurteilt. Er leidet unter keinen physischen oder psychischen Erkrankungen.

Zu Nigeria wird folgendes festgestellt:

Politik und Wahlen

Nigeria ist eine föderale Republik, gegliedert in 36 Teilstaaten und das Federal Capital Territory (FTC, Abuja) im geographischen Zentrum des Landes. Staatsoberhaupt und Oberbefehlshaber der Armee ist der Präsident der Republik, welcher für vier Jahre gewählt wird; eine einmalige Wiederwahl ist möglich. Der Staatspräsident führt den Vorsitz der von ihm ernannten Bundesregierung (Federal Executive Council).

Jeder der 36 Bundesstaaten verfügt über eine Regierung unter Leitung eines direkt gewählten Gouverneurs mit vierjähriger Amtszeit und der Möglichkeit einer einmaligen Wiederwahl, sowie über ein Landesparlament.

Der legislative Apparat ist die National Assembly, welche den 109sitzigen Senat und das Repräsentantenhaus mit 360 Sitzen umfasst. Beide werden jeweils für eine Legislaturperiode von vier Jahren durch Direktwahlen bestimmt. Der Senat setzt sich aus je drei Senatoren pro Bundesstaat sowie einem Senator des Federal Capital Territory (FCT) zusammen.

Gouverneurs- und Senatswahlen fanden 2011 in 32 der 36 Provinzen sowie im FCT statt; die Regierungspartei PDP verlor in den überwiegend von Yoruba bewohnten Teilstaaten an den ACN. Von 83 neu gewählten Senatoren entfielen 54 auf PDP, 18 auf ACN, 6 auf CPC, 4 auf ANPP, 2 auf LP und 1 Senator auf APGA.

Die Parteienlandschaft wird auch nach den Wahlen vom 2.4.2011 von der People-s Democratic Party (PDP) beherrscht, andere politische Parteien wie Action Congress Nigeria (ACN), All Nigeria People?s Party (ANPP), Labour Party(LP), Congress for Progressive Change (CPC), Alliance for Democracy (AD), All Progressive Grand Alliance (APGA), National Democratic Party (NDP), ACCORD-Party sind nur von regionaler Bedeutung (vor allem ist der ACN traditionell eine Yoruba-Partei, die APGA eine Igbo-Sammelbewegung).

Darüber hinaus wurden für die National Assembly-Wahlen 2011 weitere 54 kleine Parteien von der unabhängigen Wahlkommission zugelassen, spielten im Wahlkampf und bei den Wahlergebnissen jedoch eine marginale Rolle. Die hohe Anzahl verschiedener Parteien ist auf die äußerst große Bevölkerungsvielfalt Nigerias zurück zu führen (rd. 400 zum Teil sehr kleine Ethnien, 434 Sprachen und Stammesdialekte).

(ÖB Abuja: Asylländerbericht Nigeria, 11.2011)

Seit Jahren gibt es eine breite Verfassungsreformdebatte, in Gang gehalten vor allem durch Schwächen des Grundgesetzes in der Praxis wie auch durch Kritik an den starken zentralistischen Elementen. Eine besondere Rolle spielt die Diskussion um die Verteilung der Öleinnahmen (sie bilden den Großteil der Staatseinnahmen); diese Gelder fließen zunächst der Föderation zu und werden dann nach einem festen Schlüssel verteilt. Ebenso wichtig im Vielvölkerstaat Nigeria ist die Frage, wie gewährleistet werden kann, dass die verschiedenen Volksgruppen an der Macht in der Bundesregierung beteiligt werden können. Bisher ist das Projekt einer Verfassungsreform nicht vorangekommen. 2010 gelang zumindest erstmals eine Verfassungsänderung im Rahmen der Wahlreform.

Im Bundesparlament sind seit den Wahlen vom April 2011 neun Parteien vertreten. Die People's Democratic Party (PDP) verfügt in beiden Häusern über die absolute Mehrheit. Wichtigste Oppositionsparteien sind der Action Congress of Nigeria (ACN), der Congress for Progressive Change (CPC) und die All Nigeria People's Party (ANPP). Fünf weitere Parteien sind aufgrund des Mehrheitswahlsystems nur mit wenigen Abgeordneten vertreten. Auch nach den letzten Wahlen bleibt die Zahl weiblicher Abgeordneter gering: 7 von 109 Senatoren und 19 von 360 Mitgliedern des Repräsentantenhauses sind Frauen; ihr Anteil ging gegenüber den vorherigen Wahlen sogar leicht zurück.

Parteien in Nigeria sind vor allem Wahlplattformen für Politiker (laut Verfassung können nur Parteienvertreter bei Wahlen antreten, Unabhängige sind nicht zugelassen); eine Ausrichtung an bestimmten Interessenvertretungen oder gar Weltanschauungen gibt es bei den großen Parteien nicht, eine Orientierung an ethnischen Gruppen ist ausdrücklich verboten.

Sieger der Präsidentschaftswahlen vom 16.4.2011 wurde der Kandidat der PDP und bisherige Amtsinhaber Goodluck Jonathan mit 58,8 % der Stimmen vor dem CPC-Kandidaten Muhammadu Buhari mit 32 %. Jonathan hatte als Vizepräsident das Amt von dem im Mai 2010 verstorbenen Präsidenten Umaru Musa Yar'Adua übernommen.

In den 36 Bundesstaaten stellt die PDP derzeit 23 Gouverneure, der ACN 6, die ANPP 3, die APGA 2, die LP und der CPC je einen Gouverneur. Wie bisher ist kein Gouverneur eine Frau.

Die Wahlen vom April 2011 wurden sowohl in Nigeria als auch von internationalen Wahlbeobachtern trotz festgestellter Mängel als "die besten Wahlen seit 1999" bezeichnet.

(Auswärtiges Amt: Nigeria - Innenpolitik, Stand 3.2012, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Nigeria/Innenpolitik_node.html, Zugriff 15.10.2012)

Die Situation spitze sich seit 2011 dramatisch zu, als mit Goodluck Jonathan wieder ein Christ aus dem Süden Präsident wurde. Norden und Süden stehen sich misstrauisch und letztlich inkompatibel gegenüber. Im besten Falle verachtet man sich gegenseitig. Das wird so natürlich nicht öffentlich gesagt. Um nicht völlig auseinanderbrechen zu lassen, was nicht zusammenpasst, hat man sich teils inoffiziell, teils offiziell auf ein System der Postenteilung und -rotation verständigt. Der Präsident, so die Übereinkunft innerhalb der herrschenden Partei PDP, sollte abwechselnd alle acht Jahre (also nach zwei Amtszeiten, dem Maximum) aus dem Norden bzw. dem Süden kommen. So soll einer einseitigen, dauerhaften Dominanz mit all ihren Konsequenzen vorgebeugt werden.

(Konrad Adenauer Stiftung: Nigeria ein Jahr nach der Wahl - Die Konflikte nehmen zu, 4.2012,

http://www.kas.de/wf/doc/kas_30778-1522-1-30.pdf?120420114559, Zugriff 15.10.2012)

Die ersten Monate im Amt, gelang es Präsident Jonathan die angespannte Situation im Nigerdelta etwas zu beruhigen. Darüber hinaus engagierte er sich dafür die Wirtschaft anzukurbeln, in dem er u.a. den Kontakt mit den Regierungen der wirtschaftlich starken Länder Europas intensivierte.

Trotz des Engagements der Regierung Jonathans stellten die Konflikte mit der islamischen Bewegung "Boko Haram" sowie die Proteste gegen die Abschaffung der staatlichen Benzinpreissubventionen das Land vor eine innere Zerreißprobe. So übten die Anhänger der "Boko Haram" seit Juni 2011 vermehrt terroristische Anschläge in Nigeria aus, die mehrere hundert Tote und Verletzte hinterließen. Zudem protestierte die Bevölkerung massiv gegen die Abschaffung der Benzinpreissubventionen und legte durch Streiks in vielen Städten das Wirtschaftsleben des Landes lahm.

(Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit: Nigeria - Geschichte und Staat, 6.2012,

http://liportal.giz.de/nigeria/geschichte-staat.html, Zugriff 15.10.2012)

Allgemeine Sicherheitslage

Gewarnt wird: vor Reisen in die nördlichen Bundesstaaten Borno, Yobe, in den südlichen Teil des Bundesstaates Bauchi, in den nördlichen Teil von Plateau State (Jos und Umgebung) sowie nach Kano, Kaduna und Sokoto, insbesondere in die gleichnamigen Hauptstädte, und in die Stadt Zaira angesichts von wiederholten Angriffen und Sprengstoffanschlägen militanter Gruppen auf Sicherheitskräfte, Märkte, Kirchen und Moscheen.

Dringend abgeraten wird: von Aufenthalten im Gebiet Suleja im Bundesstaat Niger. Hier wurde wie in Teilen der Bundesstaaten Borno, Yobe und Bauchi vorübergehend ein Ausnahmezustand verhängt.

In der Hauptstadt Abuja kam es am 1. Oktober und 31. Dezember 2010, am 16. Juni und 26. August 2011 und am 26. April 2012 zu Bombenanschlägen. Am 25. Dezember 2011 erfolgte ein Anschlag auf eine Kirche in Madalla, einem Vorort der Hauptstadt.

In den Ölfördergebieten in der Region des Niger Deltas, das die nigerianischen Bundesstaaten Delta, Bayelsa, Rivers und Akwa Ibom umfasst, kam es über Jahre immer wieder zu Kämpfen zwischen paramilitärisch organisierten Banden und Sicherheitskräften, aber auch von bewaffneten Gruppen untereinander.

Darüber hinaus können in Nigeria, meist kaum vorhersehbar, in allen Regionen lokale Konflikte aufbrechen. Ursachen und Anlässe der Konflikte sind meist politischer, wirtschaftlicher, religiöser oder ethnischer Art. Meist sind diese Auseinandersetzungen von kurzer Dauer (wenige Tage) und örtlich begrenzt (meist nur einzelne Orte, in größeren Städten nur einzelne Stadtteile).

(Auswärtiges Amt: Nigeria - Reise- und Sicherheitshinweise (Teilreisewarnung), Stand 15.10.2012 (unverändert gültig seit: 16.8.2012),

http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Laenderinformationen/00-SiHi/Nodes/NigeriaSicherheit_node.html, Zugriff 15.10.2012)

Regionale Problemzonen [Geheimgesellschaften und Kulte siehe NIGR_F_2012_10_SOG]

Religion

Religionsfreiheit

Freie Religionswahl und Religionsausübung sind in Kap. römisch IV, Artikel 38, der Verfassung verankert. Die Regierung achtete Religionsfreiheit in der Praxis, obwohl von lokalen politischen Akteuren geschürte Gewalt straflos bleibt. Die Verfassung verbietet Gebietskörperschaften, ethnischen oder religiösen Gruppen Vorrechte einzuräumen, in der Praxis bevorzugen Bundesstaaten in der Regel die jeweils durch die lokale Mehrheitsbevölkerung ausgeübte Religion. Viele Christen behaupteten, dass die zwischen 1999 und 2001 erfolgte Wiedereinführung und Vollstreckung strafrechtlicher Aspekte des Scharia-Rechtssystems und die Verwendung von staatlichen Mitteln in zwölf nördlichen Staaten für die Errichtung von Moscheen, das Training von qädis (Scharia-Richter) und die Gewährung von Zuschüssen für Pilgerreisen nach Mekka die Einführung des Islam als Staatsreligion äußerlich erfüllen. Bürgerrechtsgruppen sehen dies durch die Einrichtung eines Ministeriums für religiöse Angelegenheiten und die Schaffung eines Predigerrates in Zamfara bestätigt. Gleichzeitig finanzieren mehrere Gliedstaaten - auch des Nordens - Pilgerreisen nach Jerusalem, den Sinai und nach Rom sowie die Errichtung von Kirchen.

Vier Staaten mit erweitertem Scharia-Geltungsbereich (Zamfara, Niger, Kaduna, Kano) haben private Gruppen wie die Hisbah zur Rechtsdurchsetzung ermächtigt und gewähren hiefür staatliche Zuschüsse. In bestimmten Fällen sind diese Gruppen ermächtigt, Verhaftungen vorzunehmen. Bislang beschränkt sich ihre Zuständigkeit in erster Linie auf Verkehrsdelikte und die Marktaufsicht. Auch wenn der erweiterte Scharia-Geltungsbereich auf Nicht-Muslime keine Anwendung findet, sind diese durch bestimmte durch den Moralkodex inspirierte Sitten, wie die Geschlechtertrennung in öffentlichen Schulen, Gesundheitseinrichtungen und Verkehrsmitteln betroffen.

(ÖB Abuja: Asylländerbericht Nigeria, 11.2011)

Die Verfassung und andere Gesetzte gewährleisten die Religionsfreiheit, und in der Praxis respektierte die Regierung die Religionsfreiheit. Einzelne Bundesstaatsregierungen, Einzelpersonen und Gruppen außerhalb der Regierung begingen diesbezüglich manchmal Gesetzesbruch.

Es gibt Berichte über gesellschaftliche Vergehen oder Diskriminierung aufgrund der religiösen Orientierung, des Glaubens oder aufgrund der Religionsausübung. Angriffe der extremistischen Boko Haram forderten das Leben von Christen und Muslimen.

Gewalt, Spannungen und Feindseligkeiten zwischen Christen und Muslimen nahmen zu, vor allem im "Middle Belt".

(U.S. Department of State: 2011 International Religious Freedom Report - Nigeria, 30.7.2012,

http://www.ecoi.net/local_link/223380/344998_de.html, Zugriff 15.10.2012)

Die Religionsfreiheit ist in der Verfassung verankert und es gibt keine Berichte darüber, dass irgendjemand bei der Ausübung oder Wahl seiner Religion auf Probleme seitens der Bundesregierung stoßen würde.

Personen, die Angst vor der Scharia-Gerichtsbarkeit haben, haben auch das verfassungsmäßige Recht, dass ihre Fälle im formalen Rechtssystem behandelt werden.

Personen, die Angst vor Hisbah-Gruppen (lokale Scharia-Gruppen in Nordnigeria) haben, können eine innerstaatliche Fluchtalternative in Gebieten in Anspruch nehmen, wo diese Gruppen nicht tätig sind oder keinen Einfluss haben.

Jene Personen, die sich vor einer Verfolgung durch Boko Haram fürchten, sollten in der Lage sein, sich Schutz bei Behörden zu suchen oder eine innerstaatliche Fluchtalternative außerhalb Nordnigerias in Anspruch zu nehmen, wo Angriffe der Boko Haram weniger häufig vorkommen.

(U.K. Home Office: Operational Guidance Note - Nigeria, 4.10.2012, http://www.unhcr.org/refworld/docid/506d8e262.html, Zugriff 15.10.2012)

Die ethnischen Gegensätze sind zudem noch tiefer als die religiösen. Dies erkennt man u.a. an der Geringschätzung, die Moslems aus dem Norden gewöhnlich für ihre Glaubensbrüder aus dem Süden, die islamischen Yoruba, zu erkennen geben. Sie seien keine "echten" Moslems, dürfen oft nicht einmal als Vorbeter fungieren. Der Differentiator ist Ethnizität, nicht Religiosität. Auch eine vollständige Bekehrung aller Nigerianer zum Islam würde daran nichts ändern. Sie wären Moslems zweiter Klasse.

(Konrad Adenauer Stiftung: Nigeria ein Jahr nach der Wahl - Die Konflikte nehmen zu, 4.2012,

http://www.kas.de/wf/doc/kas_30778-1522-1-30.pdf?120420114559, Zugriff 15.10.2012)

Religiöse Gruppen

Viele Gruppen schätzen, dass rund 50% der 152,2 Millionen Einwohner Muslime sind, 45% Christen und 5% Anhänger von indigenen Glaubensrichtungen.

Der Großteil der Muslime sind Sunniten, es gibt eine kleine, aber wachsende Minderheiten von Schiiten und Izala (Salafisten). Unter den Christen finden sich Römisch-Katholische, Anglikaner, Baptisten, Methodisten, Presbyterianer und nicht-traditionelle evangelikale Christen und Pfingstkirchler sowie Mormonen.

Der Norden, dominiert von den ethnischen Gruppen der Hausa-Fulani und Kanuri, ist mehrheitlich muslimisch. Wesentliche christliche Gemeinschaften leben jedoch seit mehr als 50 Jahren auch im Norden und gingen Mischehen mit Muslimen ein. Im Middle Belt, darunter dem Federal Capital Territory, leben sowohl Christen als auch Muslime in gleicher Zahl. Dies gilt auch für den Südwesten, wo die ethnische Gruppe der Yoruba vorherrscht. Obwohl die meisten Yoruba dem Christentum oder Islam angehören, übt eine große Anzahl an Yoruba auch traditionelle religiöse Bräuche aus. Die ethnischen Gruppen des Südostens sind mehrheitlich Christen. Im Nigerdelta, wo die ethnischen Gruppen der Ogoni und Ijaw überwiegen, sind ebenfalls Christen in der Mehrheit. Muslime machen dort nur etwa 1% der Bevölkerung aus.

(U.S. Department of State: 2011 International Religious Freedom Report - Nigeria, 30.7.2012,

http://www.ecoi.net/local_link/223380/344998_de.html, Zugriff 15.10.2012)

Menschenrechte

Allgemein

Die Situation hat sich seit Amtsantritt der Zivilregierung 1999 deutlich verbessert - Freilassung politischer Gefangener, Presse- und Meinungsfreiheit, keine Vollstreckung der Todesstrafe, allerdings keine Abschaffung. Auch wenn sich die Regierung ausdrücklich zum Schutz der Menschenrechte, die auch in der Verfassung als einklagbar verankert sind, bekennt, bleiben viele menschenrechtliche Probleme wie Armut, Analphabetentum, Gewaltkriminalität, ethnische Spannungen, die Scharia-Rechtsspraxis, Entführungen und Geiselnahmen und insbesondere das Problem des Frauen- und Kinderhandels ungelöst.

Daneben ist der Schutz von Leib und Leben der Bürger vor Willkürhandlungen von Vertretern der Staatsmacht nicht verlässlich gesichert und es besteht weitgehende Straflosigkeit bei Verstößen durch Angehörige der Sicherheitskräfte sowie bei Verhaftungen von Angehörigen militanter Organisationen. Das hohe Maß an Korruption auch im Sicherheitsapparat und der Justiz wirkt sich negativ auf die Wahrung der Menschenrechte aus.

Nigeria unterzeichnete und ratifizierte zahlreiche spezifische Abkommen in Bezug auf Menschenrechte innerhalb des Rahmens der ECOWAS, der Afrikanischen Union, sowie der Vereinten Nationen; wobei die Inkorporierung ins innerstaatliche Recht unterschiedlich fortgeschritten ist.

UN:

Ratified

-Optional Protocol to the Convention on the Elimination of All Forms of Discrimination Against Women (CEDAW-OP); Ratified

REGIONAL INSTRUMENTS:

(ÖB Abuja: Asylländerbericht Nigeria, 11.2011)

Bestechung und Korruption bleiben in der Medienindustrie ein Problem, vor allem in Form von "braunen Umschlägen" oder kleinen Geldgeschenken an Journalisten. Eine Studie aus dem Jahr 2009 in Lagos hat ergeben, dass 61 Prozent der 184 befragten Journalisten regelmäßig im Dienst "braune Umschläge" erhalten haben. Allerdings gaben 74 Prozent der Befragten an, dass derartige Geschenke nicht zu voreingenommener Berichterstattung führen würden - vielleicht, weil die Praktik derart üblich ist.

(Freedom House: Freedom of the Press 2012 - Nigeria, 12.10.2012, http://www.unhcr.org/refworld/docid/507bcae2c.html, Zugriff 18.10.2012)

Opposition

Vereins- und Versammlungsfreiheit: Dieses Grundrecht ist in der Verfassung in Artikel 40,, Right to peaceful assembly and association, verankert und wird auch praktiziert.

(ÖB Abuja: Asylländerbericht Nigeria, 11.2011)

Die Verfassung von Nigeria garantiert das Recht, sich zu politischen Parteien sowie Interessensverbänden zusammen zu schließen. In der Praxis wurde dieses Recht im Allgemeinen respektiert. Ende des Jahres 2011 waren bei der "Independent National Electoral Commission" (INEC) 56 politische Parteien registriert.

(U.S. Department of State: Country Report on Human Rights Practices for 2011 - Nigeria, 24.5.2012,

http://www.ecoi.net/local_link/217663/338426_de.html, Zugriff 15.10.2012)

Die politische Opposition kann sich grundsätzlich frei betätigen. Gelegentlich sind jedoch Eingriffe seitens der Staatsgewalt zu verzeichnen. Dies betrifft vor allem Gruppen mit sezessionistischen Zielen, da die Einheit Nigerias nach dem Trauma der versuchten Unabhängigkeit Biafras und dem folgenden Bürgerkrieg (1967-1970) als ein zentrales Element der Staatsräson gilt.

Gegen die "Bewegung für die Verwirklichung des Souveränen Staates Biafra" ("Movement for the Actualisation of the Sovereign State of Biafra", MASSOB), deren Mitglieder der Ethnie der Igbo angehören und die größere Selbständigkeit für den Südosten des Landes reklamiert, gehen die Sicherheitsorgane teilweise massiv vor. MASSOB propagiert keinen bewaffneten Kampf; Zeitungen berichteten allerdings von Waffenfunden bei Razzien der Sicherheitskräfte. Teilnehmer an MASSOB-Veranstaltungen wurden wegen des Verdachts auf landesverräterische Aktivitäten vor ordentlichen Gerichten angeklagt. Laut Medienberichten wurden viele Angeklagte vorzeitig gegen Kaution bzw. Ehrenerklärung freigelassen, in anderen Fällen endeten Verfahren mit Freispruch. Gegen den MASSOB-Führer, Chief Ralph Uwazurike, wurde im November 2005 ein Strafverfahren wegen Hochverrats eingeleitet. Im Oktober 2007 kam Uwazurike gegen Kaution frei, wurde im Januar 2010 unter dem Vorwurf der Entführung aber erneut verhaftet und nach einigen Monaten Haft wieder freigelassen.

Im Juni 2008 wurden 78 MASSOB - Anhänger von einem Gericht in Enugu wegen Landesverrats angeklagt. Sie hatten den 37. Jahrestag der Unabhängigkeit der "Republik Biafra" begehen wollen. Neuere Vorfälle sind nicht bekannt.

(Auswärtiges Amt: Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Bundesrepublik Nigeria, Stand: April 2012, 6.5.2012)

Rechtsschutz

Justiz

Gewaltenteilung und die Unabhängigkeit der Richter in Ausübung ihres richterlichen Amtes sind in der nigerianischen Verfassung verankert.

Die Justiz stützt sich auf drei Rechtsquellen: Federal Law, Sharia Law und Customary Law, die gleichberechtigt unter bestimmten Voraussetzungen zur Anwendung gelangen können, sofern entsprechende Gerichtshöfe für Sharia bzw. Customary Law in den 36 einzelnen Bundesstaaten eingerichtet werden. Das Eherecht gestattet nach dem Federal Law nur die Einehe, Sharia Law vier und Customary Law eine unbegrenzte Anzahl von Ehefrauen.

Die Verfassung Nigerias schreibt auf Bundesebene folgende Instanzen in Zivil- und Strafrechtssachen vor: Supreme Court, Federal Court of Appeal, Federal High Court, sowie einen High Court für jeden Bundesstaat mit - diesem untergeordneten - District Courts für jede der 774 Local Government Areas (Bundesstaatsbezirke, in der Verfassung festgeschrieben) vor. Sharia bzw. Customary Courts sowie entsprechende Courts of Appeal können von den einzelnen Bundesstaaten bei Bedarf ("shall be for any State that requires it") eingerichtet werden. Customary und Sharia Courts können nur angerufen werden, wenn beide Parteien einwilligen, bei den Sharia Courts kommt die Bedingung hinzu, dass beide Parteien muslimisch sein müssen.

Laut Bundesverfassung wird die Verfassung und Zuständigkeit der Gerichte seit 1999 durch Gesetze der Gliedstaaten festgestellt im Hinblick auf die Entscheidung über das anzuwendende Rechtssystem "Common Law" oder des "Customary Court Law"-Systems. Einzelne Bundesstaaten haben "Sharia Courts" neben "Common Law" und "Customary Courts" geschaffen. Mehrere Bundesstaaten, einschließlich die gemischt konfessionellen Bundesstaaten Benue und Plateau, haben Scharia- Berufungsgerichte eingerichtet.

Das Instrument der Rechtshilfe ist in Nigeria unterentwickelt, wodurch ein ungleicher Zugang für finanzschwache Personen besteht.

Ein nationales funktionierendes polizeiliches Fahndungssystem existiert nicht. Damit ist es in der Praxis äußerst schwierig, wenn nicht sogar unmöglich, nach verdächtigen Personen national zu fahnden, wenn diese untergetaucht sind.

Im "Sheriffs and Civil Process Act" Chapter 407, Laws of the Federation of Nigeria 1990 sind Ladungen vor Gericht geregelt. Der Sheriff oder von ihm bestellte bailiffs müssen die Ladungen in ganz Nigeria persönlich zustellen.

(ÖB Abuja: Asylländerbericht Nigeria, 11.2011)

Die höheren Gerichte sind relativ kompetent und unabhängig. Allerdings sind sie politischer Einflussnahme und Korruption ausgesetzt und leiden an einem Mangel an finanziellen Ressourcen, Ausrüstung und Ausbildung.

(Freedom House: Freedom in the World 2012 - Nigeria, 31.8.2012, http://www.unhcr.org/refworld/docid/504494e1c.html, Zugriff 15.10.2012)

Die Verfassung sieht Gewaltenteilung und die Unabhängigkeit der Justiz vor. In der Realität ist die Justiz allerdings, trotz persönlich hoher Unabhängigkeit einzelner Richterinnen und Richter und wiederholter Urteile gegen Entscheidungen der Administration, der Einflussnahme von Exekutive und Legislative sowie von einzelnen politischen Führungspersonen ausgesetzt. Die insgesamt zu geringe personelle und finanzielle Ausstattung behindert außerdem die Funktionsfähigkeit des Justizapparats. Das Recht auf ein zügiges Verfahren wird zwar von der Verfassung garantiert, ist jedoch kaum gewährleistet. Auch der gesetzlich garantierte Zugang zu einem Rechtsbeistand oder Familienangehörigen wird nicht immer ermöglicht.

Eine willkürliche Strafverfolgung bzw. Strafzumessungspraxis durch Polizei und Justiz, die nach Rasse, Nationalität o.ä. diskriminiert, ist nicht erkennbar. Das bestehende System benachteiligt jedoch tendenziell Ungebildete und Arme, die sich weder von Beschuldigungen freikaufen noch eine Freilassung auf Kaution erwirken können. Zudem ist vielen eine angemessene Wahrung ihrer Rechte auf Grund von fehlenden Kenntnissen selbst elementarster Grund- und Verfahrensrechte nicht möglich. Auch der Zugang zu staatlicher Prozesskostenhilfe ist in Nigeria beschränkt: Das Institut der Pflichtverteidigung wurde erst vor kurzem in einigen Bundesstaaten eingeführt. Lediglich in den Landeshauptstädten existieren Nichtregierungsorganisationen, die sich zum Teil mit staatlicher Förderung der rechtlichen Beratung von Beschuldigten bzw. Angeklagten annehmen. Gerade in den ländlichen Gebieten gibt es jedoch zahlreiche Verfahren, bei denen Beschuldigte und Angeklagte ohne rechtlichen Beistand mangels Kenntnis ihrer Rechte schutzlos bleiben.

(Auswärtiges Amt: Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Bundesrepublik Nigeria, Stand: April 2012, 6.5.2012)

Sicherheitsbehörden

Die Nigerian Police Force (NPF) und die Mobile Police (MOPOL) zeichnen sich durch geringe Professionalität, mangelnde Disziplin, Willkür und geringen Diensteifer aus. Das Vertrauen in den Sicherheitsapparat ist durch immer wieder gemeldete Fälle von widerrechtlichen Tötungen, Folter und unmenschlicher Behandlung in Polizeihaft unterentwickelt.

Aufgrund der schlechten Bezahlung der niedrigen Ränge besteht die Bereitschaft zur Annahme/Forderung von Bestechungsgeldern.

Der State Security Service (SSS), Inlandsgeheimdienst, wird ebenfalls kein hoher Standard an Professionalität und Integrität ausgestellt.

Die National Drug Law Enforcement Agency (NDLEA) ist für alle Straftaten in Zusammenhang mit Drogen zuständig. Der NDLEA wird im Vergleich zu anderen Behörden mit polizeilichen Befugnissen Professionalität konstatiert. Unter diese Behörde fällt die Zuständigkeit für Dekret 33.

(ÖB Abuja: Asylländerbericht Nigeria, 11.2011)

Die nigerianische Polizei (National Police Force/NPF) untersteht dem Generalinspektor der Polizei, der vom Präsidenten eingesetzt wird und für die Durchsetzung der Gesetze verantwortlich ist. Diesem unterstehen Assistenten zur Leitung der Polizeikräfte in jedem Bundesstaat. Bundesstaaten dürfen gemäß Verfassung über keine eigenen Sicherheitskräfte verfügen. In Notsituationen kann die Bundespolizei jedoch dem Gouverneur eines Staates unterstellt werden.

Die Innere Sicherheit ist Zuständigkeitsbereich des State Security Service (SSS) das dem Präsidenten via nationalen Sicherheitsberater unterstellt ist. Da die Polizei oft nicht in der Lage war, durch gesellschaftliche Konflikte verursachte Gewalt zu unterbinden, verließ sich die Regierung gelegentlich auf Unterstützung durch die Armee. Zum Beispiel entsandte der Präsident im September 2011 1.300 Soldaten nach Jos.

(U.S. Department of State: Country Report on Human Rights Practices for 2011 - Nigeria, 24.5.2012,

http://www.ecoi.net/local_link/217663/338426_de.html, Zugriff 15.10.2012)

Alle Sicherheitsorgane (Militär, Staatsschutz [State Security Service] sowie paramilitärische Verbrechensbekämpfungseinheiten, die so genannten RRS [Rapid Response Squads]) werden neben der Polizei auch im Innern eingesetzt.

Die allgemeinen Polizei- und Ordnungsaufgaben obliegen der (Bundes-) Polizei, die dem Generalinspekteur der Polizei in Abuja untersteht. Die Lage der ca. 360.000 Mann starken Polizeitruppe ist durch schlechte Besoldung sowie schlechte Ausrüstung, Ausbildung und Unterbringung gekennzeichnet. Korruption ist bei der Polizei weit verbreitet; Gelderpressungen an Straßensperren sind an der Tagesordnung. Ca. 100.000 Polizisten sollen zudem als Sicherheitskräfte bei Personen des öffentlichen Lebens und einflussreichen Privatpersonen tätig sein.

Das Militär hat die Federführung bei der Joint Task Force inne, die gegen militante Gruppierungen im Nigerdelta, im Kampf gegen Boko Haram im Nordosten und zur Sicherung der Lage im zentralnigerianischen Jos eingesetzt wird.

(Auswärtiges Amt: Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Bundesrepublik Nigeria, Stand: April 2012, 6.5.2012)

Grundversorgung/Wirtschaft

Noch immer sind mehr als die Hälfte der Bevölkerung in der Landwirtschaft tätig. Nigeria ist dennoch in diesem Bereich nicht autark, sondern auf Import (vor allem Reis) angewiesen; im Oktober 2011 forderte der Staatspräsident eine Initiative der lokalen Reisproduzenten, um in der Reisversorgung bis 2013 autark zu werden und hunderttausende neue Arbeitsplätze im landwirtschaftlichen Sektor zu schaffen.

Aufgrund der schlechten Energieversorgung schlossen in den vergangenen 15 Jahren fast alle namhaften internationale Konzerne ihre Produktionsstätten in Nigeria bzw. verlagerten die Produktion in Nachbarstaaten. Ganze Regionen, insbesondere die nördlichen Industriezentren Kano und Kaduna, wurden de-industrialisiert; eine Umkehr dieses Trends wird angestrebt. Hoffnungsträger als Beschäftigungsmotor ist die seit den Erdölfunden in den 60er Jahren vernachlässigte Landwirtschaft.

Offizielle Statistiken über Arbeitslosigkeit gibt es aufgrund fehlender sozialer Einrichtungen und Absicherung nicht. Die Großfamilie unterstützt beschäftigungslose Angehörige.

Die Chancen einen sicheren Arbeitsplatz im öffentlichen Dienst, staatsnahen Betrieben oder Banken zu finden, sind gering, außer man verfügt über eine europäische Ausbildung und vor allem Beziehungen.

(ÖB Abuja: Asylländerbericht Nigeria, 11.2011)

Der gesetzlich garantierte monatliche Mindestlohn wurde im Zuge der Wahlversprechen 2011 für öffentlich Bedienstete von Naira 5.500.- ( EUR 27.-) auf Naira 18.000.- ( EUR 90.-) erhöht; bis dato allerdings noch nicht in allen 36 Bundesstaaten auch ausbezahlt. Nach starken Protesten der Gewerkschaften wurde diese Erhöhung auch für den Privatsektor "fiktiv" übernommen und soll zumindest für Firmen mit mehr als 50 Beschäftigten gelten.

Im landwirtschaftlichen sowie privaten Bereich(Haushaltshilfen) und im Kleingewerbe sind nach wie vor 1.000.- (Landwirtschaft) bzw. 4.000.- bis 6.000.- Naira monatlich der Regelfall. Im ländlichen Bereich arbeiten Dienstnehmer z.T. auch nur für Kost und Quartier bzw. werden für Erntearbeit in Naturalien entlohnt.

Das Durchschnittseinkommen von 70 % der Gesamtbevölkerung liegt unter einem US-Dollar pro Tag. Diese Zahl ist unter anderem auch dadurch bedingt, dass im ländlichen Raum der Tauschhandel noch üblich ist und Unterkunft und Verpflegung durch eigenen Grund und Boden häufig gewährleistet sind.

Man ist als "Arbeitssuchender" auf das soziale Netz der afrikanischen Großfamilie angewiesen und wandert in drei bis sechsmonatigen Abständen von Verwandten zu Verwandten und versucht, Beschäftigung zu finden.

Eine Lebensmittelknappheit war in fast ganz Nigeria aufgrund des günstigen Klimas und der hohen agrarischen Tätigkeit so gut wie nicht existent, in vereinzelten Gebieten im äußersten Norden Nigerias (Grenzraum zur Republik Niger) gestaltet sich die Landwirtschaft durch die fortschreitende Desertifikation schwierig.

Experten schließen aufgrund der Wetterbedingungen nun erstmals auch für die nördlichen Bundesstaaten Hungerperioden nicht mehr aus.

Die täglichen Lebenshaltungskosten differieren regional zu stark, um Durchschnittswerte zu berichten. So wird für eine rund 30 cm lange Yam-Wurzel, von der sich eine erwachsene Person zwei Tage lang ernähren kann, je nach Region und Saison ein Preis von Naira 50.- bis 200.- berechnet (EUR 0,25 bis 1.-).

(ÖB Abuja: Asylländerbericht Nigeria, 11.2011)

Die Gouverneure der Bundesstaaten schaffen laufend Arbeitsplätze für die Jugend. Exemplarisch hat die Regierung des Bundesstaates Ekiti (Yoruba) 2.500 Personen nach einer zehntägigen Schulung in "leadership and entrepreneurial skills" in verschiedenen staatlichen Institutionen eingestellt. Es ist geplant, 20.000 dieser "jobs" in den nächsten vier Jahren zu schaffen.

"YouWin" (Youth Enterprise with Innovation in Nigeria) ist die große - mit 50 Milliarden Naira - dotierte Jugendbeschäftigungsinitiative des Staatspräsidenten, die mit großem medialem Aufwand im Oktober 2011 gestartet wurde. Es sollen damit zwischen 80.000 und 110.000 neue (selbständige) Unternehmer/Arbeitsplätze geschaffen werden. Jugendliche (Altersgrenze 40) können Geschäftspläne einreichen und Startgelder für ihre Projekte aus diesem Fond erhalten. Zeitgleich plant der neu ernannte Energieminister eine Ausweitung der Stromversorgung mit Neuerrichtung sowie Rehabilitierung der nur teilweise funktionierenden Stromwerke.

Die Preise für ein Einzelzimmer mit gemeinsamer Küche und Waschmöglichkeit schwanken von monatlich Naira 500.- bis 10.000.- (EUR 2,50 bis 50.-) je nach Dorf bzw. Stadt in einem Nicht-Ballungsgebiet. In den Außenbezirken von Abuja werden pro Monat für ein Zimmer mit gemeinsamer Koch- und Waschgelegenheit rund NGN 3000.- (EUR 15.-) berechnet, so ferne die Miete für ein Jahr im Voraus entrichtet wird.

(ÖB Abuja: Asylländerbericht Nigeria, 11.2011)

Nigeria ist das bevölkerungsreichste Land Afrikas, nach Südafrika mit Abstand die zweitgrößte Volkswirtschaft südlich der Sahara, verfügt über sehr große Öl- und Gasvorkommen, und konnte in den letzten Jahren auch dank verschiedener Reformen durchweg ein hohes einstelliges Gesamtwirtschaftswachstum verzeichnen.

Weiterhin gelten allerdings folgende Herausforderungen:

Die weitgehende Abhängigkeit von Öleinnahmen (über 90 Prozent der Exporterlöse; 80 Prozent der staatlichen Einnahmen und etwa 20 % des BIP) besteht fort.

Mehr als die Hälfte der Bevölkerung lebt weiterhin in extremer Armut (weniger als 1 US-Dollar pro Tag). Die Arbeitslosigkeit, vor allem in der jungen Bevölkerung, ist hoch.

Die Lage im Nigerdelta ist derzeit relativ stabil; die Bedrohung der dort angesiedelten Öl- und Gasförderung durch militante Gruppen bleibt aber ein Risiko.

Die Infrastruktur, vor allem im Bereich Stromversorgung und Transport, ist weiterhin mangelhaft und gilt als Haupthinderungsgrund für die wirtschaftliche Entwicklung.

Die Regierung legt Mehreinnahmen aus dem Ölexport auf ein Sonderkonto der Zentralbank fest, um damit eine stabilere Fiskalpolitik zu erzielen, einen Inflationsschub zu verhindern und Reserven für schlechtere Zeiten anzulegen. So konnten die Auswirkungen der globalen Finanzkrise erfolgreich abgefedert werden. Im Mai 2011 hat die Regierung für die Öleinnahmen einen "Sovereign Wealth Fund" geschaffen, der die Mittel transparent und effizient verwalten soll.

Im Januar 2006 erhielt Nigeria sein erstes Rating von Fitch und Standard and Poor's: BB-. Seit Ende 2011 ist das Rating von Standard & Poor's B+/B.

Der Reichtum Nigerias ist das Öl, doch über 60 Prozent der Nigerianer sind in der Landwirtschaft beschäftigt. In ländlichen Gegenden ist der Anteil über 90 Prozent. Über 95 Prozent der landwirtschaftlichen Produktion kommt von kleinen Anbauflächen - in der Regel in Subsistenzwirtschaft - mit Größen von einem bis 5 Hektar. Der Agrarsektor macht über 40 Prozent des BIP aus. Das Wachstum des Sektors war in den letzten Jahren mit 7-8 Prozent überdurchschnittlich.

(Auswärtiges Amt: Nigeria - Wirtschaft, Stand 3.2012, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Nigeria/Wirtschaft_node.html, Zugriff 15.10.2012)

Verschiedene Studien des National Bureau of Statistics (NBS), der Central Bank of Nigeria (CBN), des National Directorate for Employment(NDE), des National Manpower Board und des Centre for Investment, Sustainable Development, Management and Environment haben ergeben, dass mehr als 80% der arbeitsfähigen Bevölkerung Nigerias arbeitslos ist und dass 60% der Arbeitslosen Abgänger der Haupt- oder Mittelschule ohne Berufsausbildung sind.

Es bestehen keine speziellen Reintegrations- und Wiederaufbauprogramme für Heimkehrer. Reintegrationshilfe kann durch Regierungsprogramme wie etwa NDE, NAPEP, UBE, SMEDAN, NACRDB erhalten werden und nichtstaatliche Organisationen wie etwa die Lift above Poverty-Organisation (LAPO) bieten allgemeine Reintegrationshilfe.

Kooperative Verbände, Finanzinstitutionen der Regierung (Mikrokredite der NACRDB, NAPEP etc.) und nichtstaatliche Organisationen sowie SME-freundliche Handels- und Gemeinschaftsbanken bieten finanzielle und administrative Unterstützung bei der Existenzgründung in Nigeria.

(IOM: Länderinformationsblatt Nigeria, 8.2012)

Medizinische Versorgung

Krankenhäuser sind bezüglich Ausstattung, qualifiziertem Personal und Hygiene mit europäischen Standard nur vereinzelt in städtischen Zentren vergleichbar. In größeren Städten ist ein Großteil der staatlichen Krankenhäuser mit Röntgengeräten ausgestattet, in ländlichen Gebieten verfügen nur wenige Krankenhäuser über moderne Ausstattung.

Medikamente gegen einige weit verbreitete Infektionskrankheiten wie Malaria und HIV/Aids können teils kostenlos in Anspruch genommen werden, werden jedoch nicht landesweit flächendeckend ausgegeben. Vorbeugeimpfaktionen werden von Internationalen Organisationen finanziert, stoßen aber (v.a. im moslemischen Norden) auf religiös und kulturell bedingten Widerstand.

Religiöse Wohltätigkeitsinstitute und NGOs bieten kostenfrei medizinische Versorgung; im ländlichen Bereich werden "herbalists" und traditionelle Heiler konsultiert.

Die Kosten von medizinischer Betreuung müssen im Regelfall selbst getragen werden; die staatlichen Gesundheitszentren heben eine Registrierungsgebühr von Naira 20.- bis 50.-(EUR 0,1 bis 0,25) ein:

Tests und Medikamente werden unentgeltlich abgegeben, so ferne vorhanden.

(ÖB Abuja: Asylländerbericht Nigeria, 11.2011)

Das Hauptorgan der Regierung für das Gesundheitswesen ist das Bundesgesundheitsministerium. Das Gesundheitsministerium ist für die Koordination aller Aktivitäten im Bereich Gesundheitswesen im gesamten Land verantwortlich.

Medizinische und Gesundheitsdienste sind ebenfalls Aufgabe der Regierung, die Krankenhäuser in den großen Städten unterhält. Die meisten Landeshauptstädte haben öffentliche und private Krankenhäuser sowie Fachkliniken und jede Stadt hat darüber hinaus eine Universitätsklinik, die vom Bundesgesundheitsministerium finanziert wird.

Öffentliche (staatliche Krankenhäuser): Diese umfassen die allgemeinen Krankenhäuser, die

Universitätskliniken und die Fachkliniken. Die Gebühren sind moderat, doch einigen Krankenhäusern fehlt es an Ausrüstung und ausreichendem Komfort. Es treten oftmals Verzögerungen auf und vielfach werden Untersuchungen aufgrund der großen Anzahl an Patienten nicht sofort durchgeführt.

Private Krankenhäuser: Hierbei handelt es sich um Standard-Krankenhäuser. Diese Krankenhäuser verfügen nur teilweise über eine ausreichende Ausstattung und müssen Patienten für Labortests und Röntgenuntersuchungen oftmals an größere Krankenhäuser überweisen. Diese Krankenhäuser sind im Allgemeinen teurer.

Voraussetzungen für die Aufnahme in einem Krankenhaus: Vor Beginn der Behandlung muss generell eine Vorauszahlung hinterlegt werden. Die Restzahlung erfolgt nach Abschluss der Behandlung. Einige staatliche und private Unternehmen haben Aufnahmevereinbarungen mit Gesundheitsdienstleistern getroffen, um die medizinische Versorgung ihrer Belegschaft zu gewährleisten.

Es besteht keine umfassende Liste der Krankenhäuser und Ausstattungen, aber zahlreiche Krankenhäuser in Nigeria sind gut ausgestattet und in der Lage, zahlungsfähige Patienten medizinisch zu versorgen.

Medikamente sind verfügbar, können aber je nach Art teuer sein. Es gibt zahlreiche Apotheken in den verschiedenen Landesteilen Nigerias. Die National Agency for Food and Drug Administration and Control (NAFDAC) hat ebenfalls umfangreiche Anstrengungen unternommen, um sicherzustellen, dass diese Apotheken überwacht werden und der nigerianischen Bevölkerung unverfälschte Medikamente verkaufen.

Verschiedene Krankenhäuser in Nigeria haben sich auf unterschiedliche Krankheiten spezialisiert und Patienten suchen diese Krankenhäuser entsprechend ihrer Erkrankung auf. Allgemeine Krankenhäuser in Nigeria behandeln Patienten mit verschiedenen Krankheiten, verfügen jedoch üblicherweise über Fachärzte wie etwa Kinderärzte, Augenärzte, Zahnärzte, Gynäkologen zur Behandlung bestimmter Krankheiten. Zu den Fachkliniken zählen orthopädische Kliniken, psychiatrische Kliniken etc.

(IOM: Länderinformationsblatt Nigeria, 8.2012)

Rückkehrfragen

Die Botschaft unterstützt regelmäßig die Vorbereitung und Durchführung von Joint Return Operations im Rahmen von FRONTEX als "lead nation". Die Erfahrungen seit dem Jahre 2005 lassen keine Probleme erkennen. Die Rückgeführten verlassen das Flughafengebäude und steigen meistens in ein Taxi ein oder werden von ihren Familien abgeholt. Es kann jedoch, auf Grund von fehlenden verifizierenden Studien, nicht mit gänzlicher Sicherheit ausgeschlossen werden, dass die abgeschobenen Personen keine weiteren Probleme mit offiziellen Behörden haben. Das fehlende Meldesystem in Nigeria lässt allerdings darauf schließen, dass nach Verlassen des Flughafengeländes eine Ausforschung Abgeschobener kaum mehr möglich ist.

Probleme, Anhaltungen oder Verhaftungen von rückgeführten Personen bei ihrer Ankunft am Flughafen Lagos wurden im Rahmen des Monitoring der Ankunft und des ungehinderten Verlassens des Flughafengeländes durch Vertreter der Botschaft nicht beobachtet.

Seit der Rückkehr der Demokratie 1999 ist oppositionelle Tätigkeit gegenüber der Regierung Bestandteil des politischen Lebens in Nigeria und stellt keine Gefahr mehr für die Beteiligten dar.

(ÖB Abuja: Asylländerbericht Nigeria, 11.2011)

Erkenntnisse darüber, dass abgelehnte Asylbewerber bei Rückkehr nach Nigeria allein wegen der Beantragung von Asyl mit staatlichen Repressionen zu rechnen haben, liegen nicht vor.

Verhaftung bei Rückkehr aus politischen Gründen oder andere außergewöhnliche Vorkommnisse bei der Einreise von abgeschobenen oder freiwillig ausgereisten Asylbewerbern aus Deutschland sind nicht bekannt. Abgeschobene Personen werden im Allgemeinen nach ihrer Ankunft in Lagos von der Nigerianischen Immigrationsbehörde, manchmal auch der NDLEA befragt und können danach das Flughafengelände unbehelligt verlassen. Im Ausland straf- oder polizeilich auffällig gewordene Personen, insbesondere Prostituierte, werden in ihren Herkunfts-Bundesstaat überstellt.

(Auswärtiges Amt: Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Bundesrepublik Nigeria, Stand: April 2012, 6.5.2012)

Rückkehrprogramm

Das Projekt zur Unterstützung der Freiwilligen Rückkehr und Reintegration von Rückkehrenden nach Nigeria (AVRR Nigeria) wurde mit 1. Juli 2012 für ein weiteres Jahr verlängert. Teilnehmer an dem Projekt, die vor dem 30. Juni 2012 zurückgekehrt sind, haben bis Ende des Jahres Zeit, die von ihnen gewählten Unterstützungsleistungen in Anspruch zu nehmen. Rückkehrer, die ab dem 1. Juli 2012 zurückkehren, können als Teilnehmer der neuen Projektphase bis 30. Juni 2013 unterstützt werden.

Die Unterstützung der Projektteilnehmer durch IOM Lagos ist bei der Umsetzung der Reintegrationsunterstützungsmaßnahmen unerlässlich. Die Kollegen des IOM Lagos Teams assistieren nicht nur in der Praxis (z.B. beim Anmieten von Geschäftslokalen, dem Ankauf von Waren, etc.), sondern bieten vielen auch moralische Unterstützung, sich möglichst gut wieder in Nigeria zurechtzufinden.

Kontakt: Abteilung für Unterstützte Freiwillige Rückkehr und Reintegration, IOM Länderbüro Wien, Nibelungengasse 13/4, 1010 Wien, +43 (0) 1 585 3322 28

(IOM: AVRR Newsletter, 6.2012)

Dekret 33

Das insbesondere im Hinblick auf eine Verurteilung eines nigerianischen Staatsangehörigen wegen eines Drogendeliktes in einem Drittstaat erlassene "Dekret 33" ist rechtspolitisch problematisch.

Das Strafausmaß beträgt fünf Jahre Freiheitsentzug und Entzug des persönlichen Vermögens des Verurteilten. Durch Schaffung des neuen Delikts "den Namen Nigerias in Verruf bringen", umging man das in der nigerianischen Verfassung verankerte Verbot der Doppelbestrafung. Der Botschaft ist allerdings kein Fall bekannt, wo ein wegen eines Verstoßes gegen das Suchtmittelgesetz aus Österreich abgeschobener nigerianischer Staatsbürger von den Sicherheitsbehörden strafrechtlich verfolgt wurde. Es handelt sich nach übereinstimmender Einschätzung befreundeter EU-Botschaften um "totes" Recht.

(ÖB Abuja: Asylländerbericht Nigeria, 11.2011)

Wegen Drogendelikten im Ausland verurteilte Nigerianer werden nach Rückkehr an die Drogenpolizei (NDLEA) überstellt. Ein zweites Strafverfahren in Nigeria wegen derselben Straftat haben diese Personen jedoch trotz anderslautender Vorschriften im "Decree 33" nicht zu befürchten.

(Auswärtiges Amt: Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Bundesrepublik Nigeria, Stand: April 2012, 6.5.2012)

Dokumente

Infolge des Fehlens eines geordneten staatlichen Personenstandswesens ist die Überprüfung der Echtheit von Dokumenten durch nigerianische Behörden nicht möglich.

Angesichts der in Nigeria allgemein nicht gegebenen Dokumentensicherheit, bestätigt u.a. durch eine offizielle Erklärung des nigerianischen Außenministeriums vom Juli 2009 und erneut vom März 2010, wonach die Fälschungsrate bei nigerianischen Personenstandsdokumenten mindestens 80 % beträgt, ist somit die "formale Bestätigung" der Echtheit der Unterschrift oder eines Siegels eines ausländischen Ministeriums nicht geeignet, um eine Beglaubigung unter Einhaltung der gesetzlichen notariellen Sorgfaltspflicht und im Einklang mit den völkerrechtlichen Verpflichtungen vornehmen zu können. Analog zu Paragraphen 36 b und 55 der Notariatsverordnung ist zusammen mit der Urkundenüberprüfung sohin eine Identitätsüberprüfung vorzunehmen.

Geburtsurkunden, welche die Grundlage zur Erlangung anderer notwendiger Personaldokumente darstellen, werden wie folgt erstellt:

Geburten werden insbes. im ländlichen Raum, in dem mehr als die Hälfte der Bevölkerung lebt, kaum registriert. Wird die Vorlage einer Geburtsurkunde verlangt, so leisten zwei Personen für den Antragsteller eine eidesstattliche Erklärung ("affidavit"), welche die Geburt bezeugt, wann auch immer diese stattgefunden hat. Lediglich darauf basierend wird eine Geburtsurkunde ausgestellt und in weiterer Folge sämtliche anderen Dokumente, auch der neue biometrische Reisepass.

(ÖB Abuja: Asylländerbericht Nigeria, 11.2011)

Eine tatsächliche Überprüfung der Identität ist nahezu unmöglich bzw. kann nur durch fallbezogene Recherche vor Ort versucht werden, diese zu ermitteln.

Von einer Feststellung der Identität nigerianischer Staatsbürger unter alleiniger Berücksichtigung von Schulzeugnissen, Dienstausweisen und ähnlichen untauglichen Vorlagen ist gänzlich abzuraten. Andererseits muss auch bei der Identitätsfestlegung anhand vorgelegter oben genannter offizieller Dokumente peinlich darauf Acht gegeben werden, dass selbige zumindest Originaldokumente sind. Und schlussendlich muss hinsichtlich der hier gewonnenen Erkenntnisse festgehalten werden, dass selbst im Falle der Verifikation eines biometrischen Reisepasses keineswegs die Identität der Person gewährleistet ist.

(BAA Staatendokumentation: Analyse Nigeria - Dokumente, 11.8.2011)

IFA (Innerstaatliche Fluchtalternative)

Allgemeines

Die Verfassung sowie weitere gesetzliche Bestimmungen gewährleisten Bewegungsfreiheit im gesamten Land sowie Auslandsreisen, Emigration und Wiedereinbürgerung. Die Polizei schränkte im Fall von ethnisch-religiöser Gewalt gelegentlich die Bewegungsfreiheit durch Ausgangssperren ein und errichtete regelmäßig Straßensperren, um Reisenden Geld abzunehmen. Sicherheitsbeamte wenden weiterhin übermäßige Gewalt an Kontrollpunkten und Straßensperren an.

Alle Bürger haben das Recht, in jedem Landesteil zu leben, lokale Regierungen diskriminierten jedoch regelmäßig ethnische Gruppen, die in ihrem Gebiet nicht einheimisch sind. Dies nötigte gelegentlich Personen dazu, in jene Regionen zurückzukehren, aus denen ihre ethnische Gruppe abstammt.

(U.S. Department of State: Country Report on Human Rights Practices for 2011 - Nigeria, 24.5.2012,

http://www.ecoi.net/local_link/217663/338426_de.html, Zugriff 15.10.2012)

Es ist festzustellen, dass in den vergangenen Jahrzehnten eine fortgesetzte Durchmischung der Wohnbevölkerung auch der "Kern"-Staaten der drei Hauptethnien (Hausa, Yoruba, Ibo) durch Wanderungsbewegungen sowie aufgrund inter-ethnischer Heirat stattgefunden hat. So ist insbesondere eine starke Nord-Südwanderung - mit den sichtbaren Zeichen von vielen neuen Moscheen - feststellbar, wodurch Metropolen wie Lagos heute weitgehend durchmischt sind, wodurch innerstaatliche Fluchtalternativen bestehen. Selbst in nördlichen Bundesstaaten stellen die Hausa zwar die größte Ethnie, aber mitunter weniger als 50 % der Bevölkerung. Igbos (Christen aller Denominationen) kontrollieren im Norden nahezu uneingeschränkt den Kleinhandel und haben Kirchen und Versammlungsräume errichtet.

Es kann allgemein festgestellt werden, dass in Nigeria eine zurückgeführte Person, die in keinem privaten Verband soziale Sicherheit finden kann, keiner lebensbedrohlichen Situation überantwortet wird und ihre existenziellen Grundbedürfnisse aus selbstständiger Arbeit sichern kann, insbesondere dann, wenn Rückkehrhilfe angeboten wird.

Insgesamt kann ein weitgehendes Fehlen von Meldeämtern und gesamtnigerianischen polizeilichen Fahndungsbehörden festgehalten werden. Dies ermöglicht es in den allermeisten Fällen, bereits in der näheren Umgebung "unterzutauchen".

(ÖB Abuja: Asylländerbericht Nigeria, 11.2011)

Grundsätzlich besteht in vielen Fällen die Möglichkeit, staatlicher Verfolgung oder Repressionen Dritter durch Umzug in einen anderen Teil des Landes auszuweichen.

(Auswärtiges Amt: Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Bundesrepublik Nigeria, Stand: April 2012, 6.5.2012)

Abschließend ist noch auszuführen, dass es nicht Aufgabe des Asylwesens ist, vor allgemeinen Phänomenen, wie regionalen Kampfhandlungen bzw. Krisen zu schützen. So steht es jedem Bewohner Nigerias frei, sich in anderen Landesteilen niederzulassen und besteht aufgrund der gesetzlichen Bestimmungen im gesamten Land uneingeschränkte Bewegungsfreiheit.

Der Asylgerichtshof verkennt nicht, dass es in Nigeria immer wieder zu aufkeimenden Konflikten zwischen Moslems und Christen kommt, Es stünde einem Asylwerber jedenfalls eine innerstaatliche Fluchtalternative zur Verfügung, da die Auseinandersetzungen zwischen Christen und Moslems meist nur für kurze Dauer und nicht auf dem gesamten Staatsgebiet, sondern nur lokal stattfinden.

(Asylgerichtshof: Erkenntnis, Geschäftszahl A14 401807-1/2008 Spruch A14 401.807-1/2008/15E, Entscheidungsdatum 17.11.2011)

Zu traditionellen Schreinskulten wird verfahrensbezogen folgendes festgestellt:

In den Ibo Dörfern wurden zahlreiche Schreine für verschiedene Gottheiten errichtet. Die Ibo Gesellschaft ist als sehr demokratisch zu bezeichnen und spielen bei der Nachfolge für bestimmte Ämter das persönliche Charisma, der Intellekt, positive moralische Eigenschaften udgl. eine große Rolle. Es ist unwahrscheinlich, dass Personen, die die Übernahme der Rolle eines Hohepriesters nach Erbfolgeprinzipien ablehnen, Nachteile zu erwarten haben; vielmehr ist anzunehmen, dass es auch andere geeignete Kandidaten hiefür gibt. Leute, welche die Rolle eines Schreinspriesters ablehnen, könnten gegen allfällige Übergriffe überdies staatlichen Schutz erlangen (Quelle: Australian Government Refugee Review Tribunal Country Advice Nigeria, 28.02.2011).

Innerhalb der Ibo-Gemeinschaft werden die Osu - Nigerias Unberührbare - als Menschen definiert, die den Göttern gewidmet seien, um diese zu beschwichtigen. Sie würden auch als "Opferlämmer" bezeichnet. Die Osu leben in der Regel in der nächsten Nähe der Schreine. Wenn auch Osu im gesellschaftlichen Leben umfassend diskriminiert werden, gibt es seit mehr als 30 Jahren keine Berichte darüber, dass Osu als Opfer für die Götter getötet würden. Anderen Quellen zufolge seien solche Opferungen seit dem 19. Jahrhundert schon nicht mehr vorgekommen (Quelle: ACCORD Themenpapier Nigeria, Traditionelle Religion, Okkultismus, Hexerei und Geheimgesellschaften vom 17.06.2011).

Nach dem traditionellen Glauben der Ibo gibt es einen höchsten Gott namens Chukwu und auch andere Götter für die Erde und die Fruchtbarkeit, Schutzgottheiten sowie für spezielle Berufe. Die Ibo glauben auch an die Macht ihrer Vorfahren. Ahnen können als Neugeborene reinkarniert werden. PriesterInnen üben bei den Ibo eine Vielzahl religiöser Funktionen aus, eine ihrer Aufgaben ist es Eide abzunehmen. Es gäbe auch eine spezielle Gruppe von WahrsagerInnen, die das Orakel interpretieren würden (Quelle: ACCORD Themenpapier Nigeria, Traditionelle Religion, Okkultismus, Hexerei und Geheimgesellschaften vom 17.06.2011).

Beweis wurde erhoben durch Einvernahme des Asylwerbers durch das Bundesasylamt, Erstaufnahmestelle Ost, am 09.03.2009 sowie das Bundesasylamt, Außenstelle Traiskirchen, am 13.03.2009, weiters durch Befragung im Rahmen der öffentlichen mündlichen Beschwerdeverhandlung des Asylgerichtshofes vom 30.04.2013, durch Vorhalt von Länderdokumentationsmaterial durch das Bundesasylamt und den Asylgerichtshof, zuletzt im Rahmen der genannten Beschwerdeverhandlung, durch Einsichtnahme in den Strafregisterauszug sowie den Akt des Bundesasylamtes und des Asylgerichtshofes und schließlich durch Vorlage englischsprachiger Länderdokumente durch den Beschwerdeführer.

Die Beweise werden wie folgt gewürdigt:

Die verfahrensrelevanten Feststellungen zur Lage in Nigeria wurden den als Quellen genannten Dokumenten, die allesamt von renommierten staatlichen internationalen und nichtstaatlichen Organisationen stammen, entnommen und dem Parteiengehör unterzogen.

Ergänzt wurden diese Feststellungen noch durch verfahrensbezogene Feststellungen zu Schreinskulten in Nigeria, welche auf einem länderkundlichen Dokument der australischen Asylberufungsbehörde sowie einem ACCORD-Themenpapier zu traditionellen Religionen udgl. in Nigeria beruhen. Während das Bundesasylamt dazu keine Stellungnahme abgab, widersprach der Beschwerdeführer diesen Dokumenten, teilweise ohne dies näher auszuführen oder zu begründen und legte auch selbst eigene Dokumente vor, die wohl aktuell sind, aber in keinerlei Bezug zu dem Fall des Beschwerdeführers stehen.

Der Asylgerichtshof geht daher von den auf aktuellen Quellen beruhenden Feststellungen aus. Auch die Aktualität der Feststellungen zur allgemeinen Situation im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers im angefochtenen Bescheid ist nach wie vor gegeben und es hat sich die Lage im Heimatland für den Beschwerdeführer seither notorischerweise nicht zu dessen Nachtteil verändert.

Das Vorbringen des Beschwerdeführers wird wie folgt gewürdigt:

Das Vorbringen eines Asylwerbers ist dann glaubhaft, wenn es vier Grunderfordernisse erfüllt (diesbezüglich ist auf die Materialien zum Asylgesetz 1991 [RV 270 BlgNR 18. GP; Ausschussbericht 328 BlgNR 18. GP] zu verweisen, die wiederum der VwGH-Judikatur entnommen wurden).

1. Das Vorbringen des Asylwerbers ist genügend substantiiert. Dieses Erfordernis ist insbesondere dann nicht erfüllt, wenn der Asylwerber den Sachverhalt sehr vage schildert oder sich auf Gemeinplätze beschränkt, nicht aber in der Lage ist, konkrete und detaillierte Angaben über seine Erlebnisse zu machen.

2. Das Vorbringen muss, um als glaubhaft zu gelten, in sich schlüssig sein. Der Asylwerber darf sich nicht in wesentlichen Aussagen widersprechen.

3. Das Vorbringen muss plausibel sein, d.h. mit den Tatsachen oder der allgemeinen Erfahrung übereinstimmen. Diese Voraussetzung ist u. a. dann nicht erfüllt, wenn die Darlegungen mit den allgemeinen Verhältnissen im Heimatland nicht zu vereinbaren sind oder sonst unmöglich erscheinen und

4. Der Asylwerber muss persönlich glaubwürdig sein. Das wird dann nicht der Fall sein, wenn sein Vorbringen auf gefälschte oder verfälschte Beweismittel abgestützt ist, aber auch dann, wenn er wichtige Tatsachen verheimlicht oder bewusst falsch darstellt, im Laufe des Verfahrens das Vorbringen auswechselt oder unbegründet einsilbig und verspätet erstattet oder mangelndes Interesse am Verfahrensablauf zeigt und die nötige Mitwirkung verweigert.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in zahlreichen Erkenntnissen betont, wie wichtig der persönliche Eindruck, den das zur Entscheidung berufene Mitglied der Berufungsbehörde im Rahmen der Berufungsverhandlung von dem Berufungswerber gewinnt, ist (siehe z. B. VwGH vom 24.06.1999, 98/20/0435, VwGH vom 20.05.1999, 98/20/0505, u.v.a.m.).

Schon die Angaben des Beschwerdeführers vor dem Bundesasylamt sind in zahlreichen Punkten vage, oberflächlich und wenig detailliert:

Beispielsweise gab der Beschwerdeführer in der Befragung durch das Bundesasylamt, Außenstelle Traiskirchen, am 13.03.2009 auf die konkreten Fragen, wann er bei Menschenopfern dabei gewesen sei, nur vage an: "In etwa 2000", um dann weiter auszuführen, dass er das nicht genau gesehen habe.

Auf die konkrete Frage nach den Aufgaben seines Vaters als Hohepriester gab er lediglich an, dass er Hohepriester sei und die Botschaft des Orakels verkünde, ohne Näheres darüber ausführen zu können. Dies setzt sich auch in der detaillierten Befragung vor dem Asylgerichtshof fort. Da konnte der Beschwerdeführer zunächst gar nicht einmal angeben, ob sein Vater überhaupt eine religiöse Funktion gehabt habe. Auf die Frage, ob es einen bestimmten Schrein oder ein bestimmtes Orakel gegeben habe, wo sein Vater der Priester gewesen sei, bejahte er diese Frage lediglich, ohne darüber nähere Ausführungen zu tätigen. Auch die Frage, wie lange sein Vater bereits Hohepriester gewesen sei, beantwortete er sehr unpräzise damit, dass sein Vater schon Hohepriester gewesen sei, als er geboren worden sei. Auch konnte der Beschwerdeführer nichts über den Gott römisch 40 , dem sein Vater angeblich gedient habe, ausführen, sondern lediglich angeben, dass dieser von den Ahnen als Gott angesehen werde. Wiederum konnte er die Frage nach Menschenopfern, und zwar wie oft er bei solchen dabei gewesen sei, nicht präzise beantworten ("Ich kann mich nicht genau erinnern....").

Auf die präzise Frage des vorsitzenden Richters, ob er konkret von dem Dorfältesten gefragt worden sei, ob er die Rolle des Priesters übernehmen wolle, führte er lediglich unpassend und ausflüchtend aus, dass sein Vater nicht mehr das gegessen habe, was seine Mutter gekocht habe, als diese begonnen habe in die Kirche zu gehen und

dass er nicht zu den Dorfältesten gegangen sei......

Auch auf die Frage vor dem Bundesasylamt, wie viele Christen es bei ihnen im Dorf gäbe, führte er lediglich recht unpassend aus, dass die meisten Christen Frauen seien (AS. 59).

Obwohl das Vorbringen recht vage und oberflächlich ist, sind trotzdem einige nicht unerhebliche Widersprüche in diesem enthalten. So führte der Beschwerdeführer auf die präzise Frage vor dem Bundesasylamt, Außenstelle Traiskirchen, am 13.03.2009 (AS. 59), welchen Glauben die Männer hätten, aus, dass die meisten Männer bei dem Orakel seien, aber nicht viele ins Orakel gehen würden, was schon ein Widerspruch in sich ist. Während er vor dem Bundesasylamt, Außenstelle Traiskirchen, am 13.03.2009 (AS. 63) behauptete, dass sein Vater zwei Tage vor seinem Tod schwer krank gewesen sei, behauptete er im Widerspruch dazu, dass er am Abend schlafen gegangen und in der Früh nicht mehr aufgewacht sei, ohne irgendetwas von einer Krankheit zu erwähnen; über Vorhalt dieses Widerspruches gab er nochmals an, dass sie am Tag vor seinem Tod noch zusammengesessen seien und gesprochen hätten und sein Vater an diesem Tag (offenbar ganz normal) ins Bett gegangen und dann nicht mehr aufgewacht sei. Während der Beschwerdeführer behauptete, dass der Schrein, dem sein Vater gedient habe, sich in römisch 40 befinde, gab er dazu widersprüchlich auf die nächste Frage an, dass sich dieser genau in der Mitte des Dorfes römisch 40 befinde.

Während der Beschwerdeführer bei der Erstaufnahmestelle Ost am 09.03.2009 (AS. 31), angab, dass er ein Kind hätte opfern sollen, behauptete er vor dem Bundesasylamt, Außenstelle Traiskirchen, (AS. 59), dass er selbst geopfert werden solle. Während er vor dem Bundesasylamt, Außenstelle Traiskirchen, am 13.03.2009 (AS. 53), angab, dass man ca. eine Stunde von seinem Heimatdorf zum Heimatdorf seiner Mutter römisch 40 im römisch 40 gehe, gab er widersprüchlich dazu in der Beschwerdeverhandlung an, dass man dazu lediglich 15 Minuten zu Fuß brauche, was doch einen erheblichen Unterschied darstellt.

Auch hinsichtlich der bei seiner Ausreise verwendeten Verkehrsmittel machte der Beschwerdeführer widersprüchliche Angaben: Während er vor dem Bundesasylamt, Außenstelle Traiskirchen, am 13.03.2009 (AS. 55) behauptete, dass er mit einem öffentlichen Motorrad von dem Heimatdorf seiner Mutter römisch 40 nach römisch 40 gefahren sei, behauptete er widersprüchlich dazu in der Beschwerdeverhandlung, dass er diese Strecke mit einem öffentlichen Bus zurückgelegt habe, wie er schon in der Ersteinvernahme vom 06.02.2009 behauptete.

Das Vorbringen des Beschwerdeführers ist auch in zahlreichen Punkten höchst unplausibel bzw. mit den durch die obigen Länderberichte objektivierten Verhältnissen in seinem Herkunftsland nicht zu vereinbaren: So ist es nicht logisch nachvollziehbar und überdies unplausibel, dass der Beschwerdeführer mit 16 Jahren die Schule begonnen und vier Jahre die Schule besucht habe, wenn er römisch 40 geboren ist und Anfang des Jahres 2009 ausgereist ist. Auch erscheint es unplausibel, dass sein Vater, der angeblich ein heidnischer Hohepriester gewesen sei, einen christlichen Vornamen, nämlich römisch 40 , getragen hat.

Besonders unplausibel ist die Behauptung des Beschwerdeführers, dass jährlich Menschen aus dem Nachbarort entführt und ermordet worden seien, um für das Orakel seines Heimatortes geopfert zu werden und nie die Polizei eingeschaltet worden sei und sich auch der Nachbarort nie dagegen gewehrt habe. Auch erscheint es unplausibel, dass, wie der Beschwerdeführer vor dem Bundesasylamt gesagt hat (AS. 59), sich die Dorfbewohner einen Monat lang über die Nachfolge seines Vaters als Hohepriester beraten hätten, wenn diese sowieso schon geklärt gewesen sei.

Es ist darauf hinzuweisen, dass auch nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes es den Behörden nicht verwehrt ist, auch die Plausibilität eines Vorbringens als ein Kriterium der Glaubwürdigkeit im Rahmen der ihr zustehenden freien Beweiswürdigung anzuwenden (siehe z.B. VwGH vom 29.06.2000, 2000/01/0093).

Das Vorbringen des Beschwerdeführers über die Menschenopfer und den Zwang zur Nachfolge in das Amt eines heidnischen Hohepriesters und insbesondere die von dem Beschwerdeführer behauptete Sanktion der Tötung für den Fall der Verweigerung der Nachfolge widerspricht den vom Asylgerichtshof eingeholten aktuellen und objektiven Länderberichten, denen der Beschwerdeführer auch nichts Substantielles entgegenzusetzen vermochte.

Der Beschwerdeführer hat keinerlei Identitätsdokumente oder Personaldokumente vorlegen können und auch keine Dokumente zu seinem Fluchtvorbringen, ebenso wenig solche zu seiner Integration (außer eine Visitenkarte des Lokals seiner Freundin). Hinsichtlich seiner Ausreise hat er auch erstmals in der Beschwerdeverhandlung behauptet, dass er in römisch 40 Leute aus seinem Dorf getroffen habe, welche ihn ignoriert hätten. Wie bereits ausgeführt, wurde das Vorbringen teilweise unbegründet einsilbig erstattet.

Was den persönlichen Eindruck betrifft, so ist es dem Beschwerdeführer nicht gelungen, den erkennenden Senat von der Glaubwürdigkeit seines Fluchtvorbringens zu überzeugen.

Zusammenfassend ist daher festzuhalten, dass von dem erkennenden Senat das Vorbringen des Beschwerdeführers, das in mehreren Punkten vage und widersprüchlich ist und weiters in hohem Maße unplausibel und vor allem in zentralen Punkten den aktuellen Länderberichten widerspricht, nicht als glaubwürdig erachtet werden kann.

Rechtlich ergibt sich daraus folgendes:

Gemäß Paragraph 3, Absatz eins, AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit der Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit oder wegen Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Artikel 1 Abschnitt A Ziffer 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge Bundesgesetzblatt 55 aus 1955, (Genfer Flüchtlingskonvention in der Folge: GFK) droht vergleiche auch die Verfolgungsdefinition in Paragraph 2, Absatz 1 Ziffer 11 Asylgesetz 2005, die auf Artikel 9 der Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29. April 2004 über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes [Statusrichlinie] verweist). Gemäß Paragraph 3, Absatz 3 Asylgesetz 2005 ist der Asylantrag bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abzuweisen, wenn dem Fremden eine innerstaatliche Fluchtalternative (Paragraph 11, Asylgesetz 2005) offen steht, oder wenn er einen Asylausschlussgrund (Paragraph 6, Asylgesetz 2005) gesetzt hat.

Flüchtling im Sinne des Artikel 1 Abschnitt A Ziffer 2 Genfer Flüchtlingskonvention (in der Fassung des Artikel 1 Absatz 2 des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge Bundesgesetzblatt 78 aus 1974,) - deren Bestimmungen gemäß Paragraph 74, Asylgesetz 2005 unberührt bleiben - ist, wer sich "aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren".

Zentraler Aspekt dieses Flüchtlingsbegriffs der Genfer Flüchtlingskonvention ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Wohlbegründet kann eine Furcht nur dann sein, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers und unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist vergleiche zum Beispiel Verwaltungsgerichtshof vom 22.12.1999, 99/01/0334; vom 21.12.2000, 2000/01/0131; vom 25.01.2001, 2001/20/0011). Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation (aus Konventionsgründen) fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht; die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (Verwaltungsgerichtshof vom 21.12.2000, 2000/01/0131; vom 25.01.2001, 2001/20/0011). Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in einem der Gründe haben, welche Artikel 1 Abschnitt A Ziffer 2 Genfer Flüchtlingskonvention nennt (Verwaltungsgerichtshof vom 09.09.1993, 93/01/0284; vom 15.03.2001, 99/20(0128; vom 23.11.2006, 2005/20/0551); sie muss Ursache dafür sein, dass sich der Asylwerber außerhalb seines Heimatlandes bzw. des Landes seines vorigen Aufenthaltes befindet.

Gemäß Paragraph 3, Absatz 3 Ziffer 1 und Paragraph 11, Absatz 1 Asylgesetz 2005 ist der Asylantrag abzuweisen, wenn dem Asylwerber in einem Teil seines Herkunftsstaates vom Staat oder von sonstigen Akteuren, die den Herkunftsstaat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebietes beherrschen, Schutz gewährleistet werden und ihm der Aufenthalt in diesem Teil des Staatsgebietes beherrschen, Schutz gewährleistet werden und ihm der Aufenthalt in diesem Teil des Staatsgebietes beherrschen, Schutz gewährleistet werden und ihm der Aufenthalt in diesem Teil des Staatsgebietes zugemutet werden kann ("innerstaatliche Fluchtalternative"). Schutz ist gewährleistet, wenn in Bezug auf diesen Teil des Herkunftsstaates keine wohlbegründete Furcht nach Artikel 1 Abschnitt A Ziffer 2 Genfer Flüchtlingskonvention vorliegen kann (vergleiche zur Rechtslage vor dem Asylgesetz 2005 zum Beispiel Verwaltungsgerichtshof vom 15.03.2001, 99/20/0036; vom 15.03.2001, 99/20/0134, wonach Asylsuchende nicht des Schutzes durch Asyl bedürfen, wenn sie in bestimmten Landesteilen vor Verfolgung sicher sind und ihnen insoweit auch zumutbar ist, den Schutz ihres Herkunftsstaates in Anspruch zu nehmen).

Nach ständiger Rechtsprechung (vergleiche Verwaltungsgerichtshof vom 28.03.1995, 95/19/0041; vom 21.09.2000, 99/20/0373; vom 17.09.2003, 2001/20/0177) ist eine Verfolgungshandlung nicht nur dann relevant, wenn sie unmittelbar von staatlichen Organen (aus Gründen der Genfer Flüchtlingskonvention) gesetzt worden ist, sondern auch dann, wenn der Staat nicht gewillt oder nicht in der Lage ist, Handlungen mit Verfolgungscharakter zu unterbinden, die nicht von staatlichen Stellen ausgehen, sofern diese Handlungen - würden sie von staatlichen Organen gesetzt - asylrelevant wären. Eine von dritter Seite ausgehende Verfolgung kann nur zur Asylgewährung führen, wenn sie von staatlichen Stellen infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt nicht abgewandt werden kann (Verwaltungsgerichtshof vom 22.03.2000, 99/01/0256 mwN). Von mangelnder Schutzfähigkeit des Staates kann nicht bereits dann gesprochen werden, wenn der Staat nicht in der Lage ist, seine Bürger gegen jedwede Übergriffe präventiv zu schützen (Verwaltungsgerichtshof vom 13.11.2008, 2006/01/0191). Für die Frage, ob eine ausreichend funktionierende Staatsgewalt besteht, kommt es darauf an, ob eine von dritter Seite (aus den in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen) verfolgte Person trotz staatlichem Schutz einen Nachteil von asylrelevanter Intensität aus dieser Verfolgung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit zu erwarten hat (vergleiche zum Beispiel Verwaltungsgerichtshof vom 22.03.2000, 99/01/0256; vom 17.10.2006, 2006/20/0120; vom 13.11.2008, 2006/01/0191).

Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger Rechtsprechung ausgeführt, dass als Fluchtgründe unter dem Gesichtspunkt der Schwere des Eingriffes nur solche Maßnahmen in Betracht kommen, die einen weiteren Verbleib im Heimatland aus objektiver Sicht unerträglich erscheinen lassen (Verwaltungsgerichtshof vom 16.09.1992, 92/01/0544, Verwaltungsgerichtshof vom 07.10.2003, 92/01/1015, 93/01/0929 u.a.).

Es sei weiters betont, dass die Glaubwürdigkeit des Vorbringens die zentrale Rolle für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und Asylgewährung einnimmt (VwGH vom 20.06.1990, 90/01/0041).

Wie in der obigen Beweiswürdigung ausführlich erörtert, fehlt es den vom Beschwerdeführer angegebenen Fluchtgründen an der Glaubwürdigkeit, sodass eine Asylgewährung schon aus diesem Grunde ausscheidet.

Wie bereits ausgeführt, widerspricht das Vorbringen des Beschwerdeführers, dass er von den Dorfbewohnern getötet würde, weil er das Amt des Hohepriesters in seinem Heimatdorf nicht übernehmen wolle, den obigen Länderfeststellungen. Weiters handelt es sich dabei um eine Verfolgung durch Privatpersonen und ist nach den obigen Länderberichten bei einer solchen auch mit einer ausreichenden staatlichen Schutzgewährung zu rechnen, sodass auch bei Wahrunterstellung des Vorbringens des Beschwerdeführers dieses nicht zu einer Asylgewährung führen könnte. Schließlich hat der Beschwerdeführer selbst angegeben, dass er bei einer Rückkehr nach Nigeria lediglich Angst habe, von seinen Dorfbewohnern getötet zu werden, sodass aufgrund seiner persönlichen Umstände zudem eine inländische Fluchtalternative vorliegt.

Wenn Asylsuchende in bestimmten Landesteilen vor Verfolgung sicher sind und ihnen insoweit auch zumutbar ist, den Schutz ihres Herkunftsstaates in Anspruch zu nehmen, bedürfen sie nicht des Schutzes durch Asyl vergleiche zB VwGH 24.3.1999, 98/01/0352 mwN; 15.3.2001, 99/20/0036; 15.3.2001, 99/20/0134). Damit ist nicht das Erfordernis einer landesweiten Verfolgung gemeint, sondern vielmehr, dass sich die asylrelevante Verfolgungsgefahr für den Betroffenen - mangels zumutbarer Ausweichmöglichkeit innerhalb des Herkunftsstaates - im gesamten Herkunftsstaat auswirken muss (VwGH 9.11.2004, 2003/01/0534). Das Zumutbarkeitskalkül, das dem Konzept einer "inländischen Flucht- oder Schutzalternative" (VwGH 9.11.2004, 2003/01/0534) innewohnt, setzt daher voraus, dass der Asylwerber dort nicht in eine ausweglose Lage gerät, zumal da auch wirtschaftliche Benachteiligungen dann asylrelevant sein können, wenn sie jede Existenzgrundlage entziehen (VwGH 8.9.1999, 98/01/0614; 29.3.2001, 2000/20/0539). Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger Rechtsprechung ausgeführt, dass als Fluchtgründe unter dem Gesichtspunkt der schwere des Eingriffs nur solche Maßnahmen in betracht kommen, die einen weiteren Verbleib im Heimatland aus objektiver Sicht unerträglich erscheinen lassen (VwGH 16.9.1992, 92/01/0544; 7.10.2003, 92/01/1015 u.a.).

UNHCR betont in seinen Richtlinien zur "Internen Flucht- oder Neuansiedlungsalternative im Zusammenhang mit Artikel 1 A (2) des Abkommens von 1951 bzw. des Protokolls von 1967 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge", dass die Frage des Vorliegens einer inländischen Flucht- bzw. Schutzalternative in einem Asylverfahren nicht losgelöst von allen anderen zu prüfen ist und dass das Konzept der inländischen Flucht- bzw. Schutzalternative auch nicht dazu dienen kann, den Zugang zum Verfahren zur Feststellung der Flüchtlingseigenschaft zu verweigern, weil sich diese Frage erst im Zusammenhang mit der inhaltlichen Prüfung eines Asylantrages stellt (HCR/GIP/03/04 v. 23.7.2003, S 2).

Die Prüfung, ob eine inländische Flucht- bzw. Schutzalternative vorliegt, erfordert eine Zukunftsprognose dahingehend, ob für den jeweils konkreten Asylwerber im Entscheidungszeitpunkt eine solche

tatsächlich in Frage kommt (= Klärung der Relevanz) und

bejahendenfalls ob diese ihm zumutbar ist (= Klärung der

Zumutbarkeit). Dabei ist zunächst zu klären, ob ein konkretes risikofreies Gebiet existiert, das sich durch Abwesenheit des Verfolgers auszeichnet und dessen Stabilität und Sicherheit von Dauer ist. Weiters ist zu klären, ob ein solches risikofreies Gebiet für den Asylwerber sowohl von innerhalb als auch von außerhalb des Herkunftsstaates in Sicherheit und auf legalem Weg erreichbar ist (= Möglichkeit einer sicheren Rückkehr) und ob das Leben dort für den Asylwerber ohne unangemessene Härten oder Gefahren geführt werden kann. Wenn eine solche inländische Flucht- bzw. Schutzalternative als vorhanden angesehen wird, hat ferner das Entscheidungsorgan nachzuweisen bzw. den Beweis zu erbringen, dass es dem betroffenen Asylwerber in Anbetracht sämtlicher persönlicher Umstände zumutbar wäre, dort Zuflucht zu finden, um nicht länger begründete Furcht vor Verfolgung zu haben vergleiche hierzu auch die o.a. diesbezüglichen UNHCR-Richtlinien v. 23.7.2003, HCR/GIP/03/04).

Wie bereits festgehalten, befürchtet der Beschwerdeführer lediglich eine Verfolgung durch seine Dorfbewohner und hätte er nach den oben getroffenen Länderfeststellungen die Möglichkeit, sich der von ihm behaupteten Verfolgung durch eine Änderung des Wohnsitzes innerhalb Nigerias zu entziehen, zumal notorischerweise in Nigeria kein Meldewesen besteht und somit eine landesweite Verfolgung von Rückkehrern ab dem Flughafen praktisch ausgeschlossen ist.

Auch wenn der Asylgerichtshof nicht verkennt, dass sich die wirtschaftliche Situation im Herkunftsstaat als schwierig gestaltet, so haben sich im Verfahren vor dem Hintergrund der ermittelten Länderberichte keine schlüssigen Hinweise ergeben, dass es dem gesunden und arbeitsfähigen Beschwerdeführer nicht möglich wäre, im Falle der Verlegung seines Wohnortes seinen notwendigen Lebensunterhalt zu sichern.

Der Asylgerichtshof kommt daher zum Ergebnis, dass der Beschwerdeführer im Herkunftsstaat vor seiner Ausreise keiner individuellen Verfolgung ausgesetzt war und ihm im Falle einer Rückkehr auch keine aktuelle und konkrete Bedrohungsgefahr durch staatliche Organe oder private Dritte aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung iSd Artikel eins, Abschnitt 1 Ziffer 2, der Genfer Flüchtlingskonvention droht.

Zusammenfassend ist daher festzuhalten, dass die Beschwerde zu Spruchteil römisch eins. des angefochtenen Bescheides abzuweisen war.

Gemäß Paragraph 8, Absatz eins, Ziffer eins, AsylG 2005 hat die Behörde einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird, den Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Artikel 2 EMRK, Artikel 3 EMRK oder der Protokolle Nummer 6 oder Nummer 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts mit sich bringen würde. Wird einem Fremden der Status des Asylberechtigten nicht zuerkannt, hat die Behörde von Amts wegen zu prüfen, ob dem Fremden der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen ist.

Gemäß Paragraph 50, Fremdenpolizeigesetz - FPG, Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 100 aus 2005,, in der geltenden Fassung ist die Zurückweisung, die Hinderung an der Einreise, Zurückschiebung oder Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn dadurch Artikel 2 oder 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), Bundesgesetzblatt Nr. 210 aus 1958,, oder das Protokoll Nummer 6 oder Nummer 13 der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde oder sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre.

Zufolge Absatz 2 leg. cit. ist die Zurückweisung oder Zurückschiebung Fremder in einen Staat oder die Hinderung an der Einreise aus einem Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer persönlichen Ansichten bedroht wäre (Artikel 33 Ziffer 1 der Konvention über die Rechtstellung der Flüchtlinge, Bundesgesetzblatt Nr. 55 aus 1955,, in der Fassung des Protokolls über die Rechtstellung der Flüchtlinge, Bundesgesetzblatt Nr. 78 aus 1974,), es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative (Paragraph 11, Asylgesetz 2005).

Gemäß Paragraph 50, Absatz 3 leg. cit. dürfen Fremde, die sich auf eine der in Absatz 1 oder 2 genannten Gefahren berufen, erst zurückgewiesen oder zurückgeschoben werden, nachdem sie Gelegenheit hatten, entgegenstehende Gründe darzulegen. Die Fremdenpolizeibehörde ist in diesen Fällen vor der Zurückweisung vom Sachverhalt in Kenntnis zu setzen und hat dann über die Zurückweisung zu entscheiden. Gemäß Absatz 4, leg. cit. ist die Abschiebung Fremder in einen Staat, indem sie zwar im Sinne des Absatz 2, jedoch nicht im Sinne des Absatz 1 bedroht sind, nur zulässig, wenn sie aus gewichtigen Gründen eine Gefahr für die Sicherheit der Republik darstellen oder wenn sie von einem inländischen Gericht wegen eines besonders schweren Verbrechens rechtskräftig verurteilt worden sind und wegen dieses strafbaren Verhaltens eine Gefahr für die Gemeinschaft bedeuten (Artikel 33 Ziffer 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge).

Gemäß Absatz 5 leg. cit. ist das Vorliegen der Voraussetzungen gemäß Absatz 4 mit Bescheid festzustellen. Dies obliegt in jenen Fällen, in denen ein Antrag auf internationalen Schutz abgewiesen wird oder in denen Asyl aberkannt wird, den Asylbehörden, sonst der Sicherheitsdirektion.

Gemäß Absatz 6 leg. cit. ist die Abschiebung in einen Staat unzulässig, solange der Abschiebung für die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht.

Erweist sich gemäß Absatz 7 leg. cit. die Zurückweisung, die Zurückschiebung oder Abschiebung Fremder, deren Antrag auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz 2005 wegen der Unzuständigkeit Österreichs zurückgewiesen worden ist, in den Drittstaat als nicht möglich, so ist hiervon das Bundesasylamt unverzüglich in Kenntnis zu setzen. Gemäß Absatz 8 leg.cit. gilt Paragraph 51, Absatz 3, erster Satz.

Hinsichtlich Paragraph 57, Absatz 1 FrG (in der alten Fassung) wird in VwGH vom 26.06.1997, Zahl: 95/21/0294, ausgeführt: "Führt eine in einem Land gegebene Bürgerkriegssituation dazu, dass keine ausreichend funktionierende Ordnungsmacht mehr vorhanden und damit zu rechnen ist, dass ein dorthin abgeschobener Fremder - auch ohne Zugehörigkeit zu einer bestimmten Bürgerkriegspartei oder verfolgten Bevölkerungsgruppe - mit erheblicher Wahrscheinlichkeit der im Paragraph 37, Absatz 1 FrG 1992 umschriebenen Gefahr (im gesamten Staatsgebiet) unmittelbar ausgesetzt wird, so ist dies im Rahmen eines Antrages gemäß Paragraph 54, FrG 1992 beachtlich. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn auf Grund der bewaffneten Auseinandersetzungen eine derart extreme Gefahrenlage besteht, dass praktisch jedem, der in diesen Staat abgeschoben wird, Gefahr für Leib und Leben in einem Maße drohen, dass die Abschiebung im Lichte des Artikel 3 EMRK unzulässig erschiene" vergleiche bereits Verwaltungsgerichtshof vom 11.03.1993, 93/18/0083; Verwaltungsgerichtshof vom 27.02.1997, 98/21/0427). Diese Sichtweise entspricht auch der Judikatur des EGMR vergleiche etwa EGMR vom 29.04.1997, H.L.R., ÖJZ 1998, 309; dazu auch Rohrböck, Asylgesetz Rz 328).

In Nigeria herrscht derzeit keine Bürgerkriegssituation, noch eine sonstige derart extreme Gefahrenlage, dass praktisch jedem, der in diesen Staat abgeschoben wird, eine Gefahr für Leib und Leben im hohen Maße droht. Gewalttätige Konflikte treten immer nur örtlich und zeitlich begrenzt auf. Die von dem Beschwerdeführer in der letzten Stellungnahme in Länderberichten erwähnten gewalttätigen religiösen Auseinandersetzungen in Jos stehen in keinerlei Zusammenhang zu dem Vorbringen des Beschwerdeführers, da dieser weder aus dieser Gegend stammt, noch dort aufhältig war, noch irgendein Anlass für ihn besteht, sich in diese Region zu begeben.

Es gibt keine Hungersnot. Da in Nigeria weder grobe, massenhafte Menschenrechtsverletzungen unsanktioniert erfolgen, noch nach den getroffenen Feststellungen von einer völligen behördlichen Willkür auszugehen ist, ist auch kein "real Risk" (dazu VwGH vom 31.03.2005, ZI 2002/20/0582) einer unmenschlichen Behandlung festzustellen. Im Hinblick auf die gegebenen Umstände kann ein "reales Risiko" einer gegen Artikel 2 oder 3 EMRK verstoßenden Behandlung bzw. der Todesstrafe im gegenwärtigen Zeitpunkt für den Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nicht erkannt werden.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes war die im Lichte des Paragraph 8, zu beurteilende Bedrohungssituation nach Paragraph 57, Fremdengesetz (nunmehr Paragraph 50, FPG) durch ein konkretes, personenbezogenes, glaubwürdiges und mit allfälligen Bescheinigungsmitteln untermauertes Vorbringen darzutun.

Auf Befragen durch den vorsitzenden Richter in der Beschwerdeverhandlung vom 30.04.2013, was mit dem Beschwerdeführer geschehen würde, wenn er nach Nigeria zurückkehren würde, gab er an, dass er Angst habe, von den Dorfbewohnern getötet zu werden. Auf diese Befürchtung wurde bereits eingegangen und steht ihm nach Überzeugung des erkennenden Senates selbst bei Wahrunterstellung dieser vagen und pauschalen Behauptung jedenfalls eine inländische Fluchtalternative in Nigeria offen und ist es nahezu unmöglich, dass ihn in weit entfernten Orten Nigerias Dorfbewohner weiterhin verfolgen könnten und könnte er überdies staatlichen Schutz in Anspruch nehmen.

Der Unabhängige Bundesasylsenat hat mehrfach ausgesprochen, dass das Fehlen der Voraussetzungen für eine eigenverantwortliche Lebensgestaltung und das Fehlen der Sicherstellung des überlebensnotwendigen Existenzminimums (siehe Unabhängiger

Bundesasylsenat vom 15.12.1999, Zahl: 208.320/0-IX/25/99;

Unabhängiger Bundesasylsenat vom 17.07.2000, Zahl:

212.800/0-VIII/22/99; Unabhängiger Bundesasylsenat vom 12.06.2012,

Zahl: 216.594/0-VIII/22/02, Unabhängiger Bundesasylsenat vom 22.10.2004, Zahl: 227.507/0-VIII/22/02 und andere) für ein Refoulementverbot spricht. Unter diesem Gesichtspunkt kann auch eine die physische Existenz nur unzureichend sichernde Versorgungssituation im Zielstaat einer Abschiebung im Einzelfall entgegenstehen (vergleiche Verwaltungsgerichtshof vom 16.07.2003, 2003/01/0059; vom 09.07.2002, 2001/01/40164; vom 13.11.2001, 2000/01/0453).

Zu den regelmäßig zumutbaren Arbeiten gehören dabei auch Tätigkeiten, für die es keine oder wenig Nachfrage auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt gibt, die nicht überkommenen Berufsbildern entsprechen, etwa weil sie keinerlei besondere Fähigkeiten erfordern, und die nur zeitweise, etwa zur Deckung eines kurzfristigen Bedarfs ausgeübt werden können (vergleiche auch Verwaltungsgerichtshof vom 15.03.1989, 88/01/0339).

Bei dem Beschwerdeführer handelt es sich um einen in körperlicher und psychischer Hinsicht gesunden jungen und arbeitsfähigen Mann, der in Nigeria früher in der Landwirtschaft gearbeitet hat und nunmehr (unangemeldet) im Gastgewerbe hilft. Wenn der Beschwerdeführer auch behauptetermaßen über keine Kontakte mehr mit Verwandten in Nigeria verfügt, so ist das Vorhandensein von Verwandten keine notwendige Voraussetzung für ein Überleben in Nigeria.

Der erkennende Senat verkennt nicht, dass die wirtschaftlichen Verhältnisse in Nigeria wesentlich schwieriger sind als in Österreich, es ist aber zu erwarten, dass er sich nach einer Rückkehr in Nigeria allenfalls eine eigene, wenn auch - verglichen mit österreichischen Verhältnissen - bescheidene Existenz aufbauen kann. Dies ist auch unabhängig von einer familiären Unterstützung möglich, da die Existenz eines familiären Verbandes im Herkunftsstaat nicht automatisch und zwingend Voraussetzung für die Zulässigkeit einer Abschiebung ist. Die Basisversorgung der Bevölkerung mit Grundnahrungsmitteln ist zudem in Nigeria grundsätzlich gewährleistet. Insbesondere ergibt sich aus den Länderberichten unzweifelhaft, dass in Nigeria eine zurückgeführte Person, die in keinem privaten Verband soziale Sicherheit finden kann, keiner lebensbedrohlichen Situation ausgesetzt ist und ihre existentiellen Grundbedürfnisse aus selbstständiger Arbeit sichern kann, insbesondere dann, wenn Rückkehrhilfe angeboten wird. Erforderlichenfalls könnte sich der Beschwerdeführer auch an IOM Lagos wenden, das Rückkehrern bei der erfolgreichen Reintegration zur Seite steht und auch Unterstützung bietet, sich in Nigeria wieder möglichst gut zurechtzufinden. Es ist demnach zu erwarten, dass er durch eigene Arbeit oder anfänglich durch Zuwendungen von dritter Seite - etwa durch Verwandte oder Hilfsorganisationen -, wenn auch nach der Überwindung von Anfangsschwierigkeiten, das zu seinem Lebensunterhalt unbedingt Notwendige selbst erlangen kann.

Die Wiedereingliederung in die Gesellschaft wird kein Problem für den Beschwerdeführer darstellen, zumal er in Nigeria aufgewachsen ist, dort den überwiegenden und prägenden Teil seines Lebens verbracht hat, er die Sprachen Pidgin und Ibo beherrscht und mit den dort herrschenden Gepflogenheiten vertraut ist.

Es ist daher auf Grund der persönlichen Umstände und des bisherigen Lebenslaufes des Beschwerdeführers nicht zu erwarten, dass er bei einer Rückkehr in Nigeria in eine derartige existenzbedrohende Notlage geraten würde, die in den Anwendungsbereich des Artikel 3 EMRK fallen würde.

Eine völlige Perspektivenlosigkeit für den Beschwerdeführer kann daher nicht erkannt werden. Ziel des Refoulementschutzes ist es nicht, Menschen vor unangenehmen Lebenssituationen, wie es die Rückkehr nach Nigeria sein wird, zu beschützen, sondern einzig und allein Schutz vor exzeptionellen Lebenssituationen zu geben. Gemäß der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes könnte auch aus schlechten Lebensbedingungen keine Gefährdung bzw. Bedrohung iSd Paragraph 57, FrG abgeleitet werden vergleiche etwa VwGH 30.1.2001, 2001/01/0021; vergleiche auch VwGH 16.7.2003, 2003/01/0059).

Der gesunde Beschwerdeführer hat auch keinen sonstigen, auf seine Person bezogenen "außergewöhnlichen Umstand" dargetan, der ein Abschiebungshindernis im Sinne von Artikel 3, EMRK in Verbindung mit Paragraph 8, Absatz eins, AsylG darstellen könnte.

In Anbetracht dieser Umstände ergibt sich somit kein "reales Risiko", dass es durch die Rückführung des Beschwerdeführers in sein Herkunftsland zu einer Verletzung von Artikel 2, EMRK, Artikel 3, EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe kommen würde.

Die Beschwerde gegen Spruchpunkt römisch II. des angefochtenen Bescheides war daher ebenfalls abzuweisen.

Gemäß Paragraph 10, Absatz eins, Ziffer 2, AsylG 2005 in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 38 aus 2011, ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Ausweisung zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird.

Gemäß Paragraph 10, Absatz 2, AsylG sind Ausweisungen nach Absatz eins, unzulässig, wenn

1. dem Fremden im Einzelfall ein nicht auf dieses Bundesgesetz gestütztes Aufenthaltsrecht zukommt oder

2. diese eine Verletzung von Artikel 8, EMRK darstellen würden.

Dabei sind insbesondere zu berücksichtigen:

a) die Art und Dauer des bisherigen Aufenthalts und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war;

b) das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens;

c) die Schutzwürdigkeit des Privatlebens;

d) der Grad der Integration;

e) die Bindungen zum Herkunftsstaat des Fremden;

f) die strafgerichtliche Unbescholtenheit;

g) Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts;

h) die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

i) die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

Gemäß Paragraph 10, Absatz 3, AsylG ist, wenn die Durchführung der Ausweisung aus Gründen, die in der Person des Asylwerbers liegen, eine Verletzung von Artikel 3, EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind, gleichzeitig mit der Ausweisung auszusprechen, dass die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben ist.

Gemäß Paragraph 10, Absatz 4, AsylG gilt eine Ausweisung, die mit einer Entscheidung gemäß Absatz eins, Ziffer eins, verbunden ist, stets auch als Feststellung der Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den betreffenden Staat. Besteht eine durchsetzbare Ausweisung, hat der Fremde unverzüglich auszureisen.

Gemäß Paragraph 10, Absatz 5, AsylG ist über die Zulässigkeit der Ausweisung jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Paragraph 10, Absatz 2, Ziffer 2, auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Ausweisung ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Ausweisung schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein gemeinschaftsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (Paragraphen 45 und 48 oder Paragraphen 51, ff NAG) verfügen, unzulässig wäre.

Gem. Paragraph 10, Absatz 6, AsylG bleiben Ausweisungen nach Absatz eins, binnen 18 Monaten ab einer Ausreise des Fremden aufrecht.

Wird eine Ausweisung durchsetzbar, so gilt sie nach Paragraph 10, Absatz 7, leg. cit. als durchsetzbare Rückkehrentscheidung nach dem Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG), Bundesgesetzblatt römisch eins Nr. 100, und hat der Fremde binnen einer Frist von 14 Tagen freiwillig auszureisen. Eine Frist für die freiwillige Ausreise besteht nicht, wenn gegen den Fremden ein Rückkehrverbot erlassen wurde und für die Fälle einer zurückweisenden Entscheidung gemäß Paragraph 5, AsylG 2005 oder Paragraph 68, AVG sowie wenn eine Entscheidung auf Grund eines Verfahrens gemäß Paragraph 38, durchführbar wird; in diesen Fällen hat der Fremde unverzüglich auszureisen.

Nach Paragraph 10, Absatz 8, leg. cit. ist mit Erlassung der Ausweisung der Fremde über seine Pflicht zur unverzüglichen oder fristgerechten Ausreise und gegebenenfalls über die Möglichkeit eines Antrages auf Verlängerung der Frist für die freiwillige Ausreise bei der örtlich zuständigen Fremdenpolizeibehörde (Paragraph 55 a, FPG) zu informieren, insbesondere auf Rückkehrhilfe, sowie auf mögliche fremdenpolizeiliche Maßnahmen zur Durchsetzung der Ausreiseverpflichtung (Paragraph 46, FPG) hinzuweisen.

Ist ein Asylantrag abzuweisen und wurde gemäß Paragraph 8, Absatz eins, AsylG festgestellt, dass die Abschiebung in den Herkunftsstaat zulässig ist, hat die Behörde diesen Bescheid mit der Ausweisung zu verbinden (Paragraph 8, Absatz 2, AsylG bzw. nunmehr aufgrund der Übergangsbestimmungen des Paragraph 75, Absatz 8, AsylG 2005 nach Paragraph 10, Absatz eins, Ziffer 2, leg. cit.). Der Gesetzgeber beabsichtigt durch die zwingend vorgesehene Ausweisung von Asylwerbern, eine über die Dauer des Asylverfahrens hinausgehende Aufenthaltsverfestigung im Inland von Personen, die sich bisher bloß auf Grund ihrer Asylantragstellung im Inland aufhalten durften, zu verhindern (VfGH vom 17.03.2005, Zl. G 78/04 u. a.). Bei einer Ausweisungsentscheidung ist auf Artikel 8, EMRK Bedacht zu nehmen (VfGH vom 15.10.2004, Zl. G 237/03, VfGH vom 17.03.2005, Zl. G 78/04 u.a.). In diesem Zusammenhang erfordert Artikel 8, Absatz 2, EMRK eine Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit des staatlichen Eingriffs und verlangt somit eine Abwägung der betroffenen Rechtsgüter und öffentlichen Interessen vergleiche VwGH 26.6.2007, 2007/01/0479).

Gemäß Artikel 8, EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Artikel 8, Absatz 2, EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig und in diesem Sinne auch verhältnismäßig ist.

Das Recht auf Achtung des Privatlebens im Sinne des Artikels 8 EMRK schützt das Zusammenleben der Familie. Es umfasst jedenfalls alle durch Blutsverwandtschaft, Eheschließung oder Adoption verbundene Familienmitglieder, die effektiv zusammenleben, das Verhältnis zwischen Eltern und minderjährigen Kindern auch dann, wenn es kein Zusammenleben gibt (EGMR Kroon, Verfassungsgerichtshof vom 28.06.2003, G 78/00). Der Begriff des Familienlebens ist nicht auf Familien beschränkt, die sich auf eine Heirat gründen, sondern schließt auch andere de facto Beziehungen ein; maßgebend ist beispielsweise das Zusammenleben eines Paares, die Dauer der Beziehung, die Demonstration der Verbundenheit durch gemeinsame Kinder oder auf andere Weise (EGMR Marckx, EGMR vom 23.04.1997, römisch fünf und andere). Bei dem Begriff "Familienleben im Sinne des Artikel 8 EMRK" handelt es sich nach gefestigter Ansicht der Konventionsorgane um einen autonomen Rechtsbegriff der Konvention.

Eingriffe in das Recht auf Privat- und Familienleben sind nur unter den Bedingungen des Artikel 8 Absatz 2 EMRK zulässig, das heißt, sie müssen gesetzlich vorgesehen und zur Erreichung eines der genannten Ziele geboten sein. Bei der Beendigung des Aufenthaltes muss ein faires Gleichgewicht zwischen den berührten öffentlichen Interessen und den Belangen des Familienlebens gewahrt werden (EGMR in Boujifa ff Frankreich).

Ausgangspunkt der Abwägung ist die Verankerung im Aufenthaltsstaat und die Konsequenzen der Ausweisung für die familiären Bindungen.

Bei der Setzung einer solchen aufenthaltsbeendenden Maßnahme kann ein Eingriff in das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens vorliegen (Artikel 8 Absatz 1 EMRK). In seinem Erkenntnis vom 29. September 2007, Zahl: B 1150/07-9 zur Bestimmung des Paragraph 10, (in der Fassung BGBL. römisch eins Nr. 100/2005) erging und die auf die nunmehr anzuwendende Fassung des Paragraph 10, Absatz 2 Asylgesetz 2005 wegen des inhaltsgleichen Kriterienkatalogs übertragbar ist, führte der Verfassungsgerichtshof aus, dass das öffentliche Interesse eines Fremden an der Fortsetzung seines Privatlebens, wenn dieses sich bloß auf die lange Aufenthaltsdauer, verursacht durch rechtswidrigen Aufenthalt bzw. aussichtslose Anträge, stütze. Eine Verletzung von

Artikel 8 EMRK sei nicht denkbar, wenn die belangte Behörde das Interesse an einer geregelten Einreise und der Befolgung österreichischer Gesetze höher bewerte, als den langjährigen tatsächlichen Aufenthalt im Inland.

Bei dieser Interessenabwägung sind - wie in Paragraph 10, Absatz 2, Ziffer 2, AsylG 2005 in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, 29 aus 2009, unter Berücksichtigung der Judikatur der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts ausdrücklich normiert wird - insbesondere die Art und Dauer des bisherigen Aufenthalts und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration des Fremden, die Bindungen zum Heimatstaat, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts sowie die Frage zu berücksichtigen, ob das Privat- und Familienleben in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren vergleiche VfGH 29.9.2007, B 1150/07; 12.6.2007, B 2126/06; VwGH 26.6.2007, 2007/01/0479; 26.1.2006, 2002/20/0423).

Der Beschwerdeführer verfügt seinen eigenen Angaben zufolge über keine dauernd aufenthaltsberechtigten Familienangehörigen in Österreich und hat hier auch keine Kinder. Er gibt an, dass seine Freundin römisch 40 heißt, die Inhaberin seiner Wohnung heißt allerdings römisch 40 und gab bei der Zustellung der Ladung gegenüber der Polizeiinspektion römisch 40 , an "eine Freundin" des Beschwerdeführers zu sein. Unter Zugrundelegung dieser Umstände kann jedenfalls nicht von einem Familienleben des Beschwerdeführers in Österreich ausgegangen werden.

Im gegenständlichen Fall bleibt weiters zu prüfen, ob mit der Ausweisung in das Privatleben des Beschwerdeführers eingegriffen wird und bejahendenfalls, ob dieser Eingriff eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig und in diesem Sinne auch verhältnismäßig ist (Artikel 8, Absatz 2, EMRK).

Nach der Rechtsprechung des EGMR garantiert die Konvention Fremden kein Recht auf Einreise und Aufenthalt in einem Staat. Unter gewissen Umständen können von den Staaten getroffene Entscheidungen auf dem Gebiet des Aufenthaltsrechts (z.B. eine Ausweisungsentscheidung) aber in das Privatleben eines Fremden eingreifen. Dies beispielsweise dann, wenn ein Fremder den größten Teil seines Lebens in dem Gastland zugebracht oder besonders ausgeprägte soziale oder wirtschaftliche Bindungen im Aufenthaltsstaat vorliegen, die sogar jene zum eigentlichen Herkunftsstaat an Intensität deutlich übersteigen vergleiche EGMR 8.4.2008, Nnyanzi v. The United Kingdom, Appl. 21.878/06; 4.10.2001, Fall Adam, Appl. 43.359/98, EuGRZ 2002, 582; 9.10.2003, Fall Slivenko, Appl. 48.321/99, EuGRZ 2006, 560; 16.6.2005, Fall Sisojeva, Appl. 60.654/00, EuGRZ 2006, 554; uvm).

Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kommt den Normen, die die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regeln, aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung ein hoher Stellenwert zu (VwGH 16.01.2001, 2000/18/0251, uva.). Der Verwaltungsgerichtshof hat festgestellt, dass beharrliches illegales Verbleiben eines Fremden nach rechtskräftigem Abschluss des Asylverfahrens bzw. ein länger dauernder illegaler Aufenthalt eine gewichtige Gefährdung der öffentlichen Ordnung im Hinblick auf ein geordnetes Fremdenwesen darstellen würde, was eine Ausweisung als dringend geboten erscheinen lässt (VwGH 31.10.2002, 2002/18/0190). Das Gewicht der öffentlichen Interessen im Verhältnis zu den Interessen des Fremden ist bei der Ausweisung von Fremden, die sich etwa jahrelang legal in Österreich aufgehalten haben, und Asylwerbern, die an sich über keinen Aufenthaltstitel verfügen und denen bloß während des Verfahrens Abschiebeschutz zukommt, unterschiedlich zu beurteilen (VfGH 17.03.2005, G 78/04).

Bei der Beurteilung der Rechtskonformität von behördlichen Eingriffen ist nach ständiger Rechtsprechung des EGMR und Verfassungsgerichtshofes auf die besonderen Umstände des Einzelfalls einzugehen. Die Verhältnismäßigkeit einer solchen Maßnahme ist (nur) dann gegeben, wenn ein gerechter Ausgleich zwischen den Interessen des Betroffenen auf Fortsetzung seines Privat- und Familienlebens im Inland einerseits und dem staatlichen Interesse an der Wahrung der öffentlichen Ordnung andererseits gefunden wird. Der Ermessensspielraum der zuständigen Behörde und die damit verbundene Verpflichtung, allenfalls von einer Aufenthaltsbeendigung Abstand zu nehmen, variiert nach den Umständen des Einzelfalls. Bei dieser Interessenabwägung sind insbesondere die Aufenthaltsdauer, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens und dessen Intensität, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration des Fremden, der sich in intensiven Bindungen zu Verwandten und Freunden, der Selbsterhaltungsfähigkeit, der Schulausbildung, der Berufsausbildung, der Teilnahme am sozialen Leben, der Beschäftigung und ähnlichen Umständen manifestiert, die Bindungen zum Heimatstaat, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen das Einwanderungsrecht, Erfordernisse der öffentlichen Ordnung sowie die Frage, ob das Privat- und Familienleben in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, zu berücksichtigen vergleiche VfGH 29.09.2007, B 1150/07; 12.06.2007, B 2126/06; VwGH 26.06.2007, 2007/01/0479; 26.01.2006, 2002/20/0423; 17.12.2007, 2006/01/0216; Grabenwarter, Europäische Menschenrechtskonvention², 194; Frank/Anerinhof/Filzwieser, Asylgesetz 2005³, Sitzung 282ff).

Der Beschwerdeführer ist wohl seit rund viereinhalb Jahren in Österreich aufhältig, dieser Aufenthalt war jedoch nach illegaler Einreise nur deswegen nicht rechtswidrig, weil der Beschwerdeführer einen Asylantrag gestellt hat.

Der Beschwerdeführer gibt an, dass in dieser Zeit insoferne ein Privatleben entstanden ist, dass er über eine Freundin verfügt die österreichische Staatsbürgerin nigerianischer Abstammung ist, welche ihn unterstützt und bei der er auch (unangemeldet) in deren Gastgewerbe hilft. Dieses Privatleben ist jedenfalls zu einem Zeitpunkt entstanden, in dem sich der Beschwerdeführer aufgrund der negativen Entscheidung des Bundesasylamtes seines unsicheren Aufenthaltsstatuses bewusst sein musste. Außerdem erscheint es möglich, dass der Beschwerdeführer das Privatleben unter Verwendung moderner elektronischer Kommunikationsmittel von Nigeria aus fortsetzt oder auch die Beschwerdeführerin - falls sie dies wünscht - mit ihm nach Nigeria zurückkehrt, von wo sie selbst stammt.

Trotz einer Aufenthaltsdauer von mehr als vier Jahren hat der Beschwerdeführer keinerlei Deutschkurse oder sonstige Ausbildungen besucht und auch sonst keinerlei Dokumente zu seiner Integration vorgelegt. Er ist auch nicht Mitglied bei irgendwelchen Vereinen oder Organisationen und haben sich auch sonst keinerlei Hinweise auf eine besondere Integration des Beschwerdeführers in die österreichische Gesellschaft ergeben.

Wenn auch die Verfahrensdauer vor dem Asylgerichtshof als verhältnismäßig lang zu bezeichnen ist, so wurden diesem mehrfach Länderdokumente dem Beschwerdeführer zum Parteiengehör vorgehalten und hat der Beschwerdeführer diese Zeit auch nicht dazu genutzt, sich nachhaltig in die österreichische Gesellschaft zu integrieren.

Auch das "Untertauchen" des Beschwerdeführers spricht gegen ein schützenswertes Privatleben in Österreich (AsylGH v. 01.02.2013, D13 417876-1/2011).

Besonders schwer wiegt aber in diesem Zusammenhang, dass der Beschwerdeführer zweimal, und zwar einmal wegen eines Drogendeliktes und einmal wegen Körperverletzung und versuchten Widerstands gegen die Staatsgewalt, vom Landesgericht für Strafsachen römisch 40 zu einer Haftstrafe verurteilt wurde und damit manifestiert hat, dass er der österreichischen Rechtsordnung gegenüber zumindest gleichgültig eingestellt und nicht willens ist, sich den in Österreich vorherrschenden gesellschaftlichen und staatlichen Normen entsprechend zu verhalten und kann schon alleine deshalb eine erfolgreiche Integration des Beschwerdeführers in Österreich nicht angenommen werden (siehe auch Asylgerichtshof v. 17.09.2013, D3 421246-1/2011/18E); nicht unerwähnt darf bleiben, dass gegen den Beschwerdeführer aufgrund seiner rechtskräftigen Verurteilungen ein aufrechtes Rückkehrverbot aus Gründen der öffentlichen Sicherheit besteht.

Der Asylgerichtshof kann aber auch sonst keine unzumutbaren Härten an einer Rückkehr des Beschwerdeführers erkennen: Der Beschwerdeführer beherrscht nach wie vor die Sprache seiner Volksgruppe Ibo sowie Pidgin, sodass auch seine Resozialisierung an keiner Sprachbarriere scheitert und von diesem Gesichtspunkt her möglich ist. Zudem hat er den überwiegenden Teil seines Lebens in Nigeria verbracht. Es kann daher nicht gesagt werden, dass der Beschwerdeführer seinem Kulturkreis völlig entrückt wäre und sich in seiner Heimat überhaupt nicht mehr zurechtfinden würde. Im Übrigen sind nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch Schwierigkeiten beim Wiederaufbau einer Existenz in Nigeria - letztlich auch als Folge des Verlassens des Heimatlandes ohne ausreichenden (die Asylgewährung oder Einräumung von subsidiärem Schutz rechtfertigenden Grund) für eine Flucht nach Österreich - im öffentlichen Interesse an einem geordneten Fremdenwesen hinzunehmen vergleiche VwGH 29.4.2010, 2009/21/0055).

Angesichts der - in ihrem Gewicht erheblich geminderten - Gesamtinteressen des Beschwerdeführers am Verbleib in Österreich überwiegen nach Ansicht des erkennenden Senates die öffentlichen Interessen an der Aufenthaltsbeendigung, die sich insbesondere im Interesse an der Einhaltung der einreise- und fremdenrechtlichen Vorschriften sowie vor allem der öffentlichen Ordnung und darin manifestieren, dass das Asylrecht (und die mit der Einbringung eines Asylantrags verbundene vorläufige Aufenthaltsberechtigung) nicht zur Umgehung der allgemeinen Regelungen eines geordneten Zuwanderungswesens dienen darf vergleiche dazu im Allgemeinen und zur Gewichtung der maßgeblichen Kriterien VfGH 29.9.2007, B 1150/07). Die Ausweisung ist daher aus dem Blickwinkel des Artikel 8, EMRK zulässig.

Weiters ergaben sich auch keine begründeten Hinweise darauf, dass die Durchführung der Ausweisung aus Gründen, die in seiner Person liegen und die nicht von Dauer sind, Artikel 3, EMRK verletzen könnte.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.