Gericht

Asylgerichtshof

Entscheidungsdatum

20.02.2013

Geschäftszahl

C16 420055-1/2011

Spruch

C16 420.055-1/2011/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Der Asylgerichtshof hat durch die Richterin Dr. Kirschbaum als Vorsitzende und den Richter Dr. Chvosta als Beisitzer über die Beschwerde der römisch 40 alias römisch 40 , StA. Mongolei, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 16.06.2011, FZ. 11 03.153 - EASt West, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß Paragraphen 3, Absatz eins,, 8 Absatz eins, sowie 10 Asylgesetz, Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 100 aus 2005, in der Fassung Bundesgesetzblatt Nr. 38 aus 2011,, abgewiesen.

Text

Entscheidungsgründe:

Verfahrensgang

Verfahren vor dem Bundesasylamt

Die Beschwerdeführerin, eine Staatsangehörige der Mongolei, reiste gemeinsam mit ihrer minderjährigen Tochter zu einem unbekannten Zeitpunkt illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 01.04.2011 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz (AS 11, 17).

Eine EURODAC-Abfrage verlief negativ (AS 3).

Am 04.04.2011 erfolgte die Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes der Polizeiinspektion St. Georgen im Attergau, EASt, unter Beteiligung eines Dolmetschers der Sprache Mongolisch, im Zuge derer sie ua. angab, sie sei über Polen nach Österreich gekommen (AS 11, 15).

Nachdem das Bundesasylamt von der Antragstellung informiert worden war, wurde die Beschwerdeführerin am 23.05.2011 vom Bundesasylamt, EAST West, unter Beteiligung eines Dolmetschers in der Sprache Mongolisch niederschriftlich einvernommen (AS 103).

Auf eine Anfrage an die zuständigen polnischen, slowakischen und tschechischen Behörden antworteten diese, dass die Beschwerdeführerin in deren Staatsgebieten unbekannt sei (AS 69, 71, 99).

Am 30.05.2011 wurde die Beschwerdeführerin vom Bundesasylamt, Ast West, erneut unter Beteiligung einer Dolmetscherin in der Sprache Mongolisch niederschriftlich einvernommen (AS 157).

Angefochtener Bescheid

Mit Datum vom 16.06.2011 erließ das Bundesasylamt den Bescheid FZ. 11 03.153 - EASt West (AS 161), zugestellt am 24.06.2011 (AS 213) (im Folgenden: angefochtener Bescheid).

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführerin gemäß Paragraph 3, Absatz eins, in Verbindung mit Paragraph 2, Absatz eins, lit. 13 AsylG, Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 100 aus 2005, "idgF", der Status der Asylberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt römisch eins.). Ihr wurde gemäß Paragraph 8, Absatz eins, in Verbindung mit Paragraph 2, Absatz eins, lit. 13 leg. cit. der Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Mongolei nicht zuerkannt (Spruchpunkt römisch II.) Sie wurde gemäß Paragraph 10, Absatz eins, Ziff. 2 leg. cit. aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Mongolei ausgewiesen (Spruchpunkt römisch III.) (im Folgenden: angefochtener Bescheid).

Zur Begründung führte das Bundesasylamt im Wesentlichen an, dass der Beschwerdeführerin im Herkunftsstaat Mongolei keine Verfolgung drohe, weil die Beschwerdeführerin eine solche nicht glaubhaft habe machen können (Spruchpunkt römisch eins.).

Ebenso bestünden keine stichhaltigen Gründe für die Annahme, dass die Beschwerdeführerin bei einer Rückkehr in die Mongolei Gefahr liefe, dort einer unmenschlichen Behandlung, Strafe oder gar der Todesstrafe ausgesetzt zu sein (Spruchpunkt römisch II.).

Eine Ausweisung aus Österreich sei, da kein Recht auf internationalen Schutz bestehe, gesetzlich indiziert und verletze auch nicht die Rechte der Beschwerdeführerin aus Artikel 8, EMRK (Spruchpunkt römisch III.).

Zur politischen Lage in der Mongolei hat sich das Bundesasylamt im angefochtenen Bescheid auf Länderberichte aus den Jahren 2007 bis 2010 gestützt.

Beschwerde

Mit Fax vom 01.07.2011 legte die Beschwerdeführerin gegen den angefochtenen Bescheid Beschwerde beim Bundesasylamt ein (AS 219).

Zur Begründung der Beschwerde führte die Beschwerdeführerin im Wesentlichen an, das Bundesasylamt sei zu Unrecht von der Unglaubwürdigkeit ihrer Aussagen ausgegangen. Die Beschwerdeführerin werde sehr wohl in asylrechtlich relevanter Weise verfolgt.

Verfahren vor dem Asylgerichtshof

Die Beschwerde langte am 03.07.2011 beim Asylgerichtshof ein.

Gemäß Paragraph 23, Absatz eins, Asylgerichtshofgesetz, Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 4 aus 2008, in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 140 aus 2011,, (AsylGHG) sind, soweit sich aus dem Asylgesetz 2005, Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 100 aus 2005, in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 38 aus 2011,, (AsylG) nicht anderes ergibt, auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, Bundesgesetzblatt Nr. 51, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffes "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt.

Der Asylgerichtshof übermittelte der Beschwerdeführerin gemäß Paragraph 45, Absatz 3, AVG mit Schreiben vom 24.01.2013 eine Zusammenfassung aktueller Länderinformationen zur Mongolei samt Angabe der dort genannten Quellen als Ergebnis der Beweisaufnahme. Ihr wurde angeboten, in die vollständigen Texte der genannten Quellen beim Asylgerichtshof Einsicht zu nehmen und dazu binnen zwei Wochen ab Zustellung Stellung zu nehmen.

Des Weiteren wurde die Beschwerdeführerin aufgefordert mitzuteilen, ob und gegebenenfalls inwiefern ihr Gesundheitszustand akut oder chronisch beeinträchtigt ist sowie ersucht, diesfalls geeignete Nachweise dafür vorzulegen.

Außerdem informierte der Asylgerichtshof die Beschwerdeführerin darüber, dass er bezüglich etwaiger familiärer oder privater Bindungen an Österreich vorläufig von den im angefochtenen Bescheid angeführten Sachverhaltsfeststellungen ausgehe und die Beschwerdeführerin wurde aufgefordert, innerhalb der genannten Frist den Asylgerichtshof unter Vorlage entsprechender Nachweise (zB. Aufenthaltsberechtigung, Deutschkenntnisse, sonstige Zeugnisse und Bestätigungen, Beschäftigungsnachweise, ehrenamtliche Tätigkeiten) zu informieren, falls sich der Sachverhalt in Bezug auf das Privat- und Familienleben der Beschwerdeführerin in Österreich seit Erlass des angefochtenen Bescheides geändert haben sollte.

Die Beschwerdeführerin machte von der Akteneinsicht keinen Gebrauch gemacht, gab aber mit Faxnachricht vom 11.02.2013 eine Stellungnahme ab.

Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung war gemäß Paragraph 41, Absatz 7, AsylG nicht erforderlich.

Der Antrag auf Abhaltung einer mündlichen Verhandlung reicht bei sonstigem Vorliegen der Voraussetzungen des Paragraph 41, Absatz 7, AsylG nicht aus, um eine Verhandlungspflicht zu begründen vergleiche VwGH 17.10.2006, Zl. 2005/20/0329; 23.11.2006, Zl. 2005/20/0406; 23.11.2006, Zl. 2005/20/0477; 23.11.2006, Zl. 2005/20/0517; 23.11.2006, Zl. 2005/20/0551; 23.11.2006, Zl. 2005/20/0579).

Das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung in Fällen, in denen der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen tatsachenwidrig ist, steht im Einklang mit Artikel 47, Absatz 2, GRC, wenn zuvor bereits ein Verwaltungsverfahren stattgefunden hat, in dessen Rahmen Parteiengehör gewährt wurde (VfGH 14.03.2012, GZ. U 466/11-18).

Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde im vorliegenden Fall abgesehen, da der Sachverhalt im Verfahren vor dem Asylgerichtshof aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde sowie einer Stellungnahme der Beschwerdeführerin zur Beweisaufnahme im gerichtlichen Verfahren geklärt ist, und vor dem Bundesasylamt zu den behaupteten Fluchtgründen ausreichend rechtliches Gehör gewährt worden war.

Der Asylgerichtshof hat am heutigen Tage als Senat in nichtöffentlicher Sitzung beraten und das vorliegende Erkenntnis einstimmig beschlossen.

Sachverhalt

Beweismittel

Der Asylgerichtshof hat für die Ermittlung des maßgeblichen Sachverhalts folgende Beweismittel verwendet:

Parteivorbringen und sonstige Angaben der Beschwerdeführerin

a) In der Erstbefragung hat die Beschwerdeführerin im Wesentlichen Folgendes ausgesagt:

Zur Person hat die Beschwerdeführerin angegeben, sie heiße römisch 40 . Sie sei ledig und habe eine (damals) einjährige Tochter und sei chinesischer Abstammung. Sowohl ihre Eltern als auch ihre Adoptiveltern seien verstorben. Sie habe zuletzt an einer näher bezeichneten Adresse in Ulaanbaatar gelebt.

Die Beschwerdeführerin hat weiters angegeben, sie habe acht Jahre lang (1984 - 1992) die allgemeine Schule und drei Jahre lang (1992 - 1995) eine weiterführende Schule besucht. Danach habe sie drei Jahre lang (1995 - 1998) als römisch 40 gearbeitet.

Zum Reiseweg hat die Beschwerdeführerin angegeben, sie habe ihr Heimatland am 20.03.2011 mit dem Zug verlassen und sei über Moskau und Polen nach Österreich gelangt.

Zum Fluchtgrund hat die Beschwerdeführerin angegeben, sie habe sich mit ihrem Ehemann in letzter Zeit immer schlechter verstanden, da er sie unter Druck gesetzt habe. Ihr Ehemann sei auf sie böse, da sie ihm bei der Heirat nichts von ihrer chinesischen Abstammung gesagt habe.

b) Bei der ersten niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesasylamt hat die Beschwerdeführerin ihr Vorbringen im Wesentlichen wie folgt geändert bzw. ergänzt:

Zur Person hat die Beschwerdeführerin angegeben, sie sei nicht krank, habe aber Rückenschmerzen, wenn sie ihre Tochter länger trage und sie führe dies auf einen Autounfall, den sie vor sechs Jahren gehabt habe, zurück.

Die Beschwerdeführerin hat ergänzt, sie sei bis zu ihrem vierten Lebensjahr in der "Inneren Mongolei" (VR China) aufgewachsen. Danach habe sie in der Mongolei gelebt, sei dort adoptierte worden und habe einen mongolischen Reisepass ausgestellt bekommen. Ihre Adoptiveltern seien 1984 in der Mongolei bei einem Autounfall ums Leben gekommen. Die Beschwerdeführerin hat weiters angegeben, sie sei nicht offiziell mit dem Vater ihrer Tochter verheiratet. Dieser befinde sich nach wie vor in der Mongolei, ansonsten habe sie dort keine Familienangehörigen mehr.

Seit 2007 habe sie in einem Bezirk von Ulaanbaatar gelebt. Die letzten sechs Monate vor ihrer Ausreise habe sie in der Hauptstadt bei einer Freundin gelebt.

Zu Ausbildung und Berufstätigkeit hat die Beschwerdeführerin ergänzt, sie habe seit 2004 in einer Nähfabrik gearbeitet.

Zum Fluchtgrund hat die Beschwerdeführerin ausgeführt, sie sei erstens wegen der Gewalttätigkeit ihres Lebensgefährten ihr und ihrer Tochter gegenüber geflohen. Sie habe davon zahlreiche Narben und Rückenverletzungen aus den Jahren 2008 und 2009. Im Jahr 2005 sei sie auf dem Weg zu den Eltern ihres Lebensgefährten auch bei einem Autounfall schwer verletzt worden. Ein Jahr später habe ein Bekannter ihr erzählt, dass ihr Lebensgefährte diesen Unfall organisiert habe. Aufgrund der Misshandlungen habe sie auch zwei Abtreibungen vornehmen lassen müssen, um Fehlgeburten zu vermeiden. Sie habe sich mehrmals an die örtliche Polizei gewandt. Diese habe den Lebensgefährten aber jeweils lediglich einige Stunden festgehalten und dann wieder freigelassen, worauf die Misshandlungen fortgeführt worden seien. Zweitens habe sie wegen ihrer chinesischen Abstammung Probleme am Arbeitsplatz und bei sozialen Kontakten gehabt.

Bei einer Rückkehr in die Mongolei befürchte sie, von ihrem ehemaligen Lebensgefährten misshandelt oder getötet zu werden. Außerdem wisse sie nicht, wie sie mit ihrem kleinen Kind arbeiten gehen solle.

Zu ihrem Leben in Österreich hat die Beschwerdeführerin angegeben, sie habe hier keine Familienangehörigen außer ihrer Tochter.

c) Bei der zweiten niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesasylamt hat die Beschwerdeführerin ihr Vorbringen wie folgt geändert bzw. ergänzt:

Zur Person hat die Beschwerdeführerin nunmehr angegeben, sie habe in der Mongolei nie gültige Dokumente besessen, da sie aus der Inneren Mongolei stamme. In ihren weiteren Ausführungen hat sie dann jedoch erneut angegeben, sie habe Dokumente gehabt, aber auf ihrer Reise nach Österreich verloren.

Zum Fluchtgrund hat die Beschwerdeführerin ergänzt, sie werde von ihrem Lebensgefährten in der Mongolei gesucht. Dieser habe auch gedroht, sie und das Kind zu töten. Außerdem sei ihr Kind noch klein und sie könne es bei einer Rückkehr nicht in den Kindergarten geben, um arbeiten zu können.

d) In der Beschwerdeschrift hat die Beschwerdeführerin ihr Vorbringen im Wesentlichen wie folgt geändert bzw. ergänzt:

Zur Person hat die Beschwerdeführerin nunmehr angegeben, sie sei 1980 von "jemandem" aus der Mongolei adoptiert worden. Sie könne weder zu ihren leiblichen Eltern noch zu ihren Adoptiveltern Angaben machen. Ihre Adoptiveltern seien bei einem Motorradunfall ums Leben gekommen. Nach deren Tod habe sie bis zum Abschluss der achten Klasse in einem Internat gelebt.

Nach der Schule habe sie eine Fachschule für römisch 40 absolviert und auch in diesem Beruf gearbeitet, bis ihr wegen Personaleinsparungen gekündigt worden sei. Danach habe sie einen Kurs für Näherinnen gemacht und habe in einer Nähfabrik sowie später auch als Reinigungskraft gearbeitet.

Zum Fluchtgrund hat die Beschwerdeführerin ergänzt, ihr ehemaliger Lebensgefährte sei alkoholkrank. Er habe sie geschlagen, an den Haaren gezerrt, zu Boden gestoßen und gefoltert, indem er sie am ganzen Körper gezwickt habe. Sie hat nunmehr vorgebracht, sie sei zwei- oder dreimal geflüchtet, der Mann habe sie jedoch jedes Mal wieder gefunden.

e) In der Stellungnahme an den Asylgerichtshof hat die Beschwerdeführerin ihr Vorbringen wie folgt geändert bzw. ergänzt:

Zur Person hat die Beschwerdeführerin betont, sie habe seit März 2011 keinen Kontakt mehr in die Mongolei.

Zum Fluchtgrund hat die Beschwerdeführerin gemeint, der mongolische Staat schütze sie nicht gegen ihren Lebensgefährten.

Zu ihrem Leben in Österreich hat die Beschwerdeführerin kein Vorbringen im Hinblick auf eine etwa geänderte Sachlage gemacht.

Länderinformationen

Der Asylgerichtshof hat folgende als Beweismittel herangezogen:

ACCORD "Anfragebeantwortung vom 08. März 2007 a-5319 (ACC-MNG-5319) mit Verweis auf DCAF - Geneva Centre for the Democratic Control of

Armed Forces: Democratic Oversight and Reform of Civil Military

Relations in Mongolia: A Self-Assessment (Hrsg.: Sh. Palamdorj & Philipp Fluri, DCAF & National University of Mongolia), 2003

ACCORD, "Anfragebeantwortung - Allgemeine Menschenrechtssituation, Unruhen vom Juli 2008" vom 03.09.2008

Amnesty International, "Amnesty Report 2012 - Mongolei" vom 24.05.2012

Amnestiegesetz vom 09.07.2009

Barkmann, Udo Prof. Dr., Universität Ulaanbaatar - Häusliche Gewalt gegen Frauen und Mädchen in der Mongolei, Gutachten im Auftrag des Asylgerichtshofes 2010 mwN

Bundesamt für Migration (Schweiz), Mongolei, Häusliche Gewalt, 08.12.2006 und Medizinische Versorgung, 08.12.2006

Deutsches Auswärtiges Amt, "Mongolei - Innenpolitik" (März 2012)

Deutsches Auswärtiges Amt, "Mongolei - Überblick" (August 2012)

Deutsches Auswärtiges Amt, "Mongolei - Wirtschaftspolitik" (März 2012)

Freedom House, "Freedom in the World - Mongolia (Juli 2012)"

Friedrich-Ebert-Stiftung, "Politische Krise in der Mongolei" (August 2008)

Hanns-Seidel-Stiftung, "Quartalsbericht Januar bis März 2011 Mongolei"

Hanns-Seidel-Stiftung, "Quartalsbericht Oktober bis Dezember 2012 Mongolei"

Konrad-Adenauer-Stiftung, "Die Parlamentswahlen in der Mongolei vom 29. Juni 2008" vom 14.07.2008

Konrad-Adenauer-Stiftung, "Bericht zu den Präsidentschaftswahlen in der Mongolei vom 24. Mai 2009" vom 01.06.2009

Österreichische Botschaft Peking, "Asylländerbericht - Mongolei" (November 2010) und "Zusatzfragen" (April 2009)

Staatsbürgerschaftsgesetz - Mongolisches Gesetz über die Staatsbürgerschaft vom 05.06.1995, novelliert 07.12.2000 - englische Übersetzung (Website der mongolischen Botschaft in Japan) http://www.mn.emb-japan.go.jp/jp/ryouji/immig_laws/on_citizenship.pdf

Strafgesetzbuch der Mongolei vom 01.09.2002 - englische Übersetzung (UNHCR) http://www.unhcr.org/refworld/pdfid/3ed919fd4.pdf

Odgerel Tseveen ua., The Mongolian Legal System and Laws: A Brief Overview (Update: Mai 2009), Hauser Global Law School Program at NYU School of Law, GlobaLex,

http://www.nyulawglobal.org/globalex/Mongolia1.htm

UK Home Office - UK Border Agency, "Country of Origin Information Key Documents - Mongolia" vom 04.02.2010

UK Home Office - UK Border Agency, "Operational Guidance Note - Mongolia" vom 12.04.2007

US Department of State, "Human Rights Report 2011: Mongolia" vom 24.05.2012

US Department of State, "International Religious Freedom Report - 2011, Mongolia" vom 30.07.2012

United Nations Convention against Torture and Other Cruel, Inhuman or Degrading Treatment or Punishment, Committee against Torture, 22.02.2010

World Health Organisation, "Country Health Information Profiles - Mongolia: Health System 2011

Sachverhalt nach Beweiswürdigung

Der Asylgerichtshof stellt nach Würdigung der unter römisch II.1 angeführten Beweismittel folgenden Sachverhalt fest.

Zur Person der Beschwerdeführerin

Die Beschwerdeführerin nennt sich römisch 40 . Sie ist zwar in der Inneren Mongolei (VR China) geboren, aber im Alter von vier Jahren in der Mongolei adoptiert worden und ist Staatsbürgerin der Mongolei. Sie ist ledig und hat eine minderjährige (zwei Jahre alte) Tochter, die mit ihr mitgereist ist. Die Beschwerdeführerin lebte vor ihrer Flucht in Ulaanbaatar. In der Mongolei lebt noch eine Freundin, mit der sie sechs Monate im gemeinsamen Haushalt gelebt hat.

Sie hat in der Mongolei acht Jahre lang die allgemeine Schule besucht und danach Ausbildungen als römisch 40 und als Näherin absolviert. Danach hat sie ihren Lebensunterhalt in diesen Berufen und als Reinigungskraft verdient. Die Beschwerdeführerin ist in einem allgemein guten Gesundheitszustand und arbeitsfähig.

Sie lebt seit knapp zwei Jahren in Österreich in einem gemeinsamen Haushalt mit ihrem Kleinkind. Sie spricht nicht Deutsch, hat keine über das übliche Maß hinausgehenden sozialen Kontakte und lebt von der Grundversorgung.

Die Identität der Beschwerdeführerin steht mangels entsprechender Nachweise nicht fest. Dass sie mongolische Staatsangehörige ist, erscheint dem Asylgerichtshof jedoch glaubhaft, da sie selbst sowohl in der Erstbefragung als auch in der ersten Einvernahme vor dem Bundesasylamt angegeben hat, dass sie seit 1980 in der Mongolei wohnhaft gewesen und dort adoptiert worden sei sowie, dass ihr 2010 von der Passbehörde in Ulaanbaatar problemlos ein mongolischer Reisepass ausgestellt worden sei. Ebenso habe sie einen mongolischen Personalausweis besessen.

Insofern die Beschwerdeführerin in der zweiten Einvernahme vor dem Bundesasylamt angegeben hat, sie habe in Österreich keine Dokumente und habe auch in der Mongolei nie Dokumente besessen, hat sie in derselben Einvernahme im Widerspruch dazu kurz darauf ausgesagt, sie habe alle Dokumente auf der Reise nach Österreich verloren.

Der Asylgerichtshof weist darauf hin, dass sie das Nichtvorhandensein von Dokumenten im Zusammenhang mit ihrem Hinweis auf die Unmöglichkeit einer Abschiebung vorgetragen hat, weshalb der Schluss naheliegt, dass sie dadurch lediglich ihren Argumenten für einen weiteren Verbleib in Österreich mehr Nachdruck verleihen wollte.

Für das Vorliegen einer mongolischen Staatsbürgerschaft und damit der Möglichkeit einer Rückkehr spricht schließlich auch ihre am Schluss derselben Einvernahme gestellte Frage, ob sie nicht bis zum Kindergartenalter ihrer Tochter in Österreich bleiben könne, damit "sie später zurückkehren und in der Mongolei Fuß fassen" (AS 159) könne.

Weiters spricht sie die Landessprache und verfügt über eine entsprechende geographische Orientiertheit [II.1.1 zu a) bis d)].

Feststellungen zu ihren Lebensumständen vor der Flucht, zu ihrer Bildung und Berufserfahrung sowie zu ihrer familiären Situation ergeben sich aus dem insoweit glaubwürdigen eigenen Vorbringen der Beschwerdeführerin [II.1.1 zu a) bis d)].

Was den Gesundheitszustand und die Arbeitsfähigkeit der Beschwerdeführerin betrifft, so sind im gesamten Verfahren keine gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Beschwerdeführerin hervorgekommen und sie hat selbst solche auch nach Aufforderung durch den Asylgerichtshof nicht vorgebracht.

Was ihr Leben in Österreich betrifft so stützt der Asylgerichtshof seine Feststellungen auf die eigenen Angaben der Beschwerdeführerin [II.1.1 zu b) und e)]. Die letzte diesbezügliche Einvernahme fand vor erst eineinhalb Jahren statt und die Beschwerdeführerin hat trotz ausdrücklicher Aufforderung durch den Asylgerichtshof keine Vorbringen erstattetet (oder Beweismittel vorgelegt), die Hinweise darauf enthalten hätten, dass sich der diesbezügliche Sachverhalt in der relativ kurzen Zeit seit Erlass des angefochtenen Bescheides in entscheidungsrelevanter Weise geändert hätte.

Zum Reiseweg

Die Beschwerdeführerin gelangte auf unbekanntem Wege gemeinsam mit ihrer minderjährigen Tochter spätestens am 01.04.2011 illegal nach Österreich.

Die Feststellungen zum Fluchtweg und zum Fluchtzeitpunkt ergeben sich aus dem insoweit im Wesentlichen gleichbleibenden Vorbringen der Beschwerdeführerin [II.1.1 zu a) und b)].

Zum behaupteten Fluchtgrund

Die Beschwerdeführerin wurde seit 2005 von ihrem im gemeinsamen Haushalt lebenden Lebensgefährten in betrunkenem Zustand regelmäßig schwer misshandelt. Sie erstattete mehrmals Anzeige, worauf der Lebensgefährte jeweils für einige Stunden inhaftiert wurde. Sechs Monate vor dem Verlassen des Landes zog die Beschwerdeführerin zu einer Freundin in Ulaanbaatar. Es kann nicht festgestellt werden, dass der Mann sie dort suchte oder gar weiter misshandelte.

Es kann nicht festgestellt werden, dass die Beschwerdeführerin in der Mongolei wegen ihrer chinesischen Abstammung am Arbeitsplatz oder in sonstiger Weise systematisch und nachhaltig diskriminiert wurde.

Zu dieser Feststellung kommt der Asylgerichtshof aufgrund der von der Beschwerdeführerin in dieser Hinsicht getätigten Aussagen [II.1.1 zu a) bis d)], die nur in Bezug auf die langjährige häusliche Gewalt, nicht aber in Bezug auf die Behauptung, die Beschwerdeführerin sei wegen ihrer Abstammung aus der Inneren Mongolei (VR China) am Arbeitsplatz diskriminiert worden, glaubhaft erscheint.

Die Beschwerdeführerin hat nämlich, erstens, zwar die Angriffe auf sie durch ihren Lebensgefährten sowie die dabei erlittenen Verletzungen detailliert geschildert, sodass die häusliche Gewalt, welche die Beschwerdeführerin erlitt, insgesamt glaubwürdig erscheint. Für nicht glaubwürdig erachtet der Asylgerichtshof allerdings die Behauptung, dass der Lebensgefährte den Autounfall, bei dem die Beschwerdeführerin verletzt wurde, organisierte. Diesbezüglich hat die Beschwerdeführerin nämlich keine substantiierten Angaben zu dessen Täterschaft gemacht, sondern sich auf Spekulationen aufgrund nicht näher belegter Behauptungen eines Dritten beschränkt.

Die Beschwerdeführerin hat außerdem angegeben, dass die Übergriffe während ihres Zusammenlebens und in der gemeinsamen Wohnung stattgefunden hätten, teilweise als ihr Lebensgefährte gelegentlich Freunde nach Hause eingeladen und ansonsten, wenn er sich (wie häufig) betrunken habe. Dass es zu weiteren Übergriffen gekommen wäre, nachdem die Beschwerdeführerin sechs Monate vor ihrer Ausreise zu ihrer Freundin gezogen war, hat sie nicht behauptet und auch lediglich unsubstantiiert in den Raum gestellt, dass ihr Lebensgefährte sie nach (nicht näher geschilderten) Fluchtversuchen jeweils wieder gefunden habe. Nähere Angaben, etwa wie er dies bewerkstelligt oder wo er sie aufgespürt habe, hat sie nicht gemacht.

Was, zweitens, die behauptete Diskriminierung wegen ihrer chinesischen Abstammung betrifft, hat die Beschwerdeführerin dies ebenfalls lediglich unsubstantiiert in den Raum gestellt und angegeben, sie habe am Arbeitsplatz und bei sozialen Kontakten sowie mit ihrem Lebensgefährten deswegen Probleme gehabt. Konkrete Vorfälle, die gerade auf ihre chinesische Abstammung zurück zu führen wären, hat sie jedoch nicht vorgebracht.

Weiters lässt sich ihrem Vorbringen eine systematische und anhaltende Diskriminierung auf dem Arbeitsmarkt oder bei der Bildung nicht entnehmen, zumal sie selbst ausgesagt hat, sie habe eine umfassende Schul- und Berufsausbildung genossen und verschiedene Berufe (unter anderem in einem römisch 40 und in einer Fabrik) ausüben können.

Zur relevanten Situation in der Mongolei

Unter dem Eindruck der politischen Umwälzungen im kommunistischen Osteuropa kam es 1990 zur Demokratisierung der bislang ausschließlich von der kommunistischen "Mongolischen Revolutionären Volkspartei" (MRVP) regierten Volksrepublik. 1991 sagte sich die MRVP schließlich von ihrer marxistisch-leninistischen Parteiideologie sowjetkommunistischer Prägung los. Durch eine Verfassungsänderung vom 12.02.1992 wurde die "Mongolische Volksrepublik" offiziell in "Mongolei" umbenannt.

Die Mongolei ist eine Republik mit einer parlamentarischen Demokratie und einer rechtsstaatlichen Verfassung (seit 1992 in Kraft). Die Verfassung der Mongolei kennt neben liberalen Grundprinzipien (Demokratie, Gerechtigkeit, Freiheit, Gleichheit, nationale Einheit und Achtung vor dem Gesetz) und dem Prinzip der Gewaltenteilung (Parlament, Regierung und Gerichtsbarkeit) einen umfassenden Katalog von Grundrechten (freie Berufswahl, vorteilhafte Arbeitsbedingungen, Verbot von Zwangsarbeit) wie auch Grundpflichten (zu arbeiten, die Gesundheit zu schützen). Es besteht das Recht auf finanzielle und materielle Unterstützung (bei Alter, Behinderung, Geburt und Kindererziehung) sowie auf Gesundheitsschutz und medizinische Fürsorge.

Die mongolische Verfassung sieht eine unabhängige, dreigliedrige Justiz vor, jedoch sind Fälle von Korruption, auch unter den Richtern, nicht vollständig auszuschließen, werden aber von der sog. "Special Investigations Unit" (SIU) der Generalstaatsanwaltschaft verfolgt.

Die Organisation der Staatsanwaltschaften ist spiegelbildlich zu den Gerichtsstrukturen und es besteht eine vergleichbare Unabhängigkeit. Das moderne Strafgesetzbuch der Mongolei in der Fassung vom 01.09.2002) orientiert sich inhaltlich an europäischen Strafgesetzgebungen. Die Haftstrafen sind aus generalpräventiven Gründen hoch und deutlich über den Strafmaßen europäischer Rechtsordnungen.

Vorwürfen gegen mongolische Polizeibeamte wird schleppend nachgegangen, jedoch ist systematische Untätigkeit bei Strafanzeigen nicht bekannt. Neben einer eigenen Dienstaufsichtsbehörde besteht auch eine Abteilung in der Staatsanwaltschaft, die für Ermittlungen bei Amtsmissbrauch bzw. Folter in der Polizei zuständig ist.

Häusliche Gewalt gegen Frauen ist ein ernsthaftes Problem, besonders in ländlichen Familien mit niedrigem Einkommen.

Hinsichtlich des Ausmaßes von häuslicher Gewalt gibt es keine zuverlässigen statistischen Daten. Das Nationale Zentrum gegen Gewalt ("National Center Against Violence" - NCAV) berichtete jedoch, dass während des Jahres 2008 32 Personen wegen häuslicher Gewalt verurteilt wurden. Das NCAV hat 405 Ersuchen um vorübergehenden Schutz in ihren fünf Einrichtungen angenommen, 278 Opfern psychologische Betreuung geleistet und in Ulaanbaatar 524 Opfern Rechtsberatung erteilt.

Nicht zuletzt aufgrund der Tatsache, dass weibliche Journalisten sowohl in den mongolischen Medien als auch in den Gerichten stark vertreten sind, ist eine steigende öffentliche und mediale Diskussion über häusliche Gewalt, insbesondere Missbrauch von Ehefrauen und Kindern, festzustellen.

Seit die Mongolei 1981 das internationale "Übereinkommen über die Beseitigung aller Formen der Diskriminierung gegen die Frau" (CEDAW) ratifiziert hat, hat sich die Lage der Frauen allgemein verbessert.

Laut Berichten internationaler Nichtregierungsorganisationen nimmt die Gewalt in der Familie gegenüber Frauen, welche vor allem von Männern unter Alkoholmissbrauch ausgeführt wird, allerdings zu. Eine Untersuchung des Nationalen Zentrums gegen Gewalt kam 2006 zu dem Ergebnis, dass jede dritte Frau in der Mongolei in irgendeiner Weise Opfer von Gewalt geworden ist. Jede zehnte Frau beklagte sich über sexuelle Belästigungen durch ihren Ehemann.

Das Gesetz gegen häusliche Gewalt in der Mongolei, das im Mai 2004 in Kraft trat, war das Ergebnis einer Zusammenarbeit zwischen zwei bekannten mongolischen nichtstaatlichen Frauenorganisationen und der Arbeitsgruppe gegen häusliche Gewalt des mongolischen Parlaments.

Die mongolischen Justizbehörden ahnden Gewaltverbrechen in der Familie nach dem Strafgesetz und fällen dabei auch Todesstrafen. Das neue Gesetz gegen häusliche Gewalt, das teilweise von mongolischen Frauenorganisationen mit Unterstützung ausländischer Juristinnen formuliert wurde, brachte eine Reihe von Fortschritten:

Es definiert einen weiten, niederschwelligen Gewaltbegriff und umfasst sowohl physische als auch psychische, sexuelle oder wirtschaftliche Formen von Gewalt (Artikel 6,).

Es verpflichtet die Behörden zum Handeln (Artikel 7, - 8, 14) und definiert die Verantwortung der Polizei (Artikel 9,) und der Sozialbehörden (Artikel 10,). Damit verbunden ist auch eine Sensibilisierung von Lehrpersonen und Ärzten, die Hinweise auf häusliche Gewalt der Polizei zu melden haben, wenn sie im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit auf solche stoßen (Artikel 13,).

Es legt rasche Abläufe fest, so dass ein Gericht innerhalb von 24 Stunden nach Eingang der Klage des Opfers einen Erlass (restraining order) verfügt (Artikel 17,), der bis zu einem Jahr Gültigkeit hat.

Angeordnet werden kann: Auszug des Täters aus dem gemeinsamen Haushalt, Unterbringung des Opfers in einer Schutzeinrichtung, temporäres Besuchsverbot des Täters bei minderjährigen Opfern, obligatorischer Besuch von Kursen zur Verhaltensänderung sowie Alkohol- und Drogenentzug für den Täter (Artikel 16,). Ein Erlass setzt eine allfällige zusätzliche Strafverfolgung nicht aus.

Das Gesetz wurde in Fachkreisen gut aufgenommen. Die raschen Gerichtserlasse gelten als vorbildlich. Kritik erntet dagegen, dass das Gesetz Polizei und Sozialarbeiter zu selbstständigem Handeln auffordert, ohne dass dabei immer die primären Interessen der Opfer berücksichtigt werden.

Die erfolgreiche Lobbyarbeit für das Gesetz gegen häusliche Gewalt hat die Zivilgesellschaft und die Frauenbewegung gestärkt. Neben dem Aktionsprogramm für Frauen nach einer Trennung hat die Kampagne gegen sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz hohe Priorität. Bisher gibt es keine gesetzliche Grundlage, um gegen sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz vorzugehen. Man schätzt, dass jede zweite Frau unter 35 Jahren bereits Erfahrungen mit sexueller Belästigung am Arbeitsplatz hat.

Die rund 40 Frauenorganisationen sind nicht nur unter einander im National Network of Mongolian Women¿s NGOs und international über Dachverbände vernetzt. Sie verfügen auch über gute Kontakte zur Verwaltung. Seit längerem sind Frauen unter den Studierenden in der Mehrheit. Ihr Gang in die Verwaltung wirkt sich aus. Nach offiziellen Angaben besetzen sich mittlerweile landesweit 63% der Richterstellen.

Aktivitäten von Frauenorganisationen wie das ¿National Center Against Violence' werden teilweise vom Staat mitfinanziert. Die Organisation unterhält seit 1998 eine Telefon-Hotline (Nr. 1903) und bietet gratis Beratung und Mandatsübernahme an. Der Hauptsitz befindet sich in Ulaanbaatar, Außenstellen bestehen gegenwärtig in Uburkhangai, Orkhon-Uul, Bayankhongor, Darkhan-Uul, Selenge, Shariin-Uul, Tuv, Baganuur, Nalaikh, Khentii, Dornod, Dundgobi, Gobi Sumber, Dornogobi und Umnugobi.

Die ¿Mongolian Women Lawyers Association¿ besteht aus Anwältinnen und bietet in allen Provinzen bedürftigen Frauen unentgeltliche Beratung und Unterstützung.

Primär bekommen mongolische Frauen Unterstützung von der MWF, der "Mongolian Women's Federation", welche bereits 1924 unter dem Namen "Mongolian Women's Committee" gegründet wurde und unter der kommunistischen Regierung die einzige mongolische Frauenorganisation war. Sie führt ihre Arbeit seit Beginn der neunziger Jahre als Nichtregierungsorganisation weiter.

Seit der Gründung des ¿National Center Against Violence¿ 1995 besteht in Ulaanbaatar ein Shelter House für misshandelte Frauen und Kinder. Dieses wurde mehrmals verlegt und vergrößert. Heute liegt es unauffällig direkt neben einem Polizeiposten und bietet 20 Betten für bis zu 30 Personen. Aufgenommen werden Opfer häuslicher Gewalt und ihre Kinder für eine Dauer von bis zu drei Monaten. In den letzten zehn Jahren kamen hier gegen 1.100 Frauen und 1.200 Kinder unter, bis eine definitive Lösung gefunden wurde.

2004 wurde ein Schutzhaus mit acht Betten in Dornogobi eröffnet, das im ersten Jahr 43 Frauen und 25 Kinder aufgenommen hat. Im April 2006 kam in Selenge ein weiteres Schutzhaus mit 20 Betten dazu. Als vierte Einrichtung besteht seit 2005 ein spezielles Haus für Kinder in Ulaanbaatar.

Das ¿National Center Against Violence¿ bezeichnet die Zusammenarbeit mit der Polizei als gut. Die Polizei reagiert auf Anrufe rasch und zuverlässig und nimmt Anzeigen an. Ein Vertreter des Polizei gehört zum Aufsichtsorgan (board) der NGO. Die Sensibilisierung von Polizeiangehörigen für häusliche Gewalt steht im Zentrum der langfristigen Trainingsaktivitäten. Das Thema ist in das Ausbildungsprogramm der Polizeiakademie integriert. Ein Pilotversuch mit speziellen Befragungsräumen für Opfer häuslicher Gewalt war erfolgreich, so dass das System mit Spezialistinnen bei der Polizei ausgeweitet wurde.

Es wird jedoch auch berichtet, dass die Polizei für den Umgang mit solchen Fällen ungenügend geschult ist, so dass der Vollzug des Gesetzes oft mangelhaft bleibt. Nach Berichten von NGO führte die Polizei mit der Behauptung einer unzureichenden Beweislage nur eine Minderheit von Vergewaltigungsfällen einer förmlichen Strafverfolgung zu. Hinzu kommt, dass sich Opfer häufig scheuen, vor Gericht "schmutzige Wäsche" gegen Familienmitglieder zu waschen und dass häusliche Gewalt in der Gesellschaft teilweise als innerfamiliäres Problem angesehen wird.

Die wirtschaftliche Lage der Mongolei hatte sich schon vor der internationalen Finanzkrise durch die starke Erhöhung der Treibstoffpreise sowie einen raschen Anstieg der Preise für Fleisch und Fleischprodukte sowie Mehlerzeugnisse, welche die Hauptnahrungsmittel der Mongolen sind, verschlechtert. Anfang 2010 war die Inflationsrate mit drei Prozent wieder stark rückläufig. Die Grundversorgung mit Nahrungsmitteln und Gegenständen des täglichen Bedarfs ist trotz weit verbreiteter Armut (bei teilweise enormen Einkommensunterschieden) im Allgemeinen gewährleistet.

Die mongolische Wirtschaft weist Wachstumsraten von über 15% auf, wobei das Wachstum nicht nur durch Investitionen in Bergbau, Infrastruktur und den Bausektor getragen wird sondern auch durch den privaten und staatlichen Konsum. Die offizielle Arbeitslosenquote beträgt 5%, tatsächlich lag sie nach Angaben der Weltbank in 2011 bei 9-10%. Die Inflationsrate ist mit 11,1% (Dezember 2011) hoch. Da sich aber die Preise für Nahrungsmittel, insbesondere für Fleisch - dem traditionellen Hauptbestandteil der mongolischen Nahrung - mit 22% noch schneller verteuert haben, ist das verfügbare Einkommen für untere Einkommensschichten, die einen hohen Teil ihres Einkommens für Lebensmittel ausgeben müssen, gesunken.

Die Mongolei verfügt über ca. 23.000 Krankenhausbetten und ca. 5.000 Ärzte, wobei jedoch der Selbstbehalt (durch Privatversicherung finanzierbar) bei den Behandlungskosten (Gesundheitsreform 2002) bei ca. 60% liegt. Einige Behandlungen sind kostenlos. In privaten Krankenhäusern trägt der Patient die gesamten Behandlungskosten und erhält eine qualitativ gute Behandlung. Aber auch in öffentlichen Krankenhäusern muss der Patient (bei schlechterer Qualität der Behandlung) de facto die Kosten für Medikamente usw. selbst tragen, da die Krankenhäuser nicht über ausreichende finanzielle Mittel verfügen.

Mongolische Staatsangehörige dürfen ohne Genehmigung (mit einem Reisepass) das Land verlassen. Allerdings können Menschen, die ohne Reisedokumente in der Nähe der Grenze aufgegriffen werden, bei Verdacht auf illegale Einreise in Untersuchungshaft genommen werden. Ansonsten gibt es im Fall einer Rückkehr aber weder Probleme wegen oppositioneller Betätigung (nicht strafbar) noch wegen der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz im Ausland.

Diese Sachverhaltsfeststellungen ergeben sich aus den vom Asylgerichtshof als Beweismittel herangezogenen Länderberichten zu Situation in der Mongolei (römisch II.1.2). Die dazu herangezogenen Quellen erscheinen dem Asylgerichtshof hinreichend seriös, ausgewogen und aktuell.

Der Asylgerichtshof hat erwogen:

Anwendbares Recht

Gemäß Paragraphen 73, Absatz eins und 75 AsylG ist dieses Gesetz auf Anträge auf internationalen Schutz anzuwenden, die ab dem 01.01.2006 gestellt wurden. Daraus folgt, dass für das gegenständliche Verfahren das AsylG idgF. anzuwenden war.

Zulässigkeit der Beschwerde

Die Beschwerde ist zulässig, da sie fristgerecht erhoben wurde und auch keine sonstigen Bedenken gegen ihre Zulässigkeit bestehen.

Rechtmäßigkeit des Verfahrens vor dem Bundesasylamt

Der Asylgerichtshof stellt zunächst fest, dass das Verwaltungsverfahren rechtmäßig durchgeführt wurde.

Der Beschwerdeführerin wurde durch die Erstbefragung und ihre Einvernahmen mit vorhergehender Rechtsberatung - alle jeweils unter Zuhilfenahme geeigneter Dolmetscher - ausreichend rechtliches Gehör gewährt.

Es lag auf Seiten des Bundesasylamtes auch kein Verstoß gegen den Grundsatz der amtswegigen Ermittlung gemäß Paragraph 18, Absatz eins, AsylG vor, da die Beschwerdeführerin ausreichend zu ihren Fluchtgründen befragt wurde und nicht ersichtlich ist, dass weitere Ermittlungen zur Feststellung des entscheidungserheblichen Sachverhalts notwendig gewesen wären.

Ausweislich der Vernehmungsprotokolle wurden der Beschwerdeführerin zwar die später im angefochtenen Bescheid zugrunde gelegten Länderinformationen zur Situation in der Mongolei nicht zur Stellungnahme vorgelegt, so dass insoweit ein Verstoß des Bundesasylamtes gegen Paragraph 37, AVG anzunehmen ist.

Die Beschwerdeführerin hatte jedoch mit der Beschwerde zum Asylgerichtshof Gelegenheit, zu aktuellen Berichten Stellung zu nehmen.

Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zum AVG ist ein Verfahrensfehler in Bezug auf das Parteiengehör (Paragraph 37, AVG) in der ersten Instanz als geheilt anzusehen, wenn einer Partei in der Berufungsschrift und gegebenenfalls im weiteren Berufungsverfahren Gelegenheit gegeben wird, an der Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts mitzuwirken (VwGH 30.09.1958, 338/56; VwGH 18.10.1989, 88/03/0151; VwGH 03.09.2001, 99/10/0011).

Dieser Grundsatz hat auch im Beschwerdeverfahren vor dem Asylgerichtshof seine Geltung, da der Gerichtshof gemäß Paragraph 18, AsylG und Paragraph 37, AVG in Verbindung mit Paragraph 23, Absatz eins, AsylGHG zur Ermittlung des vollen entscheidungserheblichen Sachverhalts verpflichtet ist und im Zuge dessen einem Beschwerdeführer Parteiengehör zu den Ermittlungsergebnissen zu gewähren hat.

Asyl (Spruchpunkt römisch eins. des angefochtenen Bescheides):

Inhalt und Auslegung von Paragraph 3, Absatz eins, AsylG

Gemäß Paragraph 3, Absatz eins, AsylG ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit oder Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, der Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihr im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, der Genfer Flüchtlingskonvention droht.

Flüchtling im Sinne des Asylgesetzes 2005 ist demnach, wer aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, sich außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

Gemäß Paragraph 11, Absatz eins, AsylG ist der Antrag auf Asyl abzuweisen, wenn in einem Teil des Herkunftsstaates des Asylwerbers vom Staat oder sonstigen Akteuren, die den Herkunftsstaat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebietes beherrschen, Schutz gewährleistet werden kann und dem Asylwerber zugemutet werden kann, sich in diesem Teil aufzuhalten (innerstaatliche Fluchtalternative). Schutz ist gewährleistet, wenn in Bezug auf diesen Teil des Herkunftsstaates keine wohlbegründete Furcht vor Verfolgung aus den in der GFK niedergelegten Gründen vorliegen kann.

Zentraler Aspekt des Flüchtlingsbegriffs der GFK ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Wohlbegründet kann eine Furcht nur dann sein, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers und unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist vergleiche VwGH vom 22.12.1999, Zl. 99/01/0334; vom 21.12.2000, Zl. 2000/01/0131; vom 25.01.2001, Zl. 2001/20/0011). Es kommt mithin nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde.

Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen.

Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht; die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht vergleiche VwGH vom 21.12.2000, Zl. 2000/01/0131; vom 25.01.2003, Zl. 2001/20/0011).

Für eine wohlbegründete Furcht vor Verfolgung ist es nicht erforderlich, dass bereits Verfolgungshandlungen gesetzt worden sind; sie ist vielmehr bereits dann anzunehmen, wenn solche Handlungen zu befürchten sind vergleiche VwGH vom 26.02.1997, Zl. 95/01/0454; vom 09.04.1997, Zl. 95/01/0555), denn die Verfolgungsgefahr - Bezugspunkt der Furcht vor Verfolgung - bezieht sich nicht auf vergangene Ereignisse vergleiche VwGH vom 18.04.1996, Zl. 95/20/0239; vom 16.02.2000, Zl. 99/01/0097), sondern erfordert eine Prognose. Verfolgungshandlungen, die in der Vergangenheit gesetzt worden sind, können jedoch im Rahmen dieser Prognose ein wesentliches Indiz für eine Verfolgungsgefahr sein vergleiche VwGH vom 09.03.1999, Zl. 98/01/0318).

Relevant kann aber nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein; sie muss vorliegen, wenn der Asylbescheid erlassen wird; auf diesen Zeitpunkt hat die Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den genannten Gründen zu befürchten habe vergleiche VwGH vom 09.03.1999, Zl. 98/01/0318; vom 19.10.2000, Zl. 98/20/0233).

Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in einem der Gründe haben, welche Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, GFK nennt vergleiche VwGH vom 09.09.1993, Zl. 93/01/0284; vom 15.03.2001, Zl. 99/20/0128); sie muss Ursache dafür sein, dass sich der Asylwerber außerhalb seines Heimatlandes bzw. des Landes seines vorherigen Aufenthaltes befindet.

Besteht für den Asylwerber die Möglichkeit, in einem Gebiet seines Heimatstaates, in dem er keine Verfolgung zu befürchten hat, Aufenthalt zu nehmen, so liegt eine inländische Fluchtalternative vor, welche die Asylgewährung ausschließt vergleiche VwGH vom 24.03.1999, Zl. 98/01/0352).

Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein vergleiche VwGH vom 16.06.1994, Zl. 94/19/0183; vom 18.02.1999, Zl. 98/20/0468).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vergleiche VwGH vom 28.03.1995, Zl. 95/19/0041; VwGH vom 27.06.1995, Zl. 94/20/0836; VwGH vom 23.07.1999, Zl. 99/20/0208; VwGH vom 21.09.2000, Zl. 99/20/0373; VwGH vom 26.02.2002, Zl. 99/20/0509 mwN; VwGH vom 12.09.2002, Zl. 99/20/0505 sowie VwGH vom 17.09.2003, Zl. 2001/20/0177) ist eine Verfolgungshandlung nicht nur dann relevant, wenn sie unmittelbar von staatlichen Organen (aus Gründen der GFK) gesetzt worden ist, sondern auch dann, wenn der Staat nicht gewillt oder nicht in der Lage ist, Handlungen mit Verfolgungscharakter zu unterbinden, die nicht von staatlichen Stellen ausgehen, sofern diese Handlungen - würden sie von staatlichen Organen gesetzt - asylrelevant wären.

Für einen Verfolgten macht es nämlich keinen Unterschied, ob er auf Grund staatlicher Verfolgung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einen Nachteil zu erwarten hat oder ob ihr dieser Nachteil mit derselben Wahrscheinlichkeit auf Grund einer Verfolgung droht, die von anderen ausgeht und die vom Staat nicht ausreichend verhindert werden kann. In diesem Sinne ist die oben verwendete Formulierung zu verstehen, dass der Herkunftsstaat "nicht gewillt oder nicht in der Lage" sei, Schutz zu gewähren vergleiche VwGH vom 26.02.2002, Zl. 99/20/0509). In beiden Fällen ist es dem Verfolgten nicht möglich bzw. im Hinblick auf seine wohlbegründete Furcht nicht zumutbar, sich des Schutzes seines Heimatlandes zu bedienen vergleiche VwGH vom 22.03.2000, Zl. 99/01/0256).

Eine von dritter Seite ausgehende Verfolgung kann mithin nur dann zur Asylgewährung führen, wenn sie von staatlichen Stellen infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt nicht abgewandt werden kann vergleiche VwGH vom 22.03.2003, Zl. 99/01/0256 mwN).

Für die Frage, ob eine ausreichend funktionierende Staatsgewalt besteht - unter dem Fehlen einer solchen ist nicht "zu verstehen, dass die mangelnde Schutzfähigkeit zur Voraussetzung hat, dass überhaupt keine Staatsgewalt besteht" vergleiche VwGH vom 22.03.2000, Zl. 99/01/0256) -, kommt es darauf an, ob jemand, der von dritter Seite (aus den in der GFK genannten Gründen) verfolgt wird, trotz staatlichem Schutz einen - asylrelevante Intensität erreichenden - Nachteil aus dieser Verfolgung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit zu erwarten hat vergleiche VwGH vom 22.03.2000, Zl. 99/01/0256 im Anschluss an Goodwin-Gill, "The Refugee in International Law² [1996] 73; weiters VwGH vom 26.02.2002, Zl. 99/20/0509 mwN sowie VwGH vom 20.09.2004, Zl. 2001/20/0430).

Anwendung des Paragraph 3, Absatz eins, AsylG auf den vorliegenden Sachverhalt

Das Bundesasylamt hat zu Recht erkannt, dass der Beschwerdeführerin kein Recht auf Asyl gemäß Paragraph 3, AsylG zusteht, da sie kein Flüchtling gemäß Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2 GFK ist. Es liegt nämlich in ihrer Person keine wohlbegründete Furcht vor, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung unmittelbar von staatlicher Seite oder von privater Seite ohne Aussicht auf staatlichen Schutz verfolgt zu werden.

Es kann dabei zunächst dahingestellt bleiben, ob die Beschwerdeführerin von ihrem früheren Lebensgefährten und Vater ihrer Tochter in der Mongolei aus einem der in der GFK niedergelegten Gründe verfolgt werden könnte oder ob ihr aus einem dieser Gründe staatlicher Schutz verweigert würde.

Aus dem oben unter römisch II.2.3 festgestellten Sachverhalt ergibt sich nämlich zwar, dass die Beschwerdeführerin in der Vergangenheit während der Lebensgemeinschaft von ihrem damaligen Lebensgefährten misshandelt wurde. Aus dem Sachverhalt ergibt sich jedoch ebenfalls, dass der Erfolg und die Hartnäckigkeit, mit welcher der frühere Lebensgefährte die Beschwerdeführerin in der Vergangenheit verfolgt hat, wohl nicht unwesentlich damit zusammenhingen, dass er mit der Beschwerdeführerin im gemeinsamen Haushalt lebte und für den Peiniger relativ leicht verfügbar war. Als die Beschwerdeführerin im letzten halben Jahr vor dem Verlassen des Landes bei einer Freundin lebte, kam es jedenfalls zu keinen Übergriffen mehr und es konnte auch nicht festgestellt werden, dass der Mann sie nach dem Verlassen des gemeinsamen Haushalts etwa systematisch gesucht hätte.

Es ist somit nach Ansicht des Asylgerichtshofes wenig wahrscheinlich, dass der Mann die Beschwerdeführerin auch dann noch verfolgen würde, wenn er mit dieser nicht mehr im gemeinsamen Haushalt lebt. Es ist weiters nicht ersichtlich, dass die Beschwerdeführerin im konkreten Fall etwa aus Gründen besonderer Vulnerabilität oder jugendlichen Alters gezwungen wäre, erneut eine häusliche Gemeinschaft mit diesem Mann einzugehen. Sie war und ist nämlich gemäß den unter römisch II.2.1 festgestelltem Sachverhalt zur Person durchaus in der Lage, ihren Lebensunterhalt selbst zu verdienen und sich und ihr Kind damit zu ernähren (siehe auch unten römisch III.5.2 zum subsidiären Schutz).

Aus dem Gutachten von Univ. Prof. Dr. Barkmann ergibt sich zudem, dass die mongolischen Männer als solche weder aus traditionellen noch aus religiösen Gründen dazu neigen, Frauen, die ihre Männer verlassen haben, mit Hartnäckigkeit zu verfolgen und im gesamten Verfahren sind auch keine besonderen Hinweise in der Richtung hervorgekommen, dass der frühere Ehemann etwa in dieser Hinsicht pathologisch veranlagt sein könnte.

Schließlich ist zu beachten, dass sich in der Mongolei - wie oben römisch II.2.4 festgestellt - die Situation für Frauen, die Opfer männlicher Gewalt werden, laufend verbessert, indem die gesetzliche Lage durch ein umfassendes Gewaltschutzgesetz verbessert wurde und Schutzorganisationen Hilfe und Unterstützung bieten. Außerdem ergibt sich aus dem Sachverhalt nicht, dass eine Verfolgung der von der Beschwerdeführerin geltend gemachten Art infolge nicht ausreichender Schutzgewahrung durch den mongolischen Staat oder nichtstaatlicher Einrichtungen in der Mongolei nicht abgewandt werden könnte. Es ist daher nicht davon auszugehen, dass die mongolischen Behörden generell nicht schutzwillig oder schutzfähig sind. Wie oben römisch II.2.4 festgestellt ging die Polizei den Anzeigen der Beschwerdeführerin auch nach und hielt ihren Lebensgefährten jeweils einige Zeit fest.

Der Asylgerichtshof weist außerdem darauf hin, dass die Beschwerdeführerin im Fall ihrer Rückkehr in die Mongolei auch nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit behördlichen Übergriffen allein aus dem Grunde ausgesetzt wäre, dass sie im Ausland erfolglos um Asyl angesucht hat (siehe oben römisch II.2.4).

Eine etwaige Furcht der Beschwerdeführerin, es könne ihr bei ihrer Rückkehr eine asylrelevante Verfolgung drohen, erscheint dem Asylgerichtshof daher nicht als "wohlbegründet" im Sinne der maßgeblichen Rechtsgrundlagen und deren Auslegung durch die Judikatur.

Subsidiärer Schutz (Spruchpunkt römisch II. des angefochtenen Bescheides)

Inhalt und Auslegung von Paragraph 8, Absatz eins, AsylG

Gemäß Paragraph 8, Absatz eins, AsylG ist der Status des subsidiär Schutzberechtigten einem Fremden zuzuerkennen, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird, oder dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Artikel 2, EMRK, Artikel 3, EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur EMRK bedeuten würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Gemäß Artikel 2, EMRK wird das Recht jedes Menschen auf das Leben gesetzlich geschützt. Gemäß Artikel 3, EMRK darf niemand der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden. Die Protokolle Nr. 6 und Nr. 13 zur EMRK betreffen die Abschaffung der Todesstrafe.

Gemäß Paragraph 11, Absatz eins, AsylG ist der Antrag auf subsidiären Schutz abzuweisen, wenn in einem Teil des Herkunftsstaates des Asylwerbers vom Staat oder sonstigen Akteuren, die den Herkunftsstaat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebietes beherrschen, Schutz gewährleistet werden kann und dem Asylwerber zugemutet werden kann, sich in diesem Teil aufzuhalten (innerstaatliche Fluchtalternative). Schutz ist gewährleistet, wenn in Bezug auf diesen Teil des Herkunftsstaates die Voraussetzungen für den subsidiären Schutz vorliegen.

Die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu den Vorgängerbestimmungen des Paragraph 8, Absatz eins, AsylG knüpft im Wesentlichen inhaltsgleichen Vorgängerbestimmungen an, sodass. auf diese Rechtsprechung zurückgegriffen werden kann vergleiche VwGH vom 16.07.2003, Zl. 2003/01/0059 sowie VwGH vom 19.02.2004, Zl. 99/20/0573).

Was insbesondere die mögliche Verletzung von Artikel 3, EMRK durch Abschiebung eines Antragstellers in seinen Heimatstaat betrifft, ergibt sich aus der Judikatur, dass die bloße Möglichkeit einer dem Artikel 3, EMRK widersprechenden Behandlung in jenem Staat, in den ein Fremder abgeschoben wird, nicht genügt, um seine Abschiebung in diesen Staat als unzulässig erscheinen zu lassen; vielmehr müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade der Betroffene einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde vergleiche VwGH vom 27.02.2001, Zl. 98/21/0427 sowie VwGH vom 20.06.2002, Zl. 2002/18/0028).

Die Gefahr muss sich auf das gesamte Staatsgebiet beziehen und die drohende Maßnahme muss von einer bestimmten Intensität sein und ein Mindestmaß an Schwere erreichen, um in den Anwendungsbereich des Artikel 3, EMRK zu gelangen. vergleiche z.B. VwGH vom 26.06.1997, Zl. 95/21/0294; VwGH vom 25.01.2001, Zl. 2000/20/0438 sowie VwGH vom 30.05.2001, Zl. 97/21/0560).

Herrscht in einem Staat eine extreme Gefahrenlage, durch die praktisch jeder, der in diesen Staat abgeschoben wird - auch ohne einer bestimmten Bevölkerungsgruppe oder Bürgerkriegspartei anzugehören -, der konkreten Gefahr einer Verletzung der durch Artikel 3, EMRK gewährleisteten Rechte ausgesetzt wäre, so kann dies der Abschiebung eines Fremden in diesen Staat entgegenstehen vergleiche VwGH vom 08.06.2000, Zl. 99/20/0203).

Voraussetzung einer Feststellung nach dieser Bestimmung, dass eine konkrete, den Berufungswerber betreffende, aktuelle, durch staatliche Stellen zumindest gebilligte oder (infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt) von diesen nicht abwendbare Gefährdung bzw. Bedrohung vorliege. Die Anforderungen an die Schutzwilligkeit und Schutzfähigkeit des Staates entsprechen jenen, wie sie bei der Frage des Asyls bestehen vergleiche VwGH vom 08.06.2000, Zl. 2000/20/0141).

Der Fremde hat glaubhaft zu machen, dass er aktuell bedroht ist, dass die Bedrohung also im Falle, dass er abgeschoben würde, in dem von seinem Antrag erfassten Staat gegeben wäre und durch staatliche Stellen zumindest gebilligt wird oder durch sie nicht abgewandt werden kann. Gesichtspunkte der Zurechnung der Bedrohung im Zielstaat zu einem bestimmten "Verfolgersubjekt" sind nicht von Bedeutung; auf die Quelle der Gefahr im Zielstaat kommt es nicht an vergleiche VwGH vom 21.08.2001, Zl. 2000/01/0443 sowie VwGH vom 26.02.2002, Zl. 99/20/0509).

Der Antragsteller hat das Bestehen einer aktuellen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten Bedrohung der relevanten Rechtsgüter glaubhaft zu machen, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffende, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerte Angaben darzutun ist vergleiche VwGH vom 26.06.1997, Zl. 95/18/1291).

Ereignisse, die bereits längere Zeit zurückliegen, sind nur geeignet, die Feststellung nach dieser Gesetzesstelle zu tragen, wenn besondere Umstände hinzutreten, die ihnen einen aktuellen Stellenwert geben vergleiche VwGH vom 14.10.1998, Zl. 98/01/0122 sowie VwGH vom 25.01.2001, Zl. 2001/20/0011).

Anwendung des Paragraph 8, Absatz eins, AsylG auf den festgestellten Sachverhalt

Das Bundesasylamt hat zu Recht erkannt, dass der Beschwerdeführerin kein Recht auf subsidiären Schutz gemäß Paragraph 8, Absatz eins, AsylG zusteht.

Der Asylgerichtshof ist der Ansicht, dass im Fall der Verbringung der Beschwerdeführerin in ihren Herkunftsstaat weder Artikel 2, EMRK (Recht auf Leben), Artikel 3, EMRK (Verbot der Folter oder unmenschlichen Behandlung) oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt wird. Es bestehen nämlich keine Hinweise auf Umstände, die eine Abschiebung aus den genannten Gründen unzulässig machen könnten.

Dazu ist zum einen festzustellen, dass, auch wenn die Menschenrechtslage in der Mongolei, (insbesondere was die Arbeitsweise der Sicherheitsbehörden betrifft) weiterhin von Unregelmäßigkeiten gekennzeichnet ist, sich daraus keine die Beschwerdeführerin konkret betreffende Gefahr herleiten lässt.

Es kann nämlich zwar nicht ausgeschlossen werden, dass die Beschwerdeführerin im Falle der Rückkehr in die Mongolei Gefahr läuft, Opfer willkürlicher Verhaftungen durch Sicherheitskräfte zu werden, doch ist die diesbezügliche Wahrscheinlichkeit eher gering. Aus dem unter römisch II.2.4 festgestellten Sachverhalt ergibt sich nämlich nicht, dass Übergriffe der genannten Art in der Mongolei derart verbreitet sind, dass man dieser Gefahr kaum entkommen kann.

Es ist zum anderen auch nicht davon auszugehen, dass die Beschwerdeführerin nach ihrer Rückkehr in ihr Heimatland in eine derart ausweglose Lebenssituation geraten könnte, dass dies einer unmenschlichen Behandlung gleichkäme.

Wie sich aus dem oben unter römisch II.2.4 festgestellten Sachverhalt ergibt, ist nämlich in der Mongolei die Grundversorgung mit Nahrungsmitteln und Gegenständen des täglichen Bedarfs trotz der weit verbreiteten Armut im Allgemeinen gewährleistet.

Wie sich weiters aus dem unter römisch II.2.1 festgestellten Sachverhalt ergibt, hat die Beschwerdeführerin außerdem vor ihrer Ausreise aus der Mongolei als römisch 40 , Näherin und Reinigungskraft gearbeitet und war mit dem Einkommen in der Lage, ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Sie ist weiters als gesund anzusehen und könnte daher nach ihrer Rückkehr in die Mongolei grundsätzlich einer Beschäftigung nachgehen, die ihr und ihrer Familie den Lebensunterhalt sichert.

Der Asylgerichtshof verkennt dabei nicht, dass es sich bei der Beschwerdeführerin um die Mutter eines Kleinkindes handelt. Diese Tatsache allein bildet jedoch nach Ansicht des Asylgerichtshofes keinen Anlass davon auszugehen, dass die Beschwerdeführerin mit hinreichender Wahrscheinlichkeit nicht in der Lage sein würde, ihren Lebensunterhalt zu verdienen und die Familie zu ernähren.

In diesem Zusammenhang verweist der Asylgerichtshof auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes (vom 06.11.2009, Zl. 2008/19/0174), in dem die Schwelle einer Verletzung von Artikel 3, EMRK in einem Fall einer alleinstehenden Mutter eines Kleinkindes (ohne Berufserfahrung) trotz der Erwartung einer tristen finanziellen Situation ohne familiäre Unterstützung im Heimatland mangels realer Gefahr existenzbedrohender Verhältnisse als nicht erreicht angesehen wurde.

Ausweisung aus dem österreichischen Staatsgebiet (Spruchpunkt römisch III. des angefochtenen Bescheides)

Inhalt und Auslegung von Paragraph 10, AsylG

Gemäß Paragraph 10, Absatz eins, Ziffer 2, AsylG ist eine Entscheidung nach dem Bundesgesetz mit einer Ausweisung zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird.

Gemäß Paragraph 10, Absatz 2, AsylG sind Ausweisungen nach Absatz eins, leg. cit. unzulässig, wenn

dem Fremden im Einzelfall ein nicht auf diese Bundesgesetz gestütztes Aufenthaltsrecht zukommt oder

diese eine Verletzung von Artikel 8, EMRK darstellen würden. Dabei sind insbesondere zu berücksichtigen:

die Art und Dauer des bisherigen Aufenthalts und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtmäßig war;

das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens;

die Schutzwürdigkeit des Privatlebens;

der Grad der Integration;

die Bindungen zum Herkunftsstaat des Fremden;

die strafrechtliche Unbescholtenheit;

Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrecht;

die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren;

die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

Bei der Setzung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gemäß Paragraph 10, Absatz 2, AsylG ist demnach u.a. zu prüfen, ob die Ausweisung einen Eingriff in das Privat- oder Familienleben der Beschwerdeführerin darstellen würde (Artikel 8, Absatz eins, EMRK). Nach der Judikatur des EGMR und des Verfassungsgerichtshofes ist hat dies insbesondere im Fall von Fremden zu erfolgen, die sich - wenn auch illegal - bereits relativ lange Zeit im Aufnahmestaat aufhalten (Moustaquim EGMR 18.02.1991 Nr. 12.313/86; Yildiz EGMR 31.10.2002 Nr. 37.295/97; Jakupovic EGMR 06.02.2003 Nr. 36.757/97; Maslov EGMR 23.06.2008 Nr. 1638/03 und VfSlg 8792; 15.400; 15.460; 16.182; 16.702; 1684).

Was den Schutz des Familienlebens betrifft, so ist nach der Judikatur des EGMR das Vorliegen eines "effektives Familienleben" nachzuweisen, das sich in der Führung eines gemeinsamen Haushalts, dem Vorliegen eines Abhängigkeitsverhältnisses oder eines speziell engen, tatsächlich gelebten Bandes zu äußern hat vergleiche EGMR 13. 6. 1979 Nr. 6833/74 Serie A 31). Der Begriff des "Familienlebens" in Artikel 8, EMRK umfasst nicht nur die Kleinfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern und Ehegatten, sondern auch entferntere verwandtschaftliche Beziehungen, sofern diese Beziehungen eine gewisse Intensität erreichen.

Das Recht auf Achtung des Privatlebens schützt darüber hinaus, unabhängig davon, ob der Auszuweisende im Aufnahmestaat über familiäre Bindungen verfügt, grundsätzlich die persönlichen, sozialen und wirtschaftlichen Beziehungen, die für das Leben eines jeden Menschen konstitutiv sind, und zwar auch vor Störung durch fremdenpolizeiliche Maßnahmen (zB. Sisojeva ua EGMR 16.06.2005 Nr. 60654/00 und VfSlg 10.737, 11.455, 14.547; VfGH 22.02.1999, B 940/98).

Ein weiterer wesentlicher Punkt, der grundsätzlich in allen Ausweisungsfällen zu berücksichtigen ist, ist der gesundheitliche Zustand des Auszuweisenden vergleiche etwa Bensaid EGMR 06.02.2001 Nr. 44599/98).

Ein Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung der Rechte aus Artikel 8, Absatz eins, EMRK ist gemäß Artikel 8, Absatz 2, EMRK jedoch statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutze der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer erfolgt und verhältnismäßig ist.

Artikel 8, EMRK verpflichtet einen Staat also nicht, die Wahl eines Einwanderers zur Wohnsitznahme in seinem Land zu respektieren bzw. eine Familienwiedervereinigung in seinem Gebiet zuzulassen. Es sind bei der Abwägung vielmehr alle besonderen Faktoren des Einzelfalls zu beachten, wie zB. das Ausmaß eines effektiv geführten Familienlebens, das Ausmaß der Bindungen an den betreffenden Staat, unüberwindbare Hindernisse, das Familienleben im Herkunftsstaat zu führen, mehrere Übertretungen des Einwanderungsrechts oder strafrechtliche Vorverurteilungen. Ein anderer wichtiger Gesichtspunkt ist die Frage, ob das Familienleben zu einer Zeit aufgenommen wurde, in der die Aufrechterhaltung des Familienlebens im Gastland von Vornherein ungewiss war vergleiche u.a. EGMR Darren Omoregie 31.07.2008 Nr. 265/07; Rodrigues da Silva und Hoogkamer EGMR 30.01.2006 Nr. 50.435/99; Sarumi EGMR 26.01.1999 Nr. 43.279/98; EGMR 22. 5. 1999 Sheabashov Nr. 50065/99; EGMR 07.04.2009 Cherif u. a. Nr. 1860/07).

Gemäß Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt den Normen, welche die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regeln, aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung ein hoher Stellenwert zu vergleiche zB. VwGH vom 16.01.2001, Zl. 2000/18/0251).

Dem vorläufigen Aufenthaltsrecht nach dem Asylgesetz wird auch nach Jahren des Aufenthalts weniger Wert beigemessen als anderen Aufenthaltstiteln nach dem übrigen Fremdenrecht (VfGH 17.03.2005, G 78/04 und VwGH 26. 6. 2007, 2007/01/0479).

Gemäß Absatz 3, ist, wenn die Durchführung der Ausweisung aus Gründen, die in der Person des Asylwerbers liegen, eine Verletzung von Artikel 3, EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind, die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben.

Zur Auslegung von Artikel 3, EMRK kann auf die Ausführungen unter Punkt römisch III.5.1 verwiesen werden.

Gemäß Absatz 5, ist über die Zulässigkeit der Ausweisung jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Paragraph 10, Absatz 2, Ziffer 2, auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Ausweisung ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Ausweisung schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein gemeinschaftsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (Paragraphen 45 und 48 oder Paragraphen 51, ff NAG) verfügen, unzulässig wäre.

Gemäß Absatz 6, bleiben Ausweisungen nach Absatz eins, binnen 18 Monaten ab einer Ausreise des Fremden aufrecht.

Gemäß Absatz 7, gilt eine Ausweisung als durchsetzbare Rückkehrentscheidung nach dem Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG), Bundesgesetzblatt römisch eins Nr. 100, wenn sie durchsetzbar ist, und hat der Fremde binnen einer Frist von 14 Tagen freiwillig auszureisen. Eine Frist für die freiwillige Ausreise besteht nicht, wenn gegen den Fremden ein Rückkehrverbot erlassen wurde und für die Fälle einer zurückweisenden Entscheidung gemäß Paragraph 5, AsylG oder Paragraph 68, AVG sowie wenn eine Entscheidung auf Grund eines Verfahrens gemäß Paragraph 38, durchführbar wird; in diesen Fällen hat der Fremde unverzüglich auszureisen.

Gemäß Absatz 8, ist mit Erlassung der Ausweisung der Fremde über seine Pflicht zur unverzüglichen oder fristgerechten Ausreise und gegebenenfalls über die Möglichkeit eines Antrages auf Verlängerung der Frist für die freiwillige Ausreise bei der örtlich zuständigen Fremdenpolizeibehörde (Paragraph 55, a FPG) zu informieren, insbesondere auf Rückkehrhilfe, sowie auf mögliche fremdenpolizeiliche Maßnahmen zur Durchsetzung der Ausreiseverpflichtung (Paragraph 46, FPG) hinzuweisen.

Gemäß der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vergleiche u.a. VwGH vom 17.10.2006, Zl. 2005/20/0223-7) kann die Ausweisung eines Asylwerbers nur mit Einschränkung auf den Herkunftsstaat ausgesprochen werden.

Anwendung des Paragraph 10, AsylG auf den vorliegenden Fall

Die Ausweisung der Beschwerdeführerin aus Österreich in die Mongolei ist gemäß Paragraph 10, AsylG zulässig.

Da der Antrag der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz sowohl in Bezug auf die Gewährung von Asyl (Paragraph 3, AsylG) als auch in Bezug auf den subsidiären Schutz (Paragraph 8, AsylG) zu Recht abgewiesen wurde, war die Grundvoraussetzung für die Ausweisung der Beschwerdeführerin gegeben (Paragraph 10, Absatz eins, Ziff. 2 AsylG).

Es bestehen auch keine Gründe dafür anzunehmen, dass die Ausweisung gemäß Paragraph 10, Absatz 2, oder 3 AsylG wegen Verstoßes gegen die EMRK unzulässig wäre.

Was, erstens, eine mögliche Unzulässigkeit der Ausweisung gemäß Paragraph 10, Absatz 2, AsylG betrifft, so stellt der Asylgerichtshof fest, dass eine Ausweisung im vorliegenden Fall keinen ungerechtfertigten Eingriff in das Familien- oder Privatleben der Beschwerdeführerin (Artikel 8, EMRK) darstellt.

Bezüglich eines Eingriffs in das Familienleben ist zu beachten, dass die minderjährige Tochter der Beschwerdeführerin die einzige Person ist, zu der eine familiäre Beziehung besteht, sie aber aufgrund ihres negativen Verfahrens ebenfalls in die Mongolei ausgewiesen wird [siehe Erkenntnis des Asylgerichtshofes C16 420.056-1/2011/5E vom heutigen Tage], sodass es zu keiner Trennung der Familie kommt.

Da die Beschwerdeführerin in Österreich über keine sonstigen familiären Bindungen verfügt, kann ihre Ausweisung in die Mongolei nicht in den Schutzbereich des von Artikel 8, Absatz eins, EMRK erfassten Familienlebens eingreifen.

Bezüglich des Eingriffs in das Privatleben der Beschwerdeführerin gemäß Artikel 8, Absatz eins, EMRK ist zum einen festzustellen, dass sie - wie im Sachverhalt zu römisch II.2.1 festgestellt - nicht als gesundheitlich schwer beeinträchtigt anzusehen ist, sodass kein Eingriff in Artikel 8, EMRK wegen einer etwaigen dringend notwendigen medizinische Behandlung in Österreich vorliegen kann.

Es ist jedoch zum anderen zu beachten, dass die Beschwerdeführerin - wie im Sachverhalt zu römisch II.2.1 festgestellt - seit fast zwei Jahren in Österreich aufhältig ist. Es ist daher nicht völlig ausgeschlossen, dass eine Ausweisung in die Mongolei einen Eingriff in das Recht auf Achtung eines möglicherweise in Österreich mittlerweile aufgebauten Privatlebens darstellt.

Im vorliegenden Fall ist ein solcher Eingriff aber jedenfalls gemäß Artikel 8, Absatz 2, EMRK unter Abwägung der betroffenen Interessen gerechtfertigt.

Die Beschwerdeführerin ist nämlich illegal eingereist und hat sich seither in Österreich nur auf Grund des vorläufigen Aufenthaltsrechts nach dem Asylgesetz in Österreich aufhalten können. Sie war sich also bereits von Beginn ihres Aufenthaltes in Österreich an bewusst, dass ein etwaig aufzubauendes Privatleben hier nicht von Dauer sein könnte. Dies ist bei der Abwägung der Verhältnismäßigkeit des Eingriffs zu Lasten der Beschwerdeführerin zu berücksichtigen.

Andererseits lebt die Beschwerdeführerin bereits seit fast zwei Jahren unbescholten in Österreich und die Dauer des Aufenthaltes ist durch die Dauer des Asylverfahrens bedingt, welche sie nicht zu verantworten hat. Beides ist bei der Abwägung zugunsten der Beschwerdeführerin zu beachten.

Allerdings beschränkt sich das Privatleben der Beschwerdeführerin in Österreich im Wesentlichen auf nicht über das übliche Maß hinausgehende soziale Beziehung, was das Privatleben in Österreich insgesamt nicht als von besonderer Intensität gekennzeichnet erscheinen lässt. Besonderes Engagement - etwa gemeinnütziger Art - hat die Beschwerdeführerin auch auf ausdrückliche Aufforderung durch den Asylgerichtshof nicht vorgebracht.

Schwerpunktmäßig ist außerdem zu beachten, dass die fast 37 Jahre alte Beschwerdeführerin den weit überwiegenden Teil ihres Lebens in der Mongolei verbrachte und daher als im Wesentlichen in dieser Kultur sozialisiert anzusehen ist. Zudem lebt dort zumindest noch Freundin, sodass auch eine menschliche Bindung an den Herkunftsstaat angenommen werden kann.

Schließlich kommt den Regeln über den Aufenthalt von Fremden aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung nach ständiger Rechtsprechung allgemein ein hoher Stellenwert zu, sodass auch dies ein Grund ist, der bei der Abwägung der Interessen zu Lasten der Beschwerdeführerin zu berücksichtigen ist.

Insgesamt kommt der Asylgerichtshof daher nach Abwägung der Interessen im vorliegenden Fall zu dem Ergebnis, dass der Eingriff, den eine Ausweisung in das Privatleben der Beschwerdeführerin in Österreich darstellen könnte, jedenfalls nicht als unverhältnismäßig anzusehen ist.

Was, zweitens, einen etwaigen Durchführungsaufschub gemäß Paragraph 10, Absatz 3, AsylG betrifft, so stellt der Asylgerichtshof fest, dass keine Gründe ersichtlich sind, weshalb die Durchführung der Ausweisung eine unmenschliche Behandlung iSd. Artikel 3, EMRK darstellen sollte. Hierbei ist insbesondere auf die Feststellungen zum Gesundheitszustand der Beschwerdeführerin unter römisch II.2.1 zu verweisen.

Schlussfolgerung

Die Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet und daher in allen Punkten abzuweisen.