Gericht

Asylgerichtshof

Entscheidungsdatum

22.08.2012

Geschäftszahl

D19 300529-4/2012

Spruch

D19 300529-4/2012/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Der Asylgerichtshof hat gemäß Paragraph 61, Asylgesetz 2005, Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 100 aus 2005, in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 67 aus 2012,, (AsylG 2005) und Paragraph 66, Absatz 4, des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG), durch den Richter Mag. Michael SCHWARZGRUBER als Einzelrichter über die Beschwerde von römisch 40 , StA.: Georgien, vom 06.08.2012 gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 28.07.2012, Zl. 12 09.004 EAST-OST, zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß Paragraph 68, Absatz eins, AVG und Paragraph 10, Absatz eins, Ziffer eins, AsylG 2005 abgewiesen.

Text

Entscheidungsgründe:

Aus dem Akteninhalt ergeben sich folgender Verfahrensgang und Sachverhalt:

Der Beschwerdeführer stellte am 10.01.2005 in Österreich einen ersten Antrag auf Gewährung von Asyl. Im Rahmen dieses ersten Asylverfahrens brachte der Beschwerdeführer zunächst vor, er habe politische Probleme in Georgien. Er sei georgischer Staatsbürger, habe elf Jahre die Grundschule in Tiflis besucht und habe zwei Jahre an der Wirtschaftsuniversität in Tiflis studiert. Er gehöre der georgischen Volksgruppe an und bekenne sich zum christlichen Glauben orthodoxer Ausrichtung. In seiner Heimat Georgien habe er der politischen Partei "Bürger-Union" angehört, nach dem Regierungswechsel sei er verfolgt und mit der Ermordung bedroht worden. Er werde auch von den Abchasen verfolgt, weil sein Bruder ein Partisan gewesen sei. Sie seien gemeinsam im Auto gesessen, als sein Bruder von Abchasen umgebracht worden sei, das sei vor zwei Jahren gewesen.

In weiterer Folge brachte der Beschwerdeführer in diesem ersten Asylverfahren vor, er sei in römisch 40 in Abchasien geboren, er sei jedoch ethnischer Georgier. Sein Bruder habe gegen die Abchasen gekämpft, das sei ein politisches Problem. Der Beschwerdeführer habe in Tiflis gelebt, im November 2004 habe ihn sein Bruder in Tiflis angerufen, der Beschwerdeführer habe ihn in Abchasien besucht, sie seien in einem Auto gefahren, plötzlich sei auf das Auto geschossen worden und sein Bruder getroffen worden. Der Beschwerdeführer sei nach dem darauffolgenden Verkehrsunfall 1 1/2 Monate im Spital gewesen, danach habe er sich nach Tiflis begeben und habe bei seiner Mutter gelebt. Eines Tages seien unbekannte Männer nach Hause gekommen - der Beschwerdeführer sei nicht zu Hause gewesen - und hätten nach dem Beschwerdeführer gefragt. Dann habe der Beschwerdeführer versteckt gelebt und sei schließlich von Georgien weg nach Österreich gereist, dies sei im Dezember 2005 gewesen. Der Beschwerdeführer wisse nicht, von wem er konkret verfolgt werde, er wisse nur, dass es keine Polizei sei.

Während dieses ersten Asylverfahrens hielt sich der Beschwerdeführer in der zweiten Hälfte des Jahres 2005 auch in der Schweiz auf; dort trat der Beschwerdeführer unter dem Namen römisch 40 , StA.: Georgien, in Erscheinung und gab in der Schweiz an, in Österreich sei er unter dem Namen römisch 40 aufgetreten, sein richtiger Name sei der, den er in der Schweiz angegeben habe.

Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 05.09.2006, Zl. 05 00.314-BAW, wurde der Asylantrag des Beschwerdeführers vom 10.01.2005 gemäß Paragraph 7, AsylG 1997 abgewiesen (Spruchpunkt römisch eins.), weiters die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Georgien gemäß Paragraph 8, Absatz eins, AsylG 1997 für zulässig erklärt (Spruchpunkt römisch II.) und der Beschwerdeführer gemäß Paragraph 8, Absatz 2, AsylG 1997 aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Georgien ausgewiesen (Spruchpunkt römisch III.).

Mit nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 30.10.2006 mündlich verkündetem Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates, schriftlich ausgefertigt am 12.12.2006, Zl. 300.529-C2/E1-XVIII/58/06, wurde die gegen diesen Bescheid des Bundesasylamtes vom 05.09.2006 erhobene Berufung in allen Spruchpunkten abgewiesen. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass dem Vorbringen des Beschwerdeführers aufgrund der zahlreichen im Verfahren aufgetretenen Widersprüche keine Glaubwürdigkeit zukommt.

Dieses erste Asylverfahren, beinhaltend eine Ausweisungsentscheidung nach Georgien, ist nach Zustellung an den damaligen Rechtsvertreter am 15.12.2006 rechtskräftig negativ abgeschlossen.

Mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 27.01.2010, Zl. 2008/23/1067-15, wurde die Behandlung der gegen diesen Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 12.12.2006 erhobenen Verwaltungsgerichtshofbeschwerde des Beschwerdeführers abgelehnt.

Der Beschwerdeführer weist ist in Österreich insgesamt vier rechtskräftige strafgerichtliche Verurteilungen auf:

Mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichts römisch 40 vom römisch 40 wurde der Beschwerdeführer gemäß Paragraphen 229 /, eins,, 15, 127, 129/1, 130 (1. Fall) StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 12 Monaten, davon 9 Monate bedingt, verurteilt.

Mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichts römisch 40 vom römisch 40 , wurde der Beschwerdeführer gemäß Paragraphen 15,, 127, 130 (1. Satz 1. Fall), und Paragraph 83, Absatz 2, StGB zu einer Freiheitsstrafe von 10 Monaten unbedingt verurteilt.

Mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichts römisch 40 vom römisch 40 , wurde der Beschwerdeführer gemäß Paragraphen 15,, 127, 130 (1. Fall) StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 10 Monaten unbedingt verurteilt.

Mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichts römisch 40 vom römisch 40 , wurde der Beschwerdeführer gemäß Paragraph 15,, 127, 130 (1. Fall) StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 12 Monaten unbedingt verurteilt.

Mit rechtskräftigem Bescheid der Bundespolizeidirektion römisch 40 vom römisch 40 , wurde gegen den Beschwerdeführer aufgrund einer rechtskräftigen strafgerichtlichen Verurteilung ein Rückkehrverbot, gültig bis 31.03.2016, erlassen.

Nach einem Aufenthalt des Beschwerdeführers in der Bundesrepublik Deutschland und einer am 17.07.2012 im Rahmen der Dublin II-VO erfolgten Rücküberstellung von Deutschland nach Österreich stellte der Beschwerdeführer aus dem Stande der Schubhaft am 17.07.2012 neuerlich in Österreich den nunmehr verfahrensgegenständlichen zweiten Antrag auf internationalen Schutz.

Im Rahmen der Erstbefragung nach dem AsylG 2005 durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 18.07.2012 gab der Beschwerdeführer zu den Gründen für die neuerliche Antragstellung an, er habe Österreich verlassen müssen, weil er an Hepatitis leide, er habe eine medizinische Behandlung benötigt. In Österreich sei er bisher nicht behandelt worden, aus diesem Grund habe er beschlossen nach Deutschland zu fahren und sich dort behandeln zu lassen, er habe in Deutschland bei Bekannten gewohnt. Nach seiner Rückübernahme durch Österreich im Rahmen der Dublin II-VO stelle er nun neuerlich einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich, weil er aus Abchasien stamme und deshalb in seiner Heimat verfolgt werde. In seiner Heimat herrsche Krieg zwischen Georgien und Abchasien, er habe auf abchasischem Territorium gelebt, sein Vater habe an diesem Krieg teilgenommen und sei getötet worden, der neue Grund im Asylverfahren sei die Tatsache, dass der Beschwerdeführer in Wirklichkeit Abchase sei, das habe er während seines ersten Asylverfahrens nicht angegeben, weil er große Angst gehabt habe, da es in Österreich viele Georgier gebe. Die alten Asylgründe würden nicht mehr gelten, da er damals verschwiegen habe, dass er Abchase sei und er habe im ersten Verfahren als Volksgruppe Georgier angegeben, was nicht richtig sei. Als neue Gründe wolle er noch anführen, dass er an Hepatitis C leide und die Behandlung dieser Krankheit in seiner Heimat (Abchasien) unmöglich sei, weil es dort keine Medikamente gebe und außerdem jede Art der medizinischen Behandlung kostenpflichtig sei. Er sei nun schon seit fast 6 Jahren krank, der Arzt habe ihm mitgeteilt, dass er dringend eine Behandlung brauche, weil er sich bereits im letzten Stadium der Krankheit befinde. Das sei auch der Grund, warum er nach Deutschland gereist sei.

Mit Verfahrensanordnung gemäß Paragraph 29, Absatz 3, AsylG 2005 bzw. Paragraph 15 a, AsylG 2005 in Verbindung mit Paragraph 63, Absatz 2, AVG vom 19.07.2012 wurde dem Beschwerdeführer mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, seinen Antrag auf internationalen Schutz wegen entschiedener Sache zurückzuweisen sowie das beabsichtigt sei, seinen faktischen Abschiebeschutz durch mündlichen Bescheid gemäß Paragraph 12 a, Absatz 2, AsylG 2005 aufzuheben.

Am 26.07.2012 wurde der Beschwerdeführer durch das Bundesasylamt im Beisein eines geeigneten Dolmetschers der georgischen Sprache niederschriftlich einvernommen. Diese Einvernahme gestaltete sich wie folgt:

"F: Fühlen Sie sich körperlich und geistig in der Lage, die Einvernahme durchzuführen?

A: Ja.

F: Haben Sie gegen eine der anwesenden Personen aufgrund einer möglichen Befangenheit oder aus sonstigen Gründen irgendwelche Einwände?

A: Nein. F: Verstehen Sie den Dolmetscher gut, haben Sie Einwände gegen ihn?

A: Ich verstehe sie gut und habe keine Einwände.

Meine Muttersprache ist Russisch, ich spreche aber auch Georgisch und ich bin damit einverstanden, dass die Einvernahme in der Sprache Georgisch durchgeführt wird.

F: Haben Sie bereits eine ausführliche Rechtsberatung in Anspruch genommen?

A: Ja.

F: Sind Sie mit Ihrem Rechtsberater einverstanden oder haben Sie Einwände gegen diesen?

A: Ich bin mit dem Rechtsberater einverstanden und habe keine Einwände.

F: Leiden Sie an Krankheiten?

A: Ja

F. An welchen Krankheiten leiden Sie?

A: Ich habe Hepatitis C

F: Stehen Sie derzeit in Behandlung bzw. nehmen Sie Medikamente?

A: Weder noch.

F: Seit wann leiden Sie an Hepatitis C?

A: Seit 7 Jahren

F: Haben Sie diesbezüglich medizinische Befunde?

A: Ich habe Befunde in meiner Zelle in Schwechat. Ich werde diese Befunde der Behörde schicken.

Anmerkung: Sie werden aufgefordert, die Befunde unverzüglich dem Bundesasylamt zu übermitteln.

F: Haben Sie im gegenständlichen Verfahren einen Vertreter oder einen Zustellbevollmächtigten?

A: Nein .

F: Können Sie identitätsbezeugende Dokumente vorlegen?

A: Nein

F: Wollen Sie Beweismittel welche für das Verfahren von Relevanz sind vorlegen?

A: Nein.

F: Sie wurden am 18.07 .2012 im Polizeianhaltezentrum Schwechat einer Erstbefragung unterzogen. Entsprechen Ihre dort getätigten Angaben der Wahrheit?

A: Ja, diese Angaben entsprechen der Wahrheit.

F: Wann sind Sie erstmals in Österreich eingereist?

A: Am 10.01.2005

F: Haben Sie Österreich seit der Einreise verlassen, waren Sie seit ihrer erstmaligen Einreise nach Österreich, jemals wieder in ihrem Herkunftsland?

A: Ich habe Österreich verlassen und war in der Schweiz, in Holland und in Deutschland. Ich wurde immer nach Österreich abgeschoben. In meiner Heimat war ich nicht.

F: Haben Sie Kontakt in ihr Herkunftsland?

A: Nein

F: Können Sie erklären, weshalb Sie immer wieder unter verschiedenen Nationalitäten in Erscheinung treten?

A: Ich bin nach Deutschland gereist und habe dort einen falschen Namen angegeben, um nicht nach Österreich abgeschoben zu werden.

F: Sie haben am 10.01.2005 einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt. Dieser Antrag wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 05.09.2006 abgewiesen. Sie brachten gegen diese Entscheidung eine Beschwerde ein, die wurde vom AGH am 12.12.2006 in allen Spruchpunkten abgewiesen. Gegen diese Entscheidung brachten Sie Beschwerde beim VwGH ein, dieser wurde zunächst die aufschiebende Wirkung zuerkannt. Mit Beschluss vom27.01.2010 wurde die Behandlung der Beschwerde abgelehnt. Der Bescheid erwuchs mit 15.02.2010 in Rechtskraft. Warum stellen Sie nun einen neuen Antrag auf internationalen Schutz?

A: Ich habe keinen Bescheid bekommen.

Anmerkung: Dem AW wird mitgeteilt, dass ihm der Bescheid am 21.03.2006 persönlich zugestellt wurde. Weiters wird Ihnen mitgeteilt, dass Sie von RA. Daigneault vertreten wurden und sämtliche Schriftstücke an diesem auch zugestellt wurden.

F: Aus welchem Grund stellen Sie nun einen neuerlichen Asylantrag?

A: Ich leide an Hepatitis C und brauche eine medizinische Behandlung. Weiters bin ich staatenlos, weil ich Abchase bin. In Deutschland haben mir die Ärzte gesagt, dass, wenn nicht innerhalb von einem Jahr eine Behandlung bekomme, wird die Krankheit in Zerrose (phon) übergehen und sie nicht mehr zu behandeln sein.

F: Bestehen Ihre Fluchtgründe aus dem Erstverfahren noch, bzw. haben Sie neue Fluchtgründe?

A: Die Fluchtgründe aus dem Erstverfahren bestehen noch. Die neuen Fluchtgründe habe ich zuvor angegeben. Die von mir im Erstverfahren angegeben Fluchtgründe haben nicht der Wahrheit entsprochen. Ich war damals das erste Mal in Europa. Im Lager warn viele Georgier und ich Angst, zu sagen, dass ich Abchase bin.

F: Schildern Sie dann bitte Ihre Fluchtgründe?

A: ich bin in Abchasien geboren. Mütterlicherseits bin ich Abchase, mein Halbbruder ist Georgier. Im Krieg hat mein Halbbruder im Krieg auf georgischer Seite gekämpft Ich hatte mit meinem Halbbruder Kontakt gehabt und haben uns immer wieder getroffen. Eines Tages ist es zu einem Schusswechsel gekommen und dabei ist mein Halbbruder ums Leben gekommen. Die Abchasen sind zu mir nach Hause gekommen und haben mit meinem Vater gesprochen. Die Abchasen haben uns vorgeworfen, dass wir Verräter sind, weil mein Halbbruder gegen sie gekämpft hat. Als die Abchasen gekommen sind, ist es zu einer Auseinandersetzung zwischen uns gekommen, dabei wurde mein Vater getötet. Als das alles passiert ist, war ich 14 Jahre alt und noch ein Kind. Ein Nachbar von mir hat mich nach Russland gebracht und dort bin ich auch geblieben. Ich kann nicht nach Georgien, weil ich ein Abchase bin. Nach Abchasien kann ich auch nicht, weil sie mich dort für einen Verräter halten.

F: Wann ist Ihr Halbbruder ums Leben gekommen?

A. Im Jahre 1993

F: Haben Sie noch weitere Geschwister?

A: Nein

F: Aus welchem Grund haben Sie im Erstverfahren falsche Angaben zu Ihrer Person und Ihren Fluchtgründen gemacht?

A: Im Lager gab es damals viele Georgier, welche im Krieg Ihre Angehörigen verloren hatten. Deswegen hatte Ich Angst, dass ich ein Abchase bin.

F: Haben Sie in Österreich, der EU, Norwegen, der Schweiz oder Island aufhältige Eltern oder Kinder (Blutverwandtschaft oder durch Adoption begründet)?

A: Nein.

F: Leben Sie mit einer sonstigen Person in einer Familiengemeinschaft oder in einer familienähnlichen Lebensgemeinschaft?

A: Nein.

V: Sie haben am 19.07.2012 eine Verfahrensanordnung des Bundesasylamtes gem. Paragraph 29 /, 3 /, 4, AsylG 2005 übernommen, in welcher Ihnen mitgeteilt wurde, dass Ihr Asylantrag wegen entschiedener Sache zurückgewiesen wird. Sie haben nunmehr Gelegenheit, zur geplanten Vorgehensweise des Bundesasylamtes Stellung zu nehmen. Wollen Sie diesbezüglich etwas angeben?

A: Meiner Meinung nach ist es eine falsche Entscheidung. Ich bin staatenlos und ich weiß nicht, wohin ich gehen soll. In Österreich kenne ich mich besser aus als in Georgien.

F. Seit wann wären Sie staatenlos?

A. Ich war 14 Jahre alt, als ich Abchasien verlassen habe. Danach war ich in Russland, dort brauchte ich keinen Pass. Es hatte keinen Sinn, in Russland eine Staatsbürgerschaft zu beantragen. Russland gibt weder Sozialunterstützung noch medizinische Versorgung.

F: Wovon haben Sie in Österreich Ihren Lebensunterhalt bestritten?

A. Ich war in Haft, dann war ich in der Grundversorgung.

F. Hatten Sie eine offizielle Meldeadresse?

A: Ich war eine Zeitlang gemeldet. An die Adresse kann ich mich nicht mehr erinnern.

F: Haben Sie einen Deutschkurs besucht bzw. sprechen Sie deutsch?

A. In Deutschland habe ich einen Deutschkurs besucht. Ich spreche auch ein wenig deutsch.

F: Sind Sie Mitglied bei einem Verein oder einer Organisation?

A: Nein.

F: Was steht einer Ausweisung Ihrer Person nach Georgien entgegen?

A: Ich bin krank und dort werde ich keine medizinische Versorgung erhalten und werde nach einem Jahr sterben. Wenn mich die Georgier nicht zuvor umbringen. Ich ersuche um Asyl in Österreich und nicht in Georgien. Mit Georgien habe ich nichts zu tun gehabt. Ich hatte weder die georgische Staatsbürgerschaft noch einen georgischen Pass. Wenn sie glauben, dass ich Georgier bin, dann können sie das überprüfen.

F: Ihnen werden vom anwesenden Dolmetscher die Feststellungen der medizinischen Versorgung zur Kenntnis gebracht. Möchten Sie zu den Feststellungen eine Stellungnahme abgeben?

A: Von außen hin schaut es vielleicht so aus. Außerdem geht es mich nichts an, weil ich nicht georgischer Staatsbürger bin.

F: Wollen Sie abschließend noch etwas angeben?

A: Wenn sie mir einen Monat Zeit geben, werde ich nachweisen, dass ich aus Abchasien bin. Aus der Haft werde ich es nicht schaffen, die Dokumente zu beschaffen.

Dem RB wird die Möglichkeit gegeben, Fragen oder Anträge zu stellen.

Der RB hat keine weiteren Fragen oder Anträge.

F: Haben Sie den Dolmetscher verstanden, konnten Sie der Einvernahme folgen und sich konzentrieren?

A: Ja.

F: Konnten Sie meinen Fragen folgen?

A: Ja.

Für das Bundesasylamt sind keine weiteren Fragen mehr offen. Über Ihren Antrag wird bescheidmäßig abgesprochen, der Bescheid wird Ihnen persönlich zugestellt.

Ich nehme zur Kenntnis, dass ich im Falle der Entlassung aus der Schubhaft, der Behörde unverzüglich eine zustellfähige Anschrift bekannt zu geben habe.

Ich bestätige mit meiner Unterschrift, dass mir der Inhalt dieser Niederschrift vom Dolmetscher Wort für Wort rückübersetzt wurde, dass es sich dabei um meine eigenen, vollständigen Angaben handelt, dass diese der Richtigkeit entsprechen und ich alles verstanden und nichts mehr hinzuzufügen habe."

Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 28.07.2012, Zl. 12 09.004 EAST-Ost, wurde der verfahrensgegenständliche (zweite) Antrag auf internationalen Schutz des Beschwerdeführers vom 17.07.2012 gemäß Paragraph 68, Absatz eins, AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen (Spruchpunkt römisch eins.) und der Beschwerdeführer gemäß Paragraph 10, Absatz eins, Ziffer eins, AsylG 2005 aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Georgien ausgewiesen (Spruchpunkt römisch II.).

Gegen diesen Bescheid, dem Beschwerdeführer zugestellt am 31.07.2012, erhob der Beschwerdeführer mit handschriftlichem, in georgischer Sprache verfassten Schreiben vom 06.08.2012 fristgerecht Beschwerde, welche vom Bundesasylamt einer Übersetzung in die deutsche Sprache zugeführt wurde und lautet wie folgt:

"Ich, römisch 40 , geboren in Abchasien in der Stadt römisch 40 , Angehöriger der abchasischen Volksgruppe, berufe gegen den negativen Bescheid in Österreich. Ich ersuche Sie, wenn Sie mir einen Brief schicken, dass Sie mich als abchasischer Staatsbürger und nicht als georgischer Staatsbürger bezeichnen.

Abchasien ist ein Teil von Russland und jeder Abchasier hat einen russischen Pass und ist russischer Staatsbürger.

In bin in der Sowjetunion geboren und habe mit 14 Abchasien verlassen, anschließend lebte ich in Russland. Ich habe weder einen georgischen Pass bekommen, noch war ich georgischer Staatsbürger. Nur weil ich georgisch sprechen kann heißt es nicht, dass ich Georgier bin. Ich kann auch Russisch, Deutsch und Abchasisch sprechen. Wenn Sie glauben, dass ich georgischer Staatsbürger und ein Georgier bin, dann sollen Sie mir das offiziell mit Dokumenten nachweisen und ich ersuche Sie und verlange von Ihnen mich nicht zwangsweise abzuschieben.

Ich ersuche um Asyl in Österreich, nicht in Georgien. Ich habe nichts mit Georgien zu tun. Umgekehrt ich habe Ihnen bei der Einvernahme bereits erzählt, dass mein Leben in Gefahr ist und dass ich keine Garantie habe, dass mir mein Leben nicht genommen wird. Ich hätte nichts dagegen, wenn Sie mit der russischen Botschaft sprechen würden. Wie Sie wissen wurde ich in Deutschland bereits vom georgischen Konsul empfangen. Diese Tatsache muss ausreichend sein, um meine Nationalität festzustellen. Sie können in Deutschland in der Stadt Neumünster mit der Ausländerbehörde Kontakt aufnehmen und sie werden es Ihnen bestätigen.

Was meine Gesundheit angeht, habe ich bereits meinen Befund geschickt, welchen ich von dem Arzt aus Deutschland bekommen habe. Ich wurde bereits in einem Labor untersucht und ich benötige umgehend eine Behandlung. /Der Sinn von dem nächsten Satz ist nicht zu entschlüsseln, aufgrund von grammatikalischen Fehlern und fehlerhafte Satzbildung/ Das ist kein Anfangsstadium, sondern Endstadium. So wie der Arzt sagt und nach seiner Empfehlung, wenn ich nicht in kürzester Zeit eine Behandlung bekommen werde, wird meine Krankheit nicht mehr behandelbar sein und dies wird zu meinem

Tod führen. Das unterschreiben mehrere Ärzte in Deutschland: Labor

römisch 40 . Adresse und Namen: römisch 40 .

Ich schicke Ihnen auch eine Kopie meiner Befunde und ersuche sie diese sorgfältig zu lesen und zu prüfen. Ich glaube, dass Österreich mir helfen kann und mein Leben retten wird, bezüglich meiner Probleme und Gesundheit. Danke

XXXX"

Diese Beschwerde wurde dem Asylgerichtshof am 17.08.2012 zur Entscheidung vorgelegt.

Zur Situation in Georgien wird festgestellt:

Politik / Wahlen

In Georgien leben rund 4,6 Millionen Menschen (Juli 2011 est.) auf

69.700 km².

(CIA World Factbook: Georgia, Stand 5.7.2011, https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/gg.html, Zugriff 15.7.2011)

Georgien ist eine demokratische Republik. Seine Verfassung wurde am 24. August 1995 und am 6. Februar 2004 wesentlich geändert. Neben dem Staatspräsidenten steht ein Premierminister in der Regierungsverantwortung, die Verfassung sichert aber dem Parlament eine wichtige Rolle. Sie bekennt sich zu den Grund- und Menschenrechten einschließlich der Meinungs- und Pressefreiheit. Georgien unternimmt Anstrengungen, sich bei der Rechtsreform und der Wahrung der Menschen- und Minderheitenrechte den Standards des Europarats anzupassen. 1996 wurde ein Verfassungsgericht eingerichtet, 1997 die Todesstrafe abgeschafft.

Die territoriale Gliederung des Landes (Zentral- oder Bundesstaat) bleibt gemäß Verfassung bis zur Reintegration und Abhaltung freier Wahlen in den abtrünnigen Konfliktgebieten Abchasien und Südossetien offen. In allen anderen Regionen Georgiens fanden im Oktober 2006 erstmals im Rahmen der Schaffung lokaler Selbstverwaltung Kommunal- und Lokalwahlen statt. Kommunalwahlen mit erstmaliger Direktwahl des Bürgermeisters von Tiflis fanden 2010 statt Die Wahlen wurden von internationalen Beobachtern als grundsätzlich den Standards entsprechend bezeichnet, auch wenn es zu Zwischenfälle und Defiziten bei der Umsetzung der Regelungen des Wahlgesetzes gekommen ist.

Im Frühjahr und Sommer 2009 kam es zu monatelangen friedlichen Protesten und Demonstrationen der Opposition gegen Staatspräsident und Regierung. Im Gegensatz zur Situation 2007 kam es nicht zu einer anhaltenden Eskalation.

Die außerparlamentarische Opposition hält ihre Forderung nach vorgezogenen Präsidentschafts- und Parlamentswahlen weiterhin aufrecht.

(Auswärtiges Amt: Länder, Reisen, Sicherheit: Georgien - Innenpolitik, Stand März 2011,

http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Georgien/Innenpolitik_node.html, Zugriff 15.7.2011)

2010 begann sich Georgien von den Instabilitäten, die 2007 begonnen hatten, zu erholen, es fanden keine großen politischen Proteste statt.

(Freedom House: Nations in Transit 2011 - Georgia, 27.6.2011)

Anfang 2011 schlossen sich sechs moderate Oppositionsparteien zu einer losen Koalition ("Freie Wahl") zusammen, um eine politische Liberalisierung und insbesondere eine Einigung mit der Regierungspartei VNB über die Wahlreform zu erzielen. Im Juli 2011 weiteten sie ihre Ziele dahingehend aus, dass sie nunmehr die gesamte politische Umwelt ändern wollten. Hierfür ist vor allem eine intensive Wahlkampagne vor den Parlamentswahlen 2012 geplant, und politische Programme zu sozialen und wirtschaftlichen Fragen sollen ausgearbeitet werden.

(RFE/RL: Georgia's 'Opposition Six' Unveils Expanded Agenda, 10.7.2011,

http://www.rferl.org/content/georgias_opposition_six_unveils_expanded_agenda/24261214.html, Zugriff 18.7.2011)

Wahlen

Am 30. Mai 2010 fanden in ganz Georgien Kommunalwahlen statt. Die Wahlbeteiligung lag bei rund 49% der registrierten Wahlberechtigten. Wie bereits in Wahlvorhersagen vermutet errang die regierende "Vereinte Nationalbewegung" VNB einen erdrutschartigen Sieg. In allen 63 Bezirksräten außerhalb von Tiflis erhielt die VNB über 50% der Wählerstimmen, in der Hauptstadt Tiflis gewann sie 39 von 50 Sitzen im Stadtrat. Landesweit entfielen auf die VNB circa 63%. Weit dahinter folgten mit 11,9 Prozent die "Christdemokratische Bewegung" und das Parteienbündnis "Allianz für Georgien" mit 11,3 Prozent. In Tiflis gewann der amtierende Bürgermeister der VNB Gigi Ugulava die Bürgermeisterwahlen mit rund 55% der Wählerstimmen.

(AG Friedensforschung-Uni Kassel: Saakaschwilis Vorherrschaft gefestigt - Georgische Kommunalwahlen bestätigen klare Mehrheit der Regierungspartei, 4.6.2010,

http://www.uni-kassel.de/fb5/frieden/regionen/Georgien/kommunalwahl.html, Zugriff 15.7.2011/ Central Asia - Caucasus Institute Analyst:

Georgia's Local Elections: Revitalizing the Rose Revolution?, 9.6.2010, http://www.cacianalyst.org/newsite/?q=node/5343, Zugriff 15.7.2011)

Die Beobachtermission der OSZE schloss, dass diese Wahlen klare Fortschritte in Richtung einer Einhaltung der Verpflichtungen Georgiens gegenüber OSZE und Europarat gezeigt hätten. Die Wahlkampagne im Vorfeld der Kommunalwahlen hätte der Organisation zufolge in einer "vorwiegend ruhigen Atmosphäre" stattgefunden, die Kandidaten hätten frei Wahlkampf führen und sich versammeln können. Dennoch bestehen laut OSZE "bedeutende Defizite" weiter: Obwohl die Wahlbehörden den Urnengang "transparent und professionell" organisiert hätten, seien am Wahltag in mehreren Regionen "systematische Unregelmäßigkeiten" vorgekommen.

(OSZE: Statement of Preliminary Findings and Conclusions on the Municipal Elections in Georgia, 30 May 2010, 31.5.2010)

Die Kommunalwahlen im Mai 2010 wurden von internationalen Beobachtern zwar positiv bewertet, gleichzeitig gingen jedoch Berichte ein, wonach einige Oppositionskandidaten schikaniert und eingeschüchtert worden waren. Im Oktober wurden Verfassungsänderungen beschlossen, die im Jahr 2013 in Kraft treten sollen. Sie sehen vor, die Machtbefugnisse des Präsidenten erheblich einzuschränken und die Befugnisse des Ministerpräsidenten und der Regierung auszuweiten.

(Amnesty International: Amnesty International Report 2011 - Zur weltweiten Lage der Menschenrechte, 13.5.2011)

Am 21. Mai 2008 fanden vorgezogene Parlamentswahlen statt. Die Regierungspartei "Vereinte Nationalbewegung" (VNB, engl. UNM) von Staatspräsident Saakaschwili errang dabei 59,18 Prozent der Zweitstimmen und 71 von 75 Direktmandaten. Insgesamt verfügt die UNM damit über 119 von 150 Mandaten, was einer deutlichen verfassungsändernden Mehrheit entspricht. Daneben haben vier Oppositionsparteien den Einzug in das Parlament geschafft: das damals aus mehreren Parteien bestehende Bündnis "Nationaler Rat/Neue Rechte" mit 17,73 Prozent der Zweitstimmen und zwei Direktmandaten, die Christlich-Demokratische Bewegung von Giorgi Targamadse mit 8,66 Prozent der Zweitstimmen, die Arbeitspartei mit 7,44 Prozent der Zweitstimmen und die Republikaner mit zwei Direktmandaten (lediglich 3,78 Prozent der Zweitstimmen bei einer 5-Prozent-Hürde).

Wahlbeobachter zogen ein im Kern positives Fazit der Wahlen, die den Wählern echte Wahlalternativen boten und deren Ergebnisse grundsätzlich den Wählerwillen abbildeten. Sie verwiesen allerdings auch auf zahlreiche, teilweise schwerwiegende Zwischenfälle in einzelnen Wahlbezirken und die damit verbundenen weiter bestehenden Herausforderungen beim Aufbau eines demokratischen Staatswesens in Georgien. Ein Großteil der Opposition, allen voran das Parteienbündnis "Nationaler Rat/Neue Rechte", bezeichnete die Wahlen als gefälscht.

(Auswärtiges Amt: Länder, Reisen, Sicherheit: Georgien - Innenpolitik, Stand März 2011,

http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Georgien/Innenpolitik_node.html, Zugriff 15.7.2011)

Parteien

Saakaschwilis "Vereinte Nationalbewegung" ist seit der Rosenrevolution die in Georgien dominierende Partei. Es gibt zahlreiche Oppositionsparteien, die sich in den letzten Jahren zu wechselnden Allianzen zusammenschlossen.

(Freedom House: Freedom in the World 2010 - Georgia, Mai 2010)

Abänderungen der Wahlgesetzgebung 2009 und 2010 verbesserten die Chancen für Oppositionsparteien dadurch, dass das ehemalige System durch ein System ersetzt wurde, das Mandate teilweise proportional verteilt. Die Lokalwahlen 2010 änderten jedoch nichts an der Machtverteilung, die regierende UNM gewann die Wahlen haushoch und hält in allen Lokalräten die absolute Mehrheit.

Obwohl es in Georgien viele politische Parteien gibt, sind Mitgliedschaften und Teilhabe weiterhin niedrig, und politische Parteien sind jene Institutionen, denen am wenigsten Vertrauen entgegengebracht wird. Die Desintegration von Parteien und Koalitionen und das Entstehen neuer treten häufig auf. Regierungsparteien fallen für gewöhnlich auseinander, wenn ihre Führungspersönlichkeiten in ihrem Amt abgelöst werden. Beispielsweise wurde der regierende Block "Runder Tisch-Freies Georgien" aufgelöst, als seine größten Parteien marginalisiert wurden nachdem der erste postkommunistische Präsident Swiad Gamsachurdia die Macht verlor. Dasselbe Schicksal ereilte die "Bürgerunion Georgiens", nachdem Eduard Schewardnadse das Präsidentenamt verließ. Die derzeit regierende "Vereinte Nationalbewegung" (VNB) wird mit dieser Tradition nach 2013 vermutlich brechen und weiter in der Politszene bleiben, obwohl seit 2007 einige hochrangige Politiker die VNB verlassen haben und eigene politische Parteien gründeten. In der Opposition kam es ebenso zu einigen Umgruppierungen. 2010 entstand die neue Georgische Partei, geführt vom ehemaligen Verteidigungsminister Irakli Okruaschwili, Ombudsmann Sosar Subari, dem Botschafter in Russland Erosi Kitsmarischwili, und Lewan Gatschetschiladse, dem Hauptgegner Saakaschwilis bei den Präsidentschaftswahlen 2008.

Es gibt keine rechtlichen Einschränkungen für die Gründung politischer Parteien, außer bei Parteien mit Basis in den Regionen. In der letzten Zeit widmen politische Parteien den Regionen der ethnischen Minderheiten mehr Aufmerksamkeit, insbesondere vor Lokalwahlen. Diese Aufmerksamkeit ist jedoch sporadisch, politische Parteien sind weiterhin sehr zentralisiert und Tiflis-dominiert. Dies trifft nicht nur auf nicht von Georgiern bewohnte Gebiete zu, sondern auch auf alle anderen Gebiete des Landes. Im Allgemeinen entspricht die Repräsentation ethnischer und religiöser Minderheiten in der nationalen Politik nicht jener ihres Anteils an der Gesamtbevölkerung. Ethnische Minderheiten stellen 16% der georgischen Bevölkerung dar, haben aber nur vier Sitze im Parlament inne.

(Freedom House: Nations in Transit 2011 - Georgia, 27.6.2011)

Kommunalwahlen 2010

Im Februar 2009 übernahm Irakli Alasania den Vorsitz des neu gegründeten Oppositionsbündnisses "Allianz für Georgien" der Parteien "Neue Rechte" und "Republikanische Partei", das zu den Kommunalwahlen 2010 antrat. Im Juli 2009 gründete Alasania seine eigene neue Partei "Unser Georgien - Freie Demokraten", die automatisch Teil des Oppositionsbündnisses wurde. Im April 2010 schloss sich die 2006 gegründete Partei "Georgiens Weg" der ehemaligen Außenministerin Salome Surabischwili dem Bündnis an. Ko-Vorsitzender der Allianz wurde der ehemalige georgische Ombudsmann Sosar Subari.

(Rustavi 2: Alliance for Georgia collapses, 16.6.2010, http://www.rustavi2.com/news/news_text.php?id_news=37455&pg=1&im=main, Zugriff 15.7.2011 / Freedom House: Freedom in the World 2010 - Georgia, Mai 2010 / Civil.ge: Alliance for Georgia Falls Apart, 16.6.2010, http://www.civil.ge/eng/article.php?id=22423&search=, Zugriff 15.7.2011)

Das zweite angetretene Oppositionsbündnis, der "Nationale Rat", ist eine Koalition aus der "Bewegung für ein Gerechtes Georgien", der "Volkspartei" und der "Konservativen Partei". Bürgermeisterkandidat für Tiflis war Swiad Dsidsiguri.

(Civil.ge: Ex-PM Nogaideli Meets Ex-Defense Minister Okruashvili, 8.6.2010, http://www.civil.ge/eng/article.php?id=22402, Zugriff 15.7.2011)

Der dritte angetretene oppositionelle Wahlblock "Christlich-Demokratische Allianz" setzte sich aus der im Parlament vertretenen "Christdemokratischen Bewegung", der Partei "Wir Allein" und der "Christlich-Demokratischen Volkspartei" zusammen. Für dieses Bündnis trat Giorgi Tschanturia als Bürgermeisterkandidat in Tiflis an.

(Georgien Aktuell: Drei Wahlbündnisse bei Regionalwahlen, 19.4.2010, http://www.georgien-aktuell.de/politikartikel.html?&tx_ttnews%5Btt_news%5D=92&tx_ttnews%5BbackPid%5D=56&cHash=26a0dbdf51, Zugriff 1.7.2010)

Abchasien und Südossetien

Die beiden Kaukasus-Regionen Abchasien und Südossetien hatten sich in den 90er-Jahren nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion in Unabhängigkeitskriegen von Georgien gelöst. Völkerrechtlich betrachtet gehören sie zu Georgien, der politische und wirtschaftliche Einfluss von Russland ist jedoch groß. Die meisten Einwohner haben russische Pässe, Währung ist der russische Rubel. Südossetien setzte sich aus einem Flickenteppich von georgischen und ossetischen Ortschaften zusammen. Die Distrikte Tskhinvali, Java, Znauri und Teile des Distrikts Achalgori wurden von dem De-facto-Präsidenten der autonomen südossetischen Republik, Eduard Kokoity, regiert. Die Zentralregierung in Tiflis verwaltete einige georgische Enklaven im Bezirk Achalgori und Dörfer im Bezirk Zchinwali, welche mehrheitlich von einer ethnisch-georgischen Bevölkerung bewohnt wurden. Das Oberhaupt der georgischen Administration in Südossetien war seit 2007 Dimitrij Sanakoew.

(Der Standard: Abgespaltene Regionen, 06.05.2008 / Schweizerische Flüchtlingshilfe: Georgien Update: Aktuelle Entwicklungen, 16.10.2008)

Nachdem Präsident Saakashvili im Jahr 2004 die autonome Republik Adscharien im Südwesten Georgiens wieder unter die Kontrolle der Zentralregierung bringen konnte, begann er, auch die Wiedereingliederung Abchasiens und Südossetiens in ähnlich offensiver Form zu betreiben. Bereits 2004 erfolgte ein militärischer Vorstoß der georgischen Armee in Südossetien; 2007 setzte Tiflis in den von Georgien kontrollierten Teilen Abchasiens und Südossetiens eigene Administrationen zusätzlich zu den De-facto-Regierungen in beiden Regionen ein. Der georgische Militärhaushalt wurde Jahr für Jahr drastisch erhöht. Ein Dialog mit den De-facto-Regierungen und den Zivilgesellschaften in Abchasien und Südossetien wurde allenfalls sporadisch gesucht. Auf vertrauensbildende Maßnahmen wurde verzichtet.

(XXXX: Länderanalyse Südkaukasus: Krise und Kriegsgefahr?, April 2009)

In und um Abchasien und Südossetien, jenen Regionen Georgiens, die sich 2008 nach dem Krieg zwischen Russland und Georgien für unabhängig erklärt hatten, herrschte nach wie vor eine angespannte Situation.

Im Juni gab es Berichte über Schießereien, Tötungen und Brandstiftungen in der Region römisch 40 in Abchasien. Zivilpersonen litten weiterhin unter Schikanen und der unsicheren Lage in der Region.

(Amnesty International: Amnesty International Report 2011 - Zur weltweiten Lage der Menschenrechte, 13.5.2011)

Anfang Mai 2009 begann Russland mit der Stationierung von Soldaten an den Grenzen von Abchasien und Südossetien. Russische Einheiten nahmen am 02.05.2009 ihre Tätigkeit entlang der Grenzen beider Provinzen auf, einige Tage zuvor war ein entsprechendes Abkommen von Russland mit Abchasien und Südossetien unterzeichnet worden.

(Russland Online: Russland beginnt mit Grenzsicherung in Abchasien und Südossetien, 3.5.2009,

http://russlandonline.ru/schlagzeilen/morenews.php?iditem=47066, Zugriff 15.7.2011)

Georgiens Konfliktzonen waren 2010 weitgehend stabil. Die EU Monitoring Mission (EUMM) sorgte durch verlässliche politische Garantien für eine Nicht-Eskalation des Konflikts mit Russland. Die Genfer Gespräche über den Konflikt wurden auch 2010 weiter geführt. Im Oktober 2010 zog sich das russische Militär aus Perevi, einem Dorf außerhalb der Grenzen des ehemaligen autonomen Gebiets Südossetien, zurück, das sie seit dem Augustkrieg 2008 besetzt gehalten hatten. Laut Russischen Behörden hatte Moskau dadurch alle seine im Sechs-Punkte-Abkommens festgelegten Verpflichtungen erfüllt. Die internationale Gemeinschaft begrüßte den Abzug, bestand aber darauf, dass das Sechs-Punkte-Abkommen noch nicht erfüllt sei. Kleine Zeichen einer Verbesserung der Beziehungen zwischen Georgien und Russland beinhalteten die Öffnung des Grenzübergangs Larsi und die Wiederaufnahme von Direktflügen zwischen Tiflis und Moskau. Jedoch hatte dies kaum größere Auswirkungen auf die diplomatischen Beziehungen. Die Abschaffung der Visumspflicht für Bürger des Nordkaukasus durch die georgischen Behörden wurde in Moskau kritisiert, diese sahen die Abschaffung als Versuch, die Situation im Nordkaukasus zu destabilisieren. Im Oktober 2010 verhaftete das georgische Innenministerium neun georgische und vier russische Staatsbürger unter dem Vorwurf, Spionage für Russland betrieben zu haben.

(Freedom House: Nations in Transit 2011 - Georgia, 27.6.2011)

Seit dem 01. Oktober 2008 ist eine EU-Beobachtermission in Georgien im Einsatz (EUMM). Russland erkannte am 26. August unter Verletzung des völkerrechtlichen Prinzips der territorialen Integrität Georgiens einseitig die Unabhängigkeit von Abchasien und Südossetien an.

Infolge des Krieges wurden bis zu 190.000 Personen nach den Schätzungen internationaler Hilfsorganisationen vorübergehend zu Vertriebenen und Flüchtlingen; ca. 23.000 Georgier aus Südossetien und Abchasien werden voraussichtlich auf Dauer nicht in ihre Heimat zurückkehren können.

Die internationale Gemeinschaft hat Georgien am 22. Oktober 2008 bei einer Geberkonferenz in Brüssel für insgesamt 4,5 USD Unterstützung bei der Bewältigung der humanitären, finanziellen und wirtschaftlichen Folgen zugesagt. 2009 wurden eine Reihe neuer Siedlungen für die Vertriebenen errichtet, eine davon mit deutscher Hilfe.

(Auswärtiges Amt: Länder, Reisen, Sicherheit: Georgien - Innenpolitik, Stand März 2011,

http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Georgien/Innenpolitik_node.html, Zugriff 15.7.2011)

Menschenrechte

Allgemein

Georgien ist eine demokratische Republik. Seine Verfassung wurde am 24. August 1995 und am 6. Februar 2004 wesentlich geändert. Neben dem Staatspräsidenten steht ein Premierminister in der Regierungsverantwortung, die Verfassung sichert aber dem Parlament eine wichtige Rolle. Sie bekennt sich zu den Grund- und Menschenrechten einschließlich der Meinungs- und Pressefreiheit. Georgien unternimmt Anstrengungen, sich bei der Rechtsreform und der Wahrung der Menschen- und Minderheitenrechte den Standards des Europarats anzupassen. 1996 wurde ein Verfassungsgericht eingerichtet, 1997 die Todesstrafe abgeschafft.

(Auswärtiges Amt: Länder, Reise, Sicherheit: Georgien - Innenpolitik, Stand März 2011,

http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Georgien/Innenpolitik_node.html, Zugriff 12.7.2011)

Am 27. April 1999 trat Georgien als erstes südkaukasisches Land dem Europarat bei. Am 7. Juni 2002 hat Georgien das 1. Zusatzprotokoll zur Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten ratifiziert, welches u. a. den Schutz des Eigentums und das Recht auf freie Wahlen garantiert. Der mit dem Beitritt zum Europarat eingegangenen Verpflichtung zur Ratifizierung der Europäischen Charta zu Regional- und Minderheitensprachen kam Georgien im Oktober 2005 nach.

(Auswärtiges Amt: Bericht über asyl- und abschieberelevante Lage in Georgien, 24.04.2006)

Georgien hat die wichtigsten internationalen und regionalen Menschenrechtsinstrumente und die meisten Optionalen Protokolle unterzeichnet. Seit 2003 hat Georgien das Römer Statut des Internationalen Strafgerichtshofs ratifiziert. 2010 fand ein Menschenrechtsdialog zwischen der EU und Georgien statt, der einen guten allgemeinen Meinungsaustausch über Menschenrechte und Grundfreiheiten in Georgien ermöglichte.

(Europäische Kommission: Implementation of the European Neighbourhood Policy in 2010; Country report: Georgia, 25.5.2011)

Meinungs- und Pressefreiheit

Die Verfassung garantiert die Pressefreiheit und die Printmedien bieten ein weites Spektrum an politischen Meinungen. Das staatliche Fernsehen und Radio wurden 2005 in öffentlich-rechtliche Sender umgewandelt. Ihnen wird aber weiterhin vorgeworfen eine regierungsfreundliche Position einzunehmen. Die privaten Sender weisen einen gewissen Pluralismus auf, wobei jeder von ihnen dazu tendiert ein spezifisches politisches Lager zu favorisieren und damit vor allem die regierungsnahen Sender dominieren. Der Mangel an Transparenz in den Eigentümerverhältnissen bleibt eine fortlaufende Herausforderung. Ein Gesetzesentwurf, der vorsieht die Eigentümerverhältnisse offen zu legen, wurde von einem parlamentarischen Komitee im November 2010 vorbereitet, jedoch bis Jahresende noch nicht in Kraft gesetzt.

Der Zugang zum Internet wird von den Behörden nicht beschränkt. Die Preise für schnelle Internetverbindungen sind jedoch äußerst hoch und damit für viele Bürger unerschwinglich. 2010 gab es bezüglich den Inhalten im Internet keine wesentlichen Einschränkungen von Seiten des Staates..

(Freedom House: Freedom in the World 2011 - Georgia, Mai 2011)

Insgesamt bestand 2010 Einigkeit darüber, dass für die Medienlandschaft Georgiens im Bezug auf Unabhängigkeit und Professionalität Verbesserungsbedarf besteht. Die Intransparenz der Eigentümerverhältnisse von den führenden TV-Stationen wurde als problematisch erkannt und ein Gesetzesänderungsantrag im Parlament eingebracht. Dieser soll juristischen Personen mit Aktien an einem im Ausland registrierten Unternehmen verbieten, Rundfunklizenzen zu erwerben. So soll unter anderem erreicht werden, dass die Finanzierung von Sendern offen gelegt wird.

Obwohl grundsätzlich das Recht auf Information gewährleistet ist, beschweren sich Journalisten und die Legislative über Regierungsagenturen, die angefragte Informationen zurückhalten.

Es wurde propagiert, mehr in die Journalismusausbildung zu investieren sowie die Einführung ethischer Standards voranzutreiben. Der Großteil der georgischen Nachrichtenberichterstattung wird als voreingenommen und parteiisch wahrgenommen, wobei sowohl die Regierung, als auch die Opposition Medien innehaben, die ihren jeweiligen Standpunkt vertreten, was einen gewissen Ausgleich in der Berichterstattung schafft.

Die Printmedien sind breiter gefächert, es halten sich jedoch nur wenige an ethische Standards.

Das Internet kann ohne Einschränkungen genutzt werden. Die Bedeutung von Online-Medien steigt. Inzwischen haben 28.3 % der georgischen Bevölkerung Zugang zum Internet. (Im Vergleich dazu waren es vor vier Jahren noch lediglich 7.6 %.) Der Internetzugang ist in den meisten Teilen des Landes gewährleistet, jedoch sind die Preise in den Regionen weit höher, als in der Hauptstadt Tbilisi. Immer mehr Georgier treten sozialen Netzwerken im Internet bei. Speziell das Soziale Netzwerk Facebook dient mit mehr als 340.000 georgischen Mitgliedern als eine wichtige Plattform für Diskussionen und Informationsaustausch.

Obwohl eine gesteigerte Sensibilität betreffend der Intransparenz der Medien einen hoffnungsvollen Trend anzeigt, fehlt es dem Medienbereich immer noch an Transparenz.

(Freedom House: Nation in Transit 2011 - Georgia, 27.06.2011)

Die Medienlandschaft bleibt vielfältig, mit einer breitgefächerten Auswahl an Printmedien, aber einer limitierten Anzahl an Fernsehstationen. Dazu gehören der staatliche öffentliche Rundfunk sowie die regierungsfreundlichen Sender Rustavi 2 und Imedi. Die Eigentümerverhältnisse bleiben weiterhin undurchsichtig. Einige Journalisten brachten vor, Druck und Angriffen ausgesetzt zu sein.

(Human Rights Watch: World Report 2011 - Georgia, 24.01.2011)

Die Rede- und Pressefreiheit ist durch die Verfassung und weitere einfache Gesetze gewährleistet, einigen Berichten zufolge wurden diese Freiheiten jedoch von der Regierung eingeschränkt.

Die Regierung konnte grundsätzlich privat sowie öffentlich kritisiert werden, ohne dass man Repressalien zu befürchten hatte, wobei es auch hier zu beachtlichen Ausnahmen kam. So wurde Beobachtern von Einzelpersonen berichtet, sie würden sensible Themen aus Angst von staatlichen Behörden abgehört zu werden nur widerwillig oder überhaupt nicht mehr via Telefon besprechen.

NRO berichteten, dass die weitverbreitete Straffreiheit für Angriffe und Schikanen gegenüber Menschenrechtsaktivisten eine abschreckende Wirkung auf Gegenstimmen und auf Watchdog-Gruppen, vor allem außerhalb von Tbilisi, hatten. Sie behaupteten ebenfalls, dass die Regierung den Rechtsapparat benutzte, um kritische Stimmen zum Schweigen zu bringen. NRO, unabhängige Analysten und Journalisten beschuldigten immer wieder hochrangige Regierungsangehörige und Oppositionspolitiker redaktionelle Entscheidungen durch ihre persönlichen Beziehungen zu Programmdirektoren zu beeinflussen. Unternehmer sollen mit langen Finanzprüfungen von der Regierung dermaßen eingeschüchtert worden sein, dass sie in oppositionsnahen Medien keine Werbung schalten ließen.

Es gibt an die 200 unabhängige Zeitungen, wobei die meisten lokale Zeitungen, und in Auflage und Einfluss extrem limitiert sind. Während des Jahres wurden ranghohe Regierungsmitglieder in den Printmedien kritisiert. Einige mit diesen Zeitungen in Zusammenhang stehende Personen berichteten, dass sie Druck, Einschüchterungsversuchen und Gewalt aufgrund ihrer Arbeit ausgesetzt seien. Nur wenige Zeitungen sind kommerziell überlebensfähig. Schirmherren der Politik und Wirtschaft subventionieren typischerweise Zeitungen, die ihrem Einfluss unterstellt sind.

(U.S. Department of State: Country Reports on Human Rights Practices 2010, 8.4.2011)

Die Unabhängigkeit der Medien in Georgien ist weiterhin mangelhaft und ein wesentlicher Fortschritt hin zu mehr Diversität nicht bemerkbar. Die einzige Ausnahme stellt der kleine nationale Kanal "Maestro" dar. Die führenden landesweiten TV-Stationen stehen weiterhin unter starkem Einfluss, während die Printmedien relativ frei von Druck und Einschüchterung agieren können. Doch abgesehen von der verhältnismäßig freien Atmosphäre, steht die unabhängige Presse vor anderen Herausforderungen. Da die Regierung großen Druck auf Unternehmen und die Privatwirtschaft ausübt, ist es fast unmöglich diese für den Inseratkauf zu gewinnen, wenn regelmäßig kritischer Inhalt publiziert wird.

Die drei großen landesweiten TV-Stationen, der Öffentliche Rundfunk, Imedi TV und Rustavi 2 berichten weiterhin sehr einseitig und parteiisch. Die mangelnde Transparenz der Eigentümerverhältnisse der beiden letztgenannten Sender, die im Ausland registriert sind, stärkt den Verdacht einer engen Bindung zur Regierungspartei.

(Human Rights Centre: Annual Human Rights Report for 2010 - Georgia, 14.03.2011)

Vereins- und Versammlungsfreiheit / Opposition

Die Verfassung und weitere Gesetze gewährleisten die Versammlungsfreiheit; jedoch gibt es Bedenken hinsichtlich einiger Vorbehalte im Gesetz. Im Jahr 2010 sind Demonstrationen von den Behörden zugelassen worden, die meisten davon verliefen ohne Zwischenfälle.

Das Gesetz verlangt von politischen Parteien und andere Organisationen, dass sie eine Ankündigung einreichen und eine Erlaubnis der lokalen Behörden abwarten, um sich auf einer öffentlichen Verkehrsfläche zu versammeln. Genehmigungen für Versammlungen wurden während des Jahres routinemäßig gewährt. Den Protestierenden ist es verboten Straßen "absichtlich" und "künstlich" zu blockieren. Gemäß einem Zusatzartikel im Polizeigesetz ist der Gebrauch von nicht tödlichen Projektilen zur besseren Kontrolle im Falle von Ausschreitungen erlaubt. Die Haftstrafe für verschiedene Verwaltungsvergehen wurde von 30 auf 90 Tage erhöht.

Die Verfassung und weitere Gesetzte gewährleisten die Vereinigungsfreiheit. In der Praxis wird dieses Recht jedoch nicht immer respektiert. So wird behauptet, dass im letzten Jahr Mitglieder der nicht im Parlament vertretenen Oppositionsparteien und ihr Umfeld vermehrt Ziel von Verfolgung der Justizbehörden seien und zu verhältnismäßig höheren Strafsätzen verurteilt würden. Weiters werde, mithilfe von Überwachung sowie angedrohten oder tatsächlichen Entlassungen, Druck auf die Opposition ausgeübt.

Es gibt, außer den Registrierungsvoraussetzungen, keine Einschränkungen der Regierung, was die Gründung politischer Parteien betrifft. Laut Registrierungs- und Genehmigungsabteilung des Justizministeriums gab es im Jahr 2010 206, Ende 2009 200 und Ende 2008 189 registrierte politische Parteien. Während des Jahres behaupteten Personen und Mitglieder von Organisationen, welche in Verbindung mit der Opposition standen, sie seien unberechtigterweise vermehrt Ziel der Strafverfolgungsbehörden gewesen.

(U.S. Department of State: Country Reports on Human Rights Practices 2010, 8.4.2011)

Der Kommissar für Menschenrechte des Europarats prüfte bei seinem Besuch in Georgien 2011 einige Aussagen von Oppositionellen und deren Angehörigen, sie würden auf Grund ihrer politischen Tätigkeit verfolgt.

Er kommt zu dem Schluss, dass er eine beachtliche Zahl an glaubhaften Anschuldigungen und weitere Informationen erhalten hat, die darauf hinweisen, dass es ernsthafte Defizite im strafrechtlichen Ermittlungs- und Gerichtsverfahren gegen oppositionelle Aktivisten gibt.

(Council of Europe - Commissioner für Human Rights: Report Following his visit to Georgia from 18 to 20 April 2011, 30.06.2011)

In Bezug auf die Versammlungsfreiheit sind einige Zwischenfälle bekannt, in denen die Behörden in friedliche Versammlungen eingriffen und Fälle exzessiven Gewalteinsatzes auf Seiten der Exekutive nicht umfassend aufklärten.

(Human Rights Watch: World Report 2011 - Georgia, 21.01.2011)

Die Vereins- und Versammlungsfreiheit war 2010 im Allgemeinen gegeben, mit weniger signifikanten Zwischenfällen zwischen Polizei und Demonstranten als in den Jahren davor. Trotzdem gaben einige rechtliche Einschränkungen in der Versammlungsfreiheit Grund für Einwände des Europarats und des georgischen Ombudsmanns für Menschenrechte. NRO können sich ohne willkürliche Beschränkungen registrieren und arbeiten.

(Freedom House: Freedom in the World 2011 - Georgia, Mai 2011)

Saakaschwilis Nationale Bewegung ist seit der Rosenrevolution die dominierende Partei. Es gibt zahlreiche Oppositionsparteien, die in den letzten Jahren wechselnde Allianzen eingingen. Das Überlaufen der ehemaligen Parlamentssprecherin Nino Burdschanadse und anderer ehemaliger Verbündeter von Saakaschwili zur Opposition 2008 führte zu einer neuerlichen Reorganisation.

(Freedom House: Freedom in the World 2010 - Georgia, 2011)

Abänderungen der Wahlgesetzgebung 2009 und 2010 verbesserten die Chancen für Oppositionsparteien dadurch, dass das ehemalige System durch ein System ersetzt wurde, das Mandate teilweise proportional verteilt. Die Lokalwahlen 2010 änderten jedoch nichts an der Machtverteilung, die regierende UNM gewann die Wahlen haushoch und hält in allen Lokalräten die absolute Mehrheit.

(Freedom House: Nations in Transit 2011 - Georgia, 27.6.2011)

Gesamt betrachtet fanden in Bezug auf die Abhaltung freier und fairer politischer Wahlen seit der Rosenrevolution kontinuierliche Verbesserungen statt, im Vergleich zu den Parlamentswahlen 2008 kam es auch bei den Kommunalwahlen 2010 zu weiteren Verbesserungen. Zunächst waren bereits bei der Ausarbeitung der neuen Wahlgesetzgebung für 2010 Oppositionsparteien nicht nur eingebunden, sondern es wurde auf zentrale Forderungen auch eingegangen. 2008 hatte man Forderungen der Opposition weitgehend ignoriert. Die Atmosphäre während des Wahlkampfes war 2010 weitgehend ruhig gewesen, trotz der Aufforderung einiger Oppositionsparteien die Wahlen zu boykottieren kam es zu keinen Massendemonstrationen und/oder Ausschreitungen. Die Arbeit der Wahladministration wurde von der OSZE als transparent und professionell bezeichnet, insbesondere in Bezug auf Wählerlisten kam es zu einer qualitativen Verbesserung.

Trotzdem ist in Georgien in mehrerlei Hinsicht von Einschränkungen bei der Ausübung von Oppositionstätigkeit zu sprechen: Nach Einschätzung der OSZE bestehen weiterhin Defizite hinsichtlich des Wahlrechtes, die etwa die ungleiche Verwendung administrativer Ressourcen erlauben, was der Regierungspartei zugute kommt. Zudem kam es auch in Zusammenhang mit den Demonstrationen 2009 und den Wahlen 2010 zu Einschüchterungsversuchen von besonders aktiven Oppositionspolitikern und deren Familienmitgliedern. Zu diesen zählen etwa angedrohte oder tatsächlich ausgeführte Entlassungen, bis hin zur Androhung körperlicher Gewalt, wenn weiterhin für die politische Opposition agitiert wird. Von einer systematischen Verfolgung von Oppositionsmitgliedern kann dennoch nicht gesprochen werden.

(BAA: Analyse der Staatendokumentation, Georgien: Oppositionelle Tätigkeit, 05.07.2010)

Todesstrafe

Die Todesstrafe ist für alle Straftaten abgeschafft.

(Amnesty International: Amnesty International Report 2011 - Zur weltweiten Lage der Menschenrechte, 13.05.2011)

Rechtsschutz

Justiz

Georgien hat in den letzten Jahren ernsthafte Bemühungen unternommen, sein Justizwesen zu reformieren. Eine ehrgeizige Strafjustizreform begann 2005 und umfasst die Bereiche Strafanstalten, Jugendgerichtsbarkeit, Bewährungsstrafe und Zugang zur Justiz. Im Zuge der Reform wurde die relevante Gesetzgebung überarbeitet. Die stringente "Null-Toleranz-Politik" bei Bagatelldelikten wird weiterhin umgesetzt. In der Praxis führt dies zu langen Haftstrafen, Bedenken über die Proportionalität solcher Strafen kamen auf. Der Menschenrechtskommissar des Europarats hält Georgien dazu an, eine humanere und mehr an den Menschenrechten orientierte Strafjustizpolitik anzustreben, die auf restaurativer, statt vergeltender Gerechtigkeit beruht. Ein positiver Aspekt der Reform ist die Betonung von Alternativen zu Haftstrafen.

Bedeutende Veränderungen fanden im Bereich der Organisation des Justizwesens statt. Die politische Führung hat ihr starkes Engagement im Kampf gegen die Korruption ausgedrückt. Die rechtlichen Rahmenbedingungen begünstigen im Allgemeinen die gerichtliche Unabhängigkeit, Druckausübung auf Richter ist strafbar. Dennoch stellte der Menschenrechtskommissar fest, dass weitere Bemühungen notwendig sind, um die Justiz vor unzulässiger Einflussnahme zu schützen. Er empfahl zusätzliche Maßnahmen um politischen Einfluss auf den Hohen Justizrat vorzubeugen und die Unabhängigkeit einzelner Richter zu schützen. Er stellte fest, dass Staatsanwälte weiterhin eine dominante Rolle im Strafrechtssystem spielen. Berichte darüber, dass Staatsanwälte Strafverfolgung trotz verfahrensrechtlicher Verstöße bei den polizeilichen Untersuchungen aufnahmen oder weiterführten, bedürfen ernsthafter Reflexion. Maßnahmen, um effektive staatsanwaltschaftliche Kontrolle von polizeilichen Untersuchungen zu garantieren, sollten getroffen werden.

Es gab Berichte, dass Anwälte Schwierigkeiten hatten, ihren Beruf frei auszuüben, und dass es Vorfälle von Schikanen, missbräuchlicher Strafverfolgung und anderen Formen von Druck auf Anwälte gab. Das neue Strafprozessgesetz sieht verstärkte Rechte für die Verteidigung vor, aber das Strafrechtssystem weist weiterhin ein Ungleichgewicht zugunsten der Staatsanwaltschaft vor. Systematische Maßnahmen sollten getroffen werden, wie etwa umfassende Schulungen für Anwälte. In diesem Zusammenhang begrüßt der Kommissar die Bemühungen der Behörden, den Rechtshilfedienst zu reformieren.

Der Menschenrechtskommissar erhielt zahlreiche Kommunikationen, die Vorwürfe von politisch motivierter Strafverfolgung enthielten. Während seines Besuchs in Georgien im April 2011 besprach er einige dieser Fälle und sprach mit einigen der Inhaftierten, die angeben unfair verfolgt und aufgrund ihrer politischen Meinung vor Gericht gestellt geworden zu sein. Die so erlangte Information weist auf ernsthafte Mängel bei strafrechtlichen Untersuchungen und dem Wirken der Justiz bei mehreren Strafrechtsfällen gegen Oppositionsaktivisten hin, die Zweifel an den Anschuldigungen und Verurteilungen der Betroffenen entstehen lassen. Im Allgemeinen sind stärkere Bemühungen notwendig, um das Recht auf ein faires Verfahren zu sichern und das Prinzip der Waffengleichheit zu respektieren.

Die Behörden setzten Maßnahmen um, um Misshandlungen und Straffreiheit zu bekämpfen, es wurden beträchtliche Fortschritte bei der Reduktion des Risikos von Misshandlungen durch Polizisten erzielt. Es ist jedoch notwendig, dass die georgischen Behörden diesbezüglich aufmerksam bleiben und ihre Verpflichtung, Straffreiheit zu bekämpfen, demonstrieren.

(Council of Europe - Commissioner for Human Rights: Report by Thomas Hammarberg, Commissioner for Human Rights of the Council of Europe, following his visit to Georgia from 18 to 20 April 2011, 30.6.2011)

Georgiens Justizwesen ist weiterhin von Widersprüchen bei der Auslegung und Umsetzung der Gesetzgebung geplagt, ebenso wie von schwacher institutioneller Organisation und einem Mangel an gerichtlicher Unabhängigkeit. Die Freispruchrate fiel 2010 auf 0,01%, was die Dominanz der Staatsanwaltschaft im Gerichtssystem suggeriert. Einige politische Parteien und NRO warfen weiterhin das Thema politischer Gefangener auf, die Regierung bestritt deren Vorkommen. Im Oktober 2010 wurden Geschworenengerichte eingerichtet, mit dem Ziel das Vertrauen der Bevölkerung in das Justizwesen zu stärken.

(Freedom House: Nations in Transit 2011, 27.6.2011)

Im Oktober 2010 führte Georgien Geschworenengerichte ein. Jurys werden aus 12 Mitgliedern und zwei Ersatzmitglieder bestehen. Geschworenengerichte werden zunächst nur in Tiflis arbeiten, und sich nur mit schweren Verbrechen und Mord befassen. Ihre Urteile können nicht berufen werden, es sei denn aufgrund von Verfahrensbrüchen. Zudem kann gegen Urteile von Geschworenengerichten Beschwerde beim EGMR eingelegt werden

(Caucasian Knot: Georgia introduces juries, 1.10.2010, http://georgia.eng.kavkaz-uzel.ru/articles/14676/, Zugriff 18.7.2011)

Das Gesetz sieht eine unabhängige Justiz vor. Jedoch gibt es weiterhin Berichte, dass die Exekutive und einige leitende Richter Druck auf die Justizbehörden ausübt. Einem Bericht des Ombudsmannes aus der ersten Hälfte 2009 zufolge würden Probleme innerhalb des Justizsystems weiterbestehen, in Bereichen wie der Unabhängigkeit der Gerichte, der Qualität der Untersuchungen, der Gleichheit der Parteien und der Untermauerung von richterlichen Urteilen.

Viele NRO beklagten, dass die Justizbehörden zugunsten der Regierungspartei wirken würden, in einigen Fällen sogar ohne Anweisung dies zu tun, vor allem wenn dies in einem Fall als im Regierungsinteresse gelegen zu sein schien. Einige NRO und die außerparlamentarische Opposition unterstellt, dass Gerichte bei Fällen in Zusammenhang mit Oppositionsaktivisten zugunsten der Regierung entscheiden würden. NRO äußerten zudem Bedenken, dass es den unlängst ernannten Richtern an Erfahrung und Ausbildung mangle, um unabhängig zu agieren.

Im Oktober 2010 wurden Verfassungsänderungen verabschiedet, die auch das Justizwesen betreffen. Diese treten voraussichtlich im Jahr 2013 in Kraft.

Für die Ernennung und Entlassung von Richtern ist der Hohe Justizrat zuständig. Vorsitzender und Mitglieder des Rats werden vom Präsidenten nominiert und vom Parlament bestätigt. Der Vorsitzende des Höchsten Gerichtshofs ist gleichzeitig der Vorsitzende des Hohen Justizrats. NRO und Beobachter kritisierten weiterhin den Mangel an Transparenz bei der Auswahl, Ernennung und Disziplinarverfahren von Richtern. Trotz der objektiven schriftlichen Prüfungen, war der Ernennungsprozess nicht hinreichend transparent, mündliche Prüfungen fanden hinter geschlossenen Türen statt, die angewendeten Auswahlkriterien sind nicht öffentlich bekannt.

(U.S. Department of State: Country Reports on Human Rights Practices 2010, 8.4.2011)

Im Rahmen der Justizreform wurde zum einen der Instanzenzug neu geregelt, zum anderen aber auch eine radikale Verjüngung der Richterschaft durchgesetzt. Reformanstrengungen im Rechtsbereich werden fortgesetzt, um fortbestehende Defizite wie z.B. die zum Teil unhaltbaren Zustände in den Strafvollzugsanstalten zu beseitigen.

(Auswärtiges Amt: Länder, Reise, Sicherheit: Georgien - Innenpolitik, Stand März 2011,

http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Georgien/Innenpolitik_node.html, Zugriff 18.7.2011)

In Bezug auf die Stärkung der Unabhängigkeit der Justiz wurden Fortschritte gemacht, da die neue Verfassung vorsieht, dass Richter auf Lebenszeit ernannt werden. Jedoch äußerten der Europarat und die Zivilgesellschaft Bedenken über die lange Probezeit vor der Ernennung, in der Richter mehr politischer Einflussnahme ausgesetzt sind. Das "Gesetz über Regeln zur Kommunikation mit Richtern im Gericht" wurde im Februar 2010 geändert. Es verbietet nicht die Korrespondenz mit Richtern, aber erhöht die Strafen für illegale Korrespondenz und weitet das Gesetz auf Beamte in politischen Positionen aus. Auch das Gesetz zur Disziplinarmaßnahmen für Richter wurde geändert, um die Möglichkeiten politischen Einflusses auf Disziplinarverfahren zu minimieren.

Den Zugang zur Justiz betreffend stellt das kostenlose Rechtsberatungsservice des Ministeriums für Strafvollzug und Rechtsbeistand weiterhin Bürgern im ganzen Land Rechtshilfe zur Verfügung, darunter auch besonders schutzbedürftigen Gruppen. Jedoch wurde 2010 ein Rückschlag berichtet: Die Regierung entschied, dass aufgrund der mangelnden Kapazitäten der Rechtshilfedienst bei Zivil- und Verwaltungssachen erst ab 2013 seine Dienste zur Verfügung stellen wird, nicht wie ursprünglich geplant ab 2011.

(Europäische Kommission: Implementation of the European Neighbourhood Policy in 2010; Country report: Georgia, 25.5.2011)

Das Justizsystem leidet unter Widersprüchen bei der Interpretation und Umsetzung der Gesetze, sowie schlechten Haftbedingungen. Vertrauen in das Gerichtssystem verbessert sich langsam, 2011 vertrauten 53% der Befragten darauf, während es 2007 nur 22% gewesen waren. Gerichte sind besser ausgerüstet und finanziert und werden im Allgemeinen als weniger korrupt wahrgenommen. Das Gerichtssystem bearbeitet Zivilrechtsfälle mit größerer Unabhängigkeit, aber die Bearbeitung vieler Strafrechtsfälle wird weiterhin von der Staatsanwaltschaft beeinflusst. Die Freispruchrate ist extrem niedrig, wobei sie 2011 Anzeichen der Verbesserung zeigte.

(Freedom House: Nations in Transit 2012 - Georgia, 6.6.2012)

Sicherheitsbehörden

Die Lage in Georgien ist - mit Ausnahme der Konfliktgebiete Abchasien und Südossetien - insgesamt stabil. Die Autonome Republik Abchasien und das Gebiet Südossetien gehören völkerrechtlich zu Georgien, stehen aber seit 1993 nicht mehr unter der Kontrolle der georgischen Regierung in Tiflis.

(Auswärtiges Amt: Reise & Sicherheit - Georgien - Reise- und Sicherheitshinweise, Stand 3.7.2012 (Unverändert gültig seit: 02.04.2012),

http://www.auswaertiges-amt.de/sid_4A21A8B29B2C61A42D8EA68D1E516D53/DE/Laenderinformationen/00-SiHi/Nodes/GeorgienSicherheit_node.html, Zugriff 3.7.2012)

Eine Reform der Polizei wurde 2004 begonnen, bedarf aber noch weiterer Schritte, um die angestrebten europäischen Standards zu erfüllen.

(Auswärtiges Amt: Länder, Reisen, Sicherheit: Georgien - Innenpolitik, Stand März 2011,

http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Georgien/Innenpolitik_node.html, Zugriff 15.7.2011)

Das Innenministerium ist für den Gesetzesvollzug zuständig und kontrolliert die Polizei, die unterteilt ist in funktionelle Abteilungen und eine separate, unabhängig finanzierte Polizeischutzabteilung, die Infrastruktur und privaten Unternehmen Sicherheit und Schutz bieten. Das Finanzministerium hat seinen eigenen Untersuchungsdienst.

Im Oktober 2010 trat eine neue Strafprozessordnung in Kraft. Diese fördert die Verantwortlichkeit und Professionalität der Polizeikräfte, indem die Verwendung illegal sichergestellter Beweise und legal sichergestellter Beweise die aber bei einem ursprünglich illegalen Polizeieinsatz beschlagnahmt wurde, verboten ist.

Dem Innenministerium zufolge verhängte ihr Allgemeiner Prüfungsdienst 2010 mehr Disziplinarstrafen als 2009 (2010: 861, 2009: 561). Die Strafen umfassten Verwarnungen, Degradierungen und Entlassungen. Das Ministerium berichtete zudem, dass 2010 mehr Polizisten für verschiedene Straftaten verhaftet wurden. Unter den 46 Verbrechen 2010 (2009: 29) fanden sich 18 Fälle von Korruption, zwei von Besitz oder Verwendung von Rauschgift, 12 von Betrug oder exzessiver Autoritätsgebrauch, 12 von Amtsmissbrauch, und zwei von Veruntreuung von Staatseigentum. Berichten zufolge lag die tatsächliche Anzahl von Missbrauchsvorfällen jedoch höher als jene der berichteten Fälle.

(U.S. Department of State: Country Reports on Human Rights Practices 2010, 8.4.2011)

Am 24. September 2010 wurde ein Gesetz verabschiedet, das der Polizei neue Befugnisse verlieh, um verdächtige Personen anzuhalten und zu durchsuchen. Mehrere georgische Menschenrechtsorganisationen äußerten Bedenken gegen das Gesetz, da es weder die genauen Umstände definiert, unter denen die Polizei diese Befugnisse nutzen kann, noch den Zeitraum, wie lange eine Person auf der Grundlage dieser Befugnisse festgehalten werden kann.

(Amnesty International: Amnesty International Report 2011 - Zur weltweiten Lage der Menschenrechte, 13.5.2011)

Die Polizei hat ihre Arbeit seit 2004, als die Hälfte des Personals als Teil einer Antikorruptionskampagne entlassen wurde, merklich verbessert. Eines der Ergebnisse ist die faktische Ausmerzung der vorher üblichen Bestechungsgeldzahlungen an Verkehrspolizisten. Die Haftbedingungen sind weiterhin hart.

(Freedom House: Freedom in the World 2010 - Georgia, Mai 2010)

Polizeigewalt

Obwohl Folter und andere grausame, unmenschliche Behandlung und Strafen in Georgien laut Verfassung verboten sind, gab es Berichte, dass Regierungsbeamte solche Praktiken weiterhin einsetzten. Der Bericht des Ombudsmannes 2009 hielt fest, dass Anschuldigungen von Misshandlungen im Vergleich zum Vorbericht angestiegen waren. Im Juni [2010] hielt er in einer Rede fest, dass die Verantwortlichkeit für Folter und unmenschliche Behandlung weiterhin ein Problem darstelle.

Im Dezember gab der Ombudsmann eine Stellungnahme über den "Nationalen Präventionsmechanismus" für die erste Jahreshälfte ab, in der er über Vorfälle berichtete, in denen Bedienstete in Haftanstalten und Polizisten Festgenommene und Gefangene misshandelten. Zudem hielt er fest, dass die Polizei bei Festnahmen oft übermäßig Gewalt anwendete. Untersuchungen zu solchen Vorfällen blieben oft ineffektiv. Jedoch hielt er auch fest, dass es in Untersuchungshaftanstalten zu fast keinen Fällen von Misshandlungen kam.

Laut Ombudsmann und Menschenrechtsbeobachtern waren die Gewaltvorfälle in Polizeistationen aufgrund der anhaltenden, nicht angekündigten, zufallsbedingten Kontrollen weiterhin niedrig. Jedoch wurden bei Personen, die in Polizeianhaltezentren gebracht wurden, oft physische Verletzungen festgestellt, diese wurden oft lediglich als Machtmissbrauch, nicht als Folterfälle untersucht.

Gemäß dem Justizministerium wurden 2010 19 Untersuchungen zu Foltervorwürfen aufgenommen (2009: 17), 15 zu Vorwürfen unmenschlicher Behandlung (2009: 6).

Es gab Berichte, dass während der Kommunalwahlen im Mai 2010 Exekutivbeamte Oppositionsvertreter einschüchterten, und Berichte, dass Gesetze gegenüber Oppositionsangehörigen selektiv angewandt wurden. Auch während der Oppositionsproteste im April und Juli 2009 wandte die Polizei Berichten zufolge übermäßige Gewalt an.

(U.S. Department of State: Country Reports on Human Rights Practices 2010, 8.4.2011)

Im September gab der Europäische Ausschuss zur Verhinderung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe bekannt, bei der Verhinderung von Misshandlungen durch die Polizei während der Untersuchungshaft seien gewisse Fortschritte zu verzeichnen. Es gab jedoch weiterhin Bedenken hinsichtlich Misshandlungen während der Festnahme und auf den Polizeirevieren.

Ermittlungen, die sich auf Vorfälle während Protestkundgebungen gegen den Präsidenten zwischen April und Juli 2009 bezogen, wurden nicht weitergeführt. Berichten zufolge waren die Demonstrierenden von der Polizei und unbekannten maskierten Männern schikaniert, eingeschüchtert und verprügelt worden.

(Amnesty International: Amnesty International Report 2011 - Zur weltweiten Lage der Menschenrechte, 13.5.2011)

Der Ombudsmann für Menschenrechte beschuldigte die Polizei wiederholt, Häftlinge zu misshandeln und zu foltern.

(Freedom House: Freedom in the World 2011 - Georgia, Mai 2011)

2010 führte der Ombudsmann das erste Jahr über Kontrollen im Rahmen des "Nationalen Präventionsmechanismus" unter dem UN-Protokoll gegen Folter durch. Im September 2010 brachte das Komitee für Folterprävention des Europarates (CPT) einen Bericht heraus, in dem Beschwerden von Häftlingen über Misshandlungen und Machtmissbrauch durch Gefängnispersonal festgehalten wurden, die nicht gründlich untersucht worden waren.

(Europäische Kommission: Implementation of the European Neighbourhood Policy in 2010; Country report: Georgia, 25.5.2011)

Laut dem Committee for the Prevention of Torture and Inhuman or Degrading Treatment or Punishment (CPT) des Europarates hat sich die Behandlung von Personen, die von der Polizei verhaftet werden, in den letzten Jahren deutlich verbessert. Aktivitäten der Behörden, Misshandlungen zu verhindern werden begrüßt. Jedoch kommt es weiterhin zu einigen Anschuldigungen die zeigen, dass man weiterhin aufmerksam bleiben muss.

(Council of Europe - CPT: Council of Europe anti-torture Committee publishes report on Georgia - Press Release, 21.09.2010, http://www.cpt.coe.int/documents/geo/2010-09-21-eng.htm, Zugriff 20.7.2011)

Korruption

Der Kampf gegen die Korruption war auch 2011 eine der Prioritäten der Regierung. Trotz mehrfacher größerer Krisen hat die derzeitige Regierung bemerkenswerte Bemühungen gemacht, um Korruption zu bekämpfen und hat diese auf niedriger Ebene nahezu ausgemerzt. Bedeutende Fortschritte wurden bei der Erhöhung der Transparenz staatlicher Institutionen gemacht und neue Technologien wurden eingeführt, um die Bürokratie zu minimieren und den Zugang zu Information zu verbessern. Inoffizielle Zahlungen bei öffentlichen Diensten kommen nun in Georgien viel weniger oft vor als in anderen ehemaligen Sowjetstaaten oder sogar in neuen EU-Mitgliedsstaaten. Die stetigen Antikorruptionsbemühungen der Regierung seit 2003 führten zu außergewöhnlichen Ergebnissen und zeugen von dem starken politischen Willen, Korruption auszumerzen.

(Freedom House: Nations in Transit 2012 - Georgia, 6.6.2012)

Behördliche Korruption ist gesetzlich verboten. Auf niedrigerer Ebene werden diese Gesetze auch effektiv umgesetzt, die Korruption ging hier nicht zuletzt als Ergebnis groß angelegter Reformen des Präsidenten zurück. International anerkannte Organisationen wiesen darauf hin, dass Georgien in diesem Bereich Fortschritte gemacht hat, aber einige NRO unterstellten, dass hochrangige Beamte in Korruption involviert waren und straffrei ausgingen. Der Weltbank zufolge ist Korruption ein Problem in Georgien. An der offiziellen Antikorruptionskampagne wird kritisiert, dass sich diese zu sehr auf Strafverfolgung und zu wenig auf Prävention konzentriere, und zu kurzfristig anstatt systematisch sei. Regierungsbeamte und Organisationen der Zivilgesellschaft stimmten überein, dass Kleinkorruption seit der Rosenrevolution 2003 zurückgegangen ist. Beobachter attestierten Verbesserungen bei der Festnahme von korrupten öffentlich Bediensteten, dem Anstieg der Gehälter der Bediensten und die Vereinfachung von Verwaltungsverfahren.

Im Juni verabschiedete der Präsident eine neue nationale Antikorruptionsstrategie. Das Justizministerium ergriff einige Maßnahmen, um Bestechungsgeldzahlungen einzudämmen. Im Bereich der Justiz wurden zudem Maßnahmen gesetzt, um die Unabhängigkeit der Richter zu stärken, wie etwa Schulungen, Gehaltserhöhungen, Sozialleistungen.

(U.S. Department of State: Country Reports on Human Rights Practices 2010, 8.4.2011)

Georgien machte bedeutende Fortschritte im Kampf gegen Korruption. Auf dem Corruption Perception Index 2011 von Transparency International liegt Georgien auf Platz 64 von 182 Ländern, und erreicht 4,1 von 10 Punkten (die höchste Punkteanzahl in der Region der Ostpartnerschaft).

(Europäische Kommission: Implementation of the European Neighbourhood Policy in Georgia; Progress in 2011 and recommendations for action [SWD(2012) 114], 15.5.2012)

Behördliche Korruption ist gesetzlich verboten und auf niedrigerer Ebene werden diese Gesetze auch effektiv umgesetzt. Mehrere Regierungsbeamte wurden 2011 aufgrund von Korruptionsvorwürfen angeklagt. Gemäß Justizministerium wurden 2011 69 Regierungsbeamte

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für die Annahme von Bestechungsgeldern strafrechtlich verfolgt, 60 davon wurden verurteilt. Fünf weitere Beamte wurden für das Bezahlen von Bestechungsgeld verurteilt. Gemäß Umfragedaten berichtete weniger als 1% der Georgier, Bestechungsgelder für staatliche Leistungen bezahlt zu haben.

2011 verabschiedete die Regierung einige Maßnahmen zur Bekämpfung von Korruption, z. B. die Einführung eines elektronischen Beschaffungssystems, um Daten von staatlichen Stellen transparenter zu machen.

(U.S. Department of State: Country Report on Human Rights Practices for 2011 - Georgia, 24.5.2012)

Nichtregierungsorganisationen

Das Ungleichgewicht zwischen der Zivilgesellschaft und dem Staat kann nicht allein auf sich verschlechternde Bedingungen zurückgeführt werden. Institutionell sind Organisationen der Zivilgesellschaft rechtlich geschützt. Es gibt keine formalen oder informellen Hindernisse, die die Einrichtung oder Arbeit von NRO in irgendeiner Form behindern. Vielmehr sind tausende NRO offiziell registriert, mehrere hundert arbeiten auf dem gesamten georgischen Staatsgebiet. Ziemlich viele Organisationen spezialisieren sich auf Gebiete wie Gesundheitswesen, Umwelt, Gender-Fragen oder Menschenrechte.

(Freedom House: Nations in Transit 2011, 27.6.2011)

Einhellig wurde bestätigt, dass die Regierung den Organisationen bei ihrer Arbeit keinerlei Hindernisse in den Weg legt, ganz im Gegenteil, private Initiativen sind erwünscht und Kooperationen mit den zuständigen Ministerien laufen, ebenso gibt es Kontakt zum Ombudsmann.

(Bericht zur D-A-CH Fact Finding Mission Georgien 2011 unter besonderer Berücksichtigung rückkehrrelevanter Themen, April 2011)

Inländische und internationale Menschenrechtsgruppen arbeiten in den meisten Fällen ohne staatliche Einschränkungen, sie untersuchen und veröffentlichen die Ergebnisse von Menschenrechtsfällen. Einige NRO arbeiteten eng mit der Regierung zusammen, und die Beamten waren kooperativ und gingen auf ihre Sichtweisen ein. Andere beschwerten sich wiederum, dass sie nicht ausreichend Zugang zu Regierungsbeamten hätten und kritisierten, dass die Regierung nicht genügend auf die Ansichten der Zivilgesellschaft achten würde. Einige NRO berichteten auch über Vorfälle, bei denen ihre Organisation und Mitarbeiter von Behörden schikaniert worden seien.

(U.S. Department of State: Country Reports on Human Rights Practices 2010, 8.4.2011)

Ombudsmann

Die Institution des Ombudsmannes wurde in Georgien mit dem Gesetz 1996 eingerichtet, das Gesetz zuletzt im Juli 2010 erneuert. Der Ombudsmann muss dem georgischen Parlament zweimal jährlich Bericht erstatten. Seine Aufgabe ist es, die Einhaltung der Menschenrechte und Grundfreiheiten durch den Staat in Georgien zu beobachten, und Menschenrechtsverletzungen aufzuzeigen und ihre Beseitigung zu unterstützen. Hierfür beobachtet der Ombudsmann nationale und lokale Behörden, Beamte und juristische Personen; überprüft von diesen getroffene Entscheidungen und kann hierzu Empfehlungen und Vorschläge abgeben. Auch Bildungsmaßnahmen gehören zum Aufgabenbereich des Ombudsmannes.

(Public Defender of Georgia: Public Defender - Law on the Public Defender of Georgia, 16.5.1996, http://ombudsman.ge/index.php?page=777&lang=1&n=7, Zugriff 20.7.2011)

Am 31.Juli 2009 wurde George Tugushi vom georgischen Parlament für fünf Jahre zum neuen Ombudsmann gewählt, das er mit 17. September antrat.

Er definiert seine Aufgaben folgendermaßen:

Aussagen und Behauptungen nachgehen, die sich mit der Verletzung von Rechten und Freiheiten befassen, die in der georgischen Verfassung und Gesetzen, oder in internationalen Verträgen und Abkommen festgelegt sind;

Überprüfen, ob in Gefängnissen, Untersuchungshaftanstalten und anderen Anhaltezentren Menschenrechte und Grundfreiheiten verletzt werden;

Durchführen von politischen [Anm.: auch "bürgerlichen", engl.:

"civic"] Bildungskampagnen im Menschenrechtsbereich.

Zudem will sich der Ombudsmann laut seinen eigenen Angaben um Kinderrechte, sowie die Rechte von Alten und Angestellten kümmern. Auch Probleme mit Eigentumsrechten, Folter und unmenschlicher Behandlung von Gefangenen und Minderheitenfragen sieht er als sein Aufgabengebiet.

(Public Defender of Georgia: Public Defender - Address, ohne Datum, http://ombudsman.ge/index.php?page=777&lang=1&n=3, Zugriff 20.7.2011)

Der Bericht für das zweite Halbjahr 2009 wurde im März 2010 vorgestellt. Ein bedeutender Teil des 328 Seiten umfassenden Berichtes beschäftigt sich mit dem Strafvollzugssystem und Haftanstalten, diese seine weiterhin problematische Themen.

(Civil.ge: Public Defender Unveils 2H'09 Human Rights Report, 1.4.2010,

http://www.civil.ge/eng/article.php?id=22140&search=ombudsman, Zugriff 20.7.2011)

Ende März 2011 veröffentlichte der Ombudsmann seinen Menschenrechtsbericht für 2010, im Juni wurde dieser im Parlament angehört. Die größte Aufmerksamkeit erregte jener Teil des über 500 Seiten starken Berichts, der sich mit den Haftanstalten beschäftigte: 2010 starben dem Bericht zufolge 142 Insassen, vor allem aufgrund der schlechten medizinischen Versorgung, um 56% mehr als 2009. Überbelegung ist nach wie vor ein Problem: Mit Jänner 2011 gab es 23.684 Haftinsassen, darunter 201 Jugendliche. 2009 waren es noch 21.098, 2004 6.654 Insassen. Die Kapazitäten aller 19 Hafteinrichtungen liegt bei 24.720. Die ständig steigende Zahl an Gefangenen würde bald dazu führen, dass das gesamte System, nicht nur einzelne Gefängnisse, von überbelegten Zellen betroffen sein wird. Der Ombudsmann forderte daher eine Liberalisierung der Strafjustizpolitik und Reform des Strafprozessgesetzes. Die Behörden seien außerdem nachlässig bei der Untersuchung von Misshandlungsvorwürfen von Gefangenen. Positiv hob er hervor, dass es keine Zugangsbeschränkungen für Kontrollbesuche gebe.

(Civil.ge: Ombudsman's Human Rights Report Heard in Parliament, 14.6.2011, http://www.civil.ge/eng/article.php?id=23616, Zugriff 20.7.2011 / Civil.ge: Public Defender's 2010 Human Rights Report, 4.4.2011, http://www.civil.ge/eng/article.php?id=23309, Zugriff 20.7.2011)

Der Ombudsmann hat seine unabhängige Kontrolle von Menschenrechtsverletzungen weitergeführt. Die Befugnisse des Ombudsmannes wurden 2010 ausgeweitet. Die Regierung unterstützte den Ombudsmann durch erhöhte Budgetzuschüsse, durch eine Einladung an einem EU-Georgien-Menschenrechtsdialog teilzunehmen und durch seine Aufnahme als Begünstigter des "Umfassenden Institutionenaufbauprogramms".

(Europäische Kommission: Implementation of the European Neighbourhood Policy in 2010; Country report: Georgia, 25.5.2011)

Innerstaatliche Fluchtalternative

Allgemeines

Bewegungsfreiheit im Land, Auslandsreisen, Emigration und Repatriierung sind gesetzlich gewährleistet. Die Freiheiten wurden in der Praxis durch die De-facto-Behörden und Russen in den besetzten Gebieten beschränkt. Das georgische Gesetz beschränkt Reisen von Ausländern aus und nach Abchasien und Südossetien, Personen die wirtschaftliche Aktivitäten in den besetzten Gebieten durchführen müssen bestimmte Auflagen erfüllen.

Die De-facto-Behörden von Abchasien und Südossetien und russische Truppen in den während des Augustkriegs [Anm. 2008] besetzten Teilen Georgiens schränkten die Bewegungsfreiheit ein. Milizen und russische Truppen richteten Kontrollpunkte ein, die die Bewegungsfreiheit zwischen den von ihnen kontrollierten Regionen und jenen von der georgischen Regierung kontrollierten, einschränkten. Im Juli 2010 wurde in Abchasien für "Grenzüberschreitungen" bei der Ruchi Brücke eine Gebühr von 100 russischen Rubel pro Übertritt eingeführt. Die südossetischen De-facto-Behörden erlaubten eingeschränkte Reisebewegungen nach und aus der Region Achalgori.

Das abchasische "Staatsbürgerschaftsgesetz" erlaubt eine russisch-abchasische, jedoch keine georgisch-abchasische Doppelstaatsbürgerschaft. Viele der Binnenflüchtlinge die zurückkehrten behielten die georgische Staatsbürgerschaft. Ethnische Georgier, die in Abchasien leben, müssen jedoch die abchasische Staatsbürgerschaft annehmen, um Unternehmen zu gründen, Bankkonten zu eröffnen, sich an Wahlen zu beteiligen und um Eigentum zu erwerben. Passanträge ethnischer Georgier dauerten sehr lange und wurden in vielen Fällen nie abgeschlossen. Ende Dezember sagten Mitglieder der abchasischen Eigentumsrechtskommission, dass Eigentumsansprüche ethnischer Georgier nicht beachtet würden.

(U.S. Department of State: Country Reports on Human Rights Practices 2010, 8.4.2011)

Die Agentur für Zivilregister funktioniert als juristische Person des Öffentlichen Rechtes im Verwaltungsbereich des Justizministeriums Georgiens seit 30. Januar 2006.

(Anfragebeantwortung des VB für Georgien, per E-Mail am 16.5.2011)

Rückkehrfragen

Grundversorgung/Wirtschaft

Die Wirtschaft Georgiens lag seit dem Zerfall der Sowjetunion lange Zeit brach. Seit 2004 wurden jedoch zahlreiche Wirtschaftsreformen angestrengt, die zu einer deutlichen Verbesserung der wirtschaftlichen Lage geführt haben. Der Krieg führte allerdings vorübergehend zu einem Einbruch im Wirtschaftsbereich. Viele Investoren zeigten sich seitdem verunsichert. Georgien erhielt jedoch im Oktober 2008 umfangreiche Hilfszusagen der internationalen Gemeinschaft in Höhe von insgesamt 4,5 Mrd. USD, die zur inneren Stabilisierung beigetragen und eine Rezession weitgehend verhindert haben. Zusätzlich erhielt Georgien finanzielle Unterstützung durch ein IWF-Beistandskreditabkommen in Höhe von insgesamt 1,2 Mrd. USD für den Zeitraum 2009-2011.

Die georgische Regierung verfolgt seit der Rosenrevolution Ende 2003 eine an neoliberalen Vorstellungen orientierte Wirtschaftspolitik und verfolgt in diesem Rahmen eine umfassende Privatisierung des staatlichen Eigentums. Das Investitionsklima in Georgien ist gut. Seit der Rosenrevolution in 2003 wurden tiefgreifende Reformen der Wirtschaft, der Steuergesetzgebung und des Arbeitsgesetzes (das zu den liberalsten weltweit gehört), des Sozialwesens und der Regierung selbst (Entlassung der Polizei) einschließlich des Verhältnisses des Staates zum Privatsektor vorgenommen. Die Korruption konnte eingedämmt und das Vertrauen in staatliche Strukturen wiederhergestellt werden. Eine weitere Steuerreform trat zum 1. Januar 2011 in Kraft, die die Steuersystematik erneut vereinfachen soll und Georgien einen Wettbewerbsvorteil im Vergleich zu anderen Transformationsstaaten verschaffen soll.

Der positive Wirtschaftstrend der vergangenen Jahre mit seinen hohen Wachstumsraten der Realwirtschaft wurde 2008 jäh gestoppt. Der Krieg mit Russland und die weltweite Finanz- und Wirtschaftskrise haben in allen Bereich der Wirtschaft Spuren hinterlassen. Der Vertrauensverlust potenzieller Investoren in die Stabilität des georgischen Marktes führte zu einem Einbruch der ausländischen Direktinvestitionen um 60% in 2009 gegenüber 2007. Nachdem sich das Jahr 2009 aufgrund der weltweiten Wirtschaftskrise als besonders schwierig erwiesen hatte und das BIP um -3,9% geschrumpft war, stehen die Zeichen in 2010 wieder auf Erholung. Die georgische Wirtschaft ist 2010 wieder um 6% gewachsen, für 2011 wird Wirtschaftswachstum von 5,5% prognostiziert.

(Auswärtiges Amt: Länder, Reisen, Sicherheit: Georgien - Wirtschaft, Stand März 2011,

http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Georgien/Wirtschaft_node.html, Zugriff am 15.7.2011)

Die 4,5 Milliarden $, die Georgien von 38 Ländern und 15 internationalen Organisationen in den letzten drei Jahren erhalten hat, um den Wiederaufbau nach dem Krieg zu fördern - eine Mischung aus direkter Budgethilfe, humanitärer Hilfe, Krediten und Unterstützung für die Entwicklung der Infrastruktur - konnten die wirtschaftliche Stabilität kurzfristig sicherstellen. Diese Mittel laufen jedoch aus, und weder die ausländischen Investitionen noch die Exporte haben sich erholt.

(International Crisis Group: Europe Briefing N°58 - Georgia:

Securing a Stable Future, 13.12.2010, http://www.crisisgroup.org/en/regions/europe/caucasus/georgia/B058-georgia-securing-a-stable-future.aspx, Zugriff 20.7.2011)

Soziale und humanitäre Unterstützung

Eine Alterspension in der Höhe von 80 Lari monatlich wird an Männer ab 65 und Frauen ab 60 Jahren ausbezahlt, die mindestens fünf Jahre berufstätig waren. Je nach Beschäftigungsdauer können Zuschüsse in der Höhe von zwei bis zehn Lari monatlich hinzukommen. Eine staatliche Rente wird auch an Personen mit "beschränkter Leistungsfähigkeit" ausbezahlt. Je nach Leistungsbeeinträchtigung erhalten Betroffene 70 oder 80 Lari monatlich. Bei vorübergehender Invalidität, die von einer lokalen Sonderkommission beurteilt wird, erhält der Betroffene bis zu sechs Monate lang 100% seines Einkommens weiter, hat er Tuberkulose erhält er die Zahlung bis zu zehn Monate weiter. Verstirbt die unterhaltspflichtige Person, erhalten die Hinterbliebenen eine Rente von 55 Lari.

(U.S. Social Security Administration/Office of Retirement and Disability Policy: Social Security Programs Throughout the World:

Asia and the Pacific, 2010, März 2011 / Anfragebeantwortung des Sozialministeriums, übermittelt durch den VB für Georgien, per Email am 22.11.2010)

Ins staatliche Register für besonders schutzbedürftige Familien, werden Menschen aufgenommen, die unter der Armutsgrenze leben und dadurch bestimmte Vergünstigungen erhalten. Als Familie gilt der gesamte Haushalt (z.B. inklusive Großeltern). Das Register ist in zwei Kategorien geteilt:

Gruppe 1: 0-57.000 Punkte: Vergünstigungen für sozial benachteiligte

Personen: kostenlose (Berufs-)Ausbildung, Kindergarten, Öffentliche Verkehrsmittel) plus die Krankenversicherung.

Gruppe 2: 57.000-70.000 Punkte: keine Vergünstigungen, aber Krankenversicherung.

Man darf weder ein Einkommen haben noch etwas besitzen, womit man Geld verdienen könnte. Nicht einmal eine Alterspension der Großeltern ist erlaubt (Pension Frauen ab 60 Jahren - Männer ab 65 Jahren).

Um in das Register aufgenommen zu werden, kommen Mitarbeiter des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales und überzeugen sich selbst von der sozialen Gefährdung der betroffenen Personen. Im ganzen Land gibt es etwa 50 staatliche Büros für soziale Dienste. Ist eine Familie sozial gefährdet und im Register vermerkt, so bekommt sie Vergünstigungen und Unterstützung. Dies sind eine monatliche staatliche finanzielle Unterstützung von 30 GEL für den Antragsteller plus 24 GEL für jede weitere Person im Haushalt. Dieser Geldbetrag entspricht ca. 15-20% des Existenzminimums. Sobald eine Person des Haushalts zu arbeiten beginnt, entfällt die Beihilfe. Binnenflüchtlinge (IDPs) sind grundsätzlich den anderen georgischen Staatsbürgern gleichgestellt und haben daher dieselben Vor- bzw. Nachteile zu erwarten.

Das System funktioniert in der Praxis und die Betroffenen erhalten ihre Leistungen tatsächlich. Registrierte sozial gefährdete Personen erhalten eine Karte, die ihren Status bestätigt. Vulnerable Gruppen (auch IDPs) sind gut über das Gesundheitssystem mit seinen Unterstützungsleistungen informiert und es gibt keine soziale Stigmatisierung, wenn nach kostenloser Behandlung gefragt wird.

(Bericht zur D-A-CH Fact Finding Mission Georgien 2011 unter besonderer Berücksichtigung rückkehrrelevanter Themen, April 2011)

Das Mutterschaftsgeld das 2010 100% des Durchschnittsgehaltes betrug und wird bis zu 126 Tage ausbezahlt. Bei Mehrfachgeburten und Geburten mit Komplikationen kann das Mutterschaftsgeld bis zu 140 Tage ausbezahlt werden. Die Obergrenze des Mutterschaftsgeldes liegt bei 600 GEL (ca. 255 Euro). Unbezahlter Mutterschaftsurlaub kann bis zu drei Jahre genommen werden.

(D-A-CH - Analyse der Staatendokumentation: Die Lage von Frauen in Georgien (häusliche Gewalt und Sozialleistungen für Bedürftige), Juni 2011 / U.S. Social Security Administration/Office of Retirement and Disability Policy: Social Security Programs Throughout the World: Asia and the Pacific, 2010, März 2011)

Es gibt in Georgien keine allumfassende Strategie in Bezug auf den Sozialbereich, jedoch gibt es einige mittelfristige Aktionspläne, die sich mit Themen wie sozialer Ausgrenzung und Schutz von gefährdeten Kindern, Behinderten, Kinder mit Lernschwierigkeiten, IDP-Familien und Menschenhandel beschäftigen. Der Kinderaktionsplan von 2009 wird weiter eingeführt und im November 2010 wurde einem Aktionsplan für Reformen im System der Kinderfürsorge für die Jahre 2011-2012 zugestimmt. Das Kinderfürsorgeprogramm [von 2009] wurde weitergeführt.

(Europäische Kommission: Implementation of the European Neighbourhood Policy in 2010; Country report: Georgia, 25.5.2011)

Weder der Mindestlohn für öffentlich Bedienstete, 115 Lari im Monat (etwa 68$), noch der gesetzliche Mindestlohn für privat Bedienstete, etwa 20 Lari (12$) im Monat, gewähren einen annehmbaren Lebensstandard für einen Arbeiter und seine Familie. Der Mindestlohn lag unter dem durchschnittlichen Monatslohn im privaten und öffentlichen Sektor. Während des Jahres [2010] lag das offizielle Existenzminimum für eine Person bei 149,50 Lari (88$) und bei 265 Lari ($151) für eine vierköpfige Familie. Einkommen aus nicht gemeldetem Handel, Unterstützung durch Familie und Freunde, sowie der Verkauf von selbstangebauten Agrarprodukten ergänzten oft die Gehälter. Das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales ist für die Durchsetzung des Mindestlohns verantwortlich.

(U.S. Department of State: Country Reports on Human Rights Practices 2010, 8.4.2011)

Der wichtigste soziale Rückhalt in Georgien ist wie in anderen Kaukasusstaaten der Familienzusammenhalt. Sollte es zu einer Notlage aus sozialen oder medizinischen Gründen kommen, ist der Zusammenhalt innerhalb der Familien sehr groß und es wird alles unternommen, um die erforderlichen Mittel bereitstellen zu können.

(Bundesasylamt, Bericht zur Fact Finding Mission - Armenien, Georgien, Aserbaidschan, 01.11.2007)

Es gibt viele Initiativen und Projekte, die sich um Bedürftige, Rückkehrer, IDPs, Frauen, Familien mit vielen Kindern, (sexuelle) Minderheiten etc. kümmern. Die Unterstützung betrifft alle sozialen Bereiche und reicht von Suppenküchen für die Ärmsten über Bereitstellung von Gütern des täglichen Bedarfs, Hilfe bei der Jobsuche, Vergabe von Mikrokrediten bzw. Hilfe bei Businessprojekten bis zu medizinischer, sozialer und juristischer Beratung und Unterstützung. Es können alle Personen, deren Profil einem dieser Projekte entspricht um Unterstützung ansuchen. Die meisten der privaten Organisationen, die solche Projekte anbieten sind durch (internationale) Spender finanziert.

NGOs können ohne Einschränkungen arbeiten und sich registrieren lassen. Alle besuchten NGOs bestätigten dies und fügten noch hinzu, dass die Kooperation mit den Ministerien sehr gut sei und private Initiativen sogar bestärkt werden.

Zur Unterstützung der ärmsten Bevölkerungsschicht gibt es zwei Suppenküchen, eine davon in Tbilisi. Eine Unterkunft für Bedürftige befindet sich in Batumi, in Tbilisi wurde vor kurzem eine erbaut. Die Stadtverwaltung hat hierfür den Platz zur Verfügung gestellt, Caritas Georgia übernahm den Bau und mittlerweile wird das Haus von Ordensschwestern geführt. Weiters gibt es ein langfristig angelegtes Projekt einer anderen Organisation, bei dem 350 Familien monatlich mit Lebensmitteln und alle drei Monate mit Medikamenten versorgt werden. Zusätzlich wird auch Unterstützung bei medizinischen Untersuchungen bereitgestellt. Ein anderes Projekt unterstützt in gleicher Weise 60 sehr arme Familien, die in Containern leben. Die Hilfe ist nicht nur auf Tbilisi beschränkt und sie kann von allen Hilfsbedürftigen beansprucht werden.

(Bericht zur D-A-CH Fact Finding Mission Georgien 2011 unter besonderer Berücksichtigung rückkehrrelevanter Themen, April 2011)

Medizinische Versorgung

Es gibt in Georgien zwölf Verwaltungseinheiten im Gesundheitsbereich. Die Hauptstadt Tbilisi hat die am besten entwickelte Gesundheitsinfrastruktur mit allen Arten von medizinischen Einrichtungen wie zum Beispiel: Notfallkrankenhäuser, ambulante Einrichtungen und Polikliniken, allgemeine Krankenhäuser, gynäkologische Krankenhäuser, medizinische Forschungseinrichtungen, Zahnarztpraxen und Apotheken. In Batumi sind diese Einrichtungen ebenso alle vorhanden. Jede Stadt hat mindestens ein Krankenhaus und eine ambulante Einrichtung. Rückkehrer aus dem Ausland sind der georgischen Bevölkerung absolut gleichgestellt.

Das Gesundheitssystem in Georgien hat sich in den letzten Jahren stark gewandelt. Viele staatliche Institutionen wurden privatisiert. Heute sind die meisten Kliniken gut ausgerüstet und fast jede Krankheit kann behandelt werden. Auch komplizierte neurologische und kardiologische Operationen werden durchgeführt. Im Großen und Ganzen hat die medizinische Versorgung in Georgien in den letzten zwei bis drei Jahren große Fortschritte gemacht. Im Zuge der Reformen bekamen die staatlichen Krankenhäuser viel neues Equipment, wobei das Hauptaugenmerk auf Kinderkrankenhäuser und die Notfallmedizin gelegt wurde. In das Projekt "Programme of 100 Hospitals" wurde 2011 erstmalig auch die Psychiatrie und Institutionen im Bereich Drogensucht miteinbezogen.

Zugang zu medizinischer Versorgung

Grundsätzlich ist die medizinische Versorgung für alle zugänglich und im Vergleich zu anderen Ländern auch kostengünstiger. Es gibt einen generellen Plan, wonach jeder Georgier innerhalb von 15 Minuten eine Einrichtung der medizinischen Grundversorgung erreichen können soll. 95% der Bevölkerung sind hiervon abgedeckt, die restlichen fünf Prozent leben in Bergregionen.

Im Falle von medizinischen Notfällen ist die Behandlung in den Notfallkrankenhäusern die ersten drei Tage kostenlos, danach muss der Aufenthalt nach Standardpreis bezahlt werden. Die Preise für medizinische Behandlungen sind mittlerweile standardisiert und es werden für alle Dienstleistungen Rechnungen ausgestellt. Weiters zahlt gegebenenfalls die Versicherung bzw. der Patient selbst mit Scheck. Zusätzliche Zahlungen um überhaupt behandelt zu werden gibt es nicht mehr. Das Problem der Korruption im Gesundheitswesen ist zwar noch evident, jedoch definitiv zurückgegangen und es gibt Fortschritte in der Transparenz. Zur Korruption ist im Allgemeinen in Bereichen, wo die Bürger mit staatlichen Institutionen zu tun haben, dramatisch gesunken und kommt im sogenannten Low-Level-Bereich so gut wie nicht mehr vor. Außerdem wurden die Ärzte früher so schlecht bezahlt, dass sich die Patienten verpflichtet fühlten, zusätzliche Zahlungen zu leisten. Da die Löhne des medizinischen Personals gestiegen sind, hat sich diese Einstellung mittlerweile verändert. Weiters ist es zumeist nicht mehr notwendig, dass die Familien Bettzeug oder Nahrungsmittel mitbringen, obwohl es hier auch Ausnahmen gibt.

Obwohl es Unterschiede in der medizinischen Versorgung zwischen Tbilisi und den Regionen gibt wurde angemerkt, dass es in jeder Region mindestens ein gutes Krankenhaus gibt, das mit adäquaten Geräten und gutem Personal ausgestattet ist. Auch die medizinische Grundversorgung in den Dörfern ist gut.

Verfügbarkeit von Medikamenten

Ein sehr breites Spektrum an Medikamenten ist in Georgien erhältlich, sowohl als Original als auch als Generikum. Es gibt mehrere große Apothekenketten wie GPC (www.gpc.ge), PSP (www.psp.ge), und AVERSI (www.aversi.ge). Ein Rezept braucht man ausschließlich für Psychopharmaka, da die psychoaktiven Inhaltsstoffe als Drogen weiterverarbeitet und verkauft werden könnten. Alle anderen Medikamente - einschließlich Antibiotika - sind in den Apotheken ohne Rezept erhältlich. Das Problem hier ist, dass Ärzte in Georgien traditionell sehr viele und teure Medikamente verschreiben, die von den Patienten oft nicht bezahlt werden können.

Hepatitis

Hepatitis sowie die meisten Folgerkrankungen (z.B. Leberzirrhose) können in Georgien behandelt werden. Lebertransplantationen sind nicht möglich. Diese Operation kann in Aserbaidschan oder in der Türkei durchgeführt werden und der Spender muss selbst gefunden werden. Die Kosten dafür wurden mit ca. 100 000 - 170 000 GEL angegeben.

Hepatitis-Behandlung wird weder vom Staat noch von einer privaten Versicherung übernommen, das heißt, der Patient muss für die Kosten selbst aufkommen. Die Kosten und die Behandlungsdauer hängen vom Genotyp ab. Sie betragen in der privaten Klinik HEPA:

bei Genotyp 2 und 3 dauert die Behandlung 24 Wochen und kostet ca. 14 400 GEL

bei Genotyp 1 und 4 dauert die Behandlung 48 Wochen und kostet ca. 29 000 GEL

Bei der Behandlung in der HEPA Klinik kommen die Patienten einmal die Woche in die Klinik und erhalten eine Injektion mit Interferon. Zusätzlich werden zuhause Tabletten eingenommen. Bei Problemen können die Patienten die Klinik kontaktieren. Der Patient bezahlt das Interferon, die dazugehörigen Tabletten erhält er kostenlos von der Pharmafirma. Drogenabhängige Hepatitis-Patienten müssen vor der Behandlung einen Entzug machen.

Im Normalfall schließen die Patienten die Behandlung erfolgreich ab, da die Kosten aber sehr hoch sind, beenden ca. 10% der Patienten die Behandlung wegen finanziellen Engpässen zu einem früheren Zeitpunkt. 10-15% der Patienten können ihre Behandlung selbst zahlen, andere versuchen durch Verkauf von Autos oder auch Häuser etc. das notwendige Geld zu lukrieren. Auch Familie oder Freunde legen zusammen, um die Behandlung zu finanzieren. Eine weitere Möglichkeit für Hepatitis-Kranke ist einen nichtverzinsten Kredit bei der Republik Bank aufzunehmen. Als ehemaliger Drogensüchtiger wird man jedoch von der Bank als nicht kreditwürdig angesehen, in Ausnahmefällen übernimmt die Klinik HEPA eine Bürgschaft für ihre Patienten. Im Vergleich sind die Kosten der Hepatitis Behandlung in Georgien niedriger als in den meisten anderen Ländern. Früher kamen viele Russen zur Behandlung - heute ist dies aufgrund des Augustkrieges 2008 nicht mehr so einfach möglich. Georgier, die in Russland leben, würden lieber ins Heimatland zur Behandlung zurückkommen. Auch aus Armenien und Aserbaidschan sind Patienten in der HEPA Klinik in Behandlung, ihre Anzahl beläuft sich in etwa auf 10-15 Personen im Jahr.

Folgen von Hepatitis, wie zum Beispiel Leberzirrhose, können in Georgien behandelt werden. Die Kosten hierfür betragen 530 GEL für Konsultation, Untersuchung und Behandlung. Wenn keine Komplikationen auftreten liegen die Kosten bei 300 GEL. Davon bezahlt 60% der Staat - diese Unterstützung ist nicht auf Zeit limitiert.

(Bericht zur D-A-CH Fact Finding Mission Georgien 2011 unter besonderer Berücksichtigung rückkehrrelevanter Themen, April 2011)

Psychische Erkrankungen

Die Kosten von psychischen Erkrankungen werden zum Teil vom Staat übernommen. Beispielsweise zahlt der Staat für jegliche Arten von Psychosen, jedoch nicht für Neurosen. Neurosen können aber bei bestimmten Krankenversicherungspaketen inbegriffen sein. Ebenso

kostenlos für den Patienten ist die Behandlung von Epilepsie, "aber nur wenn psychiatrisch auffälliges Verhalten vorliegt. So wird beispielsweise ein Patient, der an Epilepsie und Depressionen leidet gegen beides kostenlos behandelt, unabhängig davon, ob er ambulant oder stationär behandelt wird." Der Staat bezahlt weiters für die Infrastruktur und für die notwendigen Medikamente in Form von Generika.

Prinzipiell ist eine "fortlaufende, regelmäßige psychologische Behandlung in Georgien für georgische Staatsbürger im Fall der Diagnose einer Störung gewährleistet. Es ist sowohl ambulante, als auch stationäre Behandlung verfügbar."

In der Psychiatrie gilt seit acht Jahren die WHO-Diagnoseklassifikation ICD-10, gemäß dieser

sind Posttraumatische Belastungsstörung (F43.1), Trichotillomanie (F63.3) und Somatisierungsstörung (F45) in Georgien behandelbar.

Im Forschungsinstitut für Psychiatrie ist die Behandlung sowohl ambulant als auch stationär kostenlos. In Privatkliniken muss die Behandlung bezahlt werden.

In Georgien arbeiten noch viele Psychiater nach alter "sowjetischer Schule". Es gibt nur wenige Psychiater/Psychologen, die mit der neuesten medizinischen Literatur vertraut sind und danach arbeiten. Psychische Krankheiten werden meist durch Medikation behandelt. Psychotherapie ist bei einigen privaten Psychologen/Psychotherapeuten in Georgien verfügbar. Zudem lassen die Lebensbedingungen in den psychiatrischen Anstalten trotz Bemühungen der Regierung noch zu wünschen übrig.

Psychosoziale Betreuung für psychisch kranke Menschen bieten zum Beispiel die georgische Vereinigung für psychosoziale Hilfe NDOBA und die georgische Vereinigung für psychische Gesundheit GAMH. (D-A-CH - Analyse der Staatendokumentation: Georgien Medizinische Versorgung - Behandlungsmöglichkeiten, Juni 2011)

Fortlaufende, regelmäßige psychologische Behandlung ist in Georgien für georgische Staatsbürger im Fall der Diagnose einer Störung gewährleistet. Es ist sowohl ambulante, als auch stationäre Behandlung verfügbar. Der Zugang zu psychologischer Behandlung ist auf georgische Staatsbürger beschränkt. Wurde in Österreich die Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung gestellt, so ist eine entsprechende psychische Behandlung in Georgien möglich, wenn dieselbe Diagnose von einem georgischen Arzt gestellt wird. Der Patient wird einen Termin bei einem Psychiater vereinbaren müssen. Der Staat trägt die Kosten für die Behandlung in staatlichen Kliniken. In Privatkliniken muss der Patient die Kosten tragen. Die Kosten in einer Privatklinik betragen zum Beispiel im "Sonocurmedi" Mental Health Center 25 GEL für ambulante Behandlung, während stationäre Behandlung 70 GEL pro Nacht kostet. Generell variieren die Bedingungen von Klinik zu Klinik. Die zwei wichtigsten staatlichen Kliniken in Tiflis sind das Forschungsinstitut für Psychiatrie in der Asatiani Str. und das Tbilisi Psycho-Neurological Dispensary. Es gibt "psycho-neurologische Apotheken" in den größeren Städten, wie Kutaisi, Batumi, Gori und Zugdidi. (Anfragebeantwortung von IOM Tiflis per E-Mail vom 27.8.2009)

Im "Mentalvita" Mental Health Care Centre kostet die erste Konsultation 50 GEL. Wenn der

Patient keine laufenden stationären Behandlungen benötigt, soll er nur für bestimmte Medikamente, die verschrieben werden, bezahlen. Für den Fall, dass der Patient stationäre Behandlung benötigt, verfügt Mentalvita über ein Day Department, in dem sich die Kosten auf 150 GEL belaufen und ein 24h Department in dem die Kosten 170 GEL pro Tag betragen. In diesem Fall ist mit einer Behandlung von drei bis vier Wochen zu rechnen.

Es gibt für Kinder und Jugendliche Psychosomatik-Therapiestationen, bzw. Therapieanstalten. Es gibt in Georgien keinen Kostenersatz für diese Behandlung (nur für Familien unter der Armutsgrenze). (Anfragebeantwortung von IOM Tiflis, per E-Mail vom 15.07.2009)

Tuberkulose

Das georgische Gesundheitsministerium öffnete im August 2008 ein neues TB-Krankenhaus in Tiflis. Außerdem übernahm es im September 2010 das Projekt von Ärzte ohne Grenzen in

Zugdidi. Während des vierjährigen Projektes wurden 256 Patienten in das Behandlungsprogramm aufgenommen.

Ärzte ohne Grenzen unterstützt weiterhin das nationale TB-Programm in Abchasien, einer separatistischen Region im Nordwesten Georgiens, bei der Behandlung von medikamentenresistenter Tuberkulose. Die Mitarbeiter klären die Patienten über die Krankheit auf und beraten sie, damit sie die Therapie durchhalten. Im Jahr 2010 wurden 36 neue Patienten in das Programm aufgenommen.

Das Projekt von Ärzte ohne Grenzen, das Menschen in Abchasien den Zugang zu medizinischer Versorgung erleichterte, wurde beträchtlich verkleinert, da sich die nationalen Kapazitäten verbesserten. Das Projekt startete im Jahr 1993 und betreute auf seinem Höhepunkt 6.000 Patienten. Im Jahr 2010 wurden nur 108 Personen neu registriert. Die meisten von ihnen waren ans Haus gebunden und bettlägerig. (Ärzte ohne Grenzen: Einsatzländer - Georgien, 31.5.2011; http://www.aerzte-ohnegrenzen.

de/informieren/einsatzlaender/europa/georgien/, Zugriff am 25.1.2012)

Das staatliche Programm der phthisiatrischen Behandlung wird vollständig vom Staat finanziert, sodass für die Patienten von Tuberkulose keine Kosten anfallen. Dieses Programm steht sowohl den georgischen Bürgern offen als auch den Ausländern, die sich auf dem Territorium Georgiens aufhalten. Die auf Territorium Georgiens positiv getesteten Personen, welche mit den säurehaltigen Bakterien (MGB+) infiziert sind, werden hier kostenlos behandelt auch wenn es sich um staatenlose Bürger handelt. (Anfragebeantwortung des VB für Georgien, per Email am 24.06.2009)

Drogensucht

Drogensubstitution war früher einzig und allein durch Programme von Global Fund finanziert, heute gibt es jedoch auch staatliche Programme zur Drogensubstitution. Der Unterschied liegt vor allem bei den Kosten für den Konsumenten. Während die Programme des Global Fund völlig kostenfrei sind, übernimmt der Staat nur bei Menschen mit HIV/Aids und chronischen Krankheiten die vollen Kosten für die Substitution. Nicht in diese Personengruppe fallende Patienten müssen bei den staatlichen Programmen 40% der Gesamtkosten (monatlich 150 GEL; ca. 64 Euro) selbst bezahlen. Die restlichen 60% werden vom Staat übernommen. Der Konsument bezahlt also die ärztliche Dienstleistung, während der Staat das Methadon und die Personalkosten übernimmt. Die Preise für Drogen auf dem Schwarzmarkt dürften um einiges höher sein, als der zu bezahlende Anteil an der staatlichen Substitution.

Momentan gibt es in Summe 15 Substitutionsprogramme in acht Regionen Georgiens. Staatliche Methadonabgabezentren gibt es in Tbilisi, Kutaisi, Telavi, Poti, Zugdidi und Ozurgeti. Es gibt auch neuere staatliche Programme in Batumi, Gori, Tbilisi. Global Fund hat Zentren in Tbilisi, Gori und Batumi. (D-A-CH - Analyse der Staatendokumentation: Georgien Medizinische Versorgung - Behandlungsmöglichkeiten, Juni 2011)

Rehabilitation:

Laut Gesprächspartnern, die sich mit Drogen beschäftigen, sind die fehlenden Rehabilitationsmöglichkeiten, um die Drogen- bzw. Methadonabhängigen in die Gesellschaft reintegrieren zu können, problematisch. Es gibt zwar zwei bis drei Monate nach dem Entzug psychologische Unterstützung, aber keine weiterführende Rehabilitation oder Reintegration. Ein von der Regierung und internationalen Geldgebern finanziertes Rehabilitationszentrum ist gerade in Planung.

Diesem Mangel an Folgebehandlung treten vor allem NGOs und andere Organisationen mit ausländischer Finanzierung mithilfe von Projekten entgegen. Hier einige Beispiele:

IOM Georgia führte erfolgreiche Sozialprojekte in Zusammenarbeit mit der Schweiz durch.

160 frühere Drogenabhängige wurden sozial reintegriert. Die Programme stehen nicht nur Rückkehrern zur Verfügung, sondern sind für alle Georgier zugänglich.

Die NGO Tanadgoma, die sich unter anderem mit Drogenabhängigen beschäftigt bietet nicht nur kostenlose und anonyme Beratung, sondern auch Job-Trainings und Hilfe beim Aufbau von kleinen Unternehmen. Das Programm lief sehr erfolgreich und die Nachfrage war groß. Man hatte nicht erwartet, dass sich Drogensüchtige bewähren könnten. Außer Tanadgoma gibt es noch 15 weitere NGOs, die sich mit Drogensüchtigen beschäftigen. Die Dachorganisation ist das Georgian Harm Reduction Network.63

(D-A-CH Bericht zur Fact Finding Mission Georgien 2011, April 2011)

Behandlung nach Rückkehr

Nach georgischem Recht ist es nicht strafbar, aus einem anderen Land ausgewiesen oder abgeschoben zu werden. Auch die Stellung von Asylanträgen im Ausland wird nicht strafrechtlich verfolgt.

(Auswärtiges Amt: Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Georgien, 20.05.2005)

Laut der Aussage einer Mitarbeiterin von IOM (International Organization for Migration) hat IOM das Unterstützungsprogramm für Emigranten, die nach Georgien zurückkommen, das sie bei der Reintegration unterstützt. IOM hat auch das Beschäftigungszentrum in Tbilisi und in Batumi, wo es Beratungen für die Bevölkerung gibt, die arbeitslos sind. Da werden sie dabei unterstützt, wie sie Arbeit finden können, und wo sie Arbeit bekommen. Bis April 2009 gab es auch das Programm der humanitären Hilfe für die Flüchtlinge, sie haben ihnen etappenweise Gegenstände für das tägliche Leben (sanitäre Verbrauchsgüter) geliefert.

(Anfragebeantwortung des VB für Georgien, per Email am 24.06.2009 (übermittelt an Staatendokumentation durch BAL am 06.07.2009)

Länderfeststellungen dieses Inhaltes wurden im Wesentlichen bereits im angefochtenen Bescheid des Bundesasylamtes vom 28.07.2012 getroffen; der Beschwerdeführer ist diesen Feststellungen nicht entgegengetreten. Die angeführten aktuellen Länderfeststellungen gründen sich auf die genannten unbedenklichen Quellen, deren Inhalt schlüssig und widerspruchsfrei ist.

Der Asylgerichtshof hat erwogen:

Gemäß Paragraph 23, Absatz , Asylgerichtshofgesetz (Asylgerichtshof-Einrichtungsgesetz; Artikel eins, BG Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 4 aus 2008, in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 111 aus 2010,) sind, soweit sich aus dem Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), Bundesgesetzblatt römisch eins Nr. 100 nicht anderes ergibt, auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG), Bundesgesetzblatt Nr. 51, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt.

Gemäß Paragraph 61, Absatz 3, Ziffer eins, Litera c, AsylG 2005 entscheidet der Asylgerichtshof durch Einzelrichter über Beschwerden gegen zurückweisende Bescheide wegen entschiedener Sache gemäß Paragraph 68, Absatz eins, AVG. Gemäß Paragraph 61, Absatz 3, Ziffer 2, AsylG 2005 entscheidet der Asylgerichtshof durch Einzelrichter über Beschwerden gegen die mit dieser Entscheidung verbundene Ausweisung.

Nach Paragraph 68, Absatz eins, AVG sind Anbringen von Beteiligten, welche die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, (außer in den Fällen der Paragraphen 69 und 71 AVG) wegen entschiedener Sache zurückzuweisen. Nach der Rechtsprechung zu dieser Bestimmung liegen verschiedene "Sachen" im Sinne des Paragraph 68, Absatz eins, AVG vor, wenn in der für den Vorbescheid maßgeblichen Rechtslage oder in den für die Beurteilung des Parteibegehrens im Vorbescheid als maßgeblich erachteten tatsächlichen Umständen eine Änderung eingetreten ist oder wenn das neue Parteibegehren von dem früheren abweicht. Eine Modifizierung, die nur für die rechtliche Beurteilung der Hauptsache unerhebliche Nebenumstände betrifft, kann an der Identität der Sache nichts ändern vergleiche VwGH 24.02.2005, Zlen. 2004/20/0010 bis 0013, VwGH 04.11.2004, Zl. 2002/20/0391, VwGH 20.03.2003, Zl. 99/20/0480, VwGH 21.11.2002, Zl. 2002/20/0315). Aus Paragraph 68, AVG ergibt sich, dass Bescheide mit Eintritt ihrer Unanfechtbarkeit auch prinzipiell unwiderrufbar werden, sofern nicht anderes ausdrücklich normiert ist. Über die mit einem rechtswirksamen Bescheid erledigte Sache darf nicht neuerlich entschieden werden. Nur eine wesentliche Änderung des Sachverhaltes - nicht bloß von Nebenumständen - kann zu einer neuerlichen Entscheidung führen vergleiche VwGH 27.09.2000, Zl. 98/12/0057; siehe weiters die bei Walter/Thienel, Die österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze, Bd. römisch eins, 2. Aufl. 1998, E 80 zu Paragraph 68, AVG wiedergegebene Judikatur).

Eine neue Sachentscheidung ist nicht nur bei identem Begehren auf Grund desselben Sachverhaltes, sondern, wie sich aus Paragraph 69, Absatz eins, Ziffer 2, AVG ergibt, auch im Fall desselben Begehrens auf Grund von Tatsachen und Beweismitteln, die schon vor Abschluss des Vorverfahrens bestanden haben, ausgeschlossen. Der Begriff "Identität der Sache" muss in erster Linie aus einer rechtlichen Betrachtungsweise heraus beurteilt werden, was bedeutet, dass den behaupteten geänderten Umständen Entscheidungsrelevanz zukommen muss vergleiche VwGH 25.04.2002, Zl. 2000/07/0235, VwGH 15.10.1999, Zl. 96/21/0097; siehe weiters die bei Walter/Thienel, Die österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze, Bd. römisch eins, 2. Aufl. 1998, E 83 zu Paragraph 68, AVG wiedergegebene Judikatur). Bei der Prüfung der Identität der Sache ist von dem rechtskräftigen Vorbescheid auszugehen, ohne die sachliche Richtigkeit desselben - nochmals - zu überprüfen; die Rechtskraftwirkung besteht gerade darin, dass die von der Behörde einmal untersuchte und entschiedene Sache nicht neuerlich untersucht und entschieden werden darf vergleiche VwGH 25.04.2002, Zl. 2000/07/0235, VwGH 15.10.1999, Zl. 96/21/0097). Nur eine solche Änderung des Sachverhaltes kann zu einer neuen Sachentscheidung führen, die für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen den Schluss zulässt, dass nunmehr bei Bedachtnahme auf die damals als maßgebend erachteten Erwägungen eine andere Beurteilung jener Umstände, die seinerzeit den Grund für die Abweisung des Parteibegehrens gebildet haben, nicht von vornherein als ausgeschlossen gelten kann vergleiche VwGH 09.09.1999, Zl. 97/21/0913, und die bei Walter/Thienel, Die österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze, Bd. römisch eins, 2. Aufl. 1998, E 90 zu Paragraph 68, AVG wiedergegebene Judikatur).

In Bezug auf wiederholte Asylanträge muss die behauptete Sachverhaltsänderung zumindest einen glaubhaften Kern aufweisen, dem Asylrelevanz zukommt und an den die positive Entscheidungsprognose anknüpfen kann. Die Behörde hat sich insoweit bereits bei der Prüfung der Zulässigkeit des (neuerlichen) Asylantrages mit der Glaubwürdigkeit des Vorbringens des Asylwerbers und gegebenenfalls mit der Beweiskraft von Urkunden auseinander zu setzen. Ergeben die Ermittlungen der Behörde, dass eine Sachverhaltsänderung, die eine andere Beurteilung nicht von vornherein ausgeschlossen erscheinen ließe, entgegen den Behauptungen der Partei in Wahrheit nicht eingetreten ist, so ist der Asylantrag gemäß Paragraph 68, Absatz eins, AVG zurückzuweisen vergleiche VwGH 04.11.2004, Zl. 2002/20/0391, VwGH 21.11.2002, 2002/20/0315, VwGH 24.02.2000, Zl. 99/20/0173, VwGH 21.10.1999, Zl. 98/20/0467).

Die Prüfung der Zulässigkeit eines neuerlichen Antrages wegen geänderten Sachverhaltes darf ausschließlich an Hand jener Gründe erfolgen, die von der Partei in erster Instanz zur Begründung ihres Begehrens geltend gemacht worden sind; in der Berufung gegen den Zurückweisungsbescheid können derartige Gründe nicht neu vorgetragen werden vergleiche VwGH 04.04.2001, Zl. 98/09/0041, VwGH 07.05.1997, Zl. 95/09/0203; siehe weiters die bei Walter/Thienel, Die österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze, Bd. römisch eins, 2. Aufl. 1998, E 105 zu Paragraph 68, AVG wiedergegebene Judikatur). Ist Sache der Entscheidung der Rechtsmittelbehörde nur die Frage der Rechtmäßigkeit der Zurückweisung, darf sie demnach nur über die Frage entscheiden, ob die Zurückweisung durch die Vorinstanz zu Recht erfolgt ist oder nicht, und hat dementsprechend - bei einer Zurückweisung wegen entschiedener Sache - entweder (im Falle des Vorliegens entschiedener Sache) das Rechtsmittel abzuweisen oder (im Falle der Unrichtigkeit dieser Auffassung) den bekämpften Bescheid ersatzlos mit der Konsequenz zu beheben, dass die erstinstanzliche Behörde in Bindung an die Auffassung der Rechtsmittelbehörde den gestellten Antrag jedenfalls nicht neuerlich wegen entschiedener Sache zurückweisen darf. Es ist der Rechtsmittelbehörde aber verwehrt, über den Antrag selbst meritorisch zu entscheiden vergleiche VwGH 30.05.1995, Zl. 93/08/0207).

Da das Bundesasylamt mit dem angefochtenen Bescheid den Antrag auf internationalen Schutz zurückgewiesen hat, ist Gegenstand der vorliegenden Entscheidung des Asylgerichtshofes nur die Beurteilung der Rechtmäßigkeit dieser Zurückweisung, nicht aber der zurückgewiesene Antrag selbst.

Insoweit sich der Beschwerdeführer im nun gegenständlichen zweiten Asylverfahren auf die Vorbringenselemente stützt, sein Halbbruder habe "im Krieg" auf georgischer Seite gekämpft, der Beschwerdeführer habe zu seinem Halbbruder Kontakt gehabt und sie hätten sich immer wieder getroffen, eines Tages sei es zu einem Schusswechsel gekommen und dabei sei sein Halbbruder ums Leben gekommen, so stützt der Beschwerdeführer diese Vorbringenselemente auf Gründe, die bereits im vorangegangenen, rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren Gegenstand der Entscheidung waren und rechtskräftig als unglaubwürdig beurteilt wurden.

Was die daran anknüpfenden bzw. darauf aufbauenden neuen Vorbringenselemente bzw. deren Abwandlungen betrifft, so bauen diese auf einem Vorbringen auf, welches bereits rechtskräftig als unglaubwürdig beurteilt wurde und daher in seinem Kern schon nicht geeignet ist, einen neuen Sachverhalt, welcher eine neuerliche Entscheidung zulässig erscheinen ließe, zu begründen und kommt diesen Vorbringensteilen daher kein glaubwürdiger Kern zu, zumal der Beschwerdeführer auch diese neuen Vorbringenselemente in keiner Weise zu belegen vermochte und im Übrigen nicht ersichtlich ist, weshalb nunmehr gerade diese neuen Vorbringenselemente den Tatsachen entsprechen sollten, tätigte der Beschwerdeführer doch bereits im ersten, rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren widersprüchliche und eingestandener Maßen unrichtige Angaben und gab der Beschwerdeführer auch nunmehr im zweiten Asylverfahren an, die Angaben zu seinem ersten Asylverfahren seien unwahr gewesen.

Insbesondere aber ist - wie bereits auch zutreffend vom Bundesasylamt im angefochtenen Bescheid ausgeführt wurde - als entscheidungserheblich hervorzuheben, dass es sich bei den nunmehr neu vorgebrachten Vorbringensteilen - insbesondere was die nunmehr behauptete abchasische Volksgruppenzugehörigkeit sowie die Behauptung, nicht georgischer Staatsangehöriger, sondern staatenlos zu sein, betrifft - um behauptete Umstände bzw. Tatsachen handelt, die (bei hypothetischer Zugrundelegung) bereits während des ersten, rechtskräftig abgeschlossenen Asylverfahrens vorgelegen hätten, aber vom Beschwerdeführer nicht vorgebracht worden wären. Hierbei würde es sich aber nicht um erst nach dem rechtskräftigen Abschluss des ersten Asylverfahrens entstandene Tatsachen handeln, denen die Einwendung der entschiedenen Sache nicht entgegenstehen würde und die daher im Rahmen einer neuen Antragstellung berücksichtigt werden könnten. Während des letzten rechtskräftig abgeschlossenen Asylverfahrens bereits vorhanden gewesene Tatsachen können auf Basis einen neuen Antrages auf internationalen Schutz aber nicht zu einer neuen Sachentscheidung führen.

Der Beschwerdeführer hat daher keine neuen individuellen Gründe glaubhaft bzw. zulässiger Weise vorgebracht, welche eine allenfalls in seiner Person gelegene neue individuelle Bedrohung begründen könnten. Das Bundesasylamt ist daher zu Recht davon ausgegangen, dass zum Entscheidungszeitpunkt am 28.07.2012 im Verhältnis zum Eintritt der Rechtskraft des bisherigen rechtskräftig abgeschlossenen Asylverfahrens keine Änderung des entscheidungsrelevanten Sachverhaltes eingetreten ist.

Insoweit die neuerliche Antragstellung des Beschwerdeführers unter dem Blickwinkel des subsidiären Schutzes zu betrachten ist, so ist auch in diesem Zusammenhang auszuführen, dass zum Einem bereits im vorangegangenen, rechtskräftig abgeschlossenen Asylverfahren ausgeführt wurde, dass keine subsidiären Schutzgründe vorliegen oder dass zum Anderen der Beschwerdeführer auch diesbezüglich im Ergebnis kein entscheidungsrelevantes neues Vorbringen erstattet hat.

Im Zusammenhang mit der vom Beschwerdeführer vorgebrachten Hepatitis C-Erkrankung ist zunächst auf die rechtlichen Rahmenbedingungen vor deren Hintergrund der gegenständliche Fall einer Beurteilung zu unterziehen ist, hinzuweisen.

Der Verfassungsgerichtshof stellte in seinem Erkenntnis vom 06.03.2008, B 2400/07-9, die zur Frage der Vereinbarkeit der Abschiebung Kranker in einen anderen Staat mit Artikel 3, EMRK ergangene Rechtsprechung des EGMR - in diesen Fällen ging es jeweils um die Frage der Abschiebung in den Herkunftsstaat - wörtlich wie folgt dar:

"1. Der Verfassungsgerichtshof geht in Übereinstimmung mit dem EGMR (s. etwa EGMR 7.7.1989, Fall Soering, EuGRZ 1989, 314 [319]; 30.10.1991, Fall Vilvarajah ua., ÖJZ 1992, 309 [309]; 6.3.2001, Fall Hilal, ÖJZ 2002, 436 [436 f.]) davon aus, dass die Entscheidung eines Vertragsstaates, einen Fremden auszuliefern - oder in welcher Form immer außer Landes zu schaffen -, unter dem Blickwinkel des Art3 EMRK erheblich werden und demnach die Verantwortlichkeit des Staates nach der EMRK begründen kann, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme glaubhaft gemacht worden sind, dass der Fremde konkret Gefahr liefe, in dem Land, in das er ausgewiesen werden soll, Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen zu werden (VfSlg. 13.837/1994, 14.119/1995 und 14.998/1997).

... 2. Der EGMR hatte sich mehrmals mit der Frage der Vereinbarkeit

der Abschiebung Kranker in einen anderen Staat mit Artikel 3, EMRK befasst:

2.1 Im Fall D. v. the United Kingdom (EGMR 2.5.1997, Appl. 30.240/96, newsletter 1997, 93) ging es um die Abschiebung eines an Aids im Endstadium erkrankten Staatsangehörigen von St. Kitts/Karibik, der bei der Einreise in das Vereinigte Königreich wegen Mitführens einer größeren Menge Kokain festgenommen und zu sechs Jahren Freiheitsstrafe verurteilt worden war. Der EGMR entschied in diesem Fall, dass zwar die Abschiebung Kranker nicht schlechthin unzulässig sei. Es seien die Besonderheiten jedes Einzelfalls zu berücksichtigen. Im konkreten Fall befand sich der Beschwerdeführer im fortgeschrittenen Stadium einer unheilbaren Krankheit, sodass eine Abschiebung nach St. Kitts den Beschwerdeführer einem realen Risiko aussetzen würde, unter äußerst schlimmen Umständen zu sterben. Der EGMR erkannte schließlich, dass unter diesen außergewöhnlichen Umständen eine Abschiebung als unmenschliche Behandlung iSd Artikel 3, EMRK zu werten sei:

'In view of these exceptional circumstances and bearing in mind the critical stage now reached in the applicant's fatal illness, the implementation of the decision to remove him to St Kitts would amount to inhuman treatment by the respondent State in violation of

Article 3 ... Although it cannot be said that the conditions which

would confront him in the receiving country are themselves a breach of the standards of Article 3 (art. 3), his removal would expose him to a real risk of dying under most distressing circumstances and would thus amount to inhuman treatment'.

Der EGMR sah somit die unmenschliche Behandlung in diesem Fall nicht bloß in der Krankheit des Beschwerdeführers, sondern in den besonderen Umständen, mit denen der Beschwerdeführer im Fall der Abschiebung konfrontiert wäre, nämlich im Risiko eines Todes unter qualvollen Umständen.

2.2 Im Fall Bensaid (EGMR 6.2.2001, Appl. 44.599/98, newsletter 2001, 26), einer an Schizophrenie erkrankten Person, sah der EGMR in der Abschiebung nach Algerien keine Verletzung in Artikel 3, EMRK. Er bestätigte zwar die Ernsthaftigkeit des Krankheitszustandes, erklärte jedoch, dass die Möglichkeit einer Behandlung in Algerien grundsätzlich gegeben sei. Die Tatsache, dass die Umstände der Behandlung in Algerien weniger günstig seien, als im Vereinigten Königreich, sei im Hinblick auf Artikel 3, EMRK nicht entscheidend. Weiters sah der EGMR diesen Fall nicht mit dem unter Pkt. 2.1 dargestellten Fall D. v. the United Kingdom vergleichbar. Der EGMR stellte auf die "hohe Schwelle" des Artikel 3, EMRK ab, wenn die Zufügung von Leid nicht in die direkte Verantwortung eines Vertragsstaates falle:

'... the applicant faces the risk of relapse even if he stays in the

United Kingdom as his illness is long term and requires constant

management. Removal will arguably increase the risk, as will the

differences in available personal support and accessibility of

treatment... Nonetheless, medical treatment is available to the

applicant in Algeria. The fact that the applicant's circumstances in

Algeria would be less favourable than those enjoyed by him in the

United Kingdom is not decisive from the point of view of Article 3

of the Convention... The Court accepts the seriousness of the

applicant's medical condition. Having regard, however, to the high threshold set by Article 3, particularly where the case does not concern the direct responsibility of the Contracting State for the infliction of harm, the Court does not find that there is a sufficiently real risk that the applicant's removal in these circumstances would be contrary to the standards of Article 3. The case does not disclose the exceptional circumstances of D. v. the United Kingdom (cited above), where the applicant was in the final stages of a terminal illness, Aids, and had no prospect of medical care or family support on expulsion to St Kitts.'

2.3 Ebenso wenig erkannte der EGMR im Fall Ndangoya (EGMR 22.6.2004, Appl. 17.868/03) eine Verletzung in Artikel 3, EMRK durch die Abschiebung einer mit HIV infizierten, noch nicht an Aids erkrankten Person. Der EGMR stellte fest, dass AIDS ohne Behandlung in etwa ein bis zwei Jahren ausbrechen dürfte, dass aber eine medizinische Behandlung im Herkunftsland (Tanzania) möglich sei. Dann fährt der EGMR fort:

'It is true that the treatment might be difficult to come by in the countryside where the applicant would prefer to live upon return, but the Court notes that the applicant is in principle at liberty to settle at a place where medical treatment is available.'

2.4 Dem Fall Salkic and others (EGMR 29.6.2004, Appl. 7702/04) lag ein Sachverhalt zu Grunde, nach dem den Eltern nach ihrer Einreise in Schweden im Jahr 2002 ein posttraumatisches Belastungssyndrom diagnostiziert wurde und ein Gutachten dem 14 Jahre alten Sohn und der 8 Jahre alten Tochter ein sehr schweres Trauma attestierte. Der EGMR sah in der Abschiebung der Familie unter Verweis auf den o.a. Fall D. v. the United Kingdom keine Verletzung in Artikel 3, EMRK. Der EGMR merkte dazu an:

'In conclusion, the Court accepts the seriousness of the applicants mental health status, in particular that of the two children. However, having regard to the high threshold set by Article 3, particularly where the case does not concern the direct responsibility of the Contracting State for the infliction of harm, the Court does not find that the applicant's expulsion to Bosnia and Herzegovina was contrary to the standards of Article 3 of the Convention. In the Court's view, the present case does not disclose the exceptional circumstances established by its case-law (see, among other, D. v. the United Kingdom, cited above, §54).'

2.5 Auch im Fall Ovdienko (EGMR 31.5.2005, Appl. 1383/04) lag nach der Entscheidung des EGMR keine Verletzung von Artikel 3, EMRK durch die Zurückschiebung einer an einem posttraumatischen Stresssyndrom und an Depressionen leidenden Person vor. Diese hatte sich seit 2002 in psychiatrischer Behandlung befunden und wurde teilweise in einer geschlossenen psychiatrischen Krankenanstalt behandelt. Der EGMR begründete seine Entscheidung neuerlich damit, dass der Beschwerdeführer nicht an einer unheilbaren Krankheit im Endstadium leide und verwies auf seine Entscheidung im Fall D. v. the United Kingdom:

'The case does not disclose the exceptional circumstances of D. v. the United Kingdom (cited above, §49), where the applicant was in the final stages of a terminal illness, AIDS, and had no prospect of medical care or family support on expulsion to St Kitts.'

2.6 Auch im Fall Hukic (EGMR 29.9.2005, Appl. 17.416/05) sah der EGMR die Abschiebung einer am Down-Syndrom leidenden Person nicht als Verletzung von Artikel 3, EMRK. Er führte aus, dass es in Bosnien-Herzegowina Behandlungsmöglichkeiten gebe. Selbst wenn diese nicht denselben Standard wie in Schweden aufwiesen, nicht so leicht zu erhalten und kostenintensiver seien, würde eine Abschiebung nur bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände zu einer Verletzung von Artikel 3, EMRK führen:

'Here the Court would highlight that, according to established

case-law aliens who are subject to deportation cannot in principle

claim any entitlement to remain in the territory of a Contracting

State in order to continue to benefit from medical, social or other

forms of assistance provided by the deporting State. However, in

exceptional circumstances the implementation of a decision to remove

an alien may, owing to compelling humanitarian considerations,

result in a violation of Article 3 ... In this respect, the Court

observes that there is care and treatment available in the

applicant's home country, although not of the same standard as in

Sweden and not as readily available ... The Court is aware that the

care and treatment, if specialized, most probably would come at considerable cost for the individual. However, the fact that the fourth applicant's circumstances in Bosnia and Herzegovina would be less favourable than those enjoyed by him in Sweden cannot be regarded as decisive from the point of view of Article 3.'

2.7 Im Fall Ayegh (EGMR 7.11.2006, Appl. 4701/05) drohte einem Beschwerdeführer, dem in zwei Gutachten eine schwere Traumatisierung, Depressionen, Angstzustände und die Gefahr, Selbstmord zu begehen, attestiert wurden, die Abschiebung in den Iran. Der EGMR begründete seine Entscheidung, die Beschwerde für unzulässig zu erklären, damit, dass schlechtere Behandlungsmöglichkeiten im Iran kein Abschiebehindernis seien und dass auch die Selbstmorddrohung für den Fall der Ausweisung den Staat nicht daran hindere, die Abschiebung zu vollziehen, vorausgesetzt, dass konkrete Maßnahmen zur Verhinderung des angedrohten Selbstmordes vom Staat ergriffen werden:

'In any event, the fact that the applicant's circumstances in Iran would be less favourable than those enjoyed by her in Sweden cannot be regarded as decisive from the point of view of Article 3 (see, Bensaid v. United Kingdom, no. 44599/98, §38, ECHR 2001-I; Salkic

and others v. Sweden, (dec.), no. 7702/04, 29 June 2004)... the

Court reiterates that the fact that a person, whose deportation has been ordered, threatens to commit suicide does not require the Contracting State to refrain from enforcing the deportation, provided that concrete measures are taken to prevent the threat from being realised.'

2.8 Die Abschiebung der Beschwerdeführer nach Russland im Fall Goncharova & Alekseytsev (EGMR 3.5.2007, Appl. 31.246/06) erkannte der EGMR nicht als Verletzung in Artikel 3, EMRK, obwohl der Zweitbeschwerdeführer schwer psychisch krank war, bereits zwei Selbstmordversuche hinter sich und gedroht hatte, sich im Falle der Abschiebung umzubringen. Der EGMR begründete seine Entscheidung erneut - unter Zitierung der Entscheidung D. v. United Kingdom - damit, dass nur bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände Artikel 3, EMRK verletzt sein könnte. Der Zweitbeschwerdeführer sei jedoch nicht in einer geschlossenen Anstalt gewesen und habe auch nicht ständigen Kontakt mit einem Psychiater gehabt. Auch die Drohung, im Falle der Abschiebung Selbstmord zu begehen, hindere den Vertragsstaat nicht daran, die Abschiebung zu veranlassen. Hiezu führt der EGMR aus:

'... aliens who are subject to deportation cannot in principle claim

any entitlement to remain in the territory of a Contracting State in

order to continue to benefit from medical, social or other forms of

assistance provided by the deporting State. However, in exceptional

circumstances the implementation of a decision to remove an alien

may, owing to compelling humanitarian considerations, result in a

violation of Article 3 ... it observes that he has never been

committed to close psychiatric care or undergone specific

treatment... not been in regular contact with a psychiatrist... In

any event, the fact that the second applicant's circumstances in

Russia will be less favourable than those enjoyed by him while in

Sweden cannot be regarded as decisive from the point of view of

Article 3 ... Furthermore, concerning the risk that the second

applicant would try to commit suicide if the deportation order were

enforced, the Court reiterates that the fact that a person, whose

deportation has been ordered, threatens to commit suicide does not

require the Contracting State to refrain from enforcing the

deportation, provided that concrete measures are taken to prevent

the threat from being realised... In the present case, the Court

observes that the second applicant has tried to commit suicide twice

... and that a doctor ... considered that there was a clear risk of

suicide... The Court further takes note of the respondent

Government-s submission that a deportation would be carried out in such a way as to minimise the suffering of the second applicant, having regard to his medical condition.'

3. Zusammenfassend ergibt sich aus den erwähnten Entscheidungen, dass im Allgemeinen kein Fremder ein Recht hat, in einem fremden Aufenthaltsstaat zu verbleiben, bloß um dort medizinisch behandelt zu werden, und zwar selbst dann nicht, wenn er an einer schweren Krankheit leidet oder selbstmordgefährdet ist. Dass die Behandlung im Zielland nicht gleichwertig, schwerer zugänglich oder kostenintensiver ist, ist unerheblich, solange es grundsätzlich Behandlungsmöglichkeiten im Zielstaat bzw. in einem bestimmten Teil des Zielstaates gibt vergleiche Pkt. 2.3 Fall Ndangoya). Nur bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände führt die Abschiebung zu einer Verletzung in Artikel 3, EMRK. Solche liegen etwa vor, wenn ein lebensbedrohlich Erkrankter durch die Abschiebung einem realen Risiko ausgesetzt würde, unter qualvollen Umständen zu sterben (Fall D. v. the United Kingdom)."

Wie sich aus den bereits vom Bundesasylamt im angefochtenen Bescheid sowie aus den nunmehr auch vom Asylgerichtshof getroffenen Länderberichten zur medizinischen Versorgung in Georgien ergibt, ist Hepatitis C in Georgien behandelbar. Ganz abgesehen davon ergibt sich aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers, dass die von ihm nunmehr vorgebrachte Erkrankung an Hepatitis C bisher weder in Österreich noch in der Bundesrepublik Deutschland behandelt wurde und ist insofern nicht ersichtlich, inwiefern der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Georgien, wo die von ihm vorgebrachte Erkrankung behandelbar ist, von derart außergewöhnlichen Umständen, die die hohe Eingriffsschwelle des Artikel 3, EMRK übersteigen würden, betroffen sein würde. Dass die Behandlung von Erkrankungen in Georgien allenfalls nicht gleichwertig sein könnte wie in Österreich, ist aber unerheblich, solange es grundsätzlich Behandlungsmöglichkeiten im Zielstaat gibt; den diesbezüglichen Feststellungen im angefochtenen Bescheid trat der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde vom 06.08.2012 im Übrigen nicht entgegen.

Der Asylgerichtshof gelangt daher zu dem Schluss, dass der gegenständliche Fall nicht mit dem mehrfach dargestellten Fall D. v. the United Kingdom - in welchem die unmenschliche Behandlung nicht bloß darin zu sehen war, dass sich der Beschwerdeführer in den letzten Stadien einer tödlich verlaufenden Krankheit befand, sondern in den besonderen Umständen, mit denen der Beschwerdeführer im Fall der Abschiebung konfrontiert gewesen wäre, nämlich im Risiko eines Todes unter qualvollen Umständen ohne jegliche Aussicht auf medizinische oder familiäre Begleitung - vergleichbar ist und somit nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden kann, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Georgien von derart außergewöhnlichen Umständen betroffen sein würden, die die hohe Eingriffsschwelle des Artikel 3, EMRK übersteigen.

Im Hinblick auf die gegebenen Umstände kann daher ein "reales Risiko" einer gegen Artikel 2, oder 3 EMRK verstoßenden Behandlung bzw. der Todesstrafe im gegenwärtigen Zeitpunkt nicht erkannt werden.

Eine wesentliche Veränderung der allgemeinen Lage in Georgien - das Bundesasylamt traf im angefochtenen Bescheid Länderfeststellungen zur Lage in Georgien - im Sinne einer entscheidungserheblichen Verschlechterung ist seit dem rechtskräftigen Abschluss des ersten Asylverfahrens nicht eingetreten; auch unter Bedachtnahme auf den Umstand, dass dem individuellen Vorbringen des Beschwerdeführers zu seinen damals im ersten Asylverfahren erstatteten Fluchtgründen keine Glaubwürdigkeit zukommt, ergeben sich keine von Amts wegen aufzugreifenden Hinweise darauf, dass eine Rückführung des Beschwerdeführers nach Georgien im Lichte des Artikel 3, EMRK unzulässig erschiene.

Da auch keine von Amts wegen zu berücksichtigenden Umstände hervorgekommen sind, welche als Änderung der Sachlage zu beurteilen wären, erweist sich nach dem Gesagten die Zurückweisung des neuerlichen Antrages im Grunde des Paragraph 68, Absatz eins, AVG als rechtmäßig, sodass die Beschwerde im Spruchteil römisch eins. des angefochtenen Bescheides abzuweisen war.

Gemäß Paragraph 10, Absatz eins, Ziffer eins, AsylG 2005, Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 100 aus 2005, in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 67 aus 2012,, ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Ausweisung zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz zurückgewiesen wird.

Gemäß Paragraph 10, Absatz 2 AsylG sind Ausweisungen nach Absatz eins, unzulässig, wenn

1. dem Fremden im Einzelfall ein nicht auf dieses Bundesgesetz gestütztes Aufenthaltsrecht zukommt oder

2. diese eine Verletzung von Artikel 8, EMRK darstellen würden. Dabei sind insbesondere zu berücksichtigen:

a) die Art und Dauer des bisherigen Aufenthalts und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war;

b) das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens;

c) die Schutzwürdigkeit des Privatlebens;

d) der Grad der Integration;

e) die Bindungen zum Herkunftsstaat des Fremden;

f) die strafgerichtliche Unbescholtenheit;

g) Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts;

h) die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren;

i) die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

Gemäß Paragraph 10, Absatz 3 ist die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben, wenn die Durchführung der Ausweisung aus Gründen, die in der Person des Asylwerbers liegen, eine Verletzung von Artikel 3, EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind.

Gemäß Paragraph 10, Absatz 4 gilt eine Ausweisung, die mit einer Entscheidung gemäß Absatz eins, Ziffer eins, verbunden ist, stets auch als Feststellung der Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den betreffenden Staat. Besteht eine durchsetzbare Ausweisung, hat der Fremde unverzüglich auszureisen.

Gemäß Paragraph 10, Absatz 5 AsylG ist über die Zulässigkeit der Ausweisung jedenfalls begründet abzusprechen, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Paragraph 10, Absatz 2, Ziffer 2, AsylG auf Dauer unzulässig ist. Die Unzulässigkeit einer Ausweisung ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Ausweisung schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein gemeinschaftsrechtliches oder unbefristetes Niederlassungsrecht (Paragraphen 45 und 48 oder Paragraphen 51, ff NAG) verfügen, unzulässig wäre.

Gemäß Paragraph 10, Absatz 6 AsylG 2005 bleiben Ausweisungen nach Absatz eins, binnen 18 Monaten ab einer Ausreise des Fremden aufrecht.

Gemäß Paragraph 10, Absatz 7 AsylG 2005 gilt eine Ausweisung - sobald sie durchsetzbar wird - als durchsetzbare Rückkehrentscheidung nach dem Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG), Bundesgesetzblatt römisch eins Nr. 100, und hat der Fremde binnen einer Frist von 14 Tagen freiwillig auszureisen. Eine Frist für die freiwillige Ausreise besteht nicht, wenn gegen den Fremden ein Rückkehrverbot erlassen wurde und für die Fälle einer zurückweisenden Entscheidung gemäß Paragraph 5, AsylG 2005 oder Paragraph 68, AVG sowie wenn eine Entscheidung auf Grund eines Verfahrens gemäß Paragraph 38, durchführbar wird; in diesen Fällen hat der Fremde unverzüglich auszureisen.

Gemäß Paragraph 10, Absatz 8, AsylG 2005 ist der Fremde mit Erlassung der Ausweisung über seine Pflicht zur unverzüglichen oder fristgerechten Ausreise und gegebenenfalls über die Möglichkeit eines Antrages auf Verlängerung der Frist für die freiwillige Ausreise bei der örtlich zuständigen Fremdenpolizeibehörde (Paragraph 55 a, FPG) zu informieren, insbesondere auf Rückkehrhilfe, sowie auf mögliche fremdenpolizeiliche Maßnahmen zur Durchsetzung der Ausreiseverpflichtung (Paragraph 46, FPG) hinzuweisen.

Gemäß Artikel 8, Absatz eins, EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs.

Gemäß Artikel 8, Absatz 2, EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Der Verfassungsgerichtshof geht in seiner Rechtsprechung davon aus, dass bereits die Ausweisung, nicht erst deren Vollzug einen Eingriff in das durch Artikel 8, Absatz eins, gewährleistete Recht auf Privat- und Familienleben darstellt vergleiche die bei Feßl/Holzschuster, Asylgesetz 2005, Seite 344 zitierte Judikatur des VfGH).

Entsprechend der Rechtsprechung des EGMR als auch jener des Verfassungsgerichtshofes muss der Eingriff hinsichtlich des verfolgten legitimen Zieles verhältnismäßig sein.

Die Verhältnismäßigkeit einer Ausweisung ist dann gegeben, wenn der Konventionsstaat bei seiner aufenthaltsbeendenden Maßnahme einen gerechten Ausgleich zwischen dem Interesse des Fremden auf Fortsetzung seines Privat- und Familienlebens einerseits und dem staatlichen Interesse auf Verteidigung der öffentlichen Ordnung andererseits, also dem Interesse des Einzelnen und jenem der Gemeinschaft als Ganzes gefunden hat. Dabei variiert der Ermessensspielraum des Staates je nach den Umständen des Einzelfalles und muss in einer nachvollziehbaren Verhältnismäßigkeitsprüfung in Form einer Interessenabwägung erfolgen.

Vom Prüfungsumfang des Begriffes des "Familienlebens" in Artikel 8, EMRK ist nicht nur die Kernfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern umfasst, sondern z.B. auch Beziehungen zwischen Geschwistern (EKMR 14.3.1980, B 8986/80, EuGRZ 1982, 311) und zwischen Eltern und erwachsenen Kindern (etwa EKMR 6.10.1981, B 9202/80, EuGRZ 1983, 215). Dies allerdings nur unter der Voraussetzung, dass eine gewisse Beziehungsintensität vorliegt. Es kann nämlich nicht von vornherein davon ausgegangen werden, dass zwischen Personen, welche miteinander verwandt sind, immer auch ein ausreichend intensives Familienleben iSd Artikel 8, EMRK besteht, vielmehr ist dies von den jeweils gegebenen Umständen, von der konkreten Lebenssituation abhängig. Der Begriff des "Familienlebens" in Artikel 8, EMRK setzt daher neben der Verwandtschaft auch andere, engere Bindungen voraus; die Beziehungen müssen eine gewisse Intensität aufweisen. So ist etwa darauf abzustellen, ob die betreffenden Personen zusammengelebt haben, ein gemeinsamer Haushalt vorliegt oder ob sie (finanziell) voneinander abhängig sind vergleiche etwa die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 26.01.2006, 2002/20/0423, vom 08.06.2006, Zl. 2003/01/0600-14, oder vom 26.1.2006, Zl.2002/20/0235-9, worin der Verwaltungsgerichtshof feststellte, dass das Familienleben zwischen Eltern und minderjährigen Kindern nicht automatisch mit Erreichen der Volljährigkeit beendet wird, wenn das Kind weiter bei den Eltern lebt).

Der Beschwerdeführer reiste erstmals im Jänner 2005 illegal in das österreichische Bundesgebiet ein. Er hält sich seit damals - unterbrochen allerdings von jeweils unter anderen Identitäten erfolgten Aufenthalten in der Schweiz im Jahr 2005, in den Niederlanden sowie jedenfalls in der ersten Jahreshälfte des Jahres 2012 in der Bundesrepublik Deutschland (am 09.12.2011 wurden dem Beschwerdeführer in der Bundesrepublik Deutschland Fingerabdrücke abgenommen, am 17.07.2012 wurde er im Rahmen der Dublin II-VO von Deutschland nach Österreich rücküberstellt) - regelmäßig in Österreich auf. Der Beschwerdeführer weist in Österreich die vier bereits oben genannten rechtskräftigen strafgerichtlichen Verurteilungen - davon drei unbedingte Freiheitsstrafen regelmäßig wegen der Begehung von Einbruchsdiebstählen bzw. von gewerbsmäßigem Diebstahl, letztmalig vom römisch 40 - auf. Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion römisch 40 vom römisch 40 , wurde gegen den Beschwerdeführer ein rechtskräftiges Rückkehrverbot, gültig bis 31.03.2016, erlassen. Wie der Beschwerdeführer im Rahmen der Einvernahmen im nunmehr zweiten Asylverfahren angab, habe er in Österreich keine Familienangehörigen, er würde auch mit keiner sonstigen Person in einer Familiengemeinschaft oder in einer familienähnlichen Lebensgemeinschaft leben.

Im gegenständlichen Fall kann daher das Vorliegen eines bestehenden Familienlebens in Österreich nicht festgestellt werden und ist daher nicht von einem Eingriff in ein Familienleben auszugehen; ein solches brachte der Beschwerdeführer nicht vor - vielmehr verneinte er dies explizit - und bestehen auch keine von Amts wegen aufzugreifenden Anhaltspunkte für das Bestehen eines Familienlebens in Österreich.

Insofern ein Eingriff in das Privatleben des Beschwerdeführers besteht, ist in Prüfung zu ziehen, ob sich dieser Eingriff als verhältnismäßig erweist.

Nach der bisherigen Rechtsprechung ist auf die Besonderheiten der aufenthaltsrechtlichen Stellung von Asylwerbern Bedacht zu nehmen, zumal das Gewicht einer aus dem langjährigen Aufenthalt in Österreich abzuleitenden Integration dann gemindert ist, wenn dieser Aufenthalt lediglich auf unberechtigte Asylanträge zurückzuführen ist vergleiche etwa das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 17.12.2007, Zl. 2006/01/0216, mit weiterem Nachweis).

Der EGMR gelangte in seiner Entscheidung vom 08.04.2008, Beschwerde Nr. 21878/06, Njanzi v. The United Kingdom, Rand Nr. 76, im Ergebnis zu dem Schluss, dass ein lediglich auf wiederholte Antragstellungen die Gründe der, aufgrund dieser Antragstellungen bloß vorübergehend berechtigter und somit unsicherer Aufenthalt in seiner Gewichtung geringer zu bewerten sei, als ein Aufenthalt, welcher sich auf eine rechtmäßige, über den Status eines Asylwerbers während des Verfahrens hinausgehende Niederlassung gründe. Jegliches während eines solchen unsicheren Aufenthaltes begründetes Privatleben könne im Rahmen einer Interessensabwägung mit dem legitimen öffentlichen Interesse an einer effektiven Einwanderungskontrolle nicht dazu führen, eine Außerlandesschaffung als unverhältnismäßigen Eingriff anzusehen. Daher sei es gar nicht erforderlich, sich mit der Frage auseinanderzusetzen, ob während des Aufenthaltes im Gaststaat überhaupt ein Privatleben iSd Artikel 8, EMRK entstanden sei.

Auch der Verfassungsgerichtshof bezweifelt - wie bereits in der zur fremdenrechtlichen Ausweisung ergangenen Judikatur ausgeführt vergleiche VfGH, 29.9.2007, B328/07, VfSlg. 18.223/2007 ua.) - nicht, dass die Schaffung eines Ordnungssystems, mit dem die Einreise und der Aufenthalt von Fremden geregelt wird, auch im Lichte der Entwicklungen auf europäischer Ebene notwendig ist. Dem öffentlichen Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Bestimmungen kommt im Interesse des Schutzes der öffentlichen Ordnung (Artikel 8, Absatz 2, EMRK) daher ein hoher Stellenwert zu. Nichts anderes gilt auch für den Fall einer mit einer Abweisung oder Zurückweisung eines Asylantrags ausgesprochenen Ausweisung eines Asylwerbers. Wie die zuständige Fremdenpolizeibehörde ist aber auch der eine Ausweisung aussprechende Asylgerichtshof bzw. das Bundesasylamt stets dazu verpflichtet, das öffentliche Interesse an der Aufenthaltsbeendigung gegen die persönlichen Interessen des Fremden an einem weiteren Verbleib in Österreich am Maßstab des Art8 EMRK abzuwägen vergleiche VfGH 22.9.2008, B642/08).

Auch die Frage, ob das Privat- und Familienleben in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, ist bei der Abwägung in Betracht zu ziehen (EGMR 24.11.1998, Fall Mitchell, Appl. 40.447/98; 5.9.2000, Fall Solomon, Appl. 44.328/98; 31.1.2006, Fall Rodrigues da Silva und Hoogkamer, Appl. 50.435/99, ÖJZ 2006, 738 = EuGRZ 2006, 562).

Wie bereits mehrfach erwähnt, wurde gegen den Beschwerdeführer mit Bescheid der Bundespolizeidirektion römisch 40 vom römisch 40 ein rechtskräftiges, nach wie vor aufrechtes Rückkehrverbot wegen einer strafgerichtlichen Verurteilung erlassen. Auch nach Erlass dieses Rückkehrverbotes erfolgten weitere strafgerichtliche Verurteilungen. Die Existenz dieses nach wie vor bestehenden Rückkehrverbotes wurde vom Beschwerdeführer nicht bestritten; auch hat er nicht vorgebracht, dass er sich jemals um die Aufhebung dieses Rückkehrverbotes bemüht hätte.

Paragraph 54, Absatz eins, Fremdenpolizeigesetz 2005 lautet:

"§ 54. (1) Gegen einen Asylwerber ist ein Rückkehrverbot zu erlassen, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass sein Aufenthalt

1. die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet oder

2. anderen im Artikel 8, Absatz 2, EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft.

Das Rückkehrverbot gilt als Entzug des Aufenthaltsrechtes. Paragraphen 12 und 13 AsylG 2005 gelten."

Paragraph 13, AsylG 2005 lautet:

"Aufenthaltsrecht

Paragraph 13, Ein Asylwerber, dessen Asylverfahren zugelassen ist, ist bis zur Erlassung einer durchsetzbaren Entscheidung, bis zur Einstellung oder Gegenstandslosigkeit des Verfahrens oder bis zum Entzug des Aufenthaltsrechts (Paragraph 54, Absatz eins, FPG) zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt. Ein auf Grund anderer Bundesgesetze bestehendes Aufenthaltsrecht bleibt unberührt. Wird Asylwerbern gemäß Paragraph 54, FPG ihr Aufenthaltsrecht entzogen, kommt ihnen faktischer Abschiebeschutz (Paragraph 12,) zu."

Ganz abgesehen davon, dass das nunmehrige Asylverfahren des Beschwerdeführers nicht zugelassen wurde und dem Beschwerdeführer während des nunmehr zweiten Asylverfahrens schon aus diesem Grund keine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach dem AsylG 2005 zukam, gilt gemäß Paragraph 54, Absatz eins, 2. Satz FPG das Rückkehrverbot als Entzug des Aufenthaltsrechtes. Paragraph 13, AsylG 2005 gilt. Das gegen den Beschwerdeführer bestehende Rückkehrverbot gilt daher als Entzug des vorläufigen Aufenthaltsrechtes des Beschwerdeführers als Asylwerber; lediglich eine Abschiebung ist für die Dauer des Asylverfahrens nicht möglich, da dem Asylwerber faktischer Abschiebeschutz (Paragraph 13, AsylG) zukommt vergleiche dazu auch Putzer/Rohrböck, Leitfaden Asylrecht 2007, Rz 250).

Der Umstand des nunmehr bereits jahrelangen illegalen Aufenthaltes im österreichischen Bundesgebiet trotz eines bestehenden Rückkehrverbotes - unterbrochen von Aufenthalten in der Schweiz, in den Niederlanden bzw. in der Bundesrepublik Deutschland, welche naturgemäß nicht zu einer maßgeblichen Integration im österreichischen Bundesgebiet beitragen konnten - kann nicht zu Gunsten der privaten Interessen des Beschwerdeführers an einem Verbleib im Bundesgebiet ins Treffen geführt werden. Selbiges gilt insbesondere auch für den Umstand, dass der Beschwerdeführer in Österreich insgesamt vier rechtskräftige strafgerichtliche Verurteilungen, davon drei zu unbedingten Freiheitsstrafen, aufweist. Darüber hinaus konnte nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer während seines jahreslangen illegalen Aufenthaltes in Österreich einer legalen Beschäftigung nachgegangen wäre; dergleichen brachte der Beschwerdeführer weder vor noch wurde dies vom Beschwerdeführer sonst in irgendeiner Form belegt. Auch kann letztlich in Anbetracht des Umstandes, dass die Einvernahmen des Beschwerdeführers im nunmehr zweiten Asylverfahren im Beisein eines Dolmetschers der georgischen Sprache durchgeführt wurden und der Beschwerdeführer die Beschwerde selbst handschriftlich in georgischer Sprache verfasste, nicht von fortgeschrittenen Deutschkenntnissen des Beschwerdeführers ausgegangen werden, dies, obwohl er sich - wenngleich auch durchbrochen durch Aufenthalte in der Schweiz und insbesondere in der Bundesrepublik Deutschland, wo man im Übrigen ebenfalls Deutsch spricht - seit dem Jahr 2005 in Österreich aufhält. Auf die Frage, ob der Beschwerdeführer einen Deutschkurs besucht habe bzw. deutsch spreche, gab er selbst an, er habe in Deutschland einen Deutschkurs besucht, er spreche auch "ein wenig" Deutsch. Verwandtschaftliche Anknüpfungspunkte habe der Beschwerdeführer, wie er selbst angab, nicht in Österreich.

Der Beschwerdeführer vermochte daher in keiner Weise entscheidungserhebliche integrative Anknüpfungspunkte im österreichischen Bundesgebiet darzutun, welche zu einem Überwiegen seiner privaten Interessen an einem Verbleib im österreichischen Bundesgebiet gegenüber den öffentlichen Interessen an einer Rückkehr des Beschwerdeführers in seinen Herkunftsstaat führen könnten.

Im gegenständlichen Fall liegt daher kein Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers vor, der zur Erreichung der in Artikel 8, Absatz 2, EMRK genannten Ziele (Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens) nicht geboten oder zulässig wäre, zumal der illegal in das österreichische Bundesgebiet eingereiste Beschwerdeführer seinen bisherigen Aufenthalt in Österreich lediglich auf Asylantragstellungen stützt, wovon sich bereits die vorangegangene Asylantragstellung als unbegründet erwies und auch der nunmehrige Antrag auf internationalen Schutz zurückzuweisen ist und sich der Beschwerdeführer in Anbetracht des gegen ihn im Jahr 2006 rechtskräftig verhängten Rückkehrverbotes nicht einmal auf die sogenannte vorläufige Aufenthaltsberechtigung während der Dauer des Asylverfahrens stützen kann, zumal das nunmehr gegenständliche Asylverfahren auch nicht zugelassen wurde und dem Beschwerdeführer auch insofern keine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach dem AsylG zukam.

Die Ausweisung stellt daher im gegenständlichen Fall keinen ungerechtfertigten Eingriff in Artikel 8, EMRK dar. Die Beschwerde erweist sich daher auch gegen Spruchteil römisch II. des angefochtenen Bescheides als unbegründet und war daher spruchgemäß zur Gänze abzuweisen.

Gemäß Paragraph 41, Absatz 4, AsylG 2005 konnte eine mündliche Verhandlung unterbleiben.