Gericht

Asylgerichtshof

Entscheidungsdatum

21.09.2010

Geschäftszahl

D4 316466-1/2008

Spruch

D4 316466-1/2008/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Der Asylgerichtshof hat durch die Richterin Mag. Ulrike SCHERZ als Vorsitzende und den Richter Dr. KUZMINSKI als Beisitzer über die Beschwerde der römisch XXXX, StA. Russische Föderation, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 30.11.2007, Zl. 06 07.568-BAL, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß Paragraph 3, Absatz eins, AsylG 2005 Bundesgesetzblatt 100 aus 2005, idgF als unbegründet abgewiesen.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

römisch eins. Verfahrensgang:

Die in Österreich geborene minderjährige Beschwerdeführerin führt den im Spruch genannten Namen, ist Staatsbürgerin der Russischen Föderation und Angehörige der tschetschenischen Volksgruppe, ist moslemischen Glaubens und stellte am 19.07.2006 vertreten durch ihre Mutter, römisch XXXX, einen Antrag auf internationalen Schutz. Dabei gab sie an, dass die Verfahren der Mutter und des Vaters römisch XXXX, im Stadium der Berufung anhängig seien und dass der Vater subsidiär Schutzberechtigter sei und beantragte die Gewährung desselben Schutzes.

Mit Bescheid des Bundesasylamtes, Außenstelle Graz, vom 02.04.2004, Zl. 04 02.981-BAG, wurde der Asylantrag des Vaters der Beschwerdeführerin vom 21.02.2004 gemäß Paragraph 7, AsylG 1997 abgewiesen und dessen Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in die Russische Föderation gemäß Paragraph 8, AsylG 1997 für nicht zulässig erklärt sowie ihm gemäß Paragraph 15, Absatz eins, in Verbindung mit Paragraph 15, Absatz 3, AsylG 1997 eine befristete Aufenthaltsberechtigung erteilt.

Mit Bescheid des Bundesasylamtes, Außenstelle Linz, vom 30.11.2007, Zl. 04 24.849-BAL wurde der Asylantrag der Mutter der Beschwerdeführerin vom 10.12.2004 gemäß Paragraph 7, AsylG abgewiesen und festgestellt, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung der Beschwerdeführerin in die Russische Föderation gemäß Paragraph 8, AsylG 1997 für nicht zulässig erklärt und dieser eine befristete Aufenthaltsberechtigung erteilt.

Daraufhin wurde der Antrag der Beschwerdeführerin vom 20.07.2006 mit (angefochtenem) Bescheid des Bundesasylamtes, Außenstelle Linz, vom 30.11.2007, AZ. 06 07.568-BAL, gemäß Paragraph 3, Absatz eins, AsylG 2005 abgewiesen und der Beschwerdeführerin der Status des Asylberechtigten nicht zuerkannt, gemäß Paragraph 8, Absatz eins, Ziffer eins, in Verbindung mit Paragraph 34, AsylG der Beschwerdeführerin der Status der subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt und ihr eine befristete Aufenthaltsberechtigung gemäß Paragraph 8, Absatz 4, AsylG erteilt.

Begründend wurde nach Darlegung des Verfahrensganges festgestellt, dass die Beschwerdeführerin russische Staatsbürgerin sei und ihre Identität feststehe, eine asylrelevante Verfolgung der Beschwerdeführerin nicht festgestellt werden könne und dass sie der Familie des römisch XXXX, welchem subsidiärer Schutz gewährt wurde, und der römisch XXXX angehört.

Beweiswürdigend wurde ua. ausgeführt, dass die gesetzliche Vertreterin den Asylantrag für die Beschwerdeführerin lediglich zur Wahrung der Familieneinheit gestellt habe.

Bezüglich Tschetschenien und Russland wurden folgende Feststellungen getroffen:

Allgemeine Lage

Die Tschetschenische Republik ist eines der 89 Subjekte der Russischen Föderation. Ihre historisch verwurzelten Unabhängigkeitsbestrebungen führten in jüngster Geschichte zu zwei Kriegen mit dem föderalen Zentrum Russlands. Der erste Tschetschenienkrieg (1994 - 1996) endete mit einer de facto Unabhängigkeit der Teilrepublik.

Im Dezember 1999 begann - vor dem Hintergrund einer sich verschärfenden Situation in und um Tschetschenien - mit dem erneuten Einmarsch russischer Truppen der zweite Tschetschenienkrieg.

(Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Russischen

Föderation (Tschetschenien), März 2007)

In Tschetschenien setzt die russische Seite auch nach der Ermordung von Präsident Achmad Kadyrow am 09.05.2004 ihren "politischen Prozess" fort, den sie mit der Ausarbeitung einer Verfassung und Abhaltung eines Referendums (23.03.2003) begonnen hatte.

(Auswärtiges Amt, Innenpolitik, www.auswaertiges-amt.de, abgerufen im Februar 2007)

In den Jahren 2004-2007 kam es zu weitgehenden Veränderungen im Wesen des tschetschenischen Konfliktes. Es änderten sich die Methoden der Kampfführung seitens der Rebellen (Ablassen von Terrorismus), die Ideologie (von einer volksbefreienden auf die islamische Ideologie hin) und der Charakter des Konfliktes selbst (von russischtschetschenischen auf innertschetschenischen). Bemerkbar wurden außerdem die allmähliche Verebbung des Krieges und die zunehmende Stabilisierung der Situation in Tschetschenien.

Eine solche Entwicklung der Ereignisse wurde von vielen Faktoren bewirkt:

?? die Folgen des terroristischen Anschlages in Beslan,

?? der Tod von vielen bekannten tschetschenischen Anführern und Kommandanten,

?? die Übernahme der Last des Kampfes gegen die Rebellen durch die prorussischen tschetschenischen Truppen in Rahmen der so genannten Politik der Tschetschenisierung und

?? die Ermüdung der tschetschenischen Gesellschaft durch den mehrjährigen Krieg.

?? Entstehung des autoritären Regimes von Ramzan Kadyrow, der derzeit beinahe die ganze tschetschenische politische Szene kontrolliert.

?? Gleichzeitig kam es zu einer relativen Stabilisierung der Situation und einer Besserung bezüglich der Sicherheit.

Auch der langsame wirtschaftliche Wiederaufbau in Tschetschenien dauert an, obwohl die Mehrheit der Bevölkerung noch immer in sehr großer Armut lebt. Außerdem veränderte sich auch der Charakter der Verletzungen der Menschenrechte in der Republik, zu denen es jetzt vor allem von Seite der pro-russischen tschetschenischen bewaffneten Formationen kommt.

(römisch XXXX, OBECNA SYTUACJA W CZECZENII, Mai 2007)

Der Konflikt in Tschetschenien hat sich im Vergleich zu den heftigen Kämpfen in den 90er Jahren mittlerweile beruhigt. Es gibt einen klaren Trend zum Besseren. Die Anzahl terroristischer Akte hat sich nach offiziellen Angaben um 58,9% (39 zu 95) im Jahre 2006 verringert. Unter der Regierung von Ramzan Kadyrow sind die gegen Zivilisten gerichteten Übergriffe signifikant gesunken.

(BBC, Basayev death to profit Kremlin, 10.07.2006; römisch XXXX, Tschetschenien - Berichterstatter im Europarat, DerStandard, "Eine ganz heikle Angelegenheit" vom 05.02.2007; Itar Tass, Terrorism/abduction rate halves in Chechnya in 2006, 09.02.2007; "Russia-s Muslims, A Growing Challenge for Moscow", Dimitry Gorenburg, Harvard University, Dezember 2006)

Das European Committee for the Prevention of Torture and Inhuman or Degrading Treatment or Punishment (CPT) führt in seinem Bericht vom 13. März 2007 unter anderem aus, dass hinsichtlich der materiellen Haftbedingungen deutliche Fortschritte gemacht wurden und keine Beschwerden durch Häftlinge der besuchten Haftanstalten erhoben wurden. Ausdrücklich ausgenommen wurden jedoch Misshandlungen durch Angehörige des ORB-2.

(European Committee for the Prevention of Torture and Inhuman or Degrading Treatment or Punishment (CPT): Public statement concerning the Chechen Republic of the Russian Federation, 13.03.2007)

Das russische Parlament erließ am 22. September 2006 den Beschluss "Über die Verkündung einer Amnestie für Personen, die Verbrechen begangen haben in der Periode, als konterterroristische Operationen durchgeführt wurden auf dem Territorium von Subjekten der Russischen Föderation im Südlichen Föderativen Kreis" sowie die dazugehörigen Ausführungsbestimmungen. Am folgenden Tag wurden sie im russischen Amtsblatt "Rossijskaja Gazeta" publiziert und traten damit in Kraft.

Zuvor waren schon mindestens dreimal Amnestien für Tschetschenien angeboten worden:

¿ im März 1997 für Verbrechen, die während des Ersten Tschetschenienkrieges begangen worden waren (9.12.1994-31.12.1996;

ca. 5'000 Personen);

¿ im Dezember 1999 für Personen, die in der Anfangszeit des Zweiten Tschetschenen-Krieges die Waffen niederlegten (1.8.-16.12. 1999; ca. 2'500 ergaben sich, 750 wurden amnestiert);

¿ am 6.6.2003 zur Feier der Annahme einer neuen tschetschenischen Verfassung für Verbrechen begangen zwischen dem 12.12.1993 und dem 1.8.2003.

Daneben begnadigten seit Jahren Achmat Kadyrow, der unter Moskaus Aufsicht gewählte Präsident Tschetscheniens, sowie sein Sohn und Nachfolger, Ramzan Kadyrow, übergelaufene Freischärler. Nach übereinstimmender Schätzung der Menschenrechtsorganisation "Memorial" und offizieller tschetschenischer Quellen profitierten von dieser "grauen" Amnestie seit 2001 mindestens 7'000 Personen. Davon wurden nach offiziellen tschetschenischen Angaben gegen 5'000 in staatliche Strukturen und die Sicherheitskräfte integriert.

(BFM, Focus Russland, Zur Amnestie in Tschetschenien, 19. März 2007)

Im Rahmen der neuerlichen Amnestie, welche am 15.01.2007 endete, haben, nach Angaben von Vladimir Bulavin dem stellvertretenden Vorsitzenden des russischen Nationalen Antiterror Komitees (NAC), 546 Rebellen, davon alleine 470 in Tschetschenien ihre Waffen niedergelegt. Nach Angaben von Generalleutnant Arkady Yedelev soll es jetzt noch etwa 450 Rebellen in Tschetschenien geben, welche in 46 kleineren Gruppen agieren.

(Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Russischen Föderation, August 2006; Itar - Tass, NAC may consider another amnesty in NCaucasus - FSB official, 13.02.2007; Reuters, Chechnya war, 02.02.2007)

Am 15.02.2007 wurde Ramzan Kadyrow per Dekret zum amtierenden Präsidenten der Tschetschenischen Republik ernannt. Der bisherige Präsident, Alu Alkhanov, wurde zum Stellvertretenden Justizminister der Russischen Föderation ernannt.

(Itar Tass, Kadyrov appointed Acting Chechen President, 15.02.2007)

In Tschetschenien werden derzeit keine aktiven Kampfhandlungen mehr geführt. Man kann auch nicht wirklich behaupten, dass dort ein Partisanenkrieg geführt wird. Es kommt lediglich zu sporadischen Scharmützel vor allem im Süden der Republik. Auch die Anzahl der Explosionen von Minen und anderer Sprengladungen, die eine Plage für Tschetschenien in den letzten Jahren war, ist deutlich zurückgegangen.

(römisch XXXX, OBECNA SYTUACJA W CZECZENII, Mai 2007)

Obwohl die Rebellen den Anspruch vertreten, die "Tschetschenische Republik Itschkeria (TschRI)" fortzuführen, bestehen effektiv keine quasi-staatlichen Einrichtungen. Sie beherrschen - entgegen ihrer eigenen Beteuerung - keine Region.

(KavkazCenter 2.7.2007; Erkenntnis Dienstreise BFM nach Tschetschenien, Juni 2007)

Politischer Prozess

Am 27.11.2005 fanden in Tschetschenien Parlamentswahlen statt, aus denen die Kreml-Partei "Einiges Russland" unter Vorsitz des inzwischen zum PM ernannten Ramzan Kadyrow als Sieger hervorgegangen. Internationale Wahlbeobachter wie der OSZE entsandten keine Vertreter, wobei ein Ablauf der Wahl nach demokratischen Maßstäben vielfach bezweifelt wurde.

Die Parlamentswahlen lassen sich als eine weitere Etappe der Realisierung des 2003 beschlossenen Plans zur politischen Regelung in Tschetschenien bewerten. Sein Wesen besteht in entgegenkommenden Schritten Tschetscheniens und der Russischen Föderation. Zuvor gab es eine genauso ergebnisreiche Abstimmung über die neue tschetschenische Verfassung, mit der die Republik als ein unveräußerlicher Teil der Russischen Föderation definiert wurde.

(Quelle: AG Friedensforschung an der Uni Kassel, römisch XXXX "Tschetschenien nach der Parlamentswahl", 30. November 2005, http://www.uni-kassel.de/fb5/frieden/regionen/Tschetschenien/wahl2005.html)

Der russische Präsident hat den politischen Prozess in Tschetschenien für abgeschlossen erklärt. Mit der jetzt vollzogenen Einrichtung kommunaler Verwaltungsstrukturen habe Tschetschenien wieder den gleichen Status wie jede andere Region in Russland.

(Quelle: Die Welt.de/AP, "Putin erklärt politischen Prozess in Tschetschenien für beendet", 31.Jänner 2006, http://www.welt.de/data/2006/01/31/839187.html)

Am 15. Februar 2007 war der bisherige Präsident der tschetschenischen Republik, Alu Alchanov, nach langem Machtkampf mit dem bisherigen Ministerpräsidenten und eigentlichen starken Mann Tschetscheniens, Ramzan Kadyrow, auf eigenem Wunsch von Präsident Putin seines Amtes entbunden worden. Im Rahmen einer größeren Regierungsumbildung in Moskau wurde Alchanov gleichzeitig zum stellvertretenden Justizminister der RF ernannt. Kadyrow wurde von Putin per Dekret interimistisch zum geschäftsführenden Präsidenten bestimmt und zwei Wochen später, am 2. März 2007, erwartungsgemäß vom Parlament in Grosny mit überwältigender Mehrheit in dieser Funktion bestätigt.

Die derzeitigen Schlüsselpositionen in Tschetschenien wurden größtenteils mit ehemaligen Widerstandskämpfern besetzt.

(Itar Tass, Kadyrov appointed Acting Chechen President, 15.02.2007; RIA Novosti, Learning from Chechnya, 06.04.2007)

Innenpolitische Lage in Tschetschenien

Ramzan Achmedowitsch Kadyrow wurde am 05.10.1976 in Zentoroj im Osten Tschetscheniens geboren. Er ist verheiratet und Vater von vier Kindern (drei Töchter, ein Sohn).

Im ersten Tschetschenienkrieg kämpfte er an der Seite von Aslan Maschadow und Schamil Basajew gegen die föderalen Truppen. Zusammen mit seinem Vater Achmed Kadyrow wechselte er 1996 die Fronten.

Im Jahr 2000 wurde er zum Führer der Präsidentenleibwache ernannt. Nach dem Tod seines Vaters durch einen Terroranschlag (09. Mai 2004) wurde Ramzan Kadyrow zum Vize-Premier befördert.

Am 22.02.2006 wurde Ramzan Kadyrow zum Premier Tschetscheniens ernannt. Seit 15.02.2007 ist er Präsident Tschetscheniens.

Er überlebte mindestens sechs Anschläge, wurde jedoch beim Terroranschlag im Stadion von Grosny, bei dem sein Vater ums Leben kam verletzt.

Ramzan Kadyrow ist Sponsor und Fan des Fußballclubs "Terek" Grosny und des Sportzentrums "Ramzan", wo Boxen, Sambo und Ringen trainiert wird.

(Russland - Aktuell, 16.02.2007)

Grundsätzlich hängt Kadyrow keinerlei Ideologie an, sondern verkörpert den Populismus in Reinkultur. Das einzige ideologieähnliche Element seiner Politik ist die konsequente Ablehnung des Wahhabismus.

Wenn es ihm opportun erschien, gerierte sich Kadyrow aber gelegentlich durchaus auch islamisch. Zum Beispiel u.a. als er dem Danish Refugee Council, einer der wichtigsten Hilfsorganisationen vor Ort, in Reaktion auf den so genannten Karikaturenstreit die Arbeit in Tschetschenien zeitweilig verboten und nur nach Intervention aus dem Kreml wieder erlaubt hat.

(Interfax, Kadyrov performs Umrah, returns home from Saudi Arabia, 1.04.2007; Renner Institut, Human Rights in Russia: The Case of Chechnya, Resümee der Veranstaltung vom 2.März 2007)

Auf allen Ebenen der Regierung und in allen Bereichen des sozialen Lebens sind nun Menschen an der Macht, die vor nicht allzu langer Zeit selbst noch als Rebellen bezeichnet wurden.

(RIA Novosti, Learning from Chechnya, 06.04.2007)

Im Westen ist Ramzan Kadyrow berüchtigt wegen des äußerst brutalen Vorgehens seiner Truppen - der so genannten Kadyrowzy - im Kampf gegen mutmaßliche Widerstandskämpfer und wegen seines protzigen Auftretens. Doch in Tschetschenien selbst scheint er seinen Ruf verbessert zu haben. Gemäß der Zeitung "Tschetschenische Gesellschaft" sind viele TschetschenInnen überzeugt, dass Ramzan Kadyrow seinen jugendlichen Übermut abgelegt hat und viel verantwortungsvoller geworden ist. Zugute kommt ihm dabei auch, dass der Wiederaufbau in gewissen Teilen der Republik in den letzten Monaten sichtbar geworden ist.

Kadyrow unterlässt keine Gelegenheit zu betonen, diese Fortschritte seien möglich Dank seiner privaten Stiftung.

Gewisse Verbesserungen sind auch bezüglich der humanitären und soziökonomischen Lage in Tschetschenien unübersehbar. So nimmt die Zahl der Geschäfte und Cafés in den Städten stetig zu. Strassen und Gebäude werden renoviert. Ministerpräsident Kadyrow übergibt Familien vor laufenden Kameras die Schlüssel zur neu gebauten/renovierten Wohnungen.

Allerdings sind diese Fortschritte nicht nur auf die massiven Gelder zurückzuführen, die Moskau jährlich überweist und von denen nach wie vor große Summen veruntreut werden. Der Wiederaufbau wird gemäß Angaben von MenschenrechtsaktivistInnen dadurch finanziert, dass Kadyrow von allen Bediensteten eine "freiwillige" Spende abpresst. Diese Gelder fließen in den so genannten "Kadyrow - Fonds", aus dem wiederum der Aufbau von Schulen, Sportstätten und anderen öffentlichen Einrichtungen finanziert wird.

(SFH, Nordkaukasus, Entwicklung in Tschetschenien sowie in Dagestan, Karbadino-Balkarien,

Inguschetien und Nordossetien, Januar 2007)

Die Aufgabe Achmad Kadyrows und nach dessen Ermordung die von Ramzan Kadyrow war die Befriedung Tschetscheniens. Je erfolgreicher diese Befriedung wurde, desto mächtiger wurde Ramzan Kadyrow. Die Truppen von Ramzan Kadyrow waren und sind sehr effektiv im Kampf gegen die Rebellen. Sie kennen die örtlichen Bedingungen viel besser als die föderalen Soldaten und verfügen über ein ausgebautes Netz der familiären, Clan-, und Nachbarschaftsverbindungen. Dies bewirkt, dass sie wirkungsvoller den tschetschenischen Widerstand bekämpfen können. Außerdem gehen immer mehr Rebellen zur Formationen über, die Kadyrow treu sind.

Eine gewisse Stabilisierung ist jedenfalls eingetreten. Man muss sich aber auch daran erinnern, dass die derzeit beobachtete Stabilisierung der Situation in Tschetschenien u.a. durch die Terroranwendung seitens Kadyrow zustande kam.

(römisch XXXX, OBECNA SYTUACJA W CZECZENII, Mai 2007)

Innenpolitisches System

Das allgemeine Budget für den Wiederaufbau Tschetscheniens für die Jahre 2002 bis 2006 betrug beinahe 3 Milliarden Rubel (1 EUR ~ 35

RUB).

Beträchtliche Summen für den Wiederaufbau von einzelnen Objekten werden aus dem sog. Achmed Kadyrow - Fond aufgebracht, der von Ramzan Kadyrow gegründet wurde. Diese Organisation wird aus de facto illegalen Quellen finanziert, weil die Personen, die sie mit Geld versorgen, dazu von den Kadyrow - Leuten gezwungen werden (Geschäftsleute, Beamten, Polizisten und auch andere Personen müssen auf das Konto dieser Organisation regelmäßig einzahlen, da sie sonst Repressalien zu erwarten haben). Aus Propagandagründen und um die Popularität der Gesellschaft zu gewinnen, finanziert Ramzan Kadyrow tatsächlich den Wiederaufbau einiger Objekte aus diesen Fondsmitteln.

(römisch XXXX, OBECNA SYTUACJA W CZECZENII, Mai 2007; SFH, Nordkaukasus, Entwicklung in Tschetschenien sowie in Dagestan, Karbadino-Balkarien, Inguschetien und Nordossetien, Januar 2007)

Bemerkenswert ist jedoch die Tatsache, dass die durch den Krieg ermüdete Gesellschaft in Tschetschenien mit der Anpassung an dieses mafiöse Wirtschaftssystem einverstanden ist und dieses sogar im gewissen Sinne als gerecht erachtet. Die Tschetschenen sind scheinbar bereit auf einen großen Teil ihrer Rechte zu verzichten und jede Macht zu unterstützen, die imstande sein wird zumindest ein minimales Sicherheitsniveau zu garantieren. Aus diesem Grund wird Ramzan Kadyrow von einem immer größeren Teil der Bevölkerung Tschetscheniens unterstützt, obwohl sie in ständiger Angst vor den Mitgliedern seiner bewaffneten Truppen lebt.

(römisch XXXX, OBECNA SYTUACJA W CZECZENII, Mai 2007)

Besondere Bedrohung

Zu den Gruppen, die besonders von Repressalien bedroht sind, gehören: Verwandte der Rebellen, Personen, die mit keiner pro-russischen tschetschenischen Gruppierung verbunden sind, tschetschenische Flüchtlinge in Inguschetien, Personen, die Beschwerden an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte führen und ihre Verwandten. Ernste Gefahr droht auch Menschenrechtaktivisten und tschetschenischen Journalisten.

(römisch XXXX, OBECNA SYTUACJA W CZECZENII, Mai 2007)

Vorgehen russischer Truppen

Im Allgemeinen ist hinsichtlich durchgeführter Operationen zu unterscheiden zwischen "zachistka" und den in weiterer Folge ab in etwa 2004 durchgeführten "gezielten Operationen". Unter "zachistka" sind jene Operationen zu verstehen, bei welchen Dörfer, Städte und Straßen abgeriegelt wurden und die sich dort befindende Zivilbevölkerung systematisch durchsucht und befragt wurde. Unter den geschilderten gezielten Operationen, sind Operationen zur Ausschaltung einzelner tschetschenischer Rebellen zu verstehen.

(USDOS, Country Reports on Human Rights Practices - 2004, 28.02.2005)

Vor allem unter dem Druck der internationalen Staatengemeinschaft und russischer Menschenrechtsorganisationen wurden diese groß angelegten Säuberungsaktionen ab Ende 2002 zugunsten kleinerer, gezielter Operationen aufgegeben. Diese Razzien richteten sich gegen konkrete Häuser und konkrete Personen (sog. adriesnyje zatschistki). Daneben versuchen die russischen Sicherheitskräfte im Rahmen ihrer so genannten "Antiterroristischen Operation", die verbliebenen Rebellenkämpfer systematisch auszuschalten:

z. B. Aslan Maschadow (8 März 2005), Ruslan Gelajew (Jänner 2003), Abdul-Chalim Sadulajew (17. Juni 2006) und Schamil Basajew (10. Juli 2006).

(Renner Institut, Human Rights in Russia: The Case of Chechnya, Resümee der Veranstaltung

vom 2.März 2007; römisch XXXX, OBECNA SYTUACJA W CZECZENII, Mai 2007)

Die heutige Situation ist militärisch dadurch gekennzeichnet, dass die russischen Sicherheitskräfte im Rahmen ihrer so genannten "Antiterroristischen Operation" versuchen, die verbliebenen Rebellenkämpfer systematisch auszuschalten. Wobei auch beobachtet werden konnte, dass russische Truppen immer seltener an "Antiterroristischen Operationen" teilnahmen, da die Sicherheitsagenden an die tschetschenische Regierung transferiert wurden.

Schon jetzt sind es vor allem die Truppen des tschetschenischen Innenministeriums, die für Sicherheit und Ordnung sorgen. Ein großer Teil von diesen hat früher auf Seiten der Rebellen gekämpft.

Aufgrund der Tatsache, dass die tschetschenischen Formationen im höchsten Maße für die Sicherheit in der Republik verantwortlich sind, gehört zu ihren Aufgaben auch der Kampf gegen die Rebellen. Diese Formationen führen den größten Teil der Spezialoperationen durch und nehmen auch an den Zusammenstößen gegen die Rebellen teil. Aufgrund dessen tragen derzeit gerade die tschetschenischen Einheiten die größten Verluste bei den Kämpfen.

Die Rolle der föderalen Truppen (der föderalen Armee, der Kräfte des Innenministeriums und der Grenztruppen) in Tschetschenien ist heute ganz anders als noch vor ein paar Jahren, als diese aktive Kampfhandlungen gegen die Kämpfer geführt haben. Derzeit haben die föderalen Kräfte drei Hauptaufgaben zu erfüllen. Eine von ihnen ist die Rolle des "Einschüchterers" Ramzan Kadyrow gegenüber. Die Anwesenheit einer großen Gruppierung der föderalen Truppen in Tschetschenien sollte nämlich verhindern, dass Kadyrow oder ein Teil der ihm treuen Truppen gegen Moskau auftritt und sollte auch ein sichtbares Symbol sein, dass Tschetschenien ein immanenter Teil der Russischen Föderation ist.

Die zweite Aufgabe ist die Intervention, falls eine ernste Bedrohung für die Sicherheit bestehen sollte. Zu solchen Situationen kommt es aber nicht oft.

Die dritte Aufgabe ist der Schutz der tschetschenisch-georgischen Grenze und die Verhinderung, dass Rebellen und Waffen über diese Grenze eingeschleust werden. Die föderalen Truppen beschäftigen sich aber nicht mehr mit dem Schutz der öffentlichen Ordnung, Straßenpatrouillen usw. (ihre Vertreter sind nur an den äußeren Grenzen Tschetscheniens stationiert).

(römisch XXXX, OBECNA SYTUACJA W CZECZENII, Mai 2007; Itar - Tass, NAC may consider another amnesty in NCaucasus - FSB official, 13.02.2007;

Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Russischen Föderation (Tschetschenien) Februar 2006;

EURASIL Workshop on the Russian Federaion and Chechnya, Oktober 2006); NZZ, Beschwerliche Rückkehr zur Normalität in Grozny, 06.01.2007); siehe auch: Itar Tass: Three arms caches found in Chechnya, 17.02.2007; Itar Tass: Four gunmen killed in special operation in Chechnya, 13.02.2007; Interfax: Four militants, two police officers killed in clash in Chechnya - official, 13.02.2007, Interfax: Militant eliminated, police officer killed in Chechnya, 02.05.2007; Interfax: Police officer killed in clash with militant group in Chechnya - ministry, 23.01.2007; Interfax: Militant arrested in Chechnya, 17.12.2006; u.a. )

Allgemein wurden in den vergangenen Jahren weniger Übergriffe durch russische Einheiten bekannt als in den Jahren zuvor. Dieser Trend hat sich insbesondere 2005 verstärkt. So liegt nach Schätzungen die Zahl der im ganzen Jahr 2005 entführten Personen in ganz Tschetschenien bei 77-300 Betroffenen. Im Jahr 2006 ist die Anzahl der Entführten Personen weiter zurückgegangen. Zum ersten Mal kam es zu einer Angleichung der offiziellen Angaben und jener der NGOs über Entführungsfälle.

Nach offiziellen Angaben sind im Jahr 2006 158 Menschen verschleppt worden, von denen 59 als verschollen gelten. Memorial berichtet hingegen von 172 Entführungsfällen und 60 verschollenen Personen im selben Zeitraum.

(US Department of State, Country Report on Human Rights Practices, 03.2006; römisch XXXX, Tschetschenien - Berichterstatter im Europarat, Der Standard, "Eine ganz heikle Angelegenheit" vom 05.02.2007; NZZ, Beschwerliche Rückkehr zur Normalität in Grozny, 06.01.2007; Memorial, Counterterrorism Operations by the Russian Federation in the Northern Caucasus throughout 1999-2006, Jänner 2007)

Bis Ende 2008 sollen die in Tschetschenien stationierten Einheiten mit derzeit ca. 50 000 Soldaten auf rund die Hälfte reduziert werden.

(NZZ, Beschwerliche Rückkehr zur Normalität in Grozny, 06.01.2007)

Urteile vor dem EGMR

In allen Fällen gegen Russland vor dem EGMR waren groß angelegte militärische Operationen der Anlass zur Klage, bei denen die klagenden Parteien dem russischen Staat - nach Ansicht des EGMR zu Recht - eine Verletzung seiner Schutzpflicht (fehlende Vorwarnung der Zivilisten vor einem militärischen Angriff, fehlendes Ermöglichen des ungefährdeten Benützen eines Korridors zum Verlassen des Kampfgebietes) gegenüber der Zivilbevölkerung vorgeworfen haben. Jene militärischen Operationen, welche über das Ausmaß von allgemeinen und gezielten Säuberungsaktionen weit hinausgingen, fanden in den Jahren 1999 bzw. 2000 statt und sind in diesem Ausmaße in jüngster Zeit nicht mehr erfolgt.

(Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Russischen Föderation (Tschetschenien), 30. August 2005, S. 9.)

Der EGMR hat in einer jüngsten Entscheidung eine Klage einer Tschetschenin gegen eine Abschiebung in die Russische Föderation als unzulässig zurückgewiesen, da die Lebensumstände und Diskriminierungen von Tschetschenen in der Russischen Föderation nicht grundsätzlich von solcher Natur sind, dass sie einen Verstoß gegen Artikel 3, EMRK konstituieren.

(Application no. 39858/04; Anna Jeltsujeva vs. Niederlande, ECHR Decision, Juni 2006)

Rechtsschutz bei Menschenrechtsverletzungen

Bezüglich durch russische Einheiten begangener Menschenrechtsverletzungen wurden in Tschetschenien 2004 251 und im ersten Halbjahr 2005 151 Fälle von der Staatsanwaltschaft in Grozny untersucht. In 151 Fällen kam es zur Anklage gegen Angehörige russischer Sicherheitskräfte. Viele der Fälle konnten jedoch nicht aufgeklärt werden.

(Council of Europe, Human Rights Violations in the Chechen Republic:

The Committee of Ministers responsibility vis-a-vis the Assembly¿s concerns, 21.12.2005)

In einigen Fällen kam es zu Verurteilungen, so wurde zB E. Ulman, ein Offizier einer Spezialeinheit zu 14 Jahren Gefängnis verurteilt.

(Kommersant, Kadyrov Hails Ulman Verdict, 14.06.2007)

In Tschetschenien wurde eine Ombudsmannorganisation eingerichtet, die ihren Sitz direkt in Grozny hat. Der diesbezügliche Schritt wurde von der OSZE begrüßt und aktiv unterstützt. Zwischen der OSZE und dem Ombudsmann wurde eine enge Zusammenarbeit vereinbart. (OSZE, Report by the Commissioner for Human Rights on his visit to the Chechen Republic of the Russian Federation, 03.2006)

UNCHR betreibt 11 Rechtberatungszentren in Tschetschenien, Inguschetien und Dagestan. Im Jahr 2007 wurde insgesamt bis jetzt in 4305 Fällen Rechtberatung geleistet. Die meisten Fälle betrafen Wohungsangelegenheiten und Kompensation für materielle und moralische Schäden. 3955 Fälle wurde seitens der Anwälte vor Behörden, 2695 Fälle wurden seitens der Anwälte vor erstinstanzliche Gerichte, 164 vor zweitinstanzliche Gerichte/Höchstgerichte getragen.

(UNHCR - OCHA, Information Bulletin August 2007; UNHCR - OCHA, Information Bulletin Februar 2007 - August 2007)

Insgesamt gesehen kann nicht von systematischen weit verbreiteten Übergriffen gegen alle Personen tschetschenischer Ethnie gesprochen werden.

vergleiche auch UBAS - Bescheid vom 1.3.2006; vergleiche auch UBAS - Bescheide vom 09.01.2007 Zl. 252.829/0-XI/33/04, UBAS - Bescheid vom 02.02.2007 259.043/7-XVIII/59/06, UBAS - Bescheid vom 30.01.2007 Zl. 252.312/6E-XIV/39/04)

Ungeachtet des im Gefolge der Kriegsereignisse in Tschetschenien insbesondere ab dem Jahr 1999 erneut verschärften, angespannten Verhältnisses zwischen der russischen Bevölkerung und den im Kaukasus beheimateten Volksgruppen, insbesondere der Tschetschenen, lässt sich dem vorliegenden Auskunftsmaterial weder ein staatliches Verfolgungsprogramm oder die gewaltsamen Vertreibung aller Tschetschenen aus dem Staatsgebiet entnehmen, noch lassen bekannt gewordene Einzelverfolgungsmaßnahmen mit Blick auf die zahlenmäßige Größe der im Nordkaukasus lebenden Tschetschenen die Feststellung einer landesweiten Gruppenverfolgung zu.

(Gängige Judikatur deutscher und Schweizer Gerichte, siehe etwa Oberverwaltungsgericht NRW, 11 A 2307/03 vom 14.07.2005, Bayrischer Verwaltungsgerichtshof zu 11 B 02.31597 vom 31.01.2005; Hessischer Verwaltungsgerichtshof zu 3 UE 3021/03.A vom 02.02.2006; Schweizer Asylrekurskommission, EMARK 2005 Nr. 17 vom 14.06.2005)

Dieser Einschätzung folgte auch die Schweizer Asylrekurskommission, die feststellte, dass die aktuelle Lage in Tschetschenien keine Kollektivverfolgung von Tschetschenen begründet.

(siehe Zeitschrift Asyl 02/2006, Seite 13, Punkt: 2.1.5, Mai 2006)

Grundversorgung

Die Grundversorgung der Bevölkerung in Tschetschenien, insbesondere in Grosny, ist im Wesentlichen durch die Bemühungen verschiedenster Hilfsorganisationen gewährleistet. Dennoch ist die grundlegende Versorgungslage als schlecht zu bezeichnen.

Aktuell hat die Europäische Kommission ein ¿ 6 Millionen hohes Hilfspaket genehmigt, um die vom anhaltenden Konflikt in Tschetschenien betroffene Bevölkerung weiter zu unterstützen (gesamt 2005: 26,3 Millionen Euro).

Die Empfänger werden sowohl Binnenflüchtlinge in Tschetschenien als auch in Inguschetien und Dagestan sein. Unterstützung für diese Personen wird es in folgenden Bereichen geben: Schutz, Nahrung, "Nichtlebensmittel", Wasser und sanitäre Anlagen, Obdach, Bildung, psychologische Betreuung und Schulung im Hinblick auf die von Minen ausgehende Gefahr.

Umgesetzt werden diese Unterstützungsmaßnahmen durch internationale Organisationen, welche in der Region tätig sind.

(OCHA, HUMANITARIAN RESPONSE, Oktober 2006)

Nach (offizieller) Beendigung des 2. Tschetschenienkrieges unternehmen die staatlichen Organe Maßnahmen des Wiederaufbaus in Tschetschenien.

Die UNO und andere Menschenrechts-/Hilfsorganisationen (International Commitee of the Red Cross/ICRC, Danish Refugee Council/DRC, United Nations Office for the Coordination of Humanitarian Affairs/OCHA, World Food Programme/WFP etc.) setzen ihre Aktivitäten in der Region ebenso fort.

vergleiche ICRC Plan of Action 2006 - Russian Federation, 25. Jänner 2006; World Food Programme Emergency Report 2006, 20. Jänner 2006; OCHA, HUMANITARIAN RESPONSE, Oktober 2006)

In den Jahren 2000 - 2006 wurden 20.465 Häuser bewohnbar gemacht.

(OCHA Russian Federation 2007, Key Facts and Figures 2006)

Seitens der Regierung vor Ort wird die Schließung aller TAC-s (Temporary Accomodation Centers) bis 1 September 2007 durchgeführt. Einige der TAC-s werden reorganisiert in Familienherbergen, um obdachlosen IDP-s Unterkunft zu gewähren. Deren Leitung erfolgt durch die regionale Verwaltung. Der größte Teil der TAC-s wurde an die vormaligen Besitzer zurückgegeben. Sie fungieren nunmehr als Kliniken, Herbergen und Bildungsanstalten.

(OCHA Russian Federation, Information Bulletin August 2007)

UNCHR selbst strukturierte die Aktivitäten vor Ort um, insbesondere hin zur Unterstützung und Errichtung entsprechender Institutionen.

(OCHA in the Russian Federation, Protection)

Das ICRC selbst plant eine Umstrukturierung der Aktivitäten vor Ort um sich an die neue Situation anzupassen. Fracois Bellon sagte diesbezüglich, dass die Notaktionen im Nordkaukasus sich offensichtlich entwickelt haben in Richtung Wiederaufbau und strukturelle Unterstützung und dass ICRC das eigene Programm diesbezüglich anzupassen habe.

(ICRC, Year 2007: a turning point for the ICRC in the Russian Federation, 08.02.2007)

Das ICRC hat im Zuge der Veränderungen in Tschetschenien seine Aktivitäten insbesondere in Richtung der Förderung von Kleinbetrieben verlagert.

(ICRC, Russian Federation: ICRC carries out final relief distribution in Chechnya, 26.10.2007)

Medizinische Versorgung

Wichtige medizinische Einrichtungen in Grosny und Umgebung sind nach Augenzeugenberichten stark beschädigt oder zerstört. Der Wiederaufbau verläuft zwar schleppend, doch erlauben personelle, technische und materielle Ausstattung in einigen Krankenhäusern mittlerweile wieder eine medizinische Grundversorgung.

(Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Russischen

Föderation (Tschetschenien), März 2007)

Im Jahr 2006 stieg die Anzahl der Krankenhausbetten in Tschetschenien von 7.848 auf 8.429. Im Jahr 2006 erhielten mehr als 79.000 Menschen Behandlungen in Krankenhäusern (10.000 mehr als im Jahr 2005). Die Zahl pädiatrischer Beratungen stieg von 285.059 (2005) auf 336.473 (2006).

(WHO, Health Action in the North Caucasus, September 2006)

Insbesondere seitens WHO werden in Kooperation mit der regionalen Verwaltung Schulungsprogramme für nationales medizinisches Personal veranstaltet. So soll es zu Schulungen von mehr als 3.000 medizinischen Personal, der Errichtung von Lern - und Fortbildungszentren, sowie der Versorgung mit medizinischen Geräten kommen.

(OCHA Russian Federation, Information Bulletin August 2007; WHO, Joint initiative for the North Caucasus, 2007)

Seitens einiger NGO-s wurden und werden Krankenhäuser neu gebaut bzw mit neuen Instrumenten ausgestattet. So wurde zB eine Klinik mit 70 Betten im Juli 2007 an das tschetschenische Gesundheitsministerium übergeben. Nach nur einem Jahr Bauzeit hat das Krankenhaus seinen Betrieb aufgenommen. Die Kinderklinik ist das erste Hospital, das nach dem Krieg wieder vollständig aufgebaut wurde. 20 Ärzte arbeiten hier. Neben der Intensivstation gibt es Abteilungen für Infektionen und für internistische Fälle. Einen Schwerpunkt bildet die Chirurgie mit zwei Operationssälen.

(Cap Anamur, Tschetschenien: Hoffnung zwischen Ruinen Komitee Cap Anamur eröffnet Kinderklinik in Grozny 14.07.2007)

Seitens des Danish Refugee Council-s werden 4 Psychosoziale Rehabilitationszentren in Grozny betrieben (u.a. Gruppentherapie, psychologische Beratung von Opfern des Konfliktes, Im Sommer Ausflüge an die Schwarzmeerküste für Kinder aus den ärmsten Schichten).

(Danish Refugee Council, Chechnya, 2007)

Seiten der "Ärzte ohne Grenzen" wird neben einem Programm für mobile Gesundheitsversorgung, einem psychologischen Hilfsprogramm in Grosny, auch ein Tuberkuloseprogramm betrieben.

(Ärzte ohne Grenzen, Russische Föderation - Nord Kaukasus, 2007)

Seitens von UNHCR und lokalen NGO-s wurden im Jahr 2007 u.a. medizinische Geräte, sowie 4 Ambulanzwägen mit modernen medizinischen Geräten an zwei wohltätige Krankenhäuser in Tschetschenien verteilt.

UNICEF und regionale Partner betreiben drei Jugendkliniken in Tschetschenien, mit dem Ziel hochwertige medizinische Versorgung jugendlichen und jungen Menschen anzubieten. Im August 2007 erhielten 200 jugendliche Menschen medizinische und/oder soziale Beratung. WHO unterstütze im Jahr 2007 ein psychosoziales Rehabilitationszentrum, dessen primäres Ziel psychosoziale Unterstützung für behinderte Kinder ist. Seitens von WHO wurde das republikanische AIDS - Zentrum in Grozny sowohl mit medizinischen Geräten als auch mit Broschüren unterstützt.

UNICEF lieferte medizinische Geräte an das "Municipal Maternity Hospital no 2." und an das "Republican Clinical Children-s Hospital".

(OCHA, Russian Federation, Information Bulletin Jänner 2007 - August 2007)

Im Jahre 2005 wurden mehr als 1200 Einwohner Tschetscheniens im Rostover Krebszentrum behandelt. In den ersten Monaten des Jahres 2006 wurden 1263 Einwohner Tschetscheniens im o.a. Zentrum behandelt.

(PRIMANEWS, High rates of cancer in Chechnya, 01.01.2007)

Im Juni 2007 wurden im Rahmen einer nationalen Veranstaltung 35 Millionen Rubel an Spendengeldern aufgebracht. Dieses Geld soll ausschließlich zur medizinischen Versorgung von Kindern mit Herzproblemen verwendet werden.

(Interfax, Over 30 Mln rubles raised in Chechnya to help sick children, 24.06.2007)

Infrastruktur

Trotz schleppendem Wiederaufbau sind manche Veränderungen bereits feststellbar: mehr Läden, belebteres Straßenbild, langsamer Wiederaufbau von Häusern, Wiederaufnahme des Lehrbetriebs an der Universität Grosny, Unterricht und Ausbildung für etwa 240.000 Personen in 456 Sekundarschulen, drei höhere Lehranstalten und 22 Berufsschulen; sowie Wiedereröffnung der Bahnstrecke Grosny-Moskau nach fünfjähriger Unterbrechung, Fertigstellung einer Brücke über den Fluss Argun, Eröffnung einer Filiale der Sberbank und der Vneshtorgbank in Grosny und hohe Zuweisungen aus dem föderalen Budget.

(Der Einzelentscheider-Brief, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, 12. Jahrgang, Mai 2005,

römisch XXXX)

Aufgrund der gesteigerten Bauaktivität in Tschetschenien wird das Baumaterial knapp und die Preise steigen.

(Danish Refugee Council, North Caucasus Mission Report July 2007)

Um die Reintegration von Rückkehrern nach Tschetschenien zu unterstützen, unterhält UNHCR 55 Projekte mit Konzentration auf die Errichtung von Arbeitsplätzen und die Wiederinstandsetzung der örtlichen Infrastruktur.

(Quelle: UNHCR News Stories, 11. April 2006)

Es gibt klare Anzeichen, dass sich die Wirtschaft in Tschetschenien langsam zu erholen beginnt. So gibt es in Grozny neu gebaute Häuser und auch außerhalb Groznys gibt es eine rege Bautätigkeit. Dazu gehört die Errichtung von Einkaufsläden, Cafes, Tankstellen und Restaurants. Büchereien werden wiedereröffnet. Die Universität und andere Lehranstalten wurden ebenso wiedereröffnet. An den 12 Fakultäten studieren inzwischen 14 000 Studenten. Viel mehr Menschen haben eine adäquate Unterkunft. Groznys Hauptstrasse ist inzwischen komplett renoviert. Ein neuer Flughafen für Grozny wurde errichtet.

In den Straßen Tschetscheniens kann ein steigender Verkehrsfluss beobachtet werden. Die Arbeitslosigkeit ist trotz dieser Entwicklungen dennoch extrem hoch.

(OSZE, Report by the Commissioner for Human Rights on his visit to the Chechen Republic of the Russian Federation, 03.2006, vergleiche auch Memorial, Human Rights in Russia Year 2006, 01.12.2006, NZZ, Beschwerliche Rückkehr zur Normalität in Grozny, 06.01.2007, derStandard, römisch XXXX, Tschetschenien Berichterstatter im Europarat:

Eine ganz heikle Angelegenheit, 05.02.2007)

Grosny ist eine Baustelle des Wiederaufbaus. Nun wollen die Behörden Häuser für 3.000 Flüchtlinge bauen, die derzeit in Durchgangslagern untergebracht sind.

(UNHCR, Grosny zwischen Aufbruch und Problemen, 07.09.2007)

Seitens von Thomas Hammerberg, dem europäischen Menschenrechtskommissar, wurde im Rahmen seiner Reise nach Tschetschenien im Februar 2007 u.a. ebenfalls festgestellt, dass immense Wiederaufbauarbeiten in Tschetschenien geleistet wurden.

(Interfax Feb 27 2007, Hammarberg stunned by positive changes in Chechnya)

UNHCR plant für das 2007 für 20 Häuser Materialien zur Verfügung zu stellen, 24 Häuser Schlüsselfertig zu übergeben und 55 Häuser zu renovieren.

Das Danish Refugee Council plant für 38 Häuser die Materialien zur Verfügung zu stellen und 440 Häuser zu Renovieren.

(OCHA Russian Federation, Information Bulletin Feb. 2007)

Das sichtbarste Element des Wiederaufbaus ist die langsame aber systematische Rekonstruktion von Grosny, vor allem des Zentrums der Stadt (aber auch der anderen Bezirke). Aus vielen Teilen der Stadt wurden schon die Trümmer weggeräumt. Es wurden Regierungsgebäude, Häuser entlang der Hauptstraßen und auch der Eisenbahnbahnhof, das Dynamo-Stadion in Grosny und ein Konzertsaal wiederaufgebaut.

Vor ein paar Monaten wurde auch der Flughaften Siewiernyj nördlich von Grosny eröffnet und die Flugverbindungen zwischen Moskau und der tschetschenischen Hauptstadt wieder aufgenommen. Es kommt auch zum langsamen Wiederaufbau mancher Dörfer, die während des Krieges zerstört wurden (z.B. Bamut im Westtschetschenien) und mancher Straßen und Brücken. In manchen Ortschaften in der Republik wurde auch die Versorgung mit Erdgas wieder gewährleistet. Langsam entwickeln sich der Handel und die Kleindienstleistungen.

Für die Bevölkerung ist der Wiederaufbau von Spitälern, Schulen, Kindergärten und anderen öffentlichen Gebäuden am wichtigsten.

(römisch XXXX, OBECNA SYTUACJA W CZECZENII, Mai 2007)

Kompensationszahlungen

Das Programm betreffend Kompensationszahlungen für Eigentumsverluste und Zerstörung von Häusern in der tschetschenischen Republik wurde durch das Dekret der Russischen Regierung vom 4. Juli 2003 gestartet.

Das Programm lief nur sehr langsam an, daher versuchte die Russische Regierung mit verschiedenen Änderungen in der zweiten Jahreshälfte von 2004 Verfahrensabläufe zu verbessern.

Dies wurde vor allem durch das Dekret der Russischen Regierung vom 29.7.2004 erreicht, welches als Konsequenz zu einer Beschleunigung der Abläufe und zu einer Steigerung der tatsächlichen Auszahlungen führte. Die tschetschenische Regierung hat sich wiederholt verpflichtet, bis zum Jahresende 2004 gesamt 39.000 Kompensationszahlungen zu leisten.

Die Tatsache, dass das Kompensationsprogramm einen neuen Impuls erreicht hat und etliche Zahlungen geleistet wurden, wird in Tschetschenien und dort vor allem in Grozny gerne gesehen, wenngleich durch das Programm bislang Häuser noch nicht im groß angelegten Rahmen saniert werden konnten.

Die Kompensationszahlung wird als Pauschalbetrag ausbezahlt und beträgt für ein zerstörtes Haus geschätzt 10.700 US Dollar und für verlorenes Eigentum geschätzt 1700 Dollar (gesamt somit geschätzt 12.400 US Dollar).

Die Zurverfügungstellung von Kompensationszahlungen war ein starker Antrieb für Binnenflüchtlinge wieder nach Tschetschenien zurückzukehren.

(UNHCR Information Note on the implementation of compensation for lost housing and property

to the victims of the conflict in the Chechen Republic, UNHCR Vladikavkaz, Dezember 2004.)

Obgleich - wie oben angeführt - die Kompensationszahlungen für kriegszerstörtes Eigentum zunächst nur langsam vorankamen, ist jetzt das Programm auch nach Ansicht der Menschenrechtsorganisation Memorial wirksam.

(Der Einzelentscheider-Brief, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, 12. Jahrgang, Mai 2005,

römisch XXXX)

Seit 1997 haben insgesamt 33.000 Familien Kompensationszahlungen erhalten. In Tschetschenien selbst gehen diese Zahlungen wesentlich schneller vonstatten. So gingen dort insgesamt 47.000 Anträge ein. Von diesen sind 39.000 bereits ausbezahlt worden. Nach Angaben des Föderalen Migrationsdienstes Russlands haben 170.000 Personen der Tschetschenischen Republik einen Antrag auf Kompensationszahlung für zerstörten Wohnraum gestellt.

(Memorial, Menschen aus Tschetschenien in der Russischen Föderation, Juli 2005 - Juli 2006,

Moskau 2006)

Allerdings mussten die Empfänger verschiedene Behörden mit zwischen 30 und 50 Prozent des Betrages bestechen, um den Rest zu erhalten.

Der Fall Baibatyrov und der Fall Isaakov zeigen aber, dass auch diesbezüglich die Behörden gewillt sind, Missbrauch zu ahnden:

Abubakir Baibatyrov, welcher im Jahr 2003 bis 2004 das Komitee für Kompensationszahlungen an Personen, welche ihre Häuser oder ihr Eigentum während der Kriegshandlungen verloren haben, leitete, wurde am 28. November 2005 in Moskau festgenommen und befindet sich nun in Grozny in Haft.

Er wurde wegen Amtsmissbrauchs angeklagt und wird von den Behörden verdächtigt, 15 Millionen Rubel (in etwa 520.000 US-Dollar) vom Fond unterschlagen zu haben.

Im November 2006 wurde zB auch Sultan Isaakov, Commission Secretary zuständig für Kompensationszahlungen, unter dem Vorwurf bis zu 50% der ausgezahlten Kompensationszahlungen behalten zu haben, verhaftet.

Ebenso wurden im November eine ungenannte Anzahl Funktionäre aufgrund gleichlautender Vorwürfe seitens des FSB verhaftet.

(Schweizerische Flüchtlingshilfe, "Tschetschenien" Klaus Amman, 7. November 2005, S. 14. ; Interfax : Chechen official arrested on suspicion of extorting bribes, 15.11.2006; Interfax: Officials suspected of extorting money from Chechens detained, 16.11.2006)

Eine wichtige Finanzspritze war für Tschetschenien die 2003 begonnene Auszahlung der Kompensationszahlungen für die Bewohner, für die während der Kriegshandlungen zerstörte Häuser und das verlorene Gut. Obwohl ein wesentlicher Teil dieses Geldes in die Taschen der russischen und tschetschenischen Beamten ging, regten die Auszahlungen vor allem die Entwicklung des Bauwesens an.

(römisch XXXX, OBECNA SYTUACJA W CZECZENII, Mai 2007)

Tschetschenen in der Russischen Föderation

Es gibt praktisch in allen russischen Großstädten eine große, durch Flüchtlinge noch wachsende tschetschenische Diaspora: 200.000 in Moskau (nach Angaben der tschetschenischen Vertretung in Moskau), 50.000 in der Wolgaregion.

(Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Russischen Föderation (Tschetschenien), März 2007)

Laut der offiziellen Volkszählung im Jahr 2002 leben in der ganzen Russischen Föderation 1.360.253 Tschetschenen.

(Accord-Anfragebeantwortung an das BAA, 13. September 2005)

Diskriminierungen

Diskriminierungen in Bezug auf Tschetschenen bleibt ein Problem innerhalb der ganzen Russischen Föderation.

Offensichtliche Diskriminierung, wie das Fälschen von Beweismitteln oder die Verfolgung durch die Miliz, sind seltener geworden. Subtile Formen der Diskriminierung bestehen fort.

Tschetschenen haben zB weiterhin Schwierigkeiten eine Wohnortregistrierung auf legalem Weg zu erhalten.

Fremdenfeindliche Ressentiments haben in der Bevölkerung zugenommen und richten sich insbesondere gegen Tschetschenen und andere Kaukasier, so genannte "Tschornyje". Nach der Geiselnahme 2002 in Moskau haben sich administrative Schwierigkeiten und Behördenwillkür gegenüber Tschetschenen verstärkt.

(Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Russischen Föderation, März 2007)

Ergriffene Maßnahmen

Im März 2005 kündigte Präsident Putin öffentlich an, dass der Kampf gegen Xenophobie, Anti- Semitismus und andere Formen des Extremismus aufgenommen wird.

Die Regierung hat hiefür z.B. ein spezielles Polizeikommando in St. Petersburg eingerichtet, um die Verbrechen gegen Fremde einzudämmen und Skinhead-Gruppen zu überwachen; manche Gerichte sind sich mittlerweile auch des Problems des Rassismus und Extremismus gewärtig und es ist zu diesbezüglichen Verurteilungen gekommen.

(UK-Home Office, Operational Guidance Russian Federation, 10. Oktober 2005, S. 7f.; vergleiche auch UK-Home Office, Operational Guidance Russian Federation, 14. November 2006, S. 7f.)

Bei Problemen mit Privatpersonen können die Russischen Sicherheitskräfte Schutz bieten, auch wenn die Effizienz im Einzelfall nicht immer gewährleistet ist.

(UK-Home Office, Operational Guidance Russian Federation, 14. November 2006, S. 8f.)

Der EGMR hat in einer jüngsten Entscheidung eine Klage einer Tschetschenin gegen eine Abschiebung in die Russische Föderation als unzulässig zurückgewiesen, da die Lebensumstände und Diskriminierungen von Tschetschenen in der Russischen Föderation nicht grundsätzlich von solcher Natur sind, dass sie einen Verstoß gegen Artikel 3, EMRK konstituieren.

(Application no. 39858/04; Anna Jeltsujeva vs. Niederlande, ECHR Decision, Juni 2006)

Grundsätzlich ist eine Verfolgung aller tschetschenischen Volkszugehörigkeiten in dem gesamten Staatsgebiet der Russischen Föderation nicht ersichtlich. Das vorhandene Auskunftsmaterial rechtfertigt nicht die Annahme einer solchen Gruppenverfolgung.

(Gängige Judikatur deutscher Gericht, siehe etwa Oberverwaltungsgericht des Saarlandes zu 2R 11/03 vom 06.07.2005;

Bayrischer Verwaltungsgerichtshof zu 11 B 02.31597 vom 31.01.2005;

vergleiche UBAS - Bescheid vom 1.3.2006; Zahl: 254.583/0-V/13/04; UBAS - Bescheid vom 1.3.2006; Zahl: 254.583/0-V/13/04; vergleiche auch UBAS - Bescheide vom 09.01.2007 Zl. 252.829/0-XI/33/04, UBAS - Bescheid vom 02.02.2007 Zl. 259.043/7-XVIII/59/06, UBAS - Bescheid vom 30.01.2007 Zl. 252.312/6E-XIV/39/04)

Alltägliche Diskriminierungen von Tschetschenen in der Russischen Föderation sind nicht in einem derartigen Ausmaß und Intensität vorhanden, dass von einer allgemeinen asylrelevanten Verfolgung ausgegangen werden muss.

(UK-Home Office, Operational Guidance Russian Federation, 14. November 2006, S. 8f; vergleiche auch UBAS - Bescheid vom 1.3.2006; Zahl:

254.583/0-V/13/04; vergleiche auch UBAS - Bescheide vom 09.01.2007 Zl. 252.829/0-XI/33/04, UBAS - Bescheid vom 02.02.2007 Zl. 259.043/7- XVIII/59/06, UBAS - Bescheid vom 30.01.2007 Zl. 252.312/6E-XIV/39/04)

Allgemeines zur Registrierung

Das Gesetz räumt den Bürgern das Recht ein, ihren Aufenthaltsort frei zu wählen, dennoch wenden viele regionale Regierungen das aus Sowjetzeiten stammende so genannte "Probiska"- System an - dieses ist zwar offiziell abgeschafft worden, faktisch wird es jedoch weiterhin angewendet.

Korruption im Zusammenhang mit dem Registrierungsverfahren ist nach wie vor ein Problem, wenngleich die Gebühr für eine dauerhafte oder temporäre Registrierung nach wie vor niedrig ist.

(US Department of State (USDOS), Russia-Country Reports of Human Rights Practices - 2005, Released by the Bureau of Democracy, Human Rights, an Labor, 8. März 2006)

Registrierung von Tschetschenen

Eine nicht öffentliche Vorschrift, die Registrierung von Tschetschenen nur begrenzt zu erteilen, gilt in allen Regionen Russlands. Besonders rigoros findet diese Vorschrift in der Region Moskau, dem Gebiet Krasnodar und Kabardino-Balkarien Anwendung.

In jüngster Zeit werden Registrierungen seltener verweigert, die Registrierungsgebühren wurden jedoch erhöht. In Karabulak kostet eine zeitlich begrenzte Registrierung 250 Rubel (7,5 Euro). Allerdings muss diese Registrierung alle 6 Monate erneuert werden.

(Memorial, Menschen aus Tschetschenien in der Russischen Föderation, Juli 2005 - Juli 2006)

Tschetschenen leben außerhalb Tschetscheniens und Inguschetiens neben Moskau vor allem in Südrussland. Dort ist eine Registrierung auch grundsätzlich leichter möglich als in Moskau, unter anderem weil der grundsätzlich als Registrierungsvoraussetzung notwendige Wohnraum (als Eigentümer oder Mieter) dort finanziell erheblich günstiger ist als in Moskau, wo die Preise auf dem freien Wohnungsmarkt ausgesprochen hoch sind.

Eine Registrierung ist für Tschetschenen auch in anderen Landesteilen mitunter erst nach Intervention von Nichtregierungsorganisationen, Duma-Abgeordneten oder anderen einflussreichen Persönlichkeiten bzw. fast immer durch das Bezahlen von Bestechungsgeldern, möglich.

(Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl-, und abschiebungsrelevante Lage in der Russischen Föderation (Tschetschenien), März 2007)

Die Tatsache, dass es in verschiedenen Gegenden der Russischen Föderation große tschetschenische Diasporen gibt, kann die Möglichkeiten einer Registrierung und Lebensgrundlage eröffnen, zumal die Unterstützung durch Familie und Teip traditionell stark ausgeprägt ist.

In großen Städten (z.B. in Moskau und in St. Petersburg) wird der Zuzug von Personen jeglicher Volkszugehörigkeit erschwert. Diese Zuzugsbeschränkungen gelten unabhängig von der Volkszugehörigkeit, wirken sich jedoch im Zusammenhang mit anti-kaukasischer Stimmung stark auf die Möglichkeit rückgeführter Tschetschenen aus, sich legal dort niederzulassen.

(Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Russischen Föderation, März 2007)

Nichtregistrierte Tschetschenen können allenfalls in der tschetschenischen Diaspora innerhalb Russlands untertauchen und dort überleben.

Wie ihre Lebensverhältnisse sind, hängt insbesondere davon ab, ob sie über Geld, Familienanschluss, Ausbildung und russische Sprachkenntnisse verfügen.

(Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Russischen Föderation (Tschetschenien), März 2007)

Rechtsschutz bei Registrierungsverweigerung

Gegen die Verweigerung der Registrierung kann vor Gericht Klage erhoben werden: In zahlreichen Gebieten der Russischen Föderation existieren verschiedenste Hilfsorganisationen, an welche sich tschetschenische Bürger um Hilfe in Bezug auf Registrierung, kostenlose Rechtsberatung, Vertretung vor Gericht etc. wenden können.

(Accord-Anfragebeantwortung an das BAA, 13. September 2005, S. 6-27.)

In allen Fällen, in welchen das "Komitee Bürgerbeteiligung" oder das Netzwerk "Migration und Recht" des Menschenrechtszentrums Memorial bezüglich Registrierungsverweigerung eingeschalten wurde, konnte die gewünschte Registrierung binnen 1-6 Monaten erreicht werden. Darüber hinaus wandte sich das Komitee "Bürgerbeteiligung" in einem Fall auch direkt an das Innenministerium und den FSB, an einen lokalen Staatsanwalt und konnten so die Registrierung betreffender Tschetschenen erreichen. Durch personelle Engpässe konnten jedoch nicht in allen Fällen Interventionen durchgeführt werden.

(Memorial. Jahresbericht 2005, 09.2006)

UNCHR betreibt 11 Rechtberatungszentren in Tschetschenien, Inguschetien und Dagestan. Im Jahr 2007 wurde insgesamt bis jetzt in 4305 Fällen Rechtberatung geleistet. Die meisten Fälle betrafen Wohungsangelegenheiten und Kompensation für materielle und moralische Schäden. 3955 Fälle wurde seitens der Anwälte vor Behörden, 2695 Fälle wurden seitens der Anwälte vor erstinstanzliche Gerichte, 164 vor zweitinstanzliche Gerichte/Höchstgerichte getragen.

(UNHCR - OCHA, Information Bulletin August 2007; UNHCR - OCHA, Information Bulletin Februar 2007 - August 2007)

Ausreise aus Tschetschenien

Es ist grundsätzlich möglich, von und nach Tschetschenien ein- und auszureisen und sich innerhalb der Republik zu bewegen. An den Grenzen zu den russischen Nachbarrepubliken befinden sich jedoch nach wie vor - wenn auch in stark verringerter Zahl - Kontrollposten der föderalen Truppen oder der sog "Kadyrowzy", die gewöhnlich eine "Ein- bzw. Ausreisegebühr" erheben. Sie beträgt für Bewohner Tschetscheniens in der Regel 10 Rubel, also ungefähr 30 Cent; für Auswärtige - auch Tschetschenen - liegt sie höher, z.B. an der inguschetisch-tschetschenischen Grenze bei 50 - 100 Rubel, etwa 1,50 - 3 Euro.

(Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Russischen Föderation, August 2006)

Bei fehlendem politischen Einsatz für die tschetschenischen Rebellen und bei Fehlen von Hinweisen auf eine (drohende) gezielte individuelle Verfolgung durch russische Staatsorgane aus diesem Grund gegen den Einzelnen kann eine innerstaatliche Fluchtalternative in anderen Teilen der Russischen Föderation auch für ethnische Tschetschenen vorliegen. Eine derartige Fluchtalternative kann aber jedenfalls nicht bloß aufgrund der Volksgruppenzugehörigkeit ausgeschlossen werden. Mögliche praktische Schwierigkeiten bei der Registrierung können oftmals überwunden werden. Davon, dass jedem der in die Russische Föderation abgeschoben wird, Gefahr für Leib und Leben drohen, kann nicht die Rede sein.

(US Department of State (USDOS), Russia-Country Reports of Human Rights Practices - 2005, Released by the Bureau of Democracy, Human Rights, an Labor, 8. März 2006; vergleiche auch UBAS vom 02.02.2007 Zl. 259.043/7-XVIII/59/06)

Für Personen von ethnischen Minderheiten, die nicht direkt von russischen Sicherheitskräften gesucht werden, ist es trotz aller Probleme nicht unverhältnismäßig schwierig, sich in anderen Teilen der Russischen Föderation niederzulassen. Somit besteht oftmals eine innerstaatliche Fluchtalternative.

(UK Home Office, Operational Guidance Note, 14. November 2006)

Das offiziell abgeschaffte Propiska System wird in vielen Teilen der Russischen Föderation weiterhin praktiziert. Gleichwohl wirken sich Probleme in Zusammenhang mit der Registrierung besonders zur Lasten der Tschetschenen aus. Dennoch ist es einem Tschetschenen selbst in anderen Teilen der Russischen Föderation, wenn auch nach Überwindung einiger Hürden, in der Regel möglich, sich behördlich registrieren zu lassen.

(Gängige Judikatur deutscher und Schweizer Gerichte, siehe etwa Oberverwaltungsgericht NRW, 11 A 2307/03 vom 14.07.2005, Bayrischer Verwaltungsgerichtshof zu 11 B 02.31597 vom 31.01.2005; Hessischer Verwaltungsgerichtshof zu 3 UE 3021/03.A vom 02.02.2006; Schweizer Asylrekurskommission, EMARK 2005 Nr. 17 vom 14.06.2005)

Russische Föderation

Die Russische Föderation erstreckt sich über eine Fläche von ca. 17 Millionen km². Die Hauptstadt ist Moskau. Die Russische Föderation ist ein Vielvölkerstaat mit ca. 100 verschiedenen Völkern. Mit 79.8 % der ca. 144 Millionen Einwohner stellen Russen die Bevölkerungsmehrheit dar. Mehr als die Hälfte bezeichnen sich selbst als Russisch Orthodox. 14 - 20 Millionen gehören der moslemischen Glaubensgemeinschaft an und stellen mit 14% die größte religiöse Minderheit dar.

Moskau mit ca. 10 Millionen Einwohnern ist die größte Stadt, gefolgt von St. Petersburg mit ca. 4.5 Millionen Einwohnern.

Artikel 65 der Verfassung Russlands nennt die 88 Subjekte, aus denen die Russische Föderation besteht: 21 Republiken, 7 Regionen, 49 Gebiete, 2 Städte föderalen Ranges (Moskau und Sankt Petersburg), 1 Autonomes Gebiet und 9 Autonome Bezirke.

Im Jahr 2000 schuf Präsident Putin per Dekret sieben Föderationskreise, welche jeweils mehrere Föderationssubjekte zu einer größeren Einheit zusammenfassen. Ziel dieser Reform war die Stärkung der Vertikalen der Macht und eine Verschärfung der Kontrolle über die regionalen Machthaber.

(Auswärtiges Amt, Russische Föderation, Russische Föderation, Stand Februar 2007, www.auswaertiges-amt.de Zugriff am 30.05.2007)

(BBC, Country profiles, Russia, Stand 19.05.2007)

Russland hat seit Anfang der 90er Jahre erhebliche Fortschritte in der demokratischen Entwicklung gemacht. Die im Dezember 1993 angenommene Verfassung der Russischen Föderation orientiert sich an westlichen Vorbildern. Allerdings besteht eine große Kluft zwischen den Verfassungsgarantien und der Verfassungswirklichkeit. Dies wird auch von offizieller Seite eingeräumt.

Die Russische Föderation ist eine Präsidialrepublik, mit einem Mehrparteiensystem, einem starken Präsidenten, einem Premierminister als Vorsitzenden der Regierung und einer 2-Kammern Legislative. Der derzeitige Premierminister ist Michail Fradkow. Die Pro - Putin Partei Vereinigtes Russland kontrolliert mehr als 2/3 der Duma.

(Auswärtiges Amt, Russische Föderation, Russische Föderation, Stand Februar 2007, www.auswaertiges-amt.de Zugriff am 30.05.2007)

(USDOS Country Reports on Human Rights Practices - 2006, March 6, 2007)

Der derzeitige Präsident Vladimir Putin wurde im März 2004 wiedergewählt, wobei der Wahlverlauf seitens der OSZE insbesondere wegen dem Ungleichgewicht hinsichtlich der Zugänglichkeit zu den Medien kritisiert wurde.

2005 wurde eine Reihe von Gesetzen verabschiedet die vor allem die Position von Präsident Putin stärkten. So gibt es nunmehr unter anderem keine direkte Gouverneurswahl mehr.

Putin hat die (seit 1996) direkten Gouverneurswahlen landesweit wieder abgeschafft. Der Präsident schlägt nunmehr den Kandidaten für ein Gouverneursamt vor; dieser Vorschlag unterliegt der Bestätigung durch das jeweilige Regionalparlament. Erfolgt die Bestätigung bis zur dritten Lesung nicht, hat der Präsident das Recht, das Regionalparlament aufzulösen. Seit Januar 2006 kann die bei Regionalwahlen stärkste Partei dem Präsidenten einen (unverbindlichen) Personalvorschlag für das Gouverneursamt unterbreiten.

(Auswärtiges Amt, Russische Föderation, Russische Föderation, Innenpolitik, Stand Februar 2007, www.auswaertiges-amt.de Zugriff am 30.05.2007)

(BBC, Country profiles, Russia, Stand 19.05.2007)

Die Betätigungsmöglichkeiten für die politische Opposition sind formal gewährleistet, sie werden jedoch zunehmend durch die schrittweise Verschärfung des Wahl- und Parteiengesetztes sowie durch die wachsende Machtkonzentration in der föderalen Exekutive erschwert. Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit, Meinungs- und Pressefreiheit sind verfassungsrechtlich garantiert, durch Gesetzgebung und Exekutive jedoch zahlreichen Einschränkungen unterworfen- Außerhalb der großen Ballungszentren Moskau und St. Petersburg findet sich wenig oppositionelle Presse.

(Auswärtiges Amt, Russische Föderation, Russische Föderation, Innenpolitik, Stand Februar 2007, www.auswaertiges-amt.de Zugriff am 30.05.2007)

Menschenrechte

Die Verfassung garantiert gleiche Rechte und Freiheiten unabhängig von Rasse, Nationalität, Sprache und Herkunft (Artikel 19,, 2) und verbietet Propaganda und Schürungen von nationalen oder ethnischem Hass (Artikel ,, 2). Entsprechend bemühen sich Zentralregierung und insbesondere der Präsident selbst, zumindest in programmatischen Dokumenten und Äußerungen, um eine ausgleichende Nationalitäten- und Minderheitenpolitik.

(USDOS Country Reports on Human Rights Practices - 2006, March 6, 2007)

(Auswärtiges Amt Bericht über die Lage in der Russischen Föderation, 17.03.2007)

Eine nach ethnischer oder sprachlicher Zugehörigkeit diskriminierende Gesetzgebung gibt es nicht. In der Praxis sind jedoch vor allem kaukasische und mittelasiatische Minderheiten benachteiligenden Praktiken und Willkür von Seiten der Behörden und Sicherheitskräften ausgesetzt. Der andauernde Tschetschenienkonflikt verstärkt diese Tendenzen. Insbesondere auch für neu hinzuziehende tschetschenische Binnenflüchtlinge.

(USDOS Country Reports on Human Rights Practices - 2006, March 6, 2007)

Die rechtlichen Grundlagen für den Menschenrechtsschutz haben sich seit den 90er Jahren einerseits erheblich verbessert. Die Umsetzung vieler rechtlicher Normen lässt andererseits weiterhin zu wünschen übrig.

(Auswärtiges Amt Bericht über die Lage in der Russischen Föderation, 17.03.2007)

Minderheitenrechte sind in der Praxis gewährleistet. Die Verfassung garantiert die Gleichberechtigung und Verbietet Diskriminierung aufgrund ethnischer Zugehörigkeit. Dennoch gibt es staatliche und nichtsstaatliche Diskriminierungen insbesondere von Roma, Menschen aus dem Kaukasus und Zentralasien, sowie "dunkelhäutiger" Menschen.

(USDOS Country Reports on Human Rights Practices - 2006, March 6, 2007)

(Auswärtiges Amt Bericht über die Lage in der Russischen Föderation, 17.03.2007)

Im März 2005 kündigte Präsident Putin öffentlich an, dass der Kampf gegen Xenophobie, Anti-Semitismus und andere Formen des Extremismus aufgenommen wird.

(Auswärtiges Amt Bericht über die Lage in der Russischen Föderation, 15.02.2006)

Menschenrechtsgruppen berichteten jedoch von mehr als hundert rassistisch motivierten Angriffen im letzten Jahr (36 Morde und 286 Körperverletzungen). Die Verbrechen wurden verfolgt meist wurde jedoch der rassische Hintergrund als Rowdytum bezeichnet. Jedoch gibt es Anzeichen, dass die Behörden bereit sind auch rassische, ethnische und oder religiöse Motive als Tatmotiv zu akzeptieren. Im letzten Jahr zeigten die Behörden steigende Präsenz. 109 Personen wurden wegen ethnisch motivierten Verbrechen verurteilt.

(Human Rights Watch, Country Summary Russia 2007, Mai 2007)

(USDOS Country Reports on Human Rights Practices - 2006, March 6, 2007)

(Amnesty International, Report 2007, Russian Federation, http://thereport.amnesty.org Zugriff am 30.05.2007)

Skinhead Aktivitäten bleiben jedoch auch weiterhin ein Problem. Gemäß den Angaben des Innenministeriums der Russischen Föderation haben neufaschistische Bewegungen ca zwischen 15,000 - 20,000 Mitgliedern, von welchen schätzungsweise 5,000 in Moskau leben.

(USDOS Country Reports on Human Rights Practices - 2006, March 6, 2007)

Religion

Die Russische Föderation ist ein multinationaler und multikonfessioneller Staat. Artikel 28, der Verfassung garantiert Gewissens- und Glaubensfreiheit. Orthodoxie, Islam, Buddhismus und Judentum haben dabei eine herausgehobene Stellung.

(Auswärtiges Amt Bericht über die Lage in der Russischen Föderation, 17.03.2007)

Die Religionsfreiheit ist in der Praxis zumeist gewährleistet. Die Russisch Orthodoxe Kirche baut jedoch ihre Dominanz gegenüber anderen christlichen Konfessionen aus.

Die Russisch-Orthodoxe Kirche erhebt einen Monopolanspruch auf alle christlichen Gläubigen russischer Nationalität. Sie wird vom Staat bevorzugt behandelt, der freilich die verfassungsmäßige Stellung der anderen Glaubensgemeinschaften achtet. Im Verhältnis der orthodoxen zur katholischen Kirche bestehen zwar weiter erhebliche Differenzen (u.a. ist der Vorwurf des Proselytismus nicht ausgeräumt). Dennoch gibt es in letzter Zeit deutliche Zeichen für eine weitere Annäherung beider Kirchen, die nach eigenen Aussagen nicht zuletzt gemeinsame Wert- und Moralvorstellungen miteinander verbindet.

(Auswärtiges Amt Bericht über die Lage in der Russischen Föderation, 17.03.2007)

(USDOS International Religious Freedom Report 2006, Sept.2006)

Beschränkungen gibt es jedoch im Hinblick auf "nichttraditionelle" Glaubensgemeinschaften.

USDOS berichtete in seinem Bericht, dass in der Folge eines Urteiles eines Moskauer Gerichtes vielen lokalen Gemeinschaften die Mietverträge für ihre Räumlichkeiten gekündigt wurden oder von der Kündigung bedroht sind.

(USDOS International Religious Freedom Report 2006, Sept.2006)

Justiz

Das Gesetzt sieht die Unabhängigkeit der Justiz vor, und in etlichen Fällen konnte die Justiz ihre Unabhängigkeit auch unter Beweis stellen. Dennoch wird hat die Justiz nicht immer als notwendiges Gegengewicht zu anderen staatlichen Stellen agiert habe.

(USDOS Country Reports on Human Rights Practices - 2006, March 6, 2007)

Auch wenn die Strafprozessreform aus den Jahren 2002 und 2004 die Stellung der Richter deutlich gestärkt hat, bleibt in der Praxis die Macht der Staatsanwaltschaft beträchtlich. Die Gerichte sind nicht wirklich unabhängig, das Vertrauen der Bevölkerung in die Richter und Justizbehörden ist gering. Vertrauensanwälte der Deutschen Botschaft in Moskau beklagen, dass vor allem in der Provinz die Mehrzahl der Strafprozesse durch Politik, Interessengruppen und Prozessparteien unzulässig beeinflusst würden

(Auswärtiges Amt Bericht über die Lage in der Russischen Föderation, 17.03.2007)

Das Gesetzt sieht eine richterliche Genehmigung von Verhaftungen, Haftbefehlen, Beschlagnahmungen und ähnlichem vor. Geständnisse ohne Anwesenheit eines Anwaltes wurden von Gerichten als unzulässig zurückgewiesen. Ebenso wurden Beschuldigte auf freien Fuß gesetzt, wenn deren Untersuchungshaft die gesetzlichen Voraussetzungen nicht erfüllte.

(USDOS Country Reports on Human Rights Practices - 2006, March 6, 2007)

Die Regierung ist bemüht, die Missstände im Justizsystem durch eine umfassende Justiz und Rechtsreform zu beheben (bisher u.a. neue Straf- und Zivilprozessordnungen, Reform des Strafgesetzbuches).

(Auswärtiges Amt Bericht über die Lage in der Russischen Föderation, 17.03.2007)

Obwohl in der Verfassung untersagt, kommt es vor allem in Krisengebieten immer wieder zur Anwendung von Folter und unmenschlicher Behandlung beim Vorgehen von Polizei und Sicherheitskräften. Artikel 20, Punkt 2 der Verfassung sieht die Todesstrafe bei besonders schweren Verbrechen vor. Das 1996 erlassene Anwendungsmoratorium des Präsidenten besteht jedoch fort. Außerdem hat das Verfassungsgericht die Verhängung von Todesurteilen bis zur Einführung von Geschworenengerichten im ganzen Land (für 2007 vorgesehen) untersagt.

Die Situation im Strafvollzug ist trotz einiger Fortschritte immer noch Besorgnis erregend. Nachdem sich die Zahl der Häftlinge in russischen Gefängnissen (einschließlich Untersuchungshaftanstalten und Arbeitslagern) von 1997 bis Ende Dezember 2004 um ca. ein Drittel auf 700.000 verringert hatte, stieg sie nach offiziellen Angaben bis Ende Dezember 2006 wieder auf rund 872.000 an. Das Justizministerium begründet dies damit, dass in den Jahren 2003/2004 besonders viele Gefangene vorzeitig entlassen worden seien, weil man Verurteilungen aus früheren Jahren überprüft und für unverhältnismäßig hart angesehen habe. Seitdem habe es weniger derartig motivierte Entlassungen gegeben. Die Zahl der Untersuchungshäftlinge (01.11.2006: etwa 162.000) ist deutlich niedriger als in den neunziger Jahren, doch wird selbst von den Behörden eingeräumt, dass die Untersuchungsgefängnisse immer noch überfüllt seien. Zudem ziehe sich die Untersuchungshaft auch unter der neuen (seit Juli 2002 geltenden) Strafprozessordnung vielfach unerträglich lange hin. Positiv ist hingegen, dass Russland zum 01.01.2006 seine Verpflichtung gegenüber dem Europarat erfüllt hat, die Gefängnisse des Inlandsgeheimdienstes FSB dem Justizministerium zu unterstellen. Die Lage in den Haftanstalten und die Bedingungen des Strafvollzugs bleiben unbefriedigend. Die meisten Strafanstalten sind veraltet und überbelegt. Die Unterbringung der Häftlinge ist häufig sehr schlecht.

(Auswärtiges Amt Bericht über die Lage in der Russischen Föderation, 17.03.2007)

Grundversorgung

Das noch aus der Sowjetzeit stammende Gesundheitssystem ist ineffektiv. Trotz der 2006 im Gesundheitssektor um 37% gestiegenen Löhne und Gehälter sind die Einkommen der Ärzte und des medizinischen Hilfspersonals noch immer vergleichsweise niedrig und demotivieren. Dies hat zu einem System der faktischen Zuzahlung durch die Patienten geführt. Die 2005 vorgenommene Umstellung von kostenreduzierter, bzw. kostenfreier Bereitstellung gesundheitsbezogener Dienst- und Sachleistungen (kostenlose Arzneien und ärztliche Behandlung) auf individuelle Geldzahlungen bereitet noch immer erhebliche Probleme. Bezugsberechtigte Bevölkerungsgruppen (u. a. Rentner, Kriegsveteranen, "Helden der Arbeit", aber auch Milizionäre) denen weiterhin kostenreduzierte und -freie Dienst- bzw. Sachleistungen gewährt werden, sind immer wieder von Versorgungsengpässen betroffen.

(Auswärtiges Amt, Russische Föderation, Russische Föderation, Innenpolitik, Stand Februar 2007, www.auswaertiges-amt.de Zugriff am 30.05.2007)

Die medizinische Grundversorgung in Russland ist theoretisch grundsätzlich ausreichend, zumindest in den Großstädten wie Moskau und St. Petersburg sind auch das Know-how und die technischen Möglichkeiten für einige anspruchsvollere Behandlungen gegeben. Das erste Arztgespräch mit zuständigem Hausarzt findet im Rahmen der Pflichtkrankenversicherung. Im Falle einer Operationsindikation wird der Patient zur ambulanten Konsultation ins nächste Fachzentrum oder in die Fachabteilung eines Bezirkskrankenhauses überwiesen. Auf Grund der Überweisung des Hausarztes wird der Patient vom Facharzt untersucht und im Falle der Operationsindikation zur stationären Behandlung überwiesen.

Die Zahl der AIDS- und Tuberkulose-Kranken in Russland nahm in den letzten zwei Jahren weniger stark zu als zuvor. Sie hat sich auf einem relativ hohen Niveau stabilisiert. Nach Angaben des Föderalen Zentrums für AIDS-Prävention wurden bisher 362.000 HIVInfizierte (Stand: Dezember 2006) registriert; mehr als 10.000 Menschen seien bisher an AIDS gestorben. Im Staatshaushalt sind in den Jahren 2006/2007 erstmals ca. 7,7 Milliarden Rubel (rund 225 Mio. Euro) für die AIDS-Bekämpfung vorgesehen. Es gibt etwa 15 zugelassene AIDS-Präparate (weltweit sind ca. 30 Präparate gebräuchlich). Die Behandlungskosten belaufen sich für eine Person auf durchschnittlich ca. 3.000 Euro pro Jahr. Das Büro von UN-AIDS in Moskau stellt zahlreiche Fälle von Diskriminierung und unzureichender medizinischer Versorgung fest. Bei einem 2006 verabschiedeten Nationalen Gesundheitsprojekt wird neben dem Kampf gegen AIDS auch der Prophylaxe gegen Hepatitis besondere Priorität eingeräumt, da man von etwa acht Millionen Hepatitis-B- und drei bis vier Millionen Hepatitis-C-Kranken in Russland ausgeht. Neben einem bis 2008 angelegten Impfprogramm, das 25 Millionen Menschen erfassen soll, ist nunmehr auch die kostenlose Impfung gegen Hepatitis im allgemeinen Impfkalender für Kinder und Jugendliche vorgesehen. Die Notfallversorgung über die "Schnelle Hilfe" (Telefonnummer 03) ist gewährleistet. Die sog. Notfall-Krankenhäuser bieten einen medizinischen Grundstandard, medizinische Spitzenleistungen für akute Notfälle sind eher unwahrscheinlich.

(Auswärtiges Amt Bericht über die Lage in der Russischen Föderation, 17.03.2007)

Die World Health Organisation gibt in ihrem Bericht an, dass psychiatrische Behandlungen vom Staat finanziert würden, aber nicht von der verpflichtenden staatlichen Versicherung erfasst seien. Psychiatrische Institutionen würden auch auf lokaler Ebene finanziert. Medikamente für geistig Behinderte, für Patienten in den Spitälern und für Schizophrenie- und Epilepsie-Patienten seien kostenlos, allerdings umfasse die Liste an kostenlosen Medikamenten für ambulante Patienten nur die billigen Medikamente. Geistig Behinderte könnten eine Schwerbeschädigtenrente bekommen.

Im Rahmen des russischen Gesundheitsministeriums gibt es 278 Mental - Spitäler, 164 psychoneurologische Ambulatorien, 2010 psychoneurologische Beratungsräume in ländlichen Gebieten und 117 psychotherapeutische Räume.

Es sind laut WHO darüber hinaus etwa 10 NGO-s aktiv, die mit psychischen Erkrankungen arbeiten. Ihre Tätigkeitsfelder umfassen Interessenvertretung, Lobbying, Prävention und Rehabilitierung.

(World Health Organisation, Mental Health Atlas 2005)

Auf Weisung des Föderalen Gesundheitsministeriums müssen Aids-, Syphilis- und Hepatitis-Kranke obligatorisch behandelt werden. In der ganzen Russischen Föderation (mit Ausnahme Tschetscheniens) wird Hepatitis-Kranken eine Invalidenrente bezahlt.

(SFH November 2005, 16.08.2006)

Allgemein ist zu sagen, dass in der Russischen Föderation psychologische Hilfe weder im Rahmen der Pflichtkrankenversicherung noch im Rahmen der Zusatzkrankenversicherung vorgesehen ist und wird durch Psychologen nur auf kommerzieller Basis bzw. in Selbsthilfegruppen mir der Unterstützung von privaten und Internationalen Hilfeorganisationen geleistet.

(Medizinische Gutachten, römisch XXXX, 11.03.2006)

Die TB Kontrollstrategie wurde in 85 von 88 Regionen im Jahre 2006 eingeführt, die Infrastruktur der TB Labor gestärkt, ein nationales Trainingsprogramm eingerichtet, um TB Ärzte landesweit zu schulen, und die TB Kontrolle in Gefängnisse wurde verbessert

(World Health Organisation, WHO Report 2007, Russian Federation http://globalatlas.who.int Zugriff am 30.05.2007)

Soziale Lage

Trotz hoher Einkommensunterschiede scheint die soziale Lage stabil. Niemand erwartet soziale Unruhen, auch wenn Millionen Menschen im Land unter dem Existenzminimum leben. Diese Zahl ist 2006 wieder leicht auf 16% gestiegen, da die Erhöhung der niedrigsten Einkommen die Preissteigerung nicht ausgleichen konnte. Eine relativ niedrige Arbeitslosenquote (7,2% im Jahr 2006, 7,1% im Januar 2007) und zuletzt deutlich gestiegene Einkommen (monatliches Durchschnittsgehalt Dezember 2006 = 14354 Rubel, cirka 413 Euro) signalisieren eine Verbesserung der sozialen Lage. Die Lebenserwartung ist nach wie vor ziemlich gering und für Männer sehr viel niedriger als für Frauen (bei Männern nur 58,9 Jahre, 72,4 Jahre bei Frauen). Das Renteneintrittsalter liegt für Frauen bei 55 Jahren, für Männer bei 60 Jahren. Die russische Bevölkerung ging 2006 um 0,34% auf 142,8 Mio. Einwohner zurück.

(Auswärtiges Amt, Russische Föderation, Russische Föderation, Innenpolitik, Stand Februar 2007, www.auswaertiges-amt.de Zugriff am 30.05.2007)

Rückführung

Bei durchgeführten Repatriierungen keine Probleme aufgetreten. Das Gesetzt erlaubt allen Staatsbürgern die Emigration. Es wurde jedoch berichtet, dass in einigen Fällen in denen den betreffenden Personen Asyl in anderen Staaten gewährt wurde, logistische Schwierigkeiten bei der Erlangung der Ausreisegenehmigung aufgetreten seinen.

Im Allgemeinen ist jedoch von keiner Gefährdung des Repatriierten auszugehen.

(USDOS Country Reports on Human Rights Practices - 2006, March 6, 2007)

(Auswärtiges Amt Bericht über die Lage in der Russischen Föderation, 17.03.2007)

Zu Spruchpunkt römisch eins. wurde ausgeführt, dass sich weder aus dem Vorbringen der Beschwerdeführerin noch aus dem Amtswissen im gesamten russischen Staatsgebiet asylrelevante Verfolgung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit ableiten ließe. Anhaltspunkte für eine unmittelbare oder mittelbare Gruppenverfolgung lägen nicht vor. Auch aus den Verfahren der Familienmitglieder ergebe sich derartiges nicht.

Zu Spruchpunkt römisch II. und römisch III. wurde dargelegt, dass der Beschwerdeführerin im Rahmen der Bestimmung des Paragraph 34, AsylG auf Grund der Zuerkennung von subsidiärem Schutz an den Vater der Beschwerdeführerin ebenfalls subsidiärer Schutz zu gewähren war.

Gegen Spruchpunkt römisch eins. dieses Bescheides wurde innerhalb offener Frist Beschwerde erhoben und ausgeführt, dass die Entscheidung betreffend die Mutter der Beschwerdeführerin mangelhaft gewesen sei. In inhaltlicher Hinsicht beziehe sie sich auf die Berufung ihrer Mutter und schließe sich den darin vorgebrachten Gründen an. Ein eigenes Vorbringen für die Beschwerdeführerin wurde jedoch nicht erstattet.

Im Zuge der Verhandlung beim Asylgerichtshof am 27.07.2010 brachte die Mutter der Beschwerdeführerin weiterhin keine eigenen Fluchtgründe für die Beschwerdeführerin vor.

römisch II. Der Asylgerichtshof hat dazu erwogen:

Folgender nachstehende entscheidungswesentliche Sachverhalt steht als erwiesen fest:

1. Zur Person:

Die minderjährige Beschwerdeführerin, eine Staatsangehörige der Russischen Föderation und der tschetschenischen Volksgruppe wurde am römisch XXXX in römisch XXXX geboren und brachte am 20.07.2006 durch ihre gesetzliche Vertreterin beim Bundesasylamt einen Antrag auf internationalen Schutz ein. Die Mutter der Beschwerdeführerin hat für diese keine eigenen Asylgründe vorgebracht. Der Grund für die Antragstellung lag im Umstand, dass der Zusammenhalt der Kernfamilie gewahrt bleiben sollte. Dem Vater der Beschwerdeführerin kommt subsidiärer Schutz zu.

Nicht festgestellt werden kann, dass der beschwerdeführenden Partei im Herkunftsstaat asylrelevante Verfolgung droht.

2. Russische Föderation, Tschetschenien:

Diesbezüglich wird auf die entsprechenden Feststellungen unter Punkt römisch eins. verwiesen.

römisch III. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zu Tschetschenien bzw. der Russischen Föderation sind dem angefochtenen Bescheid entnommen und hat die gesetzliche Vertreterin dazu keine substantiierte Stellungnahme abgegeben.

Das Vorbringen der Beschwerdeführerin wird wie folgt gewürdigt:

Das Vorbringen eines Asylwerbers ist dann glaubhaft, wenn es vier Grunderfordernisse erfüllt (diesbezüglich ist auf die Materialien zum Asylgesetz 1991 [RV270 Blg Nr römisch XVIII GP; AB 328 Blg Nr römisch XVIII GP] zu verweisen, die wiederum der VwGH-Judikatur entnommen wurden).

1. Das Vorbringen des Asylwerbers ist genügend substantiiert. Dieses Erfordernis ist insbesondere dann nicht erfüllt, wenn der Asylwerber den Sachverhalt sehr vage schildert oder sich auf Gemeinplätze beschränkt, nicht aber in der Lage ist, konkrete und detaillierte Angaben über seine Erlebnisse zu machen.

2. Das Vorbringen muss, um als glaubhaft zu gelten, in sich schlüssig sein. Der Asylwerber darf sich nicht in wesentlichen Aussagen widersprechen.

3. Das Vorbringen muss plausibel sein, d.h. mit den Tatsachen oder der allgemeinen Erfahrung übereinstimmen. Diese Voraussetzung ist u.

a. dann nicht erfüllt, wenn die Darlegungen mit den allgemeinen Verhältnissen im Heimatland nicht zu vereinbaren sind oder sonst unmöglich erscheinen und

4. der Asylwerber muss persönlich glaubwürdig sein. Das wird dann nicht der Fall sein, wenn sein Vorbringen auf gefälschte oder verfälschte Beweismittel abgestützt ist, aber auch dann, wenn er wichtige Tatsachen verheimlicht oder bewusst falsch darstellt, im Laufe des Verfahrens das Vorbringen auswechselt oder unbegründet einsilbig und verspätet erstattet oder mangelndes Interesse am Verfahrensablauf zeigt und die nötige Mitwirkung verweigert.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in zahlreichen Erkenntnissen betont, wie wichtig der persönliche Eindruck, den das zur Entscheidung berufene Mitglied der Berufungsbehörde im Rahmen der Berufungsverhandlung von dem Berufungswerber gewinnt, ist (siehe z. B. VwGH vom 24.06.1999, 98/20/0435, VwGH vom 20.05.1999, 98/20/0505, u. v.a.m.).

Die gesetzliche Vertreterin hat für die Beschwerdeführerin keine individuellen Fluchtgründe geltend gemacht.

römisch IV. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß Paragraph 75, Absatz 7, Ziffer 2, AsylG sind beim Unabhängigen Bundesasylsenat am 01.07.2008 anhängige Verfahren in denen bis zu diesem Zeitpunkt keine mündliche Verhandlung stattgefunden hat, von dem nach der Geschäftsverteilung zuständigen Senat des Asylgerichtshof weiterzuführen.

Gemäß Paragraph 66, Absatz 4, AVG hat die Berufungsbehörde, sofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.

Gemäß Paragraph 3, Absatz eins, AsylG hat die Behörde Asylwerbern auf Antrag mit Bescheid Asyl zu gewähren, wenn glaubhaft ist, dass ihnen im Herkunftsstaat Verfolgung (Artikel eins,, Abschnitt A, Ziffer 2, der Genfer Flüchtlingskonvention) droht und keiner der in Artikel eins, Abschnitt C oder F der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Endigungs- oder Ausschlussgründe vorliegt.

Flüchtling im Sinne des Asylgesetzes ist, wer aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, sich außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

Zentrales Element des Flüchtlingsbegriffs ist die "wohlbegründete Furcht vor Verfolgung".

Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist vergleiche zB. VwGH 22.12.1999, 99/01/0334; 21.12.2000, 2000/01/0131; 25.1.2001, 2001/20/0011). Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation (aus Konventionsgründen) fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht. (VwGH 21.12.2000, 2000/01/0131; 25.1.2001, 2001/20/0011).

Für eine "wohlbegründete Furcht vor Verfolgung" ist es nicht erforderlich, dass bereits Verfolgungshandlungen gesetzt worden sind; sie ist vielmehr bereits dann anzunehmen, wenn solche Handlungen zu befürchten sind (VwGH 26.2.1997, 95/01/0454, 09.04.1997, Zl. 95/01/055), denn die Verfolgungsgefahr - Bezugspunkt der Furcht vor Verfolgung - bezieht sich nicht auf vergangene Ereignisse vergleiche VwGH 18.4.1996, 95/20/0239; 16.02.2000, Zl. 99/01/0397), sondern erfordert eine Prognose. Verfolgungshandlungen die in der Vergangenheit gesetzt worden sind, können im Rahmen dieser Prognose ein wesentliches Indiz für eine Verfolgungsgefahr sein vergleiche VwGH 09.03.1999, 98/01/0318).

Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in einem der Gründe haben, welche Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, GFK nennt (VwGH 09.09.1993, 93/01/0284; 15.03.2001, 99/20/0128); sie muss Ursache dafür sein, dass sich der Asylwerber außerhalb seines Heimatlandes bzw. des Landes seines vorigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein (VwGH 16.06.1994, 94/19/0183, 18.02.1999, 98/20/0468).

Relevant kann darüber hinaus nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein; sie muss bei Bescheiderlassung vorliegen, auf diesen Zeitpunkt hat die der Asylentscheidung immanente Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den in Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen zu befürchten habe (VwGH 19.10.2000, 98/20/0233).

Eigene individuelle Fluchtgründe hat die Beschwerdeführerin nicht geltend gemacht.

Es ist somit im vorliegenden Fall - auch im Hinblick auf die Länderfeststellungen - nicht davon auszugehen, dass die Beschwerdeführerin mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit in eine asylrelevante existenzbedrohende Notlage geraten würde.

Gemäß Paragraph 34, Absatz 4, AsylG hat die Behörde Anträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind unter einem zu führen, und es erhalten alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang. Entweder ist der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wobei die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten vorgeht, es sei denn, alle Anträge wären als unzulässig zurückzuweisen oder abzuweisen. Jeder Asylwerber erhält einen gesonderten Bescheid.

Familienangehörige sind gemäß Paragraph 2, Ziffer 22, AsylG, wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung unverheiratetes minderjähriges Kind eines Asylwerbers oder eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Familiengemeinschaft bei Ehegatten bereits im Herkunftsstaat bestanden hat.

Wie schon das Bundesasylamt festgestellt hat, liegt ein Familienverfahren gemäß Paragraph 34, AsylG vor.

Mitglieder der Kernfamilie gem. Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 22, AsylG 2005 sind:

römisch XXXX,

römisch XXXX,

römisch XXXX,

römisch XXXX.

Die Beschwerde der Mutter der Beschwerdeführerin wurde mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 21.09.2010 Zahl: D4 247899-2/2008/7E abgewiesen.

Die Beschwerde des Vaters der Beschwerdeführerin wurde mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 21.09.2010 Zahl: D4 250106-0/2008/8E abgewiesen.

Da gemäß Paragraph 34, Absatz 4, AsylG 2005 die Verfahren aller Familienangehörigen unter einem zu führen sind und alle Familienmitglieder unter bestimmten Voraussetzungen den gleichen Schutzumfang erhalten sollen, konnte auch nach diesen Bestimmungen keine anderslautende Entscheidung getroffen werden.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu Art römisch II Absatz 2, Ziffer 43 a, EGVG in der Fassung Bundesgesetzblatt 28 aus 1998, kann eine mündliche Verhandlung dann unterbleiben, wenn nach Durchführung eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens und schlüssiger Beweiswürdigung der Behörde erster Instanz in der Berufung kein dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens der Behörde erster Instanz entgegenstehender oder darüber hinausgehender Sachverhalt - erstmalig und mangels Bestehens eines Neuerungsverbotes zulässigerweise - neu und in konkreter Weise behauptet wird (z.B. VwGH vom 11.11.1998, 98/01/0308, VwGH vom 08.06.2000, 98/20/0510, u.v.a.m.). Bei einer inhaltsleeren Berufung besteht jedoch keine Verhandlungspflicht (z.B. VwGH vom 21.10.1999, 98/20/0455). Schließlich löst auch eine unschlüssige Beweiswürdigung der Behörde erster Instanz - ohne dass in der Berufung Neuerungen vorgebracht werden - eine Verhandlungspflicht der Berufungsbehörde aus (VwGH vom 24. Juni 2003, 2002/01/0579). Im Zuge der Einrichtung des Asylgerichtshofes wurde die soeben zitierte Bestimmung in der EGVG aufgehoben, jedoch wortgleich in Paragraph 41, Absatz 7, AsylG 2005 übernommen, sodass von der weiteren Anwendbarkeit der soeben dargelegten Rechtssprechung auszugehen ist.

Da somit im vorliegenden Fall im Sinne des Paragraph 41, Absatz 7, AsylG der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Berufung geklärt war und eine schlüssige Beweiswürdigung durch das Bundesasylamt erfolgte, konnte von einer Beschwerdeverhandlung Abstand genommen werden.