Asylgerichtshof
20.04.2010
D10 309223-2/2008
D10 309223-2/2008/9E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Der Asylgerichtshof hat durch den Richter MMag. Elie ROSEN als Vorsitzenden und den Richter DDr. Markus GERHOLD als Beisitzer im Beisein der Schriftführerin Carina MEIER über die Beschwerde der römisch 40 , StA. Russische Föderation, vertreten durch Dr. Peter ZAWODSKY, RA in 1060 Wien, Gumpendorferstrasse 71, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 3. Juli 2007, Zl. 06 12.868-BAT, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 3. März 2009 zu Recht erkannt:
Der Beschwerde wird stattgegeben und römisch 40 gemäß Paragraph 3, Asylgesetz 2005, Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 100 aus 2005, in Verbindung mit Paragraph 34, Absatz 2, Asylgesetz 2005, Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 100 aus 2005, in der Fassung Bundesgesetzblatt römisch eins. Nr. 122 aus 2009, der Status der Asylberechtigten zuerkannt.
Gemäß Paragraph 3, Absatz 5, Asylgesetz 2005 wird festgestellt, dass Frau römisch 40 damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
Entscheidungsgründe:
römisch eins. Sachverhalt und Verfahrensgang
Der Vater der beschwerdeführenden Partei, ein Staatsangehöriger der Russischen Föderation und gemischt ethnischer Herkunft, gelangte mit seiner Ehegattin und einem ehelichen Sohn unter Umgehung der Grenzkontrollen von der Tschechischen Republik kommend am 3. Februar 2004 auf österreichisches Bundesgebiet und stellte am selben Tage einen Antrag auf Gewährung von Asyl.
Bei seiner niederschriftlichen Einvernahme durch das Bundesasylamt am 3. Mai 2004 gab der Vater der beschwerdeführenden Partei an, er habe sein Herkunftsland am 15. September 2003 verlassen und sei über Weißrussland nach Polen geflüchtet. In Polen sei er einen Monat lang geblieben und sodann mit einem Minibus in die Tschechische Republik weitergefahren. Nach dreimonatigem Aufenthalt in der Tschechischen Republik sei er mit seiner Familie in einem Taxi bis zur österreichischen Grenze gelangt und hätten sie diese illegal zu Fuß ohne Hilfe eines Schleppers passiert. Sowohl in Polen als auch in der Tschechischen Republik habe er einen Asylantrag gestellt.
Zu seinen Fluchtgründen führte der Vater der beschwerdeführenden Partei aus, er habe im Herkunftsstaat für eine konkret benannte Sondereinheit der Miliz gearbeitet. Sein Onkel mütterlicherseits, römisch 40 , ein ethnischer Tschetschene, sei Feldkommandant im tschetschenischen Widerstand gewesen. Von September 1999 bis August 2003 habe er diesen mit Versorgungslieferungen unterstützt und auch verwundete Kämpfer abtransportiert. Ein Freund und Arbeitskollege des Vaters der beschwerdeführenden Partei, römisch 40 , der ebenfalls tschetschenische Widerstandskämpfer unterstützt habe, sei vom staatlichen Geheimdienst FSB gefasst worden und habe ihn schließlich verraten. Mitarbeiter des FSB seien daraufhin im August 2003 drei Mal zu ihm nach Hause gekommen. Das letzte Mal seien Leute des FSB kurz vor dem 15. September vorstellig geworden.
Ihn selbst hätte der FSB jedoch nie zuhause angetroffen, da er bei einem Onkel oder bei Freunden übernachtet habe. Lediglich einmal anlässlich einer Einvernahme an der Dienststelle in römisch 40 im Mai 2003 sei er in Anwesenheit seines Vorgesetzten vom FSB zu seinem Freund römisch 40 befragt worden. Bis August 2003 habe er "normal arbeiten" können. Er habe schließlich Reisepässe beantragt, jedoch zunächst Schwierigkeiten gehabt, diese zu erhalten. Für die "Beschleunigung" der Passausstellung habe er 200 US Dollar bezahlen müssen und habe nach Verzögerungen die Pässe im September 2003 erhalten. Von seiner Mutter wisse er, dass er auf einer Fahndungsliste stehe. Die Männer, die die nach ihm gesucht hätten, hätten dies seiner Mutter erzählt. Bei einer allfälligen Rückkehr in den Herkunftsstaat fürchte er, verhört und getötet zu werden.
Mit Schreiben vom 2. September 2004 (Datum des Posteinganges) brachte der Vater der beschwerdeführenden Partei u.a. zur Vorlage:
Fünf Photos, die den Vater der beschwerdeführenden Partei zusammen mit anderen Männern in Tarnanzügen der Spezialbehörde angeblich bei Einsätzen an der tschetschenisch-inguschetischen Grenze zeigen.
Führerschein, römisch 40 , ausgestellt vom Verkehrsamt der Stadt römisch 40 am römisch 40 für römisch 40 .
Wehrdienstbuch römisch 40 , ausgestellt vom römisch 40 am römisch 40 für römisch 40 , der Volksgruppe der Inguschen zugehörig.
Diplom römisch 40 ausgestellt von der mittleren technischen Berufsschule römisch 40 , am römisch 40 , über den Abschluss des Ausbildungslehrgangs römisch 40 , in der Stadt römisch 40 , Tschetschenisch-Inguschische Republik für die Berufsgruppe römisch 40 der dritten Lohngruppe und die Zuerkennung der Berufsbezeichnung "XXXX der dritten Lohngruppe" für römisch 40 .
Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 6. Oktober 2004 wurde der Antrag des Vaters der beschwerdeführenden Partei auf Gewährung von Asyl zu Zl. 04 01.707-BAT gemäß Paragraph 7, AsylG 1997 in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 126 aus 2002, abgewiesen (Spruchpunkt römisch eins.), dessen Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Russland (gemeint wohl: in die Russische Föderation) gemäß Paragraph 8, Absatz 1 AsylG 1997 in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 76 aus 1997, (AsylG) idgF, für zulässig erklärt (Spruchpunkt römisch II.) und dieser gemäß Paragraph 8, Absatz 2 AsylG 1997 aus dem österreichischen Bundesgebiet ausgewiesen (Spruchpunkt römisch III.).
Begründend führte die Behörde im Wesentlichen aus, der vom Antragsteller vorgebrachte Sachverhalt werde zum Gegenstand des Bescheides erhoben. Die geschilderte "Suche" nach der Person des Antragstellers habe aber nicht die für eine Asylgewährung erforderliche Intensität aufgewiesen. Der Behauptung des Vaters der beschwerdeführenden Partei, es bestünde ein "landesweiter Steckbrief", werde die Glaubhaftigkeit abgesprochen. Für den Vater der beschwerdeführenden Partei bestehe in seinem Herkunftsland weder eine Gefährdungssituation noch stelle die Ausweisung einen Eingriff in Artikel 8, EMRK dar.
Mit gegen vorzitierten Bescheid gerichteter Berufung vom 18. Oktober 2004 (Datum des Posteingangs) machte der Vater der beschwerdeführenden Partei Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.
Nach Durchführung einer Urkundenuntersuchung teilte das Bundeskriminalamt des Bundesministeriums für Inneres der Republik Österreich dem Bundesasylamt, Außenstelle Traiskirchen, mit Schreiben vom 23. Juni 2005 (Datum des Posteingangs) mit, der vom Vater der beschwerdeführenden Partei vorgelegte Führerschein sei nach derzeitigem Kenntnisstand authentisch.
Gelegentlich seiner niederschriftlichen Einvernahme durch den Unabhängigen Bundesasylsenat am 20. Juli 2005 wurde u.a. auch ein dem selben Taip wie der Vater der beschwerdeführenden Partei angehörender Bekannter, römisch 40 , zu dem Vorbringen des Vaters der beschwerdeführenden Partei einvernommen. Dieser führte aus, der Vater der beschwerdeführenden Partei habe im Zuge des ersten Tschetschenienkrieges Flüchtlingen geholfen, aus dem Kriegsgebiet zu fliehen. Seine Vorgesetzten hätten ihm hierauf vorgeworfen auch tschetschenische Widerstandskämpfer unterstützt zu haben. Der Vater der beschwerdeführenden Partei selbst gab an, tschetschenische Widerstandskämpfer auch von 1999 bis 2003 unterstützt zu haben.
Mit Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 9. Mai 2007, GZ 254.070/0/14E-XIX/63/04, wurde die bekämpfte Erledigung des Bundesasylamtes vom 6. Oktober 2004 behoben und die Angelegenheit gemäß Paragraph 66, Absatz 2, AVG zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesasylamt zurückverwiesen.
Begründend führte der Unabhängige Bundesasylsenat aus, der behobene Bescheid sei in sich nicht schlüssig, da aus diesem ein konkreter Sachverhalt, auf welchen er sich stütze, nicht hervorgehe. Darüber hinaus wäre die Gefahr einer allfälligen asylrelevanten Verfolgung des Vaters der beschwerdeführenden Partei auch vor dem Hintergrund aktueller Länderberichte zur Situation in der Kaukasus-Republik Inguschetien zu beurteilen gewesen. In Bezug auf die (in Spruchpunkt römisch II) erfolgte Feststellung der Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Vaters der beschwerdeführenden Partei in die Russische Föderation habe es das Bundesasylamt verabsäumt, sich mit der individuellen Situation des Vaters der beschwerdeführenden Partei auseinanderzusetzen.
Bei seiner erneuten niederschriftlichen Einvernahme vor der belangten Behörde am 28. Juni 2007 führte der Vater der beschwerdeführenden Partei im Wesentlichen aus, er habe von 1995 bis 1997 seinen Wehrdienst absolviert und von 1998 bis 2003 bei einer Sondereinheit der Miliz gearbeitet. Von 1990 bis 1992 habe er in römisch 40 gelebt, danach in Inguschetien.
Seine inoffizielle Verfolgung habe am 2. Mai 2003 begonnen, als sein Freund verschwunden sei. Offiziell sei er seit Anfang September 2003 verfolgt worden. Nach dem Verschwinden seines Freundes habe man ihn selbst vor sein Regiment geladen und über den Tod und die Machenschaften seines Freundes informiert und hiezu befragt. Es sei ihm mit dem Tod gedroht worden, sollte auch er mit Kämpfern zusammen gearbeitet haben. Insgesamt habe ihn eine Eingreiftruppe von Ende August bis September dreimal bewaffnet, sonst fünf oder sechs Mal zu Hause aufgesucht.
Zu einem späteren Zeitpunkt seien die "Russen" zu ihm nach Hause gekommen und hätten ihn zur Zusammenarbeit aufgefordert. Hierbei habe er eine Ausreiseverzichtserklärung unterschreiben müssen.
Über Vorhalt, dass er vor dem Bundesasylamt am 3. Mai 2004 angegeben habe, dass er im Mai vom FSB vorgeladen und danach bis zum September "in Ruhe" gelassen worden sei, gab der Vater der beschwerdeführenden Partei an, mit dem FSB das erste Mal im Stab des Regiments zusammengetroffen zu sein. Danach seien Personen des FSB zu ihm nach Hause gekommen und schließlich habe ihn die Eingreiftruppe der Exekutive drei Mal Ende August bis September 2003 zu Hause aufgesucht. Diese habe von ihm gefordert gegen Bezahlung, Widerstandskämpfer zu fangen und zu töten. In der letzten Zeit habe er nicht mehr zuhause, sondern bei einem Onkel oder einem Cousin genächtigt. Am 15. September 2003 habe er schließlich beim Kommandanten seiner Kompanie seinen Dienstausweis abgegeben und danach sein Herkunftsland verlassen. Vor seiner Ausreise habe er sich noch zwei Auslandsreisepässe um 200,-- bzw. 250,-- Dollar besorgt.
Mit Bescheid vom 3. Juli 2007 des Bundesasylamtes wurde der Asylantrag des Vaters der beschwerdeführenden Partei schließlich erneut gemäß Paragraph 7, AsylG 1997 in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 126 aus 2002, (AsylG) idgF abgewiesen (Spruchpunkt römisch eins.), dessen Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Russland (gemeint wohl: Russische Föderation) gemäß Paragraph 8, Absatz 1 AsylG 1997 für zulässig erklärt (Spruchpunkt römisch II.) und dieser gemäß Paragraph 8, Absatz 2 AsylG 1997 aus dem österreichischen Bundesgebiet ausgewiesen (Spruchpunkt römisch III.).
Begründend führte die belangte Behörde dem Grunde nach aus, dem Vorbringen des Vaters der beschwerdeführenden Partei hätten die von ihm genannten Gründe für seine Flucht nicht entnommen werden können. Insbesondere habe der Vater der beschwerdeführenden Partei ein Interesse der russischen Behörden an seiner Person nicht glaubhaft machen können, da dieser angegeben habe, nach Ausstellung seines Reisepasses den Herkunftsstaat auf legalem Wege verlassen zu haben. Die vom Vater der beschwerdeführenden Partei beschriebene "Suche" nach seiner Person durch den FSB sei nicht glaubhaft, da die Schilderungen hinsichtlich der Hausbesuche und seiner Abwesenheit nicht plausibel gewesen seien. Es sei nicht nachvollziehbar, dass der FSB einerseits mehrfach erfolglos versucht haben soll, den Vater der beschwerdeführenden Partei zu Hause aufzusuchen, dieser aber andererseits bis zu seiner Ausreise regelmäßig die Arbeit an seiner Dienststelle verrichtet haben will, wo er ohne Weiteres problemlos aufgreifbar gewesen wäre.
Auch der geschilderte Umstand, dass Männer des FSB in das Haus des Vaters der beschwerdeführenden Partei eingedrungen sein sollen, um diesen festzunehmen, ihn aber letztlich nur eine Ausreiseverzichtserklärung unterschreiben lassen haben sollen, sei nicht nachvollziehbar.
Die Anzahl der Hausbesuche und die Schilderungen in Bezug auf die Eingreiftruppen seien widersprüchlich. Zuerst habe der Vater der beschwerdeführenden Partei angegeben, die bewaffnete Eingreiftruppe sei zuerst im Mai, dann Juni oder Juli und schließlich im September gekommen, um sodann anzugeben, dass im Mai und Juni nur Vertreter des FSB und die Bewaffneten der Exekutive erst Ende August und September dreimal erschienen seien.
Zudem sei das Verhalten des Vaters der beschwerdeführenden Partei am Ausreisetag - so insbesondere die Tatsache, dass dieser bis zum Schluss seine Arbeit verrichtet haben will, obzwar schon nach ihm gesucht worden sein soll - unplausibel. Dieser Umstand sei vielmehr ein Indiz dafür, dass weder eine aktuelle Verfolgung vorgelegen noch der Vater der beschwerdeführenden Partei tatsächlich Furcht vor einer etwaigen Verfolgung gehabt habe.
Mit Beschwerde vom 16. Juli 2007 machte der Vater der beschwerdeführenden Partei Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend. Mit Schreiben vom 17. August 2007 (Datum des Posteinganges) erstattete der Vater der beschwerdeführenden Partei schließlich eine Beschwerdeergänzung und führte nach Wiedergabe seines Fluchtvorbringens unter Beibringung von Länderberichten aus, die Sicherheitslage in Inguschetien sei gefährlicher als jene in Tschetschenien einzustufen.
Die Mutter der beschwerdeführenden Partei, eine Staatsangehörige der Russischen Föderation und der Volksgruppe der Inguschen zugehörig, gelangte gemeinsam mit ihrem Ehegatten und einem ehelichen Sohn unter Umgehung der Grenzkontrollen von der Tschechischen Republik kommend am 3. Februar 2004 auf österreichisches Bundesgebiet und stellte am selben Tage einen Antrag auf Gewährung von Asyl.
Bei ihrer niederschriftlichen Einvernahme durch das Bundesasylamt am 3. Mai 2004 gab die Mutter der beschwerdeführenden Partei an, sie habe selbst nichts vorzubringen, berufe sich auf die Aussagen ihres Ehegatten und stelle daher lediglich einen auf den Asylantrag ihres Ehemannes gestützten Erstreckungsantrag im Sinne des Paragraph 10, in Verbindung mit Paragraph 11, AsylG 1997. Gleichzeitig verzichtete die Beschwerdeführerin ausdrücklich auf eine Umwandlung des Asylerstreckungsantrages gem. den Bestimmungen des Paragraph 11, Absatz 2, AsylG 1997.
Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 6. Oktober 2004, GZ. 04 01.708-BAT, wurde der Asylerstreckungsantrag der Mutter der beschwerdeführenden Partei gemäß Paragraph 10, in Verbindung mit Paragraph 11, Absatz eins, Asylgesetz 1997 abgewiesen. In der Begründung führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, nachdem der Asylantrag des Ehegatten der Mutter der beschwerdeführenden Partei abgewiesen worden sei, lägen die Voraussetzungen für eine Asylerstreckung im gegenständlichen Fall nicht vor.
Gegen vorgenannte Entscheidung erhob die Mutter der beschwerdeführenden Partei mit Schreiben vom 18. Oktober 2004 (Datum des Posteingangs) das Rechtsmittel der Berufung und verwies auf die fristgerechte Berufungserhebung ihres Ehegatten zu seinem Asylantrag.
Mit Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 9. Mai 2007, GZ 254.085/0/11E-XIX/63/04, wurde - wie im Verfahren des Vaters der beschwerdeführenden Partei - auch der Bescheid des Bundesasylamtes vom 6. Oktober 2004, GZ. 04 01.708-BAT, gemäß Paragraph 66, Absatz 2, AVG behoben und zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheids an das Bundesasylamt zurückverwiesen.
Gelegentlich ihrer niederschriftlichen Einvernahme vor der belangten Behörde am 28. Juni 2007 führte die Mutter der beschwerdeführenden Partei aus, sie sei seit dem Jahre 2001 mit ihrem Ehegatten sowohl traditionell muslimisch als auch standesamtlich verheiratet. Ihr Ehegatte habe bei einer konkret benannten Sondereinheit der Miliz in römisch 40 gearbeitet. Sie habe seit ihrer Heirat mit dem Beschwerdeführer im selben Haus gewohnt. Der Grund ihrer Ausreise, seien die Probleme ihres Ehegatten gewesen. Staatsorgane seien mehrere Male bei ihnen zu Hause vorstellig geworden und hätten nach ihrem Ehemann gefragt. Sie hätten von seinen Unterstützungshandlungen für die tschetschenischen Widerstandskämpfer gewusst und diesen auf eine Zusammenarbeit gedrängt. Genau könne sie nicht mehr sagen, was diese Männer gesagt hätten bzw. wie oft diese Männer bei ihr zuhause gewesen seien. Ihr Ehegatte habe ihr auch keine Details erzählt. Nach anfänglichen Schwierigkeiten mit der Passausstellung seien sie im September 2003 ausgereist. Bei einer allfälligen Rückkehr in den Herkunftsstaat befürchte die Mutter der beschwerdeführenden Partei, dass ihr Mann bzw. die ganze Familie getötet werde könnte.
Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 3. Juli 2007 wurde der Asyl(erstreckungs)antrag der Mutter der beschwerdeführenden Partei schließlich erneut gemäß Paragraph 10, in Verbindung mit Paragraph 11, Absatz eins, Asylgesetz 1997, BGBl römisch eins 1997/76 (AsylG) in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 126 aus 2002,, abgewiesen. In der Begründung führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, nachdem der Asylantrag ihres Ehegatten abgewiesen worden sei, lägen die Voraussetzungen für eine Asylerstreckung im gegenständlichen Fall nicht vor.
Mit der am 16. Juli 2007 (Datum des Posteingangs) fristgerecht eingebrachten Beschwerde brachte die Mutter der beschwerdeführenden Partei vor, das Verfahren ihres Mannes sei noch nicht rechtskräftig entschieden worden, sondern noch in zweiter Instanz anhängig.
Die beschwerdeführende Partei selbst, eine Staatsangehörige der Russischen Föderation und der Volksgruppe der Inguschen zugehörig, ist laut beigebrachter Geburtsurkunde am römisch 40 in römisch 40 , Österreich, zur Welt gekommen und stellte die Mutter für diese als gesetzliche Vertreterin am 27. November 2006 einen Antrag auf internationalen Schutz.
Im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme durch das Bundesasylamt am 2. Januar 2007 führte die Mutter als gesetzliche Vertreterin der beschwerdeführenden Partei aus, die beschwerdeführende Partei habe die gleichen Fluchtgründe wie ihr Vater. Ein gesondertes, lediglich auf die beschwerdeführende Partei bezogenes Fluchtvorbringen wurde seitens der gesetzlichen Vertreterin nicht erstattet.
Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 3. Januar 2007 zu Zl. 06 12.868-BAT wurde der Antrag der beschwerdeführenden Partei gemäß Paragraph 3, Absatz 1 Asylgesetz 2005, Bundesgesetzblatt römisch eins. Nr. 100 aus 2005, (AsylG) idgF, abgewiesen und dieser der Status der Asylberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt römisch eins.). Gemäß Paragraph 8, Absatz 1 Ziffer 1 AsylG wurde der beschwerdeführenden Partei auch der Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat "Russland" (gemeint wohl: Russische Föderation) nicht zuerkannt (Spruchpunkt römisch II.) und diese gemäß Paragraph 10, Absatz 1 Ziffer 2 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet nach "Russland" (gemeint wohl: Russische Föderation) ausgewiesen (Spruchpunkt römisch III.).
In gegen vorangeführten Bescheid gerichteter Berufung vom 22. Januar 2007 (Datum des Posteingangs) bestritt die beschwerdeführende Partei die Spruchpunkte römisch eins bis römisch III und machte Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.
Mit Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 9. Mai 2007, GZ 309.223-C1/2E-XIX/63/07, wurde - wie im Verfahren des Vaters und der Mutter beschwerdeführenden Partei - auch die vorbehandelte Erledigung des Bundesasylamtes vom 3. Januar 2007 behoben und die Angelegenheit gemäß Paragraph 66, Absatz 2, AVG zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesasylamt zurückverwiesen.
Begründend führte die Oberbehörde aus, da die Bescheide der Familienangehörigen der minderjährigen beschwerdeführenden Partei behoben worden seien, könne im Sinne der Einheit im Familienverfahren auch der Bescheid der beschwerdeführenden Partei keinen Bestand haben.
Mit dem nunmehr hier angefochtenen Bescheid wurde der Antrag der beschwerdeführenden Partei schließlich erneut gemäß Paragraph 3, Absatz 1 Asylgesetz 2005, Bundesgesetzblatt römisch eins. Nr. 100 aus 2005, (AsylG) idgF, abgewiesen und dieser der Status der Asylberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt römisch eins.). Gemäß Paragraph 8, Absatz 1 Ziffer 1 AsylG wurde der beschwerdeführenden Partei auch der Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat "Russland" (gemeint wohl: Russische Föderation) nicht zuerkannt (Spruchpunkt römisch II.) und diese gemäß Paragraph 10, Absatz 1 Ziffer 2 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet nach "Russland" (gemeint wohl: Russische Föderation) ausgewiesen (Spruchpunkt römisch III.).
Ihre Entscheidung begründete die belangte Behörde im Wesentlichen damit, dass die Mutter der beschwerdeführenden Partei für diese keine eigenen Fluchtgründe vorgebracht habe und auch dem Vater der beschwerdeführenden Partei der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden sei.
Mit gegenständlicher Beschwerde macht die Mutter der beschwerdeführenden Partei als gesetzliche Vertreterin Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend und verweist auf die Fluchtgründe der Eltern der beschwerdeführenden Partei.
In der öffentlichen mündlichen Beschwerdeverhandlung vor dem erkennenden Senat am 3. März 2009 wiederholte der Vater der beschwerdeführenden Partei im Wesentlichen die zentralen Themen seines Vorbringens und brachte darüber hinaus ergänzend Details zu seiner Stationierung an der inguschetisch-tschetschenischen Grenze, den ausgeführten Unterstützungshandlungen der tschetschenischen Rebellen, Hintergrundinformationen zu den vorgelegten Fotoaufnahmen und schließlich seiner potentiellen Zusammenarbeit mit dem FSB und seiner Ausreise vor. Erst nach mehrstündigem Befragen durch den erkennenden Senat und Vorhalt der ungeklärten Widersprüche offenbarte der Vater der beschwerdeführenden Partei letztlich ein geändertes Fluchtvorbringen.
Der Vater der beschwerdeführenden Partei führte schließlich aus, sowohl sein mehrfach erwähnter Freund als auch er selbst hätten Widerstandskämpfer mit Waffen und Nahrungsmitteln beliefert und Verwundete versorgt. Nachdem besagter Freund verschwunden sei, habe der FSB ihm nachspioniert und schließlich in Erfahrung gebracht, dass er mit Widerstandskämpfern in Kontakt stehe. Schließlich sei ihm vom FSB im Mai ein "Angebot" unterbreitet worden, Widerstandskämpfer zu verraten, Informationen über diese zu sammeln und Sabotageakte zu begehen. Im Gegenzug sei ihm Geld und ein Auto angeboten worden. Es seien zwei Mal bewaffnete Einheiten bei ihm zuhause erschienen. Beim zweiten Besuch habe er das Angebot unter Druck angenommen und eine Ausreiseverzichtserklärung unterfertigt. Andererseits hätten Widerstandskämpfer von seiner potentiellen Zusammenarbeit mit dem FSB erfahren, da er mit bewaffneten Einheiten vor seinem Haus gesehen worden sei. Bis zu seiner Ausreise habe er die Arbeit an seiner Dienststelle verrichtet und habe schließlich - aus Angst sowohl vor dem FSB als auch den Widerstandskämpfern - im September 2003 seine "Flucht" bewerkstelligen können.
Der Vater der beschwerdeführenden Partei brachte vor, der Grund dafür, dass er bis zum Schluss der öffentlich mündlichen Beschwerdeverhandlung die Unwahrheit gesagt habe, sei die Furcht vor einem bei seinem Rechtsvertreter arbeitenden Tschetschenen gewesen. Dieser stamme nämlich aus dem gleichen Dorf wie sein verschwundener Freund und habe er befürchtet, dass derselbe Informationen über sein Vorbringen verwerten könne.
Die Mutter der beschwerdeführenden Partei brachte im Wesentlichen vor, sie sei wegen der Gründe ihres Ehemannes aus dem Herkunftsland geflüchtet. Im Juni 2001 habe sie ihren Ehegatten geehelicht. Dieser Ehe entstammten auch ihre vier Kinder. Die Frage, ob sie in ihrem Herkunftsstaat aufgrund ihrer Rasse, Nationalität, Religion bzw. Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe verfolgt worden sei, verneinte die Mutter der beschwerdeführenden Partei. Die Gründe für ihre Flucht seien ausschließlich die Probleme ihres Ehemannes gewesen. Ihr Ehemann habe bei einer näher benannten Sondereinheit der Miliz gearbeitet. Allerdings habe ihr Ehemann über seinen Ausreisegrund kein Wort verloren. Im Fall einer Rückkehr in ihren Herkunftsstaat fürchte sie um das Leben ihres Ehemannes.
Gelegentlich seiner Einvernahme durch den erkennenden Senat brachte der Vater der beschwerdeführenden Partei u. a. zur Vorlage:
1. Wehrdienstbuch, römisch 40 , ausgestellt vom römisch 40 am römisch 40 für römisch 40 , der Volksgruppe der Inguschen zugehörig
2. Fünf Photos, die den Vater der beschwerdeführenden Partei zusammen mit anderen Männern in Tarnanzügen bei Einsätzen - angeblich an der Tschetschenisch-Inguschetischen Grenze - zeigen (Anlage 3).
Mit Schreiben vom 6. März 2009 (Posteingang) brachte der Vater der beschwerdeführenden Partei zur Vorlage:
1. Heiratsurkunde des Standesamtes des Bezirks römisch 40 , Inguschetischen, römisch 40 , vom römisch 40 betreffend die am römisch 40 erfolgte Eheschließung des römisch 40 in römisch 40 , mit der am römisch 40 in römisch 40 , geborenen
römisch 40 .
Gegen den vom Asylgerichtshof dem rechtsfreundlichen Vertreter der beschwerdeführenden Partei mit Schreiben vom 9. Dezember 2009 übermittelten Ländervorhalt zur Situation in der Russischen Föderation wurden seitens des Vaters der beschwerdeführenden Partei keinerlei Einwände erhoben.
Mit hg. Erkenntnis vom heutigen Tage, GZ. D10 254070-2/2008/18E, wurde dem Vater der beschwerdeführenden Partei, römisch 40 gemäß Paragraph 7, Asylgesetz 1997, Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 76 aus 1977, in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 126 aus 2002,, Asyl gewährt und gemäß Paragraph 12, leg. cit. festgestellt, dass diesem damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
Ebenso wurde mit hg. Erkenntnis vom heutigen Tage, GZ. D10 254085-2/2008/9E, der Mutter beschwerdeführenden Partei, römisch 40 , gemäß Paragraph 11, Absatz eins, Asylgesetz 1997, Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 76 aus 1997,, in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, 126 aus 2002, durch Erstreckung Asyl gewährt und gemäß Paragraph 12, leg. cit. festgestellt, dass dieser damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
Der Asylgerichtshof hat nach Vorlage der Verwaltungsakte erwogen:
römisch II.1. Beweisaufnahme und Ermittlungsverfahren
Zur Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes wurde in dem seitens des Gerichtshofes angestrengten Ermittlungsverfahren Beweis erhoben durch Einsichtnahme in die die beschwerdeführende Partei, die Eltern und die Geschwister betreffenden Verwaltungsakte des Bundesasylamtes, die hg. Akte des Vaters und der Mutter der beschwerdeführenden Partei, vorgelegte Dokumente und Schriftsätze, die Einvernahme des Vaters und der Mutter der beschwerdeführenden Partei in der seitens des Gerichtshofes am 3. März 2009 abgehaltenen öffentlichen mündlichen Beschwerdeverhandlung sowie ferner durch Einsicht der dieser Entscheidung zu Grunde gelegten Länderinformationen auf Grundlage der bei diesen näher angeführten Quellen.
Auf Grund des Ermittlungsverfahrens und der vorgenommenen Beweisaufnahme steht nachfolgender entscheidungswesentlicher Sachverhalt fest:
römisch II.2 Zur Person der beschwerdeführenden Partei
Die Identität der beschwerdeführenden Partei ist als römisch 40 , erwiesen. Die beschwerdeführende Partei ist Staatsangehörige der Russischen Föderation sowie Angehörige der Volkgruppe der Inguschen.
Die beschwerdeführende Partei ist eine eheliche Tochter des römisch 40 (AIS-Zl. 04 01.707-BAT), und der römisch 40 (AIS-Zl. 04 01.708-BAT). Ihre Eltern haben am römisch 40 die Ehe geschlossen.
Hinsichtlich der vom Vater geltend gemachten Fluchtgründe und den diesbezüglich seitens des Asylgerichtshofes getroffenen Feststellungen wird auf dessen hg. Erkenntnis vom heutigen Tage, GZ. D10 254070-2/2008, verwiesen und dieses zum Gegenstand und Inhalt des vorliegenden Erkenntnisses erhoben.
Die beschwerdeführende Partei hat darüber hinaus keinerlei eigene Fluchtgründe geltend gemacht und konnten solche auch seitens des Gerichtshofes nicht festgestellt werden.
römisch II.3. Zur Lage in der Russischen Föderation
Russische Föderation
Staatsaufbau / Innenpolitik
Russland ist eine Präsidialdemokratie mit föderativem Staatsaufbau. Der Präsident verfügt über weitreichende exekutive Vollmachten, insbesondere in der Außen- und Sicherheitspolitik.
Am 7. Mai 2008 übernahm Dimitri Anatoljewitsch Medwedew das Amt des Präsidenten von seinem Vorgänger Wladimir Putin, nachdem er aus den Wahlen am 2. März mit über 70 Prozent der Stimmen als deutlicher Sieger hervorgegangen war. Medwedew schlug am Tag seines Amtsantritts seinen Vorgänger Putin als Ministerpräsidenten vor, das Parlament bestätigte diesen am 8. Mai mit großer Mehrheit.
Als eines der wichtigsten innenpolitischen Ziele seiner Präsidentschaft hat Präsident Medwedew die Bekämpfung der Korruption, die Förderung des Rechtsstaates und die Stärkung der Mittelklasse im Lande vorgegeben.
Föderative Elemente: Staatsrat und Föderationsrat
Der Föderationsrat besteht aus 166 Mitgliedern. Jedes der insgesamt 83 Föderationssubjekte entsendet je einen Vertreter aus der Exekutive und Legislative.
Der durch ein Präsidialdekret geschaffene Staatsrat, in dem die Gouverneure zusammenkommen, hat keine Verfassungsvollmachten. Er tagt unter Leitung des Präsidenten und gibt der Exekutive Empfehlungen zu aktuellen politischen Fragen und zu Gesetzesprojekten.
Parlament
Mit 315 von 450 Sitzen verfügt die rechtszentristische, präsidentennahe Fraktion "Einiges Russland" über eine Zweidrittelmehrheit. Bei der Wahl am 2. Dezember 2007 wurde erstmals das in den letzten Jahren veränderte Wahlrecht angewandt. Danach werden alle Abgeordneten ausnahmslos über Parteilisten nach Verhältniswahlrecht gewählt. Darüber hinaus wurde die Sperrklausel von fünf auf sieben Prozent angehoben. Neben "Einiges Russland" haben die Kommunisten mit 57 Sitzen und die "Liberaldemokraten" des Rechtspopulisten Schirinowski mit 40 Sitzen den erneuten Einzug in die Duma geschafft. Die linksorientierte pro-präsidentielle Partei "Gerechtes Russland" konnte 38 Mandate erringen.
Quelle: Deutsches Auswärtiges Amt: Stand März 2009
Menschenrechtslage
Russland befindet sich seit dem Ende der Sowjetunion in einem umfassenden und schwierigen Transformationsprozess. Die rechtlichen Grundlagen für den Menschenrechtsschutz haben sich seit den 90er Jahren erheblich verbessert. Die Umsetzung vieler rechtlicher Normen lässt aber weiterhin zu wünschen übrig. Der Menschenrechtsbeauftragte der Russischen Föderation, Wladimir Lukin, übt in seinem Jahresbericht 2007 abgewogene, aber teils auch sehr deutliche Kritik u.a. an Missständen im Gerichtswesen und den Zuständen in russischen Gefängnissen, insbesondere hinsichtlich Gewaltakten gegenüber Häftlingen und deren unzureichender medizinischer Versorgung.
Im Europarat bemüht sich Russland um Erfüllung seiner mit dem Beitritt 1996 eingegangenen Verpflichtungen, setzt aber nicht genügend Mittel und Energie zur Umsetzung ein. 1998 ratifizierte die Duma die Europäische Menschenrechts-Konvention, die Anti-Folter-Konvention und die Konvention zum Schutz nationaler Minderheiten. Der Europarat äußerte sich mehrmals kritisch zur Menschenrechtslage in der Russischen Föderation. Ein großer Teil der vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg anhängigen Individualbeschwerden betreffen Russland. Bezogen auf die Bevölkerungszahl lag die Russische Föderation 2007 aber an 19. Stelle. Die russische Ratifizierung der Zusatzprotokolle Nr. 6 (Abschaffung der Todesstrafe) und Nr. 14 (Reform des EGMR) zur Europäischen Menschenrechtskonvention steht weiterhin aus.
Schutz der Menschenrechte in der Verfassung: Die Verfassung der Russischen Föderation vom Dezember 1993 orientiert sich an westeuropäischen Vorbildern. Sie postuliert, dass die Russische Föderation ein "demokratischer, föderativer Rechts-Staat mit republikanischer Regierungsform" ist. Freie Wahlen, Mehrparteiensystem, freie Betätigungsmöglichkeit für die Opposition, Vereinigungs- und Versammlungs-Freiheit, Meinungs- und Glaubensfreiheit sowie freie Presse sind der Verfassung nach gewährleistet. Folter ist verboten.
Im Grundrechtsteil der Verfassung ist die Gleichheit aller vor Gesetz und Gericht festgelegt. Geschlecht, Rasse, Nationalität, Sprache, Herkunft und Vermögenslage dürfen nicht zu diskriminierender Ungleichbehandlung führen (Artikel 19, Absatz 2,). In Artikel 19, Absatz 3, wird unterstützend festgestellt, dass "Mann und Frau die gleichen Rechte und Freiheiten und die gleichen Möglichkeiten zu deren Realisierung" haben. Die Einbindung des internationalen Rechts ist in Artikel 15, Absatz 4, der russischen Verfassung aufgeführt: Danach "sind die allgemein anerkannten Prinzipien und Normen des Völkerrechts und die internationalen Verträge der Russischen Föderation Bestandteil ihres Rechtssystems." Russland ist folgenden VN-Übereinkommen beigetreten:
Internationales Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung (1969); Internationaler Pakt für bürgerliche und politische Rechte (1973) und erstes Zusatzprotokoll (1991);
Internationaler Pakt für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte (1973); Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau (1981) und Zusatzprotokoll (2004);
Konvention gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe (1987); Kinderrechtskonvention (1990), deren erstes Zusatzprotokoll gezeichnet (2001).
Der Menschenrechtsbeauftragte Lukin moniert, dass es bei Verhaftungen, Polizeigewahrsam und Untersuchungshaft immer wieder zu Folter und grausamer oder erniedrigender Behandlung durch Polizei und Ermittlungsbehörden kommt. Besonders kritisch sieht der Menschenrechtsbeauftragte die Situation vor Beginn von Strafverfahren im Rahmen der sog. "operativen Ermittlungstätigkeit".
Menschenrechtsorganisationen weisen darauf hin, dass insbesondere sozial Schwache, Obdachlose und Betrunkene, Ausländer und Personen "fremdländischen" Aussehens Opfer von Misshandlungen durch Polizei und Untersuchungsbehörden würden. Nur ein geringer Teil der Täter werde disziplinarisch oder strafrechtlich verfolgt. Im Nordkaukasus kommt es nach Angaben von Nichtregierungs-organisationen regelmäßig zu schweren Misshandlungen Festgenommener.
Die russische Verfassung lässt die Todesstrafe zu, sofern die Verurteilung durch ein Geschworenengericht erfolgt. Das russische Verfassungsgericht entschied 1999, dass solange keine Todesurteile ergehen dürfen, bis im ganzen Land Geschworenengerichte eingeführt sind. Da es in Tschetschenien noch keine Geschworenengerichte gibt - ihre Einführung wurde auf das Jahr 2010 verschoben darf derzeit in ganz Russland die Todesstrafe aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht verhängt werden. Das Strafgesetzbuch, in dem die Todesstrafe seit 1997 für schwere Kapitalverbrechen vorgesehen ist, findet insoweit keine Anwendung. Bereits seit 1996 gilt zusätzlich ein mehrfach bekräftigtes Moratorium des Staatspräsidenten.
Mit Beitritt zum Europarat hatte sich Russland verpflichtet, bis spätestens 1999 auch dem 6. Protokoll zur EMRK über die Abschaffung der Todesstrafe beizutreten. Dennoch hat Russland noch im Dezember 2007 die Ratifizierung des 6. und 14. Protokolls der EMRK abgelehnt, da diese im Widerspruch zur russischen Verfassung stünden. Eine Gesetzesvorlage zur Ratifikation des Protokolls ist seit Dezember 2001 in der Duma anhängig, wurde aber bisher nicht zur Abstimmung gebracht, weil sich keine Mehrheit abzeichnet. Die Bevölkerung ist, nicht zuletzt wegen der terroristischen Bedrohung, mehrheitlich für die Beibehaltung der Todesstrafe.
Im Juni 2008 teilte das russische Außenministerium mit, dass im Jahr 2006 im Zusammenhang mit dem Terrorismusgesetz Artikel 12,, Ziffer 1 des Strafgesetzbuches der Russischen Föderation geändert wurde. Nunmehr ist es möglich, auch gegen Personen, die eine Straftat in einem anderen Staat begangen haben und dort wegen dieser Straftat nicht verurteilt wurden, die Todesstrafe zu verhängen, selbst wenn es im Land der Tatbegehung keine Todesstrafe gibt. Dieser Schritt in Richtung Todesstrafe steht im Spannungsverhältnis zum de-facto-Moratorium in Russland. Die praktischen Auswirkungen dieser Neuregelung können noch nicht ermessen werden.
Die Situation im Strafvollzug ist trotz einiger Fortschritte immer noch besorgnis- erregend. Nachdem sich die Zahl der Häftlinge in russischen Gefängnissen (einschließlich Untersuchungshaftanstalten und Arbeitslagern) von 1997 bis Ende Dezember 2004 um ca. ein Drittel auf 700.000 verringert hatte, stieg sie nach offiziellen Angaben bis Juni 2008 wieder auf 894.000 an. Damit sind von 100.000 Einwohnern im Schnitt 611 in Strafhaft. Die Lage in den Haftanstalten und die Bedingungen des Strafvollzugs bleiben unbefriedigend. Die meisten Strafanstalten sind veraltet und insbesondere die Untersuchungshaftanstalten überbelegt. Die Unterbringung der Häftlinge in Schlafsälen von über 40 Personen ist häufig sehr schlecht. Es wird oft unzureichend geheizt. Duschen ist vielfach nur gelegentlich möglich. Das Essen ist einseitig. Der Menschenrechtsbeauftragte der Russischen Föderation bemängelte insbesondere die Lage in den Haftanstalten im Bezirk Samara und Arkhangelsk. immer noch "katastrophal" (so der Menschenrechtes-Beauftragte der Russischen Föderation) ist die medizinische Versorgung. Mehr als die Hälfte der Häftlinge ist erkrankt, darunter etwa 40.000 an Tuberkulose (etwa 4-5% der Häftlinge, im Jahre 2000 waren es sogar 10%) und 30.000 an AIDS. Nach Angaben des Föderalen Dienstes für Strafvollzug werden jährlich 15.000 bis 22.000 Tbc-kranke in Untersuchungsgefängnisse gebracht. Dabei erfahren viele von ihnen erst in der Haftanstalt ihre Diagnose. Zehntausende sollen drogenabhängig sein. Die Weltbank gewährte Russland für 2006 einen Kredit in Höhe von 38 Mio. US$ zum Kauf medizinischer Geräte und Medikamente gegen TBC und AIDS in den Haftanstalten. Im Jahre 2007 sind beim Menschenrechtsbeauftragten der Russischen Föderation insgesamt 3000 schriftliche Beschwerden von inhaftierten Personen eingegangen. Mehr als ein Drittel dieser Beschwerden bezog sich auf Übergriffe seitens des Wachpersonals wie Schläge, Folter und andere ungerechtfertigte Maßnahmen. Beschwerden, die sich auf die Haftbedingungen, Verweigerung der medizinischen Betreuung sowie die hygienischen Bedingungen bezogen haben, machten etwa 20% der Beschwerden aus. Die Misshandlung von Häftlingen bleibt nicht mehr regelmäßig straflos.
Die russische Regierung ist um eine Verbesserung der Situation bemüht. So wurde ein Sonderprogramm für den Ausbau des Strafvollzugsystems in den Jahren 2007-2016 in Höhe von 54 Milliarden Rubel(ca. 1,5 Mrd. Euro) verabschiedet. 42 Milliarden Rubel (ca. 1,16 Mrd. Euro) sind dabei für den Bau von 26 Untersuchungs-Gefängnissen vorgesehen, in denen jedem Häftling entsprechend dem europäischen Standard sieben Quadratmeter zur Verfügung stehen sollen. Derzeit sind es nach Angaben des Föderalen Strafvollzugsdienstes im landesweiten Durchschnitt 3,8 Quadratmeter, vor fünf Jahren gar nur ein Quadratmeter.
Das langsame Reformtempo hängt auch damit zusammen, dass viele staatliche Stellen und weite Teile der Öffentlichkeit eine harte Bestrafung für normal und angemessen halten. Präsident Medwedew hat außerdem im Juni 2008 ein föderales Gesetz über die öffentliche Kontrolle der Wahrung der Menschenrechte in Haftanstalten unterzeichnet, das am 01.09.2008 in Kraft getreten ist Das Dokument sieht unter anderem die Teilnahme von gesellschaftlichen Organisationen bei der Integration von ehemaligen Gefangenen in die Gesellschaft vor. Zudem sollen regionale Beobachtungskommissionen eingerichtet werden, die die öffentliche Kontrolle über die Gefängnisse und die Wahrung der Rechte der Inhaftierten fördern sollen. Die Zahl der Untersuchungshäftlinge (März 2008: 110.500) hat sich erheblich verringert.
Doch wird von den Behörden eingeräumt, dass die Untersuchungsgefängnisse immer noch überfüllt seien. Von der Botschaft besuchte Insassen russischer Gefängnisse beschweren sich insbesondere über schlechte Bedingungen in der U-Haft und beim Gefangenentransport. Hier soll die Situation in vielen Fällen spürbar schlechter und der Rechtsschutz gegen ungerechte Behandlung sehr viel weniger stark ausgeprägt sein als in den Strafkolonien. Zudem zieht sich die Untersuchungshaft auch unter der seit Juli 2002 geltenden Strafprozessordnung vielfach unerträglich lange hin. Positiv ist hingegen, dass Russland zum 01.01.2006 seine Verpflichtung gegenüber dem Europarat erfüllt hat, die Gefängnisse des Inlandsgeheimdienstes FSB dem Justizministerium zu unterstellen. Auch in Bezug auf die U-Haft zeigt die Regierung den Willen, die Lage zu verbessern. Gegenwärtig wird das europaweit größte Untersuchungsgefängnis in St. Petersburg-Kolpino errichtet, das im Jahr 2013 eröffnet werden soll. Jeder Inhaftierte soll darin sieben statt der gegenwärtigen durchschnittlichen vier Quadratmeter zur Verfügung haben. In der Russischen Föderation leben zahlreiche Flüchtlinge aus früheren Sowjetrepubliken, darunter Tausende von Armeniern, die Ende der achtziger Jahre aus Aserbaidschan nach Russland geflüchtet sind. Die soziale und wirtschaftliche Lage der ausländischen Flüchtlinge, insbesondere der Afghanen, ist schlecht, doch geht es vielen Einheimischen nicht besser. Ihr Existenzminimum ist gesichert, insbesondere durch die Hilfe des UNHCR. Eine Abschiebung in Krisengebiete ist unwahrscheinlich. Eine Diskriminierung von ausländischen Flüchtlingen besteht nicht. Flüchtlinge aus ehemaligen Sowjetrepubliken hatten bis zum 31.12.2000 die Möglichkeit, die russische Staatsangehörigkeit zu beantragen. Während die Armenier überwiegend eingebürgert wurden, leben die Afghanen, die diese Möglichkeit nicht hatten, meist trotz des jahrelangen Aufenthalts noch ohne Aufenthaltstitel in Russland. Die Russische Föderation bemüht sich mit Unterstützung des UNHCR um den Aufbau eines geordneten Asylverfahrens im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention. Die Auswirkungen des Süd-Ossetienkonflikts auf die Situation der georgischen Flüchtlinge lassen sich noch nicht abschätzen. Am 03.09.2008 teilte das russische Außenamt mit, dass seit Ausbruch des Konflikts 328 georgische Bürger in Russland Anträge auf Anerkennung als Flüchtlinge gestellt haben.
Quelle: Deutsches Auswärtiges Amt Bericht über die asyl- und abschiebungs-relevante Lage in der Russischen Föderation Stand:
Oktober 2008, vom 22.11.2008
Moskau/Berlin (APA/AFP) - Die russische Polizei hat am Samstag rund 20 Menschen festgenommen, die in Moskau für die Rechte von Homosexuellen demonstrierten. Etwa 15 Teilnehmer der verbotenen "Slavic Gay Pride", die "Homophobie ist eine Schande für Russland" und "Gleiche Rechte für alle!" gerufen hatten, wurden nach Korrespondentenberichten abgeführt. Fünf weitere Demonstranten, die mit Journalisten sprechen wollten, wurden ebenfalls festgenommen. Unter ihnen befanden sich der Hauptorganisator der Proteste im Vorfeld des am Abend stattfindenden "Eurovision Song Contest", Nikolai Alexejew, sowie ein Schwulenaktivist aus den USA. Das Liederfestival, das traditionell viele Fans unter den Homosexuellen Europas hat, findet erstmals in Moskau statt.
Der menschenrechtspolitische Sprecher der Grünen-Fraktion im deutschen Parlament, Volker Beck, nannte "das Verbot des Gay Pride durch die Stadt Moskau und die Verhaftung friedlicher Demonstranten, die ihre Menschenrechte wahrnehmen" einen "Skandal". Die deutsche Bundesregierung müsse sich unverzüglich für ihre Freilassung einsetzen und sich nach ihrer Sicherheit in der Haft erkundigen, erklärte Beck in Berlin. Der Bundestagsabgeordnete war im Mai 2007 gemeinsam mit anderen internationalen Schwulen-Aktivisten in Moskau vorübergehend festgenommen worden. Zuvor war er von Neonazis angegriffen und verletzt worden.
Quelle: APA vom 16.5.2009
Russischer Schwulen-Aktivist am Tag gegen Homophobie wieder frei.
Brüssel/Moskau (APA/AFP) - Zum Internationalen Tag gegen Homophobie hat die Europäische Union (EU) die Diskriminierung von Schwulen und Lesben scharf verurteilt. Die Feindlichkeit gegen Homosexuelle sei eine "himmelschreiende Verletzung der Menschenwürde", erklärte die EU am Sonntag in Brüssel. In Moskau kam unterdessen der Organisator einer Schwulenparade frei, gegen die die russische Polizei am Samstag scharf vorgegangen war.
"Wir sind tief besorgt wegen der Verletzung von Menschenrechten und Grundfreiheiten aufgrund von sexueller Orientierung oder geschlechtlicher Identität", erklärte die tschechische EU-Ratspräsidentschaft. Als Beispiele führte sie die Verhängung der Todesstrafe wegen Homosexualität, Folter oder "andere grausame, unmenschliche und erniedrigende" Strafen und willkürliche Festnahmen an. Menschenrechte und Grundfreiheiten würden aber auch verletzt, wenn Homosexuellen das Recht auf friedliche Versammlungen verwehrt werde oder ihnen bestimmte "wirtschaftliche, soziale oder kulturelle Rechte" genommen würden, hieß es weiter. In Moskau wurde am Sonntag der Vorsitzende des russischen Homosexuellen-Verbands und Organisator der Homosexuellen-Parade "Slavic Gay Pride", Nikolai Alexejew, aus dem Gefängnis entlassen. Er sei sechs Stunden lang verhört worden, auch von Mitarbeitern des Inlandsgeheimdienstes FSB, erklärte er der Nachrichten-Agentur AFP. Die Nacht habe er dann in einer kalten Zelle mit zerbrochenen Scheiben zubringen müssen. Er und rund 40 weitere festgenommene Aktivisten seien "sehr schlecht" behandelt worden, kritisierte Alexejew. Er sei großem psychischem Druck und "jeder Art" von Beleidigungen ausgesetzt gewesen. Dem Schwulen-Aktivisten und seinen Mithäftlingen wurde demnach Teilnahme an einer verbotenen Kundgebung vorgeworfen, ein Gesetzesverstoß, auf den ein Bußgeld von 500 Rubel (zwölf Euro) steht.
Die russische Polizei hatte die verbotene Parade, die kurz vor dem Finale des Eurovision Song Contest am Samstag stattfand, gewaltsam aufgelöst und Dutzende Menschen festgenommen. Die Veranstalter der Parade riefen unter anderem die Teilnehmer an dem Liederfestivals auf, den Wettbewerb aus Protest gegen die Unterdrückung der Menschenrechte in Russland zu boykottieren.
Es sei eine "Schande", dass im 21. Jahrhundert etwas derartiges in einem Land geschehen könne, das sich selbst als demokratisch bezeichne, kritisierte Alexejew. Die Staatengemeinschaft dürfe vor dem, was in Moskau geschehen sei, nicht die Augen verschließen. Die Menschen-rechte und die Rechte sexueller Minderheiten würden in Russland mit Füßen getreten.
Quelle: APA vom 17.05.2009
Religionsfreiheit:
Die Russische Föderation ist ein multinationaler und multikonfessioneller Staat. Artikel 28, der Verfassung garantiert Gewissens- und Glaubensfreiheit. Orthodoxie, Islam, Buddhismus und Judentum haben dabei eine herausgehobene Stellung. Artikel 14, der Verfassung schreibt die Trennung von Staat und Kirche fest. Der Staat achtet die verfassungsmäßige Stellung der Glaubensgemeinschaften. Gleichwohl wird die Russisch-Orthodoxe Kirche bevorzugt behandelt. Die zunehmende Präsenz der Russisch-Orthodoxen Kirche im gesellschaftlichen Leben hat im Juli 2007 (initiiert durch einen Protestbrief namhafter Wissenschaftler) eine öffentliche Debatte über ihre Rolle in Russland und ihr Verhältnis zum Staat ausgelöst. Die Russisch-Orthodoxe Kirche erhebt einen Monopolanspruch auf alle christlichen Gläubigen russischer Nationalität. Im Mai 2007 hat sie nach fast 90-jähriger Spaltung die kirchliche Einheit mit der Russisch-Orthodoxen Auslandskirche formal wiederhergestellt. Im Verhältnis der orthodoxen zur katholischen Kirche gibt es in letzter Zeit deutliche Zeichen für eine weitere Annäherung beider Kirchen, die nach eigenen Aussagen nicht zuletzt gemeinsame Wert- und Moralvorstellungen miteinander verbindet. Dennoch ist für die Hauptstreitpunkte (Proselytismus-vorwürfe, Konflikt mit der Unierten Kirche der Ukraine) eine Lösung nicht in Sicht. In Russland leben rund 20 Mio. Muslime. Der Islam als eine der traditionellen Hauptreligionen Russlands wird von staatlicher Seite nicht diskriminiert, sondern in der Regel gefördert. Russland hat eine erfolgreiche jahrhundertelange Erfahrung im Zusammenleben mit muslimischen Völkern. Überdies ist der Islam in Russland in seiner Grundausrichtung von Toleranz gegenüber anderen Religionen geprägt.
Nicht als traditionelle Religionen anerkannte Glaubensrichtungen können hingegen auf Schwierigkeiten mit staatlichen Behörden stoßen. Dies gilt vor allem für nichttraditionelle islamische Strömungen, denen insbesondere im Nordkaukasus und im Wolgagebiet häufig der Vorwurf gemacht wird, extremistisches Gedankengut zu vertreten oder in Beziehung zu terroristischen Gruppierungen zu stehen, aber auch für die Zeugen Jehovas, die mit verschiedenen Überprüfungsverfahren durch Staatsanwaltschaften konfrontiert sind.
Quelle: Deutsches Auswärtiges Amt Bericht über die asyl- und abschiebungs-relevante Lage in der Russischen Föderation Stand:
Oktober 2008, vom 22.11.2008
Soziale Lage
Wirtschaftliche Lage der Bevölkerung: In den vergangenen acht Jahren haben sich die Realeinkünfte der Bevölkerung mehr als verdoppelt, ebenso stark ging die Armut zurück. Während 2000 in Russland über 30 Prozent der Bevölkerung unterhalb der Armutsgrenze leben mussten, beläuft sich diese Kennziffer heute auf etwa 14 Prozent. Es gibt staatliche Unterstützung (z.B. Sozialhilfe für bedürftige Personen auf sehr niedrigem Niveau), die jedoch nicht zur Deckung des Grundbedarfs ausreicht. Im Mai 2008 hat das Wirtschaftsministerium eine Entwicklungsprognose für die kommenden drei Jahre verkündet.
Danach sollen die durchschnittlichen Löhne und Gehälter (derzeit bei monatlich 17.034 Rubel, ca. 464 Euro) in diesem Zeitraum um mindestens zehn Prozent jährlich steigen. Der Anteil der Bevölkerung mit einem unter dem Existenzminimum liegenden Einkommen soll bis zum Jahr 2011 auf zehn Prozent verringert werden. Diese Prognosen erscheinen realistisch. Im Jahresbericht des Menschenrechts-Beauftragten Lukin wird auf die "beängstigende" Situation der Rentner hingewiesen. Danach lebt die überwiegende Mehrheit der 38 Millionen Rentner Russlands in sehr armen Verhältnissen. Die im letzten Jahr erfolgte Erhöhung der Mindestrenten ist inzwischen durch die Preisinflation bei den Lebensmitteln wieder ausgeglichen. Zwar sind die Renten heute real 1,7 Mal so hoch wie vor sieben Jahren, doch in absoluten Zahlen immer noch sehr niedrig: Die Arbeitsrente beträgt ca. 4200 Rubel (rund 115 Euro), die Sozialrente 2700 Rubel (rund 75 Euro).
Quelle: Deutsches Auswärtiges Amt Bericht über die asyl- und abschiebungs-relevante Lage in der Russischen Föderation Stand:
Oktober 2008, vom 22.11.2008
Die Finanz- und Wirtschaftskrise hat sich bereits spürbar auf die soziale Situation ausgewirkt. Die Arbeitslosigkeit wächst stark: die ILO rechnet mit 6,1 Mio. Arbeitslosen zum Ende 2009, dies wäre eine Arbeitslosenquote von 8,1 Prozent. Offizielle Schätzungen liegen mit 2,8 Mio. allerdings weit darunter. Für Maßnahmen zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit wurden zwischenzeitlich zusätzliche Mittel in Höhe von 43,7 Milliarden Rubel (ca. 945 Mio. Euro) bereitgestellt. In einer wachsenden Zahl von Einzelfällen kommt es auch wieder zu Lohnrückständen. Die schwache Konjunktur lässt vermuten, dass in diesem Jahr erstmalig seit mehr als acht Jahren nicht mit Reallohnsteigerungen zu rechnen ist.
Quelle: Deutsches Auswärtiges Amt: Stand März 2009
Korruption
Korruption ist ein weitverbreitetes Problem in der Russischen Föderation und Studien haben gezeigt, dass sich die Situation innerhalb des vergangenen Jahres verschlimmert hat. Die Indikatoren der Weltbank haben aufgezeigt, dass Korruption ein ernsthaftes Problem ist. Die Regierung hat dem Kampf gegen Korruption und der Rechtsdurchsetzung höchste Priorität eingeräumt. Während das Gesetz Strafen für Korruption vorsieht, hat die Regierung anerkannt, dass das Gesetz nicht effektiv vollzogen wird und korrupte Beamte häufig ungestraft bleiben. Korruption war in der Exekutive, Legislative, Justiz und allen Ebenen der staatlichen Strukturen weitverbreitet. In Bekanntmachungen wurde von Beamtenbestechung, Veruntreuung von Geldern, Diebstahl von Staatseigentum, Schmiergeldern im Beschaffungswesen und Erpressung berichtet. Die NGO INDEM (Information Science for Democracy) berichtet, dass andere öffentliche Einrichtungen wie das Bildungssystem, das Gesundheitswesen, das Verfahren zur Einberufung der Wehrpflichtigen und die kommunale Wohnungsvergabe ebenso korrupt seien.
Um der Korruption entgegenzuwirken wurden Rechtsvorschriften erlassen und Verwaltungsreformen durchgeführt sowie freiwillige Verhaltenskodizes aufgestellt, was lediglich zu kleinen Fortschritten geführt hat. Während Bestechung strafrechtlich verfolgt wird, bleibt die Rechtsdurchsetzung im Allgemeinen problematisch. Dazu kommt, dass Bestechung und andere Korruptionsfälle vom Innenministerium und dem FSB, die weithin als korrupt gelten, untersucht werden.
Nach dem Strafgesetzbuch ist aktive und passive Bestechung mit 12 Jahren Haft unter Strafe gestellt. Eine Person, der die Zahlung von Bestechungsgeldern abgenötigt wurde oder die freiwillig die Behörden informiert, ist straflos.
Von Jänner bis Oktober wurden laut dem Stellvertretenden Minister für Auswärtige Angelegenheiten Alexander Yakovenko mehr als 37.000 Korruptionsfälle von Bestechung bis zu korrupten Geschäftspraktiken vom Innenministerium aufgedeckt. Von Jänner bis November gab es
11.119 Bestechungsfälle alleine in der Regierung und auf kommunaler Ebene, was einen Anstieg von 6% im Vergleich zum Vorjahreszeitraum bedeutet. Von diesen Fällen wurde in 9.127 strafrechtlich ermittelt und 5.288 Personen wurden verurteilt, was einen Anstieg um 10,3% aus dem Vergleichszeitraum 2006 darstellt. Die Organisation INDEM schätzt, dass jährlich Millionen strafbarer Handlungen, die mit Korruption in Zusammenhang stehen, begangen werden, die einen Schaden von 300 Milliarden Dollar (ca. 7,36 Billionen Rubel) anrichten, was fast dem gesamten Bundeshaushalt entspricht.
Manch hochrangige Beamte wurden in diesem Jahr wegen Korruption angeklagt aber die meisten Maßnahmen im Kampf gegen die Korruption hatten einen beschränkten Anwendungsbereich und konzentrierten sich auf niedrigere Beamte. Korruptionsvorwürfe wurden auch als politische Taktik genützt, was es umso schwieriger gemacht hat, das tatsächliche Ausmaß der Korruption festzustellen.
Der Korruptionsfall, der in diesem Jahr den hochrangigsten Politiker betraf, war jener des Stellvertretenden Finanzministers Sergey Storchak, der wegen des Verdachtes der Vorbereitung der Veruntreuung von 43 Millionen Dollar (mehr als 1 Milliarde Rubel) aus dem Bundeshaushalt verhaftet wurde. Bis zum Jahresende bleibt der Fall, den manche Beobachter für politisch motiviert halten, verzögert. In der Zwischenzeit besteht die Haft von Storchak in Moskau wegen Fluchtgefahr fort.
Quelle: U.S Department of State, Country Reports on Human Rights Practices, 11. März 2008
Gesundheitswesen
Das noch aus der Sowjetzeit stammende Gesundheitssystem ist ineffektiv. Die Einkommen der Ärzte und des medizinischen Personals sind noch immer vergleichsweise niedrig. Dies hat zu einem System der faktischen Zuzahlung durch die Patienten geführt, obwohl ärztliche Behandlung eigentlich kostenfrei ist.
Infektionskrankheiten wie Tuberkulose und insbesondere HIV/AIDS breiten sich weiter aus. Besonders betroffen sind Gefängnisinsassen sowie Drogensüchtige. Bevölkerungsgruppen mit Anspruch auf kostenreduzierte und -freie Dienst- bzw. Sachleistungen sind immer wieder von Versorgungsengpässen betroffen. Im Rahmen der "Nationalen Projekte", die aus Rohstoffeinnahmen finanziert werden, soll auch das Gesundheitssystem reformiert werden. Hier zeigen sich bisher Anfangserfolge.
Quelle: Deutsches Auswärtiges Amt: Stand März 2009
Die medizinische Versorgung in Russland ist grundsätzlich ausreichend. Zumindest in den Großstädten, wie Moskau und St. Petersburg, sind auch das Wissen und die technischen Möglichkeiten für anspruchsvollere Behandlungen vorhanden. Nach Einschätzung westlicher Nichtregierungsorganisationen ist das Hauptproblem jetzt weniger die fehlende technische oder finanzielle Ausstattung, sondern ein gravierender Ärztemangel. Russische Bürger haben ein Recht auf eine kostenfreie medizinische Grundversorgung, doch in der Praxis erfolgen zumindest aufwändigere Behandlungen erst nach privater Bezahlung. Dabei zeigt sich im Alltag häufig, dass von mittellosen und wenig verdienenden Personen nichts bzw. wenig an Zusatzzahlungen verlangt wird, bei normal bis gut verdienenden Personen hingegen mehr. Private Praxen nehmen in den Mittel- und Großstädten deutlich zu. Nach Angaben des Zentrums für soziale Politik der Russischen Wissenschaftsakademie bekommt rund die Hälfte der erwerbstätigen Bevölkerung keine medizinische Versorgung, da diese Menschen keine Zeit für Warteschlangen in den formell kostenlosen medizinischen Einrichtungen haben, während nur sieben bis acht Prozent von ihren Arbeitgebern medizinisch versichert sind. Die Versorgung mit Medikamenten ist zumindest in den Großstädten gut, aber nicht kostenfrei. Neben russischen Produkten sind gegen entsprechende Bezahlung auch viele importierte Medikamente erhältlich. Allerdings sind Medikamentenfälschungen relativ häufig. Große Teile der Bevölkerung können sich teure Arzneimittel nicht leisten. Die Zahl der AIDS-Kranken in Russland ist in den letzten Jahren weiter gestiegen, wenngleich weniger stark als noch Anfang des Jahrtausends. Der staatliche Chefhygienearzt Onischtschenko gab im Juni 2008 bekannt, dass in Russland jährlich 35.000 bis 40.000 HIV-Neuinfizierte ermittelt werden. Verglichen mit dem Jahr 2001, als eine Rekordzahl von rund 80.000 HIV-Infizierten registriert worden war, zeige sich also ein deutlicher Rückgang der Neuansteckungen. Sie habe sich aber auf einem relativ hohen Niveau stabilisiert: seit dem 1. Januar 1987 wurden insgesamt 408.535 HIV-Infizierte (Stand: Februar 2008, davon 2719 Kinder) registriert; mehr als 10.000 Menschen seien bisher an AIDS gestorben. Von den Neuinfektionen sind vor allem Jugendliche zwischen 18 und 25 Jahren betroffen. Im Jahr 2007 sind 22,5 Millionen und 2006 knapp 20 Millionen Einwohner auf HIV untersucht worden waren. Jährlich stelle der Staat bis zu zehn Milliarden Rubel (271 Millionen Euro) für die Behandlung von HIV-Infizierten und AIDS-Kranken zur Verfügung. Es gibt etwa 15 zugelassene AIDS-Präparate (weltweit sind ca. 30 Präparate gebräuchlich). Die Behandlungskosten belaufen sich für eine Person auf durchschnittlich ca. 3.000 Euro pro Jahr. Das Büro von UN-AIDS in Moskau stellt zahlreiche Fälle von Diskriminierung und unzureichender medizinischer Versorgung fest. Die Anzahl der Tuberkulose-Kranken ist in der Russischen Föderation leicht gestiegen. Nach Angaben des Gesundheitsministeriums wurden im vergangenen Jahr 118 367 TBC Kranke (83,2 je 100 000 Einwohner) registriert. Das sind 721 Personen mehr als im Vorjahr. Insbesondere für Kinder aus schwierigen Verhältnissen fehlt es an prophylaktischen Maßnahmen gegen TBC. In Moskau sind unter den verwahrlosten Kindern und Jugendlichen 18 Tbc-kranke je 1000 untersuchte Personen registriert worden. Bei einem 2006 verabschiedeten Nationalen Gesundheitsprojekt wird neben dem Kampf gegen AIDS auch der Prophylaxe gegen Hepatitis besondere Priorität eingeräumt, da man von etwa acht Millionen Hepatitis-B und drei bis vier Millionen Hepatitis-C-Kranken in Russland ausgeht. Neben einem bis 2008 angelegten Impfprogramm, das 25 Millionen Menschen erfassen soll, ist nunmehr auch die kostenlose Impfung gegen Hepatitis im allgemeinen Impfkalender für Kinder und Jugendliche vorgesehen. Im Bezirk Wolgograd z.B. soll durch das Impfprogramm die Erkrankungsrate in den ersten 5 Monaten des Jahres 2008 bei Hepatitis A um 30%, bei Hepatitis B um 50% und bei Hepatitis C um 16% gegenüber dem gleichen Zeitraum des vergangenen Jahres zurückgegangen sein. Landesweite Statistiken hierzu liegen noch nicht vor. Die Notfallversorgung über die "Schnelle Hilfe" (Telefonnummer 03) ist gewährleistet. Die so genannten Notfall-Krankenhäuser bieten einen medizinischen Grundstandard.
Quelle: Deutsches Auswärtiges Amt Bericht über die asyl- und abschiebungs-relevante Lage in der Russischen Föderation Stand:
Oktober 2008, vom 22.11.2008
Die World Health Organisation gibt in ihrem Bericht an, dass psychiatrische Behandlungen vom Staat finanziert würden, aber nicht von der verpflichtenden staatlichen Versicherung erfasst seien. Psychiatrische Institutionen würden auch auf lokaler Ebene finanziert. Medikamente für geistig Behinderte, für Patienten in den Spitälern und für Schizophrenie- und Epilepsie-Patienten seien kostenlos, allerdings umfasse die Liste an kostenlosen Medikamenten für ambulante Patienten nur die billigen Medikamente. Geistig Behinderte könnten eine Schwerbeschädigtenrente bekommen.
Im Rahmen des russischen Gesundheitsministeriums gibt es 278 Mental - Spitäler, 164 psychoneurologische Ambulatorien, 2010 psychoneurologische Beratungsräume in ländlichen Gebieten und 117 psychotherapeutische Räume. Es sind laut WHO darüber hinaus etwa 10 NGO¿s aktiv, die mit psychischen Erkrankungen arbeiten. Ihre Tätigkeitsfelder umfassen Interessenvertretung, Lobbying, Prävention und Rehabilitierung.
Quelle: World Health Organisation, Mental Health Atlas 2005
Medien
Seit Jahren besteht in Russland die Tendenz, die Presse stärker unter direkte oder indirekte staatliche Kontrolle zu nehmen. Der politischen Opposition werden damit Kommunikationskanäle genommen. Die nationalen Fernsehkanäle werden vom Staat kontrolliert. Persönliche Kritik am Präsidenten und am Ministerpräsidenten einschließlich Berichterstattung über den privaten Bereich sind nicht erwünscht. Als heikel gelten Berichte, die als Herabsetzung der nationalen Würde interpretiert werden könnten. Im Hörfunkbereich werden die staatlichen Sender "Radio Russlands" und "Majak" landesweit empfangen und vermitteln die offizielle Linie. Das private "Echo Moskwy" steuert trotz des Mehrheitsaktionärs Gazprom einen eher kremlkritischen Kurs. Die Druckmedien bieten den Lesern nach wie vor ein breites Meinungsspektrum, wobei der Einfluss der politischen Führung auch hier zu spüren ist. Nach wie vor gibt es einige große, seriöse und lesenswerte Tageszeitungen. Weitgehende Publikationsfreiheit besteht für die Internetmedien, die nach wie vor beträchtliche Wachstumsraten aufweisen. Jedoch mehren sich Stimmen, die eine stärkere Kontrolle extremistischer und Gewalt verherrlichender Seiten fordern. Der diesbezügliche Gesetzgebungsprozess läuft derzeit noch.
Quelle: Deutsches Auswärtiges Amt: Stand März 2009
Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit, Meinungs- und Pressefreiheit
sind verfassungsrechtlich garantiert, durch Gesetzgebung und Exekutive jedoch zahlreichen Einschränkungen unterworfen. Das russische Versammlungsgesetz ist grundsätzlich sehr liberal formuliert. Demonstrationen müssen 10 bis 15 Tage im voraus angekündigt werden, ein Genehmigungserfordernis besteht nicht. Jedoch beklagt der Menschenrechtsbeauftragte Lukin in seinem Jahresbericht vom Frühjahr 2007, dass diese Regelungen in zahlreichen Föderationssubjekten durch den Erlass von Verordnungen, die teilweise in klarem Widerspruch zur föderalen Gesetzeslage stehen und de facto ein Genehmigungserfordernis einführen, unterlaufen würden. Ansatzpunkt ist meist die laut Versammlungsgesetz erforderliche Abstimmung zwischen den Organisatoren einer Demonstration und den lokalen Behörden über Ort und Zeitpunkt einer Veranstaltung. Insbesondere Demonstrationen des Oppositionsbündnisses "Anderes Russland" wurden auf diese Weise be- bzw. verhindert (sog. "Märsche der Nichteinverstandenen", zuletzt am 06.05.2008 in Moskau). Neben unterschiedlichen administrativen Behinderungen und Einschüchterungen potentieller Teilnehmer im Vorfeld der Veranstaltungen kam es dabei auch zu grob unverhältnismäßiger Gewaltanwendung durch die Miliz gegen Demonstranten. Nach einem Marsch im November 2007 in Moskau waren mehrere Mitorganisatoren (u.a.Garri Kasparow) wegen angeblicher Verletzung des Versammlungsrechts zu bis zu fünf Tagen Verwaltungshaft verurteilt worden.
Wie in den beiden Vorjahren hat die Moskauer Stadtverwaltung auch im Mai 2008 eine Demonstration für die Rechte sexueller Minderheiten untersagt, indem die erforderliche Abstimmung über Ort und Zeit der Veranstaltung verweigert wurde. Gleichwohl fand am 01.06.2008 eine solche Demonstration unangemeldet ohne Zwischenfälle statt, nachdem die Organisatoren die Behörden über den Ort der Demonstration getäuscht hatten. Die Tätigkeit von Nichtregierungsorganisationen (NRO¿s) wird durch das im April 2006 verschärfte Gesetz über nichtkommerzielle Organisationen geregelt. Die Gesetzesänderung erlegt Nichtregierungs-organisationen erweiterte Berichtspflichten auf. Vertretungen ausländischer Nichtregierungs-organisationen müssen sich überdies in einem neuen Register registrieren lassen. Dies ist mit einer aufwändigen Prozedur verbunden, welche die meisten Organisationen inzwischen jedoch hinter sich gebracht haben. NRO¿s sehen sich durch diese Regelungen in ihren Arbeitsmöglichkeiten eingeschränkt. In Einzelfällen wird auf NRO¿s über Strafverfahren Druck ausgeübt. So wurden 2007 gegen die Nowgoroder "Stiftung für Toleranz" und die Wahlrechts-NRO "Golos" in Samara Strafverfahren wegen der angeblichen Verwendung nicht lizenzierter Software eingeleitet.
Die Tendenz zu starker staatlicher Kontrolle und Einschüchterung der Medien hat sich fortgesetzt. Am 5. Juni 2008 hat Präsident Medwedew betont, dass die Pressefreiheit in Russland vor Willkür des administrativen Apparates geschützt werden müsse. Nach Angaben des Zentrums für Journalismus in Extremsituationen (Oleg Panfilow) werden gegen Journalisten fortlaufend restriktive Maßnahmen ergriffen (Strafverfahren, Festnahmen, Durchsuchungen, Überfälle, Schließung von Medien, Verbot von Publikationen, Nichtzulassung zu bestimmten Ereignissen). Prominenter Fall ist die moldauische Journalistin Natalia Morar, die für die Zeitschrift "The New Times", zu politisch brisanten Themen recherchiert und schreibt. Ihr wurde mehrfach die Wiedereinreise nach Russland verweigert.
Besonders ist in den Regionen, vor allem im Nordkaukasus, der Druck auf die Medien spürbar, wo man freie Medien geschlossen, die Publikation brisanten Materials verboten und Fernsehjournalisten malträtiert hat. In dem Verfahren gegen die Leiterin des Fortbildungsnetzwerkes für Fernsehjournalisten Internews, Aslamassian, wegen illegaler Deviseneinfuhr hat das Verfassungsgericht nach Präsident Medwedews Amtsantritt Ende Mai ein liberales Signal gesetzt und das Strafverfahren gegen sie einstellen lassen. Die nationalen Fernsehkanäle (insbesondere Erster Kanal, Rossija, NTW) werden vom Staat kontrolliert. Tabuthemen sind Kritik an der Person des Präsidenten, eine ungeschminkte Darstellung der Lage im Nordkaukasus und die Kritik an grundlegenden Prinzipien der bestehenden staatlichen Ordnung. Gleichwohl gibt es sachkundige und informative Berichte zu brisanten politischen Entwicklungen.
Quelle: Deutsches Auswärtiges Amt Bericht über die asyl- und abschiebungs-relevante Lage in der Russischen Föderation Stand:
Oktober 2008, vom 22.11.2008
Militärdienst
Die Menschenrechtslage in den russischen Streitkräften ist weiterhin problematisch. Der Beauftragte für Menschenrechte der Russischen Föderation schreibt in seinem Jahresbericht zu den Streitkräften:
"Im Berichtsjahr hat sich die Lage der Rechte der Soldaten nicht wesentlich geändert und gestaltet sich weiterhin überaus schwierig. Der Staat ist nach wie vor nicht in der Lage, eine angemessene Besoldung der Soldaten und ihre Versorgung mit Wohnraum zu gewährleisten und sie gegen die Willkür ihrer Vorgesetzten, gegen Misshandlungen und Schikanen seitens dienstälterer Kameraden zu schützen [...] Die Probleme, die sich seit Jahren angehäuft haben, lassen sich kaum in einem Zuge lösen. Doch darf es auch nicht sein, dass die grundsätzliche Lösung dieser Probleme in die Zukunft verschoben wird, während man sich gegenwärtig lediglich auf "kosmetische Korrekturen" beschränkt."
Unverändert schwer einzuschätzen ist, ob die offiziellen Verlautbarungen zu Menschenrechtsverletzungen in den bewaffneten Organen der Russischen Föderation vollständig und wahrheitsgemäß sind. Zwar nehmen die Veröffentlichungen hierzu zu (u.a. Publikationen in den Medien, offene Stellungnahmen des Verteidigungsministers, Hinweise und Statistiken auf der Internetseite des Verteidigungsministeriums), es liegen jedoch weiterhin keine verlässlichen, umfassenden Zahlen über die tatsächlichen Verhältnisse vor. Das "Komitee der Soldatenmütter" beklagt regelmäßig, dass es in Wirklichkeit viel mehr Menschenrechtsverletzungen gebe, als offiziell verlautbart wird.
Es kommt nach wie vor zu Misshandlung von Soldaten (Wehrpflichtigen, aber auch Zeitsoldaten/" Kontraktnikis") durch Vorgesetzte aller Dienstgrade oder ältere Wehrpflichtige ("Djedowschtschina"). Dies liegt daran, dass es noch nicht gelungen ist, die Zahl der gut qualifizierten Offiziere signifikant zu erhöhen und andere Maßnahmen (noch) nicht greifen. Ohne qualifizierte Dienstaufsicht erpressen dienstältere Soldaten weiterhin Geld, Wertsachen und Lebensmittel oder schikanieren und quälen junge Wehrpflichtige. Einzelne Vorfälle zeigen, dass sich die Probleme der Menschenrechtsverletzungen durch alle Dienstgradgruppen ziehen. Hierzu zählen u.a.:
Abordnung von Soldaten zu nichtmilitärischen Arbeiten;
erniedrigende Behandlung im täglichen Umgang;
Misshandlung von Soldaten im Arrest;
Verprügeln von Soldaten durch Vorgesetzte.
Eine Gesamtzahl von Todesfällen in den russischen Streitkräften wird nicht veröffentlicht. Das russische Verteidigungsministerium gibt aber die Zahl der Toten an, die durch "besondere Ereignisse" (Unfälle, Selbstmord usw.) außer Kampfhandlungen verstorben sind. Hier sollen 2007 442 Soldaten (davon 224 Selbstmorde, 126 Unfalltode, 41 Tote bei Verkehrsunfällen, 23 als Folge von "Unachtsamkeit", 13 im unsachgemäßen Umgang mit Waffen) verstorben sein. 15 Todesfälle sollen Folge von Kameradenschinderei ("Missbrauch der Amtsbefugnisse und Verstöße gegen die Regeln des Zusammenlebens") sein. Im ersten Halbjahr 2008 wurden bereits 208 Todesfälle, davon 121 Selbstmorde und 8 durch Kameradenschinderei, gemeldet. Reformmaßnahmen der letzten Jahre (Reduzierung und Modernisierung der Einheiten, Anhebung der personellen Auswahlkriterien, Verbesserung der Besoldung usw.) greifen nur langsam, und die Verbesserung des inneren Gefüges und der Disziplin verläuft entsprechend schleppend. Kommissionen untersuchen die oben genannten Vorfälle und erarbeiten Empfehlungen zu ihrer Bekämpfung. In fast allen dieser Empfehlungen fordert die militärische eine neue Führungsphilosophie und eine Ausbildung des Führungsnachwuchses auf rechtsstaatlicher Grundlage. Zudem sei eine substantielle Erhöhung der finanziellen und materiellen Versorgung erforderlich. Nach Aussagen des Stellvertretenden Leiters der Abteilung für zentrale Personalangelegenheiten sind inzwischen mehr als 2789 Elternkomitees mit insgesamt mehr als 12000 Mitgliedern bei militärischen Dienststellen und Einheiten eingerichtet. Diese sollen sich um Angelegenheiten der Soldaten (besonders der Wehrpflichtigen) kümmern, bereits einen positiven Einfluss auf die Disziplin und Einhaltung von Gesetzen bewirkt haben und so auch der Misshandlung von Soldaten vorbeugen. Dieser Ansatz, mit dem sicher auch ein Gegengewicht zu dem unabhängigen "Komitee der Soldatenmütter" gesetzt werden soll, könnte zu einer positiven Entwicklung führen. In wie weit sich diese Maßnahmen auswirken, lässt sich zum Termin der Bericht-Erstattung noch nicht bewerten. Die Bedingungen des Wehrdienstes (2007 noch 24 bzw. 18 Monate; seit Einberufung 1.4.2008 12 Monate) sind hart. Die allgemeine Wehrpflicht besteht für Männer zwischen 18 und 28 Jahren. Wehrpflichtige erhalten zur Zeit ca. 42 Euro Monatssold plus standort- und gefahrenbedingte Zulagen. Es ist verbreitet, dass der Sold ganz oder teilweise an Vorgesetzte oder dienstältere abgegeben werden muss. Wehrpflichtige müssen grundsätzlich sieben Tage in der Woche Dienst leisten (nur nach schriftlicher Genehmigung durch den Vorgesetzten ist Ausgang in Uniform innerhalb der Garnison einmal in der Woche möglich). Nach Angaben des Militärmedizinischen Dienstes der russischen Streitkräfte wird eine große Anzahl von Soldaten bereits nach den ersten Dienstmonaten aus dem aktiven Dienst vorzeitig entlassen. Jede zweite Entlassung erfolgt aufgrund von Persönlichkeitsstörungen und geistiger Verwirrung. Die Ursache liege in der sehr hohen physischen und psychischen Belastung, die die jungen Soldaten zu ertragen hätten.
Das Recht auf Kriegsdienstverweigerung wird durch Artikel 59, Absatz 3, der russischen Verfassung garantiert. Die Bestimmung sieht einen Ersatzdienst für den Fall vor, dass der Wehrdienst dem Gewissen und der religiösen Überzeugung eines Wehrpflichtigen widerspricht. Seit 2004 ist zudem ein "Gesetz über den alternativen Zivildienst" in Kraft. Auch nach der Gesetzesänderung vom Juli 2006 übersteigt der Ersatzdienst den Militärdienst weiter um das 1,5- bis 1,75-Fache. Der Ersatzdienst dauert seit der Frühjahrseinberufung 2008 18 bis 21 Monate (Wehrdienst 12 Monate), abhängig von der Qualifikation des Wehrpflichtigen und der Art der Dienststelle. 2004 bis 2006 dauerte der Ersatzdienst noch 42 Monate (Wehrdienst 24 Monate), 2007 27 bis 31,5 Monate (Wehrdienst 18 Monate). Der Ersatzdienst soll in der Regel bei einem staatlichen Dienst (z.B. in Kliniken, Feuerwehr, Innendienst) abgeleistet werden. In einzelnen Fällen mussten Ersatzdienstleistenden ihren Anspruch, nicht im militärischen Umfeld (z.B. Instandsetzungsarbeiten an Kriegsschiffen) eingesetzt zu werden, gerichtlich durchsetzen. Insgesamt wird die Einberufung zum zivilen Ersatzdienst nur durch relativ wenige Bürger beantragt. Nach Verlautbarungen des Verteidigungsministeriums vom Frühjahr 2008 leisten zurzeit 1150 Bürger zivilen Ersatzdienst. 2008 haben bisher nach offiziellen Angaben 175 Bürger einen Antrag auf Ableistung zivilen Ersatzdienstes gestellt, von denen 162 positiv entschieden wurden (zum Vergleich: zum Wehrdienst wurden im Frühjahr 2008 133.200 Soldaten einberufen). Die Gründe der Antragsteller werden nicht veröffentlicht. Damit lassen sich keine belastbaren Angaben zu den Anträgen aus religiösen Gründen insgesamt machen. Es ist jedoch davon auszugehen, dass die "Zeugen Jehovas" eine der größten Gruppen bilden, die erfolgreich den Wehrdienst verweigern und zivilen Ersatzdienst leisten. Die politische Kontrolle aller bewaffneten Organe durch Duma und Föderationsrat ist gesetzlich festgelegt. Sie haben prinzipiell die Möglichkeit, sich über die Menschenrechtslage in den Streitkräften ein unabhängiges Bild zu verschaffen. Allerdings ähneln die Berichte der Parlaments-Ausschüsse in der Regel den Einschätzungen der betroffenen Ministerien. Das vom Verteidigungsministerium geforderte und vom Staatspräsidenten gestützte, mehrschichtige zivile Kontrollsystem wurde in Form der o. g. Elternkomitees und eines Gesellschaftsbeirates installiert. In den Truppen des Innenministeriums, die in Tschetschenien im Einsatz sind, werden laut Angaben des Verteidigungs-Ministeriums Soldaten nur auf besondere Anforderung und in Einzelfällen eingesetzt. Wehrpflichtige der Streitkräfte kommen dort nicht zum Einsatz.
Für Strafverfahren gegen Militärangehörige sind Militärgerichte zuständig. Diese sind seit 1999 formal in die zivile Gerichtsbarkeit eingegliedert. Seitdem sind die Militär-Richter aus dem Militärdienst ausgegliedert und erhalten ihre Gehälter aus dem Justizministerium.
Eine im September 2007 in Kraft getretene Reform der Strafprozessordnung erlaubt es außerdem der Generalstaatsanwaltschaft, erstmals Zivilisten zu Militärstaats-anwälten zu ernennen. In Militärgerichtsverfahren steht Angeklagten das Recht auf einen Verteidiger zu. Freiheitsstrafen wegen Militärvergehen sind ebenso wie Freiheitsstrafen aufgrund anderer Delikte in Haftanstalten oder Arbeitskolonien zu verbüßen. Militärangehörige können jedoch auch zur Verbüßung von Freiheitsstrafen bis zu zwei Jahren in Strafbataillone abkommandiert werden. Strafbataillone werden in der Regel zu Schwerstarbeit eingesetzt. Über Gefechtseinsätze dieser Formationen liegen dem Auswärtigen Amt keine Erkenntnisse vor.
Quelle: Deutsches Auswärtiges Amt Bericht über die asyl- und abschiebungs-relevante Lage in der Russischen Föderation Stand:
Oktober 2008, vom 22.11.2008
Todesfälle durch Übergriffe beim Wehrdienst sind weiterhin ein Problem. Die Schikanen gegen junge Rekruten ("Djedowschtschina") gehen von Abnötigen von Geld und Gütern über Schläge und andere körperliche Misshandlungen. 2007 waren bis Ende Oktober 20 Wehrdienstleistende umgekommen. Wenige der hierfür Angeklagten werden strafrechtlich verfolgt, und wenn zumeist nur auf Druck von Medien hin. Eine Ausnahme stellte die Verurteilung eines Hauptmannes im August 2006 dar.
Quelle: U.S. Departement of State, Country Reports on Human Rights
Practices 2007: Russia, 11.03.2008
Laut der Nichtregierungsorganisation "Union der Soldatenmütter" sterben jedes Jahr bis zu 3000 russische Soldaten durch Vorfälle, die nichts mit Kampfhandlungen zu tun haben. Diese würden durch Schläge, Misshandlungen, Schikanen und Selbstmord ums Leben kommen.
Quelle: Radio Free Europe/Radio Liberty, NGO Says 3,000 Russian Soldiers Die In Noncombat Deaths, 20.9.2007
Rückkehr
Dem Auswärtigen Amt sind keine Fälle bekannt, in denen russische Staatsangehörige allein deshalb bei ihrer Rückkehr nach Russland staatlich verfolgt wurden, weil sie zuvor im Ausland einen Asylantrag gestellt hatten. Der Kontrolldruck gegenüber kaukasisch aussehenden Personen hat etwas abgenommen, wenngleich russische Menschenrechtsorganisationen nach wie vor von einem willkürlichen Vorgehen der Miliz gegen Tschetschenen allein wegen ihrer ethnischen Zugehörigkeit berichten. Kaukasisch aussehende Personen stünden unter einer Art Generalverdacht. Personenkontrollen (Ausweis, Fingerabdrücke) auf der Straße, in der U-Bahn und Hausdurchsuchungen (häufig ohne Durchsuchungsbefehle) haben aber an Intensität abgenommen. Dem Auswärtigen Amt sind keine Anweisungen der russischen Innenbehörden zur spezifischen erkennungsdienstlichen Behandlung von Tschetschenen bekannt geworden. Kontrollen von kaukasisch aussehenden oder aus Zentralasien stammenden Personen erfolgen seit Jahresbeginn 2007 zumeist im Rahmen des verstärkten Kampfes der Behörden gegen illegale Migration und Schwarzarbeit. Zurückkehrende unbegleitete Minderjährige können über die Abteilung für staatliche Jugendpolitik, Erziehung und sozialen Schutz für Kinder des Bildungs- und Wissenschaftsministeriums der Russischen Föderation in einem Kinderheim untergebracht werden, wenn sich keine Verwandten zur Aufnahme bereit erklären. Die eigentliche Zuständigkeit liegt bei den Behörden des registrierten Wohnortes des Minderjährigen.
Quelle: Deutsches Auswärtiges Amt Bericht über die asyl- und abschiebungs-relevante Lage in der Russischen Föderation, Stand Oktober 2008 vom 22.11.2008
Mit dem Föderationsgesetz von 1993 wurde ein Registrierungssystem geschaffen, nach dem die Bürger den örtlichen Stellen des Innenministeriums ihren gegenwärtigen Aufenthaltsort ("vorübergehende Registrierung") und ihren Wohnsitz ("dauerhafte Registrierung") melden müssen. Die Registrierung legalisiert den Aufenthalt und ermöglicht den Zugang zu Sozialhilfe, staatlich geförderten Wohnungen und zum kostenlosen Gesundheitssystem sowie zum legalen Arbeitsmarkt. Voraussetzung für eine Registrierung ist die Vorlage des Inlandspasses (ein von russischen Auslandsvertretungen in Deutschland ausgestelltes Passersatzpapier reicht nicht aus) und nachweisbarer Wohnraum. Nur wer eine Bescheinigung seines Vermieters vorweist, kann sich registrieren lassen. Kaukasier haben laut Angaben von Menschenrechtsvertretern jedoch größere Probleme als Neuankömmlinge anderer Nationalität, überhaupt einen Vermieter zu finden. Viele Vermieter weigern sich zudem, entsprechende Vordrucke auszufüllen, u.a. weil sie ihre Mieteinnahmen nicht versteuern wollen.
Quelle: Deutsches Auswärtige Amt Bericht über die asyl- und abschiebungs-relevante Lage in der Russischen Föderation, Stand Oktober 2008, vom 2.11.2008
römisch III. Beweiswürdigung
Die Feststellungen zur Identität der beschwerdeführenden Partei, ihrer Eltern und den sonstigen familiären Verhältnissen beruhen auf den den korrespondierenden Verwaltungsakten des Bundesasylamtes sowie den hg. Akten einliegenden unbedenklichen Standes- und Identitätsdokumenten.
Die Feststellungen zur Lage in der Russischen Föderation vermag der Asylgerichtshof auf die bei diesen Feststellungen angeführten Quellen zu stützen:
Die beschwerdeführende Partei hat gegen die Heranziehung der zur Kenntnis gebrachten Quellen keine Einwände erhoben und keine Beanstandungen vorgebracht. Die herangezogenen Berichte und Informationsquellen stammen großteils von staatlichen Institutionen oder diesen nahestehenden Einrichtungen und sind keinerlei Anhaltspunkte ersichtlich, die Zweifel an deren Objektivität und Unparteilichkeit entstehen lassen. Da die Berichte zudem auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche darbieten, besteht für den erkennenden Senat kein Grund, an der Richtigkeit der Situationsdarstellungen zu zweifeln.
römisch IV. Rechtlich folgt daraus
Gemäß Artikel 151, Absatz 39, Ziffer 4, B-VG sind am 1. Juli 2008 beim unabhängigen Bundesasylsenat anhängige Verfahren vom Asylgerichtshof weiterzuführen. Verfahren gegen abweisende Bescheide, in denen eine mündliche Verhandlung noch nicht stattgefunden hat, sind gemäß Paragraph 75, Absatz 7, Ziffer 2, Asylgesetz 2005, Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 100 aus 2005,, in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 29 aus 2009, (AsylG 2005) von dem nach der ersten Geschäftsverteilung des Asylgerichtshofes zuständigen Senat weiterzuführen.
Gemäß Paragraph 75, Absatz eins, AsylG 2005 Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 100 aus 2005,, in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 122 aus 2009,, sind alle am 31. Dezember 2005 anhängigen Verfahren nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997 mit der Maßgabe zu Ende zu führen, dass in Verfahren, die nach dem 31. März 2009 beim Bundesasylamt anhängig sind oder werden, Paragraph 10, in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 29 aus 2009, mit der Maßgabe anzuwenden ist, dass eine Abweisung des Asylantrages, wenn unter einem festgestellt wurde, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Asylwerbers in seinen Herkunftsstaat zulässig ist, oder eine Zurückweisung des Asylantrages als Entscheidung nach dem Asylgesetz 2005 gilt.
Die Paragraphen 24,, 26, 54 bis 57 und 60 dieses Bundesgesetzes sind auf diese Verfahren anzuwenden. Paragraph 27, in der Fassung des Bundesgesetztes Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 122 aus 2009, ist auf diese Verfahren mit der Maßgabe anzuwenden, dass das Bundesasylamt oder der Asylgerichtshof zur Erlassung einer Ausweisung zuständig ist und der Sachverhalt, der zur Einleitung des Ausweisungsverfahrens führen würde, nach dem 31. Dezember 2005 verwirklicht wurde. Paragraph 57, Absatz 5 und 6 ist auf diese Verfahren mit der Maßgabe anzuwenden, dass nur Sachverhalte, die nach dem 31. Dezember 2005 verwirklicht wurden, zur Anwendung dieser Bestimmungen führen.
Daraus folgt, dass der am 27. November 2006 gestellte, gegenständliche Antrag auf Gewährung von internationalem Schutz nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 2005, Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 100 aus 2005, in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 122 aus 2009, (AsylG 2005) zu führen ist.
Nach der Bestimmung des Paragraph 3, Absatz eins, AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit oder Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) droht. Gemäß Paragraph 3, Absatz 3, leg. cit. ist der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abzuweisen, wenn 1. dem Fremden eine innerstaatliche Fluchtalternative (Paragraph 11,) offen steht oder 2. der Fremde einen Asylausschlussgrund (Paragraph 6,) gesetzt hat.
Im Sinne des Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, der GFK in Verbindung mit Artikel eins, Absatz 2, des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 31. Jänner 1967, Bundesgesetzblatt Nr. 78 aus 1974,, ist als Flüchtling anzusehen, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.
Zentrales Element des Flüchtlingsbegriffs ist die "begründete Furcht vor Verfolgung". Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht vergleiche E VwGH 19.12.1995, 94/20/0858, E VwGH 14.10.1998, 98/01/0262). Die aus objektiver Sicht begründete Furcht muss einen weiteren Verbleib des Asylwerbers in seinem Heimatland unerträglich erscheinen lassen.
Glaubhaftmachung bedeutet im Gegensatz zum strikten Beweis ein reduziertes Beweismaß und lässt durchwegs Raum für gewisse Einwände und Zweifel an dem Vorbringen des Asylwerbers. Entscheidend ist, ob die Gründe, die für die Richtigkeit der Sachverhaltsdarstellung sprechen, überwiegen oder nicht. Dabei ist eine objektivierte Sichtweise anzustellen.
Der Verwaltungsgerichtshof verlangt in seiner Rechtssprechung eine ganzheitliche Würdigung des individuellen Vorbringens eines Asylwerbers unter den Gesichtspunkten der Konsistenz der Angaben, der persönlichen Glaubwürdigkeit des Asylwerbers und der objektiven Wahrscheinlichkeit der Behauptungen, wobei letzteres eine Auseinandersetzung mit (aktuellen) Länderberichten verlangt (E VwGH 26.11.2003, 2003/20/0389).
Wie UNHCR als "Hüter" der Konvention festgehalten hat, geht die Verfolgung normalerweise von den Behörden eines Landes aus. Die Verfolgungsgefahr muss in diesem Sinne den staatlichen Stellen bzw. der herrschenden Macht des Herkunftsstaates zurechenbar sein. Verfolgung kann jedoch auch von Teilen der Bevölkerung ausgehen, welche die in den Gesetzen ihres Landes verankerten Grundsätze nicht achten vergleiche hiezu UNHCR, Handbook on procedures and criteria for determing refugee status, Genf 1992, Absatz 65,).
Eine dem Staat zuzurechnende Verfolgungshandlung liegt somit nicht nur dann vor, wenn diese unmittelbar von staatlichen Organen aus Gründen der GFK gesetzt wird, sondern es kann eine dem Staat zuzurechnende asylrelevante Verfolgungssituation auch dann gegeben sein, wenn der Staat nicht gewillt oder nicht in der Lage ist, von Privatpersonen ausgehende Handlungen mit Verfolgungscharakter zu unterbinden, sofern diesen - würden sie von staatlichen Organen gesetzt - Asylrelevanz zukommt vergleiche E VwGH 21.9.2000, 98/20/0434).
Hinsichtlich des kausalen Zusammenhangs zwischen Verfolgung und Konventionsgrund ("wegen ihrer....") ist festzustellen, dass die begründete Furcht einer Person vor Verfolgung mit einem oder mehreren Konventionsgründen in Verbindung stehen muss. Dass heißt, sie muss "wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Überzeugung" bestehen. Der Konventionsgrund muss dabei ein maßgeblicher Faktor sein, muss aber nicht als einziger oder überwiegender Grund nachgewiesen werden. Wenn die Gefahr der Verfolgung, die mit einem der Konventionsgründe in Beziehung steht, von einem nichtstaatlichen Akteur ausgeht, ist der kausale Zusammenhang gegeben, gleichgültig, ob das Fehlen von staatlichem Schutz mit dem Abkommen in Verbindung gebracht werden kann oder nicht. Umgekehrt ist der kausale Zusammenhang auch dann hergestellt, wenn das Verfolgungsrisiko durch einen nichtstaatlichen Akteur in keiner Beziehung zu einem Konventionsgrund steht, aber die Unfähigkeit oder mangelnde Bereitschaft des Staates, Schutz zu bieten, auf einem Konventionsgrund beruht vergleiche hiezu UNHCR, "Richtlinien zum Internationalen Schutz: Geschlechtsspezifische Verfolgung im Zusammenhang mit Artikel 1 A (2) des Abkommens von 1951 bzw. des Protokolls von 1967 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge", HCR/GIP/02/01, 7. Mai 2002, Abschn. 20-21).
Unter politischer Gesinnung iSd GFK ist jede Meinung zu staatrechtlichen, sozialen, gesellschaftlichen, volkswirtschaftlichen und kulturellen Ordnungsstrukturen und Einrichtungen des Staates zu verstehen. Bei der politischen Gesinnung gilt - wie bei den anderen Konventionsgründen - dass der Asylwerber befürchtet, die politische Gesinnung könnte ihm unterstellt werden. Die politische Gesinnung muss nicht tatsächlich vorhanden sein, die Annahme des Verfolgers dass eine solche vorliegt reicht aus, da die Unterscheidung für den Verfolgten ja auch im Ergebnis keinen Unterschied macht.
Im vorliegenden Fall bestehen für die in Österreich geborene minderjährige beschwerdeführende Partei - für die seitens der gesetzlichen Vertreter keine gesonderten Fluchtgründe geltend gemacht worden sind - keine hinreichenden Anhaltspunkte, die auf eine begründete Furcht vor asylrelevanter Verfolgung hinweisen: Auch wenn es dem Vater der beschwerdeführenden Partei gelungen ist, begründete Furcht vor asylrelevanter Verfolgung glaubhaft zu machen, so kann nicht davon ausgegangen werden, dass die vom Vater dargelegte Verfolgungsgefahr auch auf die erst römisch 40 Jahre alte beschwerdeführende Partei durchschlägt und ein wechselseitiges Interesse des FSB und tschetschenischer Widerstandskämpfer an ihrer Person besteht.
Gemäß Paragraph 34, Absatz 2, AsylG 2005, in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 122 aus 2009,, hat die Behörde auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn
1. dieser nicht straffällig geworden ist (Paragraph 2, Absatz 3,);
2. die Fortsetzung eines bestehenden Familienlebens im Sinne des Artikel 8, EMRK mit dem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, in einem anderen Staat nicht möglich ist und
3. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (Paragraph 7,).
Gemäß Paragraph 34, Absatz 3, AsylG 2005, in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 122 aus 2009,, hat die Behörde auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn
1. dieser nicht straffällig geworden ist (Paragraph 2, Absatz 3,);
2. die Fortsetzung eines bestehenden Familienlebens im Sinne des Artikel 8, EMRK mit dem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, in einem anderen Staat nicht möglich ist;
3. gegen den Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (Paragraph 9,) und
4. dem Familienangehörigen nicht der Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen ist
Die Behörde hat Anträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind unter einem zu führen; unter den Voraussetzungen der Absatz 2 und 3 erhalten alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang. Entweder ist der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wobei die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten vorgeht, es sei denn, alle Anträge wären als unzulässig zurückzuweisen oder abzuweisen. Jeder Asylwerber erhält einen gesonderten Bescheid. Ist einem Fremden der faktische Abschiebeschutz gemäß Paragraph 12 a, Absatz 4, zuzuerkennen, ist dieser auch seinen Familienangehörigen zuzuerkennen (Paragraph 34, Absatz 4, AsylG 2005, in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 122 aus 2009,).
Die Bestimmungen des Absatz eins bis 4 leg. cit. gelten sinngemäß für das Verfahren beim Asylgerichtshof (Paragraph 34, Absatz 5, AsylG 2005, in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 4 aus 2008,).
Die Bestimmungen sind nicht anzuwenden:
1. auf Familienangehörige, die EWR-Bürger oder Schweizer Bürger sind;
2. auf Familienangehörige eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder der Status des subsidiär Schutzberechtigten im Rahmen eines Verfahrens nach diesem Abschnitt zuerkannt wurde, es sei denn es handelt sich bei dem Familienangehörigen um ein minderjähriges lediges Kind (Paragraph 34, Absatz 6, AsylG 2005, in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 135 aus 2009,).
Gemäß Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 22, AsylG 2005, in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 135 aus 2009,, ist im Sinne dieses Bundesgesetzes Familienangehöriger:
wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Asylwerbers oder eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits im Herkunftsstaat bestanden hat; dies gilt weiters auch für eingetragene Partner, sofern die eingetragene Partnerschaft bereits im Herkunftsstaat bestanden hat.
Daraus folgt, dass die beschwerdeführende Partei im Hinblick auf das Asylverfahren ihres Vaters als Familienangehöriger iSd Bestimmung des Paragraph 2, Ziffer 22, AsylG 2005 in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 135 aus 2009, zu qualifizieren.
Mit hg. Erkenntnis vom heutigen Tage, GZ. D10 254070-2/2008/18E, wurde dem Vater der beschwerdeführenden Partei, römisch 40 gemäß Paragraph 7, Asylgesetz 1997, Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 76 aus 1977, in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 126 aus 2002,, Asyl gewährt und gemäß Paragraph 12, leg. cit. festgestellt, dass diesem damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
Ebenso wurde mit hg. Erkenntnis vom heutigen Tage, GZ. D10 254085-2/2008/9E, der Mutter der beschwerdeführenden Partei, römisch 40 , gemäß Paragraph 11, Absatz eins, Asylgesetz 1997, Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 76 aus 1997,, in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, 126 aus 2002, durch Erstreckung Asyl gewährt und gemäß Paragraph 12, leg. cit. festgestellt, dass dieser damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
Da im gegenständlichen Asylverfahren keinerlei Anhaltspunkte dafür zu Tage getreten sind, dass der beschwerdeführenden Partei mit ihrer Familie ein Familienleben in einem anderen Staat zumutbar oder möglich wäre, die beschwerdeführende Partei zudem noch nicht strafmündig ist und hinsichtlich des Vaters kein Verfahren zur Aberkennung des Status des Asylberechtigten anhängig ist, war der beschwerdeführenden Partei der Status der Asylberechtigten gemäß Paragraph 3, in Verbindung mit Paragraph 34, Absatz 2, AsylG 2005 zuzuerkennen.
Gemäß Paragraph 3, Absatz 5, AsylG 2005 ist die Entscheidung, mit der Fremden von Amts wegen oder auf Grund eines Antrages auf internationalen Schutz der Status des Asylberechtigten zuerkannt wird, mit der Feststellung zu verbinden, dass diesem Fremden damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
Der angefochtene Bescheid war sohin ersatzlos zu beheben und spruchgemäß zu entscheiden.