Gericht

Asylgerichtshof

Entscheidungsdatum

09.07.2009

Geschäftszahl

E2 223617-0/2008

Spruch

E2 223.617-0/2008-8E

ERKENNTNIS

Der Asylgerichtshof hat durch die Richter Mag. HUBER-HUBER als Vorsitzender und den Richterin Dr. HERZOG-LIEBMINGER als Beisitzerin im Beisein der Schriftführerin Fr. Birngruber über die Beschwerde des römisch XXXX auch römisch XXXX, geb. römisch XXXX, StA. Türkei, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 26.07.2001, FZ. 00 15.348-BAL, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß Paragraph 7, AsylG 1997, Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 76 aus 1997,, in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 126 aus 2002, und gemäß Paragraph 8, Absatz 1 AsylG 1997, Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 76 aus 1997,, in der Fassung Bundesgesetzblatt Nr. 129 aus 2004, als unbegründet abgewiesen.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:

römisch eins. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF), ein türkischer Staatsangehöriger kurdischer Volksgruppenzugehörigkeit, stellte bereits 1994 in Deutschland einen Asylantrag, welcher abgewiesen wurde. Er wurde 1995 in die Türkei abgeschoben.

2. Mit Schriftsatz vom 31.10.2000 stellte der BF in Österreich durch seinen ausgewiesenen Vertreter, RA Dr. Helmut BLUM, nach illegaler Einreise am 03.11.2000 erneut einen - den gegenständlichen - Asylantrag, der am 06.11.2000 beim Bundesasylamt einlangte.

3. Bei seiner niederschriftlichen Einvernahme am 18.01.2001 gab der BF an, er habe sein Heimatdorf römisch XXXX am 10.10.2000 verlassen und sei aus der Türkei - auf einem LKW versteckt nach Österreich - ausgereist, da er einerseits von der PKK, andererseits vom Staat unterdrückt worden sei. In seinem Herkunftsstaat würden sich nach wie vor seine Eltern, seine Gattin und seine beiden Kinder sowie drei Schwestern aufhalten. Sein Bruder sei in Österreich Asylwerber. Im März 2000 seien in der Nacht fünf bis sechs bewaffnete PKK-Angehörige in sein Haus gekommen und hätten die Nahrungsmittel mitgenommen. Am nächsten Morgen habe ihn die Gendarmerie mitgenommen, ihn befragt und auch gefoltert. Ihm sei mittels eines verkabelten Apparats, welcher an seine Ohren gehalten worden sei, ein Stromschlag versetzt worden. Er sei auch mit kaltem Wasser überschüttet und erst nach zwei Tagen entlassen worden. Weiters gab der BF an, er habe nur mit Erlaubnis eine geringe Menge einkaufen dürfen. Diese hätten ihnen die anderen [gemeint wohl: die PKK] weggenommen. Im Anschluss an diesen Vorfall habe er einen Teil seiner Schafe verkauft und sei im April 2000 für 10 bis 15 Tage nach Istanbul gegangen. Danach sei er aber wieder in sein Heimatdorf zurückgekehrt. Im Fall seiner Rückkehr befürchte er, wieder gefoltert zu werden. Er habe daher Angst um seine Gesundheit und sein Leben.

4. In seiner Stellungnahme vom 01.02.2001 wiederholte der BF seine im Zuge der Einvernahme am 18.01.2001 getätigten Angaben.

5. Mit Bescheid vom 26.07.2001, FZ. 00 15.348-BAL, wies das Bundesasylamt den Asylantrag des BF gemäß Paragraph 7, AsylG 1997 ab (Spruchpunkt römisch eins.) und erklärte die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des BF in die Türkei gemäß Paragraph 8, leg. cit. für zulässig (Spruchpunkt römisch II.).

In der Begründung führte die Erstbehörde aus, dass die vom BF als asylrelevant dargestellten Ausführungen "der Glaubwürdigkeit entsprechen" dürften. Sie seien jedoch nicht geeignet, eine Asylgewährung bzw. eine Rückkehrgefährdung im Sinne des Paragraph 57, Absatz eins und 2 FrG darzustellen. Aufgrund des zeitlichen Abstandes (länger als ein halbes Jahr) der vom BF als asylrelevant dargestellten Umstände zur tatsächlichen Ausreise könne keine Asylrelevanz ersehen werden. Sollte der BF Verfolgungshandlungen ausgesetzt gewesen sein, hätten diese nicht bis zu seiner Ausreise angedauert. Den Ausführungen fehle es an der nötigen Intensität einer etwaigen Verfolgungshandlung. Zudem habe er keine konkreten, individuell gegen ihn gerichteten Verfolgungshandlungen vorgebracht. Weiters bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative, zumal insbesondere der Aufenthalt in den größeren Städten im Westen (Istanbul, Ankara, Izmir usw.) völlig unproblematisch sei.

6. Gegen diesen Bescheid richtet sich die rechtzeitig erhobene Berufung (nunmehr: Beschwerde) des BF vom 13.08.2001.

7. Per Fax vom 10.06.2002 langte beim Bundesasylamt ein Schreiben des italienischen Innenministeriums vom 23.04.2002 ein, aus welchem hervorgeht, dass der BF am 30.10.2000 aus Italien ausgewiesen wurde. Im Fax enthalten war ein weiteres Schreiben des italienischen Innenministeriums vom 05.06.2002, mit welchem Italien die Wiederaufnahme eines Asylwerbers akzeptierte. Handschriftlich war diesem Schreiben der Name des gegenständlichen BF als Aliasname hinzugefügt.

8. Vom AsylGH wurde mit Schreiben vom 03.04.2009 gem. Paragraph 45, (3) AVG Beweis erhoben und den Parteien des Verfahrens die Möglichkeit zur Abgabe einer schriftlichen Stellungnahme binnen 2 Wochen ab Zustellung des Schreibens eingeräumt. Somit wurde aufgrund der vorliegenden aktuellen Feststellungen zur Türkei (zu den Anforderungen an die Aktualität einer Quelle vergleiche etwa Erk. d. VwGHs. vom 9. März 1999, Zl. 98/01/0287 und sinngemäß -im Zusammenhang mit Entscheidungen nach Paragraph 4, AsylG 1997- das E. vom 11. November 1998, 98/01/0284, bzw. auch E. vom 7. Juni 2000, Zl. 99/01/0210) den Parteien Gelegenheit gegeben, sich ein umfassendes Bild über die derzeitige Lage im Herkunftsland des BF zu verschaffen und dazu eine Stellungnahme abzugeben (zur Zulässigkeit dieser Vorgangsweise siehe Erkenntnis des VwGH vom 17.10.2006, Zahl:

2005/20/0459-5, ebenso Beschluss des VwGH v. 20.6.2008, Zahl 2008/01/0286-6; vergleiche auch Erk d. VfGH v. 10.12.2008, U 80/08-15, wo der unterlassene schriftliche Vorhalt an den BF nach dem Verstreichen eines mehrjährigen Zeitraumes seit der Einbringung eines Rechtsmittels gegen den angefochtenen Bescheid in Bezug auf die aktuelle asyl- und abschiebungsrelevante Lage im Herkunftsstaat und die Einräumung der Möglichkeit, hierzu Stellung zu nehmen [neben dem zusätzlichen Unterlassen der Durchführung einer Verhandlung] ausdrücklich als Akt der behördlichen Willkür bezeichnet wurde und hieraus e contrario ableitbar ist, dass aus der Sicht des VfGH die Durchführung einer schriftlichen Beweisaufnahme gem. Paragraph 45, AVG im hier erörterten Umfang einen tauglichen Ermittlungsschritt darstellen kann, welcher das erkennende Gericht von der Verpflichtung zur Durchführung einer Verhandlung in gewissen Fällen befreien kann. Ein solcher Fall liegt hier vor.) .

In der schriftlichen Stellungnahme des BF wird ausgeführt, dass die Feststellungen zur Lage in der Türkei seine Angaben bestätigen würden und diese daher als glaubwürdig zu beurteilen seien. Es werde auch bestätigt, dass es nach wie vor zu Auseinandersetzungen zwischen der PKK und türkischen Sicherheitskräften komme. Aktive Mitglieder und Aktivisten der PKK müssten damit rechnen, von türkischen Sicherheitskräften aktiv gesucht, strafrechtlich verfolgt und belangt zu werden. Auch Mitglieder der HADEP/DEHAP würden unter Druck gesetzt, observiert, angeklagt und gefoltert. Dezidiert werde angeführt, dass Folter und Misshandlungen trotz rechtlicher Verbesserungen noch immer weit verbreitet sind. Dem BF würde im Hinblick darauf, dass ihm Unterstützung der PKK vorgeworfen worden sei, im Fall der Rückkehr einer asylrechtlich relevanten Verfolgung unterliegen. Es wurde außerdem auf das Gutachten der länderkundigen Sachverständigen im Verfahren "226.716" verwiesen, aus dem hervorginge, dass Rückkehrende oder Abgeschobene auf dem Flughafen routinemäßig befragt und beim Aufkommen von Verdachtsmomenten hinsichtlich einer oppositionellen politischen Tätigkeit in Polizeigewahrsam überstellt werden, wo mit weiteren Verhören zu rechnen sei, bei denen es mit hoher Wahrscheinlichkeit zur Anwendung von Folter und Misshandlungen käme. Da dem BF Unterstützung der PKK vorgeworfen werde und er über kein gültiges Personaldokument verfüge, hätte er mit seiner Inhaftierung am Flughafen, weiteren Verhören, Misshandlung und Folter zu rechnen. Der BF verfüge in der Türkei über keinerlei Möglichkeit, seinen Lebensunterhalt zu finanzieren, was ihn und seine Familie in eine ausweglose Lage drängen würde, was eine Verletzung des Artikel 3, EMRK darstelle.

9. Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in den erstinstanzlichen Verwaltungsakt unter zentraler Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben des Beschwerdeführers vor dem Bundesasylamt, des bekämpften Bescheides, des Beschwerdeschriftsatzes sowie des ergänzenden Ermittlungsverfahrens.

römisch II. DER ASYLGERICHTSHOF HAT ERWOGEN:

1. Am 1. Juli 2008 beim Unabhängigen Bundesasylsenat anhängige Verfahren sind vom Asylgerichtshof nach Maßgabe des Paragraph 75, AsylG 2005 in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 4 aus 2008, weiterzuführen.

Gemäß Paragraph 61, AsylG 2005 idgF entscheidet der Asylgerichtshof über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesasylamtes.

Gemäß Paragraph 23, Absatz 1 des Bundesgesetzes über den Asylgerichtshof, Bundesgesetzblatt römisch eins, Nr. 4 aus 2008, (Asylgerichtshofgesetz - AsylGHG) in der Fassung BGBL. römisch eins Nr. 147/2008, sind, soweit sich aus dem Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), Bundesgesetzblatt römisch eins Nr. 100, nicht anderes ergibt, auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG), Bundesgesetzblatt Nr. 51, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt, weshalb im gegenständlichen Fall im hier ersichtlichen Umfang das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, Bundesgesetzblatt Nr.51 zur Anwendung gelangt.

Gemäß Paragraph 75, Absatz 1AsylG 2005, BGBL. römisch eins 100/2005 in der Fassung BGBL. römisch eins 29/2009, sind alle am 31. Dezember 2005 anhängigen Verfahren sind nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997 mit der Maßgabe zu Ende zu führen, dass in Verfahren, die nach dem 31. März 2009 beim Bundesasylamt anhängig sind oder werden, Paragraph 10, in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 29 aus 2009, mit der Maßgabe anzuwenden ist, dass eine Abweisung des Asylantrages, wenn unter einem festgestellt wurde, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Asylwerbers in seinen Herkunftsstaat zulässig ist, oder eine Zurückweisung des Asylantrages als Entscheidung nach dem Asylgesetz 2005 gilt. Paragraph 44, AsylG 1997 gilt. Die Paragraphen 24,, 26, 54 bis 57 und 60 dieses Bundesgesetzes sind auf diese Verfahren anzuwenden. Paragraph 27, ist auf diese Verfahren mit der Maßgabe anzuwenden, dass das Bundesasylamt oder der Asylgerichtshof zur Erlassung einer Ausweisung zuständig ist und der Sachverhalt, der zur Einleitung des Ausweisungsverfahrens führen würde, nach dem 31. Dezember 2005 verwirklicht wurde. Paragraph 57, Absatz 5 und 6 ist auf diese Verfahren mit der Maßgabe anzuwenden, dass nur Sachverhalte, die nach dem 31. Dezember 2005 verwirklicht wurden, zur Anwendung dieser Bestimmungen führen.

Der Beschwerdeführer hat seinen Asylantrag vor dem 1.5.2004 gestellt; das Verfahren war am 31.12.2005 anhängig; das Beschwerdeverfahren ist daher nach AsylG 1997 zu führen. Anzuwenden war sohin das AsylG 1997, BGBl. römisch eins Nr. 76 in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 126 aus 2002,, die Paragraphen 8,, 15, 22, 23 Absatz 3,, 5 und 6, 36, 40 und 40a in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 129 aus 2004, (im Folgenden: "AsylG 1997"), das AVG, Bundesgesetzblatt Nr. 51 aus 1991, in der geltenden Fassung und das ZustG, Bundesgesetzblatt Nr. 200 aus 1982, in der geltenden Fassung.

Hinsichtlich des Verfahrens vor dem Asylgerichtshof waren die einschlägigen Bestimmungen des Asylgesetzes 2005, BGBl. römisch eins Nr. 100 in der geltenden Fassung (im Folgenden: "AsylG 2005") anzuwenden. Gemäß Paragraph 9, Absatz eins, AsylGHG, Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 4 aus 2008, in der geltenden Fassung entscheidet der Asylgerichtshof in Senaten, soweit eine Entscheidung durch einen Einzelrichter oder Kammersenat nicht bundesgesetzlich vorgesehen ist. Gemäß Paragraph 60, Absatz 3, AsylG 2005 entscheidet der Asylgerichtshof über Beschwerden gegen zurückweisende Bescheide nach den Paragraphen 4 und 5 AsylG 2005 und nach Paragraph 68, AVG durch Einzelrichter. Gemäß Paragraph 42, AsylG 2005 entscheidet der Asylgerichtshof bei Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung oder Rechtsfragen, die sich in einer erheblichen Anzahl von anhängigen oder in naher Zukunft zu erwartender Verfahren stellt, sowie gemäß Paragraph 11, Absatz 4, AsylGHG, wenn im zuständigen Senat kein Entscheidungsentwurf die Zustimmung des Senates findet durch einen Kammersenat. Im vorliegenden Verfahren liegen weder die Voraussetzungen für eine Entscheidung durch einen Einzelrichter noch die für eine Entscheidung durch den Kammersenat vor.

Gemäß Paragraph 66, Absatz 4, AVG hat die erkennende Behörde (hier: das erkennende Gericht), sofern die Beschwerde nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie (es) ist berechtigt, im Spruch und in der Begründung ihre (seine) Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde (des Bundesasylamtes) zu setzen und dem gemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.

2. Der erstinstanzliche Bescheid basiert vorbehaltlich der getroffenen Ausführungen zur Verletzung des Parteiengehörs, auf einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren und fasst in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung in der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammen. Die Erstbehörde hat sich mit dem individuellen Vorbringen auseinander gesetzt und in zutreffenden Zusammenhang mit der Situation des Beschwerdeführers gebracht. Auch die rechtliche Beurteilung begegnet grundsätzlich keinen Bedenken.

Dem Bundesasylamt ist zuzustimmen, dass es dem Beschwerdeführer nicht gelungen ist ein Vorbringen zu erstatten, welchem Asylrelevanz zukommt.

3. Zur Lage in der Türkei und insbesondere zur Situation der Kurden werden folgende, - im Zuge der vorgenommenen Beweisaufnahme (siehe oben, Punkt römisch eins.8) in das Verfahren eingeführte -, Länderfeststellungen dem Verfahren zugrunde gelegt:

Bericht des Auswärtigen Amtes über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Türkei vom 11.09.2008

Bericht des Auswärtigen Amtes über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Türkei vom 11.01.2007

Profile of internal Displacement: Turkey vom 07.10.2005, Norwegian Refugee Councils

Operational Guidance Note Turkey, Home Office, Country Information and Policy Unit, 2.10.2008

Daraus ergeben sich folgende Feststellungen:

3.1. Aus dem Bericht des Norwegian Refugee Councils vom 07.10.2005 (Profile of internal Displacement: Turkey) geht hervor, dass die während des Ausnahmezustandes in mehreren Provinzen (ab 1991) eingeführten Lebensmittelrationierungen seitens der türkischen Sicherheitskräfte, welche das Ziel verfolgten, den Bestand an Grundnahrungsmitteln der Dorfbewohner zu limitieren, um Lebensmittellieferungen an die PKK und deren logistischen Nachschub zu verhindern, im Oktober 2000 wieder beendet wurden.

Das Lebensmittel-Embargo wurde als erstes in Tunceli eingeführt, jedoch bald auf Bezirke in Bingöl und die Provinz Diyarbakir ausgedehnt. In Sirnak begann das Embargo, welches ernsthafte Lebensmittel-Engpässe und Beschwernis für die Dorfbewohner mit sich brachte, 1992. Im Oktober 2000 schuf der Gouverneur von Tunceli das Lebensmittelembargo in dieser Region, wo die letzten großangelegten Lebensmittelrationierungen bestanden haben, ab.

Siehe dazu im englischen Original auf S. 35 f:

Turkish authorities imposed food embargo on several Kurdish villages (1991-2001)

¿ The objective was to deny logistical support to the PKK

¿ Access to high pastures have been recently restored and the food embargo has been lifted by governors in several provinces

"In an effort to deny the PKK logistical support, the Jandarma during the year occasionally rationed food and other essentials in some rural areas in the emergency region. Security forces returned to evacuated villages and burned homes, to deny the PKK, and have shot livestock, burned forests and orchards, or denied villagers permission to harvest fields." (U.S. DOS 26 February 2000, sect. 1g)

"In Tunceli province, a food embargo imposed by the army was reportedly in effect in 1991. Sporadic food blockades have also been reported in parts of Bingol and in the village of Tepe, near Lice in Diyarbakir province. These have allegedly caused severe shortages and hardship among the inhabitants. The usual aim was to limit the amount of staple foods which villagers could obtain, and therefore reduce supplies available to the PKK, though in the case of Tepe, a two-month blockade was imposed in reprisal for the PKK murder of a village guard." (Graham Brown April 1998, sect. 3.1)

In October [2000] the governor of Tunceli formally abolished the food embargo in that region, the last large-scale rationing in the region. Food rationing also had been justified as a means of denying logistical support to the PKK. Provincial authorities deny villagers access to some high pasture for grazing, citing security concerns, but have allowed other villages access to their high pastures."

(U.S. DOS February 2001, sect. 1g)

Des Weiteren geht aus dem Bericht hervor, dass - gegenüber Human Rights Watch getätigten Aussagen zurückgekehrter Dorfbewohner aus dem Südosten der Türkei zufolge - deren Dörfer nicht mehr von bewaffneten, nach Nahrungsmittel und Rekruten suchenden Militanten heimgesucht werden. vergleiche S 139 des Berichts des Norwegian Refugee Councils vom 07.10.2005, wo es im englischen Original heißt:

"Returning villagers told Human Rights Watch that their villages are no longer being visited by armed militants looking for food and recruits, and that relations with the local gendarmerie have improved."

3.2. Der Notstand ("OHAL") bzw. zuvor "Ausnahmezustand" galt im Südosten der Türkei ununterbrochen ab 1979. Er wurde bereits zum 30.11.2002 in den letzten beiden Provinzen Diyarbakir und Sirnak endgültig beendet (Bericht des Auswärtigen Amtes über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Türkei vom 11.01.2007 S 23).

3. Bericht des Auswärtigen Amtes vom 11.09.2008 über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Türkei (Stand: Juli 2008)

[...]

Zusammenfassung

Markante Fortschritte in der Menschenrechtslage konnten durch die Gesetzes- und Verfassungsänderungen der letzten Jahre sowie weitere Reformmaßnahmen (z.B.Justizreformen) erzielt werden; dadurch wurde ein Mentalitätswandel bei großen Teilen der Bevölkerung eingeleitet. Aufgrund der innenpolitischen Spannungen sind in den letzten beiden Jahren allerdings kaum noch größere Reformfortschritte zu verzeichnen.

Die innenpolitische Polarisierung (v. a. die Reform des Artikel 301, im türkischen StGB und Streit um das sog. Kopftuchverbot) wurde durch das Verbotsverfahren gegen die Regierungspartei AKP noch verstärkt. Insgesamt hat sich die Lage nach Zurückweisung des Verbotsantrags durch das Verfassungsgericht stabilisiert.

Im Osten und Südosten der Türkei kommt es weiterhin zu bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen der terroristischen PKK und türkischen Sicherheitskräften; die türkische Armee unternimmt seit Dezember 2007 weiterhin vereinzelte Operationen gegen PKK-Stellungen auch im Nordirak.

Kritische Entwicklungen sind bei der Ausübung des Rechts auf Meinungsfreiheit zu beobachten, gegen Journalisten, Menschenrechtsverteidiger u.a. wurden seitens der türkischen Justiz öffentlichkeitswirksame Strafverfahren geführt. Einzelne Verfahren dauern noch an, teilweise kam es auch zu Verurteilungen. Seit 07.05.2008 ist ein Änderungsgesetz zu Artikel 301, des türkischen Strafgesetzbuches (tStGB) in Kraft. Für eine Bewertung seiner Auswirkung auf die Rechtspraxis ist es derzeit noch zu früh.

Die Verwirklichung der individuellen Glaubensfreiheit ist weitgehend gewährleistet, die Ausübung der Rechte religiöser Gemeinschaften ist mangels klarer Rechtsgrundlagen nur in begrenztem Umfang möglich. Das Tragen des Kopftuchs bei offiziellen Anlässen und im "öffentlichen Raum", d.h. in staatlichen, öffentlichen Einrichtungen ist weiterhin verboten, nachdem eine Lockerung des Verbots am 05.06.2008 durch das türkische Verfassungsgericht abgelehnt wurde.

Die Arbeit von Menschenrechtsorganisationen wird seit 2005 von staatlicher Seite wieder stärker beobachtet.

Trotz erfolgreicher Maßnahmen der Regierung gegen Folter und Misshandlung im Rahmen der "Null-Toleranz-Politik" ist die Strafverfolgung von Foltertätern immer noch unbefriedigend.

Zahlreiche Reformen haben den Grundsatz der Gleichberechtigung von Mann und Frau gestärkt; die gesellschaftliche Wirklichkeit hinkt jedoch in weiten Teilen der Türkei noch weit hinter der gesetzlichen Entwicklung hinterher.

Bei der Rückkehr abgeschobener Personen werden Routinekontrollen durchgeführt; Misshandlung oder Folter allein aufgrund der Stellung eines Asylantrags kommt nicht vor.

[...]

römisch II. Asylrelevante Tatsachen

1. Staatliche Repressionen

Es gibt in der Türkei keine Personen oder Personengruppen, die alleine wegen ihrer Zugehörigkeit zu einer Rasse, Religion, Nationalität, sozialen Gruppe oder alleine wegen ihrer politischen Überzeugung staatlichen Repressionen ausgesetzt sind.

[...]

1.3. Minderheiten

Die Türkei erkennt Minderheiten als Gruppen mit rechtlichem Sonderstatus grundsätzlich nur unter den Voraussetzungen des Lausanner Vertrags von 1923 an, der "türkischen Staatsangehörigen, die nichtmuslimischen Minderheiten angehören, (...) die gleichen gesellschaftlichen und politischen Rechte wie Muslimen" (Artikel 39,) garantiert. Weiterhin sichert er den nichtmuslimischen Minderheiten das Recht zur "Gründung, Verwaltung und Kontrolle (...) karitativer, religiöser und sozialer Institutionen und Schulen sowie anderer Einrichtungen zur Unterweisung und Erziehung" zu (Artikel 40,). Nach offizieller türkischer Lesart beschränkt sich der in Artikel 37 bis 44 des Lausanner Vertrages niedergelegte, aber nicht auf bestimmte Gruppen festgeschriebene Schutz allerdings nur auf drei Religionsgemeinschaften: die griechisch- orthodoxe und die armenisch-apostolische Kirche sowie die jüdische Gemeinschaft.

Neben den offiziell von der Türkei anerkannten Minderheiten gibt es als unterschiedliche ethnische Gruppen schätzungsweise 13 - 15 Mio. Kurden, daneben Araber, Tscherkessen, Armenier, Assyrer (ca. 15.000), Griechen, Bulgaren, Georgier, Kasachen, Lasen (zwischen 750.000 - 1,5 Mio.), Bosnier, Roma u.a.m. Ca. 40.000 in der Türkei lebende Armenier, die keine türkische Staatsangehörigkeit besitzen, haben keine Möglichkeit, eine Minderheitenschule zu besuchen und damit Unterricht in der armenischen Sprache zu erhalten.

Ungefähr ein Fünftel der Gesamtbevölkerung der Türkei (72 Millionen) - also ca. 14 Millionen Menschen - ist zumindest teilweise kurdischstämmig. Im Westen der Türkei und an der Südküste lebt die Hälfte bis annähernd zwei Drittel dieser Kurden: ca. drei Millionen im Großraum Istanbul, zwei bis drei Millionen an der Südküste, eine Million an der Ägäis-Küste und eine Million in Zentralanatolien. Rund sechs Millionen kurdischstämmige Türken leben in der Ost- und Südost-Türkei, wo sie in einigen Gebieten die Bevölkerungsmehrheit bilden. Nur ein Teil der kurdischstämmigen Bevölkerung in der Türkei ist auch einer der kurdischen

Sprachen mächtig.

Allein aufgrund ihrer Abstammung sind und waren türkische Staatsbürger kurdischer und anderer Volkszugehörigkeit keinen staatlichen Repressionen unterworfen. Aus den Ausweispapieren, auch aus Vor- oder Nachnamen, geht in der Regel nicht hervor, ob ein türkischer Staatsbürger kurdischer Abstammung ist (Ausnahme: Kleinkindern dürfen seit 2003 kurdische Vornamen gegeben werden). Die meisten Kurden sind in die türkische Gesellschaft integriert, viele auch assimiliert. In Parlament, Regierung und Verwaltung sind Kurden ebenso vertreten wie in Stadtverwaltungen, Gerichten und Sicherheitskräften. Ähnliches gilt für Industrie, Wissenschaft, Geistesleben und Militär.

In den wirtschaftlich unterentwickelten und z.T. feudalistisch strukturierten Regionen im Osten und Südosten der Türkei hat sich die Lage der Kurden seit dem Ende des Bürgerkriegs (Festnahme Öcalans 1999, bis dahin ca. 37.000 Todesopfer) und vor allem mit der Verabschiedung der Reformgesetze seit 2002 deutlich verbessert, wie auch unabhängige Menschenrechtsorganisationen feststellen. Dies schließt erste Schritte bei der Gewährung kultureller Rechte ein, wie die Zulassung privater kurdischer Sprachkurse für Erwachsene (die jedoch mangels Nachfrage wieder eingestellt wurden) und die eingeschränkte Genehmigung regionaler kurdischsprachiger Radio- und Fernsehsendungen. Ökonomisch sind zudem erste, wenn auch zaghafte Entwicklungsansätze zu verzeichnen. Am 27.05.2008 stellte MP Erdogan in Diyarbakir einen Aktionsplan für den Südosten der Türkei vor, der bis 2012 Investitionen von 14,5 Mrd. YTL (ca. 12 Mrd. US-D) in die wirtschaftliche Entwicklung der Region vorsieht. Das Misstrauen zwischen den Vertretern des türkischen Staats im Südosten - Justiz, Zivilverwaltung, Polizei oder Militär - und der überwiegend kurdischen Bevölkerung ist zwarimmer noch vorhanden, hat sich in den letzten Jahren aber verringert.

Der Gebrauch des Kurdischen, d.h. der beiden in der Türkei vorwiegend gesprochenen kurdischen Sprachen Kurmanci und Zaza, ist in Wort und Schrift keinen Restriktionen ausgesetzt, der öffentliche Gebrauch ist allerdings noch eingeschränkt und im Schriftverkehr mit Behörden nicht erlaubt. Kurdischunterricht und Unterricht in kurdischer Sprache an öffentlichen Schulen sind nach wie vor verboten.

Seit 2002 sind Rundfunk- und Fernsehsendungen auf Kurdisch erlaubt unter der Bedingung, dass sie nicht im Widerspruch zu den Grundprinzipien der Verfassung stehen und nicht gegen "die unteilbare Einheit des Staates mit seinem Land und seiner Nation" gerichtet sein dürfen. Die Rundfunk- und Fernseh-Aufsichtsbehörde RTÜK hat 2006 auch privaten regionalen Sendern erlaubt, innerhalb der o.a. Grenzen ihre Sendungen in kurdischen Sprachen mit zeitlicher Begrenzung auszustrahlen. Ferner wurde die zeitliche Begrenzung der kurdischsprachigen Sendungen im Bereich "Film und kulturelle Sendungen" aufgehoben. Insgesamt gibt es vier Sender, die in anderen Sprachen als Türkisch senden. Am 11.06.2008 hat das Parlament eine Gesetzesänderung verabschiedet, die es dem staatlichen TV-Sender TRT ermöglicht, Sendungen u.a. in kurdischer Sprache auszustrahlen. Für die kommerziellen landesweiten Privatsender sind Kurdischsendungen derzeit nicht rentabel.

Nach dem Parteiengesetz sind öffentliche Reden von Politikern in einer anderen als der türkischen Sprache verboten. Verletzungen dieses Verbotes werden insbesondere gegenüber DTP-Politikern streng verfolgt. Im März 2007 rief das Innenministerium den Staatsrat (Danistay) an, um den Bürgermeister des Stadtteils Sur von Diyarbakir, Abdullah Demirbas, abzuberufen und den Stadtrat aufzulösen aufgrund ihrer Entscheidung, städtische Dienstleistungen auch in kurdischer Sprache anzubieten. Im Juni 2007 bestätigte der türkische Verwaltungsgerichtshof die Entscheidung.

Die Vergabe kurdischer Vornamen ist erlaubt. Vornamen, die gegen die "Moral und öffentliche Ordnung" verstoßen, sind verboten; Verbote wegen Verstoßes gegen "nationale Kultur, Traditionen und Gebräuche" sind nicht mehr vorgesehen. Die nur im Kurdischen, nicht jedoch im offiziellen türkischen Alphabet vorhandenen Buchstaben w, x und q sind bei der Namensvergabe nicht zulässig sind und müssen ins Türkische transkribiert werden.

Die Kurdenfrage ist eng verflochten mit dem jahrzehntelangen Kampf der türkischen Staatsgewalt gegen die von Abdullah Öcalan gegründete "Kurdische Arbeiterpartei" (PKK) und ihre terroristischen Aktionen. Das in der Türkei, in Deutschland und der EU bestehende Verbot der Terrororganisation PKK erstreckt sich auch auf die Nachfolgeorganisationen unter anderem Namen. Die Stärke der PKK in Türkei/Nordirak wird aktuell auf noch 5.000 - 5.500 Kämpfer geschätzt, davon ca. zwei Drittel im Nordirak.

Von 2002 bis 2004 hatte sich die Terrororganisation PKK mehrfach umbenannt (KADEK/KHK/KONGRA-GEL). Mittlerweile ist sie zu ihrer alten Bezeichnung PKK zurückgekehrt. Für die von ihr selbst als politisch bezeichnete Betätigung im Ausland hat sie jedoch die Bezeichnung KONGRA-GEL beibehalten. Ihr Anführer, der zu lebenslanger Haft verurteilte Abdullah Öcalan, befindet sich seit 1999 im Gefängnis auf der Insel Ðmrali im Marmara-Meer. Kurdischen Quellen zufolge soll sich die PKK wieder verstärkt der Anwerbung "junger Kämpfer" widmen. Nach Berichten PKK nahe stehender Medien sind zahlreiche neue Guerillakämpfer in die Reihen der "Volksverteidigungskräfte" HPG aufgenommen und danach in ihre Einsatzgebiete entsandt worden.

Die terroristische PKK verkündete zum 01.06.2004 die Beendigung des von ihr ausgerufenen "Waffenstillstands". Seitdem kommt es in der Region wieder zu bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen Angehörigen der terroristischen PKK und türkischen Sicherheitskräften, die jedoch nicht das Niveau der 1990er Jahre erreichen. Im Oktober 2006 verkündete die PKK einen neuen einseitigen "Waffenstillstand". Dennoch verübt die Terrororganisation regelmäßig Bombenanschläge, die in den letzten Jahren zu einer großen Anzahl von Opfern insbesondere unter der Zivilbevölkerung geführt haben. Zuletzt wurden bei einem Autobombenanschlag in Diyarbakir am 03. Januar 2008 sieben Personen - unter ihnen sechs Schüler - getötet und 67 weitere Personen zum Teil schwer verletzt. Daneben setzt die PKK auch Selbstmordattentäter ein. Bei einem solchen Anschlag im Stadtzentrum von Ankara starben am 22. Mai 2007 neun Personen. 88 weitere Personen wurden teilweise schwer verletzt. Am 08.07.2008 wurden drei deutsche Staatsangehörige am Berg Ararat von Personen entführt, die sich als Kämpfer der PKK ausgaben. Die Entführten sind seit dem 20.07.08 wieder in Freiheit.

Nach staatlichen Angaben sind in Auseinandersetzungen mit der PKK im Jahr 2007 insgesamt 147 türkische Sicherheitskräfte getötet und 377 weitere verletzt worden. Zudem wurden in diesem Zeitraum 233 PKK-Angehörige getötet. 143 von ihnen wurden - teilweise verwundet - festgenommen. 89 PKK-Angehörige haben sich 2007 den Sicherheitskräften gestellt. Unter der Zivilbevölkerung sind nach diesen Angaben 27 Todesopfer und 238 Verletzte zu beklagen gewesen.

Seit Dezember 2007 unternimmt das Militär auch grenzüberschreitende Militäroperationen gegen PKK-Stellungen im Nordirak. Der türkische Generalstab hat zudem sechs Gebiete in den Provinzen Siirt, Sirnak, Mardin und Hakkari zu zeitweiligen Sicherheitszonen und militärischen Sperrgebieten erklärt, deren Betreten voraussichtlich bis zum 12. September 2008 für "Ortsfremde" grundsätzlich verboten ist und einer strengen Kontrolle unterliegt.

Menschenrechtsorganisationen berichteten im Sommer 2007, dass die Bewohner eines Dorfes in einer der Sicherheitszonen in der Provinz Siirt von den Sicherheitskräften zum Verlassen ihres Dorfes aufgefordert worden seien. Nach Protesten konnte der Großteil der Bewohner jedoch im Dorf verbleiben. Im Übrigen werden nur vereinzelt Diskriminierungen von Minderheitenangehörigen durch Privatpersonen bekannt.

[...]

3. Ausweichmöglichkeiten

Die türkische Justiz sowie die türkischen Sicherheitskräfte haben Zugriff auf das gesamte Staatsgebiet. Gegen Übergriffe aus privatem Anlass, z.B. "Ehrenmorde", gibt es keine regionale Ausweichmöglichkeit, wie auch in Großstädten des Westens, z.B. in Istanbul, begangene Ehrenmorde gezeigt haben. Die Polizei versucht, gefährdete Personen zu schützen.

[...]

römisch IV. RÜCKKEHRFRAGEN

1. Situation für Rückkehrer

1.1. Allgemein

Die Lebensverhältnisse in der Türkei sind weiterhin durch ein starkes West-Ost-Gefälle geprägt. Der Abwanderungsdruck aus dem Südosten in den Süden und Westen der Türkei und in das Ausland hält an.

Die Türkei kennt bisher keine staatliche Sozialhilfe nach EU-Standard. Sozialleistungen für Bedürftige werden auf der Grundlage der Gesetze Nr. 3294 über den Förderungsfonds für Sozialhilfe und Solidarität (Sosyal Yardimlasma ve Dayanismayi Tesvik Kanunu) und Nr. 5263, Gesetz über Organisation und Aufgaben der Generaldirektion für Sozialhilfe und Solidarität (Sosyal Yardimlasma ve Dayanisma Genel Müdürlügü Teskilat ve Görevleri Hakkinda Kanun) gewährt. Die Sozialhilfeprogramme werden von den in 81 Provinzen und 850 Kreisstädten durch Ausschüsse vertretenen Stiftungen für Sozialhilfe und Solidarität (Sosyal Yardimlasma ve Dayanisma Vakniflari) ausgeführt. Anspruchsberechtigt nach Artikel 2, des Gesetzes Nr. 3294 sind bedürftige Staatsangehörige, die sich in Armut und Not befinden, nicht gesetzlich sozialversichert sind und von keiner Einrichtung der Sozialsicherheit ein Einkommen oder eine Zuwendung beziehen sowie Personen, die durch eine kleine Unterstützung oder durch Gewährleistung einer Ausbildungsmöglichkeit gemeinnützig und produktiv werden können. Die Voraussetzungen für die Leistungsgewährung werden von Amts wegen geprüft. Leistungen werden gewährt in Form von Unterstützung der Familie (Nahrungsmittel, Heizmaterial, Unterkunft), Sozialhilfe in Form von Bargeld, Hilfen für die Ausbildung (Schülerbedarfsartikel, Unterkunft), Krankenhilfe, Behindertenhilfe sowie besondere Hilfeleistungen wie Katastrophenhilfe oder die Volksküchen. Die Leistungen werden in der Regel für neun bis zwölf Monate gewährt; in Einzelfällen entscheidet der Vorstand der Stiftung. In der Türkei existieren darüber hinaus weitere soziale Einrichtungen, die ihre eigenen Sozialhilfeprogramme haben.

1.2. Medizinische Versorgung

In der Türkei gibt es neben dem staatlichen Gesundheitssystem, das eine medizinische Grundversorgung garantiert, mehr und mehr leistungsfähige private Gesundheitseinrichtungen, die in jeglicher Hinsicht EU-Standard entsprechen. Das türkische Gesundheitssystem verbessert sich laufend.

Zum 1. September 2008 wird die Umsetzung des zweiten Gesetzes zur Sozialversicherungsreform (Gesetz Nr. 5510) erwartet. Dadurch entstehen auch bei der gesundheitlichen Versorgung einige Änderungen: U. a. soll ein sog. Universal Health Service eingerichtet werden, der eine gesundheitliche Versorgung aller Bürger sicherstellen soll. Auch diejenigen, die bisher aus unterschiedlichen Gründen nicht krankenversichert waren, sollen dann durch die Versicherung abgedeckt sein. Die Beiträge der ?armen? Bevölkerung wird der Staat entrichten. Außerdem soll ein Familienarztsystem eingeführt werden. Nach der Einführung des neuen Gesetzes müssen Patienten zur besseren Finanzierbarkeit beim Arztbesuch oder Krankenhausaufenthalt ein User Fee (ähnlich der deutschen Praxisgebühr) entrichten. Außerdem soll nur der/diejenige Leistungen erhalten, der/die die Beiträge tatsächlich abgeführt hat. Die Reform soll durch ein besseres Kostenmanagement ergänzt werden. Diese Änderungen gelten für alle gesetzlich Versicherten. Der Abschluss einer privaten Krankenversicherung ist weiterhin erlaubt.

Die Behandlung in 1.150 staatlichen Krankenhäusern mit ca. 175.000 Betten ist für die bei der staatlichen Krankenversicherung Versicherten bisher unentgeltlich. Aktuell sind bei gesetzlich Versicherten, die ein staatliches Krankenhaus oder eine Poliklinik aufsuchen, keine Zuzahlungen zu leisten. Hier ist im neuen Gesetz bisher eine Änderung vorgesehen (s. o.). Wenn der Patient einen in der Klinik praktizierenden Arzt auch in seiner Privatpraxis aufsucht (es gibt bislang kein Hausarztsystem), wird in der Regel pro Erkrankung eine Zuzahlung erforderlich, wobei Laborkosten und weitere zusätzlich anfallende Untersuchungen extra liquidiert werden. Sofern eine Überweisung des Patienten an eine Privatklinik oder einen Privatarzt vorgenommen wird, trägt die Krankenversicherung nur einen Teil der Behandlungskosten, der Rest ist privat zu entrichten bzw. muss über eine private Zusatzversicherung abgerechnet werden.. Sowohl bei der privaten Mitfinanzierung der Arztpraxen als auch bei der Teilübernahme der Kosten durch die gesetzliche Krankenversicherung wird sich durch die Einführung des neuen Gesetzes voraussichtlich nichts ändern.

Medikamente sind in der Türkei meist erheblich preiswerter als in Deutschland - für manche werden die Kosten teilweise von den Versicherten getragen (20% bei Versicherten und deren Familienangehörigen, 10% bei Rentnern und deren Familienangehörigen). In der staatlichen Krankenversicherung sind Erwerbstätige und ihre Familienangehörigen versichert. Die Behandlung in den staatlichen "Zentren für Mutter und Kind sowie Familienplanung" ist generell unentgeltlich. Sowohl staatliche als auch private Krankenhäuser werben mit Erfolg im Ausland für Behandlungen in der Türkei. Die stationären Kosten liegen oft nur bei 25% der Kosten in westlichen Industrieländern, sind aber in Relation zu den türkischen Einkommensverhältnissen höher als dort.

Während die Versorgung in den modernen privaten Einrichtungen westlichen Standards entspricht, gilt dies nicht immer für öffentliche Krankenhäuser. Vor allem auf dem Land sind erhebliche Defizite festzustellen. Geräte- und personelle Ausstattung reichen oft nicht aus, um Behandlungen rechtzeitig durchzuführen. In diesen Fällen besteht die Möglichkeit, die Patienten in Behandlungszentren der nächstgelegenen größeren Städte zu überweisen.

Bedürftige haben das Recht, sich von der Gesundheitsverwaltung eine "Grüne Karte" (Yesil Kart) ausstellen zu lassen, die zur kostenlosen medizinischer Versorgung im staatlichen Gesundheitssystem berechtigt. Mit der Umsetzung von Gesetz 5510 wird die Yesil Kart abgeschafft, da alle Bedürftigen in die gesetzliche Krankenversicherung integriert werden sollen. Der Staat wird entsprechende Beiträge entrichten (s. o.). Die Voraussetzungen, unter denen mittellose Personen in der Türkei die Grüne Karte erhalten, ergeben sich aus dem Gesetz Nr. 3816 vom 18.06.1992 und aus dem Änderungsgesetz Nr. 5222 vom 14.07.2004. Als mittellos gilt, wer einerseits nicht in einer Sozialversicherungsanstalt versichert ist, andererseits über ein monatliches Einkommen bzw. über einen Anteil am Familieneinkommen verfügt, der nach Abzug von Steuern und Versicherungen weniger als ein Drittel des staatlich festgesetzten Mindesteinkommens (503 YTL netto, etwa 250 ¿) beträgt. Weiteres Vermögen, z.B. Kfz, Bankguthaben oder Immobilien werden angerechnet. Rückkehrer aus dem Ausland unterliegen dem gleichen Prüfungsverfahren hinsichtlich ihrer Mittellosigkeit wie im Inland lebende türkische Staatsangehörige. Nach Angaben der zuständigen Stellen gibt es in der Türkei ca. zwölf Mio. Inhaber einer "Grünen Karte".

Eine "Grüne Karte" kann nur in der Türkei beantragt werden. Die Mittellosigkeit des Antragstellers wird seit dem 06.12.2006 unter Beteiligung verschiedener Behörden von Amts wegen festgestellt. Die zuständige Kommission des Landratsamtes entscheidet über die Anträge, wobei sich die Bearbeitungszeiten erheblich verkürzt haben. Inhaber der "Grünen Karte" haben grundsätzlich Zugang zu allen Formen der medizinischen Versorgung. Mittlerweile könne Yesil-Kart-Empfänger Medikamente in allen Apotheken beziehen. In der Übergangszeit zwischen Beantragung und Ausstellung der "Grünen Karte" werden bei einer Notfallerkrankung sämtliche stationären Behandlungskosten und alle weiteren damit zusammenhängenden Ausgaben übernommen. Stationäre Behandlung von Inhabern der "Grünen Karte" umfasst die Behandlungskosten sowie Medikamentenkosten in Höhe von 80%. Für Leistungen, die nicht über die "Grüne Karte" abgedeckt sind oder wenn der Mittellose kein Anrecht auf die "Grüne Karte" hat, stehen ergänzend Mittel aus dem jeweils örtlichen Solidaritätsfonds zur Verfügung (Sosyal Yardim ve Dayanisma Fonu).

Eine medizinische Versorgung sowie die Behandlungsmöglichkeit psychischer Erkrankungen ist grundsätzlich landesweit gegeben. In ländlichen Regionen besteht u.U. das Erfordernis, die Patienten in Behandlungszentren größerer Städte zu überweisen. Das Gesundheitswesen garantiert psychisch kranken Menschen umfassenden Zugang zu Gesundheitsdiensten und Beratungsstellen. Dauereinrichtungen für psychisch Kranke wie offene oder geschlossene Psychiatrien oder betreute Wohnheime gibt es jedoch nur in begrenzter Kapazität für chronische Fälle, in denen familiäre Unterstützung nicht gewährleistet ist oder die eine Gefahr für die Öffentlichkeit darstellen. Auch bei der Behandlung psychischer Erkrankungen ist ein ständig steigender Standard festzustellen (Vgl. hierzu die Anlage "Medizinische Versorgung psychisch kranker Menschen in der Türkei").

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2. Behandlung von Rückkehrern

Ist der türkischen Grenzpolizei bekannt, dass es sich um eine abgeschobene Person handelt, wird diese nach Ankunft in der Türkei einer Routinekontrolle unterzogen, die einen Abgleich mit dem Fahndungsregister nach strafrechtlich relevanten Umständen und eine eingehende Befragung beinhalten kann. Abgeschobene können dabei in den Diensträumen der jeweiligen Polizeiwache vorübergehend zum Zwecke einer Befragung festgehalten werden. Die Einholung von Auskünften kann je nach Einreisezeitpunkt und dem Ort, an dem das Personenstandsregister geführt wird, einige Stunden dauern.

Besteht der Verdacht einer Straftat, werden strafrechtliche Ermittlungen eingeleitet. Wehrdienstflüchtige haben damit zu rechnen, gemustert und ggf. einberufen zu werden (u.U. nach Durchführung eines Strafverfahrens). Es sind mehrere Fälle bekannt geworden, in denen Suchvermerke zu früheren Straftaten oder über Wehrdienstentziehung von den zuständigen türkischen Behörden versehentlich nicht gelöscht worden waren, was bei den Betroffenen zur kurzzeitigen Ingewahrsamnahme bei Einreise führte.

Aufgrund eines Runderlasses des Innenministeriums vom 18.12.2004 dürfen keine Suchvermerke mehr ins Personenstandsregister eingetragen werden. Angaben türkischer Behörden zufolge wurden Mitte Februar 2005 alle bestehenden Suchvermerke in den Personenstandsregistern gelöscht. Es besteht für das Auswärtige Amt somit keine Möglichkeit mehr, das Bestehen von Suchvermerken zu verifizieren, auch nicht über die bisher damit befassten Vertrauensanwälte.

Dem Auswärtigen Amt ist in jüngerer Zeit kein Fall bekannt geworden, in dem ein aus der Bundesrepublik Deutschland in die Türkei zurückgekehrter abgelehnter Asylbewerber im Zusammenhang mit früheren Aktivitäten gefoltert oder misshandelt wurde. Auch die türkischen Menschenrechtsorganisationen haben explizit erklärt, dass aus ihrer Sicht diesem Personenkreis keine staatlichen Repressionsmaßnahmen drohen. Für Misshandlung oder Folter allein aufgrund der Tatsache, dass ein Asylantrag gestellt wurde, liegen keine Anhaltspunkte vor. In mehreren Provinzen der Türkei gibt es ca. 40 staatlich betriebene sowie 2 privat betriebene Frauenhäuser mit einem vergleichbaren Aufgabenbereich wie in Deutschland; außerdem gibt es in Konya eine privat betriebene entsprechende Einrichtung für Männer. Nach Aussage staatlicher Stellen stehen diese Einrichtungen auch Rückkehrern zur Verfügung.

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3. Einreisekontrollen

Bei der Einreise in die Türkei hat sich jeder einer Personenkontrolle zu unterziehen. Türkische Staatsangehörige, die ein gültiges türkisches, zur Einreise berechtigendes Reisedokument besitzen, können die Grenzkontrolle normalerweise ungehindert passieren. In Fällen von Rückführungen gestatten die türkischen Behörden die Einreise nur mit türkischem Reisepass oder Passersatzpapier.

In einzelnen Fällen findet bei Einreise noch eine zusätzliche Kontrolle der türkischen Staatsangehörigkeit über die Registrierungen in den Personenstandsämtern statt. Wenn die türkischen Behörden Zweifel an der türkischen Staatsangehörigkeit einer Person haben könnten, weil z.B. in Deutschland geborene Kinder türkischer Eltern nicht in den Registern der türkischen Personenstandsämter eingetragen sind (eine Registrierung der Geburt bei der zuständigen türkischen Auslandsvertretung in Deutschland ist freiwillig), wird zur Zeit die Ausstellung von Passersatzpapieren ohne Nachregistrierung (auch bei Vorlage einer internationalen Geburtsurkunde) abgelehnt.

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3.4. Operational Guidance Note Turkey, Home Office, Country Information and Policy Unit, 2.10.2008

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Bericht im englischen Original:

3.8.10 Conclusion

Although Turkish citizens of Kurdish ethnic origin may face some unequal treatment or discrimination both from the authorities and the general population this does not generally reach the level of persecution or breach article 3 of the ECHR. Therefore it is unlikely that applicants in this category whose claims are based solely on persecution due to their Kurdish ethnicity would qualify for a grant of asylum or Humanitarian Protection and such claims are likely to be clearly unfounded.

[...]

Im Bericht von Home Office vom 2.10.2008 heißt es in der Zusammenfassung zur Lage der Kurden unter Pkt 3.8.10, dass "obwohl türkische Staatsbürger kurdischer Volksgruppenzugehörigkeit ungleicher Behandlung oder Diskriminierungen sowohl seitens türkischer Behörden als auch der allgemeinen Bevölkerung ausgesetzt sein können, diese ungleiche Behandlung oder Diskriminierungen in der Regel nicht das Maß einer Verfolgung oder einer Verletzung von

Artikel 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention erreichen. Demzufolge erhalten Asylwerber, deren Asylantrag lediglich auf eine Verfolgung aufgrund ihrer kurdischen Volksgruppenzugehörigkeit gestützt ist, weder Asyl noch Humanitären Schutz. Derartige Asylanträge sind in der Regel als eindeutig unbegründet anzusehen."

4. Seitens des Asylgerichtshofes wird das Vorbringen an sich ebenso wenig in Zweifel gezogen wie durch das Bundesasylamt. Es ist dem Asylgerichtshof bekannt, dass es zur Zeit der Ausreise der BF aus der Türkei in einigen Gebieten der südöstlichen Türkei - insbesondere auch in der Herkunftsprovinz des BF (Bingöl) - zu Lebensmittelrationierungen gekommen ist, um damit die Versorgung und Nachschubmöglichkeiten für die PKK-Kämpfer zu unterbinden. Davon war vor allem die ländliche Zivilbevölkerung stark betroffen und konnte durchaus leicht in Verdacht geraten, kurdische Guerilla-Kämpfer zu unterstützen, so dass dies harsche behördliche Maßnahmen zur Folge hatte, die möglicherweise auch Folter und Misshandlung beinhalteten. Dieses Lebensmittelembargo wurde aber in der Provinz Bingöl- wie auch in weiteren Regionen - bereits im Oktober 2000 beendet. Seither werden die Dörfer auch nicht mehr von bewaffneten, nach Nahrungsmitteln und Rekruten suchenden Militanten heimgesucht. Zuletzt wurde der Ausnahmezustand auch in den beiden Provinzen Diyarbarkir und Sirnak am 30.11.2002 endgültig beendet. Es ist daher objektiv nicht nachvollziehbar, dass die vom BF geschilderte Gefährdungslage, soweit sie aus dem bloßen Umstand resultiert, dass der BF Landarbeiter an der elterlichen Landwirtschaft in der Provinz Bingöl war und deswegen in Verbindung mit der Unterstützung von PKK-Kämpfern durch Überlassung von Lebensmitteln gebracht wird, fast neun Jahre nach Aufhebung des Lebensmittelembargos noch immer besteht. Daran vermag auch die unbestrittene Tatsache nichts zu ändern, dass das türkische Militär seit Dezember 2007 wiederum vereinzelte militärische Operationen gegen Stellungen der PKK vor allem im Nordirak vornimmt und aus diesem Grund auch einzelne Gebiet in den Provinzen Siirt, Sirnak, Mardin und Hakkari zu zeitweiligen Sicherheitszonen und militärischen Sperrgebieten erklärt hat. Zum Einen ist die Herkunftsprovinz des BF davon nicht betroffen und zum anderen gibt es keine Hinweise, dass die genannten Maßnahmen neuerlich Lebensmittelrationierungen der ansässigen Bevölkerung zum Inhalt haben. Die durch die ergänzende Stellungnahme im Verfahren vor dem Bundesasylamt wiederholte Befürchtung des BF, im Falle der Rückkehr wegen der Bedrohung von staatlicher und von Seiten der PKK zwischen zwei Fronten zu geraten, ist daher als nicht aktuell zu beurteilen und stellt sohin keine asylrelevante Bedrohung zum gegenwärtigen Zeitpunkt dar. Es wird der Stellungnahme des BF vom 27.04.2009 auch nicht entgegengetreten, dass aktive Mitglieder und Aktivisten der PKK mit strafrechtlicher Verfolgung in der Türkei zu rechnen haben. Nur hat der BF in keinem Stadium des Verfahrens jemals behauptet, ein solches Mitglied oder Aktivist zu sein. Vielmehr geht aus seinen Angaben hervor, dass er als Landarbeiter auf dem elterlichen Bauernhof, durch die damals gegebenen Umständen zwischen die Fronten geraten war. Warum in der Stellungnahme erstmals auch die Mitglieder der HADEP/DEHAP erwähnt werden, ohne einen näheren Bezug zum BF herzustellen, ist nicht nachvollziehbar und bedarf daher auch keiner näheren Auseinandersetzung im gegenständlichen Fall. Durch den Verweis auf den Bericht der Schweizerischen Flüchtlingshilfe vom 23.02.2006 ist für den vorliegenden Fall ebenfalls nichts zu gewinnen, zumal es auch hier um die Verurteilung, und Inhaftierung eines ehemaligen PKK-Aktivisten mit politischer Tätigkeit, Unterstützung und vermuteter Mitgliedschaft bei der PKK geht, was der BF von sich jedoch nie behauptet hat.

Im gesamten Verfahren hat der BF nicht erwähnt, dass nach ihm aufgrund eines gerichtlichen Haftbefehles oder sicherheitsbehördlichen Suchbefehles gefahndet werde. Es ist daher nicht von vornherein davon auszugehen, dass der BF im Fall der Rückkehr festgenommen und den Polizeibehörden zur einer Einvernahme übergeben wird, geschweige denn, dass er dabei etwa mit einer systematischen Anwendung von Folter und Misshandlung zu rechnen hätte. Dagegen spricht schon der aktuelle Bericht des Auswärtigen Amtes, wonach zwar bei der Wiedereinreise von abgeschobenen Personen Routinekontrollen durchgeführt werden, dabei aber Misshandlung oder Folter allein wegen der Stellung eines Asylantrages nicht vorkommen. Mag die Strafverfolgung von Foltertätern in der Türkei trotz einer von der Regierung eingeführten "Null-Toleranz-Politik" gegen Folter immer noch unbefriedigend und ein Klima im Bereich der Sicherheitsbehörden vorhanden sein, das die Anwendung von Folter und Misshandlung begünstigt, kann zum Einen nicht gesagt werden, dass diese systematisch und überall stattfinden. Zum Anderen ist für den konkreten Fall nicht plausibel, dass im Falle der Wiedereinreise des BF, aus deren Anlass ein Anfrage an die Sicherheitsdienststelle seines ehemaligen Wohnortes gestellt wird (die jedenfalls ins Kalkül zu ziehen ist), die Auskunft erteilt wird, dass der BF (vor 9 Jahren!!) dort angehalten worden war. Setzen sich doch die in der Sicherheitsdienststelle des ehemaligen Wohnortes des BF tätigen Beamten unter dem Licht der gegenwärtig geltenden "Null-Toleranz-Politik" der Regierung im Bezug auf Folter und Misshandlung dadurch unter Umständen der Gefahr von weiteren Ermittlungen aus. Da davon auszugehen ist, dass kein gerichtlicher Haft- oder Suchbefehl gegen den BF vorliegt, ist somit auch die Befürchtung, im Rahmen der Wiedereinreise der Gefahr einer asylrelevanten Verfolgung ausgesetzt zu werden, nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit anzunehmen.

Der Beschwerdeführer beantragte die Durchführung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung, ohne dies jedoch näher zu begründen. .

Es wurde nicht angeführt, was bei einer weiteren persönlichen Einvernahme im Asylverfahren konkret an entscheidungsrelevantem und zu berücksichtigendem Sachverhalt noch hervorkommen hätte können. Das Vorbringen wurde weder vom Bundesasylamt noch wird es vom Asylgerichtshof in Zweifel gestellt. Insofern ist bloß eine rechtliche Beurteilung des Sachverhaltes vorzunehmen. Wenn der rechtlich vertretene BF - zu Recht - aufzeigt, dass ihm im Verfahren vor dem Bundesasylamt keinerlei Länderdokumentation vorgehalten wurde, so ist dies durch die vom Asylgerichtshof gem. Paragraph 45, Absatz 3, AVG vorgenommene Beweisaufnahme mit der Einräumung einer Frist von 2 Wochen zur Abgabe einer schriftlichen Stellungnahme saniert. Der Vornahme einer mündlichen Beschwerdeverhandlung zur bloßen Erörterung von Länderdokumentationen bedarf es in diesem Fall nicht.

5. Zu Spruchpunkt römisch eins des erstinstanzlichen Bescheides:

5.1. Gemäß Paragraph 7, Asylgesetz 1997 in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, 126 aus 2002, ist Asylwerbern auf Antrag mit Bescheid Asyl zu gewähren, wenn glaubhaft ist, dass ihnen im Herkunftsstaat Verfolgung (Artikel eins,, Abschnitt A, Ziffer 2, der Genfer Flüchtlingskonvention) droht und keiner der in Artikel eins, Abschnitt C oder F der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Endigungs- oder Ausschlussgründe vorliegt.

Nach Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, Bundesgesetzblatt Nr. 55 aus 1955,, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, Bundesgesetzblatt Nr. 78 aus 1974,, ist Flüchtling, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen.

Zentraler Aspekt des aus Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, Genfer Flüchtlingskonvention übernommenen Flüchtlingsbegriffes ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung.

Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Zu fragen ist daher nicht danach, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht. (VwGH vom 21.12.2000, Zl. 2000/01/0131; VwGH vom 25.1.2001, Zl. 2001/20/0011).

Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in einem der Gründe haben, welche Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, GFK nennt (VwGH E vom 09.09.1993, Zl. 93/01/0284; VwGH E vom 15.03.2001, Zl. 99/20/0128); sie muss Ursache dafür sein, dass sich der Asylwerber außerhalb seines Heimatlandes bzw. des Landes seines vorigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein (VwGH vom 16.06.1994, Zl. 94/19/0183, VwGH E vom 18.02.1999, Zl. 98/20/0468). Daher muss die Verfolgungsgefahr (bzw. die wohlbegründete Furcht davor) im gesamten Gebiet des Heimatstaates des Asylwerbers bestanden haben.

Relevant kann darüber hinaus nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein; sie muss bei Bescheiderlassung vorliegen, auf diesen Zeitpunkt hat die der Asylentscheidung immanente Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den in Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, Genfer Flüchtlings-Konvention genannten Gründen zu befürchten habe (VwGH vom 19.10.2000, Zl. 98/20/0233).

Eine Verfolgung, d.h. ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen, kann weiters nur dann asylrelevant sein, wenn sie aus den in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen (Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politische Gesinnung) erfolgt, und zwar sowohl bei einer unmittelbar von staatlichen Organen ausgehenden Verfolgung als auch bei einer solchen, die von Privatpersonen ausgeht (VwGH 27.01.2000, Zl. 99/20/0519, VwGH 22.03.2000, Zl. 99/01/0256, VwGH 04.05.2000, Zl. 99/20/0177, VwGH 08.06.2000, Zl. 99/20/0203, VwGH 21.09.2000, Zl. 2000/20/0291, VwGH 07.09.2000, Zl. 2000/01/0153, u.a.).

5.2. Wie das Bundesasylamt im Ergebnis festgestellt hat, konnte der Beschwerdeführer keine Umstände glaubhaft machen, die die Annahme rechtfertigen würden, dass er in seinem Heimatstaat einer Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention ausgesetzt sei, und konnten daher die von ihm geltend gemachten Fluchtgründe nicht zur Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft führen. Das Bundesasylamt ging dabei davon aus, dass schon zum seinerzeit gegebenen Zeitpunkt die Verfolgungshandlungen nicht mehr aktuell waren, um ein Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention aktuell zu begründen. Um so weniger ist es dem Beschwerdeführer nach einem Zeitraum von fast 9 (!) Jahren vor dem Hintergrund einer inzwischen wesentlich geänderten Berichtslage gelungen, eine derzeit aufrecht gegebene (die der Asylentscheidung immanente Prognose ist stets auf den Zeitpunkt der Entscheidung abzustellen, VwGH vom 19.10.2000, Zl. 98/20/0233, sh. bereits oben), gezielt und konkret gegen ihn gerichtete, mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eintretende, Asylrelevanz erreichende Verfolgung in Form von Misshandlungen oder Folter wegen der Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Kurden und Unterstützung der PKK darzutun. Auch von Amts wegen existieren keine aufzugreifenden Anhaltspunkte dafür, dass gerade der Beschwerdeführer im Falle der Rückkehr wegen der für einen Großteil der im Heimatort ansässigen Bevölkerung zum Zeitpunkt der Ausreise vorhandenen Probleme mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit solchen Situationen in Zukunft noch immer ausgesetzt wäre.

Laut ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist die Zugehörigkeit zu einer bestimmten ethnischen Gruppe allein kein Grund für die Asylanerkennung, sofern nicht konkrete gegen den Asylwerber selbst gerichtete Verfolgungshandlungen glaubhaft gemacht werden. Darüber hinaus kann - wie bereits ausgeführt - auch der der Behörde vorliegenden Länderinformation nicht entnommen werden, dass Kurden allein aufgrund ihrer Abstammung verfolgt oder staatlichen Repressionen unterworfen werden. Auch der Umstand, dass der Beschwerdeführer der kurdischen Volksgruppe angehört, bewirkt daher für sich allein nicht, dass ihm Asyl zu gewähren wäre, weil sich aus den oben getroffenen Feststellungen keine konkreten Anhaltspunkte dafür ergeben, dass Angehörige seiner Volksgruppe schon alleine wegen dieser Zugehörigkeit Verfolgung im Sinne der GFK ausgesetzt wären. Es ist diesen Feststellungen eindeutig zu entnehmen, dass es keine gezielte Verfolgung wegen der Zugehörigkeit zur kurdischen Volksgruppe in der Türkei gibt.

Darüber hinaus handelt es sich bei den vom Beschwerdeführer für den Fall der Rückkehr vorgebrachten wirtschaftlichen Problemen, sofern er diese implizit im Zusammenhang mit seiner Volksgruppenzugehörigkeit stellen möchte, um Beeinträchtigungen, die nicht zu einer Asylgewährung führen können. Solche Benachteiligungen auf sozialem, wirtschaftlichem oder religiösem Gebiet sind nämlich für die Bejahung der Flüchtlingseigenschaft nur dann ausreichend, wenn sie eine solche Intensität erreichen, die einen weiteren Verbleib des Asylwerbers in seinem Heimatland unerträglich machen, wobei bei der Beurteilung dieser Frage ein objektiver Maßstab anzulegen ist vergleiche Erkenntnis d. VwGH vom 22.06.1994, Ziffer 93 /, 01 /, 0443,). Die vom Beschwerdeführer erwähnten Schwierigkeiten erfüllen dieses Kriterium nicht. In der Türkei kommt es nicht zu Benachteilungen der kurdischen Bevölkerung in der Form, dass diesen die Sicherstellung des Lebensunterhaltes unmöglich gemacht wird. Dies würde bei einem Bevölkerungsanteil von nahezu einem Fünftel der Gesamtbevölkerung gravierende soziale Unruhen und eine den türkischen Staat in seinen Grundfesten erschütternde Krise auslösen, wofür jedoch in keinem der vorhanden Berichte Anzeichen zu erkennen sind. Der Asylgerichtshof verkennt dabei nicht, dass der BF (und dessen in der Türkei lebende Familie) im Falle der Rückkehr wirtschaftliche Nachteile auf sich nehmen muss. Diese stellen aber keinen derart gravierenden Eingriff in seine Grundrechte dar, um dem in der Flüchtlingskonvention angesprochenen Sachverhalt zugrunde gelegt werden zu können.

Auch das Vorliegen eines Nachfluchtgrundes ist im gegenständlichen Fall zu verneinen. Nach den getroffenen Feststellungen gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass türkische Staatsangehörige kurdischer Volksgruppenzugehörigkeit, die aus dem Ausland in ihre Heimat zurückkehren, nunmehr asylrelevanten Verfolgungshandlungen ausgesetzt wären.

Das Vorbringen lässt sohin keinen Asylkonnex erkennen und somit war die Beschwerde jedenfalls hinsichtlich Spruchpunkt römisch eins. abzuweisen.

6. Zu Spruchpunkt römisch II. des erstinstanzlichen Bescheides:

6.1. Gemäß Paragraph 8, Absatz eins, AsylG hat die Behörde im Fall der Abweisung eines Asylantrages von Amtswegen bescheidmäßig festzustellen, ob die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in den Herkunftsstaat zulässig ist (Paragraph 57, FrG); diese Entscheidung ist mit der Abweisung des Asylantrages zu verbinden.

Gemäß Artikel 5 Paragraph eins, des Fremdenrechtspaketes, Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 100 aus 2005,, ist das Bundesgesetz über die Einreise, den Aufenthalt und die Niederlassung von Fremden (Fremdengesetz 1997), Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 75 aus 1997,, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 151 aus 2004,, mit Ablauf des 31.12.2005 außer Kraft getreten. Gemäß Paragraph 126, Absatz eins und 2 Fremdenpolizeigesetz 2005, Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 100 aus 2005,, ist dieses mit 01.01.2006 in Kraft getreten.

Gemäß 124 Absatz 2, FPG treten, soweit in anderen Bundesgesetzen auf Bestimmungen des FrG 1997 verwiesen wird, an deren Stelle die entsprechenden Bestimmungen des FPG. Demnach ist die Verweisung des Paragraph 8, Absatz eins, AsylG 1997 auf Paragraph 57, FrG nunmehr auf Paragraph 50, FPG zu beziehen.

Gemäß Paragraph 50, Absatz eins, FPG ist die Zurückweisung, Hinderung an der Einreise, Zurückschiebung oder Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn dadurch Artikel 2, oder 3 EMRK oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrecht und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit in Folge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes verbunden wäre.

Gemäß Absatz 2, leg. cit. ist die Zurückweisung oder Zurückschiebung Fremder in einen Staat oder die Hinderung an der Einreise aus einem Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Artikel 33, Ziffer eins, der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, Bundesgesetzblatt Nr. 55 aus 1955,, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, Bundesgesetzblatt Nr. 78 aus 1974,), es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative (§11 AsylG 2005).

Gemäß Absatz 4, leg. cit. ist die Abschiebung Fremder in einen Staat, in dem sie zwar im Sinne des Absatz 2,, jedoch nicht im Sinne des Absatz eins, bedroht sind, nur zulässig, wenn sie aus gewichtigen Gründen eine Gefahr für die Sicherheit der Republik darstellen oder wenn sie von einem inländischen Gericht wegen eines besonders schweren Verbrechens rechtskräftig verurteilt worden sind und wegen dieses strafbaren Verhaltens eine Gefahr für die Gemeinschaft bedeuten (Artikel 33, Ziffer 2, der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge).

Gemäß Absatz 6, leg. cit. ist die Abschiebung in einen Staat unzulässig, solange der Abschiebung die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht.

Die Regelungsgehalte von Paragraph 57, FrG und Paragraph 50, FPG unterscheiden sich nicht in einer solchen Weise, dass es für den vorliegenden Fall von Bedeutung wäre. Die Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofes, die sich - mittelbar oder unmittelbar - auf Paragraph 57, FrG bezieht, lässt sich daher auf Paragraph 50, FPG übertragen.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Antragsteller das Bestehen einer aktuellen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten oder nicht effektiv verhinderbaren Bedrohung der relevanten Rechtsgüter glaubhaft zu machen, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffender, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerter Angaben darzutun ist (VwGH 26.6.1997, Zl. 95/18/1293, 17.7.1997, Zl. 97/18/0336). So auch der EGMR in stRsp, welcher anführt, dass es trotz allfälliger Schwierigkeiten für den Antragsteller "Beweise" zu beschaffen, es dennoch ihm obliegt - so weit als möglich - Informationen vorzulegen, die der Behörde eine Bewertung der von ihm behaupteten Gefahr im Falle einer Abschiebung ermöglicht ( zB EGMR Said gg. die Niederlande, 5.7.2005).

6.2. In der Türkeierfolgen weder grobe, massenhafte Menschenrechtsverletzungen unsanktioniert, noch ist nach den seitens der Erstbehörde getroffenen Feststellungen von einer völligen behördlichen Willkür auszugehen ist, weshalb auch kein "real Risk" (dazu jüngst VwGH vom 31.03.2005, Zl. 2002/20/0582) einer unmenschlichen Behandlung festzustellen ist.

Zu prüfen bleibt, ob es begründete Anhaltspunkte dafür gibt, dass durch die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers in seinen Herkunftsstaat Artikel 2 oder 3 EMRK oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würden oder für den Beschwerdeführer als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes verbunden wäre.

Nach dem festgestellten Sachverhalt besteht aber auch kein Hinweis auf solch "außergewöhnliche Umstände", welche eine Rückkehr des Beschwerdeführers in die Türkei unzulässig machen könnten. Weder auf der Grundlage der im gegenständlichen Verfahren herangezogenen und dem Beschwerdeführer zur Kenntnis gebrachten Länderinformationen, noch vor dem Hintergrund des persönlichen Vorbringens des Beschwerdeführers ist ersichtlich, dass er bei einer Rückführung in die Türkei in Ansehung existentieller Grundbedürfnisse (wie etwa Nahrung, Unterkunft) einer lebensbedrohenden Gefährdung im Sinne des Artikel 2 oder 3 EMRK ausgesetzt wäre.

Daher ist es auch dem Beschwerdeführer, einem Mann im Alter von 44 Jahren, zuzumuten, in die Türkei zurückzukehren, ohne dass ein reales Risiko einer Verletzung von Artikel 3, EMRK bestünde. Besondere Umstände (zB schwere Krankheit, entsprechend der Judikatur des EGMR), die ausnahmsweise gegen eine Rückkehr sprechen würden, sind im vorliegenden Verfahren nicht hervorgekommen. Ebenso wenig ist ersichtlich, dass dem Beschwerdeführer im Fall seiner Abschiebung in die Türkei dort die notdürftigste Lebensgrundlage fehlte. Laut eigenem Vorbringen hat der BF vor seiner Ausreise an der elterliche Landwirtschaft gearbeitet und befinden sich seine Ehegattin, 2 Kinder sowie 3 Schwestern nach wie vor in der Türkei. Es sind keine Gründe hervorgekommen, weshalb ihm nicht auch nach seiner Rückkehr in die Türkei möglich sein sollte, die notwendigen Mittel zum Bestreiten der Lebensgrundlage zu beschaffen. Zudem ist aufgrund der in der Türkei lebenden Verwandtschaft ein soziales Netz gegeben.

Aus den getroffenen Länderfeststellungen ergibt sich auch, dass die Grundversorgung der Bevölkerung in der Türkei sehr wohl gesichert ist. Der Beschwerdeführer ist gesund und arbeitsfähig und ist daher davon auszugehen, dass er ohne jedes substantiierte Vorbringen nicht als im Sinne der EMRK gefährdet anzusehen ist. Ein Abschiebungshindernis im Sinne von Artikel 3, EMRK in Verbindung mit Paragraph 8, Absatz eins, AsylG liegt somit nicht vor.

Der Asylgerichtshof verkennt dabei nicht, dass sich die wirtschaftliche Situation in der Türkei schlechter darstellt als in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union bzw in Österreich, aus den Berichten geht aber keinesfalls hervor, dass sie dergestalt wäre, dass das existentielle Überleben gefährdet wäre.

Aufgrund der getroffenen Ausführungen ist davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer nicht vernünftiger Weise (VwGH 9.5.1996, Zl.95/20/0380) damit rechnen muss, in dessen Herkunftsstaat mit einer über die bloße Möglichkeit (z.B. VwGH vom 19.12.1995, Zl. 94/20/0858, VwGH vom 14.10.1998. Zl. 98/01/0262) hinausgehenden maßgeblichen Wahrscheinlichkeit einer aktuellen (VwGH 05.06.1996, Zl. 95/20/0194) Gefahr im Sinne des Paragraph 8, AsylG ausgesetzt wäre, weshalb die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des BF für zulässig zu erklären war.

Somit war auch die Beschwerde gegen Spruchpunkt römisch II des Bescheides des Bundesasylamtes abzuweisen und insgesamt spruchgemäß zu entscheiden.

7. Gemäß Paragraph 41, Absatz 7, AsylG 2005 kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt Paragraph 67, d AVG. Es ergibt sich aus Paragraph 23, AsylGHG, dass die dort als Rechtsfolge vorgesehene sinngemäße Anwendung des AVG 1991 unter dem Vorbehalt anderer Regelungsinhalte des AsylG 2005 steht. Derartige ausdrückliche andere Regelungen für das Verfahren vor dem Asylgerichtshof sind, in den in der Erläuterung laut AB 371 römisch XXIII.GP genannten Paragraphen 20,, 22 und 41 AsylG 2005 enthalten, wohl aber auch in den Paragraphen 42,, 61 und 62 AsylG 2005. Es ergibt sich aus Paragraph 23, AsylGHG somit die Anwendung von Verfahrensbestimmungen für den Asylgerichtshof in allen anhängigen Verfahren einschließlich der gemäß den Übergangsbestimmungen des AsylG 2005 nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997 zu Ende zu führenden Verfahren, ohne dass es dafür einer Nennung dieser Bestimmungen (auch) im Paragraph 75, Absatz eins, AsylG 2005 bedürfte. Paragraph 41, Absatz 7, ist daher im gegenständlichen Verfahren anwendbar.

Der Sachverhalt ist zusammengefasst, wie dargestellt, aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde sowie der Beweisaufnahme vom 17.02.2009 - welche den Parteien des Verfahrens schriftlich zur Kenntnis gebracht wurde (zur Zulässigkeit dieser Vorgangsweise siehe Erkenntnis des VwGH vom 17.10.2006, Zahl: 2005/20/0459-5, ebenso Beschluss des VwGH vom 20.6.2008, Zahl 2008/01/0286-6) und ihnen eine Frist zur Stellungnahme eingeräumt wurde als geklärt anzusehen (entspricht der bisherigen Judikatur zu Paragraph 67 d, AVG).

Es ergab sich sohin auch kein Hinweis auf die Notwendigkeit, den maßgeblichen Sachverhalt mit dem Beschwerdeführer zu erörtern vergleiche VwGH 23.01.2003, 2002/20/0533, VwGH 01.04.2004, 2001/20/0291).

Was das Vorbringen des Beschwerdeführers in der Beschwerde betrifft, so findet sich in diesem kein neues bzw. kein ausreichend konkretes Tatsachenvorbringen hinsichtlich allfälliger sonstiger Fluchtgründe des Beschwerdeführers. Auch tritt der Beschwerdeführer in der Beschwerde den seitens der Behörde erster Instanz getätigten Ausführungen nicht in ausreichend konkreter Weise entgegen. Es hat sich daher aus Sicht des Asylgerichtshofes keine Notwendigkeit ergeben den als geklärt erscheinenden Sachverhalt mit dem Beschwerdeführer näher zu erörtern.