Gericht

Asylgerichtshof

Entscheidungsdatum

09.02.2009

Geschäftszahl

B3 252129-0/2008

Spruch

B3 252.129-0/2008/10E

IM NAMEN DER REPUBLIK

Der Asylgerichtshof hat durch die Richterin Mag. Karin WINTER als Einzelrichterin über die Beschwerde von K.C., armenischer Staatsangehöriger, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 24. Juli 2004, Zahl: 03 37.904-BAL, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 27. März 2008 zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird stattgegeben und K.C. gemäß Paragraph 7, Asylgesetz 1997 in der Fassung BG Bundesgesetzblatt Teil eins, 126 aus 2002, (AsylG) Asyl gewährt. Gemäß Paragraph 12, AsylG wird festgestellt, dass K.C. damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

römisch eins. Verfahrensgang:

1. Mit dem angefochtenen Bescheid wies das Bundesasylamt den Asylantrag des Beschwerdeführers vom 13. Dezember 2003 gemäß Paragraph 7, AsylG ab, erklärte gemäß Paragraph 8, des Asylgesetzes 1997, Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 76 aus 1997, in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 101 aus 2003, seine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Armenien für zulässig und wies ihn gemäß Paragraph 8, Absatz 2, leg.cit. "aus dem österreichischen Bundesgebiet" aus.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die fristgerecht eingebrachte Berufung, die nunmehr als Beschwerde zu werten ist. Am 27. März 2008 führte die Rechtsmittelbehörde in der Sache des Beschwerdeführers eine - gemäß Paragraph 39, Absatz 2, AVG mit den Verfahren seiner Ehefrau und seiner Kinder verbundene - öffentliche mündliche Verhandlung durch. In dieser wurden der Beschwerdeführer und seine Ehefrau ergänzend einvernommen. Weiters wurden der Bericht des Bundesasylamtes vom 1. November 2007 "Bericht zur Fact Finding Mission Armenien Georgien Aserbaidschan" (Beilage 1 zur Verhandlungsschrift [VS]), die ACCORD-Anfragebeantwortung vom 13. Dezember 2006, Zahl a-5229, "Lebenssituation bei Mischehe zwischen einem Kurden und einer Jesidin; Diskriminierung von Kurden und Jesiden in Armenien;

allgemeiner Überblick über die Situation der Jesiden in Armenien;

können sie ihre Religion frei ausüben?" (Beilage 2 zur VS), der Bericht des (dt.) Auswärtigen Amtes über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Armenien vom 20. März 2007 (Beilage 3 zur VS) sowie die ACCORD-Anfragebeantwortung vom 12. April 2006, Zahl a-4861, "1) Staatlicher Schutz vor Kriminellen; 2) Situation von aserischen Ehepartnern bzw. Personen gemischter armenisch-aserischer Abstammung und staatlicher Schutz solcher Personen; 3) Verfolgung von Personen, die Wahlfälschungen beobachtet haben; 4) Medizinische Versorgungslage; 5) Rückkehr abgeschobener Asylwerber" (Beilage 4 zur VS). verlesen und erörtert.

Am 28. Juli 2008 langte beim Asylgerichtshof das Gutachten der Ländersachverständigen Dr. Tessa Savvidis vom 25. Juli 2008 zur Zahl 252.129/0-IX/49/04 zum vom Beschwerdeführer erstatteten Fluchtvorbringen ein, das den Parteien im Wege des schriftlichen Parteiengehörs zur Kenntnis gebracht wurde.

römisch II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:

1. Folgender Sachverhalt wird der Entscheidung zugrunde gelegt:

1.1. Zur hier entscheidungsrelevanten Situation in der Republik Armenien:

1.1.1. Allgemeine Situation:

In der Verfassung ist die Gewaltenteilung festgelegt. Die 2005 erfolgten Verfassungsänderungen haben die Gewaltenteilung gestärkt. Die Unabhängigkeit der Gerichte (Artikel 94 und 97 der Verfassung) wird in der Praxis jedoch durch Nepotismus und Korruption eingeschränkt.

Im Bereich der Medien- und Informationsfreiheit sind nach wie vor erhebliche Defizite zu verzeichnen. Die verfassungsmäßig gesicherte Versammlungsfreiheit wird in der Praxis durch das Gesetz über administrative Haft spürbar eingeschränkt.

Dem Auswärtigen Amt sind keine systematischen Misshandlungen, Verhaftungen oder willkürliche Handlungen der Staatsorgane gegenüber Personen oder bestimmen Personengruppen wegen ihrer Rasse, Religion oder Nationalität bekannt. Es gibt in Armenien keine politischen Gefangenen. ...

Die äußerst homogene Bevölkerung der Republik Armenien setzt sich aus 96% armenischen Volkszugehörigen und 4% Minderheiten (vor allem Jesiden, aber auch Russen, Kurden, Griechen, Juden, Deutschen, Georgiern, Ukrainern, Assyren u.a.) zusammen.

Die Verfassung garantiert nationalen Minderheiten das Recht, ihre kulturellen Traditionen und ihre Sprache zu bewahren. Sie dürfen in der eigenen Sprache studieren und veröffentlichen. Zugleich verpflichtet ein Gesetz alle Kinder zu einer Schulausbildung in armenischer Sprache. Schulen in Orten mit griechischen und jesidischen Minderheiten bieten Fächer in Minderheitensprachen an.

...

Die Religionsfreiheit ist in Artikel 23 der armenischen Verfassung festgeschrieben und darf gemäß Artikel 44 nur durch Gesetz und nur soweit eingeschränkt werden, wie dies für den Schutz der staatlichen und öffentlichen Sicherheit, der öffentlichen Ordnung, Gesundheit und Moral notwendig ist. Die Armenische Apostolische Kirche hat den formalen juristischen Status der Nationalkirche und genießt mehr Privilegien als andere anerkannte Glaubensgemeinschaften. ...

Es gibt immer wieder glaubhafte Berichte von Anwälten darüber, dass rechtsstaatliche Grundsätze durch Gerichte verletzt werden: die Unschuldsvermutung werde nicht eingehalten, rechtliches Gehör nicht gewährt, Zeugnisverweigerungsrechte nicht beachtet und Verteidiger würden oft ohne Rechtsgrundlage abgelehnt. Weder zivil- noch strafrechtliche Gerichtsverfahren haben eine Beschränkung ihrer Laufzeit. Im Ergebnis dauern Prozesse bis zu zwei Jahre oder länger. Bei ihrer Entscheidungsbildung beschränken sich die Richter häufig auf die Beweisanträge der Staatsanwaltschaft. ...

Armenien bietet aufgrund seines zentralistischen Staatsaufbaus und seiner geringen territorialen Ausdehnung kaum Ausweichmöglichkeiten bei einer hypothetischen Verfolgung durch zentrale Stellen. Bei Problemen mit lokalen Behörden oder mit Dritten kann jedoch ein Umzug Abhilfe schaffen.

Quelle: Bericht des deutschen auswärtigen Amtes über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Armenien vom 20. März 2007, S 4, 6-8, 10; Beilage 3 zur VS

1.1.2. Zur Situation der jesidischen Volksgruppe in Armenien:

Jesidische Wortführer in der Republik Armenien haben in früheren Jahren immer wieder die Benachteiligung ihrer ethno-religiösen Minderheit durch Gerichte und Behörden beklagt und in Einzelfällen auch nachweisen können. Diese Klagen haben aber inzwischen aufgehört. Ob dies ein Indiz dafür ist, dass die Missstände im Behörden- bzw. Gerichtswesen tatsächlich gebessert wurden, bleibt dahingestellt.

Quelle: Gutachten der Ländersachverständigen Dr. Tessa Savvidis vom 25. Juli 2008 zur Zahl 252.129/0-IX/49/04, S 3

Unter Schikanierungen neu einberufener Wehrdienstpflichtiger haben Angehörige von Minderheitengruppen, unter anderem auch Jesiden, stärker zu leiden gehabt als Mehrheitsangehörige. Auch berichteten Anführerinnen der Jesiden von Diskriminierungen seitens der Polizei und lokaler Autoritäten. ...

Die sozialen Einstellungen gegenüber den meisten religiösen Minderheiten sind in Armenien ambivalent. Manche Anführer der Jesiden berichteten, dass ihre religiöse Gemeinschaft seitens der Polizei und lokaler Behörden diskriminiert wurden. Derartige Diskriminierungen würden folgende Vorfälle und Tatsachen umfassen:

Ungerechte Verteilung von Land, Wasser und Weideflächen; Schikanen gegen Wehrdienstpflichtige in der Armee; mangelhafte Reaktion der Polizei bei ernsten Verbrechen gegen Jesiden. Laut jesidischen Gemeindevorstehern seien Beschwerden auf allen Regierungsebenen eingebracht worden, es würden jedoch keine Antworten erwartet. ...

Jesiden beklagen, dass ihre Kinder in der Schule bisweilen von Lehrern und Mitschülern gehänselt oder diskriminiert würden und dass jesidische Wehrdienstleistende häufiger als Armenier Opfer von Willkür und Misshandlungen würden. Ferner beklagen sie, dass örtliche Behörden und Körperschaften der Zentralregierung einschließlich der Staatskommission für Nationale Minderheiten sowie die Gerichte nicht ihrer Pflicht zur Aufklärung oder Verurteilung der an Jesiden begangenen Straftaten nachkommen. Dadurch liegt die Auswanderungsrate bei Jesiden höher als bei der Titularnation.

Quelle: ACCORD-Anfragebeantwortung vom 13. Dezember 2006, Zahl a-5229, "Lebenssituation bei Mischehe zwischen einem Kurden und einer Jesidin; Diskriminierung von Kurden und Jesiden in Armenien;

allgemeiner Überblick über die Situation der Jesiden in Armenien;

können sie ihre Religion frei ausüben?", S 6f; Beilage 2 zur VS

2. Zur Person und den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer trägt den im Spruch angeführten Namen und ist ein armenischer Staatsangehöriger jesidischer Volksgruppenzugehörigkeit. Er ist verheiratet mit N.B. (GZ: 252.132) und der Vater von R.C. (GZ: 252.131)und A.C. (GZ: 152.130). In der Republik Armenien verfügt er weder über Familienangehörige noch über eine Existenzgrundlage.

Der Beschwerdeführer verpflichtete sich im Jahr 2000 mit einem Fünfjahresvertrag bei der armenischen Armee, in der er in weiterer Folge zum Unteroffizier ernannt wurde. Seine Aufgabe bestand ua. darin, Soldaten an die Stützpunkte bzw. Stellungen zu bringen und wieder zurückzufahren. Anfang 2002 wurde ein neuer Kommandant ernannt. Dieser schikanierte den Beschwerdeführer immer wieder wegen seiner jesidischen Volksgruppenzugehörigkeit. Am 3. November 2003 verließ einer der dem Beschwerdeführer unterstellten Soldaten, ein Verwandter des Kommandanten des Beschwerdeführers, bei einem Transport den vorgeschriebenen Weg und löste eine Mine aus. Bei der dadurch verursachten Explosion verlor dieser Soldat sein rechtes Bein. Der Vorfall wurde sowohl von einer Untersuchungskommission als auch von der Militärpolizei untersucht. Beide kamen zum Ergebnis, dass dem Beschwerdeführer keine Schuld anzulasten ist. Ungeachtet dessen machte der Kommandant den Beschwerdeführer für den Vorfall verantwortlich und steigerte seine Schikanen gegenüber dem Beschwerdeführer. Der Beschwerdeführer versuchte daraufhin eine Aussprache zu erreichen, jedoch ohne Erfolg. In Folge wurde der Beschwerdeführer mehrfach von den Verwandten des Kommandanten zusammengeschlagen und mit dem Umbringen bedroht. Der Beschwerdeführer zeigte diese Übergriffe sowohl bei der Militärpolizei als auch bei der örtlichen Polizeistelle an. Diesen Anzeigen wurde jedoch nicht nachgegangen. Daraufhin flüchtete der Beschwerdeführer am 1. Dezember 2003 mit seiner Familie aus Armenien. Im Falle einer Rückkehr droht ihm wegen seiner Flucht aus Armenien ein Strafverfahren wegen Desertion.

2. Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus folgender Beweiswürdigung:

2.1. Die Feststellungen zur Situation in Armenien stützen sich auf die zitierten Quellen. Angesichts der Seriosität dieser Quellen und der Plausibilität ihrer Aussagen, denen die Verfahrensparteien nicht entgegengetreten sind, besteht für den Asylgerichtshof kein Grund, an der Richtigkeit dieser Angaben zu zweifeln.

2.2.1. Die Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers ergeben sich aus seinem glaubwürdigen Vorbringen und den Verwaltungsakten seiner Familienangehörigen.

2.2.2. Die Feststellungen zu den Fluchtgründen der Beschwerdeführerin basieren auf folgenden Überlegungen: Bei Einbeziehung des persönlichen Eindrucks, der im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom Beschwerdeführer und seiner Ehefrau gewonnen werden konnte, ist deren Angaben zu den Geschehnissen in der Republik Armenien die Glaubwürdigkeit zuzubilligen; die diesbezüglichen Angaben erweisen sich als sehr detailreich, frei von Widersprüchen und stellen sich - vor dem Hintergrund armenischer Verhältnisse - auch als plausibel dar. Zusätzlich werden sie durch das vorgelegte Foto, das den Beschwerdeführer im Rahmen seines Militärdienstes zeigt (Beilage C zur VS), und durch die nachvollziehbaren Ausführungen im eingeholten Gutachten der Ländersachverständigen Dr. T.S. vom 25. Juli 2008, untermauert. Zur Beweiswürdigung des Bundesasylamtes im angefochtenen Bescheid ist Folgendes festzuhalten: Das Bundesasylamt geht offenbar von der grundsätzlichen Glaubwürdigkeit des Beschwerdeführers aus, argumentiert jedoch, es sei nicht glaubwürdig, dass dem Beschwerdeführer vor den Übergriffen seines Kommandanten bzw. dessen Familienangehörigen kein behördlicher Schutz gewährt werde; es begründet dies damit, dass der Beschwerdeführer aufgrund des Vorfalles mit der Mine nach einem ordentlichen Ermittlungsverfahren für unschuldig befunden worden sei. Daher sei davon auszugehen, dass Angehörigen der jesidischen Volksgruppe staatlicher Schutz zukäme. Diese Annahmen des Bundesasylamtes stehen jedoch in einem Spannungsverhältnis zu den getroffenen Feststellungen zur Situation in Armenien im angefochtenen Bescheid, wonach sich das Einschreiten der Sicherheitskräfte auch nach Opportunität richte und es "viele solcher Fälle [gebe] und auch Fälle von Raub und Brandstiftung, welche deswegen geschähen, weil die Yeziden ungeschützt gelassen würden" (S 18f). Weiters geht das Bundesasylamt (ohne Begründung) davon aus, dass dem Beschwerdeführer eine innerstaatliche Fluchtalternative zur Verfügung stünde, unterlässt jedoch völlig, eine solche auf die individuelle Situation des Beschwerdeführers hin zu prüfen.

3. Rechtlich ergibt sich Folgendes:

3.1.1. Gemäß Paragraph 75, Absatz 7, Ziffer eins, Asylgesetz 2005 in der Fassung Artikel 2, BG Bundesgesetzblatt Teil eins, 4 aus 2008, sind Verfahren, die am 1. Juli 2008 beim unabhängigen Bundesasylsenat anhängig sind, vom Asylgerichtshof weiterzuführen; Mitglieder des unabhängigen Bundesasylsenates, die zu Richtern des Asylgerichtshofes ernannt worden sind, haben alle bei ihnen anhängigen Verfahren, in denen bereits eine mündliche Verhandlung stattgefunden hat, als Einzelrichter weiterzuführen.

3.1.2. Da im vorliegenden Verfahren bereits vor dem 1. Juli 2008 eine mündliche Verhandlung vor der nunmehr zuständigen Richterin stattgefunden hat, ist von einer Einzelrichterzuständigkeit auszugehen.

3.2.1. Gemäß Paragraph 75, Absatz eins, Asylgesetz 2005 sind "[A]lle am 31. Dezember 2005 anhängigen Verfahren [...] nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997 zu Ende zu führen. Paragraph 44, AsylG 1997 gilt."

Gemäß Paragraph 44, Absatz eins, AsylG 1997 in der Fassung der AsylG-Novelle 2003 sind Verfahren über Asylanträge, die bis zum 30. April 2004 gestellt worden sind, nach den Bestimmungen des AsylG in der Fassung BG Bundesgesetzblatt Teil eins, 126 aus 2002, zu führen.

3.2.2. Der Beschwerdeführer hat seinen Asylantrag vor dem 1. Mai 2004 gestellt; das Verfahren war am 31. Dezember 2005 anhängig; das Verfahren ist daher nach dem AsylG in der Fassung BG Bundesgesetzblatt Teil eins, 126 aus 2002, zu führen.

3.3. Gemäß Paragraph 23, Absatz eins, Asylgerichtshofgesetz (Artikel eins, Asylgerichtshof-Einrichtungsgesetz Bundesgesetzblatt Teil eins, 4 aus 2008, in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, 147 aus 2008,, in der Folge: AsylGHG) ist auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof grundsätzlich das AVG mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt. Gemäß Paragraph 66, Absatz 4, AVG in Verbindung mit Paragraph 23, Absatz eins, AsylGHG hat der Asylgerichtshof, sofern die Beschwerde nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden.

3.4.1. Gemäß Paragraph 7, AsylG hat die Behörde Asylwerbern auf Antrag Asyl zu gewähren, wenn glaubhaft ist, dass ihnen im Herkunftsstaat Verfolgung iSd Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge Bundesgesetzblatt 55 aus 1955, (Genfer Flüchtlingskonvention, in der Folge: GFK) droht und keiner der in Artikel eins, Abschnitt C oder F der GFK genannten Endigungs- oder Ausschlussgründe vorliegt.

Flüchtling iSd Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, GFK in der Fassung des Artikel eins, Absatz 2, des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge Bundesgesetzblatt 78 aus 1974,) ist, wer sich "aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren."

3.4.2. Zentraler Aspekt dieses Flüchtlingsbegriffs der GFK ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Wohlbegründet kann eine Furcht nur dann sein, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers und unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist vergleiche zB VwGH 22.12.1999, 99/01/0334; 21.12.2000, 2000/01/0131; 25.1.2001, 2001/20/0011). Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation (aus Konventionsgründen) fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht; die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH 21.12.2000, 2000/01/0131; 25.1.2001, 2001/20/0011). Für eine "wohlbegründete Furcht vor Verfolgung" ist es nicht erforderlich, dass bereits Verfolgungshandlungen gesetzt worden sind; sie ist vielmehr bereits dann anzunehmen, wenn solche Handlungen zu befürchten sind (VwGH 26.2.1997, 95/01/0454; 9.4.1997, 95/01/0555), denn die Verfolgungsgefahr - Bezugspunkt der Furcht vor Verfolgung - bezieht sich nicht auf vergangene Ereignisse vergleiche VwGH 18.4.1996, 95/20/0239; vergleiche auch VwGH 16.2.2000, 99/01/0397), sondern erfordert eine Prognose. Verfolgungshandlungen, die in der Vergangenheit gesetzt worden sind, können im Rahmen dieser Prognose ein wesentliches Indiz für eine Verfolgungsgefahr sein vergleiche dazu VwGH 9.3.1999, 98/01/0318). Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in einem der Gründe haben, welche Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, GFK nennt (VwGH 9.9.1993, 93/01/0284; 15.3.2001, 99/20/0128); sie muss Ursache dafür sein, dass sich der Asylwerber außerhalb seines Heimatlandes bzw. des Landes seines vorigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein (VwGH 16.6.1994, 94/19/0183; 18.2.1999, 98/20/0468). Relevant kann aber nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein; sie muss vorliegen, wenn der Asylbescheid erlassen wird; auf diesen Zeitpunkt hat die Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den genannten Gründen zu befürchten habe vergleiche VwGH 9.3.1999, 98/01/0318; 19.10.2000, 98/20/0233). Besteht für den Asylwerber die Möglichkeit, in einem Gebiet seines Heimatstaates, in dem er keine Verfolgung zu befürchten hat, Aufenthalt zu nehmen, so liegt eine inländische Fluchtalternative vor, welche die Asylgewährung ausschließt vergleiche VwGH 24.3.1999, 98/01/0352). Das einer "inländischen Fluchtalternative" innewohnende Zumutbarkeitskalkül setzt voraus, dass der Asylwerber im in Frage kommenden Gebiet nicht in eine ausweglose Lage gerät, zumal auch wirtschaftliche Benachteiligungen dann asylrelevant sein können, wenn sie jegliche Existenzgrundlage entziehen (VwGH 8.9.1999, 98/01/0614, 29.3.2001, 2000/20/0539).

3.4.3. Vor dem Hintergrund der getroffenen Feststellungen zur Situation in der Republik Armenien besteht für den Beschwerdeführer angesichts des zu seinen Asylgründen festgestellten Sachverhalts eine objektiv nachvollziehbare Verfolgungsgefahr:

Der Beschwerdeführer war aufgrund seiner jesidischen Volksgruppenzugehörigkeit Übergriffen Dritter von asylrelevanter Intensität ausgesetzt. Von den armenischen Sicherheitsbehörden wurde ihm gegen diese Übergriffe kein effektiver Schutz gewährt vergleiche dazu VwGH 17.9.2002, 2000/01/0414, jüngst zur Republik Armenien auch VwGH 3.12.2008, 2008/19/0817 mwN). Im Falle einer Rückkehr läuft er Gefahr, erneut solchen Übergriffen ausgesetzt zu sein. Zusätzlich droht ihm wegen seiner Flucht aus der Republik Armenien ein Strafverfahren wegen Desertion, wobei mit der hierfür erforderlichen Wahrscheinlichkeit nicht ausgeschlossen werden kann, dass der Beschwerdeführer wegen seiner Volksgruppenzugehörigkeit in einem solchen Verfahren schlechter gestellt bzw. zu einer höheren (mehrjährigen) Freiheitsstrafe bestraft würde vergleiche dazu nochmals insbes. die Ausführungen im eingeholten Gutachten der Ländersachverständigen Dr. Tessa Savvidis vom 25. Juli 2008, S 2). Da der Beschwerdeführer einerseits weder über Familienangehörige noch über eine Existenzgrundlage in der Republik Armenien verfügt und andererseits die Republik Armenien aufgrund ihres zentralistischen Staatsaufbaus bzw. ihrer geringen territorialen Ausdehnung kaum Ausweichmöglichkeiten bietet, steht dem Beschwerdeführer keine zumutbare inländischen Fluchtalternative offen.

Zusammenfassend ergibt sich, dass sich der Beschwerdeführer aus wohlbegründeter Furcht wegen ethnischen Gründen verfolgt zu werden, außerhalb der Republik Armenien aufhält und dass auch keiner der in Artikel eins, Abschnitt C oder F der GFK genannten Endigungs- und Ausschlussgründe vorliegt.

Gemäß Paragraph 12, AsylG war die Entscheidung über die Asylgewährung mit der Feststellung zu verbinden, dass dem Fremden damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.