Asylgerichtshof
20.11.2008
B12 307734-3/2008
B12 307734-3/2008/17E
ERKENNTNIS
Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Dr. Rohrböck als Einzelrichter über die Beschwerde des Herrn H.S., geb. am 00.00.1988, StA. Afghanistan, vertreten durch Mag. Harald QUINZ, CARITAS-Flüchtlingshilfe, 6800 Feldkirch, Wichnergasse 22, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 23. Jänner 2007, Zl. 06 10.856-BAI, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 19. Juni 2008 und am 28. Oktober 2008 zu Recht erkannt:
römisch eins. Der Beschwerde des Herrn H.S. gegen Bescheid des Bundesasylamtes vom 23. Jänner 2007, Zl. 06 10.856-BAI, wird gem. Paragraph 3, Absatz eins, AsylG stattgegeben und Herrn H.S. der Status eines Asylberechtigten zuerkannt.
römisch II. Gem. Paragraph 3, Absatz 5, AsylG wird festgestellt, dass Herrn H.S. damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
römisch III. Die Spruchpunkte römisch II und römisch III des Bescheides des Bundesasylamts vom 23. Jänner 2007, Zl. 06 10.856-BAI, werden ersatzlos aufgehoben.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
römisch eins. Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer hat am 10. Oktober 2006 beim Bundesasylamt einen Antrag auf internationalen Schutz eingebracht. Er gab dabei an, den Namen H.S. zu führen, Staatsangehöriger von Afghanistan und am 00.00.1988 geboren zu sein. Bei der niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesasylamt am 8. November 2006 gab der Beschwerdeführer im Wesentlichen Folgendes an:
"Frage: Sind Ihre bisherigen Angaben die Sie in Österreich, im Besonderen die Angaben, welche sie am 12.10.2006 vor der Polizei St GEORGEN/ EASt West gemacht haben richtig und halten Sie diese Angaben auch aufrecht?
Antwort: Zum größten Teil habe ich die Wahrheit gesagt, ich habe über meine Fluchtgründe alles richtig gesagt nur mein Fluchtweg war nicht richtig. Ich war einige Zeit in der Slowakei. Ich habe über zwei Monate im Flüchtlingslager gelebt, kein einziger Flüchtling hat dort eine Antwort bekommen ich auch nicht. Mein älterer Bruder wohnt in D. und arbeitet dort, er ist mein Vertreter. Bei uns ist es üblich wenn der Vater nicht da ist, dann ist der älteste Bruder der Vertreter. Als ich in Pakistan war haben wir miteinander gewohnt und ich möchte jetzt bei ihm in D. leben, er arbeitet und er hat eine Wohnung er kann mich finanziell unterstützen und ich kann bei ihm wohnen.
Frage: Wann hatten Sie zu ihrem Bruder zuletzt Kontakt?
Antwort: Vorgestern habe ich mit ihm telefoniert.
Frage: Haben Sie von ihrem Bruder Unterstützung erhalten?
Antwort: Vor 5 Tagen habe ich von ihm 30 Euro bekommen.
Frage: Wann wurden Sie erstmals vom Bruder unterstützt?
Antwort: Er gibt mir ständig 20, 30 od. 50,-- Euro, erstmals als ich nach Österreich kam
Frage: Erhalten Sie sonst noch Unterstützung?
Antwort: Nein, sonst nicht
Frage: Welche Dokumente haben Sie nach Österreich mitgenommen?
Antwort: Keine.
Frage: Besitzen Sie Dokumente und wo befinden sich diese?
Antwort: Ich habe keine
Frage: Haben Sie im Bereich der EU, in Norwegen oder in Island Verwandte, zu denen ein finanzielles Abhängigkeitsverhältnis bzw. eine besonders enge Beziehung besteht?
Antwort: Einen Bruder in D. sonst niemanden.
Frage: Haben Sie Ihr Heimatland vor der jetzigen Reise jemals verlassen?
Antwort: Nein
Frage: Stellten Sie oder Ihre Familienangehörigen je in Österreich oder einem anderen Land einen Asylantrag?
Antwort: Nein.
Frage: Verließen Sie Ihr Heimatland legal?
Antwort: Illegal.
Frage: Sind Sie über ein EU- Land kommend nach Österreich eingereist?
Antwort: Über die Slowakei. Aus Pakistan in den Iran und dann nach Moskau und dann in die Slowakei nach Österreich bin ich gereist, das ist mein Reiseweg.
Aufforderung: Schildern Sie die Reisebewegung ab dem Wohnsitz des Heimatlandes bis Österreich bzw entsprechen Ihre Angaben diesbezüglich vor der Polizei der Wahrheit?
Antwort: Ja, meine Angaben bei der Polizei hinsichtlich der Reiseroute stimmen.
Frage: Reisten Sie schlepperunterstützt?
Antwort: Ja.
Frage: Warum verließen Sie Ihr Heimatland? Erzählen Sie unter Anführung von Fakten, Daten und Ihnen wichtig scheinenden Ereignissen bzw entsprechen Ihre Angaben diesbezüglich vor der Polizei der Wahrheit?
Antwort: Ja, ich habe das bei der Polizei richtig beschrieben
Frage: Haben Sie noch weitere Gründe?
Antwort: Nein.
Frage: Wurde Ihnen ausreichend Zeit eingeräumt, ihre Probleme zu schildern.
Antwort: Ja.
Frage: Haben Sie alles verstanden was Sie gefragt wurden, sowohl von der Sprache als auch vom Verständnis her?
Antwort: Ja.
Entscheidung: Für die Prüfung Ihres in Österreich gestellten Asylantrages gemäß der Dublin römisch II Verordnung der Europäischen Union ist die Slowakei zuständig ist. Eurodac-Treffer: Antrag am 22.05.2006 in Sitzung Zu Einzelheiten der Dublin römisch II Verordnung sind Sie bereits in dem Ihnen anlässlich der Fingerabdrucknahme ausgefolgten Merkblatt informiert worden. Aufgrund der bereits vorliegenden Zustimmung der Slowakei wird Ihr Asylantrag in Österreich als unzulässig zurückgewiesen und Ihre sofort durchsetzbare Ausweisung in diesen Staat veranlasst. Dazu wird Ihnen mitgeteilt, dass sie eine Mitteilung gem Paragraph 29, Abs AsylG 2005 über ihre Ausweisung in die Slowakei am 17.10.2006 erhalten haben.
Frage: Wollen Sie nun konkrete Gründe nennen, die dem entgegenstehen?
Antwort: Wie ich bereits mitgeteilt habe, in Wirklichkeit bekommen die Asylwerber in der Slowakei kein Asyl sie werden wie Tiere behandelt und haben keine Rechte. Andererseits habe ich hier einen Bruder der mich unterstützen kann, ich möchte bei ihm leben.
Frage: Wann erfolgte die Einreise in die Slowakei?
Antwort: Am 20.5.2006, am selben Tag als ich dort befragt wurde, ich sagte damals gleich nach Österreich zu meinen Bruder reisen zu wollen.
Frage: An welchem Datum haben sie die Slowakei wieder verlassen?
Antwort: Das weiß ich nicht aber es war vor ca. 2 Monaten
Frage: Aus welchem Grund haben Sie die Slowakei verlassen?
Antwort: Weil ich zu meinem Bruder weiterreisen wollte, bei uns ist es üblich dass sich der ältere Bruder um den jüngeren kümmert. Unser Vater wurde umgebracht
Frage: Gab es sonst noch einen Grund warum Sie die Slowakei verlassen haben?
Antwort: Nein
Die RB hat folgende Fragen: Wer hat nach der Ermordung des Vaters das Familienoberhaupt eingenommen?
Antwort: Der Bruder der in D. wohnt
Frage: Erklären sie warum?
Antwort: Weil er der ältere ist.
Frage: Haben Sie mit dem Bruder in gemeinsamen Haushalt gelebt
Antwort: Ja in einem Haushalt , in einem Zimmer. Bis zuletzt. Ich habe immer mit meinem jetzigen zusammen gelebt
Frage: Wie lautet die Zusage ihres Bruders hier in Österreich sie zu unterstützen?
Antwort: Er sagte er arbeitet, er hat eine Wohnung er sagte er kann es sich leisten mich zu unterstützen bis ich selbständig werde
Frage: Haben Sie seit sie in Schubhaft sind telefonischen Kontakt mit dem Bruder?
Antwort: Seit ich hier bin reden wir einmal bis zweimal in der Woche.
(...)"
Der Niederschrift einer weiteren niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesasylamt - Außenstelle Innsbruck am 19. Jänner 2007 ist im Wesentlichen Folgendes zu entnehmen:
Frage: Haben Sie sich mittlerweile irgendwelche Dokumente besorgt?
Antwort: Nein ich habe keine Dokumente weder hier noch in meiner Heimat.
Erklärung: Sie haben am 10.10.2006 beim Bundesasylamt um Asyl ersucht. Sie wurden am 12.10.2006 und am 08.11.2006 in der EAST West bereits zu Ihrem Asylverfahren, d.h. zu Ihrem Reiseweg und den Gründen Ihrer Ausreise, befragt. Waren Ihre damals gemachten Angaben vollständig und stimmen diese?
Antwort: Meine Angaben zu meinen Fluchtgründen entsprechen der Wahrheit. Ich habe jedoch falsche Angaben zu meinem Fluchtweg gemacht.
Frage: Können Sie nochmals angeben, über welche Reiseroute Sie nach Österreich gekommen sind?
Antwort: Ich habe Pakistan schlepperunterstützt in einem PKW verlassen und bin in den Iran gereist. Dort bin ich zwei Tage lang geblieben. Mit einem gefälschten Reisepass bin ich anschließend nach Dubai geflogen. Dort hielt ich mich ca. 3 Stunden auf und flog dann weiter nach Moskau. In Moskau wurde mir der gefälschte Reisepass abgenommen. In Moskau blieb ich 10 Monate dann reiste ich schlepperunterstützt in einem PKW in die Slowakei. In der Slowakei wurde ich von der Polizei aufgegriffen. Nach fünf Monaten reiste ich dann weiter nach Österreich. Ich weiß nicht genau wann ich Pakistan verlassen habe, ich weiß nur, dass die Reise insgesamt 17 Monate gedauert hat.
Vorhalt: Warum haben Sie im Zuge Ihrer ersten niederschriftlichen Einvernahme Ihren Fluchtweg grundlegend anders geschildert?
Antwort: Ich wollte hier bleiben, weil mein Bruder auch hier ist und ich wollte nicht in die Slowakei zurückgeschoben werden.
Frage: Möchten Sie zum Fluchtweg noch etwas angeben, was Ihnen wichtig ist?
Antwort: Nein ich habe alles gesagt.
Frage: Unter welchen Lebensumständen haben Sie gelebt?
Antwort: Ich wurde am 00.00.1988 in Kabul in Afghanistan geboren. Als ich vier Jahre alt war ist meine gesamte Familie nach Pakistan gezogen. Ich bin bei meinen Eltern in Pakistan aufgewachsen. Ich habe drei Brüder und eine Schwester. Ein Bruder lebt in Österreich als Asylwerber, eine Schwester in Afghanistan und die zwei anderen Brüder leben in Pakistan. Ich habe drei Jahre die Grundschule und fünf Jahre die Koranschule besucht. Ich habe bis zu meiner Ausreise immer in Pakistan gelebt. Mein Vater ist Ende 2001 verstorben. Mein Vater war ein Mullah er hat Gebete aufgeschrieben und verkauft. Davon hat er unser Leben finanziert. Mein Vater hatte drei Frauen die alle in Pakistan gelebt haben. Wir haben allerdings nicht miteinander gelebt. Nach dem Tod meines Vaters hat mein Bruder, der in Österreich lebt, seine Stelle angenommen. Er hatte jedoch dann Probleme und ist nach Österreich geflüchtet. Dann hat mein ältester Bruder den Platz meines Vaters eingenommen. Er hat die gleiche Arbeit wie mein Vater verrichtet und damit unser Leben finanziert. Als mein Vater noch am Leben war lebten wir unter sehr guten wirtschaftlichen Verhältnissen. Wir lebten in einem großen Miethaus. Als er jedoch umgebracht wurde mussten wir in ein kleineres Haus umziehen und die Lebensumstände waren nicht mehr so gut. Ich gehöre zur Volksgruppe der Tadschiken und bin Sunnite.
Frage: Können Sie nochmals die Gründe schildern, die Sie dazu veranlassten, Ihre Heimat zu verlassen (freie Erzählung)?
Antwort: Mein Vater war Mitglied der kommunistischen Partei in Afghanistan. Nachdem die Mujaheddin gekommen sind und die Macht übernommen haben sind wir nach Pakistan geflüchtet. In Pakistan hat mein Vater dann die Geschäfte seines Vaters übernommen und ist Mullah geworden. Als die Taliban Regierung gestürzt wurde ist meine gesamte Familie wieder nach Afghanistan zurückgekehrt. Nach drei Tagen ist mein Vater in einer Moschee umgebracht worden. Meine Familie ist dann noch ein Jahr in Afghanistan geblieben. Sechs Monate nachdem mein Vater verstorben ist wurde auf meinen ältesten Bruder geschossen. Er war verletzt und wurde in einer Klinik behandelt. Ca. 1,5 Monate nach diesem Vorfall ist auf meinen Bruder, der in Österreich lebt, geschossen worden. Er wurde nicht schwer verletzt. Nach ein paar Monaten ist dann meine gesamte Familie wieder nach Pakistan geflüchtet. Insgesamt waren wir dann ein Jahr in Afghanistan. Mein Vater war wie gesagt Mitglied einer kommunistischen Partei. Ich weiß nicht welche Funktion mein Vater hatte ich weiß auch nicht was er gemacht hat. Ich weiß nur, dass er aufgrund dessen Feinde hatte und auch deswegen umgebracht wurde. Mein Vater wurde umgebracht, zwei meiner Brüder wurden angeschossen und das Leben in Afghanistan war nicht sicher. In Pakistan ist man als Ausländer benachteiligt. Außerdem gibt es auch dort keine Menschenrechte. Wir hatten auch in Pakistan große Angst vor den Feinden meines Vaters. Ich durfte das Haus nicht mehr verlassen und ich konnte auch nicht zur Schule gehen. Das war kein Leben mehr deshalb habe ich dann Pakistan verlassen. In Pakistan sind fünf Monate bevor ich ausgereist bin zwei Mal bewaffnete Männer gekommen. Wir haben die Türe jedoch nicht geöffnet. Deswegen sind wir dann auch woanders hingezogen. In Afghanistan wird die Vergeltung immer aufrecht bleiben.
Frage: Entsprechen Ihre bisher gemachten Angaben der Wahrheit und sind diese vollständig?
Antwort: Ja meine bisher gemachten Angaben entsprechen der Wahrheit und sind vollständig.
Frage: Wer hat Ihren Vater umgebracht?
Antwort: Das weiß ich nicht. Es war ein Unbekannter.
Frage: Weiß jemand aus Ihrer Familie wer Ihren Vater umgebracht hat?
Antwort: Nein es weiß keiner wer meinen Vater umgebracht hat.
Vorhalt: Sie haben heute angegeben, dass Sie und ihre Familie von 1992 bis 2001 in Pakistan gelebt hätten. Ihr Bruder hat im Zuge seiner niederschriftlichen Einvernahme angegeben, dass er von 1992 bis 2000 in Kabul die Grundschule besucht hätte. Was sagen Sie dazu?
Antwort: Ich kann mich gut erinnern als ich zur Schule ging, damals war ich sieben und mein Bruder war auch in Pakistan.
Vorhalt: Sie haben heute angegeben, dass Ihr Vater 2001 umgebracht worden wäre. Ihr Bruder hat bei seiner niederschriftlichen Einvernahme angegeben, dass Ihr Vater 2002 umgebracht worden wäre. Was sagen Sie dazu?
Antwort: Ich habe gesagt Ende 2001 anfangs 2002.
Vorhalt: Ihr Bruder hat bei seiner niederschriftlichen Einvernahme angegeben, dass er Afghanistan ca. im Juni 2003 verlassen hat. Ihr Bruder hat bei seiner niederschriftlichen Einvernahme mit keinem Wort erwähnt, dass er und Ihre Familie jemals in Pakistan gelebt hätten. Was sagen Sie dazu?
Antwort: Wir waren in Pakistan ich habe Urdu und Englisch in Pakistan gelernt. Es sind auch jetzt meine Mutter und meine zwei Brüder in Pakistan. Mehr kann ich nicht sagen.
Vorhalt: Ihr Bruder hat im Zuge seiner niederschriftlichen Einvernahme angegeben, dass Ihr Halbbruder Ihren Vater erschossen hätte. Sie haben heute im krassen Widerspruch dazu behauptet, dass weder Sie noch jemand aus Ihrer Familie wüsste, wer Ihren Vater umgebracht hat. Was sagen Sie dazu?
Antwort: Niemand hat es gesehen wer meinen Vater umgebracht hat. Es hat jedoch immer wieder Streit in unseren Familien gegeben, weil mein Vater drei Frauen hatte. Es sind nach seinem Tod die Gerüchte umgegangen, dass ein Sohn ihn getötet hätte. Aber es hat niemand gesehen.
Vorhalt: Sie haben heute angegeben, dass Ihre Familie Probleme gehabt hätte, weil Ihr Vater Mitglied der kommunistischen Partei gewesen wäre. Ihr Vater wäre aufgrund dessen auch ermordet worden. Ihre Angaben stehen immer wieder im krassen Widerspruch zu den Angaben Ihres Bruders. Was sagen Sie dazu?
Antwort: Mein Bruder hat nicht gelogen. Er hat das gesagt, weil die Gerüchte umgegangen sind. Ich bin jedoch der Meinung, dass kein Sohn seinen Vater umbringen würde.
Vorhalt: Ihr Bruder hat im Zuge seiner Einvernahme mehrmals ganz konkret angegeben, dass sein Halbbruder seinen Vater ermordet hätte. Weiters hat Ihr Bruder noch angegeben, dass sein Halbbruder auch auf ihn geschossen hätte. Ihr Bruder hat mit keinem Wort erwähnt, dass Ihr Vater bei einer kommunistischen Partei gewesen wäre und Ihre Familie deswegen Probleme gehabt hätte. Was sagen Sie dazu?
Antwort: Ich habe Beweise, dass mein Vater bei der kommunistischen Partei war.
Frage: Welche Beweismittel haben Sie?
Vermerk: Der Antragsteller legt eine Kopie eines Ausweises von seinem Vater vor. Lt. Übersetzung handelt es sich dabei um einen Art Ausweis vom Innenministerium für Ordnung und Sicherheit. Er legt weiters eine Kopie eines Dankesschreibens der Regierung vor. Außerdem legt er noch eine Bestätigung von einer Medaillenverleihung vor.
Frage: Was wollen Sie mit diesen Beweismitteln beweisen?
Antwort: Ich möchte damit beweisen, dass mein Vater bei der kommunistischen Partei war, dass er Beamter war und bei der Regierung tätig war. Ich bin mir sicher, dass mein Vater wegen seiner Tätigkeiten umgebracht worden ist. In Afghanistan gilt die Vergeltung und die ganze Familie muss dafür büßen und deshalb sind alle Familienmitglieder in Gefahr.
Vorhalt: Ihr Bruder hat im Zuge seiner niederschriftlichen
Einvernahme Folgendes angegeben: Am Tag bevor mein Vater getötet wurde, waren wir bei meinem Großvater. Dort hat ein Halbbruder von mir mit einer Pistole vom Dach aus auf meinen Vater geschossen. Er hat meinen Vater nicht getroffen und ist geflüchtet. Am nächsten Tag hat es dieser Halbbruder geschafft, meinen Vater während des Gebets in der Moschee zu erschießen. Was sagen Sie dazu?
Antwort: Wie bereits gesagt gab es in unseren Familien schon immer Streit. Aber kein Sohn kann seinen Vater umbringen. Außerdem hätte dieser auch gewusst wo der Vater wohnt. Sie würden nie einen aus der Familie umbringen.
Vorhalt: Sie haben angegeben, dass Ihre gesamte Familie in Gefahr sei. Trotzdem ist Ihre Familie nach der Ermordung Ihres Vaters noch ein Jahr in Afghanistan geblieben. Außerdem sind Sie auch erst nach fünf Jahren geflüchtet. Weiters befindet sich sogar Ihre Schwester noch in Afghanistan. Ihre gesamten Angaben sind absolut nicht plausibel und nachvollziehbar! Was sagen Sie dazu?
Antwort: Wir musste ein Jahr in Afghanistan bleiben, weil wir kein Geld hatten um vorher zu flüchten. In den fünf Jahren in Pakistan gingen meine zwei Brüder zur Arbeit. Sie haben auch immer ihren Arbeitsplatz gewechselt. Ich und die Frauen durften das Haus nicht verlassen. Die Schwester war sehr jung als sie geheiratet hat und sie sind woanders hingezogen.
Frage: Gab es jemals irgendwelche Übergriffe auf Sie persönlich?
Antwort: Nein, weil ich die Wohnung nie verlassen durfte.
Frage: Sie haben heute angegeben, dass die zwei anderen Frauen Ihres Vaters auch in Pakistan leben würden. Hat Ihre Familie noch Kontakt mit ihnen?
Antwort: Nein wir haben keinen Kontakt mehr seit mein Vater tot ist. Ich weiß auch nicht wo sie sich aufhalten.
Frage: Hat die Polizei wegen dem Tod Ihres Vaters ermittelt?
Antwort: Ja der Bruder war bei der Polizei und die Polizei hat gesagt sie werden ihn finden. Aber ich weiß nicht ob der Täter gefunden wurde.
Frage: Haben Sie - außer dem bisher vorgebrachten Sachverhalt - weitere Gründe Ihrer Flucht vorzubringen?
Antwort: Ich habe alles gesagt.
Frage: Sind Sie in Ihrem Heimatland vorbestraft?
Antwort: Nein.
Frage: Wurden Sie in Ihrer Heimat jemals festgenommen oder verhaftet?
Antwort: Nein.
Frage: Haben Sie in Ihrem Heimatland strafbare Handlungen begangen?
Antwort: Nein.
Frage: Sind oder waren Sie jemals Mitglied einer politischen Partei?
Antwort: Nein.
Frage: Waren Sie - außerhalb einer politischen Partei - in Ihrem Heimatland jemals politisch aktiv tätig?
Antwort: Nein.
Frage: Hatten Sie in Ihrem Heimatland jemals Probleme mit der Polizei, einem Gericht oder einer anderen staatlichen Behörde?
Antwort: Nein, weder noch.
Frage: Wurden Sie in Ihrem Heimatland von staatlicher Seite jemals wegen Ihrer Religion, Ihrer Volksgruppe oder Rasse verfolgt?
Antwort: Nein, weder noch.
Frage: Wurden Sie in Ihrer Heimat von staatlicher Seite wegen Ihrer politischen Gesinnung oder der Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe jemals verfolgt?
Antwort: Nein, weder noch.
Frage: Was konkret befürchten Sie für den Fall Ihrer Rückkehr in Ihr Heimatland?
Antwort: Ich bin mir sicher, dass ich umgebracht werde.
Frage: Von wem und warum sollten Sie umgebracht werden?
Antwort: Wir werden wegen meinem Vater umgebracht. Mein Vater hat gegen diese Gruppierungen gearbeitet die jetzt an der Macht sind. Ich würde von den Feinden meines Vaters umgebracht werden.
Frage: Hätten Sie Probleme mit der Polizei oder anderen Behörden im Falle Ihrer Rückkehr?
Antwort: Ja.
Frage: Von welchen finanziellen Mitteln leben Sie hier in Österreich?
Antwort: Von der Sozialhilfe.
Frage: Leben Sie in einem gemeinsamen Haushalt mit Ihrem Bruder?
Antwort: Ja ich lebe mit meinem Bruder gemeinsam in einer privaten Wohnung.
Frage: Seit wann leben Sie mit Ihrem Bruder in einem Haushalt?
Antwort: Ich lebe seit ungefähr einem Monat bei meinem Bruder. Ich bin direkt von Thalham zu meinem Bruder gefahren.
Frage: Arbeitet Ihr Bruder?
Antwort: Nein. Er bekommt auch Sozialhilfe.
Frage: Werden Sie von Ihrem Bruder unterstützt?
Antwort: Nein. Wir bekommen beide Sozialhilfe und jeder hat sein eigenes Geld.
Frage: Haben Sie in Österreich nahe Angehörige, wenn ja, in welchem Verwandtschaftsgrad stehen Sie zu dieser/diesen Person/Personen?
Antwort: Ich habe meinen Bruder hier in Österreich. Sonst habe ich niemanden.
Erklärung: Wenn Sie möchten, werden Ihnen die gesamten Feststellungen des Bundesasylamtes zur allgemeinen Lage in Ihrer Heimat zur Kenntnis gebracht. Sie haben die Möglichkeit dazu im Rahmen des Parteiengehörs Stellung zu nehmen.
Antwort: Ja ich bitte darum.
Feststellung:
Politischer Prozess/Sicherheitslage
Auf der Verfassungsgebenden Großen Ratsversammlung, die vom 14. Dezember 2003 bis 4. Januar 2004 in Kabul zusammenkam, wurde nach dreiwöchiger Beratung eine neue Verfassung verabschiedet. Die Verfassung sieht ein Präsidialsystem vor; die wichtigsten Grundrechte sind gewährleistet, die Gleichberechtigung von Männern und Frauen wurde festgeschrieben. Afghanistan erhielt damit eine auch im regionalen Kontext moderne und demokratische Verfassung. Auf der internationalen Afghanistan-Konferenz in Berlin am 31. März/1. April 2004 hat die internationale Gemeinschaft ihr Afghanistan-Engagement auch für die kommenden Jahre bekräftigt. Am 24.12.2004 wurde eine 28 Mitglieder (darunter 3 Frauen) umfassende Regierung der Islamischen Republik Afghanistan vereidigt. In Afghanistan wurde erstmalig in der Geschichte des Landes am 09.10.2004 das Staatsoberhaupt in allgemeiner, freier und geheimer Wahl gewählt. Der Wahlprozess lief unter überwältigender Beteiligung der Bevölkerung geordneter als erwartet und vor allem ohne eklatante sicherheitsrelevante Zwischenfälle ab. Die Wahlbeteiligung lag bei rund 80% der Wahlberechtigten (insgesamt 8,12 Mio. Wähler, davon ca. 40% Frauen). Bedenkt man die in Afghanistan gegebene Ausgangslage nach fast einem Vierteljahrhundert Krieg und Bürgerkrieg, ist dies eine bemerkenswerte Leistung. In allen Teilen des Landes hat sich die Bevölkerung dankbar für die Entwicklung und die internationale Unterstützung gezeigt. Die afghanische Wahlbehörde (Joint Electoral Management Body, JEMB) verkündete nach Abschluss der Stimmauszählung das amtliche Endergebnis am 03.11.2004. Danach hat Präsident Karzai mit 55,4% der abgegebenen gültigen Stimmen die Wahl eindeutig für sich entschieden. Auf dem zweiten und dritten Platz folgen der ehemalige Erziehungsminister Qanooni und der Hazaraführer und ehemalige Planungsminister Mohaqqeq mit 16,3% bzw. 11,7% der Stimmen. General Dostum erreichte mit 10,0% der abgegebenen Stimmen Platz 4. Zur Wahl gestellt hatten sich 18 Präsidentschaftskandidaten, darunter eine Frau. 2 Kandidaten hatten ihre Kandidatur ca. 1 Woche vor der Wahl zurückgezogen. Die Sicherheitslage war sehr angespannt, da es in den der Wahl vorausgehenden Wochen verschiedentlich zu Anschlägen gekommen war. Es war ein großer Erfolg, dass es den Taliban entgegen ihrer Ankündigung nicht gelungen ist, den Wahlprozess zu unterbrechen. Am Wahltag selbst blieben sicherheitsrelevante Zwischenfälle im Wesentlichen aus. Allseits Anerkennung dafür wurde den Sicherheitskräften gezollt: Im Rahmen des so genannten Electoral Security Operations Centre (ESOC) war ein präzises, zwischen VN, JEMB, afghanischer Polizei, afghanischem Militär, ISAF, OEF und privaten Sicherheitsdiensten etc. abgestimmtes Sicherheitskonzept ausgearbeitet worden. (Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevanten Lage, 07.2006)
Am 18.09.2005 fanden in Afghanistan die ersten Parlamentswahlen für die Dschirga und den 34 Provinzräten statt. Für die 249 Sitze des Parlaments (68 per Quote für Frauen) gab es 2.800 Kandidaten (330 Frauen), für die Provinzräte über 3.000. Trotz Anschlagsdrohungen ließen sich 12,7 der 28 Millionen Afghanen registrieren. Zur Wahl gingen schließlich 6,8 Millionen, was einer Wahlbeteiligung von etwa 54% entspricht. Die Wahl wurde international als Erfolg gewertet und bildet damit den Abschluss des Bonner Prozesses. (Konrad Adenauer Stiftung, Wahlen in Afghanistan, 09.2005) Am Wahltag kam es - ähnlich wie bei den Präsidentschaftswahlen - kaum zu sicherheitsrelevanten Vorfällen. Die Wahlbeteiligung lag bei über 50 %. Auf Provinzebene wurde der Gang zur Wahlurne z. T. erheblich manipuliert. Unregelmäßigkeiten wurden auch während des Auszählprozesses - vor allem in den Süd- und Ostprovinzen festgestellt (in Paktika wurden daher 13,7% der Wahlurnen annulliert, in Kandahar 6,9%).
(Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevanten Lage,07.2006)
Die Sicherheitslage stellt sich regional sehr unterschiedlich dar. Sie variiert von Distrikt zu Distrikt. Während terroristische Aktivitäten im Süden und Osten des Landes aus zumeist ideologischen Motiven direkt gegen die Zentralregierung bzw. die internationale Gemeinschaft gerichtet sind, kann die Sicherheitslage im Norden und Westen durch rivalisierende lokale Machthaber und Milizenführer, die häufig in Drogenhandel und andere kriminelle Machenschaften verstrickt sind, beeinträchtigt sein.
(Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevanten Lage, 07.2006)
Im Vergleich hierzu weist Kabul eine relativ stabile Sicherheitslage auf, die zwar weiterhin fragil, aber aufgrund der ISAF-Präsenz im regionalen Vergleich zufrieden stellend ist. Sie wurde vom United Nations High Commissioner for Refugees (UNHCR) seit Mitte 2002 für freiwillige Rückkehrer als "ausreichend sicher" bezeichnet. (Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevanten Lage, 07.2006) Insbesondere ISAF ist in der Lage in Kabul einen bedeutenden Beitrag zur Sicherheitslage zu leisten, auch wenn Anschläge und regional begrenzte Sicherheitsprobleme in der Hauptstadt nicht ausgeschlossen werden können.
(UK Home Office, Country Report 2006, 04.2006)
In den paschtunischen Provinzen im Süden und Südosten des Landes kommt es regelmäßig zu Kampfhandlungen, in die auch internationale Truppen involviert sind. (Zuletzt massive Kämpfe Ende April 2006, sowie jüngst im Juni/Juli 2006 mit zahlreichen Toten). Die Lage verschärft sich insbesondere durch die mittlerweile wieder sehr gut organisierten Taliban Kämpfer, sowie das fehlende Machtmonopol der Zentralregierung. In der Region um Herat ist die Lage insofern besser als es zu keinen systematischen Kampfhandlungen mehr kommt. Die Lage bleibt jedoch sehr angespannt, auch wenn Berichte über Menschenrechtsverletzungen seit der Ablösung von Ismail Khan als Provinzgouverneur zurückgegangen sind. Trotz aller Probleme ist die Regierung bemüht staatliche Strukturen wie Justiz und Exekutive aufzubauen. Dennoch sind die augenblicklich verfügbaren Strukturen z. B. des Justiz- oder des Polizeiapparates nicht ausreichend, um von einer funktionierenden Verwaltung oder Justiz sprechen zu können. In Afghanistan wird der Aufbau entsprechender Strukturen neben der anhaltend schlechten Sicherheitslage, insbesondere dadurch erschwert, dass das grundsätzliche Vertrauen der Bevölkerung in staatliche Strukturen völlig fehlt und man z.B. bei der Rechtssprechung außerhalb der Ballungszentren nach wie vor auf traditionelle Streitschlichtungsmechanismen setzt.
(siehe UK Home Office, Country Report Afghansiatn, 04.2006; Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevanten Lage, 07.2006)
Ende April 2006 kam es das erste Mal seit langer Zeit wieder zu einem Aufflammen der Kampfhandlungen zwischen amerikanischen und afghanischen Sicherheitskräften auf der einen und Taliban Kämpfern auf der anderen Seite. Die Kämpfe forderten zahlreiche Todesopfer auf Seiten der Talibangruppen.
(UK Home Office, Country Report Afghanistan, 04.2006; Die Welt, Heftige Kämpfe in Afghanistan, 26.04.2006)
Schutzfähigkeit der Behörden
In verschiedenen Landesteilen herrschen große wie kleine lokale Kriegsfürsten und Kommandanten, die sich teilweise ihre eigenen staatsähnlichen Institutionen geschaffen haben. Der ausgeprägten Stammesmentalität entsprechend, wähnt sich jeder von ihnen als souveräner Herr über sein Territorium, gleich ob dies eine Stadt oder eine ganze Provinz umfasst. Traditionell bedeutet dies, dass ein solcher Herrscher sowohl eigene Krieger unterhält als auch für die praktische Umsetzung des Rechts und die Einhaltung der öffentlichen Ordnung verantwortlich ist; mithin also eine eigene Armee unterhält und in seinem eigenen Gebiet auch Polizeiaufgaben wahrnimmt und Gefängnisse unterhält. Das 'Gewaltmonopol' liegt also nach traditioneller Auffassung in den Händen des jeweiligen Lokalherrschers. In den 34 Provinzen außerhalb Kabuls haben staatliche Organe wie Polizei und Regierung noch wenig sichtbaren Einfluss und kaum Legitimität. In verschiedenen Landesteilen herrschen lokale Kriegsfürsten und Kommandanten, die sich teilweise ihre eigenen staatsähnlichen Institutionen geschaffen haben. Afghanistan besitzt seit Jänner 2004 eine neue Verfassung, aber in vielen Landesteilen gibt es weiterhin noch kein funktionierendes Justizsystem. Der Zugang zu Gerichten (Oberster Gerichtshof, Appellationsgerichte und Gerichte auf unterer Ebene) ist begrenzt. Außerhalb Kabuls werden etwa 70 Prozent aller zivilrechtlichen und strafrechtlichen Fälle gewohnheitsrechtlich vor der Dorf-Shura (Rat lokaler islamischer Gelehrter) verhandelt. Tribale Strukturen und Sitten, vermischt mit islamischer Tradition, bestimmen nach wie vor weitaus stärker das öffentliche Leben als die "Projekte" militärischer oder ziviler Helfer aus dem Ausland.
(Michael Kirschner, SFH Länderanalyse vom 03.02.2006, U.K. Home Office Country of Origin Information Service - Afghanistan, 04.2006;, BAMF - THB Afghanistan, November 2005)
Der Aufbau des Justizsystems in Afghanistan ist in jedem Fall noch im Aufbau begriffen und vielfach sind die Strukturen und die praktische Bedeutung der Justiz im täglichen Leben noch unzureichend. Dies liegt einerseits am mangelnden Vertrauen der Bevölkerung in die Justiz als auch an der Unerfahrenheit des Personals und unzureichenden Strukturen.
(US Department of State, Country Report Afghanistan, 03.2006)
Daher kann ebenso wie es an funktionierenden Verwaltungsstrukturen fehlt, nicht von einem funktionierenden Justizwesen gesprochen werden. Es besteht keine Einigkeit über die Gültigkeit und damit Anwendbarkeit von Rechtssätzen. Zudem fehlt es an einer Ausstattung mit Sachmitteln und geeignetem und ausgebildetem Personal sowie in Einzelfällen am Willen, den theoretisch vorgegebenen Rechtsweg einzuhalten. Eine Strafverfolgung lokaler Machthaber außerhalb Kabuls wegen Übergriffen ist praktisch nicht möglich. Auf dem Land wird die Richterfunktion in der Regel von lokalen Räten (Shuras) übernommen.
(Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevanten Lage,07.2006)
Im Jahr 2010 soll Afghanistan über eine Armee (Afghan National Army) von 140.000 Mann verfügen, bereits Ende 2006 über 70.000. Im März 2005 waren 22 000 Mann unter Waffen. Aufgabe ist es, die "Enduring Freedom-Kräfte" zu unterstützen, aber auch, die regionalen Machthaber zu entwaffnen. Anfänge werden mit den illegalen Milizen gemacht. Dabei wird versucht, öffentliche Strukturen zu schaffen, in welche die Milizionäre eingebunden werden sollen. Über 60.000 Milizionäre wurden bereits entwaffnet. Laut UN Angaben sind bis jetzt 53.400 Männer und Frauen zu Polizisten/innen ausgebildet worden, darunter rund 17.700 Polizeioffiziere. Zu den Aufgaben des Aufbaus gehört auch, korrupte und staatsfeindliche Personen aufzuspüren und auszuschalten. Der Polizeiapparat kann die Sicherheit im gesamten öffentlichen Raum noch nicht gewährleisten, wenngleich erhebliche Fortschritte gemacht wurden. Nicht zuletzt hängt das mit der Korruption zusammen, die das gesamte öffentliche Leben durchsetzt.
(Michael Kirschner, SFH Länderanalyse vom 03.02.2006, Informationsverbund Asyl e.V. und Stiftung Pro Asyl, vom Juni 2005)
Anlässlich der Doha- Konferenz vom 18./19. Mai 2004 über die regionale Polizeizusammenarbeit und den Wiederaufbau der afghanischen Polizei haben die Teilnehmerstaaten (darunter die Nachbarstaaten Afghanistans, die Staaten des Golf-Kooperationsrates, die EU sowie die lead nations USA, Großbritannien, Italien und Japan) die "Doha Declaration on Regional Police Cooperation" beschlossen. Zugleich haben die Geberstaaten als Ergebnis der Einwerbung während der Konferenz für die Jahre 2004 - 2007 eine Gesamtsumme von ca. 350 Millionen US-Dollar für den Polizeiaufbau in Aussicht gestellt. Im Februar 2006 fand unter der Schirmherrschaft der Vereinten Nationen die Doha II-Konferenz zur Stabilisierung Afghanistans statt. Gegenstand der Konferenz waren der gemeinsame Polizeiaufbau in Afghanistan und die Einrichtung eines modernen Grenzmanagements unter Mitwirkung der Anrainerstaaten Afghanistans. Zum weiteren Auf- und Ausbau der afghanischen Polizei wurden von den Teilnehmerstaaten wichtige Entscheidungen für die Modernisierung der Strukturen der afghanischen Grenz-, Kriminal-, Anti-Terrorismussowie Fernstraßen- und uniformierten Polizeieinheiten getroffen.
(Bundesministerium des Innern , Stabilisierung Afghanistans durch Doha römisch II erheblich vorangekommen, Dezember 2005)
Der Militär-, Polizei- und Justizapparat befindet sich im Aufbau. Kabul wird von der Regierung mit Hilfe der ISAF kontrolliert, und die Regierung in Kabul ist innerhalb ihres Einflussgebietes willens und - unter Berücksichtigung, dass die Forderung nach einem lückenlosen Schutz an einer wirklichkeitsnahen Einschätzung der Effizienz staatlicher Schutzmöglichkeiten vorbeiginge - grundsätzlich auch in der Lage, Schutz vor allfälligen Verfolgungshandlungen zu bieten. Dies betrifft weitgehend auch das Justizsystem. (Michael Kirschner, SFH Länderanalyse vom 03.02.2006, U.K. Home Office Country of Origin Information Service - Afghanistan, 04.2006; BAMF - THB Afghanistan, November 2005)
Innerstaatliche Fluchtmöglichkeiten in Afghanistan
Viele Frauen und Männer können die per Verfassung garantierte Bewegungsfreiheit auch in der Praxis ausüben. Afghanen siedeln vom ländlichen Bereich in größere Städte, um dort Arbeit und Wohnungen zu finden. In den meisten Städten besteht die Population aus einem Mix verschiedener ethnischer Gruppen. In manchen Provinzen ist die Bewegungsfreiheit allerdings eingeschränkt, vor allem für Frauen. So ist es Frauen vor allem in ländlichen Regionen verboten ohne männliche Begleitung zu reisen, in manchen Gebieten dürfen sie nicht einmal das Haus alleine verlassen. Für die Ausstellung eines Reisepasses ist den Frauen per Gesetz eine Zustimmung/Bewilligung eines männlichen Familienmitglieds vorgeschrieben. Darüber hinaus besteht ein Gesetz wonach Frauen nicht alleine außerhalb des Landes ohne männliche Begleitung reisen dürfen.
(US Department of State, Country Reports 2005, 03.2006)
Die Möglichkeit sich bei Zuzug aus einem anderen Teil Afghanistans sich in Kabul eine wirtschaftliche Existenzgrundlage zu schaffen ist in der Regel immer dann möglich, wenn die betroffene Person bereits über bestimmte persönliche Kontakte in Kabul verfügt. Wie weit interne Fluchtmöglichkeiten für verfolgte Personen grundsätzlich gegeben sind, hängt daher auch von deren Verbindungen in die Verwaltung, dem Einfluss des familiären Netzwerks, von familienübergreifenden Kontakten sowie von Kontakten innerhalb bestimmter Gemeinschaften ab. (Michael Kirschner, SFH Länderanalyse vom 03.02.2006; U.K. Home Office Country of Origin Information Service - Afghanistan, 04.2006;, Internal Displacement Monitoring Centre (IDMC) - Bericht über die Lage von Binnenvertriebenen, vom Dezember 2005; BAMF - THB Afghanistan, November 2005)
Ehemalige Kommunisten
Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass die afghanische Übergangsregierung unter Präsident Karzai ehemalige Kommunisten verfolgt. Eine Gefährdung - auch an Leib und Leben - hochrangiger früherer Repräsentanten der Demokratischen Volkspartei Afghanistans (DVPA, mit Parcham- wie Khalq-Flügel) bzw. herausragender Militärs und Polizeirepräsentanten sowie des Geheimdienstes Khad der kommunistischen Zeit durch Teile der Bevölkerung kann allerdings als mögliche Reaktion auf frühere Menschenrechtsverletzungen nicht ausgeschlossen werden. (Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevanten Lage, 07.2006)
Einzelne Personen, die mit der People's Democratic Party of Afghanistan (PDPA) in Zusammenhang gebracht werden, können auch heute noch einer Gefährdung unterliegen. Das Gefährdungsrisiko hängt ab von den individuellen Umständen, dem familiären Hintergrund, dem beruflichen Profil, persönlichen Verbindungen und den Menschenrechtsverletzungen des kommunistischen Regimes zwischen 1979 und 1992. Akzeptiert von Stammesangehörigen, kehrten vor den Wahlen zahlreiche Ex-Kommunisten zurück, die während der Sowjet-Besatzung hohe Posten in der Regierung oder den Sicherheitsdiensten innehatten. Viele frühere Mitglieder der PDPA genießen heute Schutz und haben Verbindungen zu heute starken Fraktionen oder Individuen. Einfachen Mitgliedern der DVPA (Demokratische Volkspartei Afghanistans) oder Anhängern des Nadjibullah-Regimes, die sich nicht in einer herausgehobenen Position befanden, drohen in Afghanistan allein auf Grund ihrer früheren Betätigung für Partei oder Regierung grundsätzlich keine Verfolgungsmaßnahmen seitens der Regierung oder Racheakte von dritter Seite. Eine Gefahr besteht für hochrangige Kommunisten nur dann, wenn sie als Mitglieder des Zentralkomitees, von Stadt- oder Distriktkomitees der DVPA oder als Vorsitzende oder hochrangige Mitglieder von Organisationen der DVPA (z.B. Jugend-, Frauenorganisation) auf Landes-, Provinz-, Stadt- oder Distriktebene bekannt sind oder wenn sie mit Menschenrechtsverletzungen während des kommunistischen Regimes in Zusammenhang gebracht werden können. Das Gleiche gilt für Mitglieder der früheren Streitkräfte, der Polizei oder des Geheimdienstes. Schweizerische Flüchtlingshilfe
(erstellt von Michael Kirschner, SFH Länderanalyse vom 03.02.2006) / BAMF - THB Afghanistan, vom November 2005, UK Home Office, Operational Guidance Note, 01.2006)
Frage: Was sagen Sie dazu?
Antwort: Ja es gibt ein Gesetz und einen Präsidenten in Afghanistan aber in Wahrheit funktioniert das Ganze nicht so wie es sollte. Es sind auch einige die während der Taliban bei der Regierung waren in der jetzigen Regierung vertreten. Es herrscht Korruption. Ich bin auch nicht der Meinung, dass in Kabul derart große Sicherheit herrscht. Mein Vater wurde ermordet und meine Brüder angeschossen. Die Kommunisten werden nicht direkt vom Staat verfolgt das stimmt sie haben private Feinde.
Frage: Die Befragung wird hiermit beendet. Wollen Sie zu Ihrem Asylverfahren sonst noch etwas vorbringen, was Ihnen von Bedeutung erscheint?
Antwort: Mein Bruder ist seit 3,5 Jahren hier und durfte nur 52 Stunden arbeiten. Ich bitte darum, dass ich hier bleiben darf, Arbeit bekomme und ein geregeltes Leben führen kann."
Mit Bescheid vom 23. Jänner 2007, Zl. 06 10.856-BAI, hat das Bundesasylamt den Antrag auf internationalen Schutz des Beschwerdeführers vom 10. Oktober 2007 gemäß Paragraph 3, Absatz 1 Asylgesetz 2005 abgewiesen und ihm den Status eines Asylberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt römisch eins), ihm weiters gemäß Paragraph 8, Absatz 1 Ziffer 1 AsylG den Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan nicht zuerkannt (Spruchpunkt römisch II) und zudem Herrn H.S. gemäß Paragraph 10, Absatz 1 Ziffer 2 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Afghanistan ausgewiesen (Spruchpunkt römisch III). Diesen Bescheid hat das Bundesasylamt wie folgt begründet:
"Im Verfahren brachte der ASt. die im Akt ersichtlichen Beweismittel in Vorlage.
Zu Afghanistan wird Folgendes festgestellt:
(Staatendokumentation Stand 02.08.2006)
Politischer Prozess/Sicherheitslage
Auf der Verfassungsgebenden Großen Ratsversammlung, die vom 14. Dezember 2003 bis 4. Januar 2004 in Kabul zusammenkam, wurde nach dreiwöchiger Beratung eine neue Verfassung verabschiedet. Die Verfassung sieht ein Präsidialsystem vor; die wichtigsten Grundrechte sind gewährleistet, die Gleichberechtigung von Männern und Frauen wurde festgeschrieben. Afghanistan erhielt damit eine auch im regionalen Kontext moderne und demokratische Verfassung. Auf der internationalen Afghanistan-Konferenz in Berlin am 31. März/1. April 2004 hat die internationale Gemeinschaft ihr Afghanistan-Engagement auch für die kommenden Jahre bekräftigt. Am 24.12.2004 wurde eine 28 Mitglieder (darunter 3 Frauen) umfassende Regierung der Islamischen Republik Afghanistan vereidigt.
In Afghanistan wurde erstmalig in der Geschichte des Landes am 09.10.2004 das Staatsoberhaupt in allgemeiner, freier und geheimer Wahl gewählt. Der Wahlprozess lief unter überwältigender Beteiligung der Bevölkerung geordneter als erwartet und vor allem ohne eklatante sicherheitsrelevante Zwischenfälle ab. Die Wahlbeteiligung lag bei rund 80% der Wahlberechtigten (insgesamt 8,12 Mio. Wähler, davon ca. 40% Frauen). Bedenkt man die in Afghanistan gegebene Ausgangslage nach fast einem Vierteljahrhundert Krieg und Bürgerkrieg, ist dies eine bemerkenswerte Leistung. In allen Teilen des Landes hat sich die Bevölkerung dankbar für die Entwicklung und die internationale Unterstützung gezeigt.
Die afghanische Wahlbehörde (Joint Electoral Management Body, JEMB) verkündete nach Abschluss der Stimmauszählung das amtliche Endergebnis am 03.11.2004. Danach hat Präsident Karzai mit 55,4% der abgegebenen gültigen Stimmen die Wahl eindeutig für sich entschieden. Auf dem zweiten und dritten Platz folgen der ehemalige Erziehungsminister Qanooni und der Hazaraführer und ehemalige Planungsminister Mohaqqeq mit 16,3% bzw. 11,7% der Stimmen. General Dostum erreichte mit 10,0% der abgegebenen Stimmen Platz 4. Zur Wahl gestellt hatten sich 18 Präsidentschaftskandidaten, darunter eine Frau. 2 Kandidaten hatten ihre Kandidatur ca. 1 Woche vor der Wahl zurückgezogen.
Die Sicherheitslage war sehr angespannt, da es in den der Wahl vorausgehenden Wochen verschiedentlich zu Anschlägen gekommen war. Es war ein großer Erfolg, dass es den Taliban entgegen ihrer Ankündigung nicht gelungen ist, den Wahlprozess zu unterbrechen. Am Wahltag selbst blieben sicherheitsrelevante Zwischenfälle im Wesentlichen aus. Allseits Anerkennung dafür wurde den Sicherheitskräften gezollt: Im Rahmen des so genannten Electoral Security Operations Centre (ESOC) war ein präzises, zwischen VN, JEMB, afghanischer Polizei, afghanischem Militär, ISAF, OEF und privaten Sicherheitsdiensten etc. abgestimmtes Sicherheitskonzept ausgearbeitet worden.
(Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevanten Lage, 07.2006)
Am 18.09.2005 fanden in Afghanistan die ersten Parlamentswahlen für die Dschirga und den 34 Provinzräten statt. Für die 249 Sitze des Parlaments (68 per Quote für Frauen) gab es 2.800 Kandidaten (330 Frauen), für die Provinzräte über 3.000. Trotz Anschlagsdrohungen ließen sich 12,7 der 28 Millionen Afghanen registrieren. Zur Wahl gingen schließlich 6,8 Millionen, was einer Wahlbeteiligung von etwa 54% entspricht. Die Wahl wurde international als Erfolg gewertet und bildet damit den Abschluss des Bonner Prozesses.
(Konrad Adenauer Stiftung, Wahlen in Afghanistan, 09.2005)
Am Wahltag kam es - ähnlich wie bei den Präsidentschaftswahlen - kaum zu sicherheitsrelevanten Vorfällen. Die Wahlbeteiligung lag bei über 50 %. Auf Provinzebene wurde der Gang zur Wahlurne z. T. erheblich manipuliert. Unregelmäßigkeiten wurden auch während des Auszählprozesses - vor allem in den Süd- und Ostprovinzen festgestellt (in Paktika wurden daher 13,7% der Wahlurnen annulliert, in Kandahar 6,9%).
(Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevanten Lage,07.2006)
Die Sicherheitslage stellt sich regional sehr unterschiedlich dar. Sie variiert von Distrikt zu Distrikt. Während terroristische Aktivitäten im Süden und Osten des Landes aus zumeist ideologischen Motiven direkt gegen die Zentralregierung bzw. die internationale Gemeinschaft gerichtet sind, kann die Sicherheitslage im Norden und Westen durch rivalisierende lokale Machthaber und Milizenführer, die häufig in Drogenhandel und andere kriminelle Machenschaften verstrickt sind, beeinträchtigt sein.
(Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevanten Lage, 07.2006)
Im Vergleich hierzu weist Kabul eine relativ stabile Sicherheitslage auf, die zwar weiterhin fragil, aber aufgrund der ISAF-Präsenz im regionalen Vergleich zufrieden stellend ist. Sie wurde vom United Nations High Commissioner for Refugees (UNHCR) seit Mitte 2002 für freiwillige Rückkehrer als "ausreichend sicher" bezeichnet.
(Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevanten Lage, 07.2006)
Insbesondere ISAF ist in der Lage in Kabul einen bedeutenden Beitrag zur Sicherheitslage zu leisten, auch wenn Anschläge und regional begrenzte Sicherheitsprobleme in der Hauptstadt nicht ausgeschlossen werden können.
(UK Home Office, Country Report 2006, 04.2006)
In den paschtunischen Provinzen im Süden und Südosten des Landes kommt es regelmäßig zu Kampfhandlungen, in die auch internationale Truppen involviert sind. (Zuletzt massive Kämpfe Ende April 2006, sowie jüngst im Juni/Juli 2006 mit zahlreichen Toten). Die Lage verschärft sich insbesondere durch die mittlerweile wieder sehr gut organisierten Taliban Kämpfer, sowie das fehlende Machtmonopol der Zentralregierung.
In der Region um Herat ist die Lage insofern besser als es zu keinen systematischen Kampfhandlungen mehr kommt. Die Lage bleibt jedoch sehr angespannt, auch wenn Berichte über Menschenrechtsverletzungen seit der Ablösung von Ismail Khan als Provinzgouverneur zurückgegangen sind.
Trotz aller Probleme ist die Regierung bemüht staatliche Strukturen wie Justiz und Exekutive aufzubauen. Dennoch sind die augenblicklich verfügbaren Strukturen z.B. des Justiz- oder des Polizeiapparates nicht ausreichend, um von einer funktionierenden Verwaltung oder Justiz sprechen zu können. In Afghanistan wird der Aufbau entsprechender Strukturen neben der anhaltend schlechten Sicherheitslage, insbesondere dadurch erschwert, dass das grundsätzliche Vertrauen der Bevölkerung in staatliche Strukturen völlig fehlt und man z.B. bei der Rechtssprechung außerhalb der Ballungszentren nach wie vor auf traditionelle Streitschlichtungsmechanismen setzt.
(siehe UK Home Office, Country Report Afghansiatn, 04.2006; Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevanten Lage, 07.2006)
Ende April 2006 kam es das erste Mal seit langer Zeit wieder zu einem Aufflammen der Kampfhandlungen zwischen amerikanischen und afghanischen Sicherheitskräften auf der einen und Taliban Kämpfern auf der anderen Seite. Die Kämpfe forderten zahlreiche Todesopfer auf Seiten der Talibangruppen.
(UK Home Office, Country Report Afghanistan, 04.2006; Die Welt, Heftige Kämpfe in Afghanistan, 26.04.2006)
Schutzfähigkeit der Behörden
In verschiedenen Landesteilen herrschen große wie kleine lokale Kriegsfürsten und Kommandanten, die sich teilweise ihre eigenen staatsähnlichen Institutionen geschaffen haben. Der ausgeprägten Stammesmentalität entsprechend, wähnt sich jeder von ihnen als souveräner Herr über sein Territorium, gleich ob dies eine Stadt oder eine ganze Provinz umfasst. Traditionell bedeutet dies, dass ein solcher Herrscher sowohl eigene Krieger unterhält als auch für die praktische Umsetzung des Rechts und die Einhaltung der öffentlichen Ordnung verantwortlich ist; mithin also eine eigene Armee unterhält und in seinem eigenen Gebiet auch Polizeiaufgaben wahrnimmt und Gefängnisse unterhält. Das 'Gewaltmonopol' liegt also nach traditioneller Auffassung in den Händen des jeweiligen Lokalherrschers.
In den 34 Provinzen außerhalb Kabuls haben staatliche Organe wie Polizei und Regierung noch wenig sichtbaren Einfluss und kaum Legitimität. In verschiedenen Landesteilen herrschen lokale Kriegsfürsten und Kommandanten, die sich teilweise ihre eigenen staatsähnlichen Institutionen geschaffen haben.
Afghanistan besitzt seit Jänner 2004 eine neue Verfassung, aber in vielen Landesteilen gibt es weiterhin noch kein funktionierendes Justizsystem.
Der Zugang zu Gerichten (Oberster Gerichtshof, Appellationsgerichte und Gerichte auf unterer Ebene) ist begrenzt. Außerhalb Kabuls werden etwa 70 Prozent aller zivilrechtlichen und strafrechtlichen Fälle gewohnheitsrechtlich vor der Dorf-Shura (Rat lokaler islamischer Gelehrter) verhandelt. Tribale Strukturen und Sitten, vermischt mit islamischer Tradition, bestimmen nach wie vor weitaus stärker das öffentliche Leben als die "Projekte" militärischer oder ziviler Helfer aus dem Ausland.
(Michael Kirschner, SFH Länderanalyse vom 03.02.2006, U.K. Home Office Country of Origin Information Service - Afghanistan, 04.2006;, BAMF - THB Afghanistan, November 2005)
Der Aufbau des Justizsystems in Afghanistan ist in jedem Fall noch im Aufbau begriffen und vielfach sind die Strukturen und die praktische Bedeutung der Justiz im täglichen Leben noch unzureichend. Dies liegt einerseits am mangelnden Vertrauen der Bevölkerung in die Justiz als auch an der Unerfahrenheit des Personals und unzureichenden Strukturen.
(US Department of State, Country Report Afghanistan, 03.2006)
Daher kann ebenso wie es an funktionierenden Verwaltungsstrukturen fehlt, nicht von einem funktionierenden Justizwesen gesprochen werden. Es besteht keine Einigkeit über die Gültigkeit und damit Anwendbarkeit von Rechtssätzen. Zudem fehlt es an einer Ausstattung mit Sachmitteln und geeignetem und ausgebildetem Personal sowie in Einzelfällen am Willen, den theoretisch vorgegebenen Rechtsweg einzuhalten. Eine Strafverfolgung lokaler Machthaber außerhalb Kabuls wegen Übergriffen ist praktisch nicht möglich. Auf dem Land wird die Richterfunktion in der Regel von lokalen Räten (Shuras) übernommen.
(Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevanten Lage,07.2006)
Im Jahr 2010 soll Afghanistan über eine Armee (Afghan National Army) von 140.000 Mann verfügen, bereits Ende 2006 über 70.000. Im März 2005 waren 22 000 Mann unter Waffen. Aufgabe ist es, die "Enduring Freedom-Kräfte" zu unterstützen, aber auch, die regionalen Machthaber zu entwaffnen.
Anfänge werden mit den illegalen Milizen gemacht. Dabei wird versucht, öffentliche Strukturen zu schaffen, in welche die Milizionäre eingebunden werden sollen. Über 60.000 Milizionäre wurden bereits entwaffnet.
Laut UN Angaben sind bis jetzt 53.400 Männer und Frauen zu Polizisten/innen ausgebildet worden, darunter rund 17.700 Polizeioffiziere. Zu den Aufgaben des Aufbaus gehört auch, korrupte und staatsfeindliche Personen aufzuspüren und auszuschalten. Der Polizeiapparat kann die Sicherheit im gesamten öffentlichen Raum noch nicht gewährleisten, wenngleich erhebliche Fortschritte gemacht wurden. Nicht zuletzt hängt das mit der Korruption zusammen, die das gesamte öffentliche Leben durchsetzt.
(Michael Kirschner, SFH Länderanalyse vom 03.02.2006, Informationsverbund Asyl e.V. und Stiftung Pro Asyl, vom Juni 2005)
Anlässlich der Doha- Konferenz vom 18./19. Mai 2004 über die regionale Polizeizusammenarbeit und den Wiederaufbau der afghanischen Polizei haben die Teilnehmerstaaten (darunter die Nachbarstaaten Afghanistans, die Staaten des Golf-Kooperationsrates, die EU sowie die lead nations USA, Großbritannien, Italien und Japan) die "Doha Declaration on Regional Police Cooperation" beschlossen. Zugleich haben die Geberstaaten als Ergebnis der Einwerbung während der Konferenz für die Jahre 2004 - 2007 eine Gesamtsumme von ca. 350 Millionen US-Dollar für den Polizeiaufbau in Aussicht gestellt.
Im Februar 2006 fand unter der Schirmherrschaft der Vereinten Nationen die Doha II-Konferenz zur Stabilisierung Afghanistans statt. Gegenstand der Konferenz waren der gemeinsame Polizeiaufbau in Afghanistan und die Einrichtung eines modernen Grenzmanagements unter Mitwirkung der Anrainerstaaten Afghanistans. Zum weiteren Auf- und Ausbau der afghanischen Polizei wurden von den Teilnehmerstaaten wichtige Entscheidungen für die Modernisierung der Strukturen der afghanischen Grenz-, Kriminal-, Anti-Terrorismus- sowie Fernstraßen- und uniformierten Polizeieinheiten getroffen.
(Bundesministerium des Innern , Stabilisierung Afghanistans durch Doha römisch II erheblich vorangekommen, Dezember 2005)
Der Militär-, Polizei- und Justizapparat befindet sich im Aufbau. Kabul wird von der Regierung mit Hilfe der ISAF kontrolliert, und die Regierung in Kabul ist innerhalb ihres Einflussgebietes willens und - unter Berücksichtigung, dass die Forderung nach einem lückenlosen Schutz an einer wirklichkeitsnahen Einschätzung der Effizienz staatlicher Schutzmöglichkeiten vorbeiginge - grundsätzlich auch in der Lage, Schutz vor allfälligen Verfolgungshandlungen zu bieten. Dies betrifft weitgehend auch das Justizsystem.
(Michael Kirschner, SFH Länderanalyse vom 03.02.2006, U.K. Home Office Country of Origin Information Service - Afghanistan, 04.2006; BAMF - THB Afghanistan, November 2005)
Innerstaatliche Fluchtmöglichkeiten in Afghanistan
Viele Frauen und Männer können die per Verfassung garantierte Bewegungsfreiheit auch in der Praxis ausüben. Afghanen siedeln vom ländlichen Bereich in größere Städte, um dort Arbeit und Wohnungen zu finden. In den meisten Städten besteht die Population aus einem Mix verschiedener ethnischer Gruppen.
In manchen Provinzen ist die Bewegungsfreiheit allerdings eingeschränkt, vor allem für Frauen. So ist es Frauen vor allem in ländlichen Regionen verboten ohne männliche Begleitung zu reisen, in manchen Gebieten dürfen sie nicht einmal das Haus alleine verlassen. Für die Ausstellung eines Reisepasses ist den Frauen per Gesetz eine Zustimmung/Bewilligung eines männlichen Familienmitglieds vorgeschrieben.
Darüber hinaus besteht ein Gesetz wonach Frauen nicht alleine außerhalb des Landes ohne männliche Begleitung reisen dürfen.
(US Department of State, Country Reports 2005, 03.2006)
Die Möglichkeit sich bei Zuzug aus einem anderen Teil Afghanistans sich in Kabul eine wirtschaftliche Existenzgrundlage zu schaffen ist in der Regel immer dann möglich, wenn die betroffene Person bereits über bestimmte persönliche Kontakte in Kabul verfügt.
Wie weit interne Fluchtmöglichkeiten für verfolgte Personen grundsätzlich gegeben sind, hängt daher auch von deren Verbindungen in die Verwaltung, dem Einfluss des familiären Netzwerks, von familienübergreifenden Kontakten sowie von Kontakten innerhalb bestimmter Gemeinschaften ab.
(Michael Kirschner, SFH Länderanalyse vom 03.02.2006; U.K. Home Office Country of Origin Information Service - Afghanistan, 04.2006;, Internal Displacement Monitoring Centre (IDMC) - Bericht über die Lage von Binnenvertriebenen, vom Dezember 2005; BAMF - THB Afghanistan, November 2005)
Ehemalige Kommunisten
Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass die afghanische Übergangsregierung unter Präsident Karzai ehemalige Kommunisten verfolgt. Eine Gefährdung - auch an Leib und Leben - hochrangiger früherer Repräsentanten der Demokratischen Volkspartei Afghanistans (DVPA, mit Parcham- wie Khalq-Flügel) bzw. herausragender Militärs und Polizeirepräsentanten sowie
des Geheimdienstes Khad der kommunistischen Zeit durch Teile der Bevölkerung kann allerdings als mögliche Reaktion auf frühere Menschenrechtsverletzungen nicht ausgeschlossen werden.
(Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevanten Lage, 07.2006)
Einzelne Personen, die mit der People's Democratic Party of Afghanistan (PDPA) in Zusammenhang gebracht werden, können auch heute noch einer Gefährdung unterliegen. Das Gefährdungsrisiko hängt ab von den individuellen Umständen, dem familiären Hintergrund, dem beruflichen Profil, persönlichen Verbindungen und den Menschenrechtsverletzungen des kommunistischen Regimes zwischen 1979 und 1992.
Akzeptiert von Stammesangehörigen, kehrten vor den Wahlen zahlreiche Ex-Kommunisten zurück, die während der Sowjet-Besatzung hohe Posten in der Regierung oder den Sicherheitsdiensten innehatten. Viele frühere Mitglieder der PDPA genießen heute Schutz und haben Verbindungen zu heute starken Fraktionen oder Individuen.
Einfachen Mitgliedern der DVPA (Demokratische Volkspartei Afghanistans) oder Anhängern des Nadjibullah-Regimes, die sich nicht in einer herausgehobenen Position befanden, drohen in Afghanistan allein auf Grund ihrer früheren Betätigung für Partei oder Regierung grundsätzlich keine Verfolgungsmaßnahmen seitens der Regierung oder Racheakte von dritter Seite. Eine Gefahr besteht für hochrangige Kommunisten nur dann, wenn sie als Mitglieder des Zentralkomitees, von Stadt- oder Distriktkomitees der DVPA oder als Vorsitzende oder hochrangige Mitglieder von Organisationen der DVPA (z.B. Jugend-, Frauenorganisation) auf Landes-, Provinz-, Stadt- oder Distriktebene bekannt sind oder wenn sie mit Menschenrechtsverletzungen während des kommunistischen Regimes in Zusammenhang gebracht werden können. Das Gleiche gilt für Mitglieder der früheren Streitkräfte, der Polizei oder des Geheimdienstes.
Schweizerische Flüchtlingshilfe (erstellt von Michael Kirschner, SFH Länderanalyse vom 03.02.2006) / BAMF - THB Afghanistan, vom November 2005, UK Home Office, Operational Guidance Note, 01.2006)
Weiters wird festgestellt:
Die Identität des Antragstellers steht nicht fest.
Der Antragsteller ist Staatsangehöriger von Afghanistan und reiste illegal nach Österreich.
Am 10.10.2006 hat der Antragsteller in Österreich einen Asylantrag eingebracht.
Fest steht, dass der Antragsteller bereits am 22.05.2006 einen Asylantrag in der Slowakei einbrachte.
Fest steht, dass der Antragsteller sich dem Verfahren entzogen hat und die Bezirkshauptmannschaft römisch fünf. am 12.10.2006 einen Schubhaftbescheid erlassen hat.
Fest steht, dass am 27.10.2006 sich die Slowakei gemäß Artikel 16, Absatz eins, der Dublin VO für zuständig erklärte. Mit Bescheid vom 16.11.2006 wurde der Asylantrag von H. gemäß Paragraph 5, Absatz eins, AsylG 2005 zurückgewiesen und der Antragsteller wurde gemäß Paragraph 10, Absatz eins, AsylG in die Slowakei ausgewiesen. Der Antragsteller brachte gegen diesen Bescheid Berufung ein und der Unabhängige Bundesasylsenat hat dieser Berufung mit Bescheid vom 07.12.2006 stattgegeben.
Fest steht, dass der Bruder des Antragstellers H.A., geb. am 00.00.1986, Zl. 03 39.010 - BAI bereits am 30.12.2003 Asyl beantragt hat. Das Verfahren des Bruders befindet sich derzeit im Stande der Berufung und ist beim Unabhängigen Bundesasylsenat anhängig.
Der vom Antragsteller vorgebrachte Fluchtgrund konnte mangels Glaubhaftmachung nicht als entscheidungsrelevanter Sachverhalt festgestellt werden.
Grundlage der gegenständlichen Entscheidung ist das Ergebnis der niederschriftlichen Einvernahme auf Basis des behördlichen Wissenstandes um die Verhältnisse in Afghanistan.
Beweiswürdigung:
Die Angaben und sonstigen Beweismittel wurden nach dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung wie folgt gewürdigt:
Im Asylverfahren ist das Vorbringen des Asylwerbers als zentrales Entscheidungskriterium heranzuziehen und obliegt es dem Asylwerber, alles zweckdienliche für die Erlangung der von ihm angestrebten Rechtsstellung vorzubringen. Da im gegenständlichen Verfahren die Aussagen des Antragstellers die zentrale Erkenntnisquelle darstellen, müssen die Angaben des Antragstellers bei einer Gesamtbetrachtung auf ihre Glaubwürdigkeit überprüft werden.
Eine Aussage ist grundsätzlich dann als glaubhaft zu qualifizieren, wenn das Vorbringen des Asylwerbers hinreichend substantiiert ist, er sohin in der Lage ist, konkrete und detaillierte Angaben über von ihm relevierte Umstände bzw. Erlebnisse zu machen. Weiters muss das Vorbringen plausibel sein, d.h. mit überprüfbaren Tatsachen oder der allgemeinen Lebenserfahrung entsprechenden Erkenntnissen übereinstimmen. Diese Voraussetzung ist unter anderem dann nicht erfüllt, wenn die Ausführungen des Antragstellers zu den allgemeinen Verhältnissen in Widerspruch stehen. Eine grobe Unkenntnis über Tatsachen oder über Umstände, welche dem Antragsteller - gemäß seinem Alter, seinem Bildungsgrad und seiner sozialen und kulturellen Herkunft - bekannt sein müssten, indiziert grundsätzlich die Unglaubwürdigkeit des gesamten Vorbringens. Weiters scheinen erhebliche Zweifel am Wahrheitsgehalt einer Aussage angezeigt, wenn der Asylwerber den seiner Meinung nach seinen Antrag stützenden Sachverhalt bloß vage schildert oder sich auf Gemeinplätze beschränkt. Ein weiteres Erfordernis für den Wahrheitsgehalt einer Aussage ist, dass die Angaben in sich schlüssig sind; so darf sich der Antragsteller nicht in wesentlichen Passagen seiner Aussage widersprechen.
Vage Angaben ohne konkretes Beweisangebot braucht die Behörde nicht zum Anlass weiterer Nachforschungen zu nehmen.
Der vom Antragsteller behaupteten Identität wird keine Glaubwürdigkeit zugesprochen. Der Antragsteller war nicht in der Lage, seine wahre Identität vor dem Bundesasylamt durch Vorlage von Urkunden nachzuweisen.
Aufgrund der Angaben des Asylwerbers, seiner Sprach- und seiner Ortskenntnisse geht die Behörde davon aus, dass er Staatsangehöriger von Afghanistan ist.
Wenngleich die Ausführungen zum Fluchtweg nicht asylrelevant sind, so vermögen sie doch ein Indiz für die Gesamtbewertung der Glaubwürdigkeit einer Person darzustellen. Nicht glaubhaft sind die vom Antragsteller in diesem Zusammenhang getätigten Aussagen.
Bei seiner niederschriftlichen Einvernahme am 12.10.2006 gab der Antragsteller an, dass er von Afghanistan nach Pakistan per LKW in den Iran gefahren wäre. Von dort wäre er in die Türkei und anschließend per PKW weiter nach Griechenland gefahren. Von Griechenland wäre er per Boot und zu Fuß nach Österreich gelangt.
Bei dieser Befragung hat der Antragsteller nicht nur verschwiegen, dass er vor der Einreise nach Österreich bereits in der Slowakei einen Asylantrag eingebracht hatte, sondern diese Tatsache sogar dezitiert verneint.
Aufgrund der Eurodac - Treffermeldung wurde festgestellt, dass Herr H. bereits am 22.05.2006 einen Asylantrag in der Slowakei einbrachte.
Im Zuge seiner niederschriftlichen Einvernahme am 19.01.2007 vor dem Bundesasylamt Innsbruck, machte der Antragsteller vollkommen andere Angaben zu seinem Fluchtweg.
Aufgrund dieses Verhaltens wird dem Antragsteller keinerlei persönliche Glaubwürdigkeit zugesprochen. Allgemein ist davon auszugehen, dass ein Flüchtling mit Erreichen eines sicheren Staates, in dem der Antragsteller die staatlichen Behörden um Schutz vor Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention ersucht, dass der Antragsteller sowohl hinsichtlich seiner Identität, seiner Nationalität, seines Fluchtweges und insbesondere hinsichtlich seiner Gefährdung im Herkunftsstaat die Wahrheit angibt.
Bei seiner niederschriftlichen Einvernahme am 19.01.2007 vor dem Bundesasylamt Innsbruck gab der Antragsteller zu Beginn der Einvernahme zu seinen Lebensumständen an, dass er mit seiner gesamten Familie seit 1992 bis zu seiner Ausreise immer in Pakistan gelebt hätte.
Im Widerspruch dazu gab der Antragsteller im Zuge seiner weiteren Einvernahme an, dass er und seine Familie 2001 nach Afghanistan zurückgekehrt wären und dort ca. ein Jahr gelebt hätten, bevor sie wieder nach Pakistan geflüchtet wären.
Im krassen Widerspruch dazu gab der Bruder von Herrn H. im Zuge seiner niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesasylamt Außenstelle Innsbruck am 17.09.2004 an, dass er von 1992 bis 2000 in Kabul die Grundschule besucht hätte.
Auf Vorhalt gab der Antragsteller lapidar an, dass er sich noch gut daran erinnern könnte, als er in die Schule gegangen wäre und sein Bruder damals auch in Pakistan gewesen wäre.
Weiters gab der Bruder des Antragstellers im Zuge seiner Einvernahme noch an, dass er Afghanistan ca. im Juni 2003 verlassen hätte. Sein Bruder hat mit keinem Wort erwähnt, dass er jemals in Pakistan gelebt hätte.
Auf Vorhalt gab der Antragsteller an, dass er in Pakistan gewesen wäre und dort auch Urdu und Englisch gelernt hätte. Mehr könnte er nicht sagen.
Herr H. gab im Zuge seiner niederschriftlichen Einvernahme am 19.01.2007 an, dass sein Vater 2001 umgebracht worden wäre.
Im Widerspruch dazu gab sein Bruder im Zuge seiner niederschriftlichen Einvernahme am 17.09.2004 an, dass sein Vater 2002 umgebracht worden wäre.
Auf Vorhalt gab der Antragsteller lapidar an, dass er Ende 2001 Anfang 2002 gesagt hätte.
Bei seiner niederschriftlichen Einvernahme am 19.01.2007 gab der Antragsteller weiters noch konkret an, dass sein Vater von unbekannten Personen umgebracht worden wäre und weder er noch jemand aus seiner Familie wüsste, wer seinen Vater umgebracht hätte.
Im krassen Widerspruch dazu gab sein Bruder bei seiner Einvernahme mehrmals an, dass sein Halbbruder seinen Vater umgebracht hätte.
Auf Vorhalt gab der Antragsteller an, dass niemand gesehen hätte, wer seinen Vater umgebracht hätte, es wären jedoch Gerüchte aufgekommen, dass ein Sohn ihn getötet hätte. Aber niemand hätte es gesehen.
Herr H. gab im Zuge seiner Einvernahme an, dass seine Familie Probleme gehabt hätte, weil sein Vater Mitglied der kommunistischen Partei gewesen wäre. Sein Vater wäre aufgrund dessen auch ermordet worden.
Im krassen Widerspruch dazu gab sein Bruder bei seiner Einvernahme an, dass sein Vater drei Frauen gehabt hätte. Sein Vater hätte sich entschlossen bei seiner letzten Frau - der Mutter des Antragstellers - zu bleiben, da diese Familie noch nicht finanziell abgesichert gewesen wäre. Aufgrund dessen hätte es Streit innerhalb der Familien gegeben und deshalb hätte sein Halbbruder den Vater ermordet.
Auf Vorhalt gab der Antragsteller lapidar an, dass es schon Streit gegeben hätte, aber kein Sohn seinen Vater umbringen könnte.
Völlig unglaubwürdig, da nicht plausibel und nachvollziehbar, sind die Angaben des Antragstellers, dass seine Familie nach dem Tod des Vaters noch ein Jahr in Afghanistan gelebt hätte obwohl seine gesamte Familie wie behauptet aufgrund der Mitgliedschaft seines Vaters bei der kommunistischen Partei in Gefahr sei und zwei seiner Brüder sogar angeschossen worden wären.
Ein weiteres Indiz für die Unglaubwürdigkeit des Vorbringens des Antragstellers ist die Tatsache, dass der Antragsteller angab, dass seine Schwester sich nach wie vor in Afghanistan aufhalten würde.
Der Antragsteller gab bei seiner niederschriftlichen Einvernahme am 19.01.2007 an, dass unbekannte Personen auf zwei seiner Brüder geschossen hätten.
Im krassen Widerspruch dazu gab der Bruder des Antragstellers bei seiner Einvernahme an, dass der Halbbruder der seinen Vater ermordet hätte auf ihn geschossen hätte.
Auf Vorhalt gab der Antragsteller lapidar an, dass sie nie einen aus der Familie umbringen würden.
Der Bruder des Antragstellers hat im Zuge seiner Einvernahme mit keinem Wort erwähnt, dass sein Vater Mitglied einer kommunistischen Partei gewesen wäre und seine Familie deshalb Probleme gehabt hätte.
Auf Vorhalt gab der Antragsteller an, dass er Beweise hätte, dass sein Vater bei der kommunistischen Partei gewesen wäre und er sich sicher wäre, dass sein Vater wegen seiner Tätigkeiten umgebracht worden wäre.
Der Antragsteller legte eine Kopie eines Ausweises seines angeblichen Vaters vor. Laut Übersetzung handelte es sich dabei jedoch um einen Art Ausweis vom Innenministerium für Ordnung und Sicherheit. Weiters legte er noch ein Dankesschreiben der Regierung und eine Bestätigung einer Medaillenverleihung vor. Den vorgelegten Kopien kommt erstens keine Beweiskraft zu, da Kopien jeglicher Art von Manipulation unterliegen können und daher auch keiner Echtheitsüberprüfung unterzogen werden können. Weiters konnte die Identität des Antragstellers nicht festgestellt werden. Es konnte daher auch nicht festgestellt werden, inwieweit eine Identität zwischen Antragsteller und der im Dokument genannten Person besteht.
Die Angaben des Antragstellers haben sich bereits bei den Kernaussagen mit den Aussagen seines Bruders H.A. (Zl. 03 39.010 - BAI) widersprochen. Wenn sich die Angaben die den Asylantrag begründen sollen schon bei der Kernaussage widersprechen und derart unterschiedlich dargestellt werden, so kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass das übrige Vorbringen den Tatsachen entspricht und war dem Antragsteller schon alleine aus diesem Grunde die Glaubwürdigkeit abzusprechen.
Bei den vom Antragsteller behaupteten Rückkehrbefürchtungen handelt es sich um eine in den Raum gestellte Behauptung bzw. eine Vermutung und damit um subjektiv empfundene Furcht, die vom ihm durch keinerlei objektive Beweise untermauert werden konnte, weshalb seine Rückkehrbefürchtungen mangels Individualisierung und Konkretisierung auch nicht objektivierbar waren.
Bei der rechtlichen Beurteilung des festgestellten Sachverhaltes ist von folgender Gesetzeslage auszugehen:
Zu I:
Gemäß Paragraph 3, Absatz eins, AsylG hat die Behörde einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit oder Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, den Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, Genfer Flüchtlingskonvention droht.
Der Status eines Asylberechtigten ist einem Fremden zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass die Voraussetzungen des Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, der Genfer Flüchtlingskonvention vorliegen. Diese liegen vor, wenn sich jemand aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, der Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen. Ebenso liegen die Voraussetzungen bei Staatenlosen, die sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes ihres gewöhnlichen Aufenthaltes befinden und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt sind, in dieses Land zurückzukehren.
Zentrales Element des Flüchtlingsbegriffs ist die "begründete Furcht vor Verfolgung".
Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (z.B. VwGH vom 19.12.1995, Zl. 94/20/0858, VwGH vom 14.10.1998. Zl. 98/01/0262).
Der Antragsteller vermochte mit seinem Fluchtvorbringen Verfolgung oder drohende Verfolgung aus Gründen, wie in der Genfer Flüchtlingskonvention taxativ aufgezählt, ebenso wenig glaubhaft machen wie wohlbegründete Furcht vor Verfolgung im Sinne der Grundaussage dieser internationalen Norm.
Der vom Antragsteller vorgebrachte Sachverhalt bietet daher keine Grundlage für eine Subsumierung unter den Tatbestand des Paragraph 3, AsylG 2005.
Das Bundesasylamt gelangt nach eingehender rechtlicher Würdigung zur Ansicht, dass es nicht glaubhaft ist, dass dem Antragsteller im Herkunftsstaat Verfolgung droht und ist sein Asylantrag aus diesem Grunde abzuweisen.
Zu II:
Gemäß Paragraph 8, Absatz eins, Ziffer eins, AsylG hat die Behörde einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird, den Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Artikel 2, EMRK, Artikel 3, EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.
Wird einem Fremden der Status des Asylberechtigten nicht zuerkannt, hat die Behörde von Amts wegen zu prüfen, ob dem Fremden der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen ist.
Paragraph 8, Absatz eins, AsylG beschränkt den Prüfungsrahmen auf den Herkunftsstaat des Antragstellers. Gemäß Paragraph eins, Absatz eins, Ziffer 17, AsylG ist unter dem Herkunftsstaat der Staat zu verstehen, dessen Staatsangehörigkeit der Fremde besitzt oder im Falle der Staatenlosigkeit, der Staat seines früheren gewöhnlichen Aufenthaltes.
Wird der Antrag auf internationalen Schutz eines Fremden in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen, ordnet Paragraph 8, Absatz eins, AsylG an, dass dem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen ist, wenn eine mögliche Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat für ihn eine reale Gefahr einer Verletzung in seinem Recht auf Leben (Artikel 2, EMRK in Verbindung mit den Protokollen Nr. 6 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die vollständige Abschaffung der Todesstrafe) oder eine Verletzung in seinem Recht auf Schutz vor Folter oder unmenschlicher Behandlung oder erniedrigender Strafe oder Behandlung (Artikel 3, EMRK) oder für den Fremden als Zivilperson eine reale Gefahr einer ernsthaften individuellen Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit seiner Person infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konfliktes mit sich bringen würde.
Unter realer Gefahr ist eine ausreichend reale, nicht nur auf Spekulationen gegründete Gefahr
("a sufficiently real risk") möglicher Konsequenzen für den Betroffenen im Zielstaat zu verstehen vergleiche etwa VwGH vom 19.02.2004, Zl. 99/20/0573, mwN auf die Judikatur des EGMR). Es müssen stichhaltige Gründe für die Annahme sprechen, dass eine Person einem realen Risiko einer unmenschlichen Behandlung ausgesetzt wäre und es müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade die betroffene Person einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde. Die bloße Möglichkeit eines realen Risikos oder Vermutungen, dass der Betroffene ein solches Schicksal erleiden könnte, reichen nicht aus.
Nach der Judikatur des EGMR obliegt es der betroffenen Person, die eine Verletzung von Artikel 3, EMRK im Falle einer Abschiebung behauptet, so weit als möglich Informationen vorzulegen, die den innerstaatlichen Behörden und dem Gerichtshof eine Bewertung der mit einer Abschiebung verbundenen Gefahr erlauben vergleiche EGMR vom 05.07.2005 in Said gg. die Niederlande). Bezüglich der Berufung auf eine allgemeine Gefahrensituation im Heimatstaat, hat die betroffene Person auch darzulegen, dass ihre Situation schlechter sei, als jene der übrigen Bewohner des Staates vergleiche EGMR vom 26.07.2005 N. gg. Finnland).
Das Vorliegen eines tatsächlichen Risikos ist von der Behörde im Zeitpunkt der Entscheidung zu prüfen vergleiche EGMR vom 15.11.1996 in Chahal gg. Vereinigtes Königsreich).
Gemäß der Judikatur des VwGH erfordert die Beurteilung des Vorliegens eines tatsächlichen Risikos eine ganzheitliche Bewertung der Gefahr an dem für die Zulässigkeit aufenthaltsbeendender Maßnahmen unter dem Gesichtspunkt des Artikel 3, EMRK auch sonst gültigen Maßstab des "real risk", wobei sich die Gefahrenprognose auf die persönliche Situation des Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen hat vergleiche VwGH vom 31.03.2005, Zl. 2002/20/0582, Zl. 2005/20/0095). Dabei kann bei der Prüfung von außerhalb staatlicher Verantwortlichkeit liegender Gegebenheiten nur dann in der Außerlandesschaffung des Antragsstellers eine Verletzung des Artikel 3, EMRK liegen, wenn außergewöhnliche, exzeptionelle Umstände, glaubhaft gemacht sind vergleiche EGMR, Urteil vom 06.02.2001, Beschwerde Nr. 44599/98, Bensaid v United Kingdom; VwGH 21.08.2001, Zl. 2000/01/0443). Ob die Verwirklichung der im Zielstaat drohenden Gefahren eine Verletzung des Artikel 3, EMRK durch den Zielstaat bedeuten würde, ist nach der Rechtsprechung des EGMR nicht entscheidend.
Der Antragsteller vermochte daher mit seinen Rückkehrbefürchtungen nicht glaubhaft dazulegen, dass er für den Fall seiner Rückkehr nach Afghanistan einer Bedrohung oder drohenden Gefahr im Sinne des Paragraph 50, Absatz eins, FrG ausgesetzt wäre. Es wird nochmals auf die Feststellungen in der o.a. Länderfeststellung verwiesen.
Trotz der in manchen Regionen angespannten Sicherheitslage kann nicht davon ausgegangen werden, dass sich jedermann, welcher sich in Afghanistan aufhält schon alleine aufgrund der allgemeinen Lage in einer extremen Gefährdungslage befindet. Ein weitergehender, qualifizierter Sachverhalt, welcher gerade im gegenständlichen Fall für die gegenteilige Annahme sprechen würde, liegt hier nicht vor. Aufgrund der getroffenen Feststellungen kann ferner nicht davon gesprochen werden, dass in jeder Region Afghanistans eine nicht sanktionierte ständige Praxis grober, offenkundiger, massenhafter Menschenrechtsverletzungen (iSd VfSlg 13.897/1994, 14.119/1995) herrschen würde; somit können auch von Amts wegen keine stichhaltigen einem Refoulement nach Afghanistan entgegenstehenden Gründe erkannt werden. Es wird von der ho. Behörde nicht verkannt, dass es in Afghanistan zu Menschenrechtsverletzungen kommt, doch ist auch die Bevölkerungsanzahl Afghanistans in Betracht zu ziehen, sodass sich die Anzahl der berichteten Menschenverletzungen durchaus relativiert und hieraus keineswegs ein Hinweis auf eine permanente (sonstige) Gefahr in abgeleitet werden kann.
Wie sich aus den Feststellungen zum Herkunftsstaat und dem ho. Amtswissen zur Person des Antragstellers ergibt, ist im Rahmen einer einzelfallspezifischen Prüfung aufgrund der oa. Erwägungen festzustellen, dass der Antragsteller im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan von den in der Feststellung angeführten Problempunkten nicht so weit betroffen ist, dass diese einem Refoulement entgegenstehen würden.
Im gegenständlichen Fall geht die ho. Behörde davon aus, dass die Voraussetzungen für die Gewährung von subsidiären Schutz nicht vorliegen, weil unter Berücksichtigung der persönlichen Verhältnisse (Alter, Gesundheitszustand, Arbeitsfähigkeit, Zumutbarkeit der zumindest vorübergehenden Inanspruchnahme internationaler Hilfe, etc), nicht davon auszugehen ist, dass er im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan in eine derart dauerhaft aussichtslose Lage gedrängt wird, die ihm eine Rückkehr unzumutbar erscheinen ließen. Es ist viel mehr aufgrund des Umstandes, dass individuelle Erwägungen, warum in diesem Fall kein subsidiärer Schutz gewährt werden soll, festzustellen, dass im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan die Basisversorgung und sonstige persönliche Sicherheit des Antragstellers sicher gestellt ist.
Weder aus dem Amtswissen noch aus dem Vorbringen des Antragstellers ergibt sich ein weiterer qualifizierter Sachverhalt, welcher einem Refoulement entgegensteht.
Die Todesstrafe wurde in Afghanistan nicht abgeschafft (amnesty international. website against death penalty). Es bestehen jedoch keine Hinweise darauf, dass der Antragsteller einen Sachverhalt verwirklichte, welcher in Afghanistan mit der Todesstrafe bedroht ist.
Das Bundesasylamt vertritt die Auffassung, dass sich für den Antragsteller gegenwärtig kein Abschiebungshindernis nach Afghanistan ergibt, weil eine landesweite allgemeine, extreme Gefährdungslage, in der jeder Antragsteller im Fall seiner Abschiebung dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausgeliefert werden würde, nicht gegeben ist.
Die Behörde gelangt zur Ansicht, dass keine stichhaltigen Gründe für die Annahme bestehen, dass der Antragsteller im Falle einer Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung Gefahr liefe, in Afghanistan einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe unterworfen zu werden, womit festzustellen war, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung zulässig ist.
Zu III:
Gemäß Paragraph 10, Absatz eins, Ziffer 2, AsylG ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Ausweisung zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird.
Das Asylverfahren ist, wie sich aus den vorangehenden Entscheidungsteilen ergibt, für den Antragsteller negativ entschieden worden. Es liegt kein Aufenthaltstitel, wonach ein rechtmäßiger Aufenthalt nach dem Asylgesetz gegeben ist, vor.
Es liegt auch kein sonstiger Aufenthaltstitel vor und ergibt sich somit der rechtswidrige Aufenthalt des Fremden.
Zur Beendigung dieses rechtswidrigen Aufenthaltes ist daher grundsätzlich eine Ausweisung geboten.
Bei der Setzung einer solchen aufenthaltsbeendenden Maßnahme kann ein Eingriff in das Recht auf Achtung des Privat- und Familienleben vorliegen (Artikel 8, Absatz eins, EMRK).
Es war daher zunächst zu prüfen, ob die Ausweisung einen Eingriff in das Privat- oder Familienleben des Antragsstellers darstellt.
Das Recht auf Achtung des Privatlebens sichert dem Einzelnen einen Bereich innerhalb dessen er seine Persönlichkeit frei entfalten und erfüllen kann (EKMR Brüggemann u. Scheuten).
Das Recht auf Achtung des Familienlebens iSd Artikel 8, EMRK schützt das Zusammenleben der Familie. Es umfasst jedenfalls alle durch Blutsverwandtschaft, Eheschließung oder Adoption verbundene Familienmitglieder, die effektiv zusammenleben; das Verhältnis zwischen Eltern und minderjährigen Kindern auch dann, wenn es kein Zusammenleben gibt (EGMR Kroon, VfGH 28.06.2003, G 78/00). Der Begriff des Familienlebens ist nicht auf Familien beschränkt, die sich auf eine Heirat gründen, sondern schließt auch andere de facto Beziehungen ein; maßgebend ist beispielsweise das Zusammenleben eines Paares, die Dauer der Beziehung, die Demonstration der Verbundenheit durch gemeinsame Kinder oder auf andere Weise (EGMR Marckx, EGMR 23.04.1997, römisch zehn ua). Bei dem Begriff "Familienleben im Sinne des Artikel 8, EMRK" handelt es sich nach gefestigter Ansicht der Konventionsorgane um einen autonomen Rechtsbegriff der Konvention.
Ist von einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme die gesamte Familie betroffen, greift sie lediglich in das Privatleben der Familienmitglieder und nicht auch in ihr Familienleben ein; auch dann, wenn sich einige Familienmitglieder der Abschiebung durch Untertauchen entziehen (EGMR in Cruz Varas).
Der Antragsteller ist illegal nach Österreich eingereist und beantragte am 10.10.2006 in Österreich Asyl. Der Asylwerber verfügte über keinen gültigen Einreise- bzw. Aufenthaltstitel für Österreich bzw. für den Schengen-Raum. Der Antragsteller geht keiner geregelten Arbeit nach und der Unterhalt ist in Österreich auf Dauer keinesfalls gesichert. Außer einem Bruder verfügt er über keinerlei verwandtschaftliche oder familiäre Bindungen in Österreich. Der Antragsteller lebt mit seinem Bruder, der ebenfalls als Asylwerber in Österreich aufhältig ist, erst seit einem Monat in einem gemeinsamen Haushalt. Eine finanzielle Abhängigkeit besteht nicht, beide sind mittellos und leben von der Sozialhilfe.
Es liegt somit kein Familienbezug (Kernfamilie) zu einem dauernd aufenthaltsberechtigten Fremden in Österreich vor.
Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kommt den Normen, die die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regeln, aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Artikel 8 Absatz 2, EMRK) ein hoher Stellenwert zu (VwGH 16.01.2001, Zl. 2000/18/0251, uva).
Der VwGH hat festgestellt, dass beharrliches illegales Verbleiben eines Fremden nach rechtskräftigem Abschluss des Asylverfahrens bzw. ein länger dauernder illegaler Aufenthalt eine gewichtige Gefährdung der öffentlichen Ordnung im Hinblick auf ein geordnetes Fremdenwesen darstellen würde, was eine Ausweisung als dringend geboten erscheinen lässt (VwGH 31.10.2002, Zl. 2002/18/0190).
Dem Asylantragsteller musste bei der Antragstellung klar sein, dass der Aufenthalt in Österreich im Falle der Abweisung des Asylantrages nur ein vorübergehender ist.
Auch sonst lassen sich aus den Angaben des ASt. sowie aus seiner persönlichen und familiären Situation keine Hinweise ableiten, die gegen eine Ausweisung sprechen würden bzw. die bei Ausweisung des ASt. einen Eingriff in den Schutzbereich des Artikel 8, EMRK darstellen würden.
Aufgrund dieser Umstände ergibt sich, dass die Ausweisung dringend zur Erreichung der Artikel 8 Absatz 2, EMRK genannten Ziele geboten ist. Es sind auch keine weiteren Umstände ersichtlich, die für eine gegenteilige Entscheidung zu Gunsten des Antragstellers sprechen würden.
Unter Berücksichtigung der vorstehenden Ausführungen sowie des rechtswidrigen Aufenthalts kann daher nur mit der Maßnahme der Ausweisung vorgegangen werden. Dies vor allem auch, da aus dem Verhalten des Antragstellers keineswegs abgeleitet werden kann, dass Ausreisewilligkeit vorliegt. Die Ausweisung stellt daher das gelindeste Mittel dar, um den illegalen Aufenthalt des Antragstellers im Bundesgebiet zu beenden. Die Behörde sieht sich daher außerstande, die Bestimmungen über das Privat- und Familienleben zu Gunsten des Antragstellers anzuwenden und sieht die Ausweisung als dringend geboten an, zumal der Aufenthalt im Bundesgebiet als rechtswidrig und die Übertretung als von nicht unerheblicher Bedeutung zu werten ist.)
Die Ausweisung stellt daher keinen Eingriff in Artikel 8, EMRK dar.
Es war daher insgesamt spruchgemäß zu entscheiden."
Dieser Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am 5. Februar 2007 durch Hinterlegung zugestellt. Mit Schriftsatz vom 12. Februar 2007 erhob der Beschwerdeführer fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde gegen sämtliche Spruchpunkte des angefochtenen Bescheides. Darin wiederholte er seine vor dem Bundesasylamt getätigten Angaben und verwies auf die Ergänzung der Beschwerde seines Bruders, Herrn H.A. in dessen Verfahren.
In der Einvernahme zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung vor dem unabhängigen Bundesasylsenat am 7. Dezember 2007, an der neben dem o.g. Bruder des Beschwerdeführers (geführt als "BW2") auch der dem Beschwerdeverfahren beigezogene Sachverständige für Afghanistan, Dr. Sarajuddin RASULY, teilnahm, brachte der Beschwerdeführer (geführt als "BW" bzw. "BW1") Folgendes zu Protokoll:
"EL: Gibt es neue Zeugen oder Urkunden?
BW: Es gibt Zeugen aus Afghanistan, die aussagen könnten. Das wäre W.A.. Und M.N., die Mutter dieser Dame ist Anwältin in Deutschland und kennt unsere Geschichte.
EL: Was genau können diese bezeugen?
BW: Was alles vorgefallen ist, das Leben meines Vaters kennen sie.
EL: Sind die erstinstanzlichen Niederschriften inhaltlich richtig und wurden diese Ihnen rückübersetzt?
BW2: Ich habe erstinstanzlich nicht alles gesagt, manches habe ich verheimlicht, jetzt möchte ich das angeben.
BW1: Bei mir stimmt alles.
EL: Schildern Sie Ihren Lebenslauf chronologisch.
BW2: Ich bin in Kabul am 00.00.1985 geboren. Als die Mujaheddin das kommunistische Regime stürzten, ging mein Vater 1992 mit uns nach Pakistan. 2 oder 3 Jahre habe ich in Pakistan keine Schule besuchen können, dann habe ich 8 Klassen Schule besucht. Danach habe ich einen Englischkurs besucht. Dieser Kurs hat 2 einhalb Jahre gedauert, 1997 habe ich ihn beendet. Bis zum Jahr 2000 habe ich Perfektionskurse besucht. Mein Vater war ein Heilpraktiker, der religiöse Mantras aufschrieb, ich habe ihm dabei geholfen. Es waren Tauwis.
SV: War er Mulla?
BW2: Nein. Er war kein Mullah, der in der Moschee gepredigt oder die Leute geführt hätte, er hat allerdings Koranverse aufgeschrieben, die heilbringend wirkten.
EL: Welche Ausbildung hatte Ihr Vater?
BW2: Diesen Beruf hatte er von den Vorfahren übernommen.
SV: Hat er eine besondere religiöse Ausbildung gehabt?
BW2: Er kannte sich im religiösen Zeremoniell aus.
SV: Haben Sie Geschwister?
BW2: Ich habe eine Schwester, die schon verheiratet ist, und 3 Brüder, wovon einer davon der hier anwesende BW1 ist. Von der Stiefmutter gibt es auch 4 Brüder und 4 Schwestern. Die Daten meiner
Brüder sind:
S.D., ca. 2 einhalb Jahre älter als ich,
S.E., ca. ein Jahr jünger als ich,
der Bruder, der hier ist, S., geb. 00.00.1988,
meine Schwester ist W..
2 Brüder sind verheiratet und in Pakistan. Meine Mutter und die 2 Brüder mit ihren Ehefrauen sind in Pakistan, eine Schwester ist in Panshir.
Meine Halbbrüder sind:
O., F., H. und M., alle sind älter als ich. Solange mein Vater am Leben war, habe ich mit diesen Verbindungen gehabt, sie waren damals in Pakistan, danach hatte ich keine Informationen mehr über sie.
Wir beide sind nicht verheiratet. Unsere Onkel sind S.N. und S.Sitzung und S.J.. Unser Vater ist S.A.. Unsere Onkel waren in Pakistan, aber wir hatten nicht so viel Kontakt zu ihnen. Meine ganze Familie lebt an dieser Adresse: XY. Ihr Haus ist unter dem Namen K. bekannt.
SV: Wo haben Sie in Afghanistan gewohnt, bevor Sie weggegangen sind?
BW2: Wir haben in der Nähe von Kabul auch ein Haus gehabt, C.. Dort lebt niemand mehr von uns, aber jemand hütet das Haus. Wenn man nach dem Haus von S.A. fragt, weiß man, dass das Haus Sitzung nennt. Die neue Adresse ist römisch XX.
BW1: Ich bin in C. geboren. Ich habe genauso wie mein Bruder nach ca. 2 einhalb Jahren, als wir in Pakistan waren, die Schule mit 7 Jahren begonnen, ich habe 4 Klassen offizielle Schule besucht, gleichzeitig eine Madrassa, eine religiöse Schule besucht, die über die normale Schule hinausgeht. Insgesamt waren es 6 Jahre. Ich war 4 Jahre, als wir nach Pakistan gingen. Sonst war ich dabei.
SV: Was haben Sie in der Madrassa gelernt? Können Sie die Fächer angeben?
BW1: Ich habe den Koran dort gelernt, die Glaubenslehre und alles, was die religiösen Fächer betrifft, und zwar in der Moschee von O..
EL: Stimmen die restlichen Angaben über Ihre Familie, die Ihr Bruder gemacht hat?
BW1: Ja. Ich habe auch eine Tante väterlicherseits noch.
SV: Die BW haben heute folgende Dokumente vorgelegt: Eine Militärabschlussbestätigung des Vaters vom Jahr 1969, demnach hat der Vater den Militärdienst absolviert. Ein Lyceumabschlusszeugnis des Unterrichtsministeriums in Kabul vom Jahr 1980, demnach hat der Vater der BW das Lyceum 1976 abgeschlossen. Ein Zeugnis des Abendlyceums, wonach der Vater der BW im Jahr 1976 das Abendlyceum beendet hat. Nach diesem Zeugnis ist der Vater der BW 1332 in Kabul geboren (= 1953). Nach dem vorherigen Zeugnis ist der Vater 1952 geboren. Weiters haben die BW ein Anerkennungsdekret vom Jahr 1973 vorgelegt, wonach der Vater der BW seitens des Kulturministeriums wegen seiner guten Arbeit in der A. Institution befördert wurde. Unterschrieben vom damaligen Kulturminister. Weiters legten die BW ein Beförderungsdekret vor. Der Vater der BW wurde, nach diesem Dokument, im Jahr 1370 bzw. 1991 als Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes in seinem Dienst befördert. Weiters ein Urteil, wonach der Vater der BW im Gericht im Jahr 1367 (= 1988/89) wegen Hochverrat in seiner Militäreinheit und zu 2 Jahren Gefängnis verurteilt worden ist. Ferner ein weiteres Dokument, über eine Beförderungsmedaille, eine Mitarbeiter-Karte für den Dienst, ein Gesuch des jüngeren Bruders und der Mutter des BW an die Behörde in Kabul, dass sie die Tötung des Vaters bestätigen. Auf der Rückseite dieses Gesuchs sind Aufzeichnungen der Behörde und Stempel, ausgestellt Saur 1383 (= 2004). Weiters eine Karte des Institutes des Vaters der BW. Ferner eine Bestellung des Vaters der BW zum Mitglied des öffentlichen Dienstes in Z..
EL an BW1: Warum haben Sie Ihr Heimatland verlassen?
BW1: In Afghanistan nimmt man Rache. Mein Vater und älterer Bruder, wurden beide in Afghanistan angeschossen, wobei der Vater um das Leben kam. Auch auf meinen Bruder, der hier ist, wurde gefeuert. Ich war selbst noch sehr jung, als ich Afghanistan verließ. Ich habe von meiner Mutter davon gehört, dass mein Vater bei der VDPA war und es ist möglich, dass er von den Mujaheddin getötet wurde. Meine Mutter ist Tadschikin, meine Stiefmutter ist eine Paschtunin. Da meine Mutter nach der paschtunischen Frau meines Vaters geheiratet wurde, entstand auch diesbezüglich eine Feindschaft zwischen meiner Stiefmutter und ihrer Familie, die Paschtunen waren, und uns. Ich habe Angst, nach Afghanistan zurückzugehen, weil wie gesagt, mein Vater getötet und mein Bruder verletzt wurden. Sie wissen, dass die Sicherheitslage in Afghanistan sehr prekär ist. Es gibt dort viele Schwierigkeiten.
EL: Wissen Sie, wann Ihr Vater getötet und ihr Bruder verletzt wurden?
BW1: Ende 2001 war mein Vater mit 2 Brüdern von mir nach Afghanistan zurückgekehrt. Ich glaube, nach 2 oder 3 Tagen, wurde er in P., in der Moschee von Q., während des Morgengebetes, getötet. Nach 6 Monaten wurde mein älterer Bruder in derselben Gasse von einer Kugel verletzt wurde.
EL: Wie ist der Vater umgekommen?
BW1: Er wurde genauso mit einer Kugel getötet. Er wurde im Genick getroffen.
EL: Weiß man, wer die Täter waren?
BW1: Nein.
EL: Haben Sie eine Vermutung, wer es gewesen sein könnte?
BW1: Ich kann das nicht sagen, weil meine Halbbrüder uns auch nicht gut gesinnt waren und mein Vater arbeitete auch mit dem früheren kommunistischen Regime zusammen. Ich war noch sehr jung.
EL: Vor wem in Afghanistan haben Sie nun Angst?
BW1: Vor der Familie meiner Stiefmutter. Außerdem vor dem Mörder meines Vaters.
EL: Wieso glauben Sie, dass der Mörder Ihres Vaters auch Sie umbringen würde?
BW1: Mein Vater ist nachweislich getötet worden. Mein Bruder wurde ebenfalls verwundet und wurde im Notspital der Italiener behandelt, es gibt Dokumente darüber. Ich fürchte, dass sie auch hinter mir her sind.
EL: Wieso haben Sie Angst vor der Familie Ihrer Stiefmutter?
BW1: Bereits als wir noch klein waren, wurden wir von der Familie meiner Stiefmutter belästigt und geplagt. Obwohl damals noch mein Vater am Leben war.
EL: Was meinen Sie damit?
BW1: Die Halbbrüder waren älter als wir. Meine Mutter wurde von meinem Vater bevorzugt behandelt und da er öfters bei uns war, zog dies den Hass seiner früheren Frau und ihrer Kinder auf uns.
SV: Warum sollten Ihren Stiefbrüder Ihnen gefährlich werden?
BW: Sie hassen uns, weil wir bevorzugt wurden. Ich habe das immer in Erinnerung, dass sie uns schlecht behandelten.
SV: Wo sind diese nun?
BW1: Solange mein Vater lebte, waren wir zusammen. Nachdem mein Vater getötet wurde, weiß ich nicht, wo sie sich aufhalten. Nachdem mein Vater getötet worden war, sind wir, also mein Vater und meine 2 älteren Brüder gingen zuerst, ich, meine Mutter und ein anderer Bruder sind nachgekommen, nach Kabul gegangen.
EL: Gibt es einen Grund, warum Sie nicht gleich nach der Ermordung Ihres Vaters geflohen sind?
BW1: Wir mussten den Vater begraben und die Totenzeremonien, die Sitte sind, einhalten.
EL: Wann haben Sie Afghanistan verlassen?
BW: Nachdem wir 6 Monate in Kabul waren, hatte man auf meinen Bruder gefeuert. Seine Hände wurden verletzt. Meine Mutter schickte ihn dann nach Pakistan. Mein Bruder sollte für uns in Pakistan eine Bleibe finden, bis ihm das gelang, sind wir dann auch nachgekommen. D.h. wir waren insgesamt noch ein Jahr in Afghanistan, nachdem mein Vater getötet wurde.
EL: Wieso flohen Sie nach Pakistan, wenn Sie Angst vor der Stieffamilie hatten?
BW1: Nachdem mein Vater getötet worden war, haben wir nicht mehr zusammengelebt und wir wussten auch nicht, wo sie sich aufgehalten haben. Sie sind auch nach Afghanistan gegangen.
EL: D.h. mit diesen gab es nun keine Probleme?
BW1: Wir hatten schon Familienprobleme.
EL: Wie, wenn Sie nicht wussten, wo diese waren?
BW1: In Pakistan, als mein Vater noch lebte, haben wir in verschiedenen Wohnungen gelebt. Wir haben dann die Stiefbrüder nicht mehr gesehen.
EL: Waren Sie und Ihr Bruder offiziell in Pakistan?
BW1: Nein, wir haben keine Dokumente gehabt und mussten der Polizei und den Kontrolleuren nur Bestechungsgelder zahlen.
EL: Gab es einen Grund, warum Sie und Ihr Bruder noch 6 Monate nachdem Ihr Bruder verletzt worden war in Afghanistan geblieben sind?
BW1: Wir haben außerdem Kabul nicht sofort verlassen, weil der andere Bruder von mir, der verletzt worden war, im italienischen Notspital lag.
EL: Wie lange war Ihr Bruder im Spital?
BW1: Ich weiß nicht. Ich glaube, mind. 4 oder 5 Monate.
SV: Ihre Feinde kamen nicht z.B. ins Spital?
BW1: Nein, dort waren die Italiener, dort gingen sie nicht hinein.
EL: Warum haben Sie sich dann nicht in der "Zone" in Kabul eine Wohnung geuscht?
BW1: Wir haben im Lyceum versteckt gelebt, von den Italienern gab es nur ein Spital, wo mein Bruder versorgt wurde.
EL: Wo haben Sie gelebt, bevor auf Ihre Brüder die Anschläge verübt wurden?
BW1: Im Gebiet des Lyceum.
SV: Können Sie über die berufliche Laufbahn Ihres Vaters etwas angeben?
BW1: Mein Vater hat in verschiedenen Provinzen gearbeitet. Ich weiß nicht, was er gearbeitet hat.
SV: Warum hätten die Leute Ihren Vater umbringen sollen?
BW1: Ich weiß nicht, ob er etwas begangen hatte, aber auf jeden Fall hat er während seiner Dienstzeit etwas getan, was dazu führte. Er ist von Kabul.
EL: Wo ist er begraben?
BW1: Es gibt ein Gebiet, wo viele Märtyrer liegen, dort ist auch er in einem 500 Familien-Gebiet.
SV: Ist Ihr Vater nicht 1992 umgebracht worden?
BW1: Zur Zeit von Karzai im genannten Sprengel wussten sie schon bescheid.
SV: Hat Ihr Vater außerhalb von Kabul Verwandtschaft?
BW1: Das weiß ich nicht, ich war noch sehr jung.
EL: Wie kommt es, dass Ihr Vater in einem Grab mit Märtyrern liegt?
BW1: Das ist eine Grabstätte, wo alle begraben werden. Ich habe nur gehört, dass dort Märtyrer begraben werden.
EL: Kann man dieses Grab irgendwie finden?
BW1: Wenn man in der Moschee nach meinem getöteten Vater fragt, weiß man es. Es gibt eine Fahne am Grab meines Vaters. Die Moschee liegt in L.. Als mein Vater nach Afghanistan ging, hat er dort auch gewohnt.
SV: Welcher Ethnie gehörte er an?
BW1: Tadschike.
BWV: Sie haben gesagt, Ihre Familie wurde von Ihrem Vater bevorzugt, inwiefern?
BW1: Er hielt sich länger bei meiner Mutter auf.
BWV: Hatten diese Probleme auch einen ethnischen Hintergrund?
BW1: Ja, sie haben uns auch aus diesem Grund nicht gemocht.
EL: Wie kam es dazu, dass Ihr Vater eine Paschtunin geheiratet hat?
BW1: Er hat sie auf jeden Fall gefunden.
SV: Haben Sie in Afghanistan Grundstücke oder Häuser?
BW1: Wir haben angegeben, dass wir ein Haus haben.
SV: Wer passt darauf auf?
BW1: Zuerst hat sich jemand dort eingenistet, später hat meine Mutter mit meinem Onkel väterlicherseits gesprochen, dass er das Haus vermietet.
SV: Die Familie, die dort lebt, kann den Beruf des Vaters bestätigen?
BW1: Ja. Außerdem, jeder Afghane kennt meinen Vater.
EL: Wissen Sie, welchen Rang Ihr Vater zum Schluss hatte?
BW1: Das steht in den Dokumenten, er könnte Oberstleutnant gewesen sein.
EL an BW2: Warum haben Sie Afghanistan verlassen?
BW2: Als ich in Afghanistan war, wurde auf mich geschossen. Als ich beim Vorsteher des 4. Sprengels diesbezüglich vorstellig wurde, ein großer Mann mit grünen Augen, hat dieser sich kaum um die Sache gekümmert und meinte, das werde man schon erledigen.
EL: Wann und wo war das?
BW2: 6 Monate waren vergangen, seitdem mein Vater getötet wurde und noch eineinhalb Monat, nachdem auf meinen Bruder geschossen wurde. Das war zur Zeit Karzai, 2002, ca. der 7. oder 8. Monat. Es waren also ca. 7 einhalb Monate vergangen.
SV: Wann und wie ist Ihr Vater getötet worden?
BW2: Ende 2001, in der Moschee hat man dreimal auf ihn gefeuert, zweimal wurde er getroffen.
SV: Warum und wer hat auf ihn geschossen?
BW: Mein Vater wollte, dass ich mit meinem Bruder damals von Pakistan nach Afghanistan gehe und dort diesen Beruf des Heilers ausüben sollte. Zuvor war aber ein Halbbruder von mir nach Kabul gegangen und übte bereits diesen Beruf aus.
EL: Wer war das?
BW2: S.H.. Dieser wollte nicht, dass wir seinen Platz einnehmen oder neben ihm genauso diesen einträglichen Beruf ausüben. Mein Vater hat ihnen einen Brief geschrieben und ersucht, uns nicht daran zu hindern, mit einander auszukommen ev. abwechselnd den Beruf auszuüben. Der Halbbruder hat das nicht akzeptiert. Wir haben uns diesbezüglich auch bei der Polizei beschwert.
SV: Wollte Ihr Vater, dass Sie zur Polizei gingen?
BW2: Mein Vater wollte, dass die Polizei intervenierte, dass unser Halbbruder nicht daran hinderte. Bei der Polizei sagte man, solange mein Vater nicht da wäre, dürfte ich gar nichts unternehmen.
SV: Das ist keine Angelegenheit der Polizei, sondern rein privat.
BW2: Wir sollten dies dem Bezirksvorsteher melden.
SV: Ihr Vater wollte von Ihnen, dass sie zum Bezirksvorsteher gehen sollten?
BW2: Mein Bruder wollte uns nicht ins Haus lassen, das sollten wir melden. Mein Vater war 2 Monate in Pakistan beschäftigt, dann ist er nach Kabul gekommen. Nachdem mein Vater da war, am nächsten Tag ist er zu meinem Halbbruder gegangen und forderte ihn auf, uns ins Haus zu lassen. Der Halbbruder hat eine Pistole geholt, ist aufs Dach gestiegen und sagte, er lassen jeden herein, aber nicht uns.
SV: Wer war an der Macht, als Sie nach Kabul kamen?
BW2: Karzai.
SV: Sie sagten, Ihr Vater wäre Ende 2001 in Kabul getötet worden. Die Taliban haben Kabul am 9.11.2001 verloren, d.h. Sie müssten während der Taliban-Zeit nach Kabul gekommen sein.
BW2: Als die Taliban gestürzt wurden, schickte uns der Vater nach Pakistan und sagte, wir seien erwachsen und sollten selbst unser Brot verdienen.
SV: Zu dieser Zeit gab es in Kabul keine Ordnung, also hätte man gar nicht zum Bezirksvorsteher gehen können. Die Leute waren auf der Flucht.
BW2: Auf dem Blatt steht genau, wann er getötet wurde.
SV: Ihr Vater ist laut diesem Dokument am 00.00.1381 (= 2002) getötet worden.
BW2: Als ich nach Kabul ging, hat Karzai regiert.
EL: Haben Sie Unterlagen vom Bruder, der im italienischen Spital war?
BW2: Bei mir nicht, aber wenn man nachfragt, werden sie bestimmt Unterlangen haben.
SV: Wie passt es, dass Ihr Vater, wie Sie sagen, Kommunist und im öffentlichen Dienst war, dass er beruflich ein religiöser Heiler war? Zusätzlich, wenn er in diesem Beruf in 1992 in Gefahr war, hätte er leicht erwischt werden können, weil er in der Öffentlichkeit war.
BW2: Mein Großvater hatte diesen Beruf inne und mein Vater hat auch jeweils an einem Tag dies getan, es handelte sich um ein Wissen, das verwendet wurde.
SV: Ihre Mutter lebt in Pakistan?
BW2: Ja.
SV: Hat sie eine Telefonnummer?
BW2: Ja.
SV: Ist Ihr Vater von Ihrem Halbbruder getötet worden?
BW2: Das kann ich nicht sagen. Die Polizei hat den Fall untersucht, sie haben auch Fotos gemacht. Als die Polizei fragte, wer das getan hätte, haben die Augenzeugen gesagt, es handelte sich um jemanden, den sie nie gesehen hätten.
SV: Wenn Ihr Halbbruder Ihren Vater getötet hat, besteht für Sie keine Gefahr. Es ging damals um das Eigentum, um das Haus. Das Haus hat wahrscheinlich der Halbbruder. Wenn Sie Ihren Halbbruder nicht aufsuchen und um das Haus streiten, wird Ihnen nichts passieren.
BW2: Es geht nicht um das Haus, wir brauchen dieses Haus auch nicht. Aber wenn sie auf meinen Bruder und auf mich geschossen haben, wo wir ganz wo anders beim Lyceum gelebt haben, muss es einen anderen Grund geben.
EL: Wissen Sie, welchen?
BW2: Wir haben uns nicht einmal getraut, in unserem eigenen Haus zu wohnen, weil uns Gefahr drohte.
EL: Von wem?
BW2: Das weiß ich auch nicht.
SV: Hat Ihr Vater als Mitglied des öffentlichen Dienstes Dinge getan, für welche Sie verfolgt werden könnten?
BW2: Mein Vater war damals sehr aktiv in der Regierung mitgewirkt. Er hat viele Medaillen bekommen. Diese wurden, als die Mujaheddin kamen, mit dem ganzen Hausrat geplündert. Meine Mutter konnte nur ein paar Dokumente retten. Er hat sich bestimmt Feinde gemacht.
EL: Wissen Sie, welchen Rang Ihr Vater zum Schluss hatte und was er gemacht hat?
BW2: Entweder Oberst oder Major. 10 Jahre war mein Vater zuständig für die Sicherheit der Provinz W. (Banditenbekämpfung). Man kann sagen, er war der Vorstand des öffentlichen Dienstes.
SV: Das kann nicht sein, denn er hat auch in Z. Dienst getan.
BW2: Es war ihm versprochen worden, dass er für 10 Jahre die Sicherheit der Provinz W. innehaben würde, es waren keine ganzen 10 Jahre, weil die Regierung gestürzt wurde. Er war auch in X1, X2 und X3 tätig.
SV: Von wo genau stammt Ihr Vater?
BW2: Wir sind Sitzung Mein Großvater war aus D.. Mein Vater war sowohl dort als auch in P. gelebt. Mein Urgroßvater heißt J.S., mein Großvater heißt H.I., mein Vater ist S.A..
SV: Das vorgelegte Dokumente widerspricht dem vorgelegten Stammbaum. Sie stammen aus einer Arbeiterfamilie im Subdistrikt A., im Distrikt
Q..
BW2: In A. hat mein Urgroßvater nicht als Heiler oder Amulettgeber gearbeitet, sondert hatte dort ein Geschäft. Erst in Kabul hat er diese Arbeit verrichtet.
SV: Wenn der kommunistische Staat geschrieben hat, dass Sie aus einer Arbeiterfamilie kommen, heißt dass, dass diese Familie in einer Fabrik gearbeitet hat oder Straßenträger waren. Sonst hieße es, eine Person würde aus einer hochrangigen Familie stammen
BW2: Es gibt einen Unterschied zwischen einem geistigen Führer, einem Mulla, und einem Amulettverteiler.
EL: Wie lange waren Sie, nachdem Ihr Vater umgebracht wurde, noch in Pakistan?
BW2: Nach ca. 7 einhalb Monaten.
EL: Sind Sie mit Ihrem jüngeren Bruder nach Pakistan gereist?
BW2: Ich bin allein gegangen.
EL: Wieso?
BW: Ich bin nach Pakistan gegangen, um einen Laden aufzumachen und eine Wohnung für meine Familie zu beschaffen. Sie sind erst später gekommen, ca. 3 einhalb oder 4 Monate später.
EL: Wie konnten Sie 8 Jahre in Pakistan in die Schule gehen?
BW2: Ich habe eine Klasse überspringen können.
BWV: Gab es Gerüchte, ob Ihr Vater irgendjemandem geschadet hätte?
BW2: Schon in Pakistan wurde mein Vater einmal von jemanden angeklagt, dessen Bruder getötet zu haben. Er wurde zum Militärposten gebracht. Er war 2 Nächte dort. Als Wiedergutmachung wollte dieser Mann 50.000 Rupien von meinem Vater haben. Ein anderes Mal hatte jemand meinen Vater bei der Polizei angezeigt, dass er zwischen Indien, Pakistan und Afghanistan Spionage betreiben würde. Die Polizei hatte gesagt, sollte dies nachgewiesen werden, würde mein Vater für 20 Jahre hinter Gitter kommen. Das 2. Mal hat mein Vater der Polizei versichert, dass er kein Spion wäre, dass er jederzeit in seinem Laden zu finden wäre, falls sie Beweise hätten. Deshalb wurde er freigelassen.
EL: Wissen Sie, ob es ein Verfahren oder ein Urteil gab?
BW2: Ich habe zuvor vergessen, zu antworten, warum mein Vater nicht in Pakistan von seinen Feinden angegriffen wurde, mein Vater hat einen Bodyguard täglich 500 Rupien gegeben, um auf ihn zu achten. Dieses Verfahren hat eineinhalb Jahre gedauert, bis er freigesprochen wurde. Das Verfahren wurde in H. und dann in T. weitergeführt. Das Gericht weiß ich nicht. Dieser Bodyquart arbeitet jetzt im Nebengeschäft meines Vaters, man kann ihn auch befragen, er heißt D.M.."
Am 19. Juni 2008 führte der unabhängige Bundesasylsenat eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, an der der Beschwerdeführer, sein Bruder sowie der o.g. Sachverständige teilnahmen. Dem Protokoll sind folgende Angaben zu entnehmen:
"Hr. A. auch Z.H.:
VL: Gibt es etwas was Sie angeben möchten?
BW: Ich habe einen Zeugen in O., er lebt seit 25 Jahren in Österreich. Er hat eine ähnliche Vergangenheit wie mein Vater und er kannte meinen Vater auch.
VL: Um wen handelt es sich dabei?
BWV: Hr. S.I.. Die Adresse ist nicht bekannt. Die Adresse kann ohne weiteres nachgereicht werden.
Der Partei wird eine Frist von 3 Wochen eingeräumt.
VL: Was könnte der Zeuge Sitzung bezeugen?
BWV: Der Zeuge könnte nähere Auskünfte über die Familiengeschichte des BW tätigen. Zudem könnte er auch aussagen, betreffend die Rolle des Vaters in seiner Heimat.
BW: Der Zeuge kann bezeugen, dass er selbst ein Sitzung ist, das ist ein geistlicher Titel. Dass er auch bei der kommunistischen Partei war. Außerdem kann er bezeugen, dass S.A. der Sohn von S.J. ist, und dass er sowohl religiöser Führer und Heiler tätig, wie auch bei der kommunistischen Partei war.
SV: Sitzung bedeutet, Nachkommen des Propheten Mohammeds. Sie haben sich auch als Heiler betätigt.
BWV: Der Zeuge kann jedenfalls belegen, dass die Rolle als Heiler bei der kommunistischen Partei vereinbar ist.
D: Ich kannte den Urgroßvater der beiden schon als Kind, er hieß ebenfalls J.S. und hat sich seinerzeit als geistlicher Führer und Heiler betätigt.
SV: Das was der Zeuge bezeugen kann steht außer Zweifel, dass in Afghanistan ein traditionelles Land, tatsächlich die Zugehörigkeit zur kommunistischen Partei einer religiösen Betätigung nicht im Wege stand. Nach meinen Recherechen habe ich herausgefunden, dass in Deutschland einige ehemalige KHAD-Leute gibt, die sogar auch heute in Deutschland religiöse Amuletten verteilen. Auch der Urgroßvater der beiden BW S.J. ist Afghanistanweit bekannt. Ich habe am Wochenende mit einer Person namens T.T. in Deutschland telefoniert. Er stammt aus der ehemaligen königlichen Familie und war auch bei der kommunistischen Partei. Im Zuge unseres Gesprächs hat er erwähnt, dass dieser J.S. sein Großvater mütterlicherseits ist. Daher steht die Identität der BW für mich fest, aber die Angaben der BW, dass deren Vater von ihren Stiefbruder getötet worden sei und dass deren leibliche Mutter in Pakistan sei sind nicht authentisch. Ich habe in Pakistan durch meine Kontaktperson das nachforschen lassen, die Familienangehörigen die an de von den BW angegebenen Adresse, nicht auffindbar. An dieser Adresse habe tatsächlich vor zwei Jahren eine afghanische Familie gewohnt. Sie waren Pashtunen und keine Tadschiken. Das Familienoberhaupt, bzw. der Vater dieser Familie ist in diesem Haus eines natürlichen Todes verstorben und zwar wegen Herzversagen. Es wurde auch berichtet, dass ein Sohn dieser Familie im Ausland ist. Es wurde auch von den Nachbarn behauptet, dass dieses Familienoberhaupt nur einen Ehefrau hatte und nicht zwei Ehefrauen hatte und der Mann wurde nie von Bodyguards beschützt. Die Telefonnummer die der BW angegeben hatte, ist nicht erreichbar. Es läuft ein Tonband und besagt, dass unter dieser Nummer kein Anschluss existiert. Mich hat eine Dame aus Deutschland angerufen, die sich als erstens als Freundin der Mutter der BW bezeichnet hatte. Sie wollte bestätigen, dass die BWs Recht haben. Sie wollte aber keine ausführliche Auskunft geben. Sie hat kurze Auskunft gegeben, z.B. der Vater des BW sei getötet worden. Dann haben wir die Zeit berechnet. Nach der Auskunft dieser Dame sollte der Vater des BW vor dem Jahre 1998 getötet worden sein. Als ich Dame damit konfrontiert habe, dass die BW behaupten, dass der Vater in Karzai (2001/2002) getötet worden ist, hat sie ihre Angaben zurückgenommen, und gesagt, dass sie schon lange aus Afghanistan weg ist und dass die BW Recht haben. Sie hat mich im Mai dieses Jahres noch mal angerufen und hat sich als Tante mütterlicherseits der BW vorgestellt. Diesmal habe ich ihr definitiv verboten mit mir in dieser Angelegenheit zu sprechen. Dann hat mich einer der BW (H.A.) angerufen und gesagt, dass seine Familie aus Sicherheitsgründen aus der Wohnung in Pakistan ausgezogen wäre. Sie wohnten in einer anderen Wohnung. Aus dieser Wohnung würden sie aber auch bald wegen Sicherheitsgründen ausziehen.
VL: Was sagen Sie dazu?
BW: Hr. H.S.:
Um die Wahrheit unserer Aussage festzustellen bin ich bereit, die richtige Adresse unseres Hauses, das einer Moschee gegenüber steht, anzugeben. Die Moschee heißt Q.. Die Adresse lautet XZ. Dort kennt fast ein jeder meinen Vater und unsere Geschichte, besonders der Mullah in der Moschee. Außerdem möchte ich sagen, dass mein Vater tatsächlich im Jahre 2001/2001 in der Karzaizeit tatsächlich getötet wurde.
BW: Hr. H.A.:
Ich kann auch die Telefonnummer von Pakistan angeben, man kann auch jetzt anrufen. Sie können mit meinen Bruder und meiner Mutter dort sprechen. Die eine Telefonnummer lautet: Y1, die zweite Nummer lautet: Y2. Es sind Mobiltelefone. Zunächst haben wir die Nummer Y3 angegeben, das Haus wurde beraubt und auch dieses Handy haben die Diebe mitgenommen. Deswegen sind sie auch übersiedelt.
VL: Wie kommt es, dass die ersten Angaben zu den Adressen Ihrer Familie bzw. der Adresse Ihrer Mutter nicht zu stimmen scheinen?!
BW: Hr. H.A.: Es ist möglich, dass in diesem Haus ein Zimmer auch einen Pashtunen vermietet wurde. Denn meine Familie hatte drei Zimmer in dieser Wohnung gehabt und gemietet.
BW: Hr. H.S.: Es gibt dort auch Vermittlungsbüros die eigenständig die Wohnungen weitervermitteln.
SV: Sie haben mich angerufen und gesagt, dass die Familie dort ausgezogen ist. Hat die Familie dort tatsächlich im Feber 2008 gewohnt?
BW: Hr. H.A.: Sie haben damals die Wohnung gewechselt, sind aber in der neuen Wohnung auch nur zwei Tage geblieben, das kann man feststellen.
VL: Kann es sein, dass Ihre gesamte Familie im Ausland bzw. Europa ist?
BW: Hr. H.A.: Sollten sie wo anders sein, gäbe es keinen Grund dies nicht anzugeben.
VL: Wer wird an der Telefonnummer abheben, wenn wir dort anrufen?
BW: Hr. H.A.: Es gibt dort meine Mutter, und zwei Brüder, einer von ihnen wird sich melden.
VL: Haben Sie Angehörige in Deutschland?
BW: Hr. H.S.: Nein.
BW: Hr. H.A.: Nein.
VL: Wer hat den SV aus Deutschland angerufen?
BW: Hr. H.A.: Es handelt sich um eine religiöse Anhängerin meines Vaters, sie stammt von F., sie kann nicht über unsere familiären Verhältnisse bescheid wissen.
VL: Wieso hat Sie dann angerufen?
BW: Hr. H.A.: Sie hat ein Schreiben hierher an den UBAS geschickt und wollte sich deshalb beim SV erkundigen.
VL: Warum hat sie dann nicht UBAS angerufen sondern des SV?
BW: Hr. H.A.: Ich habe ihr gesagt, dass die Sache vom SV bearbeitet wird. Außerdem habe ich die Telefonnummer meiner Vertreterin Claudia Schmidt angegeben, dass sie mit beiden reden kann.
VL: Sie haben also die Nummer des SV auch der Dame gegeben?
BW: Hr. H.A.: Ja.
VL: Woher haben Sie die Nummer des Hr. SV?
BW: Hr. H.A.: Irgendwelche Familie hat uns die Nummer gegeben. Sie hatte mir bei Post dieses Blatt geschickt und ich habe es dann meiner Vertreterin ausgehändigt. Die Dame wollte auch vom SV wissen, ob die vorgebrachten Argumente ausreichend sind.
VL: Sie haben gesagt, dass einer Ihrer Brüder oder die Mutter abheben würden, welche Brüder wären das?
BW: Hr. H.A.: Der eine Bruder heißt S.D., er ist ca. 2, 3 Jahre älter als ich, er ist mein leiblicher Bruder und der zweite heißt S.E., er wird ca. 20 Jahre - 21 Jahre alt, er ist auch mein leiblicher Bruder. Meine Mutter heißt B., sie ist ca. 45-46 Jahre alt.
VL: Wo wohnt Ihre Familie jetzt?
BW: Hr. H.A.: Die Adresse lautet XC, das ist das Viertel. Wenn man sie anruft, könnten sie die genaue Adresse haben.
Anmerkung: Der SV ruft an beiden Telefonnummer an. (Y1 und Y2. Beide Nummern sind zwar existent, jedoch hebt aber zurzeit niemand ab. Der SV wird beauftragt, von sich aus noch einmal versuchen, beiden Nummern noch einmal zu kontaktieren, festzustellen, ob es sich bei den Angerufenen tatsächlich um Familienmitglieder der BW handelt und Ermittlungen im Hinblick auf den Sachverhalt des gegenständlichen Falles zu tätigen.
Die Parteien werden auch von sich aus versuchen, die genaue Anschrift der Familien in Pakistan zu ermitteln.
Unerwartet gelingt es, an der ersten Telefonnummer jemanden zu erreichen.
SV: Der Bruder der BW, E. ist am Apparat, er bestätigt dass seine Brüder A. und Sitzung Berufungswerber sind, seine Mutter heißt B.. Auf die Frage, warum meine Kontaktperson die Familie nicht an der angegebenen Adresse gefunden hat, hat er angegeben, dass sie vor ca. 2 1/2 Monaten ausgezogen sind. Sie haben auch inzwischen wieder die Wohnung gewechselt. Nachgefragt, ob es sicher 2 1/2 Monate waren, gibt der Bruder der BW an, dass es auch fünf Monate vorher gewesen sein könnten. Die Mutter ist auch im Haus und im Hintergrund zu hören.
Zur Flucht seiner Brüder hält E. fest: Der Grund warum meine Brüder in Österreich Asyl angesucht haben, ist weil im Jahre 2002 ungefähr im Monat Mai unser Vater von unbekannten Personen angeschossen und getötet wurde. Ca. 6 Monate nach der Ermordung meines Vaters wurde unser Bruder S.D. angeschossen und schwer verletzt. Nach zwei Monaten, nachdem S.D. verletzt worden war, wurde auch A. angeschossen. Er wurde nur angeschossen. Ich glaube nicht, dass er verletzt wurde. Das war der Grund warum sie Afghanistan verlassen haben.
Auf die Frage, ob ein Teil der Familie schon in Pakistan waren, gab er an, dass damals alle noch in Afghanistan gewesen sind. Auf die Frage, wieso der Vater angeschossen wurde, gibt der Bruder der BW an, dass der Vater von unbekannten Personen getötet wurde. Wir vermuten, dass es sich um die Unbekannten um jene Personen handelt, die seinerzeit meinen Vater, als wir zuvor in Pakistan gewohnt hatten, Schwierigkeiten bereitet hat, und in angezeigt hatten. Die Schwierigkeiten waren wahrscheinlich deswegen, weil mein Vater im kommunistischen Regime zusammengearbeitet hat.
Auf meine Frage, ob er wüsste, wer seinen Vater getötet habe, oder ob er wisse, wer die Leute waren die seinen Vater in Pakistan angezeigt haben, gibt E. an, dass er weder über die unbekannten Personen, die seinen Vater getötet haben noch die unbekannten Personen, die seinen Vater damals angezeigt hatten, bescheid wüsste.
Auf die Frage, wieso seine Brüder in Österreich leben und der Rest der Familie in Pakistan lebt, gibt E. an, dass aus wirtschaftlichen Gründen nur die Brüder nach Europa reisen konnten.
Zweitens, die Familie lebe auch heute in Angst und Bange. Wir wurden schon in unserem ersten Haus in Pakistan überfallen, wir glauben nicht, dass es nur einfache Leute waren, sondern es könnte sich um jene handeln, die meinen Vater getötet haben und die meinem Bruder Schwierigkeiten gemacht haben. Aufgrund unserer wirtschaftlichen Möglichkeiten sind zunächst nur die Brüder weggegangen sind. E. gibt an, dass es keine weiteren Verwandten in Europa gibt, außer seinen zwei Brüdern. Die Nachbarin ist eine Freundin meiner Mutter gewesen, sie ist jetzt in Deutschland, und heißt P.. Diese Freundin stammt, nachdem der Bruder der BW, E., seine Mutter fragt, dass sie aus Kabul stammt. Ich war in der dritten oder vierten Klasse, damals war unser Vater Oberstleutnant, was er genau gemacht hat, weiß ich nicht, weil ich klein war. Als das kommunistische Regime gestürmt wurde, begann mein Vater wieder als religiöser Heilpraktiker zu arbeiten. Unser Vater hat auch in X2 gearbeitet und dann auch in C. gearbeitet, mehr weiß ich nicht.
Auf die Frage, ob die Mutter mehr weiß, gibt E. an, dass sie sicher mehr wissen wird.
Die Mutter der BW geht ans Telefon.
Sie wird gefragt, was sie über ihren Mann wüsste: Mein Mann war in der kommunistischen Zeit Oberstleutnant in X2 und auch in C. ein Direktor, genaueres weiß sie nicht. Er hat auch Amuletten verkauft. Er hat unter Najib in Afghanistan gearbeitet. In welchem Ministerium ihr Mann gearbeitet hat, weiß sie nicht mehr. Sie ist Analphabetin. Warum ihr Mann erschossen wurde, gab sie an, dass er durch unbekannte Personen in der Moschee getötet wurde. Er wurde vor 6 Jahren getötet. Es war unter den Taliban. Der Grund dürfte darin gelegen sein, da mein Mann Kommunist war. Alle Kommunisten werden ja nicht verfolgt, aber die Mujaheddin sind gegen Kommunisten. Private Feindschaften hatten wir nicht.
Meine Söhne sind deswegen nach Europa gereist, weil mein Mann getötet wurde und der ältestes Sohn schwer verletzt wurde, deswegen hatten meine Söhne Angst und dachten, dass sie auch verfolgt werden, deswegen sind die Beiden weggegangen. Wir konnten aus wirtschaftlichen Gründen nicht alle das Land verlassen. Vor kurzem wurden wir in unserem Haus überfallen, wir vermuten, dass es Leute waren, die uns töten wollten. Wir vermuten auch, dass sie nicht nur Räuber sind, sondern auch Feinde. Die Familie habe keine Feinde im Rahmen der Blutrache. Mein Mann hatte in Pakistan auch schon Schwierigkeiten, er wurde angezeigt, weil er für die Kommunisten gearbeitet hat, sonst hat er Amuletten verteilt. Das Leben der Familie in Pakistan sei in Gefahr, wir fühlen uns von den Unbekannten die meinen Mann getötet haben, verfolgt, wir wurden schon einmal überfallen. Wirtschaftlich geht es uns schlecht, wir müssen Miete zahlen und das tägliche Leben bewältigen. Nur den Verdienst meines älteren Sohnes, S.D. können wir halbwegs über die Runden kommen. Er arbeitet als religiöser Heilpraktiker, das was der Vater der Söhne gemacht hat. Ich bitte um Hilfe, und dass meine Söhne anerkannt werden, sie sind in Gefahr.
VL: Wollen Sie dazu weitere Aussagen tätigen?
BW: Hr. H.A.: Nein. Es ist wichtig, dass Sie Informationen bekommen haben.
BW: Hr. H.S.: Nein.
BWV: Ihre Mutter hat private Feindschaften und eine Bedrohung durch Blutrache ausgeschlossen. Sie haben angegeben, dass Sie von Ihrem Halbbruder bedroht wurden. Können Sie sagen, wieso Ihre Mutter Blutrache ausgeschlossen hat?
BW: Hr. H.S.: Meine Mutter hat die Wahrheit gesagt, wir haben niemanden getötet, dass wir dadurch eine Blutrache zu befürchten hätten.
SV: Ihre Mutter hat auch ausgeschlossen, dass Ihr Vater Privatfeindschaften gehabt hätte?
BW: Hr. H.S.: Meine Mutter weiß auch nicht, bzw. wissen wir alle nicht, wer meinen Vater getötet hat, deswegen können wir nichts dazu angeben. Zwischen den Stiefbrüder und uns ein Zwist, weil wir von ihnen immer schief angesehen wurden und anders behandelt wurden. Es wurde auch gemunkelt, dass die Stiefbrüder die Ursache für den Tod meines Vaters waren, wir wissen es nicht genau.
SV: Können Sie Ihre genaue Anschrift in Kabul angeben, an der Sie in der Zeit der Ermordung Ihres Vaters gewohnt haben?
BW: Hr. H.A.: Die Adresse die ich vorher genannt habe und man sollte nach dem Hause von J.S fragen. Mein Urgroßvater hat in D. in Kabul gelebt. Mein Großvater und mein Vater haben an der oben angegeben Adresse gewohnt.
SV: P. ist ein großer Bezirk.
BW: Hr. H.A.: Wenn man den Hang von N. hinuntergeht, liegt unser Haus in der Nähe der Autoverkäufer, außerdem liegt in der Nähe ein Hotel namens A.N.. Wenn man den Nahr, das ist ein Kanal hinuntergeht. Einer der Autoverkäufer heißt R..
Anmerkung: Da die Zeitangaben betreffend den Tod des Vaters unterschiedlich sind, wird der SV beauftragt, im Hinblick der Ermordung des Vaters der BW vor Ort Recherchen durchzuführen. Zusätzlich wird er versuchen, mit den ältesten Bruder der BW am Telefon zu erreichen.
VL: Wollen Sie noch etwas angeben?
BW: Hr. H.S.: Meine Mutter ist Analphabetin und ist alt.
BW: Hr. H.A.: Ich möchte sagen, dass meine Angaben stimmen und auch meine Adresse stimmt.
BW: Hr. H.S.: Ich stimme den Angaben meines Bruders zu. Mein Fall lange nicht entschieden wird, wird man verrückt.
(...)"
Mit schriftlicher Stellungnahme vom 2. August 2008 brachte der o.g.
Sachverständige Folgendes dem Asylgerichtshof zur Kenntnis:
"Forschungsmethodik:
Persönliche Recherchen in Kabul - Afghanistan im Juli 2008.
Telfongespräche und Literaturrecherche.
Die BWs geben an, das ihr Vater zu den heiligen Familien in Kabul gehörte, als ein Khad - Beamter in verschiedenen Provinzen Afghanistans gearbeitet hätte und nach 1992, nachdem Sturz des kommunistischen Regimes, nach Pakistan gegangen sei und dort als Heiliger Amulette verteilt habe. Nachdem Sturz der Taliban sei er mit der Familie wieder nach Afghanistan gegangen, aber dort vor einer Moschee erschossen worden. Die BWs geben an, dass hinter dem Mord möglicherweise ihre Stiefbrüder stehen könnten.
Zu diesen Angaben der BW¿s habe ich in Kabul Forschungen angestellt und folgendes herausgefunden:
Die BWs gaben an, dass die Moschee, wo ihr Vater ermordet worden ist, gegenüber dem Park in P. liegen würde. Im Gegensatz zu diesen Angaben liegt der Moschee zwischen P. und N., allerdings nicht unweit von den BWs angegebenen Adresse.
Das Haus des Vaters bzw. des Großvaters der BW liegt zwischen B. und dem Moschee (Q.) und ist ca. 100 Meter von dieser Moschee entfernt.
Die Angaben der BWs zur Ermordung ihres Vaters stimmen mit den Tatsachen überein. Der Vater der BWs ist Anfang des Jahres 2002, nachdem Karzai an die Macht kommt, von unbekannten Personen vor der genannten Moschee in der Nähe seines Hauses erschossen worden. Nach der Information der Nachbarn von S.A., hat er fünf Söhne.
Zwei oder drei davon befinden sich in Pakistan, möglicherweise die BWs und ihr Bruder in Pakistan, mit dem ich während der Verhandlung ein Telefongespräch führte.
Zwei seiner Söhne mit den Namen S.H. und S.F. befinden sich in Kabul im väterlichen Haus. Die beiden, S.H. und S.F., üben den Beruf ihres Vaters und Großvaters aus und schreiben Amulette und sind als Heiler tätig.
Die Nachbarn vermuten, dass die Söhne von S.A. ihn ermordet haben könnten. Sie haben nicht spezifiziert, welche Söhne als Mörder ihres Vaters in Frage kämen. Wenn dies stimmt, dann ist der Verdacht nicht auf die Stiefbrüder der BWs einzuschränken, sondern auch die BWs sind nicht von diesem Verdacht auszuschließen.
Die Brüder der BWs haben diesbezüglich keine Antwort gegeben und sie sagten, dass sie nicht genau wissen, wer ihren Vater ermordet hätte, und sie könnten deshalb auch niemanden als Feind nennen.
Wir haben die Brüder der BWs, S.H. und S.F., befragt, welche Berufe ihr Vater, S.A., ausgeübt hat. Sie haben geantwortet, dass ihr Großvater und ihr Vater, S.A., nur diesen Beruf ausgeübt haben, nämlich: Verteiler von Amuletten und Heiler, er hätte keinen staatlichen Beruf ausgeübt. Sie haben definitiv geäußert, dass ihr Vater, S.A., keinen staatlichen Beruf ausgeübt hat und kein Khad - Beamter gewesen ist.
S.A. war nicht in anderen Provinzen Afghanistans als Khad - Beamter bzw. Offizier tätig und er war nur in Kabul und übte den traditionellen Beruf der Familie aus, nämlich als Heiler.
Schlussfolgerung:
Nach dem neusten Stand meiner Forschung stimmen die Angaben der BWs zu ihrem Familienstand.
Die Angaben der BWs, dass ihr Vater von ihren Stiefbrüdern ermordet worden wäre, wurden von ihren Nachbarn in Kabul nicht spezifiziert und es wurde nur gesagt, dass die Söhne von S.A. ihn ermordet hätten.
Die Angaben der BWs, dass ihr Vater für den Khad in verschieden Provinzen gearbeitet hätte, stimmen nicht mit den Tatsachen überein, weil ihre Brüder in Kabul definitiv dies verneint haben und aussagten, dass ihr Vater nur als Heiler gearbeitet hätte und kein Beamter des Staates gewesen ist.
Die Sicherheitslage in Afghanistan in Juli 2008:
Die Sicherheitslage in Afghanistan hat sich weiterhin verschlechtert. Diese Tatsche wird vom deutschen Außenminister ebenfalls bestätigt, der im Juli 08 Afghanistan besuchte:
"Zugleich dürfe aber nicht verschwiegen werden, dass die Sicherheitslage nicht nur unbefriedigend sei, sondern sich im vergangenen Jahr sogar verschlechtert habe, räumte der SPD-Politiker ein. Einen Grund dafür sieht Steinmeier im Verhalten des Nachbarlandes Pakistan."
(http://www.uni-kassel.de/fb5/frieden/regionen/Afghanistan/steinmeier.html)
Der Staat ist weiterhin geschwächt und ist nicht in der Lage, die Angriffe der Taliban auf die Städte zu verhindern. Der Staat ist auch nicht in der Lage, die Aktivitäten der Räuberbanden zu verhindern. Es herrscht bei der Polizei nicht nur Personalmangel, sondern ein Teil der Polizei gehört selbst zu den Räuberbanden.
In allen Landesteilen sind Raub und Plünderung sichtbar und diese Situation ist besonders auf die Dürre und Lebensmittelverteuerungen zurückzuführen.
Während meines Aufenthaltes in Afghanistan, hauptsächlich in Kabul, Baghlan, Kunduz, Takhar und Mazar-e Sharif konnte ich jeden Tag in Erfahrung bringen, dass auf den Hauptstraßen zwischen den Distrikten und Provinzhauptstädten die Räuberbanden die Autos sogar tagsüber anhalten und die Passagiere berauben und sogar töten.
Die meisten Menschen bleiben aus Angst in der Nacht wach, damit sie nicht überfallen werden. In den Süden und Süd-Osten des Landes gibt es Krieg zwischen den Taliban und den Amerikanern und den Regierungstruppen. Die meisten Regionen im Süden und Süd-Osten werden von den Taliban beherrscht. Nur die Provinzhauptstädte werden von der Regierung kontrolliert. Kabul gehört zu den sichereren Gebieten, aber auch in Kabul herrscht die Angst, dass die Taliban in Kabul einmarschieren und einen Krieg anzetteln könnten. Während meiner Anwesenheit in Kabul wurde die indische Botschaft in die Luft gesprengt, wobei mehr als zweihundert Tote und Verletzte zu verzeichnen waren.
Der UNHCR hat folgendes hinsichtlich von Gewährung ergänzenden Schutzes veröffentlicht. Dies Trifft großteils zu, aber nach meiner Einschätzung der Lage im Juli 2008 sollten die einzelnen Fälle genauer überprüft und differenziert behandelt werden.
Humanitäre Lage in Afghanistan im Sommer 2008:
Aufgrund der Dürreperiode im heurigen Jahr sind die Lebensmtittelkosten ums vier- bis fünffache gestiegen. Sieben Kilo Weißen Kosten ca. 4, 50 Dollar und sieben Kilo Reis ca. 7 Dollar, während ein Taglöhner für einen Tag nur 3 bis 4 Dollar verdient.
Aufgrund der Dürreperiode ist mehr als die Hälfte der Nutztiere, Schaffe, Rinder, Ziegen usw. vernichtet worden. Die armen Familien aus den Bergregionen verlassen massenhaft ihre Regionen und hoffen, dass sie in anderen Landesteilen Brot finden. Inzwischen sind hunderte Menschen auf dem Weg nach der Suche nach Brot verhungert. Tausende Menschen versuchen über die Landesgrenzen nach Pakistan und in den Iran zu gelangen. Im heurigen Winter wird die Situation äußerst prekär werden. Ohne die internationale Hilfe werden Millionen Menschen in ihrer Existenz bedroht sein. Die Läden sind voll von Lebensmittel, aber aufgrund der Teuerungen ist die Kaufkraft der Bevölkerung gesunken."
Am 28. Oktober 2008 fand schließlich die Fortsetzung der am 19. Juni 2008 vertagten Verhandlung statt, an welcher erneut der Beschwerdeführer, sein Bruder und der Sachverständige für Afghanistan teilnahmen. Diese gaben sohin Folgendes zu Protokoll:
"Anmerkung: Die Parteien legen ein Schreiben des S.I. vor, der bestätigt, dass die anwesenden Parteien Söhne des Herrn H.K. und Enkelkinder des Herrn S.J. sind.
Nachdem im Zuge der letzten Verhandlung der Sachverständige mit weiteren Ermittlungen in Afghanistan beauftragt wurde, wird dieser ersucht, die Ergebnisse seiner Nachforschungen darzulegen:
SV: Ich habe im Juli dieses Jahres in Kabul gemeinsam mit meiner Kontaktperson Forschungen bezüglich der Tötung des Vaters der BFs angestellt. Ich habe das Ergebnis dieser Forschung als Gutachten schriftlich verfasst und am 02.08.2008 dem Asylgerichtshof übermittelt. Den Inhalt dieses Gutachtens möchte ich nun noch mal mündlich zusammenfassen:
Die Angaben der BFs wurden in Afghanistan bestätigt, dass ihr Vater tatsächlich Anfang des Jahres 2002 vor einer Moschee in Kabul ermordet worden ist. Auch die Adresse hat im Großen und Ganzen gestimmt. Die Adresse liegt tatsächlich in P..
Zu der Ermordung des Vaters der BFs haben die Nachbarn angegeben, dass er möglicherweise von seinen Söhnen getötet worden ist. Die Nachbarn haben weiters ausgeführt, dass drei Söhne des getöteten S.A. sich in Pakistan bzw. im Ausland befinden. Auf die Frage, welcher Sohn den Vater oder welche Söhne den Vater ermordet haben könnten, konnten die Nachbarn und Ladenbesitzer nicht spezifizieren und sie wissen auch nicht, welcher Sohn den Vater ermordet hat. Wir haben dann nach zwei Tagen Suche bzw. Warten mit die Brüder der BFs in Afghanistan getroffen, die heißen S.H. und S.F. und diese befragt, diese haben die Ermordung ihres Vaters bestätigt, allerdings sie konnten nicht angeben, wer ihren Vater ermordet hat und dass es ihnen immer noch nicht klar ist, wer der Mörder sein könnte. Die beiden Brüder der BFs üben den Beruf des Vaters und ihres Großvaters weiter aus. Sie sind nämlich als Amulettenverteiler und Heiler beschäftigt. Sie haben auch über die Familie nicht viel Informationen gegeben, allerdings bestätigt, dass sie drei Brüder im Ausland hätten. Zum Beruf ihres Vaters S.A. haben sie angegeben, dass er auch wie ihr Großvater ein Amulettenverteiler und Heiler war und in der kommunistischen Zeit keinen staatlichen Beruf ausgeübt hat. Er war nicht beim Khad und war kein Offizier und er war nur in Kabul in diesem obengenannten traditionellen Beruf, nämlich als Heiler, beschäftigt gewesen.
Zur Sicherheit- und humanitären Lage möchte ich ausführen, dass die Sicherheitslage in Afghanistan seit meiner Reise nach Afghanistan im Juli 2008 sich noch verschlechtert hat. Es gibt jeden Tag in Kabul Terroranschläge und Entführungen. Die Entführungen betreffen meistens Leute, die Geld haben oder aus dem Ausland zurückgekommen sind. In der Nacht ist man nicht sicher ob man die Nacht heil übersteht ohne einen Überfall. Die Behörde ist nicht imstande im Vorhinein die betroffenen Menschen zu schützen. Gelegentlich ist ein Teil der Polizei auch in diese Raub- und Überfälle involviert. Zur Sicherheitslage möchte ich folgende Beilagen vorlegen:
Siehe Ausdruck aus dem Internet vom 28.Oktober 2008 über die Entführung von 14 Straßenarbeitern durch die Taliban,
Ebenfalls Ausdruck vom 28.Oktober 2008. wonach über die Tötung von DHL - Mitarbeitern in Kabul berichtet wird,
Weiters möchte ich auf den Internetauszug vom 28.Oktober 2008 hinweisen, wonach die UNO am 01.Oktober 2008 feststellt, dass die Sicherheitslage in Afghanistan sich deutlich verschlechtert hat. Außerdem möchte ich auf einen Internetauszug vom 28.10.2008 hinweisen, wonach die Taliban einem einfachen Bauer die beiden Augen ausgestochen haben.
Zur humanitären Lage möchte ich ausführen, dass nach neuesten Berichten 20 Millionen Menschen in Afghanistan unter der Armutsgrenze leben. Ich habe persönlich in Afghanistan beobachtet, dass durch die Dürreperiode hunderte Menschen in verschiedenen Provinzen verhungert sind und viele verkaufen ihre Kinder, damit sie überleben können und tausende Menschen wandern wieder aus Afghanistan in den Iran und nach Pakistan aus, in der Hoffnung, überleben zu können. Die Rückkehrer nach Afghanistan, wenn sie kein Haus und kein Einkommen haben, werden sie mit denselben Schwierigkeiten konfrontiert sein, wie Millionen Menschen in Afghanistan.
Zur humanitären Lage möchte ich auf den Internetauszug vom 26. Oktober 2008 hinweisen.
Es gibt einen Bericht, dass 20 von Australien abgeschobene Flüchtlinge in Afghanistan von den Taliban getötet worden seien. Deshalb hat Australien erklärt, dass dieser Fall untersucht wird. Hierzu möchte ich auf den Internetauszug vom 28.10.2008, BBC hinweisen.
ER fragt den BF um seine Stellungnahme zu dieser Beurteilung.
BF A.: Ich selbst kann nicht beweisen und bin ich auch nicht 100%ig überzeugt, dass er diese Aufgabe wirklich ausgeführt hat, weil ich habe ihn nie mit einer Offiziersuniform selber gesehen. Ob diese Dokumente gefälscht oder echt sind, darüber weiß ich nicht Bescheid. Ich war damals noch zu klein, um das festzustellen.
BF Sitzung, Ich möchte zu der Information meiner Brüder, die verneint haben, dass unser Vater bei der demokratischen Regierung arbeitete, sagen, dass wir die Dokumente bei meiner Mutter vorgefunden haben, die beweisen, dass er diese Aufgabe inne hatte. Es ist möglich, dass die Brüder aus dem Grund diese Tatsache verschwiegen haben, weil diese Information ihrem Beruf als religiöse Amulettenverteiler oder Heiler schaden würde. Es ist aber Tatsache, dass mein Vater Kommunist war.
ER: Wie kommt es dazu, dass man in der Umgebung Ihrer ursprünglichen Wohnung in Afghanistan davon ausgeht, dass die Söhne, also auch möglicherweise Sie selbst, Ihren Vater umgebracht hätten?
BF A.: Der älteste Stiefbruder, namens S.O. und die anderen S.F., S.H. und S.M., wollten nicht, dass wir im gemeinsamen Haus, welches meinem Vater gehörte, arbeiten. Mein Vater hat uns von Pakistan aus nach Kabul geschickt, damit wir in unser Haus ziehen und dort arbeiten. Da die Stiefbrüder dagegen waren, ist mein Vater selber nach Kabul gekommen, um dies durchzusetzen. Die Brüder haben es nicht akzeptiert und dabei kam es zum Streit. Mein Vater hat den Brüdern ein Ultimatum gestellt und von ihnen verlangt, dass sie entweder gemeinsam in diesem Haus arbeiten oder sie müssten das Haus verlassen. Am nächsten Tag wurde mein Vater getötet. Da die Leute diesen Lärm und den Streit bemerkten, haben sie die Vermutung angestellt, dass mein Vater durch seine Söhne ums Leben gekommen ist.
ER: Waren es nun Ihre Söhne, die Ihren Vater getötet haben oder nicht?
BF A.: Das hat niemand mit seinen eigenen Augen gesehen.
ER: Wie oft hat Ihr Vater geheiratet?
BF A.: Dreimal.
ER: Gibt es auch aus der dritten Ehe Kinder?
BF A.: Von der ersten Frau, die eine Pashtunin ist, hatte mein Vater fünf Söhne, wovon einer verstorben ist und vier Töchter. Von der zweiten Frau, die auch eine Pashtunin ist - allerdings aus dem Norden stammt - hatte mein Vater zwei Söhne und zwei Töchter. Von der dritten Frau, nämlich von unserer Mutter existieren insgesamt vier Söhne und eine Tochter.
ER: O. stammt aus welcher Ehe?
BF A.: Aus erster Ehe. F. stammt auch aus erster Ehe. M. und H. stammen ebenfalls aus erster Ehe.
ER: Wissen Sie, wo die zweite Ehefrau derzeit aufhältig ist?
BF A.: Die waren alle in Pakistan. Seitdem mein Vater getötet wurde, habe ich keine Information, wo sie sich aufhalten.
ER: Der Kern Ihrer Furcht liegt offenbar in einer Verfolgungsgefahr durch Ihre Brüder. Stimmt das so?
BF A.: Bei den Brüdern besteht eine Art Konkurrenz, aber hauptsächlich fürchten wir uns vor denjenigen, der meinen Vater tötete und meinen Bruder und mich verletzte. Mein Bruder wurde sechs Monate nachdem Mord an meinem Vater verletzt und eineinhalb Monate nach der Verletzung meines Bruders wurde ich verletzt.
ER: Der erste verletzte Bruder hieß wie?
BF A.:S.D. und stammt wie ich aus der dritten Ehe.
SV: Wie erklären Sie sich, dass Ihre älteren Brüder aus erster Ehe in Kabul unbehelligt leben könne, wenn Ihr Vater Feinde hatte?
BF A.: Mein Vater hatte keinen persönlichen Feind, er hat aber mit uns in Pakistan gelebt. Die Leute haben in Pakistan mehr uns als die Stiefbrüder gekannt. Mein Vater hat auch in Kabul mit uns zusammengelebt und die zwei anderen Frauen hatten ein eigenes Haus.
BFV: Ich möchte anführen, dass die BF von Anfang an aussagten, dass sie nicht wissen, wer den Vater umgebracht hat, dass dies eventuell wegen seiner kommunistischen Parteieinheit geschah oder dass die Stiefbrüder ihn umgebracht hatten. Dies würde sich mit den Aussagen der Nachbarn decken. Für die Ursache der Streitigkeiten mit der Stieffamilie führten die BF aus, dass die Familie der ersten und zweiten Frau, welche Pashtunen sind, die dritte Frau und daher die BF nicht akzeptieren würden, da es sich um Tadjiken handelt. Ich habe mich diesbezüglich an ACCORD gewandt, welche einen Experten vom UNHCR in Kabul befragten. Dieser gab per E-Mail an, dass abhängig vom jeweiligen Einzelfall, es in diesem konkreten Fall möglich sein kann, dass die Kinder der tadjikischen Ehefrau bedroht und eventuell getötet werden können, und zwar von der pashtunischen Familie, weil man mit diesen nicht das Erbe teile wolle.
Anmerkung: Die BFV legt den Auszug des E-Mails vor.
Anmerkung: Der Sachverständige versucht unter der Nummer: Y4 den Bruder aus dritter Ehe, S.D. zu erreichen. Dies gelingt. Das Gespräch hat nachfolgendes ergeben:
SV: Auf die Frage, warum sind Ihre Brüder nach Europa geflüchtet und dass seine Familie in Pakistan lebt, antwortet S.D., dass sein Vater getötet wurde und er später angeschossen und verletzt wurde. Deshalb seien sie geflüchtet. Sie wissen nicht wer der Feind ist. Sie können auch nicht sagen, ob einer der Stiefbrüder den Vater ermordet hat. Sein Vater hat für den Staat gearbeitet. Er war zunächst in der staatlichen Werbeabteilung. Im kommunistischen Staat hat er in G. gearbeitet und er war ein Turan (= Oberleutnant). Er weiß nicht genau für welche Abteilung er gearbeitet hat und was er noch gemacht hat. Sie sind mit den Stiefbrüdern nicht verfeindet, aber es ist eine natürliche Sache, dass es unter den Stiefbrüdern immer wieder Streitigkeiten gibt. Nachdem sein Vater in der Früh beim Morgengebet getötet worden ist, nehmen die Leute an, dass dabei irgendein Sohn die Hände im Spiel haben kann, aber er kann das nicht bestätigen und er kann nicht sagen, ob ein Stiefbruder den Vater getötet hat, aber er kann es auch nicht ausschließen. Sie haben zwei Häuser in Afghanistan. Ein Haus ist in P. wo die Stiefbrüder wohnen. Dieses Haus kostet derzeit ca. US$ 100.000, das andere Haus steht leer und ist durch den Krieg zerstört und wohnt niemand dort. Zu den Stiefbrüdern hat er keinen Kontakt und sie haben auch derzeit keine gute Beziehung zueinander.
BFV: Ich möchte anmerken, dass sehr wohl die Mutter, als auch zwei Brüder der BF angaben, dass der Vater der BF während der Zeit der kommunistischen Regierung für diese arbeiteten. Es wäre nicht nachvollziehbar für mich, weshalb deren Aussagen weniger Glauben geschenkt werden sollte, als den Aussagen der in Afghanistan befragten Stiefbrüder H. und F., welche nach Aussagen der BF diesen ebenfalls nicht freundlich gesinnt sind. Die Gefährdung der BF seitens der Stiefbrüder kann nicht mit der für das Verfahren erforderlichen Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden. Selbst wenn es nur um das Erbe geht, hat diese Streitigkeit ethnische Hintergründe und wäre daher asylrelevant."
römisch II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:
Auf Grund des Bundesverfassungsgesetzes, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert und ein Erstes Bundesverfassungsrechtsbereinigungsgesetz erlassen wird, Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 2 aus 2008,, wurde das Asylgerichtshof-Einrichtungsgesetz (Bundesgesetz, mit dem ein Asylgerichtshofgesetz erlassen wird und das Asylgesetz 2005, das Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, das Verfassungsgerichtshofgesetz 1953, das Bundesministeriengesetz 1986, das Einführungsgesetz zu den Verwaltungsverfahrensgesetzen 1991, das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, das Fremdenpolizeigesetz 2005, das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz, das Grundversorgungsgesetz-Bund 2005, das Staatsbürgerschaftsgesetz 1985, das Sicherheitspolizeigesetz und das Waffengesetz 1996 geändert werden), erlassen. Die Verfassungsnovelle und das Asylgerichtshof-Einrichtungsgesetz sind mit 1. Juli 2008 in Kraft getreten.
Gemäß Paragraph 75, Absatz 7, AsylG 2005 in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 4 aus 2008, sind am 1. Juli 2008 beim unabhängigen Bundesasylsenat anhängige Verfahren vom Asylgerichtshof nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen weiterzuführen: Mitglieder des unabhängigen Bundesasylsenates, die zu Richtern des Asylgerichtshofes ernannt worden sind, haben alle bei ihnen anhängigen Verfahren, in denen bereits eine mündliche Verhandlung stattgefunden hat, als Einzelrichter weiterzuführen (Paragraph 75, Absatz 7, Ziffer eins, leg. cit.). Verfahren gegen abweisende Bescheide, in denen eine mündliche Verhandlung noch nicht stattgefunden hat, sind von dem nach der ersten Geschäftsverteilung des Asylgerichtshofes zuständigen Senat weiterzuführen (Paragraph 75, Absatz 7, Ziffer 2, leg. cit.). Verfahren gegen abweisende Bescheide, die von nicht zu Richtern des Asylgerichtshofes ernannten Mitgliedern des unabhängigen Bundesasylsenates geführt wurden, sind nach Maßgabe der ersten Geschäftsverteilung des Asylgerichtshofes vom zuständigen Senat weiterzuführen (Paragraph 75, Absatz 7, Ziffer 3, leg. cit.).
Der gegenständliche Fall war am "1. Juli 2008 beim unabhängigen Bundesasylsenat anhängig"; das damalig zuständige Mitglied des unabhängigen Bundesasylsenates wurde zum "Richter des Asylgerichtshofes" ernannt; bereits am 19. Juni 2008 wurde eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt. Im Lichte dessen ist die Zuständigkeit des Richters unmittelbar auf Grund des Gesetzes festgelegt, wobei das Verfahren vom zuständigen Richter als "Einzelrichter" fortzuführen ist.
Gemäß Paragraph 28, Absatz eins, Asylgerichtshofgesetz (Artikel eins, BGBl. römisch eins Nr. 4/2008; im Folgenden: AsylGHG) tritt dieses Bundesgesetz mit 1. Juli 2008 in Kraft. Gleichzeitig tritt das Bundesgesetz über den Unabhängigen Bundesasylsenat - UBASG, Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 77 aus 1997,, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 100 aus 2005,, außer Kraft.
Gemäß Paragraph 23, AsylGHG sind - soweit sich aus dem B-VG, dem AsylG und dem VwGG nichts anderes ergibt - auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des AVG mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffes "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt.
Gemäß Paragraph 73, Absatz eins, AsylG ist das AsylG 2005 am 1. Jänner 2006 in Kraft getreten; es ist gemäß Paragraph 75, Absatz eins, AsylG auf alle Verfahren anzuwenden, die am 31.Dezember 2005 noch nicht anhängig waren.
Das vorliegende Verfahren war am 31. Dezember 2005 nicht anhängig; das Beschwerdeverfahren ist daher nach dem AsylG 2005 zu führen. Der Beschwerdeführer hat gegen sämtliche Spruchpunkte des bekämpften Bescheides Beschwerde erhoben.
Das Bundesasylamt hat Spruchpunkt römisch eins des bekämpften Bescheides auf Paragraph 3, AsylG 2005 gestützt. Diese Bestimmung lautet:
"§ 3. (1) Einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, ist, soweit dieser Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit oder Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, Genfer Flüchtlingskonvention droht.
(2) Die Verfolgung kann auch auf Ereignissen beruhen, die eingetreten sind, nachdem der Fremde seinen Herkunftsstaat verlassen hat (objektive Nachfluchtgründe) oder auf Aktivitäten des Fremden beruhen, die dieser seit Verlassen des Herkunftsstaates gesetzt hat, die insbesondere Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsstaat bestehenden Überzeugung sind (subjektive Nachfluchtgründe). Einem Fremden, der einen Folgeantrag (Paragraph 2, Ziffer 23,) stellt, wird in der Regel nicht der Status des Asylberechtigten zuerkannt, wenn die Verfolgungsgefahr auf Umständen beruht, die der Fremde nach Verlassen seines Herkunftsstaates selbst geschaffen hat, es sei denn, es handelt sich um in Österreich erlaubte Aktivitäten, die nachweislich Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsstaat bestehenden Überzeugung sind.
(3) Der Antrag auf internationalen Schutz ist bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abzuweisen, wenn
dem Fremden eine innerstaatliche Fluchtalternative (Paragraph 11,) offen steht oder
der Fremde einen Asylausschlussgrund (Paragraph 6,) gesetzt hat.
(4) Einem Fremden ist von Amts wegen und ohne weiteres Verfahren der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn sich die Republik Österreich völkerrechtlich dazu verpflichtet hat.
(5) Die Entscheidung, mit der einem Fremden von Amts wegen oder auf Grund eines Antrags auf internationalen Schutz der Status des Asylberechtigten zuerkannt wird, ist mit der Feststellung zu verbinden, dass diesem Fremden damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt."
Wesentliche Voraussetzung für die Asylgewährung ist sohin, dass die Flüchtlingseigenschaft des Asylwerbers nach der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, Bundesgesetzblatt Nr. 55 aus 1955,, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, Bundesgesetzblatt Nr. 78 aus 1974,, (in der Folge: GFK) "glaubhaft" ist. Von "Glaubhaftmachung" ("Bescheinigung") spricht man - zum Unterschied vom "Beweis" - dann, wenn die Herbeiführung eines behördlichen Urteils über die Wahrscheinlichkeit einer Tatsache genügt vergleiche z.B. UBAS 25.05.1999, 207.650/0-I/03/99; 28.05.1999, 208.445/0-I/03/99; 11.01.2000, 207.193/0-I/03/99). "Glaubhaft" ist sohin eine geltend gemachte Bedrohung schon dann, wenn mehr Gründe für deren Vorliegen als für deren Nichtvorliegen sprechen (siehe Walter/Mayer;
Verwaltungsverfahrensrecht8 [2003], Rz 315; Thienel, Verwaltungsverfahrensrecht [2000]; 164; Hellbling, Kommentar zu den Verwaltungsverfahrensgesetzen römisch eins [1954], 272; Herrnritt, Das Verwaltungsverfahren [1932], 89; Rosenmayr, Asylrecht, in Machacek/Pahr/Stadler, Grund und Menschenrechte in Österreich römisch III [1997], 584; vergleiche dazu z. B. auch VwGH 16.09.1993, 92/01/0787; UBAS 03.02.1998, 201.190/0-II/04/98; 29.12.1999, 200.990/8-II/04/99; 06.09.2000, 209.999/11-I/03/00; 06.02.2005, 241.828/4-I/03/05).
Im Sinne des Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) vom 28.07.1951, Bundesgesetzblatt Nr. 55 aus 1955,, i. römisch fünf.m. Artikel eins, Absatz 2, des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 31.01.1967, Bundesgesetzblatt Nr. 78 aus 1974,, ist als Flüchtling anzusehen, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und sich nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.
Zentraler Aspekt der in Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, Genfer Flüchtlingskonvention definierten Verfolgung im Herkunftsstaat ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH 19.12.1995, Zl. 94/20/0858, u.a.m., S.a. VfGH 16.12.1992, Zl. B 1035/92, Slg. 13314).
Nach dem durchgeführten Ermittlungsverfahren kann hinreichend davon ausgegangen werden, dass dem Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr in Afghanistan eine asylrelevante Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht vergleiche VwGH 23.09.1998, Zl. 98/01/0224). Diese Beurteilung ergibt sich aufgrund der Gesamtsituation aus objektiver Sicht (s. hierzu VwGH 12.05.1999, Zl. 98/01/0365), die nicht nur die individuelle Situation des Beschwerdeführers, sondern auch die generelle politische Lage in seinem Herkunftsstaat sowie die Menschenrechtssituation derjenigen Personen bzw. Personengruppe berücksichtigt, deren Fluchtgründe mit seinen vergleichbar sind.
Im vorliegenden Fall steht fest, dass der Beschwerdeführer der tadschikischen Volksgruppe zugehört, sunnitischen Glaubens ist und in Kabul am 00.00.1988 geboren wurde. 1992 ging er mit seinem Vater, der zuvor für das kommunistische Regime tätig war und sich seinen Lebensunterhalt als religiöser Heilpraktiker und Devotionalienhändler verdiente, und seiner Familie nach Pakistan, wo er die Schule besuchte. Der Vater kehrte mit zumindest Teilen der Familie nach dem Sturz der Taliban nach Afghanistan zurück. Anfang des Jahres 2002 wurde der Vater des Beschwerdeführers vor einer Moschee in der Nähe seines Hauses erschossen. Auch sein älterer Bruder, Herr S.D., wurde wenige Monate später angeschossen und schwer verletzt; er lebt heute in Pakistan. Schließlich wurde auch ungefähr 7 Monate nach der Ermordung seines Vaters auf Herrn H.A., jenem Bruder des Beschwerdeführers, dessen Verfahren ebenfalls beim Asylgerichtshof anhängig ist, geschossen. Der Beschwerdeführer entspringt der dritten Ehe seines Vaters und hat drei Brüder und eine Schwester. Ansonsten hat der Beschwerdeführer jedoch noch mehrere Halbbrüder und -schwestern. Insbesondere mit seinen älteren Halbbrüdern aus der ersten Ehe des Vaters bestanden familiäre Konflikte um die Fortführung dessen über mehrere Generationen ausgeübten Profession als religiöser Heilpraktiker.
Es konnte nicht festgestellt werden, durch wen bzw. welche Gruppierung der Vater des Beschwerdeführers ermordet wurde oder wer hinter den Schussattentaten auf seine Brüder steckt. Nach der vorliegenden Sachlage und dem durchgeführten Ermittlungsverfahren kommen für den erkennenden Gerichtshof jedoch zwei Motive für die gegenständlichen Gewalthandlungen in Betracht: erstens der bestehende innerfamiliäre Konflikt zwischen den Söhnen des Vaters aus erster Ehe einerseits und dem Vater sowie dessen Söhnen aus dritter Ehe andererseits. Zweitens ist es nicht ausgeschlossen, dass - wie der Beschwerdeführer vermutet - aus der Tätigkeit des Vaters für das kommunistische Regime Feindschaften entstanden sind, die zu Rachehandlungen gegen ihn und dessen Söhne führten.
Zu diesen Feststellungen gelangt der Asylgerichtshof nach den (auch durch den dem Beschwerdeverfahren beigezogenen Sachverständigen) umfassend geführten Ermittlungen zum Vorbringen des Beschwerdeführers und jenem seines Bruders, Herrn H.A., dessen Beschwerdeverfahren in Zusammenschau mit dem des Beschwerdeführers durchgeführt wurde. Durch den Sachverständigen konnte eruiert werden, dass der Vater des Beschwerdeführers Anfang 2002 tatsächlich von unbekannten Personen ermordet wurde. Auch das Vorbringen, dass der ältere Bruder des Beschwerdeführers wenige Monate nach der Ermordung des Vaters angeschossen wurde, konnte durch dessen telefonische Befragung in der Verhandlung vom 28. Oktober 2008 verifiziert werden. Die Angabe von Herrn H.A., wonach auf ihn selbst geschossen worden sei, erwies sich schließlich ebenfalls als glaubwürdig.
Hinsichtlich des Grundes für diese gegen seine Familie gerichteten Gewalthandlungen ist es nach den Befragungen des Beschwerdeführers, seiner Mutter und all seiner Brüder (zwei wurden hierzu telefonisch befragt, der Dritte wurde zu diesem Umstand im Zuge seines eigenen Beschwerdeverfahrens vor dem Asylgerichtshof einvernommen) unzweifelhaft, dass es einen familiären Konflikt mit den Halbbrüdern des Beschwerdeführers gegeben hat. Den in der schriftlichen Stellungnahme des o.g. Sachverständigen vom 2. August 2008 dargelegten Recherchen zufolge, vermuten auch ehemalige Nachbarn des Vaters, dass einer seiner Söhne hinter dessen Ermordung stecken könnte (ohne jedoch diesen Verdacht auf die Halbbrüder des Beschwerdeführers einzuschränken). Dieser Verdacht sei laut dem in der Verhandlung am 28. Oktober 2008 telefonisch befragten älteren Bruder des Beschwerdeführers, Herrn S.D., darauf zurückzuführen, dass der Vater in der Früh beim Morgengebet getötet worden sei, was für das Umfeld die Vermutung nahelege, dass ein Sohn in die Ermordung verwickelt sein könnte. Die Annahme des Beschwerdeführers, wonach die Attentate zumindest einem seiner Halbbrüder anzulasten seien, werden jedenfalls von seinem ebenfalls vor dem unabhängigen Bundesasylsenat als vormals zuständige Behörde und dem Asylgerichtshof einvernommenen älteren Bruder, Herrn H.A., geteilt.
Es kann jedoch ebenso nicht ausgeschlossen werden, dass alte Feindschaften aus der Zeit, als der Vater für das kommunistische Regime in Afghanistan tätig war, zu seiner Tötung und den Mordversuchen an seinen Söhnen geführt haben. Dass der Vater nämlich tatsächlich für das Najibullah-Regime in Afghanistan tätig war, konnte seitens des erkennenden Gerichtshofes trotz gegenteiliger Aussagen befragter Personen und dem diesbezüglich widersprüchlichen Vorbringen des Bruders des Beschwerdeführers angenommen werden. So erwähnte Herr H.A. die kommunistische Vergangenheit des Vaters in seinem Verfahren vor dem Bundesasylamt überhaupt nicht, sondern machte diese erst in seinem Beschwerdeverfahren geltend; und auch die vom Sachverständigen in Afghanistan befragten Halbbrüder gaben an, dass ihr Vater nie (Khad-)Beamter des Staates gewesen sei (siehe die Stellungnahme des Sachverständigen vom 2. August 2008). Jedoch ist dem Vertreter des Beschwerdeführers beizupflichten, wenn er in der Verhandlung vom 28. Oktober 2008 zu bedenken gibt, dass die Angaben der befragten Stiefbrüder in Zweifel zu ziehen sind, da sie ja nach der vorliegenden Sachlage durchaus in die Tötung des Vaters involviert sein könnten. Zudem hat sich der Beschwerdeführer selbst im Zuge seines Verfahrens zu keinem Zeitpunkt widersprochen. Auch seine telefonisch einvernommenen Familienangehörigen gaben glaubwürdig an, dass der Vater als Kommunist mit dem Najibullah-Regime zusammengearbeitet habe. Dass sie dabei keine detaillierten Angaben über die Tätigkeit des Vaters machen konnten, ist vor dem Hintergrund, dass die Söhne zu jener Zeit noch Kinder waren, nur allzu verständlich. Die am 19. Juni 2008 telefonisch vernommene Mutter sprach wie der am 28. Oktober 2008 ebenso telefonisch befragte Bruder des Beschwerdeführers davon, dass der Vater ein Oberstleutnant gewesen sei. Insoweit auch die Mutter keine konkreteren Angaben zu machen imstande war, ist festzuhalten, dass man ein näheres Wissen über die Tätigkeit ihres Mannes von ihr als Analphabetin und Frau in der traditionellen afghanischen Gesellschaft nicht erwarten kann. Herr S.D., älterer Bruder des Beschwerdeführers, der selbst bei einem Attentat schwer verletzt wurde, kann sich ebenso vorstellen, dass hinter dem Mord an seinem Vater und den Mordversuchen an ihm und Herrn H.A. alte Feinde bzw. Geschädigte aus der kommunistischen Vergangenheit des Vaters stecken. Dass der Vater eigentlich ein religiöser Heilpraktiker war, steht der Annahme seiner Tätigkeit für das kommunistische Regime nicht entgegen, da laut Stellungnahme des Sachverständigen in der Verhandlung vom 19. Juni 2008 die Zugehörigkeit zur kommunistischen Partei in Afghanistan eine gleichzeitige religiöse Betätigung nicht ausschloss. Schließlich wurden seitens des Beschwerdeführers zur Untermauerung seines Vorbringens Dokumente vorgelegt, deren Echtheit im Zuge seines Verfahrens nicht angezweifelt wurde.
Wenn im gegenständlichen Fall auch nicht festgestellt werden konnte, wer nun hinter der Tötung des Vaters des Beschwerdeführers und den Mordversuchen an seinen Brüdern steckt, so ist die Tatsache, dass diese Ereignisse stattgefunden haben, nach dem durchgeführten Ermittlungsverfahren unzweifelhaft. Aus diesen Vorkommnissen hat der Beschwerdeführer jedenfalls in seinem Herkunftsland eine asylrelevante Verfolgungsgefahr mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit zu gewärtigen. Sollte ein Familienkonflikt der ausschlaggebende Grund für die Gewalthandlungen gegen die Familie des Beschwerdeführers sein, so unterläge der Beschwerdeführer einer Verfolgungsgefahr aufgrund seiner Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe, nämlich seiner eigenen Familie. Eine ebensolche Verfolgung ist aber auch dann anzunehmen, wenn die kommunistische Vergangenheit des Vaters bzw. Rachehandlungen von durch ihn ehemals geschädigten Personen ausschlaggebend für die Fluchtgründe des Beschwerdeführers sind (zur Anerkennung des Familienverbandes als "soziale Gruppe" gemäß Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, GFK i.V.m. Paragraph 7, AsylG, unabhängig vom Erfordernis einer dem Asylwerber selbst zumindest unterstellten politischen Gesinnung in Fällen der "Sippenhaftung" s. VwGH 19.12.2001, Zl. 98/20/0312; s.a. VwGH 14.01.2003, Zl. 2001/01/0508). Selbst wenn die beiden angeführten potentiellen Motive für die Ermordung des Vaters nicht zutreffen, so ist nach den gegen die Söhne durchgeführten Anschlägen jedenfalls davon auszugehen, dass die gesamte Familie ins Visier der Attentäter geraten ist. Wenngleich die Exekutive große Anstrengungen unternimmt, um der Bevölkerung einen ausreichenden Schutz zu gewähren, ist dies auf Grund der prekären Sicherheitslage in Afghanistan nicht möglich. Von der Schutzfähigkeit afghanischer Behörden kann daher nicht ausgegangen werden.
Ein asylrelevanter Eingriff in die vom Staat schützende Sphäre des Einzelnen führt dann zur Flüchtlingseigenschaft, wenn er an einem in Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, GFK festgelegten Grund, nämlich die Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politische Gesinnung anknüpft. Im Fall des Beschwerdeführers liegt dieses oben dargestellte Verfolgungsrisiko, das in seiner Gesamtheit von asylrelevanter Intensität sein kann, bereits wegen seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe (nämlich zur Gruppe seiner eigenen Familie) vor.
Im Ergebnis weist die den Beschwerdeführer drohende Verfolgungsgefahr ein Maß an Nachhaltigkeit und Intensität auf, die einen Verbleib des Betroffenen im Heimatland als unerträglich vergleiche z. B. VwGH 11.11.1998, Zl. 98/01/0312; 18.02.1999, Zl. 98/20/0468) oder die Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates als unzumutbar erscheinen lassen vergleiche dazu und zur asylerheblichen Intensität einer Verfolgungshandlung für viele z.B. VwGH 12.09.1996, Zl. 95/20/0288). Im Hinblick auf die sehr bedenkliche Sicherheitslage in Afghanistan, ganz abgesehen von der katastrophalen wirtschaftlichen und sozialen Situation in diesem Land, kann nicht von einer inländischen Fluchtalternative ausgegangen werden, die dem Beschwerdeführer zur Verfügung stehen würde bzw. deren Inanspruchnahme für ihn zumutbar wäre vergleiche u.a. z. B. VwGH 08.09.1999, Zl. 98/01/0503).
Endigungs- oder Ausschlusstatbestände konnten im vorliegenden Fall nicht festgestellt werden. Zusammenfassend geht der Asylgerichtshof daher davon aus, dass dem Beschwerdeführer Asyl zu gewähren war.
Gem. Paragraph 3, Absatz 5, AsylG ist die Entscheidung, mit der Fremden von Amts wegen oder auf Grund eines Antrages auf internationalen Schutz der Status eines Asylberechtigten zuerkannt wird, mit der Feststellung zu verbinden, dass dem Fremden damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt. Im Lichte dessen war im vorliegenden Fall auch auszusprechen, dass Herrn H.S. kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
Da dem Beschwerdeführer Asyl zu gewähren war, sind die Spruchpunkte römisch II und römisch III des bekämpften Bescheides im Ergebnis rechtwidrig und waren ersatzlos aufzuheben.