Asylgerichtshof
20.11.2008
B12 255149-0/2008
B12 255149-0/2008/27E
ERKENNTNIS
Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Dr. Rohrböck als Einzelrichter über die Beschwerde des Herrn H.A., geb. am 00.00.1985, StA. Afghanistan, vertreten durch Mag. Harald QUINZ, CARITAS-Flüchtlingshilfe, 6800 Feldkirch, Wichnergasse 22, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 2. November 2004, Zl. 03 39.010-BAI, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 19. Juni 2008 und am 28. Oktober 2008 zu Recht erkannt:
römisch eins. Der Beschwerde des Herrn H.A. gegen Bescheid des Bundesasylamtes vom 2. November 2004, Zl. 03 39.010-BAI, wird stattgegeben und Herrn H.A. gemäß Paragraph 7, AsylG Asyl gewährt.
römisch II. Gem. Paragraph 12, AsylG wird festgestellt, dass Herrn H.A. damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
römisch III. Die Spruchpunkte römisch II und römisch III des Bescheides des Bundesasylamts vom 2. November 2004, Zl. 03 39.010-BAI, werden ersatzlos aufgehoben.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
römisch eins. Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer hat am 30. Dezember 2003 beim Bundesasylamt einen Asylantrag gemäß Paragraph 3, AsylG 1997 eingebracht. Bei der niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesasylamt am 17. September 2004 gab der Beschwerdeführer im Wesentlichen Folgendes an:
"(...)
Angaben zum Fluchtweg:
F: Wann haben Sie Afghanistan verlassen?
A: Vor ca. 1 Jahr und 2 oder 3 Monaten.
F: Wissen Sie, über welche Länder Sie bis nach Österreich gebracht wurden?
A: Von Afghanistan nach Pakistan und dann in den Iran. Ab dem Iran kann ich nicht sagen, über welche Länder wir von den Schleppern bis nach Österreich gebracht worden. Als wir in Österreich waren, wurde uns gesagt, wo wir sind.
F: Hatten Sie irgendwelche Dokumente bei sich, als Sie Afghanistan verlassen haben?
A: Ich hatte keinerlei Dokumente bei mir.
F: Wie sind Sie dann zu dem hier vorgelegten Dokument gekommen?
A: Dieses Dokument wurde mir von Afghanistan nach Deutschland nachgeschickt.
Angaben zum Fluchtgrund:
Aufforderung: Schildern Sie den Grund Ihrer Flucht aus Afghanistan!
A: (freie Erzählung) Mein Vater hatte 3 Frauen. Bei der ersten Frau hat er seine Familie finanziell abgesichert. Auch bei der zweiten Frau hat mein Vater die Familie finanziell abgesichert. Ich stamme von der dritten Frau. Mein Vater sagte zur ersten und zweiten Familie, dass er jetzt bei der dritten Familie bleibe, weil die Frauen und Kinder der ersten und zweiten Frau finanziell abgesichert waren.
Am Tag bevor mein Vater getötet wurde, waren wir bei meinem Großvater. Dort hat ein Halbbruder von mir mit einer Pistole vom Dach aus auf meinen Vater geschossen. Er hat meinen Vater nicht getroffen und ist geflüchtet.
Am nächsten Tag hat es dieser Halbbruder geschafft, meinen Vater während des Gebets in der Moschee zu erschießen.
Als habe schon am Vortag meinen Halbbruder bei der Polizei angezeigt. Die Polizisten sind sofort gekommen und haben auf uns bis 19.00 Uhr aufgepasst. Während dieser Zeit konnten sie ihn auch nicht finden.
Ich war zuhause, als ich die Schüsse gehört habe. Ein Mann, der meinen Vater kannte, hat uns gleich die schreckliche Nachricht überbracht. Ich bin zu Moschee gelaufen und sah meinen Vater mit einem Kopfschuss am Boden liegen.
Ich bin wieder sofort zur Polizei gelaufen und habe den Sachverhalt erklärt. Die Polizei hat alles aufgenommen. Die Polizei hat darüber eine Bestätigung ausgestellt, die ich hier vorlege.
F: Wann wurde diese Bestätigung von der Polizei ausgestellt und wann haben Sie diese Bestätigung in die Hand bekommen?
A: Als ich in Deutschland einen Asylantrag gestellt habe, hat man mir bei der Einvernahme gesagt, dass alles, was ich erzähle, nicht nachvollziehbar sei und man mir nicht glaubt. Ich habe dann mit meiner Familie Kontakt aufgenommen und ihnen gesagt, dass man mir nicht glaubt. Deshalb hat meine Familie in Afghanistan bei der Polizei die hier vorgelegte Bestätigung geholt und mir nach Deutschland nachgeschickt.
F: Wann haben Sie die Familie in Afghanistan verständigt?
A: Das war ca. Mitte März 2002, jedenfalls 2 Monate nachdem ich in Deutschland angekommen bin. In Deutschland bin ich am 19.01.2004 angekommen.
(Fortsetzung der freien Erzählung) Ca. 6 Monate später wurde mein leiblicher Bruder von diesem Halbbruder auch schwer verletzt.
Ca. 1 1/2 Monate vor meiner Flucht aus Afghanistan war ich am Basar und wollte mit einem Taxi nach Hause. Ich stieg in ein Taxi und wir fuhren los. Während der Fahrt fuhr ein Motorrad mit 2 Personen neben uns Taxi und der Beifahrer hat direkt auf mich im Taxi geschossen. Die Scheiben wurden zerschossen. Dadurch wurde ich an der linken Hand an 2 Fingern verletzt. Die Täter sind dann sofort geflüchtet.
Ich ging dann in Krankenhaus und habe folgend meine Ausreise organisiert. Weitere Vorfälle gab es keine mehr. In der Folge habe ich Afghanistan verlassen.
Der Hintergrund dieser Vorfälle ist ein Familienstreit. Erstens ging es um die Aufteilung des Vermögens meines Vaters und Neid. Dieser Halbbruder hat meinen Vater umgebracht und auf mich geschlossen. Der Grund ist der, dass die Familie der ersten Frau nicht sehen konnte, dass auch wir vom Vater finanziell versorgt werden. Es war auch die Wut dieser Familie, dass mein Vater die erste Familie verlassen und sich von nun an der Familie der dritten Frau widmen wollte. Es ging also sowohl ums Geld, ums Vermögen und um Neid. (Ende der freien Erzählung)
F: Gibt es darüber hinaus weiter Gründe Ihrer Flucht aus Afghanistan?
A: Nein, es gibt keine weiteren Gründe. Ich habe Afghanistan verlassen, weil ich vor der Familie der ersten Frau meines Vaters Angst hatte. Ich weiß nicht, ob nur die Familie der ersten Frau oder auch die Familie der zweiten Frau neidisch waren, weil sich mein Vater der dritten Frau gewidmet hat.
F: Mit welcher Waffe wurde auf Sie im Taxi geschossen?
A: Ich habe das nicht sehen können. Ich weiß nur, dass auf mich geschossen wurde. Es wurde im fahrenden Taxi auf mich geschossen. Ich habe gerade mit dem Taxilenker die Preis der Fahrt ausgehandelt als auf mich geschossen wurde.
F: Wie viele Schüsse wurde auf Sie abgegeben?
A: Nur ein Schuss.
F: Wurde dieser Sachverhalt bei der Polizei angezeigt?
A: Ich bin zur Polizei gegangen und habe Anzeige erstattet. Die Polizei hat die Anzeige angenommen.
F: Hat die Polizei gegen ihren Halbbruder etwas unternommen?
A: Ja, die Polizei sagte, dass Sie meine Halbbruder versuchen zu finden.
F: Sind Sie in Afghanistan vorbestraft?
A: Nein.
F: Haben Sie in Afghanistan Straftaten begangen?
A: Nein.
F: Hatten Sie in Afghanistan jemals Probleme mit der Polizei, einem Gericht oder einer anderen Staatlichen Behörde?
A: Nein.
F: Hatten Sie sonst - außer dem hier geschilderten Sachverhalt - Probleme in Afghanistan?
A: Nein.
F: Was befürchten Sie für den Fall Ihrer Rückkehr nach Afghanistan?
A: Ich habe Angst um mein Leben. Ich weiß nicht, ob dieser Halbbruder jemand findet, der mich für Geld tötet.
V: Sie haben am 30.12.2003 unmittelbar nach ihrer Einreise nach Österreich niederschriftlich angegeben, dass Sie wegen des in Afghanistan herrschenden Krieges nach Österreich gekommen sind. Am 30.12.2003 haben Sie offensichtlich nichts von der hier vorgebrachten Gefährdung in ihrem Heimatland vorgebracht. Was sagen Sie dazu?
A: Ich wurde am 30.12.2003 nicht nach dem Fluchtgrund gefragt. Der Schlepper sagte uns, dass wir bei Anhaltung einen falschen Namen angegeben sollen. Wir wurden am 30.12.2003 nur gefragt, wie ich heiße und woher ich komme.
F: Warum sind Sie weiter nach Deutschland gereist?
A: Weil ich in Afghanistan mit dem Schlepper ausgemacht habe, dass ich nach Deutschland gebracht werde, weil in Deutschland ein Onkel von mir lebt.
F: Möchten Sie zum Fluchtgrund noch etwas sagen, was Ihnen wichtig ist und das Sie bisher nicht gesagt haben:
A: Nein, nichts mehr.
Vermerk: Zum vorgelegten Schriftstück erklärt der Antragsteller folgendes:
"Das ist eine Bestätigung von der Polizei, dass ich in allen drei Fällen bei der Polizei die hier geschilderten Anzeigen bei Polizei erstattet habe und dass die jeweiligen Beamten die Anzeigen auch an den Vorgesetzten weitergeleitet haben.
(...)"
Mit Bescheid vom 2. November 2004, Zl. 03 39.010-BAI, hat das Bundesasylamt den Asylantrag des Beschwerdeführers vom 30. Dezember 2003 gemäß Paragraph 7, Asylgesetz 1997 abgewiesen und ihm den Status eines Asylberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt römisch eins), seine "Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung [...] nach Afghanistan gemäß Paragraph 8, Absatz eins, AsylG" für zulässig erklärt (Spruchpunkt römisch II) und "gemäß Paragraph 8, Absatz 2, AsylG [...] K.A. (offensichtlich gemeint: Herr H.A.) aus dem österreichischen Bundesgebiet ausgewiesen" (Spruchpunkt römisch III). Diesen Bescheid hat das Bundesasylamt wie folgt begründet:
"Aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens gelangt die Behörde nach unten angeführter Beweiswürdigung zu folgenden
Feststellungen:
Allgemeine Feststellung zu dem Islamischen Staat Afghanistan:
Der Islamische Staat Afghanistan ist unterteilt in 30 Provinzen mit verschiedenen Stämmen und Religionen. Die Bevölkerung setzt sich aus Pashtunen, Tadjiken, Hazara, Usbeken, Aimaken und Turkmenen zusammen. 99% der Bevölkerung sind Moslem, davon sind ca. 88% sunnitischen Glaubens. Die Amtssprache ist Pashtu, Dari war inoffiziell verboten. Die Analphabetenquote liegt bei 90%, wobei Afghanistans Bildungsstand rückläufig ist.
Am 24.12.1979 marschierten sowjetische Truppen in Afghanistan ein. Erst nach 10 Jahren wurde der Krieg gegen die russische Besatzungsmacht beendet, jedoch befindet sich Afghanistan seither in einem Bürgerkrieg. Seit dem Zusammenbruch des kommunistischen Regimes und der Machtübernahme durch die Mujaheddin am 16.04.1992 ist Afghanistan eine Islamische Republik.
Der Krieg in Afghanistan hat mit den Terroranschlägen in den USA am 11.09.2001, für die Osama bin Laden verantwortlich gemacht wird, eine Wende erfahren. Am 07.10.2001 begannen die USA mit Militärschläge gegen die Taliban und die Terrororganisation Al Kaida in Afghanistan vorzugehen.
Fünf Wochen nach Beginn der amerikanischen Luftangriffe trat die große Wende im Machtgefüge Afghanistans ein. Die Nordallianz konnte in einer groß angelegten Offensive am 09.11.2001 die strategisch wichtige Stadt Mazar-i Sharif erobern. Nur wenige Tage danach fiel die 5jährige Taliban-Herrschaft in Kabul. In Herat wurde das Taliban-Regime durch einen Volksaufstand vertrieben. Mittlerweile kontrolliert die Nordallianz angeblich 90% des Landes. Kandahar, die letzte Hochburg der Taliban, wurde am 07.12.2001 von der Nordallianz eingenommen und somit wurde das Taliban-Regime gestürzt.
Übergangsregierung
Bei der am 27.11.2001 einberufenen Afghanistan-Konferenz in Petersburg/Bonn unter der Führung von UNO-Sonderbeauftragten für Afghanistan, Lakhdar Brahimi, waren vier afghanische Delegationen mit der Bildung einer multi-ethnischen Übergangsregierung betraut. Am 05.12.2001 stand die neue Übergangsregierung fest. Diese setzt sich aus 11 Pashtunen, 8 Tadjiken, 5 Hazaras, 3 Usbeken und 1-2 Personen anderer, noch unbekannter Gruppen, zusammen. Insbesondere wurde auf die Einbeziehung von Frauen Bedacht genommen. Auf der Abschlusspressekonferenz unter der Teilnahme des UN-Sonderbeauftragten für Afghanistan, Lakdhar Brahimi und Bundesaußenminister Joschka Fischer wurde das in der Nacht auf den 05.12. unterzeichnete "Agreement on provisional arrangements in Afghanistan pending the re-establishment of permanent government institutions" präsentiert, als Vorsitzender der Übergangsregierung wurde der 46jährige südafghanische Pashtunen-Führer Hamid KARZAI bestätigt.
In diesem Abkommen wurden u.a. folgende Punkte festgelegt:
Allgemeine Bestimmungen
Die Übergangsregierung wird offiziell am 22.12.2001 die Macht in Afghanistan übernehmen.
Die Übergangsregierung soll eine Übergangsverwaltung einrichten, die aus einem Vorsitzenden, einer unabhängigen Kommission für die Einberufung der Loya Jirga und einem Obersten Gerichtshof, sowie auch anderen Gerichten besteht. Die Zusammensetzung, Funktionen und Verfahren der Übergangsverwaltung und der unabhängigen Kommission werden ebenfalls in diesem Abkommen festgesetzt.
Mit der Machtübertragung soll die Übergangsregierung die afghanische Souveränität mit unmittelbarer Wirkung sichern. In der Übergangszeit wird die Übergangsregierung Afghanistan in den äußeren Angelegenheiten vertreten und den Sitz bei den Vereinigten Nationen einnehmen. Ebenso wird die Übergangsregierung internationalen Institutionen und Konferenzen beiwohnen.
Die Loya Jirga soll innerhalb 6 Monate nach Bildung der Übergangsregierung einberufen und vom Exilkönig Zahir Shah eröffnet werden. Die Loya Jirga soll über eine Interimsregierung und eine Interimsverwaltung entscheiden, die Afghanistan bis zur Wahl einer repräsentativen Regierung führt. Die Regierungswahl ist innerhalb von zwei Jahren nach Einberufung der Loya Jirga abzuhalten.
Sobald die Interimsregierung durch die Loya Jirga etabliert worden ist, löst sich die jetzt beschlossene Übergangsregierung auf.
Eine konstitutionelle Loya Jirga soll innerhalb 18 Monate nach Etablierung der Interimsregierung versammelt werden, um eine Verfassung für Afghanistan zu beschließen. Zur Unterstützung der konstitutionellen Loya Jirga wird die Interimsverwaltung innerhalb von zwei Monaten nach Entstehung mit Hilfe der Vereinigten Nationen eine Verfassungskommission gründen.
Gesetzesrahmen und Gerichtssystem
Der folgende Gesetzesrahmen bezieht sich auf die Zeit bis zur Annahme der neuen Verfassung. Die Verfassung von 1964 ist gültig, sofern die Bestimmungen nicht inkonsistent mit diesem Abkommen sind. Ausgenommen von der Verfassung von 1964 sind die Bestimmungen bezüglich der Monarchie und der Exekutiv- und Legislativkörperschaften, sowie Gesetze und Vorschriften, die nicht mit diesem Abkommen oder mit internationalen gesetzlichen Verpflichtungen, denen sich Afghanistan angeschlossen hat, konform gehen. Weiters sind auch jene Bestimmungen der Verfassung von 1964 ausgenommen, in denen der Übergangsregierung die Macht erteilt wird, Gesetze und Vorschriften zu widerrufen oder zu berichtigen.
Die Gerichtsbarkeit in Afghanistan ist unabhängig und unterliegt dem Obersten Gericht und auch den Gerichten, die von der Interimsverwaltung eingerichtet werden. Die Interimsverwaltung wird mit Hilfe der Vereinigten Nationen eine Gerichtskommission einrichten, die ein innerstaatliches Gerichtssystem in Übereinstimmung mit islamischen Prinzipien, internationalen Standards, der Rechtsstaatlichkeit und den afghanischen gesetzlichen Tradition etablieren.
Übergangsverwaltung
Die Übergangsverwaltung wird aus einem Vorsitzenden, fünf Vizevorsitzenden und 24 anderen Mitgliedern bestehen. Jedes Mitglied außer dem Vorsitzenden, kann eine Abteilung der Übergangsverwaltung führen.
Die Teilnehmer der Afghanistan-Konferenz laden König Zahir Shah ein, den Vorsitz der Übergangsverwaltung zu führen. Dieser zieht es vor, dass ein für die Teilnehmer akzeptabler Kandidat zum Vorsitzenden gewählt wird.
Der Vorsitzende, die Vizevorsitzende und andere Mitglieder der Übergangsverwaltung wurden von den Teilnehmern der Afghanistan-Konferenz gewählt. Die Auswahl fand aufgrund der beruflichen Kompetenz und der persönlichen Integrität mit Rücksicht auf die ethnische, geographische und religiöse Zusammensetzung Afghanistans und der Bedeutung der Teilnahme von Frauen, statt.
Kein Mitglied der Übergangsverwaltung darf gleichzeitig der Unabhängigen Kommission für die Versammlung der Loya Jirga angehören.
Hamid Karzai legte am 22.12.2001 im Innenministerium in Kabul vor dem amtierenden Vorsitzenden des Obersten Gerichts den Amtseid ab. Nach seiner Vereidigung nahm Karzai seinerseits den Kabinettsmitgliedern den Amtseid ab und skizzierte einen 13-Punkte-Plan seiner Regierung. Darin versprach er laut Korrespondentenberichten, die islamischen Regeln zu achten, aber auch bürgerliche Freiheiten wie das Recht auf freie Meinungsäußerung und Glaubensfreiheit. Er versprach, für die Rechte der afghanischen Frauen einzutreten. Ebenso nannte er Sicherheit und Frieden, den Aufbau einer nationalen Armee und einer fähigen Beamtenschaft und die Reformierung des Bildungswesens als Prioritäten.
Bereits einen Tag nach der Angelobung kam die neue afghanische Regierung unter Interimspremier Karzai am Sonntag im Präsidentenpalast der Hauptstadt Kabul zu ihrer ersten Sitzung zusammen. Wichtigster Tagesordnungspunkt: Die innere Sicherheit. Als eine der ersten konkreten Taten überlegt das Kabinett, eine Sonderkommission zur Untersuchung von Kriegsverbrechen einzusetzen. Taliban-Kommandanten, denen Grausamkeiten nachgewiesen werden können, sollen vor Gericht
Die Übergangsregierung wird von der internationalen Staatengemeinschaft als rechtmäßige Vertretung anerkannt und den Sitz des Landes in der UNO und anderen Internationalen Organisationen einnehmen.
Vom 11.06.2002 bis zum 19.06.2002 tagte die Große Ratsversammlung "Loya Jirga" mit rund 1600 Delegierten. Hamid Karzai wurde mit einer Stimmenmehrheit von ca. 80 Prozent als neues Staatsoberhaupt Afghanistans gewählt. Seit dem 23.06.2002 steht die neue Zusammensetzung der Interimsregierung fest, die Afghanistan in den nächsten 18 Monate zu frei Wahlen führen soll. Bei der Verteilung der Ministerposten wurden die ethnischen Gruppierungen berücksichtigt, um den tonangebenden Tadjiken eine Gegengewicht zu setzen. Die Ministerien werden aus Kostengründen von 30 auf etwa 20 reduziert werden. Dazu werden aber neun beratende Kommissionen geschaffen, je eine für Verteidigung, zur Überwachung der (zahlreichen) Geheimdienste, für die Wirtschaft, die Verwaltung, den Aufbau des Justizorgane, die Zölle, für ausländische Hilfe, ausländische Investitionen und für Radio und Fernsehen.
Bis dato wurde der politische "Fahrplan", welcher im Bonner Abkommen festgelegt ist, eingehalten.
Sicherheitslage
Mit dem Auftrag Sicherungs- und Schutzaufgaben zu übernehmen, wurde in Kabul die International Security Assistance Ford (ISAF), stationiert. Die Vorhut der internationalen Schutztruppe für Afghanistan ist bereits am 03.01.2002 in Kabul eingetroffen. Dem ISAF-Erkundungsteam gehören Militärvertreter aus Frankreich, Deutschland, Griechenland, Spanien, Italien, den Niederlanden, Dänemark, Österreich, Schweden, Norwegen, Finnland und Rumänien an. Am 24.05.2002 hat der UN-Sicherheitsrat einstimmig das Mandat für die internationale Schutztruppe in Afghanistan um sechs Monate verlängert. Zugleich lehnte der Sicherheitsrat eine Verstärkung der 4650 Mann zählenden Truppe sowie eine Ausdehnung ihres Einsatzgebietes über die Hauptstadt Kabul hinaus ab. Am 20.06.2002 übernahm der türkische General Hilmi Akin Zorlu für sechs Monate das Kommando über die internationale Schutztruppe.
Wirtschaftliche Lage
Die derzeitige Situation in Afghanistan ist geprägt durch den nunmehr über 20jährigen Krieg, einer verheerenden Dürre im Sommer 2000 und eines schlechten Winters. Durch diese Faktoren stellt sich die Sicherheit der Bevölkerung, die Nahrungsmittelversorgung und die humanitäre Lage besonders in den Kriegsgebieten katastrophal dar. Dies hat einen gewaltigen Flüchtlingsstrom in die angrenzenden Staaten zur Folge, wodurch sich im Besonderen die Situation der afghanischen Flüchtlinge in Pakistan drastisch verschlechtert hat. Die Situation hat sich durch die Militärschläge der USA massiv verschärft.
Trotz widriger Umstände sind bereits viele Flüchtlinge wieder in Ihre Heimat zurückgekehrt. Zehntausende von vertriebenen Hazara haben sich in ihre Heimatprovinz Bamian in Zentralafghanistan begeben, um ihre von den Taliban zerstörten Wohnhäuser wiederaufzubauen. Der UNHCR leitet seit März 2002 ein Rückführ-Programm, das größte aller Zeiten. Bereits am 16.06.2002 ist der einmillionste Flüchtling wieder nach Afghanistan zurückgekehrt.
Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen hat die Sanktionen gegen die afghanische Zentralbank aufgehoben und wurden somit die zur Taliban-Zeit blockierten Konten mit einem Guthaben von 221 Mio. Dollar freigegeben. Bei der im Januar 2002 stattgefunden Geberkonferenz in Tokio wurden Hilfszahlungen von über 5 Mio. Euro für den Wiederaufbau des schwer kriegszerstörten Landes zugesagt. Die EU ist bereits mit verschiedenen Programmen für die Unterstützung der öffentlichen Verwaltung, für die Wiederinstandstellung städtischer Infrastrukturen, für die Wiederankurbelung der Landwirtschaft und für die Minenräumung präsent.
Allgemeine Menschenrechtssituation im Islamischen Staat Afghanistans
Als ein Mitglied der Vereinten Nationen ist Afghanistan erst im Begriff, die Menschenrechte entsprechend aufzubauen. Afghanistan hat ein Abkommen für zivile und politische Rechte, einen internationalen Vertrag für Wirtschaft, soziale und kulturelle Rechte, eine Konvention gegen Folter, eine Konvention für Rechte der Kinder und 1946 die Konvention für Privilegien und Immunität der Vereinten Nationen, ratifiziert.
Bei der kampflosen Einnahme der Stadt Mazar-i Sharif am 09.11.2001 wurde sofort eine Amnestie ausgerufen und die Taliban-Edikte aufgehoben. Frauen können wieder eine Arbeit nachgehen und Mädchen dürfen wieder die Schule besuchen. Am 14.11.2001 ist der von den Taliban entmachtete afghanische Präsident Burhanuddin Rabbani in seine Heimat zurückgekehrt. Als erste offizielle Amtshandlung hat Rabbani "zum Einhalt der Einheit des Staates" eine Generalamnestie verkündet. Die Amnestie gilt für die Angehörigen aller Völker und Nationalitäten des Landes, ausgenommen davon sind allerdings Kriegsverbrecher. Auch durch den Regierungschef von Afghanistan, Karzai Hamid, wurde eine Amnestie für die Taliban in Kandahar, die am 07.12.2001 kapitulierten, erlassen, mit der Bedingung, sich nicht politisch zu betätigen.
Langsam kehrt in Afghanistan wieder ein normales Alltagsleben ein. Frauen müssen nicht mehr die Burka tragen, Schulen wurden eröffnet, die afghanische Fluglinie hat wieder Ihren Betrieb aufgenommen. Auch finden Theatervorstellungen statt, Musik ist erlaubt und auch der Fernseher sowie Satellitenschüssel haben wieder Einzug in Afghanistan gefunden.
(Quellenangabe: Bericht Dr. Mostafa Danesch v. 05.04.1997; Stellungnahme von AI Zl. ASA11-97.007 v. 09.12.1997; Workshop
Afghanistan im Bundesamt v. 03.05.2001: Beitrag v. Dr. Michael
Pohly: Afghanistans Weg in die Katastrophe; Fischer Weltalmanach 2002; Aktuelle Lage in Afghanistan: Zusammenfassung v. Presseartikel, abgelegt in Länderdokumentation BAA)
Weiters wird festgestellt:
Die Identität des Antragstellers konnte nicht festgestellt werden.
Der Antragsteller ist Staatsangehöriger von Afghanistan.
Der Antragsteller ist am 29.12.2003 illegal nach Österreich eingereist.
Der vom Antragsteller vorgebrachte Fluchtgrund konnte mangels Glaubhaftmachung nicht als entscheidungsrelevanter Sachverhalt festgestellt werden.
Beweiswürdigung:
Der behaupteten Identität des Antragstellers wird mangels Vorlage identitätsbezeugender Urkunden keine Glaubwürdigkeit zugesprochen.
Aufgrund der vom Antragsteller verwendeten Sprache geht die Behörde davon aus, dass der Antragsteller aus Afghanistan stammen könnte.
Die Angaben des Antragstellers zum Fluchtweg sind nicht glaubhaft, da der Antragsteller über den Reiseweg so gut wie nichts weiß. Aufgrund diverser Hinweise kann sehr wohl auf den jeweiligen Aufenthaltsort, zumindest auf das Land des jeweiligen Aufenthaltes geschlossen werden.
Wenngleich die Angaben zum Reiseweg nicht asylrelevant sind, so vermögen sie doch ein Indiz für die Unglaubwürdigkeit einer Person darzustellen.
Der Antragsteller hat am 30.12.2003 vor dem Grenzüberwachungsposten Marchegg niederschriftliche angegeben, dass er aufgrund des in Afghanistan herrschenden Krieges nach Österreich gekommen sei.
Am 17.09.2004 hat der Antragsteller zur Begründung seines Asylantrages vor dem Bundesasylamt einen völlig anderen Sachverhalt vorgebracht.
Allein aus oben angeführten widersprüchlichen Angaben wird dem Fluchtvorbringen des Antragstellers keinerlei Glaubwürdigkeit zugesprochen. Nach allgemeiner Lebenserfahrung ist davon auszugehen, dass ein Flüchtling in Sinne der Konvention, wenn er ein sicheres Drittland erreicht, dort sowohl in Bezug auf seine Identität als auch in Bezug auf die Gründe seiner Flucht die Wahrheit sagt.
Die Erklärung des Antragstellers dazu, der Schlepper hätte gesagt, dass der Antragsteller bei Anhaltung einen falschen Namen angeben soll, reicht nicht hin, um nachvollziehbar darzulegen, dass der vom Antragsteller am 17.09.2004 vor dem Bundesasylamt vorgebrachte Fluchtgrund den Tatsachen entspricht und der am 30.12.2003 vorgebrachte Fluchtgrund nicht.
Das Agieren mit unterschiedlichen Namensführungen, Geburtsdaten und Fluchtgeschichten weist eindeutig darauf hin, dass ein Antragsteller nicht wahrheitsbezogen, sondern asylzweckbezogen agiert.
Auch die Tatsache, dass der Antragsteller sein Asylverfahren in Österreich nicht weiter betrieben hat, sondern weiter nach Deutschland gereist und dort einen Asylantrag gestellt hat, weist darauf hin, dass für den Antragsteller das Ziel in Österreich jedenfalls nicht die Gewährung von Schutz vor Verfolgung war. Die Angaben des Antragstellers vom 30.12.2003 zeigen auch deutlich, dass sich der Antragsteller mit seinem Verhalten in Österreich primär einen Rechtsvorteil - nämlich die Verhinderung einer Ab- oder Zurückschiebung bzw. Ausweisung - verschaffen wollte.
Im Asylverfahren ist es nicht ausreichend, dass der Asylwerber Behauptungen aufstellt, sondern muss er diese glaubhaft machen. Dazu muss das Vorbringen in gewissem Maß konkret und nachvollziehbar sein. Keinesfalls kann die bloße Behauptung von Tatsachen als ausreichend angesehen werden. Ein weiteres Erfordernis für den Wahrheitsgehalt einer Aussage ist, dass die Angaben in sich schlüssig sind. So darf sich der Antragsteller nicht in wesentlichen Passagen seiner Aussage widersprechen.
Das vom Antragsteller vorgelegte Dokument wird aus folgenden Gründen nicht als Beweismittel anerkannt:
1) Allein schon der Briefkopf weist gravierende Unregelmäßigkeiten auf, die jeder Grundlage eines amtlich ausgestellten Dokumentes widersprechen.
2) Die Identität des Antragstellers konnte nicht festgestellt werden. Es konnte daher auch nicht festgestellt werden, inwieweit eine Identität zwischen Antragsteller und der im Dokument genannten Person besteht.
3) Der Antragsteller gab zum Inhalt des Dokumentes an, dass darin die Anzeigeerstattung bestätigt werde. Nach Übersetzung des Dokumentes wurde festgestellt, dass nicht eine Anzeigeerstattung bestätig wird, sondern - handschriftlich eingefügt und offensichtlich asylzweckbezogen - der vom Antragsteller vorgebrachte Fluchtgrund. Auch aufgrund des Inhaltes des vorgelegten Dokumentes sind daher erhebliche Zweifel an der Echtheit des vorgelegten Dokumentes angebracht.
Bei der Beurteilung des Vorbringens muss jedenfalls auch mitberücksichtigt werden, dass der Asylwerber - menschlich durchaus verständlich - ein gravierendes Interesse am positiven Ausgang seines Asylverfahrens hat, was natürlich auch zu verzerrten Darstellungen tatsächlicher Geschehnisse oder zu gänzlich falschem Vorbringen führen kann.
Gesamtheitlich betrachtet wird aus oben angeführten Gründen dem Fluchtvorbringen des Antragstellers keinerlei Glaubwürdigkeit zugesprochen.
Bei der rechtlichen Beurteilung des festgestellten Sachverhaltes ist von folgender Gesetzeslage auszugehen:
Zu I:
Gemäß Paragraph 7, AsylG hat die Behörde Asylwerbern auf Antrag mit Bescheid Asyl zu gewähren, wenn glaubhaft ist, dass ihnen im Herkunftsstaat Verfolgung (Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, der Genfer Flüchtlingskonvention) droht und keiner der in Artikel eins, Abschnitt C oder F der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Endigungs- oder Ausschlussgründe vorliegt.
Flüchtling im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention ist, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.
Zentrales Element des Flüchtlingsbegriffs ist die "begründete Furcht vor Verfolgung".
Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (z.B. VwGH vom 19.12.1995, Zl. 94/20/0858, VwGH vom 14.10.1998. Zl. 98/01/0262).
Der Antragsteller vermochte mit seinen Angaben zu den Fluchtgründen Verfolgung oder drohende Verfolgung aus Gründen, wie in der Genfer Flüchtlingskonvention taxativ aufgezählt, ebenso wenig glaubhaft machen wie wohlbegründete Frucht vor Verfolgung im Sinne der Grundaussage dieser internationalen Norm.
Der vom Antragsteller vorgebrachte Sachverhalt bietet daher keine Grundlage für eine Subsumierung unter den Tatbestand des Paragraph 7, AsylG 1997.
Selbst für den Fall der hypothetischen Annahme, dass der vom Antragsteller vorgebrachte Fluchtgrund den Tatsachen entspricht, ist folgendes anzuführen:
Verfolgung muss entweder von staatlichen Stellen des Heimatlandes des Asylwerbers ausgehen oder der betreffende Staat muss nicht in der Lage oder nicht gewillt sein, die von anderen Stellen ausgehenden Verfolgungen hintanzuhalten vergleiche VwGH vom 08.03.1989, 88/01/0160).
Der Antragsteller hat keine vom Staat ausgehende Verfolgung geltend gemacht.
Die vom Antragsteller geltend gemachten bzw. befürchteten Übergriffe durch Dritte können die Flüchtlingseigenschaft ebenso wenig begründen.
Der Umstand, dass es in der Familie des Antragstellers wegen der Aufteilung des Vermögens des Vaters zu einem Familienstreit kam, steht in keinem Zusammenhang mit den Gründen der Genfer Flüchtlingskonvention. Die Aufzählung in Artikel 1 Abschnitt A Ziffer 2, der GFK ist abschließend; alle anderen als die genannten Gründe stellen keine für die Asylgewährung relevanten Verfolgungsmotive dar.
Bei Vorliegen einer nicht auf den Gründen der GFK beruhenden Verfolgung kann dahingestellt bleiben, ob die dem Asylwerber drohende Verfolgung vom Staat geduldet würde vergleiche Erkenntnis des VwGH vom 11.10.2000, Zl: 2000/01/0172).
Das Bundesasylamt gelangt nach eingehender rechtlicher Würdigung zur Ansicht, dass es nicht glaubhaft ist, dass dem Antragsteller im Herkunftsstaat Verfolgung droht und ist sein Asylantrag aus diesem Grund abzuweisen.
Zu II:
Gemäß Paragraph 8, Absatz eins, AsylG hat die Behörde, im Falle einer Abweisung eines Asylantrages, von Amts wegen bescheidmäßig festzustellen, ob eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in den Herkunftsstaat zulässig ist.
Paragraph 8, Absatz eins, AsylG verweist auf Paragraph 57, Fremdengesetz, wonach die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig ist, wenn dadurch Artikel 2, EMRK, Artikel 3, EMRK oder das Protokoll Nr. 6 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten verletzt würden.
Überdies ist nach Paragraph 57, Absatz 2, FrG die Zurückweisung oder Zurückschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort deren Leben oder deren Freiheit aus Gründen der Rasse, der Religion, der Nationalität, der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Ansichten bedroht wäre (Artikel 33, Ziffer eins, der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl 1955/55, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl 1974/78).
Beide "Non-Refoulement-Tatbestände" des Paragraph 57, FrG sind bei der von Amts wegen zu erfolgenden Feststellung gemäß Paragraph 8, AsylG zu berücksichtigen (VwGH 16.02.2000, Zl. 99/01/0397). Paragraph 8, AsylG beschränkt den Prüfungsrahmen auf den "Herkunftsstaat" des Asylwerbers. Vom Zweck des AsylG her ist der Begriff des "Herkunftsstaates" im Sinne des Paragraph 8, AsylG dahin zu verstehen, dass damit derjenige Staat bezeichnet wird, hinsichtlich dessen auch die Flüchtlingseigenschaft des Asylwerbers aufgrund seines Antrages zu prüfen ist vergleiche VwGH 22.04.1999, Zl. 98/20/0561; VwGH 20.05.1999, Zl. 98/20/0300).
Zur Auslegung des Paragraph 57, FrG ist die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zum gänzlich inhaltsgleichen Paragraph 37, Fremdengesetz, Bundesgesetzblatt Nr. 838 aus 1992,, heranzuziehen. Danach erfordert die Feststellung nach dieser Bestimmung das Vorliegen einer konkreten, den Antragssteller betreffenden, aktuellen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten Gefährdung bzw. Bedrohung. Ereignisse, die bereits längere Zeit zurückliegen, sind daher ohne Hinzutreten besonderer Umstände, welche ihnen noch einen aktuellen Stellenwert geben, nicht geeignet, die begehrte Feststellung nach dieser Gesetzesstelle zu tragen vergleiche VwGH 14.10.1998, Zl. 98/01/0122, unter Verweis auf die Erkenntnisse vom 23.05.1996, Zl. 95/18/0027, 18.12.1997, Zl. 97/18/0588 und 09.04.1997, Zl. 95/01/0517). Bei der Refoulement-Prüfung ist, wie der Verwaltungsgerichtshof formuliert, "die konkrete Einzelsituation in ihrer Gesamtheit, gegebenenfalls vor dem Hintergrund der allgemeinen Verhältnisse, in Form einer Prognose für den gedachten Fall der Abschiebung des Antragsstellers in diesen Staat zu beurteilen" vergleiche VwGH 25.03.1999, Zl. 98/20/0559). Dabei kann bei der Prüfung von außerhalb staatlicher Verantwortlichkeit liegender Gegebenheiten nur dann in der Außerlandesschaffung des Antragsstellers eine Verletzung des Artikel 3, EMRK liegen, wenn außergewöhnliche, exzeptionelle Umstände, glaubhaft gemacht sind vergleiche EGMR, Urteil vom 06.02.2001, Beschwerde Nr. 44599/98, Bensaid v United Kingdom; VwGH 21.08.2001, Zl. 2000/01/0443).
Das Bestehen einer Gefährdungssituation iSd Paragraph 57, (2) FrG wurde bereits unter Spruchpunkt römisch eins geprüft und verneint.
Zu den Rückkehrbefürchtungen des Antragstellers ist folgendes anzuführen:
Allein die bloße Behauptung, mit einer unmenschlichen Behandlung rechnen zu müssen, ist ebenso wenig - wie Vermutungen - ausreichend, um eine Bedrohung im Sinne des Paragraph 57, FrG darzutun, sondern muss der Fremde von sich aus das für eine Beurteilung der allfälligen Unzulässigkeit der Abschiebung wesentliche Tatsachenvorbringen erstatten und dieses zumindest glaubhaft machen vergleiche Erkenntnis des VwGH vom 17.05.1995, Zl. 95/21/0126).
Der Antragsteller vermochten mit seinen Rückkehrbefürchtungen nicht glaubhaft dazulegen, dass er für den Fall seiner Rückkehr nach Afghanistan einer Bedrohung oder drohenden Gefahr im Sinne des Paragraph 57, Absatz eins, FrG ausgesetzt wäre.
Im Falle des Antragstellers kommt hinzu, dass er mit seinem gesamten Vorbringen dem Glaubhaftigkeitsanspruch des Paragraph 7, AsylG nicht gerecht zu werden vermochte.
Auch sonst lassen sich dem Vorbringen des Antragstellers keine Hinweise ableiten, wonach er einer Bedrohung oder drohenden Gefahr im Sinne des Paragraph 57, Absatz eins, FrG ausgesetzt wäre.
Rein spekulative Befürchtungen reichen ebenso wenig aus vergleiche EKMR, Entsch. v. 12.3.1980, Nr. 8897/80: römisch zehn u. Y gg. Vereinigtes Königreich), wie vage oder generelle Angaben bezüglich möglicher Verfolgungshandlungen vergleiche EKMR, Entsch. v. 17.10.1986, Nr. 12364/86: Kilic gg. Schweiz, DR 50, Sitzung 280, 289). Die Bedrohung muss objektiv in Bezug zum Beschwerdeführer stehen.
Die Sicherheits- und Versorgungslage ist zumindest im Raum Kabul nicht derart schlecht, dass der ASt. bei einer Rückkehr dorthin "gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausgeliefert wäre".
Für den hier maßgeblichen Raum Kabul kann festgestellt werden, dass die Sicherheitslage auf Grund der Anwesenheit internationaler Truppen zwar immer noch fragil, aber vergleichsweise zufrieden stellend ist. Die ISAF (International Security Assistance Force) genannte internationale Schutztruppe, die von den Vereinten Nationen das Mandat erhielt, die Sicherheit in Kabul und den umgebenden Gebieten zu gewährleisten, unterstützt die Regierung Karzai bei der Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung vergleiche z.B. deutsches Auswärtiges Amt: Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Afghanistan vom 06.08.2003, Az.:
508-516.80/3 AFG). Dieser Aufgabe konnte die ISAF in Zusammenarbeit mit der afghanischen Polizei bisher auch erfolgreich nachkommen. Im Raum Kabul gibt es keine Kampfhandlungen mehr. Es kommt zwar gelegentlich zu Bombenexplosionen oder Raketenbeschuss von ISAF-Lagern, die i. d. R. jedoch nur Sachschäden verursachen. Die in 2003 verübten Anschläge richteten sich regelmäßig gegen Militär oder Hilfsorganisationen und nicht gegen die afghanische Zivilbevölkerung.
Angesichts der Gesamtsituation in Kabul kann aber nicht von einer extrem gefährlichen Sicherheitslage gesprochen werden. Ansonsten bezeichnet das Auswärtige Amt die Stadt Kabul für frühere Bewohner als in Teilen grundsätzlich ausreichend sicher vergleiche deutsches
Auswärtiges Amt: Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante
Lage in Afghanistan vom 06.08.2003, Az.: 508-516.80/3 AFG). Es ist nicht ersichtlich, weshalb dies nicht auch für Personen gelten sollte, die früher nicht in Kabul gelebt haben, sofern keine individuelle Gefährdung erkennbar ist.
Auch die Versorgungslage ist für Kabul nicht derartig schlecht, dass eine extreme Gefährdung angenommen werden müsste. Afghanistan ist trotz der in diesem Jahr überwiegend zu Ende gegangenen Dürre zur Nahrungsmittelversorgung weiterhin auf die Leistungen der internationalen Gemeinschaft angewiesen. Die Versorgungslage hat sich aber in Kabul und anderen großen Städten grundsätzlich verbessert. Grundnahrungsmittel sind hier vorhanden, wenn auch nicht für alle erschwinglich. Die Versorgung mit Grundnahrungsmitteln kann zumindest in Kabul als gut bezeichnet werden. In zahlreichen ländlichen Gebieten dagegen herrscht starke Mangelernährung. Eine Hungerkatastrophe, wie sie im Winter 2001/02 befürchtet worden war, konnte auf Grund des internationalen Engagements verhindert werden vergleiche Auswärtiges Amt: Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Afghanistan vom 06.08.2003, Az.:
508-516.80/3 AFG; IOM: Aktueller Bericht über die Situation in Afghanistan für Rückkehrer aus Deutschland vom 07.04.2003).
Gegenwärtig gibt es keine Anzeichen für eine Hungerkatastrophe, insbesondere gibt es keine Berichte über eine drohende Nahrungsmittelknappheit in Kabul. Es ist auch nicht ersichtlich, dass die internationalen Hilfsorganisationen dort in ihrer Arbeit behindert würden.
Gegen eine Einschätzung der allgemeinen Lage als "extrem gefährlich" spricht schließlich auch die Tatsache, dass laut UNHCR in der Zeit vom 01.03.2002 bis 31.07.2003 mehr als 2 Millionen Afghanen in ihr Heimatland zurückgekehrt sind. Davon sind über 750.000 in die Provinz Kabul zurückgekehrt (UNHCR: OCM Kabul, Assisted Voluntary Repatriation from Iran and Pakistan to Afghanistan, Summary Report vom 31.07.2003, http://www.aims.org.pk/).
Durch diesen massiven Zustrom ist zwar die Bevölkerung Kabuls auf über drei Millionen Einwohner gewachsen und für einen Rückkehrer ist es daher sehr schwierig, Unterkunft und Arbeit zu finden (IOM, Gutachten vom 08.09.2003 an das Bundesamt: Aktueller Bericht über die Situation in Afghanistan). Zur Vermeidung von Obdachlosigkeit mit existenzgefährdenden Auswirkungen bereitete jedoch UNHCR bereits 2002 die Errichtung von Notunterkünften vor vergleiche Auswärtiges Amt:
Ad hoc-Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Afghanistan vom 04.06.2002, Az.: Az.: 508-516.80/3 AFG). In den südlichen Teilen Kabuls sind zwar noch immer sehr viele Häuser zerstört und die Menschen dort müssen in Ruinen leben. Insgesamt hat sich die Situation in den letzten Monaten aber verbessert. So plant UNHCR in den nächsten Monaten ca. 30 verlassene öffentliche Einrichtungen wieder herzurichten und Wohnraum für 1.500 Rückkehrerfamilien zu schaffen, die zwar über Grundstücke, nicht aber über die Mittel zum Bau von Häusern verfügen. UNHCR ist zurzeit mit der Regierung im Gespräch über Hilfsmaßnahmen zum Bau von preiswerten und einfachen Wohnvierteln außerhalb der Hauptstadt. Im letzten Jahr sind mit Hilfe von UNHCR mehr als 40.000 Wohneinheiten gebaut worden und für dieses Jahr sind, überwiegend in ländlichen Gebieten, weitere 60.000 geplant (IOM, Gutachten vom 08.09.2003 an das Bundesamt: Aktueller Bericht über die Situation in Afghanistan). Es liegen keine Berichte darüber vor, dass der Mangel an angemessenen Unterkünften in Kabul bisher zu lebensbedrohlichen Zuständen für größere Teile der Bevölkerung geführt hätte vergleiche OVG Münster, Urteil vom 20.03.2003, Az.: 20 A 4329/97.A).
Selbst wenn der ASt. keinen Zugang zu einer Arbeitsstelle haben sollte, wird angesichts der fortdauernden internationalen Hilfe jedenfalls im Kabuler Raum ein Überleben möglich sein vergleiche OVG Hamburg, Urteil vom 11.04.2003, Az.: 1 Bf 104/01.A).
Jedenfalls kann sich der Antragsteller in Kabul niederlassen, wo er wegen seiner Volkszugehörigkeit keinerlei Nachteile zu befürchten hat. Es gibt keine Berichte über ethnisch motivierte Übergriffe oder Diskriminierungen in dem von der Übergangsregierung unter dem Paschtunen Karzai beherrschten Kabul. Diese Ansicht wird auch in der Rechtsprechung vertreten vergleiche VG Frankfurt/Main, Urteil vom 19.02.2004, Az.: 5 E 7523/03.A (3); VG Leipzig, Urteil vom 13.06.2003, Az.: A 4 K 30462/01; VG Minden, Urteil vom 17.02.2003, Az.: 9 K 2481/01.A; VG Chemnitz, Urteil vom 18.07.2002, Az.: A 4 K 30024/98). Schließlich spricht auch die Zahl von über 1,16 Millionen paschtunischer Rückkehrer aus Pakistan und Iran, von denen über 337.000 in die Provinz Kabul gingen, gegen eine allgemeine Verfolgung dieser Ethnie (UNHCR: OCM Kabul, Operational Information Summary Report 01.03.2002 bis 29.02.2004 vom 28.03.2004, http://www.aims.org.af/).
Im Hinblick auf die persönliche Lebenssituation des ASt. ist davon auszugehen, dass er im Kabuler Raum eine vergleichsweise stabile Existenzgrundlage finden kann. Er gehört nicht zu den Personen, die auf Grund ihrer individuellen Situation besonders schutzbedürftig wären.
Die Behörde gelangt zur Ansicht, dass keine stichhaltigen Gründe für die Annahme bestehen, dass der Antragsteller im Falle einer Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung Gefahr liefe, in Afghanistan einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe unterworfen zu werden, womit festzustellen war, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung zulässig ist.
Zu III:
Gemäß Paragraph 8, Absatz 2, AsylG hat die Behörde den Bescheid mit einer Ausweisung zu verbinden, wenn der Asylantrag abgewiesen ist und die Überprüfung gemäß Paragraph 8, Absatz eins, AsylG ergeben hat, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den Herkunftsstaat zulässig ist.
Das Asylverfahren ist, wie sich aus den vorangehenden Entscheidungsteilen ergibt, für den Antragsteller negativ entschieden worden. Es liegt kein Aufenthaltstitel, wonach ein rechtmäßiger Aufenthalt nach dem Asylgesetz gegeben ist, vor.
Es liegt auch kein sonstiger Aufenthaltstitel vor und ergibt sich somit der rechtswidrige Aufenthalt des Fremden.
Zur Beendigung dieses rechtswidrigen Aufenthaltes ist daher grundsätzlich eine Ausweisung geboten.
Bei der Setzung einer solchen aufenthaltsbeendenden Maßnahme kann ein Eingriff in das Recht auf Achtung des Privat- und Familienleben vorliegen (Artikel 8, Absatz eins, EMRK).
Es war daher zunächst zu prüfen, ob die Ausweisung einen Eingriff in das Privat- oder Familienleben des Antragsstellers darstellt.
Das Recht auf Achtung des Privatlebens sichert dem Einzelnen einen Bereich innerhalb dessen er seine Persönlichkeit frei entfalten und erfüllen kann (EKMR Brüggemann u. Scheuten).
Das Recht auf Achtung des Familienlebens iSd Artikel 8, EMRK schützt das Zusammenleben der Familie. Es umfasst jedenfalls alle durch Blutsverwandtschaft, Eheschließung oder Adoption verbundene Familienmitglieder, die effektiv zusammenleben; das Verhältnis zwischen Eltern und minderjährigen Kindern auch dann, wenn es kein Zusammenleben gibt (EGMR Kroon, VfGH 28.06.2003, G 78/00). Der Begriff des Familienlebens ist nicht auf Familien beschränkt, die sich auf eine Heirat gründen, sondern schließt auch andere de facto Beziehungen ein; maßgebend ist beispielsweise das Zusammenleben eines Paares, die Dauer der Beziehung, die Demonstration der Verbundenheit durch gemeinsame Kinder oder auf andere Weise (EGMR Marckx, EGMR 23.04.1997, römisch zehn ua). Bei dem Begriff "Familienleben im Sinne des Artikel 8, EMRK" handelt es sich nach gefestigter Ansicht der Konventionsorgane um einen autonomen Rechtsbegriff der Konvention.
Ist von einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme die gesamte Familie betroffen, greift sie lediglich in das Privatleben der Familienmitglieder und nicht auch in ihr Familienleben ein; auch dann, wenn sich einige Familienmitglieder der Abschiebung durch Untertauchen entziehen (EGMR in Cruz Varas).
Der Antragsteller ist am 29.12.2003 illegal nach Österreich eingereist. Der Antragsteller hat in Österreich keine Angehörigen. Es liegt somit kein Familienbezug (Kernfamilie) zu einem dauernd aufenthaltsberechtigten Fremden in Österreich vor.
Dem Asylantragsteller musste bei der Antragstellung klar sein, dass der Aufenthalt in Österreich im Falle der Abweisung des Asylantrages nur ein vorübergehender ist.
Würde sich ein Fremder nunmehr generell in einer solchen Situation erfolgreich auf sein Privat- und Familienleben berufen können, so würde dies dem Ziel eines geordneten Fremdenwesens und dem geordneten Zuzug von Fremden zuwiderlaufen.
Die Ausweisung stellt daher keinen Eingriff in Artikel 8, EMRK dar.
Es war daher insgesamt spruchgemäß zu entscheiden."
Dieser Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am 9. November 2004 durch persönliche Übernahme zugestellt. Mit Schriftsatz vom 15. November 2004 erhob der Beschwerdeführer fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde gegen sämtliche Spruchpunkte des angefochtenen Bescheides. Darin wiederholte er seine vor dem Bundesasylamt getätigten Angaben und gab nochmals an, aufgrund einer Familienstreitigkeit in Afghanistan einer Verfolgung zu unterliegen. Nach der Ermordung seines Vaters sei nicht nur auf ihn selbst, sondern auch auf seinen jüngeren Bruder geschossen worden. Die humanitäre Lage in Afghanistan sei katastrophal und von allgemeiner Sicherheit im ganzen Land könne ebenso nicht gesprochen werden, weshalb seine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung dorthin nicht zulässig sei.
Am 17. November 2005 brachte der Beschwerdeführer ergänzende Ausführungen zu seiner Beschwerde ein, wobei er vorbrachte, dass sein Vater ein Kommunist in leitender Führungsposition gewesen sei. Sein Vater sei unter der kommunistischen Regierung in Afghanistan Polizeioffizier beim Khad gewesen und habe die Kontrolle über die Provinz W. 10 Jahre lang innegehabt. Zur Untermauerung dieser Angabe legte der Beschwerdeführer mehrere Originalurkunden über die politische Tätigkeit des Vaters, darunter den Mitgliedsausweis der kommunistischen Partei, ein Führungszeugnis, die Verleihungsurkunde für eine höhere Position u.a., vor. In einer weiteren Beschwerdeergänzung vom 12. Februar 2007 gab der Beschwerdeführer an, dass sein Bruder, Herr H.S., in dessen Verfahren vor dem Bundesasylamt ausgesagt habe, dass er in Pakistan zur Schule gegangen sei, wobei er ausführlichst die Bedingungen geschildert habe, unter welcher er und seine Familie in Pakistan gelebt hätten. In Anbetracht dieser Ausführungen seines Bruders sah sich der Beschwerdeführer dazu veranlasst, sein Vorbringen zu ändern und sich den Angaben seines Bruders anzuschließen. Auch er sei in Pakistan in die Schule gegangen und sein Vater nach Afghanistan zurückgekehrt, da die Regierung Karsai versprochen habe, dass er als Kommunist dort nicht mehr gefährdet sei. Dies habe sich jedoch als Irrtum herausgestellt, da der Vater schließlich als ehemaliger Kommunist aufgrund seiner Vergangenheit umgebracht worden sei. Der Beschwerdeführer gestand ein, dass seine früheren Angaben vor dem Bundesasylamt zu seiner Herkunft nicht der Wahrheit entsprächen, sein Schlepper habe ihm die Angabe falscher Daten eingeredet.
In der Einvernahme zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung vor dem unabhängigen Bundesasylsenat am 7. Dezember 2007, an der neben dem o.g. Bruder des Beschwerdeführers auch der dem Beschwerdeverfahren beigezogene Sachverständige für Afghanistan, Dr. Sarajuddin RASULY, teilnahm, brachte der Beschwerdeführer Folgendes zu Protokoll:
"EL: Gibt es neue Zeugen oder Urkunden?
BW: Es gibt Zeugen aus Afghanistan, die aussagen könnten. Das wäre W.A.. Und M.N., die Mutter dieser Dame ist Anwältin in Deutschland und kennt unsere Geschichte.
EL: Was genau können diese bezeugen?
BW: Was alles vorgefallen ist, das Leben meines Vaters kennen sie.
EL: Sind die erstinstanzlichen Niederschriften inhaltlich richtig und wurden diese Ihnen rückübersetzt?
BW2: Ich habe erstinstanzlich nicht alles gesagt, manches habe ich verheimlicht, jetzt möchte ich das angeben.
BW1: Bei mir stimmt alles.
EL: Schildern Sie Ihren Lebenslauf chronologisch.
BW2: Ich bin in Kabul am 00.00.1985 geboren. Als die Mujaheddin das kommunistische Regime stürzten, ging mein Vater 1992 mit uns nach Pakistan. 2 oder 3 Jahre habe ich in Pakistan keine Schule besuchen können, dann habe ich 8 Klassen Schule besucht. Danach habe ich einen Englischkurs besucht. Dieser Kurs hat 2 einhalb Jahre gedauert, 1997 habe ich ihn beendet. Bis zum Jahr 2000 habe ich Perfektionskurse besucht. Mein Vater war ein Heilpraktiker, der religiöse Mantras aufschrieb, ich habe ihm dabei geholfen. Es waren Tauwis.
SV: War er Mulla?
BW2: Nein. Er war kein Mullah, der in der Moschee gepredigt oder die Leute geführt hätte, er hat allerdings Koranverse aufgeschrieben, die heilbringend wirkten.
EL: Welche Ausbildung hatte Ihr Vater?
BW2: Diesen Beruf hatte er von den Vorfahren übernommen.
SV: Hat er eine besondere religiöse Ausbildung gehabt?
BW2: Er kannte sich im religiösen Zeremoniell aus.
SV: Haben Sie Geschwister?
BW2: Ich habe eine Schwester, die schon verheiratet ist, und 3 Brüder, wovon einer davon der hier anwesende BW1 ist. Von der Stiefmutter gibt es auch 4 Brüder und 4 Schwestern. Die Daten meiner
Brüder sind:
S.D., ca. 2 einhalb Jahre älter als ich,
S.E., ca. ein Jahr jünger als ich,
der Bruder, der hier ist, S., geb. 00.00.1988,
meine Schwester ist W..
2 Brüder sind verheiratet und in Pakistan. Meine Mutter und die 2 Brüder mit ihren Ehefrauen sind in Pakistan, eine Schwester ist in
P..
Meine Halbbrüder sind:
O., F., H. und M., alle sind älter als ich. Solange mein Vater am Leben war, habe ich mit diesen Verbindungen gehabt, sie waren damals in Pakistan, danach hatte ich keine Informationen mehr über sie.
Wir beide sind nicht verheiratet. Unsere Onkel sind S.N. und S.Sitzung und S.J.. Unser Vater ist S.A.. Unsere Onkel waren in Pakistan, aber wir hatten nicht so viel Kontakt zu ihnen. Meine ganze Familie lebt an dieser Adresse: XY. Ihr Haus ist unter dem Namen K. bekannt.
SV: Wo haben Sie in Afghanistan gewohnt, bevor Sie weggegangen sind?
BW2: Wir haben in der Nähe von Kabul auch ein Haus gehabt, C.. Dort lebt niemand mehr von uns, aber jemand hütet das Haus. Wenn man nach dem Haus von S.A. fragt, weiß man, dass das Haus Sitzung nennt. Die neue Adresse ist römisch XX.
BW1: Ich bin in C. geboren. Ich habe genauso wie mein Bruder nach ca. 2 einhalb Jahren, als wir in Pakistan waren, die Schule mit 7 Jahren begonnen, ich habe 4 Klassen offizielle Schule besucht, gleichzeitig eine Madrassa, eine religiöse Schule besucht, die über die normale Schule hinausgeht. Insgesamt waren es 6 Jahre. Ich war 4 Jahre, als wir nach Pakistan gingen. Sonst war ich dabei.
SV: Was haben Sie in der Madrassa gelernt? Können Sie die Fächer angeben?
BW1: Ich habe den Koran dort gelernt, die Glaubenslehre und alles, was die religiösen Fächer betrifft, und zwar in der Moschee von O..
EL: Stimmen die restlichen Angaben über Ihre Familie, die Ihr Bruder gemacht hat?
BW1: Ja. Ich habe auch eine Tante väterlicherseits noch.
SV: Die BW haben heute folgende Dokumente vorgelegt: Eine Militärabschlussbestätigung des Vaters vom Jahr 1969, demnach hat der Vater den Militärdienst absolviert. Ein Lyceumabschlusszeugnis des Unterrichtsministeriums in Kabul vom Jahr 1980, demnach hat der Vater der BW das Lyceum 1976 abgeschlossen. Ein Zeugnis des Abendlyceums, wonach der Vater der BW im Jahr 1976 das Abendlyceum beendet hat. Nach diesem Zeugnis ist der Vater der BW 1332 in Kabul geboren (= 1953). Nach dem vorherigen Zeugnis ist der Vater 1952 geboren. Weiters haben die BW ein Anerkennungsdekret vom Jahr 1973 vorgelegt, wonach der Vater der BW seitens des Kulturministeriums wegen seiner guten Arbeit in der A. Institution befördert wurde. Unterschrieben vom damaligen Kulturminister. Weiters legten die BW ein Beförderungsdekret vor. Der Vater der BW wurde, nach diesem Dokument, im Jahr 1370 bzw. 1991 als Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes in seinem Dienst befördert. Weiters ein Urteil, wonach der Vater der BW im Gericht des öffentlichen Dienstes im Jahr 1367 (= 1988/89) wegen Hochverrat in seiner Militäreinheit und zu 2 Jahren Gefängnis verurteilt worden ist. Ferner ein weiteres Dokument, über eine Beförderungsmedaille vom öffentlichen Dienst, eine Mitarbeiter-Karte für den öffentlichen Dienst, ein Gesuch des jüngeren Bruders und der Mutter des BW an die Behörde in Kabul, dass sie die Tötung des Vaters bestätigen. Auf der Rückseite dieses Gesuchs sind Aufzeichnungen der Behörde und Stempel, ausgestellt Saur 1383 (= 2004). Weiters eine Karte des Institutes des Vaters der BW. Ferner eine Bestellung des Vaters der BW zum Mitglied des öffentlichen Dienstes in Z..
EL an BW1: Warum haben Sie Ihr Heimatland verlassen?
BW1: In Afghanistan nimmt man Rache. Mein Vater und älterer Bruder, wurden beide in Afghanistan angeschossen, wobei der Vater um das Leben kam. Auch auf meinen Bruder, der hier ist, wurde gefeuert. Ich war selbst noch sehr jung, als ich Afghanistan verließ. Ich habe von meiner Mutter davon gehört, dass mein Vater bei der VDPA war und es ist möglich, dass er von den Mujaheddin getötet wurde. Meine Mutter ist Tadschikin, meine Stiefmutter ist eine Paschtunin. Da meine Mutter nach der paschtunischen Frau meines Vaters geheiratet wurde, entstand auch diesbezüglich eine Feindschaft zwischen meiner Stiefmutter und ihrer Familie, die Paschtunen waren, und uns. Ich habe Angst, nach Afghanistan zurückzugehen, weil wie gesagt, mein Vater getötet und mein Bruder verletzt wurden. Sie wissen, dass die Sicherheitslage in Afghanistan sehr prekär ist. Es gibt dort viele Schwierigkeiten.
EL: Wissen Sie, wann Ihr Vater getötet und ihr Bruder verletzt wurden?
BW1: Ende 2001 war mein Vater mit 2 Brüdern von mir nach Afghanistan zurückgekehrt. Ich glaube, nach 2 oder 3 Tagen, wurde er in P., in der Moschee von Q., während des Morgengebetes, getötet. Nach 6 Monaten wurde mein älterer Bruder in derselben Gasse von einer Kugel verletzt wurde.
EL: Wie ist der Vater umgekommen?
BW1: Er wurde genauso mit einer Kugel getötet. Er wurde im Genick getroffen.
EL: Weiß man, wer die Täter waren?
BW1: Nein.
EL: Haben Sie eine Vermutung, wer es gewesen sein könnte?
BW1: Ich kann das nicht sagen, weil meine Halbbrüder uns auch nicht gut gesinnt waren und mein Vater arbeitete auch mit dem früheren kommunistischen Regime zusammen. Ich war noch sehr jung.
EL: Vor wem in Afghanistan haben Sie nun Angst?
BW1: Vor der Familie meiner Stiefmutter. Außerdem vor dem Mörder meines Vaters.
EL: Wieso glauben Sie, dass der Mörder Ihres Vaters auch Sie umbringen würde?
BW1: Mein Vater ist nachweislich getötet worden. Mein Bruder wurde ebenfalls verwundet und wurde im Notspital der Italiener behandelt, es gibt Dokumente darüber. Ich fürchte, dass sie auch hinter mir her sind.
EL: Wieso haben Sie Angst vor der Familie Ihrer Stiefmutter?
BW1: Bereits als wir noch klein waren, wurden wir von der Familie meiner Stiefmutter belästigt und geplagt. Obwohl damals noch mein Vater am Leben war.
EL: Was meinen Sie damit?
BW1: Die Halbbrüder waren älter als wir. Meine Mutter wurde von meinem Vater bevorzugt behandelt und da er öfters bei uns war, zog dies den Hass seiner früheren Frau und ihrer Kinder auf uns.
SV: Warum sollten Ihren Stiefbrüder Ihnen gefährlich werden?
BW: Sie hassen uns, weil wir bevorzugt wurden. Ich habe das immer in Erinnerung, dass sie uns schlecht behandelten.
SV: Wo sind diese nun?
BW1: Solange mein Vater lebte, waren wir zusammen. Nachdem mein Vater getötet wurde, weiß ich nicht, wo sie sich aufhalten. Nachdem mein Vater getötet worden war, sind wir, also mein Vater und meine 2 älteren Brüder gingen zuerst, ich, meine Mutter und ein anderer Bruder sind nachgekommen, nach Kabul gegangen.
EL: Gibt es einen Grund, warum Sie nicht gleich nach der Ermordung Ihres Vaters geflohen sind?
BW1: Wir mussten den Vater begraben und die Totenzeremonien, die Sitte sind, einhalten.
EL: Wann haben Sie Afghanistan verlassen?
BW: Nachdem wir 6 Monate in Kabul waren, hatte man auf meinen Bruder gefeuert. Seine Hände wurden verletzt. Meine Mutter schickte ihn dann nach Pakistan. Mein Bruder sollte für uns in Pakistan eine Bleibe finden, bis ihm das gelang, sind wir dann auch nachgekommen. D.h. wir waren insgesamt noch ein Jahr in Afghanistan, nachdem mein Vater getötet wurde.
EL: Wieso flohen Sie nach Pakistan, wenn Sie Angst vor der Stieffamilie hatten?
BW1: Nachdem mein Vater getötet worden war, haben wir nicht mehr zusammengelebt und wir wussten auch nicht, wo sie sich aufgehalten haben. Sie sind auch nach Afghanistan gegangen.
EL: D.h. mit diesen gab es nun keine Probleme?
BW1: Wir hatten schon Familienprobleme.
EL: Wie, wenn Sie nicht wussten, wo diese waren?
BW1: In Pakistan, als mein Vater noch lebte, haben wir in verschiedenen Wohnungen gelebt. Wir haben dann die Stiefbrüder nicht mehr gesehen.
EL: Waren Sie und Ihr Bruder offiziell in Pakistan?
BW1: Nein, wir haben keine Dokumente gehabt und mussten der Polizei und den Kontrolleuren nur Bestechungsgelder zahlen.
EL: Gab es einen Grund, warum Sie und Ihr Bruder noch 6 Monate nachdem Ihr Bruder verletzt worden war in Afghanistan geblieben sind?
BW1: Wir haben außerdem Kabul nicht sofort verlassen, weil der andere Bruder von mir, der verletzt worden war, im italienischen Notspital lag.
EL: Wie lange war Ihr Bruder im Spital?
BW1: Ich weiß nicht. Ich glaube, mind. 4 oder 5 Monate.
SV: Ihre Feinde kamen nicht z.B. ins Spital?
BW1: Nein, dort waren die Italiener, dort gingen sie nicht hinein.
EL: Warum haben Sie sich dann nicht in der "Zone" in Kabul eine Wohnung geuscht?
BW1: Wir haben im Lyceum versteckt gelebt, von den Italienern gab es nur ein Spital, wo mein Bruder versorgt wurde.
EL: Wo haben Sie gelebt, bevor auf Ihre Brüder die Anschläge verübt wurden?
BW1: Im Gebiet des Lyceum.
SV: Können Sie über die berufliche Laufbahn Ihres Vaters etwas angeben?
BW1: Mein Vater hat in verschiedenen Provinzen gearbeitet. Ich weiß nicht, was er gearbeitet hat.
SV: Warum hätten die Leute Ihren Vater umbringen sollen?
BW1: Ich weiß nicht, ob er etwas begangen hatte, aber auf jeden Fall hat er während seiner Dienstzeit etwas getan, was dazu führte. Er ist von Kabul.
EL: Wo ist er begraben?
BW1: Es gibt ein Gebiet, wo viele Märtyrer liegen, dort ist auch er in einem 500 Familien-Gebiet.
SV: Ist Ihr Vater nicht 1992 umgebracht worden?
BW1: Zur Zeit von Karzai im genannten Sprengel wussten sie schon bescheid.
SV: Hat Ihr Vater außerhalb von Kabul Verwandtschaft?
BW1: Das weiß ich nicht, ich war noch sehr jung.
EL: Wie kommt es, dass Ihr Vater in einem Grab mit Märtyrern liegt?
BW1: Das ist eine Grabstätte, wo alle begraben werden. Ich habe nur gehört, dass dort Märtyrer begraben werden.
EL: Kann man dieses Grab irgendwie finden?
BW1: Wenn man in der Moschee nach meinem getöteten Vater fragt, weiß man es. Es gibt eine Fahne am Grab meines Vaters. Die Moschee liegt in L.. Als mein Vater nach Afghanistan ging, hat er dort auch gewohnt.
SV: Welcher Ethnie gehörte er an?
BW1: Tadschike.
BWV: Sie haben gesagt, Ihre Familie wurde von Ihrem Vater bevorzugt, inwiefern?
BW1: Er hielt sich länger bei meiner Mutter auf.
BWV: Hatten diese Probleme auch einen ethnischen Hintergrund?
BW1: Ja, sie haben uns auch aus diesem Grund nicht gemocht.
EL: Wie kam es dazu, dass Ihr Vater eine Paschtunin geheiratet hat?
BW1: Er hat sie auf jeden Fall gefunden.
SV: Haben Sie in Afghanistan Grundstücke oder Häuser?
BW1: Wir haben angegeben, dass wir ein Haus haben.
SV: Wer passt darauf auf?
BW1: Zuerst hat sich jemand dort eingenistet, später hat meine Mutter mit meinem Onkel väterlicherseits gesprochen, dass er das Haus vermietet.
SV: Die Familie, die dort lebt, kann den Beruf des Vaters bestätigen?
BW1: Ja. Außerdem, jeder Afghane kennt meinen Vater.
EL: Wissen Sie, welchen Rang Ihr Vater zum Schluss hatte?
BW1: Das steht in den Dokumenten, er könnte Oberstleutnant gewesen sein.
EL an BW2: Warum haben Sie Afghanistan verlassen?
BW2: Als ich in Afghanistan war, wurde auf mich geschossen. Als ich beim Vorsteher des 4. Sprengels diesbezüglich vorstellig wurde, ein großer Mann mit grünen Augen, hat dieser sich kaum um die Sache gekümmert und meinte, das werde man schon erledigen.
EL: Wann und wo war das?
BW2: 6 Monate waren vergangen, seitdem mein Vater getötet wurde und noch eineinhalb Monat, nachdem auf meinen Bruder geschossen wurde. Das war zur Zeit Karzai, 2002, ca. der 7. oder 8. Monat. Es waren also ca. 7 einhalb Monate vergangen.
SV: Wann und wie ist Ihr Vater getötet worden?
BW2: Ende 2001, in der Moschee hat man dreimal auf ihn gefeuert, zweimal wurde er getroffen.
SV: Warum und wer hat auf ihn geschossen?
BW: Mein Vater wollte, dass ich mit meinem Bruder damals von Pakistan nach Afghanistan gehe und dort diesen Beruf des Heilers ausüben sollte. Zuvor war aber ein Halbbruder von mir nach Kabul gegangen und übte bereits diesen Beruf aus.
EL: Wer war das?
BW2: S.H.. Dieser wollte nicht, dass wir seinen Platz einnehmen oder neben ihm genauso diesen einträglichen Beruf ausüben. Mein Vater hat ihnen einen Brief geschrieben und ersucht, uns nicht daran zu hindern, mit einander auszukommen ev. abwechselnd den Beruf auszuüben. Der Halbbruder hat das nicht akzeptiert. Wir haben uns diesbezüglich auch bei der Polizei beschwert.
SV: Wollte Ihr Vater, dass Sie zur Polizei gingen?
BW2: Mein Vater wollte, dass die Polizei intervenierte, dass unser Halbbruder nicht daran hinderte. Bei der Polizei sagte man, solange mein Vater nicht da wäre, dürfte ich gar nichts unternehmen.
SV: Das ist keine Angelegenheit der Polizei, sondern rein privat.
BW2: Wir sollten dies dem Bezirksvorsteher melden.
SV: Ihr Vater wollte von Ihnen, dass sie zum Bezirksvorsteher gehen sollten?
BW2: Mein Bruder wollte uns nicht ins Haus lassen, das sollten wir melden. Mein Vater war 2 Monate in Pakistan beschäftigt, dann ist er nach Kabul gekommen. Nachdem mein Vater da war, am nächsten Tag ist er zu meinem Halbbruder gegangen und forderte ihn auf, uns ins Haus zu lassen. Der Halbbruder hat eine Pistole geholt, ist aufs Dach gestiegen und sagte, er lassen jeden herein, aber nicht uns.
SV: Wer war an der Macht, als Sie nach Kabul kamen?
BW2: Karzai.
SV: Sie sagten, Ihr Vater wäre Ende 2001 in Kabul getötet worden. Die Taliban haben Kabul am 9.11.2001 verloren, d.h. Sie müssten während der Taliban-Zeit nach Kabul gekommen sein.
BW2: Als die Taliban gestürzt wurden, schickte uns der Vater nach Pakistan und sagte, wir seien erwachsen und sollten selbst unser Brot verdienen.
SV: Zu dieser Zeit gab es in Kabul keine Ordnung, also hätte man gar nicht zum Bezirksvorsteher gehen können. Die Leute waren auf der Flucht.
BW2: Auf dem Blatt steht genau, wann er getötet wurde.
SV: Ihr Vater ist laut diesem Dokument am 00.00.1381 getötet worden.
BW2: Als ich nach Kabul ging, hat Karzai regiert.
EL: Haben Sie Unterlagen vom Bruder, der im italienischen Spital war?
BW2: Bei mir nicht, aber wenn man nachfragt, werden sie bestimmt Unterlangen haben.
SV: Wie passt es, dass Ihr Vater, wie Sie sagen, Kommunist und im öffentlichen Dienst war, dass er beruflich ein religiöser Heiler war? Zusätzlich, wenn er in diesem Beruf in 1992 in Gefahr war, hätte er leicht erwischt werden können, weil er in der Öffentlichkeit war.
BW2: Mein Großvater hatte diesen Beruf inne und mein Vater hat auch jeweils an einem Tag dies getan, es handelte sich um ein Wissen, das verwendet wurde.
SV: Ihre Mutter lebt in Pakistan?
BW2: Ja.
SV: Hat sie eine Telefonnummer?
BW2: Ja.
SV: Ist Ihr Vater von Ihrem Halbbruder getötet worden?
BW2: Das kann ich nicht sagen. Die Polizei hat den Fall untersucht, sie haben auch Fotos gemacht. Als die Polizei fragte, wer das getan hätte, haben die Augenzeugen gesagt, es handelte sich um jemanden, den sie nie gesehen hätten.
SV: Wenn Ihr Halbbruder Ihren Vater getötet hat, besteht für Sie keine Gefahr. Es ging damals um das Eigentum, um das Haus. Das Haus hat wahrscheinlich der Halbbruder. Wenn Sie Ihren Halbbruder nicht aufsuchen und um das Haus streiten, wird Ihnen nichts passieren.
BW2: Es geht nicht um das Haus, wir brauchen dieses Haus auch nicht. Aber wenn sie auf meinen Bruder und auf mich geschossen haben, wo wir ganz wo anders beim Lyceum gelebt haben, muss es einen anderen Grund geben.
EL: Wissen Sie, welchen?
BW2: Wir haben uns nicht einmal getraut, in unserem eigenen Haus zu wohnen, weil uns Gefahr drohte.
EL: Von wem?
BW2: Das weiß ich auch nicht.
SV: Hat Ihr Vater als Mitglied des öffentlichen Dienstes Dinge getan, für welche Sie verfolgt werden könnten?
BW2: Mein Vater war damals sehr aktiv in der Regierung mitgewirkt. Er hat viele Medaillen bekommen. Diese wurden, als die Mujaheddin kamen, mit dem ganzen Hausrat geplündert. Meine Mutter konnte nur ein paar Dokumente retten. Er hat sich bestimmt Feinde gemacht.
EL: Wissen Sie, welchen Rang Ihr Vater zum Schluss hatte und was er gemacht hat?
BW2: Entweder Oberst oder Major. 10 Jahre war mein Vater zuständig für die Sicherheit der Provinz W. (Banditenbekämpfung). Man kann sagen, er war der Vorstand des öffentlichen Dienstes.
SV: Das kann nicht sein, denn er hat auch in Z. Dienst getan.
BW2: Es war ihm versprochen worden, dass er für 10 Jahre die Sicherheit der Provinz W. innehaben würde, es waren keine ganzen 10 Jahre, weil die Regierung gestürzt wurde. Er war auch in X1, X2 und X3 tätig.
SV: Von wo genau stammt Ihr Vater?
BW2: Wir sind Sitzung Mein Großvater war aus D.. Mein Vater war sowohl dort als auch in P. gelebt. Mein Urgroßvater heißt S.J., mein Großvater heißt H.I., mein Vater ist S.A..
SV: Das vorgelegte Dokumente widerspricht dem vorgelegten Stammbaum. Sie stammen aus einer Arbeiterfamilie im Subdistrikt A., im Distrikt
Q..
BW2: In A. hat mein Urgroßvater nicht als Heiler oder Amulettgeber gearbeitet, sondert hatte dort ein Geschäft. Erst in Kabul hat er diese Arbeit verrichtet.
SV: Wenn der kommunistische Staat geschrieben hat, dass Sie aus einer Arbeiterfamilie kommen, heißt dass, dass diese Familie in einer Fabrik gearbeitet hat oder Straßenträger waren. Sonst hieße es, eine Person würde aus einer hochrangigen Familie stammen
BW2: Es gibt einen Unterschied zwischen einem geistigen Führer, einem Mulla, und einem Amulettverteiler.
EL: Wie lange waren Sie, nachdem Ihr Vater umgebracht wurde, noch in Pakistan?
BW2: Nach ca. 7 einhalb Monaten.
EL: Sind Sie mit Ihrem jüngeren Bruder nach Pakistan gereist?
BW2: Ich bin allein gegangen.
EL: Wieso?
BW: Ich bin nach Pakistan gegangen, um einen Laden aufzumachen und eine Wohnung für meine Familie zu beschaffen. Sie sind erst später gekommen, ca. 3 einhalb oder 4 Monate später.
EL: Wie konnten Sie 8 Jahre in Pakistan in die Schule gehen?
BW2: Ich habe eine Klasse überspringen können.
BWV: Gab es Gerüchte, ob Ihr Vater irgendjemandem geschadet hätte?
BW2: Schon in Pakistan wurde mein Vater einmal von jemanden angeklagt, dessen Bruder getötet zu haben. Er wurde zum Militärposten H. gebracht. Er war 2 Nächte dort. Als Wiedergutmachung wollte dieser Mann 50.000 Rupien von meinem Vater haben. Ein anderes Mal hatte jemand meinen Vater bei der Polizei angezeigt, dass er zwischen Indien, Pakistan und Afghanistan Spionage betreiben würde. Die Polizei hatte gesagt, sollte dies nachgewiesen werden, würde mein Vater für 20 Jahre hinter Gitter kommen. Das 2. Mal hat mein Vater der Polizei versichert, dass er kein Spion wäre, dass er jederzeit in seinem Laden zu finden wäre, falls sie Beweise hätten. Deshalb wurde er freigelassen.
EL: Wissen Sie, ob es ein Verfahren oder ein Urteil gab?
BW2: Ich habe zuvor vergessen, zu antworten, warum mein Vater nicht in Pakistan von seinen Feinden angegriffen wurde, mein Vater hat einen Bodyguard täglich 500 Rupien gegeben, um auf ihn zu achten. Dieses Verfahren hat eineinhalb Jahre gedauert, bis er freigesprochen wurde. Das Verfahren wurde in H. und dann in T. weitergeführt. Das Gericht weiß ich nicht. Dieser Bodyquart arbeitet jetzt im Nebengeschäft meines Vaters, man kann ihn auch befragen, er heißt D.M.."
Am 19. Juni 2008 führte der unabhängige Bundesasylsenat eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, an der der Beschwerdeführer, sein Bruder sowie der o.g. Sachverständige teilnahmen. Dem Protokoll sind folgende Angaben zu entnehmen:
"Hr. A. auch Z.H.:
VL: Gibt es etwas was Sie angeben möchten?
BW: Ich habe einen Zeugen in O., er lebt seit 25 Jahren in Österreich. Er hat eine ähnliche Vergangenheit wie mein Vater und er kannte meinen Vater auch.
VL: Um wen handelt es sich dabei?
BWV: Hr. S.I.. Die Adresse ist nicht bekannt. Die Adresse kann ohne weiteres nachgereicht werden.
Der Partei wird eine Frist von 3 Wochen eingeräumt.
VL: Was könnte der Zeuge Sitzung bezeugen?
BWV: Der Zeuge könnte nähere Auskünfte über die Familiengeschichte des BW tätigen. Zudem könnte er auch aussagen, betreffend die Rolle des Vaters in seiner Heimat.
BW: Der Zeuge kann bezeugen, dass er selbst ein Sitzung ist, das ist ein geistlicher Titel. Dass er auch bei der kommunistischen Partei war. Außerdem kann er bezeugen, dass S.A. der Sohn von S.J. ist, und dass er sowohl religiöser Führer und Heiler tätig, wie auch bei der kommunistischen Partei war.
SV: Sitzung bedeutet, Nachkommen des Propheten Mohammeds. Sie haben sich auch als Heiler betätigt.
BWV: Der Zeuge kann jedenfalls belegen, dass die Rolle als Heiler bei der kommunistischen Partei vereinbar ist.
D: Ich kannte den Urgroßvater der beiden schon als Kind, er hieß ebenfalls S.J. und hat sich seinerzeit als geistlicher Führer und Heiler betätigt.
SV: Das was der Zeuge bezeugen kann steht außer Zweifel, dass in Afghanistan ein traditionelles Land, tatsächlich die Zugehörigkeit zur kommunistischen Partei einer religiösen Betätigung nicht im Wege stand. Nach meinen Recherechen habe ich herausgefunden, dass in Deutschland einige ehemalige KHAD-Leute gibt, die sogar auch heute in Deutschland religiöse Amuletten verteilen. Auch der Urgroßvater der beiden BW S.J. ist Afghanistanweit bekannt. Ich habe am Wochenende mit einer Person namens T.T. in Deutschland telefoniert. Er stammt aus der ehemaligen königlichen Familie und war auch bei der kommunistischen Partei. Im Zuge unseres Gesprächs hat er erwähnt, dass dieser S.J. sein Großvater mütterlicherseits ist. Daher steht die Identität der BW für mich fest, aber die Angaben der BW, dass deren Vater von ihren Stiefbruder getötet worden sei und dass deren leibliche Mutter in Pakistan sei sind nicht authentisch. Ich habe in Pakistan durch meine Kontaktperson das nachforschen lassen, die Familienangehörigen die an de von den BW angegebenen Adresse, nicht auffindbar. An dieser Adresse habe tatsächlich vor zwei Jahren eine afghanische Familie gewohnt. Sie waren Pashtunen und keine Tadschiken. Das Familienoberhaupt, bzw. der Vater dieser Familie ist in diesem Haus eines natürlichen Todes verstorben und zwar wegen Herzversagen. Es wurde auch berichtet, dass ein Sohn dieser Familie im Ausland ist. Es wurde auch von den Nachbarn behauptet, dass dieses Familienoberhaupt nur einen Ehefrau hatte und nicht zwei Ehefrauen hatte und der Mann wurde nie von Bodyguards beschützt. Die Telefonnummer die der BW angegeben hatte, ist nicht erreichbar. Es läuft ein Tonband und besagt, dass unter dieser Nummer kein Anschluss existiert. Mich hat eine Dame aus Deutschland angerufen, die sich als erstens als Freundin der Mutter der BW bezeichnet hatte. Sie wollte bestätigen, dass die BWs Recht haben. Sie wollte aber keine ausführliche Auskunft geben. Sie hat kurze Auskunft gegeben, z.B. der Vater des BW sei getötet worden. Dann haben wir die Zeit berechnet. Nach der Auskunft dieser Dame sollte der Vater des BW vor dem Jahre 1998 getötet worden sein. Als ich Dame damit konfrontiert habe, dass die BW behaupten, dass der Vater in Karzai (2001/2002) getötet worden ist, hat sie ihre Angaben zurückgenommen, und gesagt, dass sie schon lange aus Afghanistan weg ist und dass die BW Recht haben. Sie hat mich im Mai dieses Jahres noch mal angerufen und hat sich als Tante mütterlicherseits der BW vorgestellt. Diesmal habe ich ihr definitiv verboten mit mir in dieser Angelegenheit zu sprechen. Dann hat mich einer der BW (H.A.) angerufen und gesagt, dass seine Familie aus Sicherheitsgründen aus der Wohnung in Pakistan ausgezogen wäre. Sie wohnten in einer anderen Wohnung. Aus dieser Wohnung würden sie aber auch bald wegen Sicherheitsgründen ausziehen.
VL: Was sagen Sie dazu?
BW: Hr. H.S.:
Um die Wahrheit unserer Aussage festzustellen bin ich bereit, die richtige Adresse unseres Hauses, das einer Moschee gegenüber steht, anzugeben. Die Moschee heißt Q.. Die Adresse lautet römisch XV. Dort kennt fast ein jeder meinen Vater und unsere Geschichte, besonders der Mullah in der Moschee. Außerdem möchte ich sagen, dass mein Vater tatsächlich im Jahre 2001/2001 in der Karzaizeit tatsächlich getötet wurde.
BW: Hr. H.A.:
Ich kann auch die Telefonnummer von Pakistan angeben, man kann auch jetzt anrufen. Sie können mit meinen Bruder und meiner Mutter dort sprechen. Die eine Telefonnummer lautet: Y1, die zweite Nummer lautet: Y2. Es sind Mobiltelefone. Zunächst haben wir die Nummer Y3 angegeben, das Haus wurde beraubt und auch dieses Handy haben die Diebe mitgenommen. Deswegen sind sie auch übersiedelt.
VL: Wie kommt es, dass die ersten Angaben zu den Adressen Ihrer Familie bzw. der Adresse Ihrer Mutter nicht zu stimmen scheinen?!
BW: Hr. H.A.: Es ist möglich, dass in diesem Haus ein Zimmer auch einen Pashtunen vermietet wurde. Denn meine Familie hatte drei Zimmer in dieser Wohnung gehabt und gemietet.
BW: Hr. H.S.: Es gibt dort auch Vermittlungsbüros die eigenständig die Wohnungen weitervermitteln.
SV: Sie haben mich angerufen und gesagt, dass die Familie dort ausgezogen ist. Hat die Familie dort tatsächlich im Feber 2008 gewohnt?
BW: Hr. H.A.: Sie haben damals die Wohnung gewechselt, sind aber in der neuen Wohnung auch nur zwei Tage geblieben, das kann man feststellen.
VL: Kann es sein, dass Ihre gesamte Familie im Ausland bzw. Europa ist?
BW: Hr. H.A.: Sollten sie wo anders sein, gäbe es keinen Grund dies nicht anzugeben.
VL: Wer wird an der Telefonnummer abheben, wenn wir dort anrufen?
BW: Hr. H.A.: Es gibt dort meine Mutter, und zwei Brüder, einer von ihnen wird sich melden.
VL: Haben Sie Angehörige in Deutschland?
BW: Hr. H.S.: Nein.
BW: Hr. H.A.: Nein.
VL: Wer hat den SV aus Deutschland angerufen?
BW: Hr. H.A.: Es handelt sich um eine religiöse Anhängerin meines Vaters, sie stammt von F., sie kann nicht über unsere familiären Verhältnisse bescheid wissen.
VL: Wieso hat Sie dann angerufen?
BW: Hr. H.A.: Sie hat ein Schreiben hierher an den UBAS geschickt und wollte sich deshalb beim SV erkundigen.
VL: Warum hat sie dann nicht UBAS angerufen sondern des SV?
BW: Hr. H.A.: Ich habe ihr gesagt, dass die Sache vom SV bearbeitet wird. Außerdem habe ich die Telefonnummer meiner Vertreterin Claudia Schmidt angegeben, dass sie mit beiden reden kann.
VL: Sie haben also die Nummer des SV auch der Dame gegeben?
BW: Hr. H.A.: Ja.
VL: Woher haben Sie die Nummer des Hr. SV?
BW: Hr. H.A.: Irgendwelche Familie hat uns die Nummer gegeben. Sie hatte mir bei Post dieses Blatt geschickt und ich habe es dann meiner Vertreterin ausgehändigt. Die Dame wollte auch vom SV wissen, ob die vorgebrachten Argumente ausreichend sind.
VL: Sie haben gesagt, dass einer Ihrer Brüder oder die Mutter abheben würden, welche Brüder wären das?
BW: Hr. H.A.: Der eine Bruder heißt S.D., er ist ca. 2, 3 Jahre älter als ich, er ist mein leiblicher Bruder und der zweite heißt S.E., er wird ca. 20 Jahre - 21 Jahre alt, er ist auch mein leiblicher Bruder. Meine Mutter heißt B., sie ist ca. 45-46 Jahre alt.
VL: Wo wohnt Ihre Familie jetzt?
BW: Hr. H.A.: Die Adresse lautet XC, das ist das Viertel. Wenn man sie anruft, könnten sie die genaue Adresse haben.
Anmerkung: Der SV ruft an beiden Telefonnummer an. (Y2 und Y1. Beide Nummern sind zwar existent, jedoch hebt aber zurzeit niemand ab. Der SV wird beauftragt, von sich aus noch einmal versuchen, beiden Nummern noch einmal zu kontaktieren, festzustellen, ob es sich bei den Angerufenen tatsächlich um Familienmitglieder der BW handelt und Ermittlungen im Hinblick auf den Sachverhalt des gegenständlichen Falles zu tätigen.
Die Parteien werden auch von sich aus versuchen, die genaue Anschrift der Familien in Pakistan zu ermitteln.
Unerwartet gelingt es, an der ersten Telefonnummer jemanden zu erreichen.
SV: Der Bruder der BW, E. ist am Apparat, er bestätigt dass seine Brüder A. und Sitzung Berufungswerber sind, seine Mutter heißt B.. Auf die Frage, warum meine Kontaktperson die Familie nicht an der angegebenen Adresse gefunden hat, hat er angegeben, dass sie vor ca. 2 1/2 Monaten ausgezogen sind. Sie haben auch inzwischen wieder die Wohnung gewechselt. Nachgefragt, ob es sicher 2 1/2 Monate waren, gibt der Bruder der BW an, dass es auch fünf Monate vorher gewesen sein könnten. Die Mutter ist auch im Haus und im Hintergrund zu hören.
Zur Flucht seiner Brüder hält E. fest: Der Grund warum meine Brüder in Österreich Asyl angesucht haben, ist weil im Jahre 2002 ungefähr im Monat Mai unser Vater von unbekannten Personen angeschossen und getötet wurde. Ca. 6 Monate nach der Ermordung meines Vaters wurde unser Bruder S.D. angeschossen und schwer verletzt. Nach zwei Monaten, nachdem S.D. verletzt worden war, wurde auch A. angeschossen. Er wurde nur angeschossen. Ich glaube nicht, dass er verletzt wurde. Das war der Grund warum sie Afghanistan verlassen haben.
Auf die Frage, ob ein Teil der Familie schon in Pakistan waren, gab er an, dass damals alle noch in Afghanistan gewesen sind. Auf die Frage, wieso der Vater angeschossen wurde, gibt der Bruder der BW an, dass der Vater von unbekannten Personen getötet wurde. Wir vermuten, dass es sich um die Unbekannten um jene Personen handelt, die seinerzeit meinen Vater, als wir zuvor in Pakistan gewohnt hatten, Schwierigkeiten bereitet hat, und in angezeigt hatten. Die Schwierigkeiten waren wahrscheinlich deswegen, weil mein Vater im kommunistischen Regime zusammengearbeitet hat.
Auf meine Frage, ob er wüsste, wer seinen Vater getötet habe, oder ob er wisse, wer die Leute waren die seinen Vater in Pakistan angezeigt haben, gibt E. an, dass er weder über die unbekannten Personen, die seinen Vater getötet haben noch die unbekannten Personen, die seinen Vater damals angezeigt hatten, bescheid wüsste.
Auf die Frage, wieso seine Brüder in Österreich leben und der Rest der Familie in Pakistan lebt, gibt E. an, dass aus wirtschaftlichen Gründen nur die Brüder nach Europa reisen konnten.
Zweitens, die Familie lebe auch heute in Angst und Bange. Wir wurden schon in unserem ersten Haus in Pakistan überfallen, wir glauben nicht, dass es nur einfache Leute waren, sondern es könnte sich um jene handeln, die meinen Vater getötet haben und die meinem Bruder Schwierigkeiten gemacht haben. Aufgrund unserer wirtschaftlichen Möglichkeiten sind zunächst nur die Brüder weggegangen sind. E. gibt an, dass es keine weiteren Verwandten in Europa gibt, außer seinen zwei Brüdern. Die Nachbarin ist eine Freundin meiner Mutter gewesen, sie ist jetzt in Deutschland, und heißt P.. Diese Freundin stammt, nachdem der Bruder der BW, E., seine Mutter fragt, dass sie aus Kabul stammt. Ich war in der dritten oder vierten Klasse, damals war unser Vater Oberstleutnant, was er genau gemacht hat, weiß ich nicht, weil ich klein war. Als das kommunistische Regime gestürmt wurde, begann mein Vater wieder als religiöser Heilpraktiker zu arbeiten. Unser Vater hat auch in X2 gearbeitet und dann auch in C. gearbeitet, mehr weiß ich nicht.
Auf die Frage, ob die Mutter mehr weiß, gibt E. an, dass sie sicher mehr wissen wird.
Die Mutter der BW geht ans Telefon.
Sie wird gefragt, was sie über ihren Mann wüsste: Mein Mann war in der kommunistischen Zeit Oberstleutnant in X2 und auch in C. ein Direktor, genaueres weiß sie nicht. Er hat auch Amuletten verkauft. Er hat unter Najib in Afghanistan gearbeitet. In welchem Ministerium ihr Mann gearbeitet hat, weiß sie nicht mehr. Sie ist Analphabetin. Warum ihr Mann erschossen wurde, gab sie an, dass er durch unbekannte Personen in der Moschee getötet wurde. Er wurde vor 6 Jahren getötet. Es war unter den Taliban. Der Grund dürfte darin gelegen sein, da mein Mann Kommunist war. Alle Kommunisten werden ja nicht verfolgt, aber die Mujaheddin sind gegen Kommunisten. Private Feindschaften hatten wir nicht.
Meine Söhne sind deswegen nach Europa gereist, weil mein Mann getötet wurde und der ältestes Sohn schwer verletzt wurde, deswegen hatten meine Söhne Angst und dachten, dass sie auch verfolgt werden, deswegen sind die Beiden weggegangen. Wir konnten aus wirtschaftlichen Gründen nicht alle das Land verlassen. Vor kurzem wurden wir in unserem Haus überfallen, wir vermuten, dass es Leute waren, die uns töten wollten. Wir vermuten auch, dass sie nicht nur Räuber sind, sondern auch Feinde. Die Familie habe keine Feinde im Rahmen der Blutrache. Mein Mann hatte in Pakistan auch schon Schwierigkeiten, er wurde angezeigt, weil er für die Kommunisten gearbeitet hat, sonst hat er Amuletten verteilt. Das Leben der Familie in Pakistan sei in Gefahr, wir fühlen uns von den Unbekannten die meinen Mann getötet haben, verfolgt, wir wurden schon einmal überfallen. Wirtschaftlich geht es uns schlecht, wir müssen Miete zahlen und das tägliche Leben bewältigen. Nur den Verdienst meines älteren Sohnes, S.D. können wir halbwegs über die Runden kommen. Er arbeitet als religiöser Heilpraktiker, das was der Vater der Söhne gemacht hat. Ich bitte um Hilfe, und dass meine Söhne anerkannt werden, sie sind in Gefahr.
VL: Wollen Sie dazu weitere Aussagen tätigen?
BW: Hr. H.A.: Nein. Es ist wichtig, dass Sie Informationen bekommen haben.
BW: Hr. H.S.: Nein.
BWV: Ihre Mutter hat private Feindschaften und eine Bedrohung durch Blutrache ausgeschlossen. Sie haben angegeben, dass Sie von Ihrem Halbbruder bedroht wurden. Können Sie sagen, wieso Ihre Mutter Blutrache ausgeschlossen hat?
BW: Hr. H.S.: Meine Mutter hat die Wahrheit gesagt, wir haben niemanden getötet, dass wir dadurch eine Blutrache zu befürchten hätten.
SV: Ihre Mutter hat auch ausgeschlossen, dass Ihr Vater Privatfeindschaften gehabt hätte?
BW: Hr. H.S.: Meine Mutter weiß auch nicht, bzw. wissen wir alle nicht, wer meinen Vater getötet hat, deswegen können wir nichts dazu angeben. Zwischen den Stiefbrüder und uns ein Zwist, weil wir von ihnen immer schief angesehen wurden und anders behandelt wurden. Es wurde auch gemunkelt, dass die Stiefbrüder die Ursache für den Tod meines Vaters waren, wir wissen es nicht genau.
SV: Können Sie Ihre genaue Anschrift in Kabul angeben, an der Sie in der Zeit der Ermordung Ihres Vaters gewohnt haben?
BW: Hr. H.A.: Die Adresse die ich vorher genannt habe und man sollte nach dem Hause von S.J. fragen. Mein Urgroßvater hat in D. in Kabul gelebt. Mein Großvater und mein Vater haben an der oben angegeben Adresse gewohnt.
SV: P. ist ein großer Bezirk.
BW: Hr. H.A.: Wenn man den Hang von N. hinuntergeht, liegt unser Haus in der Nähe der Autoverkäufer, außerdem liegt in der Nähe ein Hotel namens A.N.. Wenn man den Z., das ist ein Kanal hinuntergeht. Einer der Autoverkäufer heißt R..
Anmerkung: Da die Zeitangaben betreffend den Tod des Vaters unterschiedlich sind, wird der SV beauftragt, im Hinblick der Ermordung des Vaters der BW vor Ort Recherchen durchzuführen. Zusätzlich wird er versuchen, mit den ältesten Bruder der BW am Telefon zu erreichen.
VL: Wollen Sie noch etwas angeben?
BW: Hr. H.S.: Meine Mutter ist Analphabetin und ist alt.
BW: Hr. H.A.: Ich möchte sagen, dass meine Angaben stimmen und auch meine Adresse stimmt.
BW: Hr. H.S.: Ich stimme den Angaben meines Bruders zu. Mein Fall lange nicht entschieden wird, wird man verrückt.
(...)"
Mit schriftlicher Stellungnahme vom 2. August 2008 brachte der o.g.
Sachverständige Folgendes dem Asylgerichtshof zur Kenntnis:
"Forschungsmethodik:
Persönliche Recherchen in Kabul - Afghanistan im Juli 2008.
Telfongespräche und Literaturrecherche.
Die BWs geben an, das ihr Vater zu den heiligen Familien in Kabul gehörte, als ein Khad - Beamter in verschiedenen Provinzen Afghanistans gearbeitet hätte und nach 1992, nachdem Sturz des kommunistischen Regimes, nach Pakistan gegangen sei und dort als Heiliger Amulette verteilt habe. Nachdem Sturz der Taliban sei er mit der Familie wieder nach Afghanistan gegangen, aber dort vor einer Moschee erschossen worden. Die BWs geben an, dass hinter dem Mord möglicherweise ihre Stiefbrüder stehen könnten.
Zu diesen Angaben der BW¿s habe ich in Kabul Forschungen angestellt und folgendes herausgefunden:
Die BWs gaben an, dass die Moschee, wo ihr Vater ermordet worden ist, gegenüber dem Park in P. liegen würde. Im Gegensatz zu diesen Angaben liegt der Moschee zwischen P. und N., allerdings nicht unweit von den BWs angegebenen Adresse.
Das Haus des Vaters bzw. des Großvaters der BW liegt zwischen X4 und dem Moschee und ist ca. 100 Meter von dieser Moschee entfernt.
Die Angaben der BWs zur Ermordung ihres Vaters stimmen mit den Tatsachen überein. Der Vater der BWs ist Anfang des Jahres 2002, nachdem Karzai an die Macht kommt, von unbekannten Personen vor der genannten Moschee in der Nähe seines Hauses erschossen worden. Nach der Information der Nachbarn von S.A., hat er fünf Söhne.
Zwei oder drei davon befinden sich in Pakistan, möglicherweise die BWs und ihr Bruder in Pakistan, mit dem ich während der Verhandlung ein Telefongespräch führte.
Zwei seiner Söhne mit den Namen S.H. und S.F. befinden sich in Kabul im väterlichen Haus. Die beiden, S.H. und S.F., üben den Beruf ihres Vaters und Großvaters aus und schreiben Amulette und sind als Heiler tätig.
Die Nachbarn vermuten, dass die Söhne von S.A. ihn ermordet haben könnten. Sie haben nicht spezifiziert, welche Söhne als Mörder ihres Vaters in Frage kämen. Wenn dies stimmt, dann ist der Verdacht nicht auf die Stiefbrüder der BWs einzuschränken, sondern auch die BWs sind nicht von diesem Verdacht auszuschließen.
Die Brüder der BWs haben diesbezüglich keine Antwort gegeben und sie sagten, dass sie nicht genau wissen, wer ihren Vater ermordet hätte, und sie könnten deshalb auch niemanden als Feind nennen.
Wir haben die Brüder der BWs, S.H. und S.F., befragt, welche Berufe ihr Vater, S.A., ausgeübt hat. Sie haben geantwortet, dass ihr Großvater und ihr Vater, S.A., nur diesen Beruf ausgeübt haben, nämlich: Verteiler von Amuletten und Heiler, er hätte keinen staatlichen Beruf ausgeübt. Sie haben definitiv geäußert, dass ihr Vater, S.A., keinen staatlichen Beruf ausgeübt hat und kein Khad - Beamter gewesen ist.
S.A. war nicht in anderen Provinzen Afghanistans als Khad - Beamter bzw. Offizier tätig und er war nur in Kabul und übte den traditionellen Beruf der Familie aus, nämlich als Heiler.
Schlussfolgerung:
Nach dem neusten Stand meiner Forschung stimmen die Angaben der BWs zu ihrem Familienstand.
Die Angaben der BWs, dass ihr Vater von ihren Stiefbrüdern ermordet worden wäre, wurden von ihren Nachbarn in Kabul nicht spezifiziert und es wurde nur gesagt, dass die Söhne von S.A. ihn ermordet hätten.
Die Angaben der BWs, dass ihr Vater für den Khad in verschieden Provinzen gearbeitet hätte, stimmen nicht mit den Tatsachen überein, weil ihre Brüder in Kabul definitiv dies verneint haben und aussagten, dass ihr Vater nur als Heiler gearbeitet hätte und kein Beamter des Staates gewesen ist.
Die Sicherheitslage in Afghanistan in Juli 2008:
Die Sicherheitslage in Afghanistan hat sich weiterhin verschlechtert. Diese Tatsche wird vom deutschen Außenminister ebenfalls bestätigt, der im Juli 08 Afghanistan besuchte:
"Zugleich dürfe aber nicht verschwiegen werden, dass die Sicherheitslage nicht nur unbefriedigend sei, sondern sich im vergangenen Jahr sogar verschlechtert habe, räumte der SPD-Politiker ein. Einen Grund dafür sieht Steinmeier im Verhalten des Nachbarlandes Pakistan."
(http://www.uni-kassel.de/fb5/frieden/regionen/Afghanistan/steinmeier.html)
Der Staat ist weiterhin geschwächt und ist nicht in der Lage, die Angriffe der Taliban auf die Städte zu verhindern. Der Staat ist auch nicht in der Lage, die Aktivitäten der Räuberbanden zu verhindern. Es herrscht bei der Polizei nicht nur Personalmangel, sondern ein Teil der Polizei gehört selbst zu den Räuberbanden.
In allen Landesteilen sind Raub und Plünderung sichtbar und diese Situation ist besonders auf die Dürre und Lebensmittelverteuerungen zurückzuführen.
Während meines Aufenthaltes in Afghanistan, hauptsächlich in Kabul, Baghlan, Kunduz, Takhar und Mazar-e Sharif konnte ich jeden Tag in Erfahrung bringen, dass auf den Hauptstraßen zwischen den Distrikten und Provinzhauptstädten die Räuberbanden die Autos sogar tagsüber anhalten und die Passagiere berauben und sogar töten.
Die meisten Menschen bleiben aus Angst in der Nacht wach, damit sie nicht überfallen werden. In den Süden und Süd-Osten des Landes gibt es Krieg zwischen den Taliban und den Amerikanern und den Regierungstruppen. Die meisten Regionen im Süden und Süd-Osten werden von den Taliban beherrscht. Nur die Provinzhauptstädte werden von der Regierung kontrolliert. Kabul gehört zu den sichereren Gebieten, aber auch in Kabul herrscht die Angst, dass die Taliban in Kabul einmarschieren und einen Krieg anzetteln könnten. Während meiner Anwesenheit in Kabul wurde die indische Botschaft in die Luft gesprengt, wobei mehr als zweihundert Tote und Verletzte zu verzeichnen waren.
Der UNHCR hat folgendes hinsichtlich von Gewährung ergänzenden Schutzes veröffentlicht. Dies Trifft großteils zu, aber nach meiner Einschätzung der Lage im Juli 2008 sollten die einzelnen Fälle genauer überprüft und differenziert behandelt werden.
Humanitäre Lage in Afghanistan im Sommer 2008:
Aufgrund der Dürreperiode im heurigen Jahr sind die Lebensmtittelkosten ums vier- bis fünffache gestiegen. Sieben Kilo Weißen Kosten ca. 4, 50 Dollar und sieben Kilo Reis ca. 7 Dollar, während ein Taglöhner für einen Tag nur 3 bis 4 Dollar verdient.
Aufgrund der Dürreperiode ist mehr als die Hälfte der Nutztiere, Schaffe, Rinder, Ziegen usw. vernichtet worden. Die armen Familien aus den Bergregionen verlassen massenhaft ihre Regionen und hoffen, dass sie in anderen Landesteilen Brot finden. Inzwischen sind hunderte Menschen auf dem Weg nach der Suche nach Brot verhungert. Tausende Menschen versuchen über die Landesgrenzen nach Pakistan und in den Iran zu gelangen. Im heurigen Winter wird die Situation äußerst prekär werden. Ohne die internationale Hilfe werden Millionen Menschen in ihrer Existenz bedroht sein. Die Läden sind voll von Lebensmittel, aber aufgrund der Teuerungen ist die Kaufkraft der Bevölkerung gesunken."
Am 28. Oktober 2008 fand schließlich die Fortsetzung der am 19. Juni 2008 vertagten Verhandlung statt, an welcher erneut der Beschwerdeführer, sein Bruder und der Sachverständige für Afghanistan teilnahmen. Diese gaben sohin Folgendes zu Protokoll:
"Anmerkung: Die Parteien legen ein Schreiben des S.I. vor, der bestätigt, dass die anwesenden Parteien Söhne des Herrn S.A. und Enkelkinder des Herrn H.J. sind.
Nachdem im Zuge der letzten Verhandlung der Sachverständige mit weiteren Ermittlungen in Afghanistan beauftragt wurde, wird dieser ersucht, die Ergebnisse seiner Nachforschungen darzulegen:
SV: Ich habe im Juli dieses Jahres in Kabul gemeinsam mit meiner Kontaktperson Forschungen bezüglich der Tötung des Vaters der BFs angestellt. Ich habe das Ergebnis dieser Forschung als Gutachten schriftlich verfasst und am 02.08.2008 dem Asylgerichtshof übermittelt. Den Inhalt dieses Gutachtens möchte ich nun noch mal mündlich zusammenfassen:
Die Angaben der BFs wurden in Afghanistan bestätigt, dass ihr Vater tatsächlich Anfang des Jahres 2002 vor einer Moschee in Kabul ermordet worden ist. Auch die Adresse hat im Großen und Ganzen gestimmt. Die Adresse liegt tatsächlich in P..
Zu der Ermordung des Vaters der BFs haben die Nachbarn angegeben, dass er möglicherweise von seinen Söhnen getötet worden ist. Die Nachbarn haben weiters ausgeführt, dass drei Söhne des getöteten S.A. sich in Pakistan bzw. im Ausland befinden. Auf die Frage, welcher Sohn den Vater oder welche Söhne den Vater ermordet haben könnten, konnten die Nachbarn und Ladenbesitzer nicht spezifizieren und sie wissen auch nicht, welcher Sohn den Vater ermordet hat. Wir haben dann nach zwei Tagen Suche bzw. Warten mit die Brüder der BFs in Afghanistan getroffen, die heißen S.H. und S.F. und diese befragt, diese haben die Ermordung ihres Vaters bestätigt, allerdings sie konnten nicht angeben, wer ihren Vater ermordet hat und dass es ihnen immer noch nicht klar ist, wer der Mörder sein könnte. Die beiden Brüder der BFs üben den Beruf des Vaters und ihres Großvaters weiter aus. Sie sind nämlich als Amulettenverteiler und Heiler beschäftigt. Sie haben auch über die Familie nicht viel Informationen gegeben, allerdings bestätigt, dass sie drei Brüder im Ausland hätten. Zum Beruf ihres Vaters S.A. haben sie angegeben, dass er auch wie ihr Großvater ein Amulettenverteiler und Heiler war und in der kommunistischen Zeit keinen staatlichen Beruf ausgeübt hat. Er war nicht beim Khad und war kein Offizier und er war nur in Kabul in diesem obengenannten traditionellen Beruf, nämlich als Heiler, beschäftigt gewesen.
Zur Sicherheit- und humanitären Lage möchte ich ausführen, dass die Sicherheitslage in Afghanistan seit meiner Reise nach Afghanistan im Juli 2008 sich noch verschlechtert hat. Es gibt jeden Tag in Kabul Terroranschläge und Entführungen. Die Entführungen betreffen meistens Leute, die Geld haben oder aus dem Ausland zurückgekommen sind. In der Nacht ist man nicht sicher ob man die Nacht heil übersteht ohne einen Überfall. Die Behörde ist nicht imstande im Vorhinein die betroffenen Menschen zu schützen. Gelegentlich ist ein Teil der Polizei auch in diese Raub- und Überfälle involviert. Zur Sicherheitslage möchte ich folgende Beilagen vorlegen:
Siehe Ausdruck aus dem Internet vom 28.Oktober 2008 über die Entführung von 14 Straßenarbeitern durch die Taliban,
Ebenfalls Ausdruck vom 28.Oktober 2008. wonach über die Tötung von DHL - Mitarbeitern in Kabul berichtet wird,
Weiters möchte ich auf den Internetauszug vom 28.Oktober 2008 hinweisen, wonach die UNO am 01.Oktober 2008 feststellt, dass die Sicherheitslage in Afghanistan sich deutlich verschlechtert hat. Außerdem möchte ich auf einen Internetauszug vom 28.10.2008 hinweisen, wonach die Taliban einem einfachen Bauer die beiden Augen ausgestochen haben.
Zur humanitären Lage möchte ich ausführen, dass nach neuesten Berichten 20 Millionen Menschen in Afghanistan unter der Armutsgrenze leben. Ich habe persönlich in Afghanistan beobachtet, dass durch die Dürreperiode hunderte Menschen in verschiedenen Provinzen verhungert sind und viele verkaufen ihre Kinder, damit sie überleben können und tausende Menschen wandern wieder aus Afghanistan in den Iran und nach Pakistan aus, in der Hoffnung, überleben zu können. Die Rückkehrer nach Afghanistan, wenn sie kein Haus und kein Einkommen haben, werden sie mit denselben Schwierigkeiten konfrontiert sein, wie Millionen Menschen in Afghanistan.
Zur humanitären Lage möchte ich auf den Internetauszug vom 26. Oktober 2008 hinweisen.
Es gibt einen Bericht, dass 20 von Australien abgeschobene Flüchtlinge in Afghanistan von den Taliban getötet worden seien. Deshalb hat Australien erklärt, dass dieser Fall untersucht wird. Hierzu möchte ich auf den Internetauszug vom 28.10.2008, BBC hinweisen.
ER fragt den BF um seine Stellungnahme zu dieser Beurteilung.
BF A.: Ich selbst kann nicht beweisen und bin ich auch nicht 100%ig überzeugt, dass er diese Aufgabe wirklich ausgeführt hat, weil ich habe ihn nie mit einer Offiziersuniform selber gesehen. Ob diese Dokumente gefälscht oder echt sind, darüber weiß ich nicht Bescheid. Ich war damals noch zu klein, um das festzustellen.
BF Sitzung, Ich möchte zu der Information meiner Brüder, die verneint haben, dass unser Vater bei der demokratischen Regierung arbeitete, sagen, dass wir die Dokumente bei meiner Mutter vorgefunden haben, die beweisen, dass er diese Aufgabe inne hatte. Es ist möglich, dass die Brüder aus dem Grund diese Tatsache verschwiegen haben, weil diese Information ihrem Beruf als religiöse Amulettenverteiler oder Heiler schaden würde. Es ist aber Tatsache, dass mein Vater Kommunist war.
ER: Wie kommt es dazu, dass man in der Umgebung Ihrer ursprünglichen Wohnung in Afghanistan davon ausgeht, dass die Söhne, also auch möglicherweise Sie selbst, Ihren Vater umgebracht hätten?
BF A.: Der älteste Stiefbruder, namens S.O. und die anderen S.F., S.H. und S.M., wollten nicht, dass wir im gemeinsamen Haus, welches meinem Vater gehörte, arbeiten. Mein Vater hat uns von Pakistan aus nach Kabul geschickt, damit wir in unser Haus ziehen und dort arbeiten. Da die Stiefbrüder dagegen waren, ist mein Vater selber nach Kabul gekommen, um dies durchzusetzen. Die Brüder haben es nicht akzeptiert und dabei kam es zum Streit. Mein Vater hat den Brüdern ein Ultimatum gestellt und von ihnen verlangt, dass sie entweder gemeinsam in diesem Haus arbeiten oder sie müssten das Haus verlassen. Am nächsten Tag wurde mein Vater getötet. Da die Leute diesen Lärm und den Streit bemerkten, haben sie die Vermutung angestellt, dass mein Vater durch seine Söhne ums Leben gekommen ist.
ER: Waren es nun Ihre Söhne, die Ihren Vater getötet haben oder nicht?
BF A.: Das hat niemand mit seinen eigenen Augen gesehen.
ER: Wie oft hat Ihr Vater geheiratet?
BF A.: Dreimal.
ER: Gibt es auch aus der dritten Ehe Kinder?
BF A.: Von der ersten Frau, die eine Pashtunin ist, hatte mein Vater fünf Söhne, wovon einer verstorben ist und vier Töchter. Von der zweiten Frau, die auch eine Pashtunin ist - allerdings aus dem Norden stammt - hatte mein Vater zwei Söhne und zwei Töchter. Von der dritten Frau, nämlich von unserer Mutter existieren insgesamt vier Söhne und eine Tochter.
ER: O. stammt aus welcher Ehe?
BF A.: Aus erster Ehe. F. stammt auch aus erster Ehe. M. und H. stammen ebenfalls aus erster Ehe.
ER: Wissen Sie, wo die zweite Ehefrau derzeit aufhältig ist?
BF A.: Die waren alle in Pakistan. Seitdem mein Vater getötet wurde, habe ich keine Information, wo sie sich aufhalten.
ER: Der Kern Ihrer Furcht liegt offenbar in einer Verfolgungsgefahr durch Ihre Brüder. Stimmt das so?
BF A.: Bei den Brüdern besteht eine Art Konkurrenz, aber hauptsächlich fürchten wir uns vor denjenigen, der meinen Vater tötete und meinen Bruder und mich verletzte. Mein Bruder wurde sechs Monate nachdem Mord an meinem Vater verletzt und eineinhalb Monate nach der Verletzung meines Bruders wurde ich verletzt.
ER: Der erste verletzte Bruder hieß wie?
BF A.:S.D. und stammt wie ich aus der dritten Ehe.
SV: Wie erklären Sie sich, dass Ihre älteren Brüder aus erster Ehe in Kabul unbehelligt leben könne, wenn Ihr Vater Feinde hatte?
BF A.: Mein Vater hatte keinen persönlichen Feind, er hat aber mit uns in Pakistan gelebt. Die Leute haben in Pakistan mehr uns als die Stiefbrüder gekannt. Mein Vater hat auch in Kabul mit uns zusammengelebt und die zwei anderen Frauen hatten ein eigenes Haus.
BFV: Ich möchte anführen, dass die BF von Anfang an aussagten, dass sie nicht wissen, wer den Vater umgebracht hat, dass dies eventuell wegen seiner kommunistischen Parteieinheit geschah oder dass die Stiefbrüder ihn umgebracht hatten. Dies würde sich mit den Aussagen der Nachbarn decken. Für die Ursache der Streitigkeiten mit der Stieffamilie führten die BF aus, dass die Familie der ersten und zweiten Frau, welche Pashtunen sind, die dritte Frau und daher die BF nicht akzeptieren würden, da es sich um Tadjiken handelt. Ich habe mich diesbezüglich an ACCORD gewandt, welche einen Experten vom UNHCR in Kabul befragten. Dieser gab per E-Mail an, dass abhängig vom jeweiligen Einzelfall, es in diesem konkreten Fall möglich sein kann, dass die Kinder der tadjikischen Ehefrau bedroht und eventuell getötet werden können, und zwar von der pashtunischen Familie, weil man mit diesen nicht das Erbe teile wolle.
Anmerkung: Die BFV legt den Auszug des E-Mails vor.
Anmerkung: Der Sachverständige versucht unter der Nummer: Y4 den Bruder aus dritter Ehe, S.D. zu erreichen. Dies gelingt. Das Gespräch hat nachfolgendes ergeben:
SV: Auf die Frage, warum sind Ihre Brüder nach Europa geflüchtet und dass seine Familie in Pakistan lebt, antwortet S.D., dass sein Vater getötet wurde und er später angeschossen und verletzt wurde. Deshalb seien sie geflüchtet. Sie wissen nicht wer der Feind ist. Sie können auch nicht sagen, ob einer der Stiefbrüder den Vater ermordet hat. Sein Vater hat für den Staat gearbeitet. Er war zunächst in der staatlichen Werbeabteilung. Im kommunistischen Staat hat er in X2 gearbeitet und er war ein Turan (= Oberleutnant). Er weiß nicht genau für welche Abteilung er gearbeitet hat und was er noch gemacht hat. Sie sind mit den Stiefbrüdern nicht verfeindet, aber es ist eine natürliche Sache, dass es unter den Stiefbrüdern immer wieder Streitigkeiten gibt. Nachdem sein Vater in der Früh beim Morgengebet getötet worden ist, nehmen die Leute an, dass dabei irgendein Sohn die Hände im Spiel haben kann, aber er kann das nicht bestätigen und er kann nicht sagen, ob ein Stiefbruder den Vater getötet hat, aber er kann es auch nicht ausschließen. Sie haben zwei Häuser in Afghanistan. Ein Haus ist in P. wo die Stiefbrüder wohnen. Dieses Haus kostet derzeit ca. US$ 100.000, das andere Haus steht leer und ist durch den Krieg zerstört und wohnt niemand dort. Zu den Stiefbrüdern hat er keinen Kontakt und sie haben auch derzeit keine gute Beziehung zueinander.
BFV: Ich möchte anmerken, dass sehr wohl die Mutter, als auch zwei Brüder der BF angaben, dass der Vater der BF während der Zeit der kommunistischen Regierung für diese arbeiteten. Es wäre nicht nachvollziehbar für mich, weshalb deren Aussagen weniger Glauben geschenkt werden sollte, als den Aussagen der in Afghanistan befragten Stiefbrüder H. und F., welche nach Aussagen der BF diesen ebenfalls nicht freundlich gesinnt sind. Die Gefährdung der BF seitens der Stiefbrüder kann nicht mit der für das Verfahren erforderlichen Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden. Selbst wenn es nur um das Erbe geht, hat diese Streitigkeit ethnische Hintergründe und wäre daher asylrelevant."
römisch II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:
Auf Grund des Bundesverfassungsgesetzes, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert und ein Erstes Bundesverfassungsrechtsbereinigungsgesetz erlassen wird, Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 2 aus 2008,, wurde das Asylgerichtshof-Einrichtungsgesetz (Bundesgesetz, mit dem ein Asylgerichtshofgesetz erlassen wird und das Asylgesetz 2005, das Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, das Verfassungsgerichtshofgesetz 1953, das Bundesministeriengesetz 1986, das Einführungsgesetz zu den Verwaltungsverfahrensgesetzen 1991, das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, das Fremdenpolizeigesetz 2005, das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz, das Grundversorgungsgesetz-Bund 2005, das Staatsbürgerschaftsgesetz 1985, das Sicherheitspolizeigesetz und das Waffengesetz 1996 geändert werden), erlassen. Die Verfassungsnovelle und das Asylgerichtshof-Einrichtungsgesetz sind mit 1. Juli 2008 in Kraft getreten.
Gemäß Paragraph 75, Absatz 7, AsylG 2005 in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 4 aus 2008, sind am 1. Juli 2008 beim unabhängigen Bundesasylsenat anhängige Verfahren vom Asylgerichtshof nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen weiterzuführen: Mitglieder des unabhängigen Bundesasylsenates, die zu Richtern des Asylgerichtshofes ernannt worden sind, haben alle bei ihnen anhängigen Verfahren, in denen bereits eine mündliche Verhandlung stattgefunden hat, als Einzelrichter weiterzuführen (Paragraph 75, Absatz 7, Ziffer eins, leg. cit.). Verfahren gegen abweisende Bescheide, in denen eine mündliche Verhandlung noch nicht stattgefunden hat, sind von dem nach der ersten Geschäftsverteilung des Asylgerichtshofes zuständigen Senat weiterzuführen (Paragraph 75, Absatz 7, Ziffer 2, leg. cit.). Verfahren gegen abweisende Bescheide, die von nicht zu Richtern des Asylgerichtshofes ernannten Mitgliedern des unabhängigen Bundesasylsenates geführt wurden, sind nach Maßgabe der ersten Geschäftsverteilung des Asylgerichtshofes vom zuständigen Senat weiterzuführen (Paragraph 75, Absatz 7, Ziffer 3, leg. cit.).
Der gegenständliche Fall war am "1. Juli 2008 beim unabhängigen Bundesasylsenat anhängig"; das damalig zuständige Mitglied des unabhängigen Bundesasylsenates wurde zum "Richter des Asylgerichtshofes" ernannt; bereits am 19. Juni 2008 wurde eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt. Im Lichte dessen ist die Zuständigkeit des Richters unmittelbar auf Grund des Gesetzes festgelegt, wobei das Verfahren vom zuständigen Richter als "Einzelrichter" fortzuführen ist.
Gemäß Paragraph 28, Absatz eins, Asylgerichtshofgesetz (Artikel eins, BGBl. römisch eins Nr. 4/2008; im Folgenden: AsylGHG) tritt dieses Bundesgesetz mit 1. Juli 2008 in Kraft. Gleichzeitig tritt das Bundesgesetz über den Unabhängigen Bundesasylsenat - UBASG, Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 77 aus 1997,, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 100 aus 2005,, außer Kraft.
Gemäß Paragraph 23, AsylGHG sind - soweit sich aus dem B-VG, dem AsylG und dem VwGG nichts anderes ergibt - auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des AVG mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffes "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt.
Gem. Paragraph 44, Absatz eins, AsylG in der Fassung BGBl römisch eins 2003/101 werden Verfahren zur Entscheidung über Asylanträge und Asylerstreckungsanträge, die bis zum 30. April 2004 gestellt wurden, nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997, Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 76 aus 1997, in der Fassung des Bundesgesetzes Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 126 aus 2002, geführt. Voraussetzungen betreffend die Ausnahmeregelungen nach Absatz 3, bzw. 5 des Paragraph 44, Absatz eins, AsylG in der Fassung BGBl römisch eins 2003/101 liegen nicht vor.
Im vorliegenden Fall ist daher das AsylG idFdlN BGBl Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 126 aus 2002, (richtig wohl idFdlKdm Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 105 aus 2003,) anzuwenden. Der Beschwerdeführer hat gegen sämtliche Spruchpunkte des bekämpften Bescheides Beschwerde erhoben.
Die Bestimmung des Paragraph 7, AsylG hat nachstehenden Wortlaut:
"Asyl auf Grund Asylantrages
Paragraph 7, Die Behörde hat Asylwerbern auf Antrag mit Bescheid Asyl zu gewähren, wenn glaubhaft ist, dass ihnen im Herkunftsstaat Verfolgung (Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, der Genfer Flüchtlingskonvention) droht und keiner der in Artikel eins, Abschnitt C oder F der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Endigungs- oder Ausschlussgründe vorliegt."
Wesentliche Voraussetzung für die Asylgewährung ist sohin, dass die Flüchtlingseigenschaft des Asylwerbers nach der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, Bundesgesetzblatt Nr. 55 aus 1955,, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, Bundesgesetzblatt Nr. 78 aus 1974,, (in der Folge: GFK) "glaubhaft" ist. Von "Glaubhaftmachung" ("Bescheinigung") spricht man - zum Unterschied vom "Beweis" - dann, wenn die Herbeiführung eines behördlichen Urteils über die Wahrscheinlichkeit einer Tatsache genügt vergleiche z.B. UBAS 25.05.1999, 207.650/0-I/03/99; 28.05.1999, 208.445/0-I/03/99; 11.01.2000, 207.193/0-I/03/99). "Glaubhaft" ist sohin eine geltend gemachte Bedrohung schon dann, wenn mehr Gründe für deren Vorliegen als für deren Nichtvorliegen sprechen (siehe Walter/Mayer;
Verwaltungsverfahrensrecht8 [2003], Rz 315; Thienel, Verwaltungsverfahrensrecht [2000]; 164; Hellbling, Kommentar zu den Verwaltungsverfahrensgesetzen römisch eins [1954], 272; Herrnritt, Das Verwaltungsverfahren [1932], 89; Rosenmayr, Asylrecht, in Machacek/Pahr/Stadler, Grund und Menschenrechte in Österreich römisch III [1997], 584; vergleiche dazu z. B. auch VwGH 16.09.1993, 92/01/0787; UBAS 03.02.1998, 201.190/0-II/04/98; 29.12.1999, 200.990/8-II/04/99; 06.09.2000, 209.999/11-I/03/00; 06.02.2005, 241.828/4-I/03/05).
Im Sinne des Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) vom 28.07.1951, Bundesgesetzblatt Nr. 55 aus 1955,, i. römisch fünf.m. Artikel eins, Absatz 2, des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 31.01.1967, Bundesgesetzblatt Nr. 78 aus 1974,, ist als Flüchtling anzusehen, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und sich nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich infolge obige Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.
Zentraler Aspekt der in Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, Genfer Flüchtlingskonvention definierten Verfolgung im Herkunftsstaat ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH 19.12.1995, Zl. 94/20/0858, u.a.m., S.a. VfGH 16.12.1992, Zl. B 1035/92, Slg. 13314).
Gemäß Paragraph 12, AsylG ist die Entscheidung, mit der Fremden von Amts wegen, auf Grund Asylantrages oder Asylerstreckungsantrages Asyl gewährt wird, mit der Feststellung zu verbinden, dass dem Fremden damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
Nach dem durchgeführten Ermittlungsverfahren kann hinreichend davon ausgegangen werden, dass dem Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr in Afghanistan eine asylrelevante Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht vergleiche VwGH 23.09.1998, Zl. 98/01/0224). Diese Beurteilung ergibt sich aufgrund der Gesamtsituation aus objektiver Sicht (s. hierzu VwGH 12.05.1999, Zl. 98/01/0365), die nicht nur die individuelle Situation des Beschwerdeführers, sondern auch die generelle politische Lage in seinem Herkunftsstaat sowie die Menschenrechtssituation derjenigen Personen bzw. Personengruppe berücksichtigt, deren Fluchtgründe mit seinen vergleichbar sind.
Im vorliegenden Fall steht fest, dass der Beschwerdeführer der tadschikischen Volksgruppe zugehört, sunnitischen Glaubens ist und in Kabul am 00.00.1985 geboren wurde. 1992 ging er mit seinem Vater, der zuvor für das kommunistische Regime tätig war und sich seinen Lebensunterhalt als religiöser Heilpraktiker und Devotionalienhändler verdiente, und seiner Familie nach Pakistan, wo er die Schule besuchte. Der Vater kehrte mit zumindest Teilen der Familie nach dem Sturz der Taliban nach Afghanistan zurück. Anfang des Jahres 2002 wurde der Vater des Beschwerdeführers vor einer Moschee in der Nähe seines Hauses erschossen. Auch sein älterer Bruder wurde wenige Monate später angeschossen und schwer verletzt; er lebt heute in Pakistan. Auf den Beschwerdeführer selbst wurde ebenfalls ungefähr 7 Monate nach der Ermordung seines Vaters geschossen. Der Beschwerdeführer entspringt der dritten Ehe seines Vaters und hat drei Brüder und eine Schwester. Ansonsten hat der Beschwerdeführer jedoch noch mehrere Halbbrüder und -schwestern. Insbesondere mit seinen älteren Halbbrüdern aus der ersten Ehe des Vaters bestanden familiäre Konflikte um die Fortführung dessen über mehrere Generationen ausgeübten Profession als religiöser Heilpraktiker.
Es konnte nicht festgestellt werden, durch wen bzw. welche Gruppierung der Vater des Beschwerdeführers ermordet wurde oder wer hinter den Schussattentaten auf den Beschwerdeführer und seinen älteren Bruder steckt. Nach der vorliegenden Sachlage und dem durchgeführten Ermittlungsverfahren kommen für den erkennenden Gerichtshof jedoch zwei Motive für die gegenständlichen Gewalthandlungen in Betracht: erstens der bestehende innerfamiliäre Konflikt zwischen den Söhnen des Vaters aus erster Ehe einerseits und dem Vater sowie dem Beschwerdeführer samt seiner Geschwister andererseits. Zweitens ist es nicht ausgeschlossen, dass aus der Tätigkeit des Vaters für das kommunistische Regime Feindschaften entstanden sind, die zu Rachehandlungen gegen ihn und dessen Söhne führten.
Zu diesen Feststellungen gelangt der Asylgerichtshof nach den (auch durch den dem Beschwerdeverfahren beigezogenen Sachverständigen) umfassend geführten Ermittlungen zum Vorbringen des Beschwerdeführers und jenem seines Bruders, Herrn H.S., dessen Beschwerdeverfahren in Zusammenschau mit dem des Beschwerdeführers durchgeführt wurde. Durch den Sachverständigen konnte eruiert werden, dass der Vater des Beschwerdeführers Anfang 2002 tatsächlich von unbekannten Personen ermordet wurde. Auch das Vorbringen, dass der ältere Bruder des Beschwerdeführers wenige Monate nach der Ermordung des Vaters angeschossen wurde, konnte durch dessen telefonische Befragung in der Verhandlung vom 28. Oktober 2008 verifiziert werden. Dies rückt auch die Angabe des Beschwerdeführers, wonach auf ihn selbst geschossen worden sei, in ein glaubwürdiges Licht, zumal er sich hinsichtlich der verübten Schussattentate, die zu seiner Ausreise führten, nicht widersprach.
Hinsichtlich des Grundes für diese gegen ihn bzw. seine Familie gerichteten Gewalthandlungen ist es nach den Befragungen des Beschwerdeführers, seiner Mutter und all seiner Brüder (zwei wurden hierzu telefonisch befragt, der Dritte wurde zu diesem Umstand im Zuge seines eigenen Beschwerdeverfahrens vor dem Asylgerichtshof einvernommen) unzweifelhaft, dass es einen familiären Konflikt mit den Halbbrüdern des Beschwerdeführers gegeben hat. Den in der schriftlichen Stellungnahme des o.g. Sachverständigen vom 2. August 2008 dargelegten Recherchen zufolge, vermuten auch ehemalige Nachbarn des Vaters, dass einer seiner Söhne hinter dessen Ermordung stecken könnte (ohne jedoch diesen Verdacht auf die Halbbrüder des Beschwerdeführers einzuschränken). Dieser Verdacht sei laut dem in der Verhandlung am 28. Oktober 2008 telefonisch befragten älteren Bruder des Beschwerdeführers, Herrn S.D., darauf zurückzuführen, dass der Vater in der Früh beim Morgengebet getötet worden sei, was für das Umfeld die Vermutung nahelege, dass ein Sohn in die Ermordung verwickelt sein könnte. Die Annahme des Beschwerdeführers, wonach die Attentate zumindest einem seiner Halbbrüder anzulasten seien, werden jedenfalls von seinem ebenfalls vor dem unabhängigen Bundesasylsenat als vormals zuständige Behörde und dem Asylgerichtshof einvernommenen jüngeren Bruder, Herrn H.S., geteilt.
Es kann jedoch ebenso nicht ausgeschlossen werden, dass alte Feindschaften aus der Zeit, als der Vater für das kommunistische Regime in Afghanistan tätig war, zu seiner Tötung und den Mordversuchen an seinen Söhnen geführt haben. Dass der Vater nämlich tatsächlich für das Najibullah-Regime in Afghanistan tätig war, konnte seitens des erkennenden Gerichtshofes trotz gegenteiliger Aussagen befragter Personen und dem diesbezüglich widersprüchlichen Vorbringen des Beschwerdeführers angenommen werden. So erstattete der Beschwerdeführer dieses Vorbringen erstmals mit seiner Beschwerdeergänzung vom 17. November 2005 und auch die vom Sachverständigen in Afghanistan befragten Halbbrüder gaben an, dass ihr Vater nie (Khad-)Beamter des Staates gewesen sei (siehe die Stellungnahme des Sachverständigen vom 2. August 2008). Jedoch ist dem Vertreter des Beschwerdeführers beizupflichten, wenn er in der Verhandlung vom 28. Oktober 2008 zu bedenken gibt, dass die Angaben der befragten Stiefbrüder in Zweifel zu ziehen sind, da sie ja nach der vorliegenden Sachlage durchaus in die Tötung des Vaters involviert sein könnten. Zudem stützte der jüngere Bruder des Beschwerdeführers, dessen Verfahren ebenfalls beim Asylgerichtshof anhängig ist, seinen Asylantrag von Beginn an widerspruchsfrei auf die kommunistische Vergangenheit seines Vaters. Auch seine telefonisch einvernommenen Familienangehörigen gaben glaubwürdig an, dass der Vater als Kommunist mit dem Najibullah-Regime zusammengearbeitet habe. Dass sie dabei keine detaillierten Angaben über die Tätigkeit des Vaters machen konnten, ist vor dem Hintergrund, dass die Söhne zu jener Zeit noch Kinder waren, nur allzu verständlich. Die am 19. Juni 2008 telefonisch vernommene Mutter sprach wie der am 28. Oktober 2008 ebenso telefonisch befragte Bruder des Beschwerdeführers davon, dass der Vater ein Oberstleutnant gewesen sei. Insoweit auch die Mutter keine konkreteren Angaben zu machen imstande war, ist festzuhalten, dass man ein näheres Wissen über die Tätigkeit ihres Mannes von ihr als Analphabetin und Frau in der traditionellen afghanischen Gesellschaft nicht erwarten kann. Herr S.D., älterer Bruder des Beschwerdeführers, der selbst bei einem Attentat schwer verletzt wurde, kann sich ebenso vorstellen, dass hinter dem Mord an seinem Vater und den Mordversuchen an ihm und dem Beschwerdeführer alte Feinde bzw. Geschädigte aus der kommunistischen Vergangenheit des Vaters stecken. Dass der Vater eigentlich ein religiöser Heilpraktiker war, steht der Annahme seiner Tätigkeit für das kommunistische Regime nicht entgegen, da laut Stellungnahme des Sachverständigen in der Verhandlung vom 19. Juni 2008 die Zugehörigkeit zur kommunistischen Partei in Afghanistan eine gleichzeitige religiöse Betätigung nicht ausschloss. Schließlich wurden seitens des Beschwerdeführers zur Untermauerung seines Vorbringens Dokumente vorgelegt, deren Echtheit im Zuge seines Verfahrens nicht angezweifelt wurde.
Was die Angaben des Beschwerdeführers zu seinem Lebensweg und seinen persönlichen Daten betrifft, so ist es nach den Ermittlungen offensichtlich, dass der Beschwerdeführer vor dem Bundesasylamt über weite Strecken die Unwahrheit gesagt hat. Soweit er seine diesbezüglichen Angaben erst in seinem Beschwerdeverfahren änderte, war seine Glaubwürdigkeit in dieser Hinsicht gemindert. Jedoch ergab sich durch die Befragungen seiner Familienmitglieder, dass der Beschwerdeführer tatsächlich im Jahre 1992 mit seiner Familie nach Pakistan reiste und dort die Schule besuchte. In diesem Zusammenhang gab der Beschwerdeführer in der Einvernahme zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung am 7. Dezember 2007 auch an, am 00.00.1985 und nicht - wie zuvor beim Bundesasylamt angegeben - am 00.00.1986 geboren zu sein. In Anbetracht dessen, dass sein geändertes Vorbringen zu seinem Lebensweg sich als den Tatsachen entsprechend herausstellte, wird auch der neuen Angabe zu seinem Geburtsdatum Glauben geschenkt.
Wenn im gegenständlichen Fall auch nicht festgestellt werden konnte, wer nun hinter der Tötung des Vaters des Beschwerdeführers und den Mordversuchen an ihm und seinem Bruder steckt, so ist die Tatsache, dass diese Ereignisse stattgefunden haben, nach dem durchgeführten Ermittlungsverfahren unzweifelhaft. Aus diesen Vorkommnissen hat der Beschwerdeführer jedenfalls in seinem Herkunftsland eine asylrelevante Verfolgungsgefahr mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit zu gewärtigen. Sollte ein Familienkonflikt der ausschlaggebende Grund für die Gewalthandlungen gegen die Familie des Beschwerdeführers sein, so unterläge der Beschwerdeführer einer Verfolgungsgefahr aufgrund seiner Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe, nämlich seiner eigenen Familie. Eine ebensolche Verfolgung ist aber auch dann anzunehmen, wenn die kommunistische Vergangenheit des Vaters bzw. Rachehandlungen von durch ihn ehemals geschädigten Personen ausschlaggebend für die Fluchtgründe des Beschwerdeführers sind (zur Anerkennung des Familienverbandes als "soziale Gruppe" gemäß Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, GFK i.V.m. Paragraph 7, AsylG, unabhängig vom Erfordernis einer dem Asylwerber selbst zumindest unterstellten politischen Gesinnung in Fällen der "Sippenhaftung" s. VwGH 19.12.2001, Zl. 98/20/0312; s.a. VwGH 14.01.2003, Zl. 2001/01/0508). Selbst wenn die beiden angeführten potentiellen Motive für die Ermordung des Vaters nicht zutreffen, so ist nach den gegen die Söhne durchgeführten Anschlägen jedenfalls davon auszugehen, dass die gesamte Familie ins Visier der Attentäter geraten ist. Wenngleich die Exekutive große Anstrengungen unternimmt, um der Bevölkerung einen ausreichenden Schutz zu gewähren, ist dies auf Grund der prekären Sicherheitslage in Afghanistan nicht möglich. Von der Schutzfähigkeit afghanischer Behörden kann daher nicht ausgegangen werden.
Ein asylrelevanter Eingriff in die vom Staat schützende Sphäre des Einzelnen führt dann zur Flüchtlingseigenschaft, wenn er an einem in Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, GFK festgelegten Grund, nämlich die Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politische Gesinnung anknüpft. Im Fall des Beschwerdeführers liegt dieses oben dargestellte Verfolgungsrisiko, das in seiner Gesamtheit von asylrelevanter Intensität sein kann, bereits wegen seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe (nämlich zur Gruppe seiner eigenen Familie) vor.
Im Ergebnis weist die den Beschwerdeführer drohende Verfolgungsgefahr ein Maß an Nachhaltigkeit und Intensität auf, die einen Verbleib des Betroffenen im Heimatland als unerträglich vergleiche z. B. VwGH 11.11.1998, Zl. 98/01/0312; 18.02.1999, Zl. 98/20/0468) oder die Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates als unzumutbar erscheinen lassen vergleiche dazu und zur asylerheblichen Intensität einer Verfolgungshandlung für viele z.B. VwGH 12.09.1996, Zl. 95/20/0288). Im Hinblick auf die sehr bedenkliche Sicherheitslage in Afghanistan, ganz abgesehen von der katastrophalen wirtschaftlichen und sozialen Situation in diesem Land, kann nicht von einer inländischen Fluchtalternative ausgegangen werden, die dem Beschwerdeführer zur Verfügung stehen würde bzw. deren Inanspruchnahme für ihn zumutbar wäre vergleiche u.a. z. B. VwGH 08.09.1999, Zl. 98/01/0503).
Endigungs- oder Ausschlusstatbestände konnten im vorliegenden Fall nicht festgestellt werden. Zusammenfassend geht der Asylgerichtshof daher davon aus, dass dem Beschwerdeführer Asyl zu gewähren war.
Gemäß Paragraph 12, AsylG 1997 in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 126 aus 2002, ist die Entscheidung, mit der Fremden von Amts wegen, auf Grund Asylantrages oder auf Grund Asylerstreckungsantrages Asyl gewährt wird, mit der Feststellung zu verbinden, dass dem Fremden damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt. Im Lichte dessen war im vorliegenden Fall auch auszusprechen, dass Herrn H.A. kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
Da dem Beschwerdeführer Asyl zu gewähren war, sind die Spruchpunkte römisch II und römisch III des bekämpften Bescheides im Ergebnis rechtwidrig und waren ersatzlos aufzuheben.