Asylgerichtshof
30.10.2008
B12 236489-0/2008
B12 236.489-0/2008/26E
ERKENNTNIS
Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Dr. Rohrböck als Einzelrichter über die Beschwerde des Herrn N. A., geb. 00.00.1979, StA. Afghanistan, vertreten durch Maga. Christine NIESNER, Evanglischer Flüchtlingsdienst, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 20. März 2003, Zl. 01 21.505-BAT, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 6. Mai 2008 und am 14.10.2008 zu Recht erkannt:
römisch eins. Der Beschwerde des Herrn N.A. gegen Bescheid des Bundesasylamtes vom 20. März 2003, Zl. 01 21.505-BAT, wird stattgegeben und Herrn N.A. gemäß Paragraph 7, AsylG Asyl gewährt.
römisch II. Gem. Paragraph 12, AsylG wird festgestellt, dass Herrn N.A. damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
römisch III. Spruchpunkt römisch III des bekämpften Bescheides betreffend die Erteilung einer befristeten Aufenthaltsberechtigung wird ersatzlos aufgehoben.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
römisch eins. Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer hat am 13. September 2001 beim Bundesasylamt einen Asylantrag gemäß Paragraph 3, AsylG 1997 eingebracht. Bei der niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesasylamt am 21. Februar 2003 gab der Beschwerdeführer im Wesentlichen Folgendes an:
"Hinsichtlich meiner Personaldaten erkläre ich, dass mein Familienname richtig N., mein Vorname richtig A., lautet. Geboren wurde ich im Jahre 1358 (= 1979/80). Ergänzend führe ich an:
Volksgruppe: Pashtune, Religion: Sunnit.
Ich reiste am 4.9.2001 von J., Provinz N., in Begleitung eines Schleppers nach Pakistan, und zwar nach Peshawar. Auf dem Luftwege reiste ich in einen mir nicht bekannten arabischen Staat. Nach kurzer Zwischenlandung dort reiste ich wiederum auf dem Luftwege in ein mir unbekanntes Land. Österreich erreichte ich im September 2001 auf dem Luftwege, doch gab es auch davor nochmals eine Zwischenlandung in einem mir nicht bekannten Land.
Ich bin im Dorf K., Bezirk U., Provinz N., geboren. Aufgewachsen bin ich in verschiedenen Ortschaften, u. a. auch in J., ebenso in Pakistan. Ich habe eine Schwester und zwei Brüder. Wo sich meine Eltern derzeit aufhalten, weiß ich nicht. Meine Brüder wurden im Jahre 2001 von den Taliban festgenommen. Seither gelten sie als vermisst. Ich nehme an, dass die Taliban diese umgebracht haben. Meine Schwester ist krankheitsbedingt verstorben, und zwar im Jahre 1378 (= 1999/2000). Mein Vater besitzt landwirtschaftliche Grundstücke. Von diesen haben wir gelebt.
Ich war seit dem Jahre 1996 Mitglied der Hezbe Eslami.
Frage: Welcher konkrete Vorfall hat Sie zur Flucht aus Afghanistan bewogen?
Antwort: Mein Vater wurde während der Mujaheddin-Zeit getötet. Das war im Jahre 1993. Meine Brüder waren beide Mitglieder der Jamiat-e Eslami. Aus diesem Grunde wurden sie auch von den Taliban festgenommen und in weiterer Folge getötet. Einer meiner Brüder und ich besuchten verschiedene Kurse in J..
Vorhalt: Sie werden aufgefordert, anzugeben, welcher konkrete Vorfall Sie zur Flucht bewogen hat.
Antwort: Im Monat Juli des Jahres 2001 wurden meine Brüder festgenommen. Die Taliban warfen diesen vor, Mitglieder der Jamiat-e Eslami zu sein. Auch wurde dem einen Bruder, welcher mit mir - wie oben erwähnt - verschiedene Computer- und Englisch-Kurse besuchte, vorgeworfen, mit den Christen zusammenzuarbeiten. Meine Mutter hat lange nach meinen Brüdern gesucht. Sie meinte, dass mein Leben ebenfalls in Gefahr sei, da ich auch Mitglied der Hezbe Eslami war und Englisch- bzw. Computer-Kurse besuchte. Sie meinte, ich solle das Land daher verlassen und mein Leben damit in Sicherheit bringen.
Frage: Wie erklären Sie sich den Umstand, dass Sie von der Festnahme Ihrer beiden Brüder im Juli 2001 völlig unbehelligt geblieben sind?
Antwort: Als die Taliban im Juli 2001 zu unserem Haus kamen und meine Brüder mitnahmen, befand ich mich nicht zu Hause. Ich war im Hause meine Onkels in J..
Frage: Woher wollen Sie dann wissen, was konkret Ihren Brüdern seitens der Taliban vorgeworfen wurde?
Antwort: Es wurden viele Angehörige der Hezbe Eslami festgenommen. Früher wurde auch ich einmal festgenommen.
Vorhalt: Sie werden aufgefordert, auf die eigentliche Frage zu antworten. Woher wissen Sie, was konkret den Brüdern vorgeworfen wurde, wenn Sie andererseits zum Zeitpunkt deren Festnahme gar nicht zu Hause gewesen sein wollen.
Antwort: Zu diesem Zeitpunkt war meine Mutter auch nicht zu Hause. Nur die beiden Brüder.
Frage: Woher wollen Sie dann überhaupt über die angebliche Festnahme der Brüder durch die Taliban wissen?
Antwort: Meine Brüder wurden von unserem Haus im Dorf K. festgenommen. Dort leben unsere Verwandten und Stammesangehörigen. Diese erzählten meiner Mutter von der Festnahme meiner Brüder durch die Taliban.
Frage: Wann waren Sie selbst einer Festnahme - auch durch wen konkret - ausgesetzt?
Antwort: Ich wurde zweimal festgenommen. Einmal im Jahre 1998 durch die Taliban. 15 Tage lang wurde ich von diesen angehalten. Das zweite Mal wurde ich 4 Tage lang im Jahre 2001 durch die Taliban angehalten.
Frage: Bitte geben Sie die genauen Haftzeiten an.
Antwort: Im Jahre 1998 wurde ich im 5. Monat und im Jahre 2001 im 7. Monat festgenommen.
Frage: Warum ist es Ihnen nicht möglich, die genauen Haftdaten zu nennen?
Antwort: Das weiß ich nicht mehr. Das habe ich in der Zwischenzeit vergessen.
Vorhalt: Sie erklärten zu Beginn der niederschriftlichen Befragung konkret nach dem Aufenthaltsort Ihrer Eltern befragt, dass Sie während Ihres England-Aufenthaltes erfahren hätten, dass diese noch am Leben seien, doch wäre Ihnen der genaue Aufenthaltsort der Eltern nicht bekannt. Später aber bringen Sie vor, dass der Vater bereits im Jahre 1993 getötet wurde. Was sagen Sie zu diesem Widerspruch?
Antwort: Ich habe die Frage so verstanden, dass Sie nur nach meiner Mutter fragten.
Frage: Durch wen wurde der Vater im Jahre 1993 getötet?
Antwort: Für den Tod meines Vaters war der römisch zehn zuständig. Damals waren H.A., G.H., und weitere Personen Mitglieder des Rates.
Frage: In Afghanistan existiert derzeit eine Übergangsregierung. Was sagen Sie dazu?
Antwort: Es sind wieder die Mujaheddin an der Macht, welche damals meinen Vater getötet haben. Ich bin nicht vorbestraft. Ich bin jetzt im Ausland. Ich weiß nicht, ob jemand in Afghanistan nach mir sucht.
Frage: Hätten Sie im Falle der Rückkehr in die Heimat etwas zu befürchten?
Antwort: Der von mir erwähnte römisch zehn übt wieder großen Einfluss aus. Vielleicht werden mich diese festnehmen und auch töten.
Vorhalt: Am 13.9.2001 erklärten Sie der BPD Schwechat gegenüber konkret nach den Fluchtgründen befragt, von den Taliban aufgefordert worden zu sein, in den Krieg zu ziehen. Dies hätten Sie aber abgelehnt und seien Sie aus Angst um Ihr Leben geflüchtet. Diese Behauptungen widersprechen aber gravierend Ihren heutigen. Was sagen Sie dazu?
Antwort: Ich wurde dort nicht ausführlich einvernommen. Ich habe auch damals erwähnt, dass meine Brüder festgenommen wurden.
Vorhalt: Davon, dass Sie von den Taliban aufgefordert worden sein sollen, in den Krieg zu ziehen, haben Sie heute aber in keinster Weise gesprochen.
Antwort: Ich wurde dort lediglich gefragt, ob ich vor den Taliban geflüchtet bin. Dies habe ich bejaht. Ich habe damals nicht behauptet, von den Taliban rekrutiert worden zu sein.
Ich habe einen Personalausweis und Schuldokumente besessen. Diese sind in Afghanistan zurückgeblieben. Ich habe keine Möglichkeit, mir diese nachsenden zu lassen. Ich werde mich trotzdem bemühen, Dokumente nachschicken zu lassen.
Frage: Möchten Sie noch etwas angeben?
Antwort: Nein.
Frage: Sind Sie mit der Übersetzungstätigkeit der Frau Dolmetscherin einverstanden?
Antwort: Meine Sprache ist zwar Pashtu, doch habe ich die Dolmetscherin gut verstanden."
Mit Bescheid vom 20. März 2003, Zl. 01 21.505-BAT, hat das Bundesasylamt den Asylantrag des Beschwerdeführers vom 13. September 2001 gemäß Paragraph 7, Asylgesetz 1997 abgewiesen und ihm den Status eines Asylberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt römisch eins), seine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Afghanistan gemäß Paragraph 8, AsylG für nicht zulässig erklärt (Spruchpunkt römisch II) und ihm zudem für den Fall des Eintritts der Rechtskraft der Spruchpunkte römisch eins und römisch II gemäß Paragraph 15, Absatz eins, in Verbindung mit Paragraph 15, Absatz 3, AsylG eine auf drei Monate befristete Aufenthaltsberechtigung erteilt (Spruchpunkt römisch III). Diesen Bescheid hat das Bundesasylamt wie folgt begründet:
"Aus Ihrem Vorbringen und den amtswegigen Ermittlungen gelangt die Behörde nach unten angeführter Beweiswürdigung zu folgenden Feststellungen:
Ihre Flucht aus Afghanistan begründen Sie mit Inhaftierungen durch die seinerzeitigen Taliban.
Die Situation in Ihrer Heimat hat sich grundlegend geändert.
Hinsichtlich der aktuellen Lage in Ihrem Heimatland werden folgende Feststellungen getroffen:
Allgemeine Feststellung zu dem Islamischen Staat Afghanistan
Der Islamische Staat Afghanistan ist unterteilt in 30 Provinzen mit verschiedenen Stämmen und Religionen. Die Bevölkerung setzt sich aus Pashtunen, Tadjiken, Hazara, Usbeken, Aimaken und Turkmenen zusammen. 99% der Bevölkerung sind Moslem, davon sind ca. 88% sunnitischen Glaubens. Die Amtssprache ist Pashtu, Dari war inoffiziell verboten. Die Analphabetenquote liegt bei 90%, wobei Afghanistans Bildungsstand rückläufig ist.
Am 24.12.1979 marschierten sowjetische Truppen in Afghanistan ein. Erst nach 10 Jahren wurde der Krieg gegen die russische Besatzungsmacht beendet, jedoch befindet sich Afghanistan seither in einem Bürgerkrieg. Seit dem Zusammenbruch des kommunistischen Regimes und der Machtübernahme durch die Mujaheddin am 16.04.1992 ist Afghanistan eine Islamische Republik.
Der Krieg in Afghanistan hat mit den Terroranschlägen in den USA am 11.09.2001, für die Osama bin Laden verantwortlich gemacht wird, eine Wende erfahren. Am 07.10.2001 begannen die USA mit Militärschläge gegen die Taliban und die Terrororganisation Al Kaida in Afghanistan vorzugehen.
Fünf Wochen nach Beginn der amerikanischen Luftangriffe trat die große Wende im Machtgefüge Afghanistans ein. Die Nordallianz konnte in einer groß angelegten Offensive am 09.11.2001 die strategisch wichtige Stadt Mazar-i Sharif erobern. Nur wenige Tage danach fiel die 5jährige Taliban-Herrschaft in Kabul. In Herat wurde das Taliban-Regime durch einen Volksaufstand vertrieben. Mittlerweile kontrolliert die Nordallianz angeblich 90% des Landes. Kandahar, die letzte Hochburg der Taliban, wurde am 07.12.2001 von der Nordallianz eingenommen und somit wurde das Taliban-Regime gestürzt.
Übergangsregierung
Bei der am 27.11.2001 einberufenen Afghanistan-Konferenz in Petersburg/Bonn unter der Führung von UNO-Sonderbeauftragten für Afghanistan, Lakhdar Brahimi, waren vier afghanische Delegationen mit der Bildung einer multi-ethnischen Übergangsregierung betraut. Am 05.12.2001 stand die neue Übergangsregierung fest. Diese setzt sich aus 11 Pashtunen, 8 Tadjiken, 5 Hazaras, 3 Usbeken und 1-2 Personen anderer, noch unbekannter Gruppen, zusammen. Insbesondere wurde auf die Einbeziehung von Frauen Bedacht genommen. Auf der Abschlusspressekonferenz unter der Teilnahme des UN-Sonderbeauftragten für Afghanistan, Lakdhar Brahimi und Bundesaußenminister Joschka Fischer wurde das in der Nacht auf den 05.12. unterzeichnete "Agreement on provisional arrangements in Afghanistan pending the re-establishment of permanent government institutions" präsentiert, als Vorsitzender der Übergangsregierung wurde der 46jährige südafghanische Pashtunen-Führer Hamid KARZAI bestätigt.
In diesem Abkommen wurden ua. folgende Punkte festgelegt:
Allgemeine Bestimmungen
Die Übergangsregierung wird offiziell am 22.12.2001 die Macht in Afghanistan übernehmen.
Die Übergangsregierung soll eine Übergangsverwaltung einrichten, die aus einem Vorsitzenden, einer unabhängigen Kommission für die Einberufung der Loya Jirga und einem Obersten Gerichtshof, sowie auch anderen Gerichten besteht. Die Zusammensetzung, Funktionen und Verfahren der Übergangsverwaltung und der unabhängigen Kommission werden ebenfalls in diesem Abkommen festgesetzt.
Mit der Machtübertragung soll die Übergangsregierung die afghanische Souveränität mit unmittelbarer Wirkung sichern. In der Übergangszeit wird die Übergangsregierung Afghanistan in den äußeren Angelegenheiten vertreten und den Sitz bei den Vereinigten Nationen einnehmen. Ebenso wird die Übergangsregierung internationalen Institutionen und Konferenzen beiwohnen.
Die Loya Jirga soll innerhalb 6 Monate nach Bildung der Übergangsregierung einberufen und vom Exilkönig Zahir Shah eröffnet werden. Die Loya Jirga soll über eine Interimsregierung und eine Interimsverwaltung entscheiden, die Afghanistan bis zur Wahl einer repräsentativen Regierung führt. Die Regierungswahl ist innerhalb von zwei Jahren nach Einberufung der Loya Jirga abzuhalten.
Sobald die Interimsregierung durch die Loya Jirga etabliert worden ist, löst sich die jetzt beschlossene Übergangsregierung auf.
Eine konstitutionelle Loya Jirga soll innerhalb 18 Monate nach Etablierung der Interimsregierung versammelt werden, um eine Verfassung für Afghanistan zu beschließen. Zur Unterstützung der konstitutionellen Loya Jirga wird die Interimsverwaltung innerhalb von zwei Monaten nach Entstehung mit Hilfe der Vereinigten Nationen eine Verfassungskommission gründen.
Gesetzesrahmen und Gerichtssystem
Der folgende Gesetzesrahmen bezieht sich auf die Zeit bis zur Annahme der neuen Verfassung. Die Verfassung von 1964 ist gültig, sofern die Bestimmungen nicht inkonsistent mit diesem Abkommen sind. Ausgenommen von der Verfassung von 1964 sind die Bestimmungen bezüglich der Monarchie und der Exekutiv- und Legislativkörperschaften, sowie Gesetze und Vorschriften, die nicht mit diesem Abkommen oder mit internationalen gesetzlichen Verpflichtungen, denen sich Afghanistan angeschlossen hat, konform gehen. Weiters sind auch jene Bestimmungen der Verfassung von 1964 ausgenommen, in denen der Übergangsregierung die Macht erteilt wird, Gesetze und Vorschriften zu widerrufen oder zu berichtigen.
Die Gerichtsbarkeit in Afghanistan ist unabhängig und unterliegt dem Obersten Gericht und auch den Gerichten, die von der Interimsverwaltung eingerichtet werden. Die Interimsverwaltung wird mit Hilfe der Vereinigten Nationen eine Gerichtskommission einrichten, die ein innerstaatliches Gerichtssystem in Übereinstimmung mit islamischen Prinzipien, internationalen Standards, der Rechtsstaatlichkeit und den afghanischen gesetzlichen Tradition etablieren.
Übergangsverwaltung
Die Übergangsverwaltung wird aus einem Vorsitzenden, fünf Vizevorsitzenden und 24 anderen Mitgliedern bestehen. Jedes Mitglied außer dem Vorsitzenden, kann eine Abteilung der Übergangsverwaltung führen.
Die Teilnehmer der Afghanistan-Konferenz laden König Zahir Shah ein, den Vorsitz der Übergangsverwaltung zu führen. Dieser zieht es vor, dass ein für die Teilnehmer akzeptabler Kandidat zum Vorsitzenden gewählt wird.
Der Vorsitzende, die Vizevorsitzende und andere Mitglieder der Übergangsverwaltung wurden von den Teilnehmern der Afghanistan-Konferenz gewählt. Die Auswahl fand aufgrund der beruflichen Kompetenz und der persönlichen Integrität mit Rücksicht auf die ethnische, geographische und religiöse Zusammensetzung Afghanistans und der Bedeutung der Teilnahme von Frauen, statt.
Kein Mitglied der Übergangsverwaltung darf gleichzeitig der Unabhängigen Kommission für die Versammlung der Loya Jirga angehören.
Hamid Karzai legte am 22.12.2001 im Innenministerium in Kabul vor dem amtierenden Vorsitzenden des Obersten Gerichts den Amtseid ab. Nach seiner Vereidigung nahm Karzai seinerseits den Kabinettsmitgliedern den Amtseid ab und skizzierte einen 13-Punkte-Plan seiner Regierung. Darin versprach er laut Korrespondentenberichten, die islamischen Regeln zu achten, aber auch bürgerliche Freiheiten wie das Recht auf freie Meinungsäußerung und Glaubensfreiheit. Er versprach, für die Rechte der afghanischen Frauen einzutreten. Ebenso nannte er Sicherheit und Frieden, den Aufbau einer nationalen Armee und einer fähigen Beamtenschaft und die Reformierung des Bildungswesen als Prioritäten.
Bereits einen Tag nach der Angelobung kam die neue afghanische Regierung unter Interimspremier Karzai am Sonntag im Präsidentenpalast der Hauptstadt Kabul zu ihrer ersten Sitzung zusammen. Wichtigster Tagesordnungspunkt: Die innere Sicherheit. Als eine der ersten konkreten Taten überlegt das Kabinett, eine Sonderkommission zur Untersuchung von Kriegsverbrechen einzusetzen. Taliban-Kommandanten, denen Grausamkeiten nachgewiesen werden können, sollen vor Gericht.
Die Übergangsregierung wird von der internationalen Staatengemeinschaft als rechtmäßige Vertretung anerkannt und den Sitz des Landes in der UNO und anderen Internationalen Organisationen einnehmen.
Vom 11.06.2002 bis zum 19.06.2002 tagte die Große Ratsversammlung "Loya Jirga" mit rund 1600 Delegierten. Hamid Karzai wurde mit einer Stimmenmehrheit von ca. 80 Prozent als neues Staatsoberhaupt Afghanistans gewählt. Seit dem 23.06.2002 steht die neue Zusammensetzung der Interimsregierung fest, die Afghanistan in den nächsten 18 Monate zu frei Wahlen führen soll. Bei der Verteilung der Ministerposten wurden die ethnischen Gruppierungen berücksichtigt, um den tonangebenden Tadjiken eine Gegengewicht zu setzen. Die Ministerien werden aus Kostengründen von 30 auf etwa 20 reduziert werden. Dazu werden aber neun beratende Kommissionen geschaffen, je eine für Verteidigung, zur Überwachung der (zahlreichen) Geheimdienste, für die Wirtschaft, die Verwaltung, den Aufbau des Justizorgane, die Zölle, für ausländische Hilfe, ausländische Investitionen und für Radio und Fernsehen.
Bis dato wurde der politische "Fahrplan", welcher im Bonner Abkommen festgelegt ist, eingehalten.
Sicherheitslage
Mit dem Auftrag Sicherungs- und Schutzaufgaben zu übernehmen, wurde in Kabul die International Security Assistance Ford (ISAF), stationiert. Die Vorhut der internationalen Schutztruppe für Afghanistan ist bereits am 03.01.2002 in Kabul eingetroffen. Dem ISAF-Erkundungsteam gehören Militärvertreter aus Frankreich, Deutschland, Griechenland, Spanien, Italien, den Niederlanden, Dänemark, Österreich, Schweden, Norwegen, Finnland und Rumänien an. Am 24.05.2002 hat der UN-Sicherheitsrat einstimmig das Mandat für die internationale Schutztruppe in Afghanistan um sechs Monate verlängert. Zugleich lehnte der Sicherheitsrat eine Verstärkung der 4650 Mann zählenden Truppe sowie eine Ausdehnung ihres Einsatzgebietes über die Hauptstadt Kabul hinaus ab. Am 20.06.2002 übernahm der türkische General Hilmi Akin Zorlu für sechs Monate das Kommando über die internationale Schutztruppe.
Wirtschaftliche Lage
Die derzeitige Situation in Afghanistan ist geprägt durch den nunmehr über 20jährigen Krieg, einer verheerenden Dürre im Sommer 2000 und eines schlechten Winters. Durch diese Faktoren stellt sich die Sicherheit der Bevölkerung, die Nahrungsmittelversorgung und die humanitäre Lage besonders in den Kriegsgebieten katastrophal dar. Dies hat einen gewaltigen Flüchtlingsstrom in die angrenzenden Staaten zur Folge, wodurch sich im Besonderen die Situation der afghanischen Flüchtlinge in Pakistan drastisch verschlechtert hat. Die Situation hat sich durch die Militärschläge der USA massiv verschärft.
Trotz widriger Umstände sind bereits viele Flüchtlinge wieder in Ihre Heimat zurückgekehrt. Zehntausende von vertriebenen Hazara haben sich in ihre Heimatprovinz Bamian in Zentralafghanistan begeben, um ihre von den Taliban zerstörten Wohnhäuser wiederaufzubauen. Der UNHCR leitet seit März 2002 ein Rückführ-Programm, das größte aller Zeiten. Bereits am 16.06.2002 ist der einmillionste Flüchtling wieder nach Afghanistan zurückgekehrt.
Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen hat die Sanktionen gegen die afghanische Zentralbank aufgehoben und wurden somit die zur Taliban-Zeit blockierten Konten mit einem Guthaben von 221 Mio. Dollar freigegeben. Bei der im Januar 2002 stattgefunden Geberkonferenz in Tokio wurden Hilfszahlungen von über 5 Mio. Euro für den Wiederaufbau des schwer kriegszerstörten Landes zugesagt. Die EU ist bereits mit verschiedenen Programmen für die Unterstützung der öffentlichen Verwaltung, für die Wiederinstandstellung städtischer Infrastrukturen, für die Wiederankurbelung der Landwirtschaft und für die Minenräumung präsent.
Allgemeine Menschenrechtssituation im Islamischen Staat Afghanistans:
Als ein Mitglied der Vereinten Nationen ist Afghanistan erst im Begriff, die Menschenrechte entsprechend aufzubauen. Afghanistan hat ein Abkommen für zivile und politische Rechte, einen internationalen Vertrag für Wirtschaft, soziale und kulturelle Rechte, eine Konvention gegen Folter, eine Konvention für Rechte der Kinder und 1946 die Konvention für Privilegien und Immunität der Vereinten Nationen, ratifiziert.
Bei der kampflosen Einnahme der Stadt Mazar-i Sharif am 09.11.2001 wurde sofort eine Amnestie ausgerufen und die Taliban-Edikte aufgehoben. Frauen können wieder eine Arbeit nachgehen und Mädchen dürfen wieder die Schule besuchen. Am 14.11.2001 ist der von den Taliban entmachtete afghanische Präsident Burhanuddin Rabbani in seine Heimat zurückgekehrt. Als erste offizielle Amtshandlung hat Rabbani "zum Einhalt der Einheit des Staates" eine Generalamnestie verkündet. Die Amnestie gilt für die Angehörigen aller Völker und Nationalitäten des Landes, ausgenommen davon sind allerdings Kriegsverbrecher. Auch durch den Regierungschef von Afghanistan, Karzai Hamid, wurde eine Amnestie für die Taliban in Kandahar, die am 07.12.2001 kapitulierten, erlassen, mit der Bedingung, sich nicht politisch zu betätigen.
Langsam kehrt in Afghanistan wieder ein normales Alltagsleben ein. Frauen müssen nicht mehr die Burka tragen, Schulen wurden eröffnet, die afghanische Fluglinie hat wieder Ihren Betrieb aufgenommen. Auch finden Theatervorstellungen statt, Musik ist erlaubt und auch der Fernseher sowie Satellitenschüssel haben wieder Einzug in Afghanistan gefunden.
(Quellenangabe: Bericht Dr. Mostafa Danesch v. 05.04.1997; Stellungnahme von AI Zl. ASA11-97.007 v. 09.12.1997; Workshop
Afghanistan im Bundesamt v. 03.05.2001: Beitrag v. Dr. Michael
Pohly: Afghanistans Weg in die Katastrophe; Fischer Weltalmanach 2002; Aktuelle Lage in Afghanistan: Zusammenfassung v. Presseartikel, abgelegt in Länderdokumentation BAA)
Ihre Angaben wurden nach dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung wie folgt gewürdigt:
Die Formulierung im Paragraph 7, AsylG "wenn glaubhaft ist" bringt zum Ausdruck, dass im Asylverfahren nicht der "volle Beweis" gefordert ist, sondern, dass die "Glaubhaftmachung" genügt.
Ein Vorbringen wird dann glaubhaft sein, wenn es vier Grundanforderungen erfüllt:
1. Das Vorbringen des Asylwerbers ist genügend substantiiert. Dieses Erfordernis ist insbesondere dann nicht erfüllt, wenn der Asylwerber den Sachverhalt sehr vage schildert oder sich auf Gemeinplätze beschränkt, nicht aber in der Lage ist, konkrete und detaillierte Angaben über seine Erlebnisse zu machen.
2. Das Vorbringen muss, um als glaubhaft zu gelten, in sich schlüssig sein. Der Asylwerber darf sich nicht in wesentlichen Aussagen widersprechen.
3. Das Vorbringen muss plausibel sein, dh. mit den Tatsachen oder der allgemeinen Erfahrung übereinstimmen. Diese Voraussetzung ist ua. dann nicht erfüllt, wenn die Darlegungen mit den allgemeinen Verhältnissen im Heimatland nicht zu vereinbaren sind oder sonst unmöglich erscheinen und
4. der Asylwerber muss persönlich glaubwürdig sein. Das wird dann nicht der Fall sein, wenn sein Vorbringen auf gefälschte oder verfälschte Beweismittel abgestützt ist, aber auch dann, wenn er wichtige Tatsachen verheimlicht oder bewusst falsch darstellt, im Laufe des Verfahrens das Vorbringen auswechselt oder unbegründet und verspätet erstattet oder mangelndes Interesse am Verfahrensablauf zeigt und die nötige Mitwirkung verweigert.
Die Behörde geht davon aus, dass Sie Afghanistan aus den von Ihnen vorgebrachten Gründen verlassen haben.
Bei der rechtlichen Beurteilung des festgestellten Sachverhaltes ist von folgender Gesetzeslage auszugehen:
Zu I:
Gemäß Paragraph 7, AsylG 1997 hat die Behörde Asylwerbern auf Antrag mit Bescheid Asyl zu gewähren, wenn glaubhaft ist, dass Ihnen im Herkunftsstaat Verfolgung (Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, der Genfer Flüchtlingskonvention) droht und keiner der in Artikel eins, Abschnitt C oder F der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Endigungs- oder Ausschlussgründe vorliegt.
Unter der Wortfolge "Verfolgung droht" sind im Sinne des Verweises auf Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, der Genfer Flüchtlingskonvention Ereignisse zu subsumieren, aus denen sich ein Mensch aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.
Wesentliche Voraussetzung für die Asylgewährung ist daher die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Diese liegt dann vor, wenn eine mit Vernunft begabte Person in der individuellen Situation des Asylwerbers Grund hat, eine Verfolgung zu fürchten. Verfolgungsgefahr ist also bei einem Eingriff von erheblicher Intensität in die vom Staat zu schützende Sphäre des Einzelnen zu verstehen, welcher geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates beziehungsweise die Rückkehr in das Land des vorherigen Aufenthaltes zu begründen. Die Verfolgungsgefahr muss darüber hinaus ihre Ursache in den im Gesetz genannten Gründen haben und muss Ursache dafür sein, dass sich die betreffende Person außerhalb ihres Heimatlandes beziehungsweise des Landes ihres vorherigen Aufenthaltes befindet, das heißt sie muss dem Heimatstaat beziehungsweise dem Staat des vorherigen Aufenthaltes zurechenbar sein. Zurechenbarkeit bedeutet nicht nur ein Verursachen, sondern bezeichnet eine Verantwortlichkeit in bezug auf die bestehende Verfolgungsgefahr. Die Verfolgungsgefahr muss auch aktuell sein, was bedeutet, dass sie zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung vorliegen muss. Vergangene Verfolgungshandlungen genügen nicht, stellen jedoch regelmäßig im Beweisverfahren ein wesentliches Indiz für eine bestehende Verfolgungsgefahr dar, die dem Wesen nach eine Prognose verlangt.
Daraus folgt, dass die Bedrohung aktuell, dh. auch noch im Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides, vorhanden sein muss vergleiche Erk. des VwGH vom 22.11.1995, Zl. 95/21/0059).
Dieser Voraussetzung mangelt es jedoch in Ihrem Fall. Seit den von Ihnen vorgebrachten Ereignissen hat sich die Lage in Ihrem Herkunftsstaat - wie bereits oben erwähnt - grundlegend geändert. So wurde das Taliban-Regime zwischenzeitlich gestürzt. Eine Verfolgung durch die Taliban kann seitens der erkennenden Behörde daher ausgeschlossen werden.
Auch kehrt nach und nach wieder Ordnung in das Land ein. Die neue Regierung ist bestrebt, rechtsstaatliche Strukturen herzustellen, sodass auch nicht von einer drohenden Verfolgungsgefahr durch die Mujaheddin ausgegangen werden kann.
Sie vermochten also, insgesamt beurteilt, nichts vorzubringen, was unter einem der Tatbestände der Genfer Flüchtlingskonvention subsumierbar wäre. Sie sind demnach nicht Flüchtling im Sinne dieser internationalen Norm und konnte Ihnen aus diesem Grunde Asyl nicht gewährt werden.
Auf die zahlreichen - zum Teil gravierenden - Widersprüche und Ungereimtheiten in Ihrem Vorbringen wurde seitens der erkennenden Behörde in weiterer Folge nicht mehr eingegangen.
Zu II:
Gemäß Paragraph 8, AsylG hat die Behörde, im Falle einer Abweisung eines Asylantrages, von Amts wegen bescheidmäßig festzustellen, ob eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in den Herkunftsstaat zulässig ist.
Paragraph 8, AsylG 1997 verweist auf Paragraph 57, Fremdengesetz (FrG), BGBl römisch eins 1997/75, wonach die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig ist, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass sie Gefahr liefen, dort einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe unterworfen zu werden.
Überdies ist nach Paragraph 57, Absatz 2, FrG die Zurückweisung oder Zurückschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Artikel 33, Ziffer eins, der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl 1955/55, in der Fassung des Protokolles über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl 1974/78).
Der Prüfungsrahmen des Paragraph 57, Absatz eins, FrG wird durch Paragraph 8, AsylG auf den Herkunftsstaat des Fremden beschränkt.
Das Vorliegen der Voraussetzungen des Paragraph 57, Absatz 2, FrG wurde bereits unter Spruchpunkt römisch eins geprüft und verneint.
Das Bundesasylamt hat somit zu klären, ob stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass Sie Gefahr liefen, in Afghanistan einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe unterworfen zu werden.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger Rechtssprechung erkannt, dass der Antragsteller das Bestehen einer aktuellen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten Bedrohung der relevanten Rechtsgüter glaubhaft zu machen hat, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffender, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerter Angaben darzutun ist (für viele: VwGH 26.6.1997, 95/18/1291; 17.7.1997, 97/18/0336).
Diese Mitwirkungspflicht des Antragstellers bezieht sich zumindest auf jene Umstände, die in der Sphäre des Asylwerbers gelegen sind, und deren Kenntnis sich die Behörde nicht von Amts wegen verschaffen kann ( VwGH 30.9.1993, 93/18/0214).
Die Gefahr muss sich auf das gesamte Staatsgebiet beziehen (VwGH 23.6.1994, 94/18/0295) und muss die drohende Maßnahme von einer bestimmten Intensität sein, ein Mindestmaß an Schwere erreichen, um in den Anwendungsbereich des Artikel 3, MRK zu gelangen.
Hinsichtlich der Glaubhaftmachung des Vorliegens einer drohenden Gefahr im Sinne des Paragraph 57, Absatz eins, FrG ist es erforderlich, dass der Fremde, die für diese ihm drohende Behandlung oder Verfolgung sprechenden Gründe, konkret und in sich stimmig schildert (VwGH 26.6.1997, 95/21/0294), und dass diese Gründe objektivierbar sind (VwGH 5.4.1995, 93/18/0289).
Wenngleich in Ihrem Fall eine asylrelevante Verfolgung nicht vorliegt, so bleibt für die Behörde doch zu befinden, dass sich Afghanistan in einer schwierigen Umwälzungsphase befindet, wirtschaftlich darniederliegt und daher eine Prüfung unter Zugrundelegung des Zumutbarkeitskalküls geboten ist. Für die Bewertung, ob die Lebensgrundlage nicht mehr gegeben ist, setzt das hierfür aus der Lehre und Judikatur entwickelte "Zumutbarkeitskalkül" voraus, dass der Asylwerber im in Frage kommenden Gebiet in eine ausweglose Lage gerät. Sowohl Ihre Ausführungen, wie auch die Berücksichtigung individueller, Sie betreffender Faktoren (Alter, Bildungsgrad, Berufsausübung, Volksgruppe, Anknüpfungspunkte etc.) und die derzeitige Lage in Afghanistan lassen die Behörde zum Befinden kommen, dass in Ihrem Falle die Kriterien für eine ausweglose Lage derzeit (noch) vorliegen, Ihnen somit objektiv gesehen, die Lebensgrundlage in Ihrem Herkunfts- und Heimatstaat entzogen ist.
Auf Basis dessen gelangt die Behörde zur Ansicht, dass Gründe für die Annahme bestehen, dass Sie im Falle einer Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung Gefahr liefen, in Afghanistan insoweit einer unmenschlichen Behandlung unterworfen zu werden, als Ihnen die Lebensgrundlage entzogen wäre, womit festzustellen war, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nicht zulässig ist.
Zu III:
Ihr Asylantrag wurde aus anderen als den Asylsschlussgründen vergleiche Paragraph 13, AsylG) abgewiesen (siehe Spruchpunkt römisch eins). In Spruchpunkt römisch II wurde gemäß Paragraph 8, AsylG festgestellt, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung Ihrer Person in den Herkunftsstaat unzulässig ist.
Bei der rechtlichen Beurteilung des oben festgestellten Sachverhaltes ist von folgender Gesetzeslage auszugehen.
Gemäß Paragraph 15, Absatz eins, AsylG ist Fremden, deren Asylantrag aus anderen Gründen als den Asylausschlussgründen (Paragraph 13,) rechtskräftig abgewiesen wurde, und die sich ohne rechtmäßigem Aufenthalt im Bundesgebiet befinden, mit Bescheid eine befristete Aufenthaltsberechtigung zu erteilen, wenn gemäß Paragraph 8, festgestellt wurde, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung unzulässig ist.
Gemäß Paragraph 15, Absatz 2, AsylG hat das Bundesasylamt, würden die Fremden die Berechtigung zum Aufenthalt mit der Abweisung des Antrages verlieren, die befristete Aufenthaltsberechtigung mit dieser Abweisung zu verbinden; fällt die Berechtigung zum Aufenthalt später weg, so kann sie dann erteilt werden. Verlieren die Fremden die Berechtigung zum Aufenthalt erst mit der Bestätigung der Abweisung, so hat der unabhängige Bundesasylsenat die befristete Aufenthaltsberechtigung mit dem Berufungsbescheid zu verbinden. Die Verlängerung solcher befristeter Aufenthaltsberechtigungen sowie deren Widerruf obliegt jedoch dem Bundesasylamt. Gemäß Paragraph 15, Absatz 3, AsylG ist die befristete Aufenthaltsberechtigung für höchstens ein Jahr und nach der zweiten Verlängerung für jeweils höchstens drei Jahre zu bewilligen.
Wie nunmehr durch die Judikatur des VfGH (G 138/00 vom 15.06.2001) und die Rechtspraxis des UBAS (227.659/3-I/02/02 vom 24.0ß6.2002) hinreichend klargelegt wurde, ist es Aufgabe des Bundesasylamtes unter "Bedachtnahme auf die Zielsetzung der Regelung" die befristete Aufenthaltsberechtigung mit dem Bescheid gemäß Paragraph 8, AsylG verbinden, also diese gleichzeitig zu erteilen auch wenn ihre Wirkung von Gesetzes wegen erst mit der Rechtskraft der zur Beendigung des Aufenthaltsrechtes führenden Entscheidung sowie unter weiteren gesetzlichen Voraussetzungen eintritt.
Die Zielsetzung der Regelung des Paragraph 15, AsylG ist, dem Fremden, der aus den in Paragraph 8, leg. cit. Genannten Gründen nicht in der Lage ist, in sein Herkunftsland zurückzukehren und dessen Asylantrag aus anderen als den Asylausschlussgründen rechtskräftig abgewiesen wurde, eine befristete Aufenthaltsberechtigung zu erteilen, "um den plötzlichen Verlust der vorläufigen Aufenthaltsberechtigung abzuwenden" vergleiche VfGH vom 15.06.2001, G 138/00).
Da das Non-Refoulement-Verfahren gemäß Paragraph 8, AsylG ergeben hat, dass Ihre Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in Ihren Herkunftsstaat unzulässig ist, war Ihnen nach der Judikatur des VfGH und der Rechtspraxis des UBAS eine bedingte Aufenthaltsberechtigung befristet auf drei Monate zu ereilen. Die Festlegung der Frist von drei Monaten ist von folgenden Überlegungen getragen: Mit der befristeten Aufenthaltsberechtigung soll dem Umstand Rechnung getragen werden, dass zum Entscheidungszeitpunkt eine Rückkehr in den Herkunftsstaat unmöglich ist. Für die Bestimmung der Länge der Frist ist daher eine Prognose über die wahrscheinliche Dauer dieses Zustandes anzustellen. Die zitierte Judikatur bringt es mit sich, dass neben der allgemein schwierigen Bewertung der landesspezifischen Situation noch weitere, nicht mit hinreichender Sicherheit prognostizierbare Umstände, wie zB die Frage der Berufungseinbringung oder die Frage der Verfahrensdauer des Berufungsverfahrens, hinzukommen. Durch die Gewährung einer dreimonatigen Aufenthaltsberechtigung ab Rechtskraft der Entscheidung nach Paragraph 7 und Paragraph 8, AsylG ist jedenfalls sichergestellt, dass hinreichend Zeit für die Setzung der geboten erscheinenden Maßnahmen durch den Asylwerber besteht und somit dem Ziel des Paragraph 15, - wie es vom VfGH ausformuliert wurde - Rechnung getragen wurde.
Die judiziellen Vorgaben an das Bundesasylamt bezüglich des Zeitpunktes der Erteilung einer befristeten Aufenthaltsberechtigung (UBAS vom 24.06.2002, 227.659/3-I/02/02: mit dem Bescheid nach Paragraph 8, verbinden) bewirken, dass die "Nebenbestimmung" des Paragraph 15, AsylG ihrerseits mit einer Nebenbestimmung versehen werden muss (UBAS vom 24.06.2002, 227.659/3-I/02/02: auch wenn ihre Wirkung von Gesetzes wegen erst mit der Rechtskraft der zur Beendigung des Aufenthaltsrechtes führenden Entscheidung .... eintreten würde). Im Sinn der gebotenen Rechtssicherheit war die vorläufige Aufenthaltsberechtigung daher zu bedingen, das heißt der Hauptteil des Bescheides (sprich die Erteilung einer befristeten Aufenthaltsberechtigung) ist vom Eintritt bestimmter künftiger, ungewisser Ereignisse abhängig. Diese Bedingungen ergeben sich unmittelbar aus Paragraph 15, Absatz eins und Absatz 2, AsylG und umfassen
Das Asylverfahren ist rechtskräftig abgewiesen.
Die Abweisung des Asylantrages erfolgte aus anderen als den Asylausschlussgründen (Paragraph 13, AsylG).
Sie besitzen im Zeitpunkt der Rechtskraft des Asylbescheides keine (sonstige) Aufenthaltsberechtigung.
Im Zeitpunkt der Rechtskraft des Asylbescheides sind Sie nicht österreichischer Staatsbürger oder Staatsbürger eines EU-Staates.
Sie befinden sich zum Zeitpunkt der Rechtskraft des Asylbescheides im Bundesgebiet.
Im Zeitpunkt der Rechtskraft des Asylbescheides ist Ihnen kein dauerndes Aufenthaltsrecht in einem sicheren Drittstaat gewährt.
Auszugehen ist nämlich davon, dass die Rechtskraft der Asylentscheidung nicht die einzige gesetzliche Voraussetzung für die Erteilung der befristeten Aufenthaltsberechtigung darstellt, sodass zusätzlich zu diesem Erfordernis die weiteren genannten Bedingungen aufzunehmen waren, dies auch deshalb als mit Eintritt der Rechtskraft der Asylentscheidung keine diesbezügliche Prüfung des Vorliegens dieser Voraussetzung durch den UBAS mehr stattfinden kann. Auch ein eventueller Widerruf der bereits erteilten Aufenthaltsberechtigung kommt dann (ausgenommen für die Bedingungen 2 und 6 wie unten erläutert wird) nicht in Betracht, zumal keine gesetzliche Grundlage vorhanden ist.
Zu den einzelnen Voraussetzungen:
1. Gemäß Paragraph 15, Absatz eins, AsylG 1997 muss das Asylverfahren rechtskräftig abgewiesen worden
sein. Würde der UBAS etwa mit einer Zurückweisung vorgehen, oder aber sogar Asyl
gewähren, erlangt die nunmehr erteilte Aufenthaltsberechtigung keine Gültigkeit.
2. Sollte die Abweisung aufgrund der Annahme des Vorliegens eines Asylausschlussgrundes
(Paragraph 13, AsylG 1997) erfolgen, so ist die gegenständliche Erteilung hinfällig.
3. Voraussetzung für die Gültigkeit der nunmehrigen Erteilung ist gem. Paragraph 15, Absatz eins, AsylG
1997 auch, dass Ihnen zwischenzeitlich nicht eine andere Aufenthaltsberechtigung, wie
etwa nach dem FrG, erteilt wurde.
Da Paragraph 15, Aufenthaltsberechtigungen nur an Fremde (nach gegenständlicher Rechtsauffassung inkludiert auch "Asylwerber") erteilt werden können, ergibt sich als weitere Gültigkeitsbedingung, dass Ihnen nicht zwischenzeitlich die österreichische Staatsbürgerschaft oder eine andere EU-Staatsbürgerschaft erteilt wurde.
Ebenso müssen Sie sich zum Zeitpunkt der UBAS-Entscheidung auch im österreichischen Bundesgebiet aufhalten. Beide letzteren Voraussetzungen wären allerdings voraussichtlich möglicherweise durch die in 1.) erwähnte Bedingung bereits abgedeckt. Da jedoch die Entscheidung des UBAS in jenen Fällen nicht hypothetisch vorhergesehen werden kann, waren die Bedingungen 4 und 5 dennoch hier zu vermerken.
Sollte Ihnen zwischenzeitlich ein dauerndes Aufenthaltsrecht in einem sicheren Drittstaat erteilt werden, so erlangt die jetzige Erteilung gem. Paragraph 15, Absatz 4, AsylG 1997 keine Gültigkeit.
Die Bedingungen 2 und 6 waren trotz der gesetzlich vorgesehenen Möglichkeit des Widerrufs aufzunehmen, da einer Nichterteilung Vorrang gegenüber einem Widerruf zukommt.
Die Prüfung des Vorliegens der genannten Voraussetzungen wird in der Folge von jener Behörde durchgeführt werden müssen, welche sich in irgendeiner Art und Weise in ihrer Tätigkeit auf das Vorliegen der Paragraph 15 -, A, u, f, e, n, t, h, a, l, t, s, b, e, r, e, c, h, t, i, g, u, n, g, zu stützen beabsichtigt."
Dieser Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am 27. März 2003 durch persönliche Übernahme zugestellt. Mit Schriftsatz vom 10. April 2003 erhob der Beschwerdeführer fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde gegen die Spruchpunkte römisch eins. und römisch III. des angefochtenen Bescheides. Am 24. April 2003 brachte der Beschwerdeführer ergänzende Ausführungen zu seiner Beschwerde ein, wonach er in Afghanistan von den Taliban verfolgt werde, da er Mitglied der Jamiat-e Eslami gewesen sei. Seine Brüder seien aus ebendiesem Grund von den Taliban festgenommen und vermutlich in weiterer Folge getötet worden. Zum Zeitpunkt der Festnahme habe sich der Beschwerdeführer selbst nicht zu Hause, sondern bei seinem Onkel befunden, weshalb er der Festnahme entgangen sei. Auch von den Mujaheddin fühle sich der Beschwerdeführer bedroht, da diese seinen Vater getötet hätten. Er sei umgebracht worden, weil er vormals mit dem kommunistischen Machthaber Najibullah sympathisiert habe. Nun fürchte der Beschwerdeführer, dass jene sich nunmehr wieder an der Macht befindlichen Mujaheddin, die seinen Vater getötet hätten, ihn aus demselben Grund umbringen würden. Zur Situation in Afghanistan wurden weiters mehrere Berichte internationaler Institutionen zitiert.
In der Einvernahme zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung vor dem unabhängigen Bundesasylsenat am 24. Oktober 2007, an der auch der dem Beschwerdeverfahren beigezogene Sachverständige für Afghanistan, Dr. S.R., teilnahm, brachte der Beschwerdeführer Folgendes zu Protokoll:
"EL: Sind die erstinstanzlichen NS inhaltlich richtig und rückübersetzt worden?
BW: Ja. Es gibt schon ein paar Fehler, weil der Dolmetscher ein Perser war, meine Muttersprache ist Pashtu. Ich habe gesagt, dass meine Schwester schwer krank und war man hat geschrieben, dass sie tot wäre. Nach dem Sturz des Najib Bullah des kommunistischen Regimes in Afghanistan kamen die Mujaheddin an die Macht. Mein Vater mit der Hezbe Islami zusammen gearbeitet, nachher hat er die Position gewechselt und hat sich der S.H. angeschlossen, ich war nicht Mitglied der Hezbe Islami, dass wurde fälschlicher Weise protokolliert. Ich habe nur die Geschichte meines Vaters erzählt. Der Dolmetscher hat falsch übersetzt, er hat einmal von Hezbe Islami gesprochen und einmal von Jamiat Islami. Am Anfang der Mujeheddin war mein Vater bei der Hezbe Islami. Es gibt noch viele andere Fehler.
EL: Erzählen Sie kurz Ihren Lebenslauf?
BW: Mein Name ist A. Sohn von N.M., mein Nachname ist N.. Mein Muttername ist B.H.. Ich habe 2 Brüder gehabt, sie sind gestorben, einer hieß N.E., der andere H.W.. Meine Brüder sind getötet worden, meine Schwester A. ist noch am Leben. Ich bin vom Distrikt U., Dorf K., Provinz N.. Ich bin vom Stamm M., wir sind nur unter den M. bekannt. Meine Mutter stammt aus L. und stammt von A.-Stamm vom Substamm.
EL: Wo sind Sie geboren?BW: Im Jahre 00.00.1358 (00.00.1979)geboren.
EL: Wo haben Sie die Schule besucht?
BW: Mein Vater war Absolvent der Fakultät für Erziehungswissenschaften. Er hat sein Beruf als Lehrer ausgeübt.
EL: Wo waren Sie in der Schule?
BW: Ich habe von der 1. Klasse bis zur 10.Klasse die höhere Schule in J. besucht, die 11.Klasse im Gymnasium. Die 12.Klasse habe ich in Peshawar absolviert.
EL: Was haben Sie gearbeitet?
BW: Nach dem Abitur bin ich zurück N., ich habe in J. Englisch- und Computerkurse privat besucht und gelegentlich habe ich bei unseren Feldern gearbeitet. Aufgrund meiner Schwierigkeiten ist es mir nicht gelungen, die Zeugnisse für die Kurse, mitzunehmen, ich habe nur die Schulzeugnisse die bei meinem Freund waren in Peshawar, zu bekommen.
EL: Warum haben Sie Afghanistan verlassen?
BW: Da mein Vater ein gebildeter Mensch war hatte er gute Beziehungen mit vielen Personen in N., er hat auch als Büroleiter von S.H. gearbeitet. Als S.H. umgebracht wurde, wurde auch mein Vater getötet. Mein Vater war über alle Vorhaben von S.H. informiert, deshalb hat die römisch zehn unter der Führung von Q.H. und H.A. meinen Vater ermordet. Nach dem Begräbnis meines Vaters haben wir N. verlassen und sind nach L. gegangen. Sie haben vorgehabt meinen Bruder und mich auch umzubringen. Wir sind nach L. gegangen, dann haben wir an verschiedenen Orten gelebt, weil wir Angst hatten, manchmal in L., manchmal in P.. Der Bruder von S.H. hat als Rache viele Mitglieder von römisch zehn umgebracht. Dadurch wurde auch für uns die Lebensbedingungen in Afghanistan noch härter. Als die Taliban an die Macht kamen sind wir wieder nach U. zurückgegangen, aber die Leute der römisch zehn waren auch wieder unter den Taliban an der Macht. Sie haben wieder Schwierigkeiten gemacht. Unter den Deckmantel der Talibanbewegung haben die Mitglieder oder Anhänger der römisch zehn meine zwei Brüder festgenommen und getötet, in der letzten Zeit des Taliban.
SV: Welche politischen Einstellungen hatten Ihre Brüder?
BW: Nach der Ermordung meines Vaters hat mein älterer Bruder manchmal mit dem Bruder von S.H. namens M.H. zusammengearbeitet. Deswegen wurden meine Brüder verhaftet und umgebracht, mir würde das Gleiche passieren. Meine Mutter hat mir vorgeschlagen, als meine Brüder ermordet worden sind, dass ich fliehen solle.
EL: Warum war die römisch zehn nach der Ermordung Ihres Vaters hinter Ihnen und Ihren Brüdern her?
BW: Ich habe Ihnen schon vorher gesagt, dass mein Vater für S.H. gearbeitet hat. Die römisch zehn hat vermutet, da mein Vater für S.H. gearbeitet hat, dass meine Familie die Dokumente von S.H. haben, weil mein Vater ja schon tot war. Sie wollten die Dokumente endgültig vernichten.
SV: Um welche Dokumente hat es sich gehandelt? Welchen Inhalt haben diese?
BW: Mein Vater hat für S.H. alles vorbereitet. Mein Vater war der einzige vertraute von S.H.. Dadurch dass meine Mutter aus demselben Stamm wie S.H. stammt, gab es auch einen Verbindung zu uns. Alle Geheimnisse von S.H. waren bei meinem Vater.
EL: Welche Geheimnisse?
BW: Die römisch zehn hatte Angst gehabt, dass die Nomaden an die Macht kommen können. Mein Vater als Schriftführer hat alle Pläne für S.H. geschmiedet und vorbereitet, daher hatte die römisch zehn die Befürchtung das mein Vater diese Pläne an seine Familie weitergegeben hat. Nachdem Tod meines Vater und S.H. hat mein Bruder mit M.H.
zusammengearbeitet, daher war die Gefahr für uns erhöht.
EL: Von wem werden Sie jetzt verfolgt?
BW: Jetzt momentan ist die D.H., Bruder des Q.H. und sein Sohn Z.H., sowie H.A., sie sind noch immer an der Macht.
EL: Warum verfolgen die Leute Sie jetzt noch?
BW: Sie wollen nicht dass ein männliches Wesen in unserer Familie am Leben bleibt, weil sie das als Gefahr für die Zukunft sehen, dass wir sie verfolgen könnten.
SV: Was hat Ihr Vater vor den Mujaheddin gemacht?
BW: Ich habe vorher gesagt, er war Lehrer in verschiedenen Provinzen in Afghanistan.
EL: Hat er politisch gearbeitet?
BW: Ich war zu dieser Zeit sehr jung, ich weiß es nicht, aber er hat sich mit den Mitgliedern der VDPA getroffen.
SV: Wollen Sie bitte darüber erzählen?
BW: Er war Lehrer, er kannte viele Leute von unserer Gegend, er ging auf manche Veranstaltungen. Wenn wir ihn fragten, wohin er ging, sagte er nur, er hat zu tun.
EL: Hatte er eine politische Funktion?
BW: Ich weiß nur, dass er Lehrer war, über eine konkrete politische Aufgabe weiß ich nichts.
SV: Das was Sie erzählt haben, dass Ihr Vater gemeinsam mit S.H. umgebracht wurde ist sehr allgemein. Daraus entsteht keine private Feindschaft, es war die Feindschaft innerhalb der Mujaheddin Gruppen, wobei Ihr Vater zufällig umgekommen ist, gibt es einen Grund für eine Privatfeindschaft?
BW: Als mein Vater getötet wurde, hat eine Person M.S. den Anspruch erhoben auf unsere Grundstücke. Sie haben die Grundstücke zu sich genommen. Als die Taliban an die Macht kamen, haben wir einen Großteil von unseren Grundstücken zurückbekommen, die Grundstücke die noch okkupiert waren, darauf haben wir verzichtet. Unter der jetzigen Regierung wurden uns die Grundstücke wieder weggenommen. Wenn meine Mutter manchmal nach Peshawar kommt, können wir telefonieren, sie hat mir von den Vorfällen erzählt.
BW ergänzt nach Rückübersetzung, dass er am 00.00.1358 geboren ist (= 00.00.1979).
Weiters sei die Feindschaft mit der römisch zehn wegen S.H. zu einer Privatfeindschaft geworden."
Durch den o.g. Sachverständigen wurde mit 4. März 2008 eine schriftliche Stellungnahme erstellt, der nachfolgende Ausführungen zu entnehmen sind:
"(...)
Ad Ortsangaben des BW:
Die Angaben des BW zu seiner Herkunft und seiner Schulbildung sind authentisch. Es gibt ein Distrikt Namens U. in der Provinz N., wo auch die Angehörigen der Stämme A. und M., zu dem die Familie des BW zugehört, leben. Das Dorf, wo genau der BW gewohnt hat, existiert im Distrikt U.. (siehe Beilage 1 und 2)
Hinsichtlich des Bildungsstands- und Berufe des Vaters des BW:
Nach meinen Recherchen in Wien hat der Vater des BW tatsächlich Erziehungswissenschaften in J. studiert und anschließend war er in der Zeit der Monarchie und während der kommunistischen Herrschaft Lehrer. Hinsichtlich der Zusammenarbeit des Vaters des BW mit einem Mujaheddinkommandanten namens S.H. möchte ich ausführen, dass nach dem Sturz des kommunistischen Regimes die Kommunisten, je nach ihrer ethnischen- und Stammeszugehörigkeit, sich den jeweiligen Mujaheddinkommandanten angeschlossen haben, damit sie überleben. Sie haben für die Mujaheddin sowohl als zivile Beamte, Militärs, Spitzel und als Privatsekretäre gearbeitet. Ob tatsächlich der Vater des BW für S.H. gearbeitet hat, kann ich nicht bestätigen, weil diese Angaben des BW nicht spontan waren.
Hinsichtlich der Verfolgungsgrund des BW:
Wenn der Vater des BW ein Sekretär von S.H. war und er mit S.H. nicht an den kämpferischen Auseinandersetzungen teilgenommen hat, oder wenn er nur zufällig beim Angriff auf S.H. getötet wurde, wird der BW wegen seinem Vater nicht verfolgt. S.H., ein Anführer der O. (die paschtunischen Nomaden im Osten Afghanistans), wurde tatsächlich nach der Machtübernahme der Mujaheddin in N. von seinen Gegnern aus der Reihe der Mujaheddin getötet. Daran war die römisch zehn beteiligt. (vg. Christensen, Asger: Aiding Afghanistan: The Background and prospects for Reconstruction a fragment Society. Sitzung 79, Online.)
Dabei sind Dutzende Menschen, auch Zivilisten, die mit S.H. zusammenarbeiteten, getötet worden. S.H. war ein Kommandant der Mujaheddin, der mit anderen Mujaheddin wie Q.H. und H.A. mehrmals in kriegerischen Auseinandersetzungen geraten war. Deshalb wurde er in einem Hinterhalt von den Anhängern von Q.H. und H.A. getötet. Daraufhin hat sein Bruder, M.H. seinen Stamm aus der Reihe der O. organisiert und ist gemeinsam mit seinen Kämpfern und Personen, die gegen Q.H. waren, gegen die Kommandanten vorgegangen, die am Tod seines Bruders, S.H., mitschuldig waren. An der Grenze zu Pakistan in der Provinz N. hat er diese Kommandanten angegriffen und dabei ca. 70 Kommandanten und ihre Mitkämpfer getötet. Der Bruder des BW ist nach den Angaben des BW nicht mit seinem Vater gemeinsam ums Leben gekommen, sondern er wurde unter den Taliban getötet. Die Angaben des BW zum Tod seines Vaters und seines Bruders, warum sie getötet wurden, sind nicht authentisch, nämlich: dass sein Vater und Bruder deshalb getötet worden wären, weil sie Geheimnisträger von S.H. gewesen seien und die Gegner von S.H. diese Geheimpläne von S.H. bei der Familie des BW vermuteten. Auch der BW werde deshalb verfolgt.
Die Kommandanten wussten aber über die Geheimnisse ihrer Gegner aus der Reihe der ehemaligen Kommandanten. Diese Auseinandersetzung, wobei S.H. getötet wurde, war nur wegen regionaler Macht und nicht wegen bestimmter Geheimnisse. Außerdem wurden die ehemaligen Kommunisten, auch wenn sie mit diesen Kommandanten arbeiteten, nicht in die Geheimnisse der Kommandanten eingeweiht und sie hatten keine genauen Kenntnisse über die Vorhaben der Kommandanten. Wenn tatsächlich die Kommandanten D.H. und H.A. den BW verfolgen würden, dann kann die Mutter des BW nicht in J. bleiben. Wenn es eine tiefe Todfeindschaft zwischen diesen und der Familie des BW gibt, dann greifen sie auch seine Mutter an und konfiszieren ihr Haus. Wenn seine Mutter mit ihrer Kernfamilie, Bruder oder Vater lebt, dann werden diese auch angegriffen, wenn tatsächlich eine schwere Todfeindschaft zwischen der Familie des BW und Gegnern von S.H. existiert. Außerdem sind die Gegner von S.H. mächtige Leute, der Provinz K., Z.H., Kommandant der Grenzbrigade in Nordostafghanistan und H.A. ein bedeutender Kommandant der Nordallianz. Diese haben vor dem BW keine Angst.
Es gibt derzeit mächtige Abgeordnete und Stammeschefs aus der Familie und dem Stamm von S.H., A., in Kabul. Der Stamm macht ca. eine Million der Einwohner Afghanistans aus. Der BW ist von seiner Herkunft her eine unwesentliche Person in den Augen der Gegner von
S.H..
Hinsichtlich der Kontakte des Vater des BW mit den Kommunisten:
Die Zusammenarbeit des Vaters des BW mit S.H. deutet darauf hin, dass der Vater des BW aus der Reihe der H.-Fraktion der VDPA stammt oder stammte. Da er studiert hatte und in verschiedenen Provinzen Lehrer war, ist es nicht ausgeschlossen, dass er, der Vater des BW, sich der H.-Fraktion der VDPA schon nach dem Putsch der Kommunisten im Jahre 1978 angeschlossen hat. Ich habe diesbezüglich in Wien mit den ehemaligen Mitglieder Gespräche geführt und festgestellt, dass man davon ausgehen kann, dass der Vater des BW ein H. gewesen sein könnte. Als die H. 1978 an die Macht kamen, haben sie eine Bodenreform durchgeführt, die Töchter und Frauen auch der traditionellen Menschen zur Schule und zur Erwachsenenbildung gezwungen und tausende Menschen unter der Beschuldigung, Feudalherren und Reaktionäre zu sein, verhaftet, gefoltert und anschließend Tausende von diesen Menschen in den Gefängnissen sogar beim lebendigem Leib begraben. Zur Identifizierung dieser Opfer spielten die Lehrer eine große Rolle. 90% der Lehrer auf dem Lande arbeiteten mit den H. zusammen und waren an der Festnahme der sogenannten Feudalherren und ihrer Enteignung maßgebend. Nach dem Einmarsch der SU Truppen im Dezember 1979 entstand eine Befreiungsbewegung unter dem Namen Mujaheddin. Diese gingen brutal gegen die Schüler und Lehrer vor, tausende Lehrer wurden getötet. Die meisten Lehrer flüchteten in dieser Zeit entweder in die Städte, wo die Kommunisten herrschten, oder ins Ausland. Wenn der Vater des BW tatsächlich in seiner Zeit ein H. war und Menschen dem Geheimdienst verraten hat oder er persönlich Menschen verhaften und töten hat lassen, kann eine Feindschaft entstanden sein, die auch auf seine Söhne Auswirkungen haben kann.
Die Tötung seines Bruders seitens römisch zehn unter den Taliban ist nicht authentisch, weil X-Leute unter den Taliban in der Opposition waren und nach Norden oder in die Bergen geflüchtet waren. Die A. als O., Nomaden, standen den Taliban nah zu dieser Zeit als Kommandanten:
"For example, like the Taliban, the O. are Pashtun, and when the fundamentalist regime was in power, they were allowed to take their herds into the lush Bamiyan Valley of northern Afghanistan, the same region where the Taliban blew up two ancient statues of Buddha in 2001."
Humanitäre- und Sicherheitslage in Afghanistan Seit Anfang 2008.
Die Sicherheitslage hat sich im Gegensatz zum Jahr 2007 nicht gebessert. Die Taliban verüben weiterhin in verschiedenen Teilen Afghanistans Terroranschläge gegen die Regierungsstellen und gegen die Nato-Truppen, dabei kommen unzählige Zivilisten, die zufällig in der Gegend sind oder dass sie für die Regierungsprogramme oder für die Nato als Hilfsarbeiter arbeiten. Diese Anschläge werden meistens in den Paschtunischen Regionen wie Nangarhar verübt und sie haben Einfluss in diesen Regionen.
Die Taliban verüben Selbstmordanschläge auch in den nichtpaschtunischen Regionen wie in Kunduz im Norden Afghanistans in Herat und in Kabul. Die Selbstmordanschläge der Taliban hatten im Jahre 2007 in Kabul zugenommen. Seit Anfang 2008 wurde die Sicherheitskontrolle in Kabul gestärkt, sodass in den letzten Monaten von der Vereitelung von Selbstmordanschlägen in Kabul gemeldet wird. Die bewaffneten Diebstähle und Raubüberfälle mit tödlichen Folgen haben zugenommen. Hierbei geht es darum, dass zunehmend die Rückkehrer angegriffen werden, mit der Vorstellung, dass diese aus dem Ausland Geld mitgenommen haben könnten. Dies ist auch ein Zeichen dafür, dass Armut und Elend in Afghanistan steigt. Die Taliban sind derzeit in der Lage, jede nichtpaschtunische Gegend, wo sich Regierungsgebäude befinden, anzugreifen und sich sofort zurückzuziehen. Die südlichen und östlichen Provinzen werden teilweise von den Taliban kontrolliert. Laut den amerikanischen Stellen hat die Regierung Karzai über 70% Afghanistans keine direkte Kontrolle. Dieser Bericht stimmt nur insofern, dass in Afghanistan derzeit die Exekutive und die Gerichtsbarkeit nicht ordentlich funktioniert und die gefährdeten Personen keinen Schutz bieten können. (...)
Die humanitäre Lage in Afghanistan für die Rückkehrer ist weiterhin prekär. Durch den harten Winter sind taufende Menschen in Afghanistan gestorben und hundertjausende Menschen in ihrer Gesundheit gefährdet worden. Wenn die Rückkehrer keine Gründstücke, kein Haus und kein Geld besetzten, um eine Existenz nach ihrer Rückkehr aufzubauen, sind sie in ihrer Existenz gefährdet. Die afghanische Regierung ist immer noch nicht in der Lage den Rückkehrern Arbeit oder Mittel zur Verfügung zu stellen, damit diese nicht in existenziellen Schwierigkeiten geraten.
Der UNHCR hilft einem geringen Teil der zurückkehren. Die meisten Rückkehrer fristen ihr Dasein unter den Zelten, die von den Hilfsorganisationen aufgestellt werden. Es gibt hauptsächlich Saisonarbeit auf den Feldern im Sommer, welche nur jenen Menschen vorenthalten ist, die schon in Afghanistan leben und schon immer als Saisonarbeiter in ihren Dörfern auf diesen Feldern gearbeitet haben. Saisonarbeit ist nicht ausreichend, dass davon auch die Rückkehr profitieren können. (...)"
Am 6. Mai 2008 führte der unabhängige Bundesasylsenat eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, an der der Beschwerdeführer sowie der o.g. Sachverständige teilnahmen. Dem Protokoll sind folgende Angaben zu entnehmen:
"VL: Wie genau lautet Ihr Name ?
BW: N.A.. Ich wurde am 00.00.1358 geboren (= 00.00.1979).
VL: Sie waren im Okt. 2007 schon einmal beim UBAS bei einer Einvernahme. Kennen Sie den Inhalt der Einvernahme vom Okt. 2007 ?
BW: Teilweise.
Anmerkung: Dem BW wird die Niederschrift vom 24.10.2007 rückübersetzt.
BW: Das Gymnasium, das ich besuchte, heißt W., das ist ein Lyceum.
Mein Distrikt heißt nicht U., sondern U..
VL: Haben Sie Verwandte in Österreich ?
BW: Nein.
VL: Haben Sie in Österreich Bekannte, die über Ihre Situation Bescheid wissen könnten ?
BW: Vielleicht gibt es ein paar Afghanen in Österreich, die über meinen Fall Bescheid wissen, über meinen Vater, als er unter Najibullah arbeitete. Ich habe zu denen keinen Kontakt.
VL: Aus welchen Gründen können Sie nicht nach Afghanistan zurückkehren ?
BW: Wie ich Ihnen bereits gesagt habe, habe ich mit der römisch zehn Schwierigkeiten und zwar mit H.A., der Bruder von K.H. namens D.H. und mit dem Sohn von Q.H., namens Z.H..
Sie sind zurzeit an der Macht und sie wissen nicht, wo ich mich jetzt aufhalte. Wenn sie mich erwischen würden,
würden sie unsere ganze Familie vernichten, weil sie vor unserer Rache Angst haben.
Sie möchten keinesfalls, dass ich am Leben bleibe.
Sie haben auch meinen Vater und 2 Brüder getötet und jetzt sind sie hinter mir her und hinter meiner Mutter und meiner Schwester, die noch am Leben sind.
VL: Wo befindet sich derzeit Ihre Familie ?
BW: Manchmal in L. bei meinem Onkel mütterlicherseits, manchmal in Peshawar, sie müssen sich ständig versteckt halten.
VL: Sehe ich das richtig, dass der eigentliche Fluchtgrund gleichsam eine Blutfehde ist ?
BW: Ja. Sie wollen mich nicht am Leben lassen. Mein Vater hat niemanden getötet. Er hat im Büro gearbeitet, auch mein Bruder hat niemanden getötet, ich selbst habe auch niemanden getötet.
VL: Hat Ihre Familie auf andere Art und Weise andere schwer geschädigt ?
BW: Nein, eigentlich nicht. Mein Vater hat in der Verwaltung gearbeitet, ob jemand zu Schaden gekommen ist, weiß ich nicht.
VL: Worin liegt dann der Grund, dass Sie die oben genannten Personen töten wollen ?
BW: Wie ich Ihnen schon sagte, war mein Vater für S.H. tätig und er war dessen Vertrauter.
Meine Mutter stammt aus dem gleichen Stamm wie S.H.. Mein Vater kannte sich besonders gut im Verwaltungsbereich aus.
Sie haben meinem Vater vorgeworfen, dass alles was S.H. gegen die römisch zehn macht, ein Plan meines Vaters gewesen ist.
VL: Möchten Sie noch etwas anmerken, was sich in der Zwischenzeit begeben hat ?
BW: Ich lebe hier und habe keinen Kontakt zu Afghanistan. Ab und zu spreche ich nur am Telefon mit meiner Mutter. Ich weiß, dass jetzt diese Personen an der Macht sind.
VL: Ergibt sich aus dem Gespräch mit Ihrer Mutter etwas Konkretes zu Ihrer Situation ?
BW: Sie weint und sagt, dass man uns die Grundstücke weggenommen hat.
VL: Hat die Mutter von sonstigen Verfolgungshandlungen gegenüber Ihnen gesprochen ?
BW: Ja. Genau deshalb muss ständig meine Mutter die Wohnadresse wechseln.
VL: Um welche Verfolgungshandlungen ging es dabei ?
BW: Sie sind an der Macht und fragen im Dorf, wo sich zurzeit unsere Familie aufhält.
VL: Wann und wie können Sie Ihre Familie telefonisch erreichen ?
BW: Wenn meine Mutter in Pakistan ist, ruft mich mein Onkel mütterlicherseits hier in Österreich an, dann rufe ich zurück.
VL: Haben Sie die Telefonnummer Ihres Onkels mütterlicherseits ?
BW: Mein Onkel mütterlicherseits hat keinen eigenen Telefonanschluss. Ich habe immer verschiedene Nummern, zB Internetcafe.
Mein Onkel mütterlicherseits ist ein armer Mann, er hat keinen eigenen Telefonanschluss.
VL: Können wir Ihre Mutter irgendwie erreichen ?
BW: Wenn sie nochmals nach Pakistan kommt, werde ich Ihnen gerne die Telefonnummer geben.
Anmerkung: Obwohl dies auf Grund der ständig wechselnden Telefonnummern und ständiger Ortswechsel schwierig ist, wird der BW im Zusammenwirken mit dem SV versuchen, ein Telefongespräch mit der Mutter des BW zustande zu bringen.
Der SV wird beauftragt, gegebenenfalls über dieses Gespräch eine schriftliche Zusammenfassung in deutscher Sprache beizubringen.
Auf Grund der neu hervor gekommenen Beweismöglichkeit wird das bereits angefertigte Gutachten des SV verschoben und gegebenenfalls unter Einbeziehung der Ergebnisse des Telefongespräches neu errichtet bzw. ergänzt werden.
BW: Ich kenne einige Namen, die über die Tätigkeit meines Vaters
Bescheid wissen könnten:
General M.S..
Ich glaube, dass dieser Tätigkeit mit meinem Vater Bescheid wissen müsste, weil sie zusammengearbeitet haben.
(...)"
Mit schriftlicher Stellungnahme vom selben Tag brachte der o.g. Sachverständige Folgendes dem unabhängigen Bundesasylsenat als damals zuständige Behörde zur Kenntnis:
Ich habe heute, den 08.05.08 von 11 bis 12 Gespräche mit der Mutter und Onkel mütterlicherseits des BW in Pakistan geführt und sie haben folgende Angaben zur beruflichen Vergangenheit des Vaters des BW gemacht:
Es wurden folgende Fragen gestellt:
1. Wie heißt Ihr Mann?
2. Was ist mit ihm geworden?
3. Können Sie über seine berufliche Laufbahn erzählen?
4. Seit wann war er mit den Kommunisten zusammen und als was und wo hat er unter den Kommunisten gearbeitet?
5. Welchen Ruf hat er damals in der Bevölkerung gehabt?
6. Sind auf Grund seiner beruflichen Tätigkeit unter den Kommunisten Personen geschädigt wurden?
7. Ist aus dieser Schädigung Blutrache entstanden?
Antwort:
In groben Zügen hat sie Folgendes angegeben. Dieses Gespräch wurde von ihrem Neffen, dem das Telefon gehört, unterstützt und ich habe ebenfalls mit ihm auch gesprochen.
Sie gab an, dass ihr Mann M.N. geheißen hat und mit S.H. durch die Leute von Q.H. und H.A. getötet worden sei.
Er, der Ehemann, hätte unter D.K. (1973-1978) und unter der H.-Fraktion der Kommunisten, 1978 bis 1979, als Beamter in N. und römisch fünf. gearbeitet, dann hätte er am Ende der H., 1979-1980, und unter der Parchamfraktion der VDPA in L., römisch fünf. und N. als Lehrer gearbeitet. Nach dem Sturz des kommunistischen Regimes hätte er sich unter dem Schutz von S.H. gestellt und mit ihm zusammenbearbeitet. Schließlich sei er mit S.H. gemeinsam getötet worden. Sein Tod könnte auch damit zu tun haben, dass er seinerzeit mit den Kommunisten zusammenbearbeitet hat und Q.H. und H.A. als Mujaheddin gegen die Kommunisten gekämpft hätten.
Ob er mit dem Geheimdienst der Kommunisten zusammengearbeitet hat und Menschen geschädigt haben könnte, könne sie nicht mit Sicherheit sagen, weil sie als eine einfache, traditionelle Frau nichts zu sagen gehabt habe und auch nicht von ihrem Mann Informationen diesbezüglich erhalten hätte. Sie lebt immer in Angst, von seinen Feinden, Leute von Q.H. und H.A., angegriffen zu werden. Deshalb lebe sie teilweise in Pakistan und teilweise begebe sie sich unter dem Schutz ihres Bruders in L. in Afghanistan. Sie fürchte mehr um ihre Tochter.
Meine Einschätzung:
Nach dem ihr Mann unter den Kommunisten von der Beamten-Tätigkeit zum Lehrer gewechselt hat, deutet dies daraufhin, dass er ein militanter Kommunist und von T. und A. begeistert war. Deshalb hat er die Aufgabe eines Lehrers aufgenommen, damit er als Agitator arbeiten kann.
Die Lehrer unter H. waren Symbol für militante Kommunisten, Stalinisten. Sie waren bei der Durchführung der kommunistischen Reformen und Identifizierung der "Konterrevolutionäre" gegenwärtig. Deshalb verfolgten die Mujaheddin die Lehrer am Schwersten und töten tausende Lehrer, sobald sie in den ländlichen Bereichen die Oberhand gewonnen hatten."
Am 14. Oktober 2008 fand schließlich die Fortsetzung der am 6. Mai 2008 vertagten Verhandlung statt, an welcher erneut der Beschwerdeführer und der Sachverständige für Afghanistan teilnahmen.
Diese gaben sohin Folgendes zu Protokoll:
"Anmerkung: Der SV wird ersucht, im Anschluss an die letzte Verhandlung somit zwischenzeitigen Ermittlungen zu Protokoll zu geben.
SV: Meine Recherchen haben ergeben, dass der Vater des BF tatsächlich in der Monarchie Erziehungswissenschaften studiert hatte und später auch Lehrer gewesen ist. Der BF stammt tatsächlich aus dem Distrikt U., in der Provinz N.. Ich habe über den Todesumstand von S.H. nachgeforscht und festgestellt, dass S.H. mit Dutzenden von seinen Mitarbeitern seitens römisch zehn der Provinz N. und H.A. getötet worden sind. Diese Tötung ist darauf zurückzuführen, dass die Mujaheddin während des Bürgerkrieges untereinander gestritten haben, sodass sie sich dann gegenseitig angegriffen und dabei manche von ihnen ums Leben gekommen sind. Die Behauptung des BF, dass sein Vater mit S.H. getötet wurde, kann stimmen, aber die Gründe hiefür, die auch zur Verfolgung des BF führen könnten, sind nicht authentisch. Der BF gibt an, dass er und seine Familienmitglieder deshalb verfolgt werden würden, weil die römisch zehn - Leute vermuteten, dass die Geheimnisse von S.H. bei der Familie des BF bekannt sind und deshalb müssen die Mitglieder der Familie des BF sterben. Diese Angaben des BF sind nicht authentisch. S.H. hat keine Geheimnisse gehabt und die Auseinandersetzungen zwischen ihm und anderen Mujaheddin waren Gebietsansprüchen, die allgemein bekannt waren. Hinsichtlich des Vaters des BF und seine Vergangenheit in der kommunistischen Partei habe ich nachgeforscht und dabei einen hohen General des kommunistischen Regimes, der derzeit in Wien als Flüchtling lebt befragt. Es hat sich herausgestellt, dass der Vater des BF besonders am Anfang des kommunistischen Regimes von 1978 bis Ende 1979 für die Kommunisten in seiner Heimatregion tätig gewesen ist. Nachdem kommunistischen Putsch 1978 wollten die Kommunisten eine umfassende Reform in Afghanistan durchführen, z.B. Bodenreform, Frauenemanzipation, Zurückdrängung der Religion usw... Bei der Durchführung der Reformen wurden unzählige Menschen schwerst unterdrückt, getötet und in die Flucht getrieben, besonders die Lehrer waren Vorreiter für diese Reformen und sie haben die Funktion eines Politikers, Geheimdienst und Polizisten gespielt. Nachdem der Bruder des BF unter den Taliban getötet worden ist, gehe ich davon aus, dass der Vater des BF während seines Dienstes für die Kommunisten mehreren Menschen schwer geschadet haben muss, dass seine Kinder heute noch verfolgt werden. Die Gründe für die Tötung des Bruders des BF, die vom BF vorgebracht worden sind, sind nicht authentisch. Die römisch zehn konnte unter den Taliban im Talibanherrschaftsbereich nicht einzelne Personen verfolgen, das war zu gefährlich. Der Bruder des BF ist höchstwahrscheinlich von den Feinden seines Vaters, die der Vater des BF wegen seiner Mitarbeit bei den Kommunisten geschädigt haben könnte, getötet worden. Nachdem die Feindschaft sich fortgesetzt hat, das heißt, nach der Tötung seines Vaters auch der Bruder des BF später getötet wurde, gehe ich davon aus, dass die Feindschaft zwischen der Familie des BF und den Familien der Opfer seines Vaters noch nicht beendet ist. Ich rechne den BF zu dem Personenkreis, die deswegen gefährdet sein könnten, weil Familienangehörige in der Vergangenheit andere Menschen schwer geschädigt haben. Ein Rückruf bei der Mutter des BF hat im Wesentlichen nur ergeben, dass der Vater des BF bei den Kommunisten besonders zur Anfangszeit stark engagiert war. Sie bestätigt, dass der Vater und der Bruder getötet wurden.
ER: Der Gerichtshof geht vorläufig davon aus, dass der Vater des BF zum Anfang der kommunistischen Revolution relativ stark exponiert war und sich in dieser Zeit mit hoher Wahrscheinlichkeit auch große Feindschaften zugezogen haben könnte, die nicht zuletzt im damals brutalen Vorgehen der Kommunisten ihre Ursache haben könnten.
BF: Wenn Sie keine Fragen mehr haben, habe ich von mir aus nichts mehr hinzuzufügen.
BFV: Aus den gutachterlichen Äußerungen ergibt sich mit großer Wahrscheinlichkeit, dass für meinen Mandanten auch weiterhin eine erhebliche Verfolgungsgefahr besteht."
römisch II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:
Auf Grund des Bundesverfassungsgesetzes, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert und ein Erstes Bundesverfassungsrechtsbereinigungsgesetz erlassen wird, Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 2 aus 2008,, wurde das Asylgerichtshof-Einrichtungsgesetz (Bundesgesetz, mit dem ein Asylgerichtshofgesetz erlassen wird und das Asylgesetz 2005, das Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, das Verfassungsgerichtshofgesetz 1953, das Bundesministeriengesetz 1986, das Einführungsgesetz zu den Verwaltungsverfahrensgesetzen 1991, das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, das Fremdenpolizeigesetz 2005, das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz, das Grundversorgungsgesetz-Bund 2005, das Staatsbürgerschaftsgesetz 1985, das Sicherheitspolizeigesetz und das Waffengesetz 1996 geändert werden), erlassen. Die Verfassungsnovelle und das Asylgerichtshof-Einrichtungsgesetz sind mit 1. Juli 2008 in Kraft getreten.
Gemäß Paragraph 75, Absatz 7, AsylG 2005 in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 4 aus 2008, sind am 1. Juli 2008 beim unabhängigen Bundesasylsenat anhängige Verfahren vom Asylgerichtshof nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen weiterzuführen: Mitglieder des unabhängigen Bundesasylsenates, die zu Richtern des Asylgerichtshofes ernannt worden sind, haben alle bei ihnen anhängigen Verfahren, in denen bereits eine mündliche Verhandlung stattgefunden hat, als Einzelrichter weiterzuführen (Paragraph 75, Absatz 7, Ziffer eins, leg. cit.). Verfahren gegen abweisende Bescheide, in denen eine mündliche Verhandlung noch nicht stattgefunden hat, sind von dem nach der ersten Geschäftsverteilung des Asylgerichtshofes zuständigen Senat weiterzuführen (Paragraph 75, Absatz 7, Ziffer 2, leg. cit.). Verfahren gegen abweisende Bescheide, die von nicht zu Richtern des Asylgerichtshofes ernannten Mitgliedern des unabhängigen Bundesasylsenates geführt wurden, sind nach Maßgabe der ersten Geschäftsverteilung des Asylgerichtshofes vom zuständigen Senat weiterzuführen (Paragraph 75, Absatz 7, Ziffer 3, leg. cit.).
Der gegenständliche Fall war am "1. Juli 2008 beim unabhängigen Bundesasylsenat anhängig"; das damalig zuständige Mitglied des unabhängigen Bundesasylsenates wurde zum "Richter des Asylgerichtshofes" ernannt; bereits am 6. Mai 2008 wurde eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt. Im Lichte dessen ist die Zuständigkeit des Richters unmittelbar auf Grund des Gesetzes festgelegt, wobei das Verfahren vom zuständigen Richter als "Einzelrichter" fortzuführen ist.
Gemäß Paragraph 28, Absatz eins, Asylgerichtshofgesetz (Artikel eins, BGBl. römisch eins Nr. 4/2008; im Folgenden: AsylGHG) tritt dieses Bundesgesetz mit 1. Juli 2008 in Kraft. Gleichzeitig tritt das Bundesgesetz über den Unabhängigen Bundesasylsenat - UBASG, Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 77 aus 1997,, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 100 aus 2005,, außer Kraft.
Gemäß Paragraph 23, AsylGHG sind - soweit sich aus dem B-VG, dem AsylG und dem VwGG nichts anderes ergibt - auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des AVG mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffes "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt.
Gem. Paragraph 44, Absatz eins, AsylG in der Fassung BGBl römisch eins 2003/101 werden Verfahren zur Entscheidung über Asylanträge und Asylerstreckungsanträge, die bis zum 30. April 2004 gestellt wurden, nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997, Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 76 aus 1997, in der Fassung des Bundesgesetzes Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 126 aus 2002, geführt. Voraussetzungen betreffend die Ausnahmeregelungen nach Absatz 3, bzw. 5 des Paragraph 44, Absatz eins, AsylG in der Fassung BGBl römisch eins 2003/101 liegen nicht vor.
Im vorliegenden Fall ist daher das AsylG idFdlN BGBl Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 126 aus 2002, (richtig wohl idFdlKdm Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 105 aus 2003,) anzuwenden. Der Beschwerdeführer hat gegen die Spruchpunkte römisch eins. und römisch III. des bekämpften Bescheides Beschwerde erhoben.
Die Bestimmung des Paragraph 7, AsylG hat nachstehenden Wortlaut:
"Asyl auf Grund Asylantrages
Paragraph 7, Die Behörde hat Asylwerbern auf Antrag mit Bescheid Asyl zu gewähren, wenn glaubhaft ist, dass ihnen im Herkunftsstaat Verfolgung (Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, der Genfer Flüchtlingskonvention) droht und keiner der in Artikel eins, Abschnitt C oder F der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Endigungs- oder Ausschlussgründe vorliegt."
Wesentliche Voraussetzung für die Asylgewährung ist sohin, dass die Flüchtlingseigenschaft des Asylwerbers nach der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, Bundesgesetzblatt Nr. 55 aus 1955,, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, Bundesgesetzblatt Nr. 78 aus 1974,, (in der Folge: GFK) "glaubhaft" ist. Von "Glaubhaftmachung" ("Bescheinigung") spricht man - zum Unterschied vom "Beweis" - dann, wenn die Herbeiführung eines behördlichen Urteils über die Wahrscheinlichkeit einer Tatsache genügt vergleiche z.B. UBAS 25.05.1999, 207.650/0-I/03/99; 28.05.1999, 208.445/0-I/03/99; 11.01.2000, 207.193/0-I/03/99). "Glaubhaft" ist sohin eine geltend gemachte Bedrohung schon dann, wenn mehr Gründe für deren Vorliegen als für deren Nichtvorliegen sprechen (siehe Walter/Mayer;
Verwaltungsverfahrensrecht8 [2003], Rz 315; Thienel, Verwaltungsverfahrensrecht [2000]; 164; Hellbling, Kommentar zu den Verwaltungsverfahrensgesetzen römisch eins [1954], 272; Herrnritt, Das Verwaltungsverfahren [1932], 89; Rosenmayr, Asylrecht, in Machacek/Pahr/Stadler, Grund und Menschenrechte in Österreich römisch III [1997], 584; vergleiche dazu z. B. auch VwGH 16.09.1993, 92/01/0787; UBAS 03.02.1998, 201.190/0-II/04/98; 29.12.1999, 200.990/8-II/04/99; 06.09.2000, 209.999/11-I/03/00; 06.02.2005, 241.828/4-I/03/05).
Im Sinne des Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) vom 28.07.1951, Bundesgesetzblatt Nr. 55 aus 1955,, i. römisch fünf.m. Artikel eins, Absatz 2, des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 31.01.1967, Bundesgesetzblatt Nr. 78 aus 1974,, ist als Flüchtling anzusehen, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und sich nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich infolge obige Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.
Zentraler Aspekt der in Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, Genfer Flüchtlingskonvention definierten Verfolgung im Herkunftsstaat ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH 19.12.1995, Zl. 94/20/0858, u.a.m., S.a. VfGH 16.12.1992, Zl. B 1035/92, Slg. 13314).
Gemäß Paragraph 12, AsylG ist die Entscheidung, mit der Fremden von Amts wegen, auf Grund Asylantrages oder Asylerstreckungsantrages Asyl gewährt wird, mit der Feststellung zu verbinden, dass dem Fremden damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
Den Stellungnahmen des o.g. Sachverständigen folgend kann hinreichend davon ausgegangen werden, dass dem Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr in Afghanistan eine asylrelevante Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht vergleiche VwGH 23.09.1998, Zl. 98/01/0224). Diese Beurteilung ergibt sich aufgrund der Gesamtsituation aus objektiver Sicht (s. hierzu VwGH 12.05.1999, Zl. 98/01/0365), die nicht nur die individuelle Situation des Beschwerdeführers, sondern auch die generelle politische Lage in seinem Herkunftsstaat sowie die Menschenrechtssituation derjenigen Personen bzw. Personengruppe berücksichtigt, deren Fluchtgründe mit seinen vergleichbar sind.
Im vorliegenden Fall steht fest, dass der Beschwerdeführer der pashtunischen Volksgruppe zugehört und aus dem Distrikt U. in der Provinz N. stammt. Sein Vater studierte Erziehungswissenschaften in J. und war zu Monarchiezeiten und danach während der kommunistischen Herrschaft in Afghanistan als Lehrer tätig. Besonders zu Beginn des kommunistischen Regimes in den Jahren 1978/79 war der Vater des Beschwerdeführers in seiner Heimatregion für die Kommunisten aktiv. Als Lehrer war er unter den stärksten Befürwortern und Umsetzern kommunistischer Reformen, bei welcher zahlreiche Menschen unterdrückt und getötet wurden. Mit hoher Wahrscheinlichkeit hat sich der Vater des Beschwerdeführers bei seiner damaligen Tätigkeit im Zuge des brutalen Vorgehens der kommunistischen Machthaber Feindschaften zugezogen, die letztlich auch zu der Ermordung des Bruders des Beschwerdeführers geführt haben dürften.
Was die Glaubwürdigkeit des Vorbringens des Beschwerdeführers anbelangt, so ist festzuhalten, dass bereits das Bundesasylamt keinen Grund fand, an seinen Ausführungen zu seinem Fluchtvorbringen zu zweifeln (siehe den Bescheid des Bundesasylamtes vom 20. März 2003, Sitzung 13). Seine Angaben, wonach sein Vater Lehrer und aktiver Unterstützer des kommunistischen Regimes in Afghanistan gewesen sei, sind vor dem Hintergrund der Ermittlungsergebnisse des dem Beschwerdeverfahren beigezogenen Sachverständigen vollkommen glaubwürdig, da diese Tätigkeit sowohl von der telefonisch befragten Mutter als auch von einem in Wien als Flüchtling lebenden, ehemaligen hohen General des kommunistischen Regimes bestätigt wurde.
Es ist im gegenständlichen Fall nach der Stellungnahme des Sachverständigen in der Verhandlung am 14. Oktober 2008 davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer einer Verfolgung durch private Personen mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit unterliegt. So ist eine erhebliche Gefahr von privaten Rachehandlungen dadurch gegeben, dass höchstwahrscheinlich Personen im Zuge der Tätigkeit des Vaters des Beschwerdeführers schwer geschädigt oder getötet wurden. Diese politische Aktivität des Vaters dürfte sogar zu der Ermordung des Bruders des Beschwerdeführers geführt haben. Im Lichte dessen wäre der Beschwerdeführer bei einer Rückkehr nach Afghanistan gefährdet, als Angehöriger der sozialen Gruppe seiner Familie von den Opfern der Tätigkeit seines Vaters zur Verantwortung gezogen zu werden und als Zielscheibe für deren Verfolgungshandlungen zu dienen. Wenngleich die Exekutive große Anstrengungen unternimmt, um der Bevölkerung einen ausreichenden Schutz zu gewähren, ist dies auf Grund der prekären Sicherheitslage in Afghanistan nicht möglich. Von der Schutzfähigkeit afghanischer Behörden kann daher nicht ausgegangen werden.
Ein asylrelevanter Eingriff in die vom Staat schützende Sphäre des Einzelnen führt dann zur Flüchtlingseigenschaft, wenn er an einem in Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, GFK festgelegten Grund, nämlich die Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politische Gesinnung anknüpft. Im Fall des Beschwerdeführers liegt dieses oben dargestellte Verfolgungsrisiko, das in seiner Gesamtheit von asylrelevanter Intensität sein kann, bereits wegen seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe (nämlich zur Gruppe seiner eigenen Familie) vor.
Im Ergebnis weist die den Beschwerdeführer drohende Verfolgungsgefahr ein Maß an Nachhaltigkeit und Intensität auf, die einen Verbleib des Betroffenen im Heimatland als unerträglich vergleiche z. B. VwGH 11.11.1998, Zl. 98/01/0312; 18.02.1999, Zl. 98/20/0468) oder die Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates als unzumutbar erscheinen lassen vergleiche dazu und zur asylerheblichen Intensität einer Verfolgungshandlung für viele z.B. VwGH 12.09.1996, Zl. 95/20/0288). Im Hinblick auf die sehr bedenkliche Sicherheitslage in Afghanistan, ganz abgesehen von der katastrophalen wirtschaftlichen und sozialen Situation in diesem Land, kann nicht von einer inländischen Fluchtalternative ausgegangen werden, die dem Beschwerdeführer zur Verfügung stehen würde bzw. deren Inanspruchnahme für ihn zumutbar wäre vergleiche u.a. z. B. VwGH 08.09.1999, Zl. 98/01/0503).
Endigungs- oder Ausschlusstatbestände konnten im vorliegenden Fall nicht festgestellt werden. Zusammenfassend geht der Asylgerichtshof daher davon aus, dass dem Beschwerdeführer Asyl zu gewähren war.
Gemäß Paragraph 12, AsylG 1997 in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 126 aus 2002, ist die Entscheidung, mit der Fremden von Amts wegen, auf Grund Asylantrages oder auf Grund Asylerstreckungsantrages Asyl gewährt wird, mit der Feststellung zu verbinden, dass dem Fremden damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt. Im Lichte dessen war im vorliegenden Fall auch auszusprechen, dass Herrn N.A. kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
Da dem Beschwerdeführer Asyl zu gewähren war, ist Spruchpunkt römisch III des bekämpften Bescheides rechtwidrig und war ersatzlos aufzuheben.