Datenschutzbehörde

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Entscheidungstext DSB-D123.848/0001-DSB/201...

Entscheidende Behörde

Datenschutzbehörde

Dokumenttyp

Entscheidungstext

Entscheidungsart

Bescheid Beschwerde

Geschäftszahl

DSB-D123.848/0001-DSB/2019Nächster Suchbegriff

Entscheidungsdatum

22.01.2019

Anfechtung beim BVwG/VwGH/VfGH

Dieser Bescheid ist rechtskräftig.

Norm

DSG §1 Abs1
B-VG Art87 Abs2
AEUV Art267
DSGVO Art55 Abs3
AußstrG §1 Abs2
AußstrG §2 Abs1
AußstrG §8 Abs1
AußstrG §101
AußstrG §102
DSGVO Erwägungsgrund20
GOG §83 Abs2
GOG §85 Abs1
DSGVO ErwGr20
  1. B-VG Art. 87 heute
  2. B-VG Art. 87 gültig ab 01.01.2014 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 51/2012
  3. B-VG Art. 87 gültig von 01.01.2004 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 100/2003
  4. B-VG Art. 87 gültig von 01.07.1994 bis 31.12.2003 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 506/1994
  5. B-VG Art. 87 gültig von 19.12.1945 bis 30.06.1994 zuletzt geändert durch StGBl. Nr. 4/1945
  6. B-VG Art. 87 gültig von 03.01.1930 bis 30.06.1934
  1. GOG § 83 heute
  2. GOG § 83 gültig ab 25.05.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 32/2018
  3. GOG § 83 gültig von 01.01.2005 bis 24.05.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 128/2004
  4. GOG § 83 gültig von 10.07.1945 bis 31.12.2004 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 112/2003
  1. GOG § 85 heute
  2. GOG § 85 gültig ab 25.05.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 32/2018
  3. GOG § 85 gültig von 01.01.2005 bis 24.05.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 128/2004
  4. GOG § 85 gültig von 01.08.1989 bis 31.12.2004 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 112/2003
  5. GOG § 85 gültig von 01.05.1983 bis 31.07.1989 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 135/1983

Text

GZ: Vorheriger SuchbegriffDSBNächster Suchbegriff-D123.848/0001-Vorheriger SuchbegriffDSBNächster Suchbegriff/2019 vom 22.1.2019

[Anmerkung Bearbeiter: Namen und Firmen, Rechtsformen und Produktbezeichnungen, Adressen (inkl. URLs, IP- und E-Mail-Adressen), Aktenzahlen (und dergleichen), etc., sowie deren Initialen und Abkürzungen können aus Pseudonymisierungsgründen abgekürzt und/oder verändert sein. Offenkundige Rechtschreib-, Grammatik- und Satzzeichenfehler wurden korrigiert.]

BESCHEID

SPRUCH

Die Datenschutzbehörde entscheidet über die Datenschutzbeschwerde des Bertram A*** (Beschwerdeführer) vom 3. Dezember 2018 gegen das Bezirksgericht N*** (Beschwerdegegner) wegen Verletzung im Recht auf Geheimhaltung in Folge Übermittlung von Einkommensnachweisen wie folgt:

-    Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Rechtsgrundlagen: Artikel 55, und 77 der Verordnung (EU) 2016/679 (Datenschutz-Grundverordnung – DSGVO), ABl. Nr. L 119 vom 4.5.2016, S. 1; Paragraph eins, des Datenschutzgesetzes – Vorheriger SuchbegriffDSBNächster Suchbegriff, Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 165 aus 1999, idgF; Paragraphen 83, ff des Gerichtsorganisationsgesetzes – GOG, RGBl. Nr. 217/1896 idgF; Paragraphen 101, f des Außerstreitgesetzes – AußStrG, Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 111 aus 2003, idgF.

BEGRÜNDUNG

A. Vorbringen der Parteien und Verfahrensgang

1. Der Beschwerdeführer behauptet in seiner Beschwerde unter Beilage einer „Aufforderung zur Äußerung (Paragraph 17, AußStrG)“ sowie des „Protokolls vom 27. November 2018 über einen Antrag auf Erhöhung der Unterhaltsleistung“, beides protokolliert zur GZ 1* Pu *26/18b des Beschwerdegegners, eine Verletzung in seinem Grundrecht auf Geheimhaltung.

Der Beschwerdegegner habe Frau Herta A*** aufgrund ihres Antrages zur Neuberechnung der Unterhaltszahlungen an die beiden Töchter des Beschwerdeführers die Einkommensnachweise des Beschwerdeführers der letzten 1,5 Jahre ausgehändigt.

2. Der Beschwerdegegner führt in seiner Stellungnahme vom 27. Dezember 2018 aus, dass die Datenverarbeitung im Rahmen der justiziellen Tätigkeit erfolgt sei und keine Zuständigkeit der Datenschutzbehörde vorliege. Eine inhaltliche Stellungnahme zur Beschwerde erfolgte nicht.

B. In rechtlicher Hinsicht folgt daraus:

1. Zur justiziellen Tätigkeit

Nach Artikel 55, Absatz 3, DSGVO sind die Aufsichtsbehörden nicht für die Aufsicht über die von Gerichten im Rahmen ihrer justiziellen Tätigkeit vorgenommenen Verarbeitungen zuständig.

Gemäß ErwGr. 20 der DSGVO dient dies der Unabhängigkeit der Justiz bei der Ausübung ihrer gerichtlichen Aufgaben einschließlich ihrer Beschlussfassung. Mit der Aufsicht über die Datenverarbeitungsvorgänge sollten besondere Stellen im Justizsystem der Mitgliedstaaten betraut werden können.

Der DSGVO selbst ist nicht ausdrücklich zu entnehmen, welche gerichtliche Tätigkeit eine justizielle Tätigkeit darstellt.

Nach gefestigter Literaturmeinung fallen Angelegenheiten, die im Rahmen der weisungsgebundenen Justizverwaltung zu erledigen sind, nicht unter den Begriff der „justiziellen Tätigkeit“ vergleiche dazu näher Schmidl in Gantschacher/Jelinek/Schmidl/Spanberger, Kommentar zu Datenschutz- Grundverordnung1 [2017] Artikel 55, Anmerkung 3; Nguyen in Gola (Hrsg.), Datenschutz-Grundverordnung [2017] Artikel 55, Rz. 13; Selmayr in Ehmann/Selmayr (Hrsg.), DS-GVO [2017] Artikel 55, Rz. 12 ff).

Zur Klärung des Begriffs der justiziellen Tätigkeit kann auch die Rechtsprechung des EuGH zu Artikel 267, AEUV als Orientierungshilfe herangezogen werden. Auch wenn der Wortlaut des Artikel 267, AEUV nicht auf eine justizielle Tätigkeit abstellt, so gibt es dennoch einen untrennbaren Zusammenhang zwischen einem vorlagefähigen Gericht und einer justiziellen Tätigkeit.

Aus dieser Rechtsprechung ist abzuleiten, dass nicht jedwede gerichtliche Tätigkeit zur Vorlage von Vorabentscheidungsersuchen ermächtigt. So hat der EuGH bspw. die Vorabentscheidungsersuchen zweier österreichischer Landesgerichte in deren Eigenschaft als Firmenbuchgerichte mit der Begründung zurückgewiesen, dass diese Gerichte über keinen Rechtsstreit zu entscheiden hätten, sondern als das Handelsregister führende Behörden tätig wurden vergleiche dazu den Beschluss vom 22. Jänner 2002, C-447/00, sowie das Urteil vom 15. Jänner 2002, C-182/00).

Nach der Rechtsprechung der Datenschutzbehörde liegt eine Tätigkeit eines Gerichts im Rahmen der justiziellen Tätigkeit vor, wenn sich ein Richter in Ausübung des richterlichen Amtes befindet oder ein Richter oder ein Staatsanwalt sonst in Besorgung der übertragenen Amtsgeschäfte weisungsfrei gestellt ist vergleiche dazu den Bescheid vom 16. Oktober 2018, GZ Vorheriger SuchbegriffDSBNächster Suchbegriff-D123.461/0004-Vorheriger SuchbegriffDSBNächster Suchbegriff/2018).

Unter Zugrundelegung der obigen Ausführungen ist somit das entscheidende Element zur Beantwortung der Frage, ob eine justizielle Tätigkeit vorliegt, das Vorliegen eines Rechtsstreites zwischen zumindest zwei Parteien, in welchem das Gericht als neutrale Instanz eine Entscheidung mit Rechtsprechungscharakter zu treffen hat.

Nicht entscheidend ist hingegen, ob es sich bei diesem Verfahren aus verfahrensrechtlicher Sicht um ein streitiges oder außerstreitiges Verfahren handelt.

2. In der Sache

Im vorliegenden Fall geht es um den Antrag der Herta A*** vom 27. November 2018 auf Neuberechnung der Unterhaltsleistungen für die Töchter des Beschwerdeführers, den diese beim Beschwerdegegner zu Protokoll gegeben hat und im Zuge dessen ihr Einkommensnachweise des Beschwerdeführers ausgehändigt worden sein sollen.

Diese Angelegenheit ist verfahrensrechtlich dem AußStrG unterworfen.

Den allgemeinen Bestimmungen des AußStrG (römisch eins. Hauptstück) ist zu entnehmen, dass es sich bei Verfahren nach dem AußStrG im Regelfall um Mehrparteienverfahren handelt (Paragraph 2, AußStrG) und ein Verfahren grundsätzlich über Antrag einer Partei eingeleitet wird (Paragraphen 8, ff AußStrG). Das angerufene Gericht hat von Amts wegen für den Fortgang des Verfahrens zu sorgen und dieses so zu gestalten, dass eine erschöpfende Erörterung und gründliche Beurteilung des Verfahrensgegenstands und eine möglichst kurze Verfahrensdauer gewährleistet sind. Die Parteien haben das Gericht dabei zu unterstützen (Paragraph 13, AußStrG). Das Gericht hat bei Erforderlichkeit auch mündliche Verhandlungen anzuordnen (Paragraph 18, AußStrG). Das angerufene Gericht entscheidet durch Beschluss (Paragraphen 36, ff AußStrG), der mittels Rekurs angefochten werden kann (Paragraphen 45, ff AußStrG).

Die besonderen Bestimmungen für Unterhaltsstreitigkeiten finden sich in den Paragraphen 101, ff AußStrG, in welchen aber keine verfahrensrechtlichen Abweichungen normiert sind (anders als etwa in den Abschnitten betreffend Erwachsenenschutz- und Verlassenschaftsverfahren).

Daraus folgt, dass es sich bei einem Verfahren betreffend Unterhalt – selbst wenn es sich verfahrensrechtlich nach dem AußStrG richtet – um ein Verfahren handelt, das einen Rechtsstreit beilegen soll und auf eine Entscheidung mit Rechtsprechungscharakter abzielt. Der Beschwerdegegner handelte somit im Rahmen einer justiziellen Tätigkeit.

Die Datenschutzbehörde ist daher gemäß Artikel 55, Absatz 3, DSGVO zur Behandlung der Beschwerde unzuständig.

Der Rechtsschutz bei behaupteten Verletzungen im Recht auf Geheimhaltung durch ein Gericht im Rahmen der justiziellen Tätigkeit richtet sich nach Paragraphen 83, ff GOG.

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

Geheimhaltung, Unzuständigkeit der Datenschutzbehörde, Gerichtsbarkeit, Bezirksgericht, justizielle Tätigkeit, richterliche Unabhängigkeit, Rechtsprechungscharakter, Unterhaltsverfahren nach Außerstreitgesetz

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:Vorheriger SuchbegriffDSBNächster Suchbegriff:2019:Vorheriger SuchbegriffDSBNächster Suchbegriff.D123.848.0001.Vorheriger SuchbegriffDSB.2019

Zuletzt aktualisiert am

02.12.2019

Dokumentnummer

DSBT_20190122_DSB_D123_848_0001_DSB_2019_00