Begründung:
Gegenstand des Verfahrens ist die Frage der Haftung der beklagten Partei für vom Kläger behauptete, der beklagten Partei zuzurechnende Anlageberatungsfehler.
Der Kläger, der im Jahr 2000 bei einem Finanzgeschäft etwa 400.000 ATS verloren hatte, wollte Ende 2003/Anfang 2004 rund 20.000 EUR anlegen und nahm deswegen Kontakt mit einem Vermögensberater der beklagten Partei auf, der ihm in einem ca 90-minütigen Gespräch zu einer bestimmten, als sicher dargestellten Anlage riet, die er als „Immobilienaktie“ der M***** Ltd. bezeichnete. Nicht festgestellt werden konnte, ob über die Möglichkeit des Totalverlustes des eingesetzten Kapitals oder die Mündelsicherheit der Anlage gesprochen wurde, weiters, ob der Kläger „bei richtiger und umfassender Beratung“ nicht gekauft oder früher wieder verkauft hätte. Der Vermögensberater sagte dem Kläger nicht, dass er oder die beklagte Partei für den Abschluss des Geschäftes eine Provision erhält. Er ging davon aus, dass der Kläger davon wisse. Dieser wusste, dass der Vermögensberater an den Geschäften grundsätzlich wohl etwas verdienen werde. Von wem der Vermögensberater bezahlt wird und in welcher Höhe und welche Provisionen er oder die beklagte Partei erhält, wurde dem Kläger nicht mitgeteilt.
Der Kläger erhielt im Jahr 2007 ein Schreiben der M***** Ltd. mit dem Angebot, weiteres Kapital zu veranlagen. Ganz aus Eigeninitiative oder nach Rücksprache mit dem Vermögensberater, jedenfalls ohne dessen Beratung, entschloss sich der Kläger zur Annahme des Angebots. Er bezog per 5. Februar 2007 „Vorzugsaktien“ im Wert von 3.996,34 EUR.
Im April 2007 wurden weitere Veranlagungen des Klägers vorgenommen. In einem etwa zwei- bis dreistündigen Gespräch riet der Vermögensberater der beklagten Partei dem Kläger, sein Sparguthaben nicht in eine zu erwerbende Eigentumswohnung zu investieren, sondern hiefür einen endfälligen Fremdwährungskredit aufzunehmen, das vorhandene Geld aber zu veranlagen und hieraus den Kredit zu tilgen. Um breiter aufgestellt zu sein, wollte der Kläger zwar wieder in denselben Bereich investieren, jedoch nicht erneut in M*****-Aktien. Anlässlich des Vertragsabschlusses am 27. April 2007 erklärte der Vermögensberater, bei den nun gewählten Anlagen I*****t und I*****z handle es sich um österreichische Anlageformen; er sicherte Mündelsicherheit zu. Die Möglichkeit, das gesamte eingesetzte Kapital zu verlieren, erwähnte der Vermögensberater nicht. Er erwähnte auch nicht, dass er oder die beklagte Partei für ihre Vermittlung der Anlagegeschäfte Provisionen erhalten. Der Kläger entschloss sich, insgesamt 60.000 EUR zu investieren. Nicht feststellbar ist, ob der Kläger „bei richtiger und umfassender Beratung“ nicht gekauft oder früher wieder verkauft hätte.
Als der Kläger aus den Medien von Verlusten der M*****-Aktien erfuhr, kontaktierte er den Vermögensberater, der ihm riet, die Aktien nicht zu verkaufen. Schließlich verkaufte der Kläger dennoch seine Aktien.
Kaufdatum Anlageform Kaufpreis Verkauf Erlös
26.02.2004 M***** 12.412,34 29.08.2007 14.115,407
04.02.2007 M***** 3.996,34 29.08.2007 268,40
08.05.2007 I*****z AG 20.000,00 07.09.2007 16.339,83
08.05.2007 I*****t AG 20.000,00 07.09.2007 17.091,63
Die Aktien der M***** Ltd. und der I*****z AG verbriefen keine Rechte an Liegenschaften und unterliegen den Entwicklungen an der Börse. Dadurch sind die Aktien jederzeit veräußerbar. Die Sicherheit der Veranlagung beider Aktien entspricht annähernd jener der Anleihen des Bundes oder der Länder. Mündelsicher iSd § 230e ABGB sind sie jedoch nicht bzw allenfalls nur dann, wenn die Aktien Teil eines sinnvollen Portfoliomix sind.Die Aktien der M***** Ltd. und der I*****z AG verbriefen keine Rechte an Liegenschaften und unterliegen den Entwicklungen an der Börse. Dadurch sind die Aktien jederzeit veräußerbar. Die Sicherheit der Veranlagung beider Aktien entspricht annähernd jener der Anleihen des Bundes oder der Länder. Mündelsicher iSd Paragraph 230 e, ABGB sind sie jedoch nicht bzw allenfalls nur dann, wenn die Aktien Teil eines sinnvollen Portfoliomix sind.
Das Erstgericht sprach dem Kläger 9.947,71 EUR sA zu und wies - rechtskräftig - das Mehrbegehren von 1.853,41 EUR sA sowie „das hier dazugehörige Eventualbegehren auf Feststellung der Haftung für fehlerhafte Beratung im Zusammenhang mit dem Wertpapiererwerb vom 5. Februar 2007“ ab. Seiner rechtlichen Beurteilung legte das Erstgericht zugrunde, dass hinsichtlich der im Jahr 2004 abgeschlossenen Geschäfte kein von der beklagten Partei zu vertretender Aufklärungsfehler vorliege, weil der Kläger anhand von Charts über alle notwendigen Details unterrichtet worden sei. Das Geschäft vom Februar 2007 habe der Kläger selbständig abgeschlossen, sodass auch insoweit der beklagten Partei kein Beratungsfehler anzulasten sei. Jedoch liege ein Beratungsfehler darin, dass der Vermögensberater den Kläger anlässlich des im Mai 2007 abgeschlossenen Geschäfts unrichtig dahin informiert habe, dass die Aktien der I*****z AG und der I*****t AG mündelsicher seien. Die beklagte Partei habe überdies dadurch gegen die sich aus § 13 Z 2 und 4 WAG aF ergebende Verpflichtung verstoßen, dass sie den Kläger nicht darüber aufgeklärt habe, dass sie und der Vermögensberater für die Vermittlung der Geschäfte Provisionen erhalten. Hieran ändere auch die Vermutung des Klägers, der Vermögensberater verdiene etwas an den Geschäften, nichts. das Mehrbegehren von 1.853,41 EUR sA sowie „das hier dazugehörige Eventualbegehren auf Feststellung der Haftung für fehlerhafte Beratung im Zusammenhang mit dem Wertpapiererwerb vom 5. Februar 2007“ ab. Seiner rechtlichen Beurteilung legte das Erstgericht zugrunde, dass hinsichtlich der im Jahr 2004 abgeschlossenen Geschäfte kein von der beklagten Partei zu vertretender Aufklärungsfehler vorliege, weil der Kläger anhand von Charts über alle notwendigen Details unterrichtet worden sei. Das Geschäft vom Februar 2007 habe der Kläger selbständig abgeschlossen, sodass auch insoweit der beklagten Partei kein Beratungsfehler anzulasten sei. Jedoch liege ein Beratungsfehler darin, dass der Vermögensberater den Kläger anlässlich des im Mai 2007 abgeschlossenen Geschäfts unrichtig dahin informiert habe, dass die Aktien der I*****z AG und der I*****t AG mündelsicher seien. Die beklagte Partei habe überdies dadurch gegen die sich aus Paragraph 13, Ziffer 2 und 4 WAG aF ergebende Verpflichtung verstoßen, dass sie den Kläger nicht darüber aufgeklärt habe, dass sie und der Vermögensberater für die Vermittlung der Geschäfte Provisionen erhalten. Hieran ändere auch die Vermutung des Klägers, der Vermögensberater verdiene etwas an den Geschäften, nichts.
Dem Anleger sei im Haftungsfall gemäß § 15 WAG aF das negative Vertragsinteresse zu ersetzen. Der Kläger sei so zu stellen, wie er bei ordnungsgemäßer Aufklärung stünde und könne nach der Veräußerung der Wertpapiere grundsätzlich Geldersatz verlangen. Der zu ersetzende Schaden ergäbe sich aus der Gegenüberstellung des Erwerbspreises zuzüglich der Erwerbskosten und des Veräußerungspreises. Diese Differenz betrage 6.988,25 EUR. Ausgehend von einem Zinssatz von 4 % seien dem Kläger weiters Zinsen in Höhe von 2.959,47 EUR entgangen.Dem Anleger sei im Haftungsfall gemäß Paragraph 15, WAG aF das negative Vertragsinteresse zu ersetzen. Der Kläger sei so zu stellen, wie er bei ordnungsgemäßer Aufklärung stünde und könne nach der Veräußerung der Wertpapiere grundsätzlich Geldersatz verlangen. Der zu ersetzende Schaden ergäbe sich aus der Gegenüberstellung des Erwerbspreises zuzüglich der Erwerbskosten und des Veräußerungspreises. Diese Differenz betrage 6.988,25 EUR. Ausgehend von einem Zinssatz von 4 % seien dem Kläger weiters Zinsen in Höhe von 2.959,47 EUR entgangen.
Über Berufung der beklagten Partei änderte das Berufungsgericht das Ersturteil - unter Einbeziehung des in Rechtskraft erwachsenen, klageabweisenden Teils des Ersturteils - im Sinne einer gänzlichen Klageabweisung ab.
Das Berufungsgericht übernahm nach umfangreicher Befassung mit den Beweisrügen beider Parteien die erstgerichtlichen Feststellungen und führte in seiner rechtlichen Beurteilung zur Klageabweisung zusammenfassend aus, dass
- der Kläger den ihm obliegenden Beweis des Nichterwerbs der Aktien im Falle korrekter Information, des alternativen Anlageverhaltens und der hypothetischen Entwicklung seines Vermögens nicht erbracht habe,
- er eine Behauptung, er hätte im Falle seiner Aufklärung über die von der beklagten Partei bezogenen Provisionen die Wertpapiergeschäfte nicht abgeschlossen, nicht aufgestellt habe und
- die Erklärung des Vertragsrücktritts nach § 3 KSchG gegenüber der beklagten Partei schon im Hinblick darauf rechtsunwirksam sei, dass die beklagte Partei nicht Vertragspartnerin der Wertpapierkaufverträge sei. die Erklärung des Vertragsrücktritts nach Paragraph 3, KSchG gegenüber der beklagten Partei schon im Hinblick darauf rechtsunwirksam sei, dass die beklagte Partei nicht Vertragspartnerin der Wertpapierkaufverträge sei.
Die Revision wurde vom Berufungsgericht nachträglich mit der Begründung zugelassen, dass die höchstgerichtliche Judikatur zu dem vom Anleger zu erbringenden Kausalitätsnachweis, die auch in einem gewissen Widerspruch zur Beweislastverteilung im Irrtumsrecht stehe, nach wie vor auf Kritik in der Literatur stoße. Weiters fehle höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage, ob der Anleger einen Rücktritt nach § 3 KSchG rechtswirksam auch gegenüber dem Vermittler erklären könne.Die Revision wurde vom Berufungsgericht nachträglich mit der Begründung zugelassen, dass die höchstgerichtliche Judikatur zu dem vom Anleger zu erbringenden Kausalitätsnachweis, die auch in einem gewissen Widerspruch zur Beweislastverteilung im Irrtumsrecht stehe, nach wie vor auf Kritik in der Literatur stoße. Weiters fehle höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage, ob der Anleger einen Rücktritt nach Paragraph 3, KSchG rechtswirksam auch gegenüber dem Vermittler erklären könne.
Gegen die Entscheidung des Berufungsgerichts richtet sich die Revision des Klägers aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung im Sinne einer Wiederherstellung des Ersturteils. Hilfsweise wird ein Aufhebungs- und Zurückverweisungsantrag gestellt.
Die beklagte Partei beantragt, die Revision als unzulässig zurückzuweisen, hilfsweise, dem Rechtsmittel nicht Folge zu geben.
Die Revision ist entgegen dem Ausspruch des Berufungsgerichts mangels erheblicher Rechtsfragen (§ 502 Abs 1 ZPO) nicht zulässig.Die Revision ist entgegen dem Ausspruch des Berufungsgerichts mangels erheblicher Rechtsfragen (Paragraph 502, Absatz eins, ZPO) nicht zulässig.
Im Vordergrund der Revisionsausführungen stehen folgende Punkte, denen der Kläger teilweise auch erhebliche Bedeutung iSd § 502 Abs 1 ZPO zumisst:Im Vordergrund der Revisionsausführungen stehen folgende Punkte, denen der Kläger teilweise auch erhebliche Bedeutung iSd Paragraph 502, Absatz eins, ZPO zumisst:
- Im Fall einer rechtswidrigen Fehlberatung obliege der Beraterin die Beweislast für einen fehlenden Kausalzusammenhang zwischen Beratungsfehler und Schaden.
- Hinsichtlich des Nachweises des Kausalzusammenhangs zwischen schädigendem Verhalten und Schadenseintritt müsse der beratenen Person nach ständiger höchstgerichtlicher Rechtsprechung - ebenso wie auch bei ärztlichen Behandlungsfehlern - eine Beweiserleichterung in Form eines prima facie-Beweises oder einer abgemilderten Beweislastumkehr zugute kommen, insbesondere in Fällen einer Schädigung durch Unterlassung. Auch bei Irrtumsveranlassung durch Unterlassung der gebotenen Aufklärung gehe der Oberste Gerichtshof davon aus, dass die Kausalität des Irrtums für die Erklärung des Irrenden vermutet werde.
- Dem Anleger die Beweislast für die hypothetische Entscheidung über eine Alternativveranlagung und für die hypothetische Entwicklung seines Vermögens, wäre er korrekt beraten worden, aufzuerlegen, stelle im Vergleich zum sonstigen Schadenersatzrecht einen Systembruch dar; richtigerweise obliege der Beweis dafür, dass der Nachteil ebenso bei ordnungsgemäßem Verhalten eingetreten wäre, dem Anlageberater, der rechtswidrig gehandelt habe (der Schaden des Anlegers sei ja bereits mit dem Erwerb des nicht gewollten Papiers eingetreten). Jedenfalls müsse dies für den Fall der Verletzung einer Aufklärungspflicht durch aktives Tun gelten. Zumindest obliege es dem Anlageberater darzutun, dass ein anderer Verlauf wahrscheinlicher sei.
- In Bezug auf das Problem des rechtmäßigen Alternativverhaltens sei zwischen Tun und Unterlassen zu differenzieren.
- Der beklagten Partei, die im Rahmen ihrer Beratung unkorrekterweise nicht über Provisionen bzw Retrozessionen aufgeklärt habe, obliege auch der Beweis dafür, dass der Kläger die empfohlenen Wertpapiere auch bei ordnungsgemäßer Aufklärung über Bestand und Höhe der Abschluss- und Bestandsprovision erworben hätte. Eine spezifizierte Behauptungslast für den Anleger in diese Richtung, nämlich dass er bei entsprechender Aufklärung vom Abschluss des „Anlageberatungsvertrages“ Abstand genommen hätte, bestehe nicht; es genüge, wenn er behaupte, dass er bei korrekter Aufklärung die Wertpapiergeschäfte nicht getätigt habe.
- Dem Vermögensberater sei auch anzulasten, dass er das mit der vorgeschlagenen Anlage verbundene Risiko beschönigt habe, indem er die Anlage als sicher hingestellt habe. Empfehle er ausdrücklich eine bestimmte Kapitalanlage, treffe ihn eine Nachforschungs- und Hinterfragenspflicht über die die jeweilige Anlageform betreffenden Informationen, was in concreto unterlassen worden sei. Die ungeprüfte Übernahme von Produktinformationen von Depotbanken und Emittenten reiche nicht aus.
- Empfehle ein Anlageberater ein Produkt (hier: M*****-Zertifikate) als sichere Anlageform, liege ein Beratungsfehler vor, wenn diese Eigenschaft de facto nicht vorliege; die Kausalität der Fehlberatung durch aktives Tun sei zu bejahen und der Schaden wäre bei rechtmäßigem Alternativverhalten nicht eingetreten.
- Grundsätzlich genüge die Behauptung des Anlegers, dass er bei gehöriger Aufklärung von einer Anlage Abstand genommen und eine sichere Veranlagung gewählt hätte. Der aufklärungspflichtigen Anlageberaterin obliege der Gegenbeweis. Richtigerweise sei überhaupt - wie bei der Aufklärungspflichtverletzung des Arztes - von einer Beweislastumkehr auszugehen. In diesem Sinn müsse die Anlageberaterin beweisen, dass der Anleger die Veranlagung auch vorgenommen hätte und der Schaden auch eingetreten wäre, wenn die Anlageberaterin über die Möglichkeit eines Totalverlustes bzw erheblichen Teilverlustes aufgeklärt hätte.
- Die Beweislast dafür, dass die konkrete Beratung weder objektiv noch subjektiv vorzuwerfen ist, treffe im Hinblick auf § 1298 ABGB den Anlageberater. Der beklagten Partei sei der Beweis, dass sie auf gewisse potenzielle Risiken im Zusammenhang mit der vorgeschlagenen Anlageform hingewiesen habe, nicht gelungen. Die Beweislast dafür, dass die konkrete Beratung weder objektiv noch subjektiv vorzuwerfen ist, treffe im Hinblick auf Paragraph 1298, ABGB den Anlageberater. Der beklagten Partei sei der Beweis, dass sie auf gewisse potenzielle Risiken im Zusammenhang mit der vorgeschlagenen Anlageform hingewiesen habe, nicht gelungen.
- Ein Anleger könne den Rücktritt von Wertpapierkaufverträgen (§ 3 KSchG) auch rechtswirksam gegenüber dem Anlageberater bzw Vermittler erklären. Der Kläger habe den Rücktritt vom geschlossenen Wertpapierkaufvertrag im vorbereitenden Schriftsatz vom 26. April 2010 erklärt. Ein Anleger könne den Rücktritt von Wertpapierkaufverträgen (Paragraph 3, KSchG) auch rechtswirksam gegenüber dem Anlageberater bzw Vermittler erklären. Der Kläger habe den Rücktritt vom geschlossenen Wertpapierkaufvertrag im vorbereitenden Schriftsatz vom 26. April 2010 erklärt.