Asylgerichtshof (AsylGH)

Navigation im Suchergebnis

Entscheidungstext S9 404660-1/2009

Gericht

Asylgerichtshof

Dokumenttyp

Entscheidungstext

Entscheidungsart

Erkenntnis

Geschäftszahl

S9 404660-1/2009

Entscheidungsdatum

18.03.2009

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1
AsylG 2005 §10 Abs4
AsylG 2005 §5 Abs1
  1. AsylG 2005 § 10 heute
  2. AsylG 2005 § 10 gültig von 01.11.2017 bis 31.10.2017 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 84/2017
  3. AsylG 2005 § 10 gültig ab 01.11.2017 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 145/2017
  4. AsylG 2005 § 10 gültig von 01.01.2014 bis 31.10.2017 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 68/2013
  5. AsylG 2005 § 10 gültig von 01.01.2014 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 87/2012
  6. AsylG 2005 § 10 gültig von 01.07.2011 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 38/2011
  7. AsylG 2005 § 10 gültig von 01.01.2010 bis 30.06.2011 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 122/2009
  8. AsylG 2005 § 10 gültig von 01.04.2009 bis 31.12.2009 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 29/2009
  9. AsylG 2005 § 10 gültig von 09.11.2007 bis 31.03.2009 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 75/2007
  10. AsylG 2005 § 10 gültig von 01.01.2006 bis 08.11.2007
  1. AsylG 2005 § 10 heute
  2. AsylG 2005 § 10 gültig von 01.11.2017 bis 31.10.2017 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 84/2017
  3. AsylG 2005 § 10 gültig ab 01.11.2017 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 145/2017
  4. AsylG 2005 § 10 gültig von 01.01.2014 bis 31.10.2017 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 68/2013
  5. AsylG 2005 § 10 gültig von 01.01.2014 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 87/2012
  6. AsylG 2005 § 10 gültig von 01.07.2011 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 38/2011
  7. AsylG 2005 § 10 gültig von 01.01.2010 bis 30.06.2011 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 122/2009
  8. AsylG 2005 § 10 gültig von 01.04.2009 bis 31.12.2009 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 29/2009
  9. AsylG 2005 § 10 gültig von 09.11.2007 bis 31.03.2009 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 75/2007
  10. AsylG 2005 § 10 gültig von 01.01.2006 bis 08.11.2007

Spruch

S9 404.660-1/2009/2E

Im Namen der Republik!

Der Asylgerichtshof hat durch den Richter Mag. DRAGONI als Einzelrichter über die Beschwerde des römisch XXXX, StA. Türkei, vertreten durch Mory & Schellhorn OEG, Rechtsanwaltsgemeinschaft in 5020 Salzburg, Wolf-Dietrich-Straße 19/5, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 06.02.2009, FZ. 08 10.843-EAST West, zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß Paragraphen 5,, 10 Asylgesetz 2005, BGBL. römisch eins Nr. 100/2005, als unbegründet abgewiesen.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

römisch eins. Verfahrensgang und Sachverhalt:

1. Der Beschwerdeführer, ein türkischer Staatsangehöriger, reiste am 25.10.2008 illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und wurde hierzu am 28.10.2008 durch einen Organwalter des fremdenrechtlichen Referats der Bundespolizeidirektion Salzburg niederschriftlich befragt. Er gab dabei im Wesentlichen an, er habe am 19.10.2008 seine Heimat verlassen, um in einem anderen Land Arbeit zu finden; er wünsche sich ein besseres Leben für seine Familie. Er habe kein bestimmtes Reiseziel gehabt. Er sei mit dem Bus von Istanbul nach RUMÄNIEN gefahren; dort habe er sich zwei Tage aufgehalten und sei anschließend per Autostopp mit verschiedenen Fahrzeugen weitergereist. Er sei legal nach RUMÄNIEN gereist; er habe ein Visum für RUMÄNIEN besessen. Er sei gemeinsam mit römisch XXXX und drei weiteren Personen, deren Namen er nicht kenne, gereist; er habe römisch XXXX im Bus kennengelernt. Er werde in seiner Heimat nicht verfolgt und wolle keinen Antrag gemäß Paragraph 51, FPG stellen.

Am 03.11.2008 stellte der Beschwerdeführer den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz und wurde hierzu am Tag der Antragstellung durch einen Organwalter des öffentlichen Sicherheitsdienstes des Stadtpolizeikommandos Salzburg niederschriftlich erstbefragt. Er gab dabei im Wesentlichen an, er sei von Istanbul aus mit einem Reisebus nach RUMÄNIEN und anschließend mit einem LKW nach Österreich gefahren. Danach sei er per Autostopp nach Deutschland weitergereist. In Deutschland sei er angehalten und nach Österreich rücküberstellt worden. Er habe für RUMÄNIEN ein Visum erhalten.

Sein Heimatland habe er verlassen, weil er Kurde sei und aus religiösen Gründen verfolgt werde. Er sei einmal mit einem Messer attackiert worden, weil er Alkohol getrunken habe.

2. Am 05.11.2008 richtete das Bundesasylamt auf der Grundlage der konkreten Angaben des Beschwerdeführers ein dringliches Aufnahmeersuchen gemäß Artikel 9, Absatz 2, oder 3 der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 23.02.2003 (Dublin II-VO) an die zuständige Behörde RUMÄNIENS, welches am selben Tag elektronisch über DubliNET übermittelt wurde. Die Frist zur Beantwortung wurde darin auf 26.11.2008 verkürzt. Die entsprechende Mitteilung gemäß Paragraph 29, Absatz 3, AsylG 2005 über die Absicht, seinen Antrag auf internationalen Schutz zurückzuweisen sowie über die Führung von Konsultationen mit RUMÄNIEN erhielt der Beschwerdeführer am 06.11.2008. Mit dem am 10.11.2008 beim Bundesasylamt eingelangten Schreiben der rumänischen Behörde wurde die Zuständigkeit RUMÄNIENS gemäß Artikel 9, Absatz 2, Dublin II-VO bestätigt.

3. Am 30.12.2008 wurde der Beschwerdeführer im Rahmen des Parteiengehörs durch das Bundesasylamt, Erstaufnahmestelle West, in Anwesenheit eines Rechtsberaters sowie eines Dolmetschers niederschriftlich einvernommen. Er gab dabei im Wesentlichen an, er fühle sich körperlich und geistig in der Lage, die Einvernahme durchzuführen. Er sei operiert worden und könne nicht husten. Beim Sitzen und Schlafen könne er keine abrupten Bewegungen durchführen. Der Arzt in der Betreuungsstelle habe ihm heute gesagt, dass er nichts Schweres hochheben und keinen Sport betreiben dürfe und sich sechs Wochen schonen solle. Er habe festgestellt, dass die operierte Nahstelle nicht gerade sei; er habe diesbezüglich mit dem Krankenhaus Rücksprache gehalten.

In Österreich bzw. in der Europäischen Union würden seine Onkel väterlicher- und mütterlicherseits, seine Tante sowie seine Cousins leben. Zu seiner in Linz lebenden Tante, römisch XXXX, bestehe ein finanzielles und faktisches Abhängigkeitsverhältnis. Seine Tante lebe seit über zehn Jahren in Österreich und besitze die österreichische Staatsbürgerschaft. Sie rufe ihn öfters an. Nach seiner Entlassung aus dem Krankenhaus sei er zu ihr nach Linz gefahren und drei bis vier Tage geblieben. Das letzte Mal habe er sie vor drei Jahren in der Türkei getroffen. Sie seien aber immer in telefonischen Kontakt gestanden. Seine Tante habe seine Familie und ihn zwei- bis dreimal monatlich angerufen. Seine Tante würde ihn finanziell und materiell unterstützen.

Auf Vorhalt des Bundesasylamtes, dass beabsichtigt sei, seine Ausweisung nach RUMÄNIEN zu veranlassen, brachte der Beschwerdeführer vor, er habe nie in RUMÄNIEN bleiben wollen. Es herrsche dort keine Demokratie; ansonsten würde nicht die rumänische Bevölkerung das eigene Land verlassen. Die Rumänen würden keine Kurden mögen; er werde in die Türkei rücküberstellt werden. Wenn ihm der österreichische Staat bestätige und sich dafür verbürge, dass er in RUMÄNIEN keine Probleme haben werde, werde er dorthin gehen.

Der Beschwerdeführer legte als Beweismittel einen ärztlichen Schlussbericht des Krankenhauses römisch XXXX vor. Demzufolge wurde wegen einer rechtsseitigen Leistenhernie eine Operation nach Lichtenstein (offene Netzimplantation) durchgeführt und sei der postoperative Verlauf unkompliziert; es solle eine postoperative Schonung von zwei Wochen eingehalten werden.

4. Mit Schreiben vom 21.01.2009 nahm der Beschwerdeführervertreter zu den bisherigen Ermittlungsergebnissen Stellung: Der Beschwerdeführer sei in der Türkei wegen seiner kurdischen Volksgruppenzugehörigkeit aus religiösen Gründen verfolgt worden. Er habe in RUMÄNIEN nicht die geringste Aussicht, dass seine mit seiner Volksgruppenzugehörigkeit und Religion zusammenhängenden Fluchtgründe sorgfältig und unabhängig geprüft würden. RUMÄNIEN sei eine junge Demokratie und ein junger Rechtsstaat, der noch nicht soweit fortgeschritten sei, einen Asylwerber mit jenem Hintergrund des Beschwerdeführers Asyl zu gewähren. Es sei nicht ausreichend, dass in RUMÄNIEN formell ein Asylsystem eingerichtet sei, welches den europäischen Standards gerecht werde. Es komme vielmehr darauf an, ob der in der Türkei aus ethnischen und religiösen Gründen asylrelevant verfolgte Antragsteller in RUMÄNIEN eine realistische Aussicht auf Asyl habe. Ebenso wichtig sei es, dass RUMÄNIEN in Bezug auf türkische Staatsangehörige keine rechtlichen Sonderpositionen vertrete, welche sich nicht mit der Genfer Flüchtlingskonvention in Einklang bringen lasse. Der Beschwerdeführer laufe aber in RUMÄNIEN Gefahr aufgrund des Vertretens rechtlicher Sonderposition der rumänischen Behörden in die Situation einer Kettenabschiebung zu geraten. Eine Abschiebung nach RUMÄNIEN seitens Österreichs würde daher die durch Artikel 3, EMRK gewährleisteten Rechte verletzen.

5. Mit dem verfahrensgegenständlichen Bescheid vom 06.02.2009, FZ. 08 10.843-EAST-West, wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten gemäß Paragraph 5, Absatz eins, AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und festgestellt, dass für die Prüfung des Antrages auf internationalen Schutz gemäß Artikel 9, Absatz 2, Dublin II-VO RUMÄNIEN zuständig sei. Gleichzeitig wurde der Beschwerdeführer gemäß Paragraph 10, Absatz eins, AsylG 2005 aus dem österreichischen Bundesgebiet ausgewiesen und festgestellt, dass demzufolge die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung gemäß Paragraph 10, Absatz 4, AsylG 2005 zulässig sei.

Das Bundesasylamt traf umfangreiche länderkundliche Feststellungen zu RUMÄNIEN, insbesondere zum rumänischen Asylwesen und zur medizinischen Versorgung. Beweiswürdigend hielt die Erstbehörde im Wesentlichen fest, dass der Beschwerdeführer keine stichhaltigen Gründe für die Annahme glaubhaft gemacht habe, dass er konkret Gefahr liefe, in RUMÄNIEN Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen zu werden oder dass ihm durch die Überstellung eine Verletzung der durch Artikel 3, oder Artikel 8, EMRK gewährleisteten Rechte drohen könnte. Der Bescheid wurde dem Beschwerdeführervertreter am 06.02.2009 und dem Beschwerdeführer am 09.02.2009 nachweislich zugestellt.

Zu der vom Beschwerdeführer eingebrachten Stellungnahme hielt die belangte Behörde zusammengefasst fest, dass es sich hierbei um kein substantiiertes Vorbringen, das gegen die Entscheidung des Bundesasylamtes sprechen würde, handle, sondern um eine lediglich allgemein bzw. unrealistische Befürchtung, die eine völlig den Länderfeststellungen widersprechende Abschiebepraxis von kurdischen Türken in RUMÄNIEN mutmaßen würde. Wäre die Annahme gerechtfertigt, würden die gemeinschaftsrechtlichen zuständigen europäischen Organe verpflichtet sein, ein Vertragsverletzungsverfahren gegen RUMÄNIEN einzuleiten. Für eine derartige Sichtweise würden jedoch aus der Sicht der Behörde keine Anhaltspunkte bestehen.

6. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft römisch XXXX, wurde der Beschwerdeführer zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung sowie zur Sicherung der Abschiebung in Schubhaft genommen.

7. Gegen den genannten Bescheid des Bundesasylamtes richtet sich die fristgerecht am 20.02.2009 eingebrachte Beschwerde. Darin brachte der Beschwerdeführer im Wesentlichen vor, dass es die belangte Behörde unterlassen habe, sich mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers genauer auseinanderzusetzen. Dem Protokoll der Einvernahme sei zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer große Schwierigkeiten gehabt habe, die Fragen des Organs zu verstehen. Das Organ hätte aber bereits bei der Einvernahme darauf achten und gegebenenfalls nachfragen müssen und die vage Beantwortung der Fragen nicht zum Nachteil des Beschwerdeführers auslegen dürfen. Die Behörde habe es unterlassen konkrete Feststellungen über die besondere Lage von Kurden in RUMÄNIEN zu treffen. Darüber hinaus habe das Bundesasylamt nicht ausreichend ermittelt, in welchem Kontakt der Beschwerdeführer zu seinen in Österreich lebenden Verwandten stehe. Vor allem mit seiner in Linz lebenden Tante stehe er in engen Kontakt. Bereits vor der Flucht habe ein Abhängigkeitsverhältnis zu seiner Tante bestanden, die den Beschwerdeführer mit Geld unterstützt habe.

römisch II. Der Asylgerichtshof hat durch den zuständigen Richter über die gegenständliche Beschwerde wie folgt erwogen:

1. Verfahrensgang und Sachverhalt ergeben sich aus den Ausführungen zu Punkt römisch eins sowie aus dem vorliegenden Verwaltungsakt.

2. Rechtlich ergibt sich Folgendes:

Mit Datum 01.01.2006 ist das Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl in Kraft getreten (AsylG 2005, BGBL. römisch eins Nr. 100/2005) und ist somit auf alle ab diesem Zeitpunkt gestellten Anträge auf internationalen Schutz anzuwenden.

Gemäß Paragraph 23, Absatz eins, AsylGHG sind, soweit sich aus dem Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 100 aus 2005,, nicht anderes ergibt, auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, Bundesgesetzblatt Nr. 51, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffes "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt.

2.1. Gemäß Paragraph 5, Absatz eins, AsylG 2005 ist ein nicht gemäß Paragraph 4, AsylG 2005 erledigter Asylantrag als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder aufgrund der Verordnung Nr. 343/2003 (EG) des Rates vom 18.02.2003 (Dublin II-VO) zur Prüfung des Asylantrages zuständig ist. Mit dem Zurückweisungsbescheid hat die Asylbehörde auch festzustellen, welcher Staat zuständig ist. Gemäß Paragraph 10, Absatz eins, Ziffer eins, AsylG 2005 ist die Zurückweisung eines Antrages nach Maßgabe der Paragraph 10, Absatz 3 und Absatz 4, AsylG 2005 mit einer Ausweisung zu verbinden. Die Dublin II-VO ist eine Verordnung des Gemeinschaftsrechts im Anwendungsbereich der 1. Säule der Europäischen Union vergleiche Artikel 63, EGV), die Regelungen über die Zuständigkeit zur Prüfung von Asylanträgen von Drittstaatsangehörigen trifft. Sie gilt also nicht für mögliche Asylanträge von EU-Bürgern, ebenso wenig ist sie auf Personen anwendbar, denen bereits der Flüchtlingsstatus zuerkannt wurde. Das wesentliche Grundprinzip ist jenes, dass den Drittstaatsangehörigen in einem der Mitgliedstaaten das Recht auf ein faires, rechtsstaatliches Asylverfahren zukommt, jedoch nur ein Recht auf ein Verfahren in einem Mitgliedstaat, dessen Zuständigkeit sich primär nicht aufgrund des Wunsches des Asylwerbers, sondern aufgrund der in der Verordnung festgesetzten hierarchisch geordneten Zuständigkeitskriterien ergibt.

2.1.1. Es ist daher zunächst zu überprüfen, welcher Mitgliedstaat nach den hierarchisch aufgebauten (Artikel 5, Absatz eins, Dublin II-VO) Kriterien der Artikel 6 -, 12, bzw. 14 und Artikel 15, Dublin II-VO, beziehungsweise dem Auffangtatbestand des Artikel 13, Dublin II-VO zur inhaltlichen Prüfung zuständig ist.

2.1.1.1. Im vorliegenden Fall ist dem Bundesasylamt zuzustimmen, dass aufgrund des ausgestellten Visums eine Zuständigkeit RUMÄNIENS gemäß Artikel 9, Absatz 2, Dublin II-VO besteht. RUMÄNIEN hat der Übernahme des Beschwerdeführers darüber hinaus mit Schreiben vom 10.11.2008 gemäß Artikel 9, Absatz 2, Dublin II-VO ausdrücklich zugestimmt. Die erste Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit der getroffenen Unzuständigkeitsentscheidung ist somit gegeben.

2.1.1.2. Es sind auch aus der Aktenlage keine Hinweise ersichtlich, wonach die Führung der Konsultationen im gegenständlichen Fall derart fehlerhaft erfolgt wäre, sodass von Willkür im Rechtssinn zu sprechen wäre und die Zuständigkeitserklärung des zuständigen Mitgliedstaates wegen Verletzung der gemeinschaftsrechtlichen Verfahrensgrundsätze aus diesem Grund ausnahmsweise keinen Bestand haben könnte (Filzwieser, Subjektiver Rechtsschutz und Vollziehung der Dublin II-VO - Gemeinschaftsrecht und Menschenrechte, migraLex, 1/2007, 22ff; vergleiche auch das Gebot der Transparenz im "Dublin-Verfahren", VwGH 23.11.2006, Zl. 2005/20/0444). Das Konsultationsverfahren erfolgte mängelfrei.

2.1.2. Das Bundesasylamt hat ferner von der Möglichkeit der Ausübung des Selbsteintrittsrechts nach Artikel 3, Absatz 2, Dublin II-VO keinen Gebrauch gemacht. Es war daher noch zu prüfen, ob von diesem Selbsteintrittsrecht im gegenständlichen Verfahren ausnahmsweise zur Vermeidung einer Verletzung der EMRK zwingend Gebrauch zu machen gewesen wäre.

Der VfGH hat mit Erkenntnis vom 17.06.2005, Zl. B 336/05-11 festgehalten, die Mitgliedstaaten hätten kraft Gemeinschaftsrecht nicht nachzuprüfen, ob ein anderer Mitgliedstaat generell sicher sei, da eine entsprechende normative Vergewisserung durch die Verabschiedung der Dublin II-VO erfolgt sei, dabei aber gleichzeitig ebenso ausgeführt, dass eine Nachprüfung der grundrechtlichen Auswirkungen einer Überstellung im Einzelfall gemeinschaftsrechtlich zulässig und bejahendenfalls das Selbsteintrittsrecht nach Artikel 3, Absatz 2, Dublin II-VO zwingend geboten sei.

Die Judikatur des VwGH zu den Determinanten dieser Nachprüfung lehnt sich richtigerweise an die Rechtsprechung des EGMR an und lässt sich wie folgt zusammenfassen: Die bloße Möglichkeit einer dem Artikel 3, EMRK widersprechenden Behandlung in jenem Staat, in den ein Fremder abgeschoben werden soll, genügt nicht, um die Abschiebung des Fremden in diesen Staat als unzulässig erscheinen zu lassen. Wenn keine Gruppenverfolgung oder sonstige amtswegig zu berücksichtigende notorische Umstände grober Menschenrechtsverletzungen in Mitgliedstaaten der EU in bezog auf Artikel 3, EMRK vorliegen (VwGH 27.09.2005, Zl. 2005/01/0313), bedarf es zur Glaubhaftmachung der genannten Bedrohung oder Gefährdung konkreter auf den betreffenden Fremden bezogener Umstände, die gerade in seinem Fall eine solche Bedrohung oder Gefährdung im Fall seiner Abschiebung als wahrscheinlich erscheinen lassen (VwGH 26.11.1999, Zl 96/21/0499, VwGH 09.05.2003, Zl. 98/18/0317; vergleiche auch VwGH 16.07.2003, Zl. 2003/01/0059): "Davon abgesehen liegt es aber beim Asylwerber, besondere Gründe, die für die reale Gefahr eines fehlenden Verfolgungsschutzes im zuständigen Mitgliedstaat sprechen, vorzubringen und glaubhaft zu machen. Dazu wird es erforderlich sein, dass der Asylwerber ein ausreichend konkretes Vorbringen erstattet, warum die Verbringung in den zuständigen Mitgliedstaat gerade für ihn die reale Gefahr eines fehlenden Verfolgungsschutzes, insbesondere einer Verletzung von Artikel 3, EMRK, nach sich ziehen könnte, und er die Asylbehörden davon überzeugt, dass der behauptete Sachverhalt (zumindest) wahrscheinlich ist." (VwGH 23.01.2007, Zl. 2006/01/0949).

Die Vorlage allgemeiner Berichte ersetzt dieses Erfordernis in der Regel nicht vergleiche VwGH 17.02.1998, Zl. 96/18/0379; EGMR Mamatkulov & Askarov v Türkei, Rs 46827, 46951/99, 71-77), eine geringe Anerkennungsquote, eine mögliche Festnahme im Falle einer Überstellung ebenso eine allfällige Unterschreitung des verfahrensrechtlichen Standards des Artikel 13, EMRK sind für sich genommen nicht ausreichend, die Wahrscheinlichkeit einer hier relevanten Menschenrechtsverletzung darzutun. Relevant wäre dagegen etwa das Vertreten von mit der GFK unvertretbaren rechtlichen Sonderpositionen in einem Mitgliedstaat oder das Vorliegen einer massiv rechtswidrigen Verfahrensgestaltung im individuellen Fall, wenn der Asylantrag im zuständigen Mitgliedstaat bereits abgewiesen wurde (Artikel 16, Absatz eins, Litera e, Dublin II-VO). Eine ausdrückliche Übernahmeerklärung des anderen Mitgliedstaates hat in die Abwägung einzufließen (VwGH 31.03.2005, Zl. 2002/20/0582, VwGH 31.05.2005, Zl. 2005/20/0025, VwGH 25.04.2006, Zl. 2006/19/0673), ebenso andere Zusicherungen der europäischen Partnerstaaten Österreichs (zur Bedeutung solcher Sachverhalte Filzwieser/Liebminger, Dublin II-VO, K13. zu Artikel 19, Dublin II-VO).

Darüber hinaus hatte der Asylgerichtshof folgende Umstände zu berücksichtigen:

Bei entsprechender Häufung von Fällen, in denen in Folge Ausübung des Selbsteintrittsrechts die gemeinschaftsrechtliche Zuständigkeit nicht effektuiert werden kann, kann eine Gefährdung des "effet utile" Grundsatzes des Gemeinschaftsrechts entstehen.

Zur effektiven Umsetzung des Gemeinschaftsrechts sind alle staatlichen Organe kraft Gemeinschaftsrechts verpflichtet.

Der Verordnungsgeber der Dublin II-VO, offenbar im Glauben, dass sich alle Mitgliedstaaten untereinander als "sicher" ansehen können, wodurch auch eine Überstellung vom einen in den anderen Mitgliedstaat keine realen Risken von Menschenrechtsverletzungen bewirken könnte vergleiche insbesondere den 2. Erwägungsgrund der Präambel der Dublin II-VO), hat keine eindeutigen verfahrens- oder materiellrechtlichen Vorgaben für solche Fälle getroffen; diesbezüglich lässt sich aber aus dem Gebot der menschenrechtskonformen Auslegung des Gemeinschaftsrechts und aus Beachtung der gemeinschaftsrechtlichen Verfahrensgrundrechte ableiten, dass bei ausnahmsweiser Verletzung der EMRK bei Überstellung in einen anderen Mitgliedstaat eine Überstellung nicht stattfinden darf. Die Beachtung des Effizienzgebots (das etwa eine pauschale Anwendung des Selbsteintrittsrechts oder eine innerstaatliche Verfahrensgestaltung, die Verfahren nach der Dublin II-VO umfangreicher gestaltet als materielle Verfahren) und die Einhaltung der Gebote der EMRK stehen daher bei richtiger Anwendung nicht in Widerspruch (Filzwieser, migraLex, 1/2007, 18ff, Filzwieser/Liebminger, Dublin II-VO², K8-K13. zu Artikel 19,).

Die allfällige Rechtswidrigkeit von Gemeinschaftsrecht kann nur von den zuständigen gemeinschaftsrechtlichen Organen, nicht aber von Organen der Mitgliedstaaten rechtsgültig festgestellt werden. Der EGMR hat jüngst festgestellt, dass der Rechtsschutz des Gemeinschaftsrechts regelmäßig den Anforderungen der EMRK entspricht (30.06.2005, Bosphorus Airlines v Irland, Rs 45036/98).

Es bedarf sohin europarechtlich eines im besonderen Maße substantiierten Vorbringens und des Vorliegens besonderer vom Antragsteller bescheinigter außergewöhnlicher Umstände, um die grundsätzliche europarechtlich gebotene Annahme der "Sicherheit" der Partnerstaaten der Europäischen Union als einer Gemeinschaft des Rechts im individuellen Fall erschüttern zu können. Diesem Grundsatz entspricht auch die durch das AsylG 2005 eingeführte gesetzliche Klarstellung des Paragraph 5, Absatz 3, AsylG 2005, die Elemente einer Beweislastumkehr enthält. Es trifft zwar ohne Zweifel zu, dass Asylwerber in ihrer besonderen Situation häufig keine Möglichkeit haben, Beweismittel vorzulegen (wobei dem durch das Institut des Rechtsberaters begegnet werden kann), und dies mitzubeachten ist (VwGH, 23.01.2007, Zl. 2006/01/0949), dies kann aber nicht pauschal dazu führen, die vom Gesetzgeber - im Einklang mit dem Gemeinschaftsrecht - vorgenommene Wertung des Paragraph 5, Absatz 3, AsylG 2005 überhaupt für unbeachtlich zu erklären (dementsprechend in ihrer Undifferenziertheit verfehlt Feßl/Holzschuster, AsylG 2005, 225ff). Eine Rechtsprechung, die in Bezug auf Mitgliedstaaten der EU faktisch höhere Anforderungen entwickelte, als jene des EGMR in Bezug auf Drittstaaten wäre jedenfalls gemeinschaftsrechtswidrig.

2.1.2.1. Mögliche Verletzung des Artikel 8, EMRK

Gemäß Artikel 8, Absatz eins, EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Der Eingriff einer öffentlichen Behörde in Ausübung dieses Rechts ist gemäß Artikel 8, Absatz 2, EMRK nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Vorheriger SuchbegriffGesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Der EGMR bzw. die EKMR verlangen zum Vorliegen des Artikel 8, EMRK das Erfordernis eines "effektiven Familienlebens", das sich in der Führung eines gemeinsamen Haushaltes, dem Vorliegen eines Abhängigkeitsverhältnisses oder eines speziell engen, tatsächlich gelebten Bandes zu äußern hat vergleiche das Urteil Marckx [Ziffer 45] sowie Beschwerde Nr. 1240/86, römisch fünf. Vereinigtes Königreich, DR 55, Seite 234; hierzu ausführlich: Kälin, "Die Bedeutung der EMRK für Asylsuchende und Flüchtlinge: Materialien und Hinweise", Mai 1997, Seite 46).

Der Begriff des "Familienlebens" in Artikel 8, EMRK umfasst nicht nur die Kleinfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern und Ehegatten, sondern auch entferntere verwandtschaftliche Beziehungen, sofern diese Beziehungen eine gewisse gemeinsame Intensität erreichen. Als Kriterien hierfür kommen etwa das Vorliegen eines gemeinsamen Haushaltes oder die Gewährung von Unterhaltsleistungen in Betracht. In der bisherigen Spruchpraxis der Straßburger Instanzen wurden als unter dem Blickwinkel des Artikel 8, EMRK zu schützende Beziehungen bereits solche zwischen Enkel und Großeltern vergleiche EGMR 13.06.1979, Marckx, EuGRZ 1979, 458; siehe auch EKMR 07.12.1981, B 9071/80, X-Schweiz, EuGRZ 1983, 19), zwischen Geschwistern vergleiche EKMR 14.03.1980, B 8986/80, EuGRZ 1982, 311), und zwischen Onkel und Tante und Neffen bzw. Nichten vergleiche EKMR 19.07.1968, 3110/67, Yb 11, 494 (518); EKMR 28.02.1979, 7912/77, EuGRZ 1981/118; EKMR 05.07.1979, B 8353/78, EuGRZ 1981, 120) anerkannt, sofern eine gewisse Beziehungsintensität vorliegt vergleiche Baumgartner, ÖJZ 1989, 761; Rosenmayer ZfV 1988, 1). Das Kriterium einer gewissen Beziehungsintensität wurde von der Kommission auch für die Beziehung zwischen Eltern und erwachsenen Kindern gefordert vergleiche EKMR 06.10.1981, B 9202/80, EuGRZ 1983, 215).

Im vorliegenden Fall leben Onkel väterlicher- und mütterlicherseits, Cousins sowie eine Tante des Beschwerdeführers in Österreich bzw. in der Europäischen Union. Aufgrund des Vorbringens des Beschwerdeführers ist für den gegenständlichen Fall lediglich das vom Beschwerdeführer behauptete Naheverhältnis zu seiner in Linz lebenden Tante entscheidungsrelevant. In Bezug auf die weiteren Verwandten hat der Beschwerdeführer das Bestehen eines Abhängigkeitsverhältnisses nicht behauptet. Bezüglich des Verhältnisses zu der Tante des Beschwerdeführers ist zunächst auszuführen, dass die Beziehung zwischen Tante und Neffen von der oben zitierten Judikatur des EGMR nicht grundsätzlich umfasst wird. Es ist daher zu prüfen, ob die vom EGMR geforderte Beziehungsintensität im gegenständlichen Fall vorliegt:

Hierzu ist zunächst festzuhalten, dass die Tante des Beschwerdeführers bereits seit mehr als zehn Jahren in Österreich lebt, während sich der Beschwerdeführer selbst erst circa fünf Monate in Österreich aufhält und mit seiner Tante nicht in gemeinsamen Haushalt lebt. Ein finanzielles Abhängigkeitsverhältnis ist der Aktenlage ebenfalls nicht zu entnehmen, zumal der Beschwerdeführer in der Grundversorgung erfasst war und daher alle elementaren Grundbedürfnisse dadurch abgedeckt werden. Die vom Beschwerdeführer im Rahmen der Einvernahme bzw. in der Beschwerde vorgebrachten gelegentlichen finanziellen Zuwendungen seiner Tante sind nicht ausreichend, um von einem finanziellen Abhängigkeitsverhältnis zu sprechen. Ein allenfalls durch die in Österreich durchgeführte Operation bedingtes Abhängigkeits- bzw. Pflegeverhältnis konnte der Aktenlage ebenfalls nicht entnommen werden. Es besteht damit auch nach Auffassung des Asylgerichtshofes zwischen dem Beschwerdeführer und seiner in Österreich lebenden Tante nicht die vom EGMR geforderte Beziehungsintensität, etwa aufgrund eines besonderen Abhängigkeitsverhältnisses.

Es liegen darüber hinaus auch keine Hinweise auf eine bereits erfolgte außergewöhnliche Integration in Österreich, etwa aufgrund sehr langer Verfahrensdauer, vor vergleiche VfGH 26.02.2007, Zl. 1802, 1803/06-11). Zusammenfassend ist daher festzustellen, dass im gegenständlichen Fall nicht von der vom EGMR geforderten Beziehungsintensität gesprochen werden kann, weshalb eine Ausweisung des Beschwerdeführers keinen unzulässigen Eingriff in das durch Artikel 8, EMRK gewährleistete Recht auf Privat- und Familienleben darstellt.

2.1.2.2. Kritik am rumänischen Asylwesen

Aus den von der belangten Behörde getroffenen Länderfeststellungen ergibt sich, dass dem Beschwerdeführer in RUMÄNIEN grundsätzlich ein Asylverfahren offen steht, in welchem die Voraussetzungen der Asylgewährung und Rückschiebungsschutzes im Einklang mit den internationalen Verpflichtungen, insbesondere der Genfer Flüchtlingskonvention und der EMRK definiert sind, weshalb im konkreten Fall gerade nicht davon ausgegangen werden kann, dass der Beschwerdeführer ohne Prüfung seiner Fluchtgründe in seinen Herkunftsstaat Türkei rückgeschoben werden könnte.

Soweit aus dem Vorbringen bzw. aus der Berufung herauszulesen ist, dass der Beschwerdeführer in RUMÄNIEN möglicherweise kein Asyl erhalten werde und in die Türkei abgeschoben werden könnte, ist ihm entgegenzuhalten, dass es nicht Aufgabe der österreichischen Asylbehörden sein kann, "hypothetische Überlegungen über den möglichen Ausgang" eines von einem anderen Staat zu führenden Asylverfahrens anzustellen vergleiche u.a. VwGH vom 31.05.2005, Zl. 2005/20/0095). Dass die rumänischen Behörden in Bezug auf türkische Asylwerber kurdischer Volksgruppenzugehörigkeit rechtliche Sonderpositionen einnehmen würden und daher dem Beschwerdeführer eine ungeprüfte Abschiebung in die TÜRKEI drohe, ist aus den Länderfeststellungen keinesfalls ersichtlich. Darüber hinaus ist grundsätzlich von Amts wegen nicht bekannt ist, dass der rumänische Staat die Menschenrechte nicht achte oder an sich nicht in der Lage sei Menschenrechte sowie Leib und Leben von Menschen zu schützen.

Wenn der Beschwerdeführer in seiner Beschwerdeschrift festhält, dass die belangte Behörde es unterlassen habe, individuelle Feststellungen zu kurdischen Türken in RUMÄNIEN zu treffen, so ist zu bemerken, dass die vom Bundesasylamt getroffen Feststellungen weder unvollständig sind noch das Bundesasylamt seine Ermittlungspflicht verletzt hat. Es ist zwar richtig, dass sich im Bescheid des Bundesasylamtes keine expliziten Feststellungen zu kurdischen Türken in RUMÄNIEN finden, doch ist dies in Anbetracht dessen, dass von Amts wegen nicht bekannt ist, dass RUMÄNIEN rechtliche Sonderpositionen in Hinblick auf türkische Asylwerber kurdischer Volksgruppenzugehörigkeit vertreten würde, nicht notwendig. Hieran ändert auch die vom Beschwerdeführer in seiner Stellungnahme vom 21.01.2009 zitierte Anfrage an die Österreichische Botschaft in RUMÄNIEN nichts, zumal die sich daraus ergebenden Angaben mangels Angabe eines Quellenverweises für den Asylgerichtshof nicht nachprüfbar sind und daher der Entscheidung nicht zugrunde gelegt werden können.

Im Zusammenhang mit dem rumänischen Asylverfahren ist lediglich der Vollständigkeit halber noch anzuführen, dass von Seiten der Republik RUMÄNIEN keine systemwidrigen Verletzungen der Verpflichtungen aus der Dublin II-VO bekannt sind. Auch geringe Asylanerkennungsquoten im Zielstaat sind für sich genommen keine ausreichende Grundlage dafür, dass die österreichischen Asylbehörden vom Selbsteintrittsrecht Gebrauch machen müssten vergleiche u.a. VwGH vom 31.05.2005, Zl. 2005/20/0095). Im Übrigen wird auch auf die Länderfeststellungen im erstinstanzlichen Bescheid verwiesen, welche sich mit dem rumänischen Asylverfahren eingehend auseinandersetzen.

2.1.2.3. Medizinische Krankheitszustände und Behandlungsmöglichkeiten in RUMÄNIEN

Unbestritten ist, dass nach der allgemeinen Rechtsprechung des EGMR zu Artikel 3, EMRK und Krankheiten, die auch im vorliegenden Fall maßgeblich ist, eine Überstellung nach RUMÄNIEN nicht zulässig wäre, wenn dort wegen fehlender Behandlung sehr schwerer Krankheiten eine existenzbedrohende Situation drohte und diesfalls das Selbsteintrittsrecht der Dublin II-VO zwingend auszuüben wäre.

In diesem Zusammenhang ist vorerst auf das jüngste diesbezügliche Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes (VfGH vom 06.03.2008, Zl: B 2400/07-9) zu verweisen, welches die aktuelle Rechtsprechung des EGMR zur Frage der Vereinbarkeit der Abschiebung Kranker in einen anderen Staat mit Artikel 3, EMRK festhält (D. v. the United Kingdom, EGMR 02.05.1997, Appl. 30.240/96, newsletter 1997,93; Bensaid, EGMR 06.02.2001, Appl. 44.599/98, newsletter 2001,26; Ndangoya, EGMR 22.06.2004, Appl. 17.868/03; Salkic and others, EGMR 29.06.2004, Appl. 7702/04; Ovdienko, EGMR 31.05.2005, Appl. 1383/04; Hukic, EGMR 29.09.2005, Appl. 17.416/05; EGMR Ayegh, 07.11.2006; Appl. 4701/05; EGMR Goncharova & Alekseytsev, 03.05.2007, Appl. 31.246/06).

Zusammenfassend führt der VfGH aus, das sich aus den erwähnten Entscheidungen des EGMR ergibt, dass im Allgemeinen kein Fremder ein Recht hat, in einem fremden Aufenthaltsstaat zu verbleiben, bloß um dort medizinisch behandelt zu werden, und zwar selbst dann nicht, wenn er an einer schweren Krankheit leidet oder selbstmordgefährdet ist. Dass die Behandlung im Zielland nicht gleichwertig, schwerer zugänglich oder kostenintensiver ist, ist unerheblich, solange es grundsätzlich Behandlungsmöglichkeiten im Zielstaat bzw. in einem bestimmten Teil des Zielstaates gibt. Nur bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände führt die Abschiebung zu einer Verletzung in Artikel 3, EMRK. Solche liegen etwa vor, wenn ein lebensbedrohlich Erkrankter durch die Abschiebung einem realen Risiko ausgesetzt würde, unter qualvollen Umständen zu sterben (Fall D. v. the United Kingdom).

Die Rechtsprechung des EGMR (N vs. UK, 27.05.2008) und Literaturmeinungen (Premiszl, Migralex 2/2008, 54ff, Schutz vor Abschiebung von Traumatisierten in "Dublin-Verfahren") bestätigen diese Einschätzung, wobei noch darauf hinzuweisen ist, dass EU-Staaten verpflichtet sind, die Aufnahmerichtlinie umzusetzen und sohin jedenfalls eine begründete Vermutung des Bestehens einer medizinischen Versorgung besteht.

Aus diesen Judikaturlinien des EGMR ergibt sich jedenfalls der für das vorliegende Beschwerdeverfahren relevante Prüfungsmaßstab.

Nach der geltenden Rechtslage ist eine Überstellung dann unzulässig, wenn die Durchführung eine in den Bereich des Artikel 3, EMRK reichende Verschlechterung des Krankheitsverlaufs oder der Heilungsmöglichkeiten bewirken würde (siehe Feststellungen des Innenausschusses zu Paragraph 30, AsylG); dabei sind die von den Asylbehörden festzustellenden Behandlungsmöglichkeiten im Zielstaat als Hintergrundinformation beachtlich, sodass es sich quasi um eine "erweiterte Prüfung der Transportfähigkeit" handelt.

Maßgebliche Kriterien für die Beurteilung der Artikel 3, EMRK-Relevanz einer psychischen Erkrankung angesichts einer Abschiebung sind Aufenthalte in geschlossenen Psychiatrien infolge von Einweisungen oder auch Freiwilligkeit, die Häufigkeit, Regelmäßigkeit und Intensität der Inanspruchnahme medizinisch-psychiatrischer Leistungen, die Möglichkeit einer wenn auch gemessen am Aufenthaltsstaat schlechteren medizinischen Versorgung im Zielstaat sowie die vom Abschiebestaat gewährleisteten Garantien in Hinblick auf eine möglichst schonende Verbringung. Rechtfertigen diese Kriterien eine Abschiebung, hat eine denkmögliche Verschlechterung des Gesundheitszustandes oder ungünstige Entwicklung des Gesundheitszustands außer Betracht zu bleiben, geschweige denn vermag die Verursachung von überstellungsbedingtem mentalen Stress eine Abschiebung unzulässig machen.

Akut Existenzbedrohende Krankheitszustände des Beschwerdeführers sind der Aktenlage jedoch nicht zu entnehmen. Der Beschwerdeführer hat am Beginn seiner Einvernahme vor dem Bundesasylamt ausgeführt, dass operiert worden sei und ihm der Arzt in der Betreuungsstelle gesagt habe, dass er sich sechs Wochen schonen solle. Aus dem ärztlichen Schlussbericht des Landeskrankenhauses römisch XXXX geht hervor, dass der Beschwerdeführer am 12.12.2008 wegen einer rechtsseitigen Leistenhernie operiert worden sei. Der postoperative Verlauf sei unkompliziert und es sollte eine postoperative Schonung von zwei Wochen eingehalten werden. Die vom behandelnden Arzt vorgeschlagene Schonung wurde seitens der österreichischen Behörden jedenfalls eingehalten. Selbst im Falle etwaiger postoperativer Komplikationen kann auf der Grundlage der länderkundlichen Feststellungen zur medizinischen Versorgung in RUMÄNIEN eine Behandlung und Betreuung des Beschwerdeführers in RUMÄNIEN als gewährleistet angenommen werden.

Darüber hinaus leidet der Beschwerdeführer nicht an schwerwiegenden lebensbedrohenden Krankheiten, die nach der Rechtsprechung des EGMR dann, wenn sie im Zielstaat nicht behandelt werden können, ein Rückschiebungshindernis im Sinne von Artikel 3, EMRK darstellen können vergleiche D.V. Vereinigtes Königreich, 02.05.1997). Aus der Aktenlage sind keine Hinweise auf einen existenzbedrohenden Zustand ersichtlich.

2.1.2.4. Zusammenfassend sieht der Asylgerichtshof im Einklang mit der diesbezüglichen Sichtweise der Erstbehörde keinen Anlass, Österreich zwingend zur Anwendung des Artikel 3, Absatz 2, Dublin II-VO infolge drohender Verletzung von Artikel 3, oder Artikel 8, EMRK zu verpflichten.

2.1.2.5. Wenn der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde behauptet, dass dem Protokoll der Einvernahme zu entnehmen sei, dass der Beschwerdeführer große Schwierigkeiten gehabt habe, die Fragen des Organs zu verstehen und der einvernehmende Organwalter bereits in der Einvernahme darauf achten und gegebenenfalls nachfragen hätte müssen und die vage Beantwortung der Fragen nicht zum Nachteil des Beschwerdeführers auslegen dürfe, so entspricht dies nicht der Aktenlage. Es ist korrekt, dass sich aus dem Einvernahmeprotokoll ergibt, dass der Beschwerdeführer bei gewissen Fragen Verständnisprobleme gehabt hat. Ebenso ist hieraus ersichtlich, dass die belangte Behörde ihrer Manuduktionspflicht nachgekommen ist und dem Beschwerdeführer den Inhalt der gestellten Fragen erklärt hat. Für den Asylgerichtshof lässt sich in dieser Behauptung kein mangelhaftes Verfahren des Bundesasylamtes erkennen.

2.1.3. Spruchpunkt römisch eins der erstinstanzlichen Entscheidung war sohin bei Übernahme der Beweisergebnisse und rechtlichen Würdigung der Erstbehörde mit obiger näherer Begründung zu bestätigen.

2.2. Spruchpunkt II:

Den Erwägungen der Erstbehörde zu Spruchpunkt römisch II ist vollinhaltlich beizutreten. Im Übrigen ist dazu auch auf die obigen Ausführungen unter Punkt 2.1.2. zu verweisen. Schließlich sind im Beschwerdeverfahren auch keine Hinweise hervorgekommen, die eine Aussetzung der Überstellung des Beschwerdeführers erforderlich erscheinen ließen. Diese erweist sich daher bezogen auf den Entscheidungszeitpunkt als zulässig.

2.3. Gemäß Paragraph 41, Absatz 4, AsylG 2005 konnte von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden. Eine gesonderte Erwägung bezüglich einer allfälligen Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung konnte angesichts des Spruchinhaltes entfallen.

Es war spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

Abhängigkeitsverhältnis, Ausweisung, familiäre Situation, gesundheitliche Beeinträchtigung, Intensität, medizinische Versorgung, real risk, Rechtsschutzstandard, Volksgruppenzugehörigkeit

Zuletzt aktualisiert am

28.08.2009

Dokumentnummer

ASYLGHT_20090318_S9_404_660_1_2009_00

Navigation im Suchergebnis