Verwaltungsgerichtshof (VwGH)

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Entscheidungstext 2012/16/0088

Entscheidungsart

Erkenntnis

Dokumenttyp

Entscheidungstext

Geschäftszahl

2012/16/0088

Entscheidungsdatum

19.06.2013

Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
43/01 Wehrrecht allgemein;
61/01 Familienlastenausgleich;
72/01 Hochschulorganisation;

Norm

FamLAG 1967 §2 Abs1 lite idF 1998/I/030;
UniversitätsG 2002 §60;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
WehrG 2001 §19;
WehrG 2001 §37 idF 2005/I/058;
WehrG 2001 §38b Abs3;
  1. VwGG § 42 heute
  2. VwGG § 42 gültig ab 01.01.2014 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 33/2013
  3. VwGG § 42 gültig von 01.07.2012 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 51/2012
  4. VwGG § 42 gültig von 01.07.2008 bis 30.06.2012 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 4/2008
  5. VwGG § 42 gültig von 01.01.1991 bis 30.06.2008 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 330/1990
  6. VwGG § 42 gültig von 05.01.1985 bis 31.12.1990

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und die Hofräte Dr. Mairinger und Mag. Dr. Köller als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Wagner, über die Beschwerde des Dr. P in B, vertreten durch Dr. Lukas Wolff, Rechtsanwalt in 5026 Salzburg, Aignerstraße 21, gegen den Bescheid des Unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Salzburg, vom 6. März 2012, Zl. RV/0112-S/11, betreffend Familienbeihilfe ab September 2010, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Im vorliegenden Fall steht unstrittig fest, dass der Sohn des Beschwerdeführers nach Ablegung der Matura im Juni 2009 vom 1. September 2009 bis zum 31. August 2010 den Ausbildungsdienst gemäß Paragraph 37, Wehrgesetz 2001 (sogenannte Einjährigfreiwilligenausbildung) geleistet hat. Vom 11. Oktober 2010 bis zum 17. Dezember 2010 hat er an der Sprachschule in Rom einen Italienischsprachkurs im Gesamtausmaß von 200 Stunden besucht. Vom 4. Jänner 2011 bis zum 4. Februar 2011 absolvierte der Sohn des Beschwerdeführers im Landeskrankenhaus Salzburg ein Praktikum zur Berufsfelderkundung. Im Anschluss daran (6. bis 10. Februar 2011) hat er an einem Vorbereitungskurs für den Eignungstest für das beabsichtigte Medizinstudium teilgenommen. Im Sommersemester 2011 hat der Sohn des Beschwerdeführers zur Vorbereitung auf das geplante Medizinstudium das Studium der Biologie an der Universität Salzburg inskribiert. In der letzten Augustwoche 2011 hat er mit dem Studium der Humanmedizin an der Paracelsus Medizinische Privatuniversität begonnen.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf Gewährung der Familienbeihilfe ab 1. September 2010 abgewiesen.

Nach der Begründung hätten die im fraglichen Zeitraum absolvierten Kurse nicht der Berufsausbildung gedient. Im konkreten Fall habe der Sohn des Beschwerdeführers am 1. September 2009 mit der Einjährigfreiwilligenausbildung begonnen. Diese gelte als Ausbildungsdienst im Sinne des Paragraph 37, Wehrgesetz. Die ersten sechs Monate gälten als vollständig geleisteter Grundwehrdienst. So gesehen habe der Grundwehrdienst des Sohnes Ende Februar 2010 geendet. Die weiteren sechs Monate bis Ende August 2010 seien gesetzlich nicht verpflichtend und somit freiwillig. Unabhängig davon, ob man nun den frühestmöglichen Zeitpunkt vom Ende des Präsenzdienstes (Februar 2010) oder - so das Vorbringen in der Berufungsverhandlung - nach 8 (6+2) Monaten (April 2010) oder vom Ende des Ausbildungsdienstes (August 2010) betrachte, so ergebe sich als frühestmöglicher Zeitpunkt für den Beginn eines Biologie- oder Medizinstudiums jedenfalls das Herbstsemester 2010/2011. Die Tatsache, dass der Sohn des Beschwerdeführers nach Beendigung des Ausbildungsdienstes den nächstmöglichen Termin für die Teilnahme an dem nur einmal jährlich stattfindenden Medizineignungstest wahrgenommen, sich darauf intensiv, ernsthaft und zielstrebig vorbereitet und sogar an einem Vorbereitungskurs teilgenommen habe, vermöge der Berufung nicht zum Erfolg zu verhelfen, weil einer tatsächlichen Ausbildung vorangehende Schritte einer Bewerbung einschließlich eines Tests und eines Bewerbungsgespräches noch keine Ausbildung darstellten. Persönliche Umstände, Vorbereitungskurse und Aufnahmeprüfungen seien nach der oben angeführten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (Hinweis auf das Erkenntnis vom 26. Mai 2011, Zl. 2011/16/0057) und des Unabhängigen Finanzsenates nicht relevant. Es komme auf den tatsächlichen Beginn der Berufsausbildung an und der sei im gegenständlichen Fall mit der Inskription des Biologiestudiums im Februar 2011 anzunehmen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt. Darauf hat der Beschwerdeführer repliziert.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß Paragraph 12, Absatz eins, Ziffer 2, VwGG gebildeten Senat erwogen:

Gemäß Paragraph 2, Absatz eins, Litera e, FLAG 1967 in der im Beschwerdefall noch anzuwendenden Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 30 aus 1998, haben Anspruch auf Familienbeihilfe Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, für volljährige Kinder, die das 26. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, für die Zeit zwischen der Beendigung des Präsenz- oder Ausbildungs- oder Zivildienstes und dem Beginn oder der Fortsetzung der Berufsausbildung, wenn die Berufsausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach dem Ende des Präsenz- oder Ausbildungs- oder Zivildienstes begonnen oder fortgesetzt wird.

Die belangte Behörde geht tragend für die Abweisung der Gewährung von Familienbeihilfe für die Zeit nach dem Ausbildungsdienst bis zum Beginn des Biologiestudiums einerseits davon aus, dass der Sohn des Beschwerdeführers bereits frühestmöglich im Herbstsemester 2010/2011 mit dem Medizinstudium beginnen hätte können und andererseits davon, dass es auf den tatsächlichen Beginn der Berufsausbildung ankomme, was im Beschwerdefall die Inskription des Biologiestudiums im Februar 2011 gewesen sei.

Dem Argument des frühestmöglichen Beginns des Medizinstudiums im Herbstsemester 2010/2011 liegen einerseits keine Beweisergebnisse zu Grunde und steht andererseits das Vorbringen des Beschwerdeführers entgegen, es gebe nur einmal jährlich im Juni einen Aufnahmetest, dessen positiver Abschluss die Voraussetzung für die Inskription sei. Mit diesem Vorbringen hat sich die belangte Behörde nicht auseinander gesetzt.

Tatsächlich setzt die Zulassung zu einer Universität vergleiche Paragraphen 60, ff Universitätsgesetz 2002, früher Inskription) bestimmte Erfordernisse voraus, wozu beim Medizinstudium der positive Abschluss eines Zulassungsverfahrens (Aufnahmetest) gehört vergleiche für die Medizinische Universität Wien unter www.meduniwien.ac.at).

Dass der Beschwerdeführer das Aufnahmeverfahren für das Studienjahr 2010/2011 während der Absolvierung des Ausbildungsdienstes absolvieren hätte können, hat die belangte Behörde - anders als noch das erstinstanzliche Finanzamt - nicht (mehr) festgestellt. Die Schlussfolgerung der belangten Behörde, der Beschwerdeführer hätte frühestmöglich im Herbstsemester 2010/2011 mit dem Medizinstudium beginnen können, liegt daher die unrichtige Rechtsauffassung zu Grunde, für die Zulassung zum Studium bedarf es nicht des positiven Abschlusses des Auswahlverfahrens. Zudem hat der Beschwerdeführer zutreffend eingeräumt, dass es nicht auf allfällige Möglichkeiten vor Beendigung des Ausbildungsdienstes, sondern auf die ab diesem Zeitpunkt gegebenen Verhältnisse ankommt.

Stützt die belangte Behörde ihre Entscheidung auch auf den Umstand, der Sohn des Beschwerdeführers habe tatsächlich das Biologiestudium begonnen, was er bereits ein Semester früher hätte tun können, stellt sie andererseits im Einklang mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers fest, die gewünschte Ausbildung des Sohnes des Beschwerdeführers sei das Studium der Humanmedizin an der Paracelsus Medizinische Privatuniversität gewesen. Hat der Beschwerdeführer nach dem Ausbildungsdienst die ins Auge gefasste Ausbildung des Studiums der Humanmedizin, dann auch tatsächlich zum frühest möglichen Zeitpunkt begonnen, dann ist der (frühere) Beginn des Biologiestudiums nicht maßgeblich. Dem von der belangten Behörde in diesem Zusammenhang für ihre Rechtsansicht ins Treffen geführte Erkenntnis vom 26. Mai 2011, Zl. 2011/16/0057, liegt ein anderer Sachverhalt zu Grunde, dort wurde nach einer Aufnahmephase - anders als im Beschwerdefall - das gewünschte Studium nicht begonnen. Für die Beantwortung der im Beschwerdefall wesentlichen Rechtsfrage finden sich im zitierten Erkenntnis keine Anhaltspunkte.

Wäre der Beginn der vom Sohn des Beschwerdeführers auch tatsächlich begonnenen Berufsausbildung des Studiums der Humanmedizin an der Paracelsus Medizinische Privatuniversität nach der Beendigung des Ausbildungsdienstes am 31. August 2010 wegen der Zulassungsvoraussetzung eines Aufnahmeverfahrens erst im Sommer 2011 frühestens mit dem Wintersemester 2011/12 möglich gewesen, läge ein Fall des Paragraph 2, Absatz eins, Litera e, FLAG vor, weshalb für die Zeit zwischen der Beendigung des Ausbildungsdienstes und dem Beginn der Berufsausbildung, Familienbeihilfe zustünde.

Da der Sachverhalt für eine abschließende rechtliche Beurteilung in einem wesentlichen Punkt der Ergänzung bedarf, nämlich hinsichtlich der Frage der konkreten Zulassungsvoraussetzungen für das Studium der Humanmedizin für das Wintersemester 2011/2012, war der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß Paragraph 42, Absatz 2, Ziffer 3, Litera b, VwGG aufzuheben.

Für das fortzusetzende Verfahren wird bemerkt, dass die im angefochtenen Bescheid angestellten Erwägungen der belangten Behörde zum frühestmöglichen Zeitpunkt iSd Paragraph 2, Absatz eins, Litera e, FLAG, dass die ersten sechs Monate des Ausbildungsdienstes als Grundwehrdienst gälten, der sohin mit Ende Februar 2010 geendet hätte, und dass die weiteren sechs Monate bis Ende August 2010 gesetzlich nicht verpflichtend seien, ins Leere gehen.

Der Ausbildungsdienst nach Paragraph 37, des Wehrgesetzes 2001 in der im Beschwerdefall maßgeblichen Fassung des Bundesgesetzes Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 58 aus 2005,, (WG 2001) ist kein Präsenzdienst (Paragraph 19, WG 2001) und somit kein Grundwehrdienst, sondern eine eigenständige Form des Wehrdienstes, wobei aber gemäß Paragraph 38 b, Absatz 3, WG 2001 der Ausbildungsdienst, sofern er mindestens sechs Monate gedauert hat, als vollständig geleisteter Grundwehrdienst in der Dauer von sechs Monaten gilt.

Dies ist im Beschwerdefall aber unerheblich. Der Gesetzgeber hat nämlich in Paragraph 2, Absatz eins, Litera e, FLAG an die Leistung eines der drei im Interesse des Gemeinwohls liegenden Dienste des Präsenzdienstes, des Ausbildungsdienstes und des Zivildienstes dieselben Rechtsfolgen geknüpft und nicht nach einer gesetzlichen Verpflichtung oder nach einer Freiwilligkeit unterschieden.

Somit ist im Beschwerdefall lediglich das Ende des Ausbildungsdienstes des Sohnes des Beschwerdeführers mit Ablauf des Monates August 2010 bedeutsam.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf die Paragraphen 47, ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, Bundesgesetzblatt römisch II Nr. 455.

Wien, am 19. Juni 2013

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2013:2012160088.X00

Im RIS seit

16.07.2013

Zuletzt aktualisiert am

25.11.2013

Dokumentnummer

JWT_2012160088_20130619X00

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