Verwaltungsgerichtshof (VwGH)

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Entscheidungstext 89/14/0286

Entscheidungsart

Erkenntnis

Dokumenttyp

Entscheidungstext

Sammlungsnummer

VwSlg 6527 F/1990

Geschäftszahl

89/14/0286

Entscheidungsdatum

07.09.1990

Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/10 Grundrechte;
21/01 Handelsrecht;
32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;

Norm

B-VG Art7 Abs1;
EStG 1972 §2 Abs5;
EStG 1972 §4 Abs1;
EStG 1972 §5;
HGB §1;
HGB §15;
HGB §2;
HGB §3;
HGB §5;
StGG Art2;
  1. B-VG Art. 7 heute
  2. B-VG Art. 7 gültig ab 01.08.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 114/2013
  3. B-VG Art. 7 gültig von 01.01.2004 bis 31.07.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 100/2003
  4. B-VG Art. 7 gültig von 16.05.1998 bis 31.12.2003 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 68/1998
  5. B-VG Art. 7 gültig von 14.08.1997 bis 15.05.1998 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 87/1997
  6. B-VG Art. 7 gültig von 01.07.1988 bis 13.08.1997 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 341/1988
  7. B-VG Art. 7 gültig von 01.01.1975 bis 30.06.1988 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 444/1974
  8. B-VG Art. 7 gültig von 19.12.1945 bis 31.12.1974 zuletzt geändert durch StGBl. Nr. 4/1945
  9. B-VG Art. 7 gültig von 03.01.1930 bis 30.06.1934
  1. EStG 1972 § 4 gültig von 18.07.1987 bis 31.12.2018 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 61/2018
  2. EStG 1972 § 4 gültig von 21.12.1985 bis 17.07.1987 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 557/1985
  3. EStG 1972 § 4 gültig von 22.12.1984 bis 20.12.1985 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 531/1984
  4. EStG 1972 § 4 gültig von 01.01.1982 bis 21.12.1984 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 520/1981
  5. EStG 1972 § 4 gültig von 31.12.1981 bis 31.12.1981 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 620/1981
  6. EStG 1972 § 4 gültig von 20.12.1980 bis 30.12.1981 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 563/1980
  7. EStG 1972 § 4 gültig von 17.12.1976 bis 19.12.1980 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 664/1976
  8. EStG 1972 § 4 gültig von 23.07.1975 bis 16.12.1976 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 391/1975
  9. EStG 1972 § 4 gültig von 09.08.1974 bis 22.07.1975 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 469/1974
  10. EStG 1972 § 4 gültig von 01.08.1974 bis 08.08.1974 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 409/1974
  11. EStG 1972 § 4 gültig von 13.12.1972 bis 31.07.1974

Beachte

Besprechung in: AnwBl 11/1990, S 636;; ÖStZB 1991, 228; ÖStZ 22/1990, S 268; SWK 1991/7, R28;

Betreff

N gegen Finanzlandesdirektion für Kärnten (Berufungssenat römisch eins) vom 3. Oktober 1989, Zl. 333-3/86, betreffend einheitliche und gesondere Feststellung von Einkünften für 1983:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 10.870,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin und ihr Bruder sind je zur Hälfte Erben nach ihrem gemeinsamen Vater, der 1977 verstorben ist. Dieser betrieb als Einzelkaufmann eine Fabrik unter einer seit 1941 im Handelsregister eingetragenen Firma. Die Beschwerdeführerin und ihr Bruder setzten nach dem Tod des Vaters den Betrieb des Unternehmens fort, ohne sich jedoch über den Inhalt eines Gesellschaftsvertrages zu einigen. 1979 wurde der Nachlaß den beiden Geschwistern je zur Hälfte eingeantwortet. Die Erben wurden vom Registergericht zur Herstellung der Registerordnung aufgefordert. Da eine Einigung über die vorgesehene offene Handelsgesellschaft (OHG) zwischen den Geschwistern nicht zustandekam, erfolgte auch keine gesetzmäßige Anmeldung einer solchen Gesellschaft zum Handelsregister. 1983 überließ die Beschwerdeführerin mit Erbübereinkommen den Betrieb ihrem Bruder, der hierauf als Alleininhaber der Firma in das Handelsregister eingetragen wurde.

Bei Feststellung der Einkünfte der Personengesellschaft (Erbengemeinschaft) aus Gewerbebetrieb für das Streitjahr wurde bei dem der Beschwerdeführerin durch die Veräußerung ihres Anteiles am Unternehmen entstandenen Gewinn entgegen deren Antrag der Wert des Grund und Bodens nicht außer Ansatz gelassen. Die Beschwerdeführerin hatte sich auf den Standpunkt gestellt, daß die Gewinnermittlung nicht nach Paragraph 5, EStG 1972, sondern nach Paragraph 4, Absatz eins, EStG 1972 zu erfolgen habe und daher der letzte Satz dieser Vorschrift zur Anwendung komme. Dies deshalb, weil die Firma der Personengesellschaft nie in das Handelsregister eingetragen worden sei.

Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung der Beschwerdeführerin nicht Folge. Sie vertrat die Ansicht, es könne nicht darauf ankommen, ob die Beschwerdeführerin bzw. die Mitunternehmerschaft im Handelsregister eingetragen gewesen sei. Nach außenhin sei das Unternehmen als Firma unter deren Bezeichnung seit Jahrzehnten aufgetreten. Wer der jeweilige Inhaber sei, habe auf die Firmenbezeichnung so lang keinen Einfluß, als ein Erbe oder mehrere Erben vorhanden seien, die das Unternehmen entweder als Einzelfirma oder als Personengesellschaft ohne Änderung des Firmennamens fortführen. Andernfalls wiese das Gesetz eine Lücke auf.

Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch diesen Bescheid in ihrem Recht verletzt, "daß Gewinne aus der Veräußerung oder Entnahme und sonstige Wertänderungen von Grund und Boden in concreto nicht zu berücksichtigen sind". Sie behauptet inhaltliche Rechtswidrigkeit sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und beantragt deshalb die Aufhebung des angefochtenen Bescheides.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Gewinnermittlung nach Paragraph 5, EStG 1972 hat nach dieser Vorschrift Gewerbetreibende zur Voraussetzung, deren Firma im Handelsregister eingetragen ist. Es ist daher gleichgültig, ob die Firma zu Recht oder zu Unrecht im Handelsregister eingetragen oder ob ihre Eintragung zu Recht oder zu Unrecht unterblieben ist. Mit dieser - verfassungsrechtlich unbedenklichen - Lösung hat es der Gesetzgeber in Kauf genommen, daß (auf Dauer oder auch nur vorübergehend) auch der Gewinn von Vollkaufleuten nach Paragraph 4, Absatz eins, EStG 1972 zu ermitteln ist, der Gewinn von Minderkaufleuten jedoch nach Paragraph 5, EStG 1972, weil es sich hiebei lediglich um atypische Fälle handelt, in denen (ausnahmsweise) der Registerzwang noch nicht zum Durchbruch gekommen ist vergleiche Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 13. Dezember 1972, B 145/72, VfSlg. 6928/1972).

Treten solche atypischen Fälle ein, weil der Registerstand vom Betroffenen nicht - wie es seine Pflicht wäre - sogleich berichtigt wurde und das Verfahren zur Herstellung der Registerordnung nicht, nicht zeitgerecht oder verzögert durchgeführt wurde, so hat der Gesetzgeber die sich daraus ergebenden steuerrechtlichen Konsequenzen mit der von ihm gewählten Lösung eingeplant. Von einer (unbeabsichtigten) Gesetzeslücke, die durch Auslegung zu schließen wäre, kann daher nicht gesprochen werden. Der Gesetzgeber hat nämlich dadurch, daß er nicht auf die Vollkaufmannschaftseigenschaft, sondern auf die Handelsregistereintragung abgestellt hat, bewußt dem Interesse der Verwaltungsökonomie vergleiche Quantschnigg, Steuerliche Stellung der neuen Erwerbsgesellschaft, ÖStZ 1990, 127: "Auf die Eintragung im Handelsregister wurde aus Gründen der Vereinfachung und der Transparenz abgestellt") den Vorzug eingeräumt und damit auch seinen Gestaltungsspielraum nicht überschritten.

Paragraph 5, EStG 1972 spricht - ebenso wie Paragraph 2, Absatz 5, EStG 1972 vergleiche zu dieser Bestimmung das hg. Erkenntnis vom 26. April 1989, 89/14/0015, ÖStZB 1989, 448) - von Gewerbetreibenden, DEREN Firma im Handelsregister eingetragen ist; damit wird ausdrücklich die Eintragung der Firma im Handelsregister dem betreffenden Gewerbetreibenden zugeordnet und nicht einem Unternehmen. Auf derselben Linie liegen die die Firma betreffenden Vorschriften des Handelsgesetzbuches. Aus dem Begriff der Firma (Paragraph 17, HGB), wonach diese der Name ist, unter dem ein Kaufmann im Handel seine Geschäfte betreibt und die Unterschrift abgibt, folgt, daß die Firma jeweils einer bestimmten physischen oder juristischen Person oder jedenfalls einem teilrechtsfähigen Gebilde - wie etwa einer OHG - zuzurechnen ist. Paragraph 31, HGB zählt daher zu den eintragungspflichtigen Änderungen auch die des Inhabers der Firma. Paragraph 106, HGB spricht davon, daß die Gesellschaft zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden ist und die Anmeldung unter anderem die FIRMA DER GESELLSCHAFT zu enthalten hat.

Die Ansicht der belangten Behörde, es komme nicht darauf an, ob die Mitunternehmerschaft (Personengesellschaft) im Handelsregister eingetragen war, weil nach außenhin DAS UNTERNEHMEN als Firma unter derselben Bezeichnung aufgetreten sei, ist mit der dargestellten Rechtslage unvereinbar.

Auch wenn etwa eine OHG berechtigt ist, die Firma eines registrierten Einzelkaufmannes zu führen (fortzusetzen), bedeutet dies also nicht, daß sie schon allein deshalb Gewerbetreibender ist, dessen Firma im Sinne des Paragraph 5, EStG 1972 in das Handelsregister eingetragen ist. Es fehlt nämlich bis zu dieser Eintragung eine registermäßige Zuordnung der Firma zu dem betreffenden Gewerbetreibenden, unter dem - wie bereits gesagt - gemäß Paragraph 5, EStG 1972 nicht ein Unternehmen, sondern nur eine bestimmte (physische oder juristische) Person oder ein teilrechtsfähiges Gebilde (OHG, KG) verstanden werden kann.

Im Beschwerdefall kann dahingestellt bleiben, wie die Rechtslage aus Paragraphen 5,, 4 Absatz eins, EStG 1972 für den ruhenden Nachlaß eines Einzelkaufmannes, der einen oder mehrere Erben hinterläßt, zu beurteilen wäre, weil im vorliegenden Streitjahr der ruhende Nachlaß bereits seit 1979 infolge Einantwortung untergegangen war. Die Erbengemeinschaft war aber jedenfalls im maßgeblichen Zeitpunkt der Beteiligungsveräußerung kein Gewerbetreibender, dessen Firma im Handelsregister eingetragen war. Die Voraussetzungen für die Gewinnermittlung nach Paragraph 5, EStG 1972 lagen daher nicht vor. Paragraph 4, Absatz eins, letzter Satz EStG 1972 wäre von der belangten Behörde somit zu beachten gewesen.

Da die belangte Behörde solcherart die Rechtslage zum Nachteil der Beschwerdeführerin verkannt hat und diese infolgedessen im Rahmen des Beschwerdepunktes in ihren Rechten verletzte, mußte der angefochtene Bescheid gemäß Paragraph 42, Absatz 2, Ziffer eins, VwGG aufgehoben werden.

Von der Durchführung der Verhandlung konnte gemäß Paragraph 39, Absatz 2, Ziffer 6, VwGG Abstand genommen werden, weil die Schriftsätze der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und die dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens erkennen ließen, daß die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten läßt.

Die Entscheidung über Aufwandersatz gründet sich auf die Paragraphen 47, ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundesministers für Gesundheit und öffentlicher Dienst vom 17. April 1989, Bundesgesetzblatt Nr. 206.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1989140286.X00

Im RIS seit

29.01.2002

Dokumentnummer

JWT_1989140286_19900907X00

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