Verfassungsgerichtshof (VfGH)

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Rechtssatz für G85/2017

Entscheidungsart

Erkenntnis

Dokumenttyp

Rechtssatz

Sammlungsnummer

20240

Geschäftszahl

G85/2017

Entscheidungsdatum

06.03.2018

Index

24/01 Strafgesetzbuch

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
B-VG Art140 Abs1 Z1 litd
StGB §25, §47
EMRK Art5
  1. B-VG Art. 7 heute
  2. B-VG Art. 7 gültig ab 01.08.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 114/2013
  3. B-VG Art. 7 gültig von 01.01.2004 bis 31.07.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 100/2003
  4. B-VG Art. 7 gültig von 16.05.1998 bis 31.12.2003 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 68/1998
  5. B-VG Art. 7 gültig von 14.08.1997 bis 15.05.1998 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 87/1997
  6. B-VG Art. 7 gültig von 01.07.1988 bis 13.08.1997 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 341/1988
  7. B-VG Art. 7 gültig von 01.01.1975 bis 30.06.1988 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 444/1974
  8. B-VG Art. 7 gültig von 19.12.1945 bis 31.12.1974 zuletzt geändert durch StGBl. Nr. 4/1945
  9. B-VG Art. 7 gültig von 03.01.1930 bis 30.06.1934
  1. B-VG Art. 140 heute
  2. B-VG Art. 140 gültig ab 01.01.2015 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 114/2013
  3. B-VG Art. 140 gültig von 01.01.2014 bis 31.12.2014 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 51/2012
  4. B-VG Art. 140 gültig von 01.07.2008 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 2/2008
  5. B-VG Art. 140 gültig von 01.01.2004 bis 30.06.2008 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 100/2003
  6. B-VG Art. 140 gültig von 06.06.1992 bis 31.12.2003 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 276/1992
  7. B-VG Art. 140 gültig von 01.01.1991 bis 05.06.1992 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 685/1988
  8. B-VG Art. 140 gültig von 01.07.1988 bis 31.12.1990 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 341/1988
  9. B-VG Art. 140 gültig von 01.07.1976 bis 30.06.1988 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 302/1975
  10. B-VG Art. 140 gültig von 19.12.1945 bis 30.06.1976 zuletzt geändert durch StGBl. Nr. 4/1945
  11. B-VG Art. 140 gültig von 03.01.1930 bis 30.06.1934

Leitsatz

Zurück- bzw Abweisung eines Parteiantrags auf Aufhebung von Bestimmungen des StGB betreffend die alljährliche Prüfung der Notwendigkeit der Aufrechterhaltung der Unterbringung im Maßnahmenvollzug; bedingte Entlassung unter Bestimmung einer Probezeit im rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers

Rechtssatz

Zurückweisung des Hauptantrags auf Aufhebung des §25 Abs1 zweiter Satz und Abs3 StGB, der Wortfolge "nur unter Bestimmung einer Probezeit bedingt" in §47 Abs1 StGB sowie des §47 StGB Abs2als zu eng.

Zulässigkeit des ersten Eventualantrags auf Aufhebung des §25 StGB und §47 StGB zur Gänze. Hingegen ist dieser Antrag, soweit er §21 StGB und §§157 bis 178a StVG mitanficht, unzulässig: §21 StGB wurde im Ausgangsverfahren nicht angewendet und ist daher nicht präjudiziell. Er steht aber auch nicht in dem für die Mitanfechtung erforderlichen Zusammenhang. Gleiches gilt für §§157 bis 178a StVG. Der (Eventual-)Antrag ist daher insoweit zurückzuweisen.

Der EGMR hat im Fall Kuttner (EGMR 16.07.2015, Appl 7997/08) und zuletzt erneut im Fall Lorenz (EGMR 20.07.2017, Appl 11537/11) keine systemischen Mängel in der österreichischen Rechtslage erkannt. Auch der VfGH kann nicht finden, dass die in §25 Abs3 StGB vom Gesetzgeber getroffene Anordnung, amtswegig mindestens alljährlich die Frage, ob die Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher noch notwendig ist, zu prüfen, verfassungswidrig wäre.

Auch wenn in Einzelfällen - wie etwa die Fälle Kuttner und Lorenz belegen - die gesetzlich vorgegebene Frist zur Prüfung und die damit zur Vorbereitung der Entscheidung verbundene Aufbereitung der Unterlagen samt der darauf folgenden Entscheidung über die Notwendigkeit einer weiteren Unterbringung überschritten wird, oder selbst dann, wenn die Jahresfrist regelmäßig überschritten werden würde, ist dies nicht der Norm, sondern dem Vollzug im jeweiligen Einzelfall anzulasten. Die Bestimmung des §25 Abs3 StGB ermöglicht nämlich zweifelsfrei einen verfassungskonformen Vollzug.

Mit Blick auf die vom EGMR zu Art5 EMRK entwickelten Maßstäbe sind die zuständigen Gerichte in diesem Sinne nämlich gehalten, "rasch ('speedily')" über die Notwendigkeit einer (weiteren) Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher zu entscheiden. Dass man sich nicht damit begnügen darf, - ungeachtet des jeweiligen Einzelfalles - §25 Abs3 StGB so zu interpretieren, dass es stets hinreicht, bloß ein Verfahren zur Überprüfung der Notwendigkeit der weiteren Unterbringung innerhalb der Jahresfrist einzuleiten, nicht aber in der Folge rasch ("speedily") über die Notwendigkeit der weiteren Unterbringung auch zu entscheiden, ergibt sich zwingend aus der jüngeren Rechtsprechung des EGMR.

Keine Überschreitung des rechtspolitischen Gestaltungsspielraums des Gesetzgebers; keine Verletzung des Art5 EMRK.

Wenn der Gesetzgeber die Anordnung der Entlassung aus einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher stets nur unter Bestimmung einer Probezeit gemäß §47 Abs1 StGB erlaubt und nur unter der Annahme, dass die Gefährlichkeit, gegen die sich die vorbeugende Maßnahme richtet, nicht mehr besteht, ist ihm aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht entgegenzutreten. Er verfolgt damit in verfassungsrechtlich zulässiger Weise das Ziel, die Begehung weiterer Straftaten des Betroffenen möglichst hintanzuhalten, und generell den Schutz der Allgemeinheit vor "gefährlichen Personen".

Entscheidungstexte

  • G85/2017
    Entscheidungstext VfGH Erkenntnis 06.03.2018 G85/2017

Schlagworte

Strafrecht, Strafvollzug, Entlassung, EU-Recht, VfGH / Parteiantrag, VfGH / Prüfungsumfang

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2018:G85.2017

Zuletzt aktualisiert am

30.07.2019

Dokumentnummer

JFR_20180306_17G00085_01

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