Landesverwaltungsgerichte (LVwG)

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Entscheidungstext LVwG-AV-1218/001-2016

Dokumenttyp

Entscheidungstext

Entscheidungsart

Erkenntnis

Geschäftszahl

LVwG-AV-1218/001-2016

Entscheidungsdatum

03.04.2017

Norm

ApG 1907, §10
ApG 1907, §57 Abs3

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch die Richterin

HR Mag. Parich-Gabler über die Beschwerden des 1. Dr. AS (im Folgenden: Erstbeschwerdeführer) und 2. Dr. MF (im Folgenden: Zweitbeschwerdeführer), beide vertreten durch Dr. Walter Breitwieser, Rechtsanwalt in ***, ***, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Lilienfeld vom 11.10.2016, Zl. LFA5-S-121/001, mit dem unter Spruchpunkt römisch eins) Frau Mag. pharm. AK die Konzession zur Errichtung und zum Betrieb einer neuen öffentlichen Apotheke mit dem Standort

„***“, ausgenommen die Katastralgemeinden ***, ***, ***, *** und ***, und der voraussichtlichen Betriebsstätte in ***, ***, Gst. Nr. ***, KG ***, erteilt wurde und unter Litera ,) die Einwände der Apotheke ZM, Mag. pharm. BS KG und der KR Apotheke, Mag. pharm. US KG, als unbegründet abgewiesen sowie unter Litera ,) die Einwände von Dr. AS und Dr. MF sowie der Markgemeinde *** als unzulässig zurückgewiesen wurden, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu Recht:

1.   Die Beschwerden werden gemäß Paragraph 28, Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) mit der Maßgabe abgewiesen, dass der Spruch zu Punkt römisch eins b) zu lauten hat: „Die Einsprüche von Dr. MF und Dr. AS werden abgewiesen.“

2.   Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe:

1.   Zum verwaltungsbehördlichen Verfahren:

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 11.10.2016, Zl. LFA5-S-121/001, erteilte unter Spruchpunkt römisch eins a) die Bezirkshauptmannschaft Lilienfeld Frau Mag. pharm. AK die Konzession zur Errichtung und zum Betrieb einer neuen öffentlichen Apotheke mit dem Standort „***“, ausgenommen die Katastralgemeinden ***, ***, ***, *** und ***, und der voraussichtlichen Betriebsstätte in ***, ***, Gst. Nr. ***, KG *** und wies unter Spruchpunkt römisch eins b) die Einwände der Apotheke ZM, Mag. pharm. BS KG und der KR Apotheke, Mag. pharm. US KG, als unbegründet ab, sowie unter Spruchpunkt römisch eins b) die Einwände von Dr. AS und von Dr. MF sowie der Markgemeinde *** als unzulässig zurück. Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass die Antragstellerin das Vorliegen der persönlichen Voraussetzungen zur Erlangung der Berechtigung zum selbstständigen Betrieb einer öffentlichen Apotheke nachgewiesen habe, aufgrund des eingeholten Gutachtens der Österreichischen Apothekerkammer vom 17.05.2016 der Bedarf an der angesuchten, neu zu errichtenden öffentlichen Apotheke in *** gegeben sei, das Versorgungspotential seitens der Österreichischen Apothekerkammer nach objektiven Kriterien im Einklang mit den gesetzlichen Bestimmungen und der Judikatur erhoben worden sei. Hinsichtlich des den umliegenden bestehenden öffentlichen Apotheken verbleibenden Versorgungspotentials komme den hausapothekenführenden Ärzten keine Parteistellung zu, weswegen die Einwände des Dr. AS sowie Dr. MF wegen Unzulässigkeit zurückzuweisen seien.

2.   Zum Beschwerdevorbringen:

Gegen diesen Bescheid erhoben der Erst- und Zweitbeschwerdeführer durch ihren ausgewiesenen Rechtsvertreter fristgerecht Beschwerde, in welcher sie im Wesentlichen ausführen, dass die Gemeinde *** 3.950 Einwohner habe und mit 14 Katastralgemeinden, die sich auf ein Gemeindegebiet von

78,15 km² erstrecken, eine erhebliche Streulage aufweise. In der Gemeinde praktiziere kein Facharzt, es bestehe keine Krankenanstalt. Die nächstgelegenen Fachärzte würden sich in der ca. 9 km entfernten Vorheriger SuchbegriffBezirkshauptstadtNächster Suchbegriff Lilienfeld und der ca. 6 km entfernten Gemeinde *** befinden, wobei in diesen beiden Gemeinden auch öffentliche Apotheken bestünden. Eine weitere öffentliche Apotheke befinde sich in der 8 km entfernten Gemeinde ***, das nächstgelegene Krankenhaus befinde sich in der Vorheriger SuchbegriffBezirkshauptstadt Lilienfeld. Während der Nachtstunden zum Wochenende sowie an Feiertagen bestehe ein von den Beschwerdeführern eingerichteter, klaglos funktionierender Bereitschaftsdienst, sodass Patienten die benötigten Medikamente unmittelbar im Zuge der ärztlichen Behandlung rasch, einfach und ohne zusätzlichen Aufwand erhalten würden. Zwei Kassenplanstellen für Allgemeinmediziner seien in *** nur im Zusammenhang mit einer Hausapotheke gerechtfertigt, da diese zusammen nur ca. 1.800 Gebietskrankenkassenscheine hätten. Bei dieser Größe seien zwei Kassenplanstellen durch Allgemeinmediziner nicht zu besetzen. Ohne ärztliche Hausapotheke werde in der Gemeinde *** künftig nur eine Kassenplanstelle für einen Allgemeinmediziner erhalten bleiben. Es bestehe kein Bedarf für eine öffentliche Apotheke in ***, da durch die Apotheke eine Verschlechterung in der medikamentösen Versorgung der Wohnbevölkerung eintrete. Die Versorgung der Wohnbevölkerung durch die ärztliche Hausapotheke stelle vor allem in einer Gemeinde, die ein derart großes, durch zahlreiche in Streulagen befindliche, kleinere Ortschaften besiedeltes Gemeindegebiet, aufweise, vor allem im Zuge der ärztlichen Hausvisite, bei der das Medikament unmittelbar am Krankenbett abgegeben werde, für bettlägerige, alleinstehende, kranke und gebrechliche Personen und solche, die über keine Fahrgelegenheit verfügen, gegenüber einer öffentlichen Apotheke einen erheblichen Vorteil in der medikamentösen Versorgung dar. Die in der Gemeinde *** neue öffentlichen Apotheke könne aufgrund der geringen Einwohnerzahl der Gemeinde *** den im Apothekengesetz vorgesehenen durchgehenden Bereitschaftsdienst nur durch einen im Sinne des Paragraph 8, Absatz 5, ApG mit Nachbarapotheken eingerichteten Turnusdienst wirtschaftlich aufrechterhalten, was dazu führe, dass die heilmittelsuchenden Personen nach der ärztlichen Behandlung erhebliche Distanzen, vor allem am Wochenende und an den Feiertagen während der Nachtstunden, zurücklegen müssten. Die Behörde hätte die von den nunmehrigen Beschwerdeführern im Zuge der ihnen zukommenden Parteistellung geltend gemachten Einwendungen zur Bedarfslage als unbegründet abweisen und nicht aber als unzulässig zurückzuweisen gehabt. Dem gemäß Paragraph 29, ApG betroffenen hausapothekenführenden Arzt komme zur allgemeinen Bedarfssituation im Sinne des Paragraph 10, Absatz eins, ApG eine Parteienstellung im Konzessionsverfahren einer öffentlichen Apotheke zu und seien daher Einwendungen, die sich gegen den Bedarf richten, nicht als unzulässig zurück – sondern inhaltlich abzuweisen.

Zur Bedarfssituation werde vorgebracht, dass dem Apothekengesetz die generelle Bestimmung innewohne, dass die nach dem Gesetz möglichen apothekenrechtlichen Einrichtungen, zu denen auch die ärztlichen Hausapotheken zählen, stets so zu bewilligen sind, dass es für die betroffene Wohnbevölkerung zu keiner Verschlechterung in der medikamentösen ärztlichen Versorgung der Wohnbevölkerung komme. Im dünner besiedelten ländlichen Raum übernehme die ärztliche Hausapotheke diese Versorgungsfunktion. Die Gemeinde *** weise eine starke Streulage auf, habe keinen eigentlichen Ortskern, es sei daher zu prüfen, wie die ärztliche und medikamentöse Versorgung dieser Personen bestmöglich gewährleistet werde, wenn anstelle der bestehenden ärztlichen Hausapotheken eine öffentliche Apotheke errichtet werden solle, müsse auch gesichert sein, dass die Versorgung der Wohnbevölkerung durch diese Apotheke zumindest gleichwertig und nicht nachteilig sei. Die Patienten der Beschwerdeführer erhielten das benötigte Medikament unmittelbar im Zuge der Behandlung, was vor allem bei ärztlichen Hausvisiten für die Wohnbevölkerung Wege erspare, dies sei vor allem für Personen, die über keine Fahrgelegenheit verfügen, ein erheblicher Vorteil. Für den Fall, dass es zu einem nach Paragraph 8, Absatz 5, ApG eingerichteten turnusmäßigen Bereitschaftsdienst mit den Nachbarapotheken komme, habe die Wohnbevölkerung einen zusätzlichen Nachteil in Kauf zu nehmen. Es müsse daher bei der Bedarfsprüfung im Sinne des Paragraph 10, Absatz eins, ApG auch geprüft werden, ob die zu bewilligende Apotheke tatsächlich in der Lage sei, einen dauernden Bereitschaftsdienst einzurichten, was bei einer derart kleinen Gemeinde wirtschaftlich nicht möglich sei. Die Behörde habe sich mit diesen Umständen nicht auseinandergesetzt, habe damit die allgemeine Bedarfssituation nicht ausreichend abgeklärt und auch nicht geprüft, ob die Errichtung einer öffentlichen Apotheke für die Wohnbevölkerung von *** zu einer Verbesserung oder Verschlechterung der medikamentösen Versorgungssituation führe. Hätte sich die Verwaltungsbehörde mit ihren Argumenten auseinandergesetzt und die entsprechenden Überprüfungen vorgenommen, so wäre sie zu dem Ergebnis gelangt, dass eine öffentliche Apotheke in *** aufgrund der Gemeindegröße und der fehlenden Einrichtungen wirtschaftlich nicht in der Lage sei, einen ständigen Bereitschaftsdienst einzurichten, sondern auf das Eingehen eines turnusmäßigen Bereitschaftsdienstes im Sinne des Paragraph 8, Absatz 5, ApG angewiesen sei, was dazu führen würde, dass die medikamentöse Versorgung der Bevölkerung von *** gegenüber der derzeit bestehenden medikamentösen Versorgung durch die ärztlichen Hausapotheken sich verschlechtere. Es liege daher kein Bedarf für die in *** beantragte öffentliche Apotheke vor und werde daher beantragt, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung den angefochtenen Bescheid dahingehend abzuändern, dass der Antrag der Mag. pharm. AK auf Erteilung einer Konzession zur Errichtung und zur Inbetriebnahme in *** abgewiesen werde.


Mit Schreiben vom 14.11.2016 legte die belangte Behörde den Verwaltungsakt mit dem Ersuchen um Entscheidung über die Beschwerde vor.

3.   Zum Ermittlungsverfahren:

Das Landesverwaltungsgericht übermittelte der mitbeteiligten Partei Mag. pharm. AK die Beschwerde und gab ihr Gelegenheit, dazu Stellung zu nehmen.

Die Konzessionswerberin führte durch ihre ausgewiesene Rechtsvertreterin dazu aus, dass die Beschwerde nicht berechtigt sei, den Beschwerdeführern als Inhabern von Bewilligungen zur Führung ihrer ärztlichen Hausapotheken keine Parteistellung hinsichtlich des den umliegenden bestehenden öffentlichen Apotheken verbleibenden Versorgungspotentials zukomme, habe dies der VwGH in seiner zuletzt ergangenen Entscheidung vom 28.10.2015, Zl. Ra 2015/10/0120, ausgesprochen. Wenn die Beschwerdeführer versuchen würden, ihre Parteistellung im Apothekenkonzessionsverfahren aus der allgemeinen Bestimmung des Paragraph 10, Absatz eins, ApG abzuleiten, so seien sie auch damit nicht im Recht. Paragraph 10, Absatz eins, ApG sehe nämlich vor, dass eine Konzession zu einer neu zu errichtenden öffentlichen Apotheke zu erteilen ist, wenn in der Gemeinde des Standortes der öffentlichen Apotheke ein Arzt seinen ständigen Berufssitz habe und ein Bedarf an einer neu zu errichtenden öffentlichen Apotheke bestehe. Ein Bedarf bestehe gemäß Paragraph 10, Absatz 2, Ziffer eins, ApG nicht, wenn sich zum Zeitpunkt der Antragstellung in der Gemeinde der in Aussicht genommenen Betriebsstätte eine ärztliche Hausapotheke befinde und weniger als zwei Vertragsstellen nach Paragraph 342, Absatz eins, ASVG (volle Planstellen) von Ärzten für Allgemeinmedizin besetzt sind. Dies bedeute, dass betroffenen Ärzten für Allgemeinmedizin bei der Frage des Bedarfs einer neu zu beantragten öffentlichen Apotheke ein Einspruchsrecht hinsichtlich des Bedarfs ausschließlich im Umfang des Paragraph 10, Absatz 2, Ziffer eins, ApG zustehe. Unbestritten von den Beschwerdeführern sei der Umstand, dass beide in *** als Allgemeinmediziner je über eine volle Planstelle und dass sich in ihrer Ordination eine ärztliche Hausapotheke befinde, sodass aus dieser Sicht des Bedarfs die Voraussetzungen für die ihr bewilligte Apotheke zu Recht vorliegen würden. Wenn die Beschwerdeführer nun versuchten, anhand der von ihnen geschilderten Bedarfssituation in *** den Nichtbedarf an der ihr bewilligten öffentlichen Apotheke darzutun, so gehe diese Argumentation sowohl am ausdrücklichen Text des Apothekengesetzes, aber auch am Willen des Gesetzgebers sowie der langjährigen Judikatur der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts vorbei. Dem Argument, dass die medikamentöse Versorgung der Bevölkerung durch die ärztliche Hausapotheke besser sei als durch eine öffentliche Apotheke, sei diesem Vorbringen der im Apothekengesetz vorgesehene und landesweit übliche Zustelldienst im Sinne des Paragraph 8 a, ApG entgegenzuhalten, dem auch der von den Beschwerdeführerin zitierte Bereitschaftsdienst öffentlicher Apotheken im Sinne des Paragraph 8, Absatz 5, ApG nicht entgegenstehe. Festzuhalten sei auch, dass die Bereitschaftsdienstregelung für die ihr bewilligte Apotheke erst nach deren Inbetriebnahme von der zuständigen Bezirkshauptmannschaft festgelegt werde.

Paragraph 10, ApG normiere eindeutig und mit klarem Wortlaut die Voraussetzungen für den Bedarf einer neuen öffentlichen Apotheke. Die von den Beschwerdeführern behauptete inhaltliche Rechtswidrigkeit sei sohin nicht gegeben und liege auch keine Rechtswidrigkeit in Folge Verletzung von Verfahrensvorschriften vor, weil es der belangten Behörde aufgrund des klaren Wortlauts, der den Bedarf einer neuen öffentlichen Apotheke regelnden Bestimmungen des Apothekengesetzes verwehrt sei, sich mit den von den Beschwerdeführern sowohl im erstinstanzlichen Verfahren als auch in der nunmehrigen Beschwerde vorgebrachten Argumenten auseinanderzusetzen, ebenso wie mit der Frage, ob es nach der Pensionierung des Erstbeschwerdeführers zu einer Nachbesetzung von dessen Kassenplanstelle komme. Die belangte Behörde sei daher zu Recht von der Zurückweisung der Einsprüche der Beschwerdeführer ausgegangen, weswegen beantragt werde, der Beschwerde keine Folge zu geben.

Das erkennende Gericht führte in Entsprechung des Parteienantrages eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, an welcher der Zweitbeschwerdeführer sowie deren Rechtsvertreter sowie mitbeteiligte Partei und deren Rechtsvertreterin teilnahmen. Sämtliche Parteien verwiesen auf ihr bisheriges Vorbringen und die gestellten Anträge.

4.   Feststellungen:

Mit Eingabe vom 16.01.2012 stellte Frau Mag. AK den Antrag auf Erteilung einer Konzession zum Betrieb einer neu zu errichtenden öffentlichen Apotheke mit dem Standort *** (Gemeindegebiet von ***) und der voraussichtlichen Betriebsstätte auf Gst. EZ ***, KG ***

***. Diesem Antrag wurden die Unterlagen über die persönliche Eignung beigefügt. Mit Schreiben vom 23.01.2012 gab sie – nach Aufforderung durch die Behörde – bekannt, dass für Gst. ***, EZ ***, KG ***, die Postadresse ***, ***, laute. Der Antrag wurde sodann im Amtsblatt in den amtlichen Nachrichten des Landes Niederösterreich kundgemacht.

Das seitens der Bezirkshauptmannschaft Lilienfeld bei der Österreichischen Apothekerkammer, Landesgeschäftsstelle Niederösterreich, eingeholte Gutachten vom 18.12.2012 bejahte den Bedarf an der angesuchten neu zu errichtenden öffentlichen Apotheke in ***. Die Apothekerkammer führte darin aus, dass diese Bedarfsbeurteilung nur für die angegebene Betriebsstätte gelte bzw. nur zutreffe, wenn sich die Betriebsstätte innerhalb der Grenzen das Gemeindegebiet *** ohne die Katastralgemeinden ***, ***, ***, *** und ***, zutreffe.

Nach dem Einspruch eines Konzessionswerbers, der ausführte, dass sein Ansuchen prioritär sei, setzte die Bezirkshauptmannschaft Lilienfeld das Verfahren der Mag. pharm. AK mit Bescheid vom 29.10.2013, Zl. LFG3-S-121/001, bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung in dessen Verfahren aus. Am 26.01.2016 zog dieser Konzessionswerber seinen Antrag zurück. Das Verfahren der Frau Mag. pharm. AK wurde sohin fortgesetzt und die Österreichische Apothekerkammer, Landesgeschäftsstelle Niederösterreich, seitens der Bezirkshauptmannschaft Lilienfeld um Erstellung eines aktuellen Bedarfsgutachtens ersucht. In ihrem Gutachten vom 17.05.2016 führte die Österreichische Apothekerkammer, Landesgeschäftsstelle Niederösterreich, aus, dass aufgrund des Befundes und den daraus resultierenden gutachtlichen Erwägungen der Bedarf an der angesuchten neu zu errichtenden öffentlichen Apotheke in *** gegeben sei, da sich zum Zeitpunkt der Antragstellung in der Gemeinde der in Aussicht genommenen Betriebsstätte eine ärztliche Hausapotheke befand und nicht weniger als zwei Vertragsstellen nach Paragraph 342, Absatz eins, ASVG bestehen, die von Ärzten für Allgemeinmedizin in der Gemeinde der in Aussicht genommenen Betriebsstätte besetzt sind, die Entfernung zwischen der in Aussicht genommenen Betriebsstätte der neu zu errichtenden Apotheke und der Betriebsstätte der nächstgelegenen bestehenden öffentlichen Apotheke über 500 m beträgt und die Zahl der von den Betriebsstätten der umliegenden bestehenden öffentlichen Apotheken aus weiterhin zu versorgenden Personen sich in Folge der Neuerrichtung entweder nicht verringere oder aber nicht unter 5.500 betragen werde. Die Österreichische Apothekerkammer wies darauf hin, dass das gegenständliche positive Bedarfsgutachten von einer Betriebsstätte an der Adresse *** ausgehe und die gegenständliche Bedarfsbeurteilung nur für die angegebene Betriebsstätte gelte bzw. nur zutreffe, wenn sich die Betriebsstätte innerhalb folgender Grenzen befinde „das Gemeindegebiet von *** ohne folgende Katastralgemeinden: ***, ***, ***, *** und ***.“

Zum Zeitpunkt der Antragstellung befanden (und auch im Entscheidungszeitpunkt befinden) sich in *** zwei Vertragsstellen nach Paragraph 342, Absatz eins, ASVG (volle Planstellen), die von Ärzten für Allgemeinmedizin besetzt sind und zwar sind dies: Dr. AS (der Erstbeschwerdeführer) ist Allgemeinmediziner mit Hausapotheke in ***, *** und Dr. MF (der Zweitbeschwerdeführer) ist Allgemeinmediziner mit Hausapotheke in ***, ***.

     

5.   Erwägungen des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich:

Paragraph 28, Absatz eins und Absatz 2, VwGVG lautet:

Erkenntnisse Paragraph 28,

(1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

(2) Über Beschwerden gemäß Artikel 130, Absatz eins, Ziffer eins, B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

1.       der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

2.       die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

(...)

Die im vorliegenden Fall maßgeblichen Bestimmungen des Apothekengesetzes, RGBl. Nr. 5/1907 i.d.F. Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 103 aus 2016, (ApG) lauten wie folgt:

„Sachliche Voraussetzungen der Konzessionserteilung

Paragraph 10, (1) Die Konzession für eine neu zu errichtende öffentliche Apotheke ist zu erteilen, wenn

         1. in der Gemeinde des Standortes der öffentlichen Apotheke ein Arzt seinen ständigen Berufssitz hat und

         2. ein Bedarf an einer neu zu errichtenden öffentlichen Apotheke besteht.

 

(2) Ein Bedarf besteht nicht, wenn

1. sich zum Zeitpunkt der Antragsstellung in der Gemeinde der in Aussicht genommene Betriebsstätte eine ärztliche Hausapotheke befindet und weniger als zwei Vertragsstellen nach Paragraph 342, Absatz eins, ASVG (volle Planstellen) von Ärzten für Allgemeinmedizin besetzt sind, oder

         2. die Entfernung zwischen der in Aussicht genommenen Betriebsstätte der neu zu errichtenden öffentlichen Apotheke und der Betriebsstätte der nächstgelegenen bestehenden öffentlichen Apotheke weniger als 500 m beträgt oder

         3. die Zahl der von der Betriebsstätte einer der umliegenden bestehenden öffentlichen Apotheke aus weiterhin zu versorgenden Personen sich in Folge der Neuerrichtung verringert und weniger als 5.500 betragen wird.

(3) Ein Bedarf gemäß Absatz 2, Ziffer eins, besteht auch dann nicht, wenn sich zum Zeitpunkt der Antragstellung in der Gemeinde der in Aussicht genommenen Betriebsstätte der öffentliche Apotheke

         1. eine ärztliche Hausapotheke und

         2. eine Vertragsgruppenpraxis befindet, die versorgungswirksam höchstens eineinhalb besetzten Vertragsstellen nach Absatz 2, Ziffer eins, entspricht und in der Gemeinde keine weitere Vertragsstelle nach Paragraph 342, Absatz eins, ASVG von einem Arzt für Allgemeinmedizin besetzt ist.

[...]

(4) Zu versorgende Personen gemäß Absatz 2, Ziffer 3, sind die ständigen Einwohner aus einem Umkreis von vier Straßenkilometern von der Betriebsstätte der bestehenden öffentlichen Apotheke, die auf Grund der örtlichen Verhältnisse aus dieser bestehenden öffentlichen Apotheke weiterhin zu versorgen sein werden.

(5) Beträgt die Zahl der ständigen Einwohner im Sinne des Absatz 4, weniger als 5.500, so sind die auf Grund der Beschäftigung der Inanspruchnahme von Einrichtungen und des Verkehrs in diesem Gebiet zu versorgenden Personen bei der Bedarfsstellung zu berücksichtigen.

(6) Die Entfernung gemäß Absatz 2, Ziffer 2, darf ausnahmsweise unterschritten werden, wenn es besondere örtliche Verhältnisse im Interesse einer ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung der Bevölkerung dringend gebieten.

(6a) Die Zahl der von der Betriebsstätte einer oder mehrerer der umliegenden bestehenden öffentlichen Apotheken aus weiterhin zu versorgenden Personen gemäß Absatz 2, Ziffer 3, ist zu unterschreiten, wenn es auf Grund besonderer örtlicher Verhältnisse im Interesse einer ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung der Bevölkerung unter Berücksichtigung des Versorgungsangebots durch bestehende Apotheken einschließlich Filialapotheken und ärztlichen Hausapotheken dringend erforderlich ist. (In Kraft seit 07.12.2016).

(7) Zur Frage des Bedarfs an einer neu zu errichtenden öffentlichen Apotheke ist ein Gutachten der österreichischen Apothekenkammer einzuholen. Soweit gemäß Paragraph 29, Absatz 3 und 4 Ärzte betroffen sind, ist auch ein Gutachten der Österreichischen Ärztekammer einzuholen.

(8) Als bestehende Apotheke im Sinne des Absatz 2, Ziffer 2 und 3 gelten auch alle nach der Kundmachung Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 53 aus 1998, rechtskräftig erteilten Konzessionen zur Errichtung einer öffentlichen Apotheke.

Entscheidung über den Konzessionsantrag:

Paragraph 51, Absatz 3, ApG:

Gegen eine Entscheidung der Bezirksverwaltungsbehörde, mit welcher die Konzession zum selbständigen Betriebe einer öffentlichen Apotheke verweigert wird, steht dem Antragsteller, gegen die Erteilung der Konzession aber denjenigen Inhabern öffentlicher Apotheken und gemäß Paragraph 29, Absatz 3 und 4 betroffenen Ärzten, welche gemäß Paragraph 48, Absatz 2, rechtzeitig einen Einspruch erhoben haben, die Beschwerde an das Verwaltungsgericht des Landes zu.“

Gemäß Paragraph 51, Absatz 3, ApG steht den gemäß Paragraph 29, Absatz 3 und 4 betroffenen Ärzten, welche gemäß Paragraph 48, Absatz 2, rechtzeitig einen Einspruch erhoben haben, die Beschwerde an das Verwaltungsgericht des Landes zu. Da sowohl der Erstbeschwerdeführer als auch der Zweitbeschwerdeführer rechtzeitig gemäß Paragraph 48, Absatz 2, ApG einen Einspruch gegen die Erteilung der Konzession zur Errichtung und zum Betrieb einer neuen öffentlichen Apotheke in *** erhoben haben, kommt ihnen das Beschwerderecht gegen die Erteilung der Konzession zu.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 19.12.1989,

Zl. 87/08/0259, ausgesprochen, dass dem von der Errichtung einer neuen öffentlichen Apotheke betroffenen hausapothekenführenden Arzt im Apothekenkonzessionsverfahren im Hinblick auf die Betroffenheitsdichte und Schutzwidrigkeit seiner vom Rechtsverlust bedrohten Interessenlage Parteistellung zukommt, wenn dessen Ordination weniger als 4 Straßenkilometer von der künftigen Betriebsstätte der neuen öffentlichen Apotheke entfernt und dessen Bewilligung daher gemäß Paragraph 29, Absatz 4 und 5 ApG zurückzunehmen ist. Derjenige, dessen Rechtsbefugnis zurückgenommen werden soll, hat ein Recht darauf, dass der Eintritt der Bedingungen, die zum Rechtsverlust führen – und dazu zählt im Beschwerdefall auch die Rechtmäßigkeit des präjudiziellen, eine andere Person begünstigenden Verwaltungsaktes – in einem gesetzmäßigen Verfahren unter seiner Mitwirkung festgestellt wird. Diese Mitwirkung kann im vorliegenden stufenförmig gestalteten Verfahren nur in der Vorstufe, also im Apothekenkonzessionsverfahren und nicht im Rücknahmeverfahren, betreffend die Hausapothekenbewilligung, erfolgen.

Zur Voraussetzung des vorliegenden Bedarfs im Sinne des Paragraph 10, Absatz eins, Ziffer 2, ApG:

Das Gesetz schreibt in der Ermittlung des Bedarfs ein „standardisiertes“, ausschließlich an der Lage der Betriebsstätten bzw. der ärztlichen Ordinationen und der Wohn- bzw. Aufenthaltsorte von Einwohnern, sowie an (objektiven) Gesichtspunkten „der Beschäftigung, der Inanspruchnahme von Einrichtungen und des Verkehrs in diesem Gebiet“ ansetzendes, Verfahren vor.

Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes vergleiche VwGH 11.06.2001, Zl. 2000/10/0166; VwGH 18.02.2002, Zl. 2000/10/022; VwGH 14.05.2002, Zl. 2001/10/0135; VwGH 27.06.2002, Zl. 2001/10/0040) hat sich die gemäß Paragraph 10, Absatz 2, Ziffer 3, ApG durchzuführende Bedarfsprüfung auf eine – auf entsprechende Ermittlungsergebnisse gestützte – prognostische Zuordnung konkreter Kundenpotentiale zu den beteiligten Apotheken nach den örtlichen Verhältnissen zu gründen. Die Behörde hat somit festzustellen, wie viele der ständigen Einwohner im Umkreis von 4 km um die Betriebsstätte der bestehenden öffentlichen Apotheke(n) nach Errichtung der geplanten Apotheke einen Arzneimittelbedarf aufgrund örtlicher Verhältnisse voraussichtlich weiterhin aus der (den) bestehenden öffentlichen Apotheke(n) decken werden. Diese unter dem Gesichtspunkt der leichten Erreichbarkeit vorzunehmende Zuordnung hat in erster Linie anhand der Straßenentfernungen zu der (den) bestehenden öffentlichen Apotheke(n) im Vergleich zur beantragten Apotheke zu erfolgen. Ergibt sich für eine bestehende öffentliche Apotheke die kritische Zahl zu versorgender Personen nicht schon aus den ständigen Einwohnern des 4-km-Umkreises, so ist weiter zu prüfen, ob diese Zahl unter Berücksichtigung der aufgrund der Beschäftigung der in Anspruchnahme von Einrichtungen und des Verkehrs in diesem Gebiet weiterhin zu versorgenden Personen erreicht wird (VwGH 18.04.2012, Zl. 2010/10/0254 mwN). Wohnt die zu versorgende Bevölkerung im 4-km-Umkreis zweier oder mehrerer Apotheken, so ist für die Zuordnung des Kundenpotentials zu der einen oder anderen Apotheke nach den Kriterien der örtlichen Verhältnisse im Sinne des Paragraph 10, Absatz 4, ApG in erster Linie die leichte Erreichbarkeit ausschlaggebend, wobei es vor allem auf die zurückzulegende Entfernung unter Berücksichtigung der vorhandenen Verkehrsmöglichkeiten ankommt. Die Zuordnung der Wohnbevölkerung zu den in Betracht kommenden Apotheken hat sich im Überschneidungsbereich der 4-km-Polygone an einer gedachten, nach den Gesichtspunkten der räumlichen Nähe und der erreichbar zu ziehenden örtlichen Trennlinie, zu orientieren.

Die Bedarfsbeurteilung hat sich somit primär an der Wohnbevölkerung zu orientieren, im Übrigen ist jedoch auch ein durch andere Umstände als den Wohnsitz begründeter Bedarf an einer öffentlichen Apotheke zu berücksichtigen. Während der Gesetzgeber bei der Beurteilung des Bedarfs durch die Wohnbevölkerung jedoch auf eine Durchschnittsbetrachtung abstellt, sodass der „ständige Einwohner“ als „zu versorgende Person“ gilt, ohne dass im Einzelnen festgestellt werden müsste, in welchem Ausmaß durch ihn ein Bedarf an der öffentlichen Apotheke (mit)begründet wird, sind bei der Beurteilung des durch andere Umstände als den Wohnsitz hervorgerufenen Bedarfes grundsätzlich auf die im Gesetz angeführten Tatbestände („Beschäftigung“, „Einrichtungen“, „Verkehr“) bezogene Ermittlungen erforderlich, aus denen eine Inanspruchnahme der betreffenden Apotheke(n) ersichtlich wird, die jener durch eine bestimmte Zahl ständiger Einwohner (der Maßstabfigur des Paragraph 10, ApG) entspricht. Erst auf einer solchen Grundlage kann die Anzahl jener „zu versorgender Personen“ ermittelt werden, die iSd Paragraph 10, Absatz 5, ApG bei der Bedarfsfeststellung zu berücksichtigen sind vergleiche VwGH Erkenntnis vom 18.04.2012, Zl. 2010/10/0254, mwN).

Das Gutachten zur Bedarfsprüfung nach Paragraph 10, Apothekengesetz der Österreichischen Apothekerkammer vom 17.05.2016 hat eindeutig ergeben, dass der Bedarf an der angesuchten neu zu errichtenden öffentlichen Apotheke gegeben ist.

Unstrittig ist, dass in *** zum Zeitpunkt der Antragstellung und auch zum Entscheidungszeitpunkt zwei Vertragsstellen von Ärzten mit Allgemeinmedizin besetzt sind.

Paragraph 10, ApG regelt abschließend, wann ein Bedarf für eine neu zu errichtende öffentliche Apotheke gegeben ist und bei Vorliegen welcher Voraussetzungen kein Bedarf besteht.

Die Parteistellung der hausapothekenführenden Ärzte beschränkt sich sohin auf die Tatbestände der Paragraphen 10, Absatz 2, Ziffer eins,, 10 Absatz 3 und 10 Absatz 3 a, ApG, somit einzig und allein auf die Frage, ob sich in der Gemeinde der in Aussicht genommenen Betriebsstätte (1) eine ärztliche Hausapotheke befindet und (2) weniger als zwei Vertragsstellen nach Paragraph 342, Absatz eins, ASVG (volle Planstellen) von Ärzten für Allgemeinmedizin besetzt sind. Wie aus dem Gutachten der Österreichischen Apothekerkammer vom 17.05.2016 hervorgeht und vom Erst- und vom Zweitbeschwerdeführer auch nicht bestritten wird, waren zum Zeitpunkt der Antragsstellung in der Gemeinde *** zwei Vertragsstellen von Ärzten für Allgemeinmedizin – eben vom Erst- und Zweitbeschwerdeführer – besetzt.

Im österreichischen Apothekenrecht gilt im Verhältnis zwischen öffentlicher Apotheke und ärztlicher Hausapotheke das Primat der Heilmittelversorgung durch öffentliche Apotheken und findet noch immer in Paragraph 29, Absatz 4 bis 8 Apothekengesetz seinen normativen Niederschlag. Der Verfassungsgerichtshof hat in seinem Beschluss vom 16.12.2009, B 990/0019-5 neuerlich das Primat der Heilmittelversorgung der Bevölkerung durch öffentliche Apotheken ausdrücklich betont. Der VfGH führte aus, dass es dieser grundsätzlichen Systementscheidung entspreche, dass bei Erteilung einer Konzession für eine öffentliche Apotheke die benachbarten ärztlichen Hausapotheken innerhalb eines Umkreises von 4 Straßenkilometern zurückzunehmen seien. Dem Primat der Heilmittelversorgung der Bevölkerung durch öffentlichen Apotheken liege der Kerngedanke zu Grunde, dass die Heilmittelversorgung durch öffentliche Apotheken der zur versorgenden Bevölkerung unter anderem höhere Standards (inklusive rund um die Uhr Wochenend- und Bereitschaftsdienste), ein größeres Sortiment und eine bessere Beratung gewährleiste. Demgemäß widerspreche es dem Primat der Heilmittelversorgung der Bevölkerung durch öffentliche Apotheken offenkundig, wenn bestehende ärztliche Hausapotheken der Erteilung einer Konzession für eine öffentliche Apotheke – über Paragraph 10, Absatz 2, Ziffer eins, ApG hinaus – im Wege stehen könnten.

Wenn die Beschwerdeführer vorbringen, dass die Versorgung der Bevölkerung der Gemeinde *** aufgrund der Streulage des Gemeindegebietes durch die ärztlichen Hausapotheken gegenüber einer öffentlichen Apotheke einen erheblichen Vorteil in der medikamentösen Versorgung darstelle, so ist diesem Vorbringen entgegenzuhalten, dass, sobald sich in einer Gemeinde mehr als ein Arzt für Allgemeinmedizin mit Kassenvertrag befindet, eine öffentliche Apotheke unabhängig vom Bestehen einer ärztlichen Hausapotheke errichtet werden kann. Schließlich darf ein hausapothekenführender Arzt gemäß Paragraph 30, Absatz eins, ApG grundsätzlich nur an in seiner Behandlung stehende Personen Arzneimittel verabreichen. Eine Verabreichung von Arzneimitteln aufgrund der Verordnung eines anderen Arztes ist gemäß Paragraph 30, Absatz 3, ApG nur in Ausnahmefällen zulässig, nämlich dann, wenn die verordneten Arzneimittel aus einer öffentlichen Apotheke nicht mehr rechtzeitig beschafft werden könnten. Die Annahme sämtliche Einwohner im näheren Umkreis einer ärztlichen Hausapotheke seien von dieser zu versorgen, wenn sie es nicht zu einer öffentlichen Apotheke näher hätten, ist daher im Ansatz verfehlt. Vielmehr ist bei der Abgrenzung des Versorgungspotentials von öffentlichen Apotheken und bestehenbleibenden ärztlichen Hausapotheken wie bisher dem Umstand Rechnung zu tragen, dass der Kundenkreis der Hausapotheke im Wesentlichen den Patientenkreis des hausapothekenführenden Arztes gleichzusetzen sein wird.

Der Verfassungsgerichtshof führte schon in seinem Erkenntnis vom 02.03.1998,

G 37/97 u.a. aus, dass nach der verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden Konzeption des Apothekengesetzes, die Heilmittelversorgung der Bevölkerung primär Aufgabe der öffentlichen Apotheken ist und die ärztliche Hausapotheke Surrogatfunktion für die Fälle, in denen eine öffentliche Apotheke nicht vorhanden ist, hat (sog. „Primat der Heilmittelversorgung der Bevölkerung durch öffentliche Apotheken“).

Auch der VwGH erkennt in ständiger Judikatur, dass das Primat der Heilmittelversorgung durch die öffentlichen Apotheken ungeachtet dieser weitgehenden formalisierten Trennung der beiden Versorgungsteilsysteme noch immer im Paragraph 29, Absatz 4 bis 8 ApG seinen normativen Niederschlag findet.

Der VfGH erkannte in seiner Entscheidung vom 01.03.2016, E 2091/2015, dass der Vorrang der ärztlichen Hausapotheke gegenüber der öffentlichen Apotheke nur für sogenannte „Ein-Kassenvertragsarzt-Gemeinden“ gilt. In einer Gemeinde, in der entweder zwei oder mehrere Vertragsstellen nach Paragraph 342, Absatz eins, ASVG (volle Planstellen) von Ärzten für Allgemeinmedizin besetzt sind, kann eine Konzession für eine öffentliche Apotheke auch dann erteilt werden, wenn es dort bereits Hausapothekenbewilligungen gibt.

Auch die Judikatur des Gerichtshofes der Europäischen Union, wonach bei der Bedarfsprüfung für die Neuerrichtung einer öffentlichen Apotheke, die starre Grenze in Paragraph 10, Absatz 2, Ziffer 3, ApG von 5.500 weiterhin zu versorgenden Personen der Niederlassungsfreiheit entgegensteht (EuGH 13.02.2014, RS-C-367/12, Sokoll-Seebacher), hat keine direkte Auswirkung auf die Rücknahme von ärztlichen Hausapotheken bei Neuerrichtung einer öffentlichen Apotheke, weil es gemäß Paragraph 29, Absatz 3, Apothekengesetz auf das Kriterium einer bestimmten Anzahl an „weiterhin zu versorgenden Personen“ nicht ankommt. Der VfGH führte aus, dass auch, wenn nach dem genannten Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Union mehr öffentlichen Apotheken (insbesondere im ländlichen Bereich) Konzessionen erteilt werden und damit einhergehend vermehrt Bewilligungen für Hausapotheken zurückzunehmen sind, keine Verfassungswidrigkeit des Paragraph 29, Absatz 3 und 4 ApG bewirkt wird. Es liege innerhalb des rechtspolitischen Spielraumes des Gesetzgebers, wie er die Gesundheitsversorgung der Bevölkerung mit Arzneispezialitäten regelt. Es sei nicht erkennbar, dass durch die möglicherweise vermehrte Zurücknahme von Bewilligungen von Hausapotheken aufgrund der Erteilung zusätzlicher Konzessionen für öffentliche Apotheken in einer dem Verhältnismäßigkeitsprinzip widersprechenden Weise in Verfassungsgesetzlich gewährleistete Rechte der hausapothekenführenden Ärzte eingegriffen werde.

Der Verfassungsgerichtshof führte in seiner Entscheidung vom 01.03.2016, GZ. E 2091/2015, aus, dass sich durch die Novelle Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 16 aus 2001,, mit der die Paragraphen 10,, 28 und 29 Apothekengesetz geändert wurden, das Verhältnis zwischen öffentlichen Apotheken und ärztlichen Hausapotheken insofern änderte, als der Bedarf an der Errichtung einer neuen öffentlichen Apotheke für den Fall ausgeschlossen wurde, dass sich im Umkreis von 4 Straßenkilometern um die in Aussicht genommene Betriebsstätte bereits eine ärztliche Hausapotheke befindet und die Zahl der in Aussicht genommenen Betriebsstätte der neu zu errichtenden öffentlichen Apotheke zu versorgenden Personen weniger als 5.500 beträgt. Die Bewilligung zur Erhaltung einer ärztlichen Hausapotheke war gemäß Paragraph 29, Absatz 4, Apothekengesetz i.d.F. Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 16 aus 2001, bei Neuerrichtung einer öffentlichen Apotheke zurückzunehmen, wenn die Wegstrecke zwischen Berufssitz des Arztes und Betriebsstätte der neu errichteten öffentlichen Apotheke 4 Straßenkilometer nicht überschritt und in dem rechtskräftigen Bescheid zur Konzessionierung der neuen öffentlichen Apotheke ein Versorgungspotential im Sinne des Paragraph 10, Apothekengesetz i.d.F. Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 16 aus 2001, von zumindest 5.500 Personen für die neue öffentliche Apotheke festgestellt wurde. Diese Regelung betreffend ein Mindestversorgungspotential von 5.500 Personen hob der Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis VfSlg 17682/2005 als verfassungswidrig auf. In der Novelle Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 41 aus 2006, regelte der Gesetzgeber das Verhältnis zwischen öffentlichen Apotheken und ärztlichen Hausapotheken neu:

Eine Konzession für eine öffentliche Apotheke darf nun nicht mehr erteilt werden, wenn „sich zum Zeitpunkt der Antragstellung in der Gemeinde der in Aussicht genommenen Betriebsstätte eine ärztliche Hausapotheke befindet und weniger als zwei Vertragsstellen nach Paragraph 342, Absatz eins, ASVG (volle Planstellen) von Ärzten für Allgemeinmedizin besetzt sind. Komplementär bestimmt Paragraph 29, Absatz eins, ApG, dass die Bewilligung zur Erhaltung einer ärztlichen Hausapotheke einem Arzt für Allgemeinmedizin auf Antrag zu erteilen ist, wenn

„1. dieser in einem dem Paragraph 342, Absatz eins, ASVG entsprechenden Vertragsverhältnis steht oder als Arzt für Allgemeinmedizin an einer Gruppenpraxis, die in einem Vertragsverhältnis nach Paragraph 342, Absatz eins, ASVG steht, beteiligt ist,

2. sich in der Gemeinde, in welcher der Arzt seinen Berufssitz hat, keine öffentliche Apotheke befindet und

3. der Berufssitz des Arztes von der Betriebsstätte der öffentlichen Apotheke mehr als 6 Straßenkilometer entfernt ist.“

Der Verfassungsgerichtshof führte aus, dass der Gesetzgeber lediglich in diesem „Sonderfall“ den Vorrang von ärztlichen Hausapotheken gegenüber einer öffentlichen Apotheke vorgesehen hat, dies werde in den Materialien (AA-202, 22.GP, 5) einerseits mit der Sicherstellung der medizinischen Versorgung der Landbevölkerung, andererseits damit begründet, dass ärztliche Ordinationen in diesen Regionen oft nur in Verbindung mit einer ärztlichen Hausapotheke wirtschaftlich tragfähig sind. Der Vorrang der ärztlichen Hausapotheke gegenüber der öffentlichen Apotheke gilt somit nur für sogenannte „Ein-Kassenvertragsarzt-Gemeinden“. In einer Gemeinde, in der entweder zwei oder mehrere Vertragsstellen nach Paragraph 342, Absatz eins, ASVG (volle Planstellen) von Ärzten für Allgemeinmedizin besetzt sind, kann eine Konzession für eine öffentliche Apotheke auch dann erteilt werden, wenn es dort bereits Hausapothekenbewilligungen gibt.

Dem Erst- und Zweitbeschwerdeführer gelingt es sohin mit ihrem Vorbringen nicht, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides geltend zu machen, weswegen die Beschwerden abzuweisen sind.

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da im gegenständlichen Verfahren keine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Artikel 133, Absatz 4, B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil die Entscheidung nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht.

Schlagworte

Apotheke; Bedarfsprüfung; Konzession;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2017:LVwG.AV.1218.001.2016

Zuletzt aktualisiert am

04.07.2017

Dokumentnummer

LVWGT_NI_20170403_LVwG_AV_1218_001_2016_00

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