[25] 1. Die RL (EU) 2015/2302 lautet (auszugsweise):
ErwGr
„… 25 | Der Reisende sollte vor dem Erwerb einer Pauschalreise unabhängig davon, ob er die Reise im Wege der Fernkommunikation, in einer physischen Vertriebsstelle oder über andere Vertriebskanäle erwirbt, alle notwendigen Informationen erhalten. Bei der Bereitstellung dieser Informationen sollte der Unternehmer den Bedürfnissen von Reisenden Rechnung tragen, die, soweit für den Unternehmer vernünftigerweise erkennbar, aufgrund ihres Alters oder einer körperlichen Beeinträchtigung eines besonderen Schutzes bedürfen. |
| |
26 | Basisinformationen beispielsweise zu den wesentlichen Eigenschaften der Reiseleistungen oder zu den Preisen, die in der Werbung, auf der Website des Reiseveranstalters oder in Prospekten als vorvertragliche Informationen enthalten sind, sollten verbindlich sein, es sei denn, der Reiseveranstalter behält sich Änderungen vor und diese Änderungen werden dem Reisenden vor Abschluss des Pauschalreisevertrags klar, verständlich und deutlich mitgeteilt. In Anbetracht der neuen Kommunikationstechniken, die Aktualisierungen problemlos ermöglichen, sind besondere Bestimmungen für Prospekte zwar nicht mehr nötig, es sollte jedoch sichergestellt werden, dass Änderungen der vorvertraglichen Informationen dem Reisenden mitgeteilt werden. Eine Änderung der vorvertraglichen Informationen sollte stets möglich sein, wenn beide Parteien des Pauschalreisevertrags dem ausdrücklich zustimmen. |
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27 | Die Informationspflichten dieser Richtlinie sind erschöpfend, sollten jedoch die in anderen anwendbaren Unionsrechtsakten festgelegten Informationspflichten nicht berühren [FN 5 ...]. |
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28 | Reiseveranstalter sollten allgemeine Informationen über die Visumerfordernisse des Bestimmungslandes geben. Die Informationen über die ungefähren Fristen für die Erlangung von Visa können in der Form eines Verweises auf amtliche Angaben des Bestimmungslandes gegeben werden. |
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29 | In Anbetracht der Besonderheiten von Pauschalreiseverträgen sollten die Rechte und Pflichten der Vertragsparteien für die Zeit vor und nach dem Beginn der Pauschalreise festgelegt werden, insbesondere für den Fall, dass der Vertrag nicht ordnungsgemäß erfüllt wird oder dass sich bestimmte Umstände ändern. |
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30 | Da Pauschalreisen häufig lange im Voraus erworben werden, können unvorhergesehene Ereignisse eintreten. Der Reisende sollte daher unter bestimmten Voraussetzungen berechtigt sein, den Pauschalreisevertrag auf einen anderen Reisenden zu übertragen. In diesen Fällen sollte der Reiseveranstalter die Erstattung seiner Ausgaben verlangen können, beispielsweise wenn ein Unterauftragnehmer für die Änderung des Namens des Reisenden oder für die Stornierung oder Neuausstellung eines Beförderungsaus-weises eine Gebühr verlangt. |
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31 | Reisende sollten jederzeit vor Beginn der Pauschalreise gegen Zahlung einer angemessenen und vertretbaren Rücktrittsgebühr – unter Berücksichtigung der erwarteten ersparten Aufwendungen sowie der Einnahmen aus einer anderweitigen Verwendung der Reiseleistungen – von dem Pauschalreisevertrag zurücktreten können. Zudem sollten sie ohne Zahlung einer Rücktrittsgebühr vom Pauschalreisevertrag zurücktreten können, wenn die Durchführung der Reise durch unvermeidbare, außergewöhnliche Umstände erheblich beeinträchtigt wird. Dies kann zum Beispiel Kriegshandlungen, andere schwerwiegende Beeinträchtigungen der Sicherheit wie Terrorismus, erhebliche Risiken für die menschliche Gesundheit wie einen Ausbruch einer schweren Krankheit am Reiseziel oder Naturkatastrophen wie Hochwasser oder Erdbeben oder Witterungsverhältnisse, die eine sichere Reise an das im Pauschalreisevertrag vereinbarte Reiseziel unmöglich machen, umfassen. |
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…
Artikel 3
Begriffsbestimmungen
Für die Zwecke dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck
...
12. 'unvermeidbare und außergewöhnliche Umstände' eine Situation außerhalb der Kontrolle der Partei, die eine solche Situation geltend macht, deren Folgen sich auch dann nicht hätten vermeiden lassen, wenn alle zumutbaren Vorkehrungen getroffen worden wären;
...
Artikel 5
Vorvertragliche Informationen
(1) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass dem Reisenden, bevor er durch einen Pauschalreisevertrag oder ein entsprechendes Vertragsangebot gebunden ist, von dem Reiseveranstalter und, wenn die
Pauschalreise
über einen Reisevermittler verkauft wird, auch von dem Reisevermittler die jeweiligen Standardinformationen durch das zutreffende Formblatt gemäß Anhang I Teil A oder B bereitgestellt werden und er, sofern diese Informationen für die betreffende
Pauschalreise
relevant sind, über Folgendes informiert wird:(1) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass dem Reisenden, bevor er durch einen Pauschalreisevertrag oder ein entsprechendes Vertragsangebot gebunden ist, von dem Reiseveranstalter und, wenn die
Pauschalreise
über einen Reisevermittler verkauft wird, auch von dem Reisevermittler die jeweiligen Standardinformationen durch das zutreffende Formblatt gemäß Anhang römisch eins Teil A oder B bereitgestellt werden und er, sofern diese Informationen für die betreffende
Pauschalreise
relevant sind, über Folgendes informiert wird:
a) die wesentlichen Eigenschaften der Reiseleistungen:
…
f) allgemeine Pass- und Visumerfordernisse des Bestimmungslands, einschließlich der ungefähren Fristen für die Erlangung von Visa und gesundheitspolizeilichen Formalitäten;
…
Artikel 12
Beendigung des Pauschalreisevertrags und
Recht zum Widerruf vor Beginn der
Pauschalreise
(1) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass der Reisende vor Beginn der
Pauschalreise
jederzeit vom Pauschalreisevertrag zurücktreten kann. Tritt der Reisende gemäß diesem Absatz vom Pauschalreisevertrag zurück, so kann der Reiseveranstalter die Zahlung einer angemessenen und vertretbaren Rücktrittsgebühr verlangen. Im Pauschalreisevertrag können angemessene pauschale Rücktrittsgebühren festgelegt werden, die sich nach dem Zeitpunkt des Rücktritts vom Vertrag und der Dauer bis zum Beginn der
Pauschalreise
und den erwarteten ersparten Aufwendungen und Einnahmen aus anderweitigen Verwendungen der Reiseleistungen bemessen. In Ermangelung pauschaler Rücktrittsgebühren entspricht die Rücktrittsgebühr dem Preis der
Pauschalreise
abzüglich der ersparten Aufwendungen und Einnahmen aus anderweitigen Verwendungen der Reiseleistungen. Auf Ersuchen des Reisenden begründet der Reiseveranstalter die Höhe der Rücktrittsgebühren.
(2) Ungeachtet des Absatzes 1 hat der Reisende das Recht, vor Beginn der
Pauschalreise
ohne Zahlung einer Rücktrittsgebühr vom Pauschalreisevertrag zurückzutreten, wenn am Bestimmungsort oder in dessen unmittelbarer Nähe unvermeidbare, außergewöhnliche Umstände auftreten, die die Durchführung der
Pauschalreise
oder die Beförderung von Personen an den Bestimmungsort erheblich beeinträchtigen. Im Fall des Rücktritts vom Pauschalreisevertrag gemäß diesem Absatz hat der Reisende Anspruch auf volle Erstattung aller für die
Pauschalreise
getätigten Zahlungen, jedoch auf keine zusätzliche Entschädigung.
...“
[26] 2. Das österreichische Pauschalreisegesetz – PRG, BGBl I 2017/50, das zur Umsetzung der RL (EU) 2015/2302 ergangen ist (§ 22 PRG), lautet auszugsweise: [26] 2. Das österreichische Pauschalreisegesetz – PRG, BGBl römisch eins 2017/50, das zur Umsetzung der RL (EU) 2015/2302 ergangen ist (Paragraph 22, PRG), lautet auszugsweise:
„…
Begriffsbestimmungen
§ 2. …Paragraph 2, …
(12) Unvermeidbare und außergewöhnliche Umstände sind Gegebenheiten außerhalb der Kontrolle desjenigen, der sich auf sie beruft, sofern sich die Folgen dieser Gegebenheiten auch dann nicht hätten vermeiden lassen, wenn alle zumutbaren Vorkehrungen getroffen worden wären.
...
Vorvertragliche Informationen
§ 4. (1) Bevor der Reisende durch einen Pauschalreisevertrag oder seine Vertragserklärung gebunden ist, hat ihm der Reiseveranstalter und, wenn die
Pauschalreise
über einen Reisevermittler vertraglich zugesagt wird, auch der Reisevermittler das jeweils zutreffende Standardinformations-blatt gemäß Anhang I Teil A oder B bereitzustellen und ihn, sofern diese Informationen für die betreffende
Pauschalreise
einschlägig sind, über Folgendes zu informieren:Paragraph 4, (1) Bevor der Reisende durch einen Pauschalreisevertrag oder seine Vertragserklärung gebunden ist, hat ihm der Reiseveranstalter und, wenn die
Pauschalreise
über einen Reisevermittler vertraglich zugesagt wird, auch der Reisevermittler das jeweils zutreffende Standardinformations-blatt gemäß Anhang römisch eins Teil A oder B bereitzustellen und ihn, sofern diese Informationen für die betreffende
Pauschalreise
einschlägig sind, über Folgendes zu informieren:
1. die wesentlichen Eigenschaften der Reiseleistungen, nämlich:
…
6. allgemeine Pass- und Visumerfordernisse des Bestimmungslandes einschließlich der ungefähren Fristen für die Erlangung von Visa und für die Abwicklung von gesundheitspolizeilichen Formalitäten,
…
Rücktritt vom Pauschalreisevertrag
vor Beginn der
Pauschalreise
§ 10. (1) Der Reisende kann vor Beginn der
Pauschalreise
jederzeit ohne Angabe von Gründen vom Pauschalreisevertrag zurücktreten. Tritt der Reisende nach diesem Absatz vom Pauschalreisevertrag zurück, so kann der Reiseveranstalter die Zahlung einer angemessenen und vertretbaren Entschädigung verlangen. Im Pauschalreisevertrag können angemessene Entschädigungspauschalen festgelegt werden, die sich nach dem zeitlichen Abstand zwischen dem Rücktritt und dem vorgesehenen Beginn der
Pauschalreise
sowie nach den erwarteten ersparten Aufwendungen und Einnahmen aus anderweitigen Verwendungen der Reiseleistungen bemessen. Wenn vertraglich kein Entschädigungspauschale festgelegt wurde, hat die Entschädigung dem Preis der
Pauschalreise
abzüglich der ersparten Aufwendungen und Einnahmen aus anderweitigen Verwendungen der Reiseleistungen zu entsprechen. Auf Verlangen des Reisenden hat der Reiseveranstalter die Höhe der Entschädigung zu begründen.Paragraph 10, (1) Der Reisende kann vor Beginn der
Pauschalreise
jederzeit ohne Angabe von Gründen vom Pauschalreisevertrag zurücktreten. Tritt der Reisende nach diesem Absatz vom Pauschalreisevertrag zurück, so kann der Reiseveranstalter die Zahlung einer angemessenen und vertretbaren Entschädigung verlangen. Im Pauschalreisevertrag können angemessene Entschädigungspauschalen festgelegt werden, die sich nach dem zeitlichen Abstand zwischen dem Rücktritt und dem vorgesehenen Beginn der
Pauschalreise
sowie nach den erwarteten ersparten Aufwendungen und Einnahmen aus anderweitigen Verwendungen der Reiseleistungen bemessen. Wenn vertraglich kein Entschädigungspauschale festgelegt wurde, hat die Entschädigung dem Preis der
Pauschalreise
abzüglich der ersparten Aufwendungen und Einnahmen aus anderweitigen Verwendungen der Reiseleistungen zu entsprechen. Auf Verlangen des Reisenden hat der Reiseveranstalter die Höhe der Entschädigung zu begründen.
(2) Unbeschadet des Rücktrittsrechts nach Abs. 1 kann der Reisende vor Beginn der
Pauschalreise
ohne Zahlung einer Entschädigung vom Pauschalreisevertrag zurücktreten, wenn am Bestimmungsort oder in dessen unmittelbarer Nähe unvermeidbare und außergewöhnliche Umstände auftreten, die die Durchführung der
Pauschalreise
oder die Beförderung von Personen an den Bestimmungsort erheblich beeinträchtigen. Tritt der Reisende nach diesem Absatz vom Pauschalreisevertrag zurück, so hat er Anspruch auf volle Erstattung aller für die
Pauschalreise
getätigten Zahlungen, nicht aber auf eine zusätzliche Entschädigung.(2) Unbeschadet des Rücktrittsrechts nach Absatz eins, kann der Reisende vor Beginn der
Pauschalreise
ohne Zahlung einer Entschädigung vom Pauschalreisevertrag zurücktreten, wenn am Bestimmungsort oder in dessen unmittelbarer Nähe unvermeidbare und außergewöhnliche Umstände auftreten, die die Durchführung der
Pauschalreise
oder die Beförderung von Personen an den Bestimmungsort erheblich beeinträchtigen. Tritt der Reisende nach diesem Absatz vom Pauschalreisevertrag zurück, so hat er Anspruch auf volle Erstattung aller für die
Pauschalreise
getätigten Zahlungen, nicht aber auf eine zusätzliche Entschädigung.
...“
V. Vorlagefragenrömisch fünf. Vorlagefragen
[27] 1. Die Entscheidung des Rechtsstreits hängt maßgeblich von der Auslegung von Art 12 Abs 2 bzw Art 5 RL (EU) 2015/2302 ab, an der sich ihrerseits die Auslegung von § 10 Abs 2 und § 4 PRG zu orientieren hat. Nach Einschätzung des Obersten Gerichtshofs besteht hinsichtlich der eingangs gestellten Fragen kein acte clair. [27] 1. Die Entscheidung des Rechtsstreits hängt maßgeblich von der Auslegung von Artikel 12, Absatz 2, bzw Artikel 5, RL (EU) 2015/2302 ab, an der sich ihrerseits die Auslegung von Paragraph 10, Absatz 2 und Paragraph 4, PRG zu orientieren hat. Nach Einschätzung des Obersten Gerichtshofs besteht hinsichtlich der eingangs gestellten Fragen kein acte clair.
[28] In diesem Zusammenhang wird darauf hingewiesen, dass Fragen zu Art 12 Abs 2 RL (EU) 2015/2302 mit ähnlicher Stoßrichtung bereits mehrfach an den Europäischen Gerichtshof herangetragen wurden (zB OGH 3 Ob 35/22a = EuGH C-414/22, DocLX [Frage 2; offen]), zum Teil jedoch zufolge Zurückziehung der jeweiligen Rechtsmittel widerrufen werden mussten (zum Beispiel OGH 8 Ob 130/21g = EuGH C-193/22 [Frage 2]; LG Salzburg 22 R 29/21z = EuGH C-287/21 [insb Frage 2 und Frage 4]). [28] In diesem Zusammenhang wird darauf hingewiesen, dass Fragen zu Artikel 12, Absatz 2, RL (EU) 2015/2302 mit ähnlicher Stoßrichtung bereits mehrfach an den Europäischen Gerichtshof herangetragen wurden (zB OGH 3 Ob 35/22a = EuGH C-414/22, DocLX [Frage 2; offen]), zum Teil jedoch zufolge Zurückziehung der jeweiligen Rechtsmittel widerrufen werden mussten (zum Beispiel OGH 8 Ob 130/21g = EuGH C193/22 [Frage 2]; LG Salzburg 22 R 29/21z = EuGH C287/21 [insb Frage 2 und Frage 4]).
[29] 2.1. Über die Auslegung des Art 12 Abs 2 RL (EU) 2015/2302, wonach dem Reisenden ein rücktrittsgebührenfreier Rücktritt zusteht, wenn am Bestimmungsort oder in dessen unmittelbarer Nähe unvermeidbare, außergewöhnliche Umstände „auftreten“, bestehen im deutschsprachigen Schrifttum höchst unterschiedliche Auffassungen. [29] 2.1. Über die Auslegung des Artikel 12, Absatz 2, RL (EU) 2015/2302, wonach dem Reisenden ein rücktrittsgebührenfreier Rücktritt zusteht, wenn am Bestimmungsort oder in dessen unmittelbarer Nähe unvermeidbare, außergewöhnliche Umstände „auftreten“, bestehen im deutschsprachigen Schrifttum höchst unterschiedliche Auffassungen.
[30] Manche Autoren sehen es als unerheblich an, ob außergewöhnliche Umstände bei Vertragsabschluss oder bei Abgabe der Rücktrittserklärung oder erst kurz vor Reiseantritt vorliegen, und meinen, dass der kostenfreie Rücktritt bei Vorliegen solcher Umstände auch dann zustehen solle, wenn der Reisende sehenden Auges in Kenntnis einer Pandemie eine
Pauschalreise
– etwa in der (letztlich enttäuschten) Hoffnung, dass sich bis zum Reiseantritt die Lage wieder bessern werde – buche (vgl Führich, Rücktritt vom Pauschalreisevertrag vor Reisebeginn wegen Covid-19-Pandemie, NJW 2020, 2137 [2139 mwN in FN 22]). [30] Manche Autoren sehen es als unerheblich an, ob außergewöhnliche Umstände bei Vertragsabschluss oder bei Abgabe der Rücktrittserklärung oder erst kurz vor Reiseantritt vorliegen, und meinen, dass der kostenfreie Rücktritt bei Vorliegen solcher Umstände auch dann zustehen solle, wenn der Reisende sehenden Auges in Kenntnis einer Pandemie eine
Pauschalreise
– etwa in der (letztlich enttäuschten) Hoffnung, dass sich bis zum Reiseantritt die Lage wieder bessern werde – buche vergleiche Führich, Rücktritt vom Pauschalreisevertrag vor Reisebeginn wegen Covid-19-Pandemie, NJW 2020, 2137 [2139 mwN in FN 22]).
[31] Teilweise wird dagegen die Auffassung vertreten, dass ein kostenloser Rücktritt nur mit solchen Ereignissen begründet werden könne, die bei der Buchung unvorhersehbar gewesen seien, da vorhersehbare Umstände nicht „unvermeidbar und außergewöhnlich“ wären (Bammer/Treu, Reiserücktritt und Corona, ecolex 2020, 356 [358]; Treu in Bammer, PRG § 10 [2019] Rz 47; Lindinger, Erste Hilfe – das ABC der Corona-Entscheidungen im Reiserecht, ZVR 2021/224, 451 [453]). Wieder Andere betonen dagegen, dass der zum Rücktritt berechtigende Umstand nicht unvorhersehbar gewesen sein müsse (vgl Kolmasch in Schwimann/Kodek5 [2021] § 10 PRG Rz 27 mwH; Kern, Leitfaden: COVID-19 und Reiserecht, VbR 2020/79, 128 [130]; Tonner in MüKo-BGB9 [2023] § 651h Rn 43); der letztgenannte Autor meint (aaO) aber auch, der Rücktrittsgrund müsse doch zwischen Vertragsschluss und Reisebeginn entstanden sein und es wäre treuwidrig, wenn der Reisende sehenden Auges einen Vertrag über eine
Pauschalreise
in ein bereits zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses etwa von der Pandemie betroffenes Gebiet abschließe und danach zurücktrete (vgl Tonner, Hochrisikogebiete und kostenlose Reisestornierungen, VuR 2022, 1 [2]: „venire contra factum proprium“). Eine Reihe anderer Autoren betont ebenfalls, nicht mehr schutzwürdig sei, wer trotz Kenntnis einer bestehenden Gefahrenlage seine Reise buche (Löw, Pauschalreiserecht in Zeiten der Covid-19-Pandemie, NJW 2020, 1252 [1253]; derselbe, Die Auswirkungen von Epidemien und Pandemien auf
Pauschalreise
- und Luftbeförderungsverträge, ZVR 2020/73, 156 [158]; ebenso Treu in Bammer, PRG § 10 [2019] Rz 47; ähnlich Scherhaufer/Wukoschitz in Bammer, PRG § 2 [2019] Rz 49). [31] Teilweise wird dagegen die Auffassung vertreten, dass ein kostenloser Rücktritt nur mit solchen Ereignissen begründet werden könne, die bei der Buchung unvorhersehbar gewesen seien, da vorhersehbare Umstände nicht „unvermeidbar und außergewöhnlich“ wären (Bammer/Treu, Reiserücktritt und Corona, ecolex 2020, 356 [358]; Treu in Bammer, PRG Paragraph 10, [2019] Rz 47; Lindinger, Erste Hilfe – das ABC der Corona-Entscheidungen im Reiserecht, ZVR 2021/224, 451 [453]). Wieder Andere betonen dagegen, dass der zum Rücktritt berechtigende Umstand nicht unvorhersehbar gewesen sein müsse vergleiche Kolmasch in Schwimann/Kodek5 [2021] Paragraph 10, PRG Rz 27 mwH; Kern, Leitfaden: COVID-19 und Reiserecht, VbR 2020/79, 128 [130]; Tonner in MüKoBGB9 [2023] Paragraph 651 h, Rn 43); der letztgenannte Autor meint (aaO) aber auch, der Rücktrittsgrund müsse doch zwischen Vertragsschluss und Reisebeginn entstanden sein und es wäre treuwidrig, wenn der Reisende sehenden Auges einen Vertrag über eine
Pauschalreise
in ein bereits zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses etwa von der Pandemie betroffenes Gebiet abschließe und danach zurücktrete vergleiche Tonner, Hochrisikogebiete und kostenlose Reisestornierungen, VuR 2022, 1 [2]: „venire contra factum proprium“). Eine Reihe anderer Autoren betont ebenfalls, nicht mehr schutzwürdig sei, wer trotz Kenntnis einer bestehenden Gefahrenlage seine Reise buche (Löw, Pauschalreiserecht in Zeiten der Covid-19-Pandemie, NJW 2020, 1252 [1253]; derselbe, Die Auswirkungen von Epidemien und Pandemien auf
Pauschalreise
- und Luftbeförderungsverträge, ZVR 2020/73, 156 [158]; ebenso Treu in Bammer, PRG Paragraph 10, [2019] Rz 47; ähnlich Scherhaufer/Wukoschitz in Bammer, PRG Paragraph 2, [2019] Rz 49).
[32] 2.2. Anzumerken ist, dass im vorliegenden Fall die Zeitpunkte des Rücktritts und des Beginns der
Pauschalreise
(Art 3 Z 4 RL [EU] 2015/2302) nahezu zusammenfielen, sodass sich angesichts des Auseinanderfallens dieser Zeitpunkte stellende Auslegungsfragen, wie sie bereits an den EuGH herangetragen wurden (zB OGH 3 Ob 35/22a = EuGH C-414/22, DocLX [Frage 1]; Bundesgerichtshof X ZR 53/21 = EuGH C-584/22, Kiwi Tours), hier nicht entscheidungsrelevant sind. [32] 2.2. Anzumerken ist, dass im vorliegenden Fall die Zeitpunkte des Rücktritts und des Beginns der
Pauschalreise (Artikel 3, Ziffer 4, RL [EU] 2015/2302) nahezu zusammenfielen, sodass sich angesichts des Auseinanderfallens dieser Zeitpunkte stellende Auslegungsfragen, wie sie bereits an den EuGH herangetragen wurden (zB OGH 3 Ob 35/22a = EuGH C414/22, DocLX [Frage 1]; Bundesgerichtshof römisch zehn ZR 53/21 = EuGH C-584/22, Kiwi Tours), hier nicht entscheidungsrelevant sind.
[33] 3.1. Text und Erwägungsgründe der RL (EU) 2015/2302 geben keinen klaren Aufschluss darüber, welche vorvertraglichen Informationspflichten dem Reiseveranstalter und/oder der Reisevermittler in Ansehung von „gesundheitspolizeilichen Formalitäten“ in Art 5 Abs 1 lit f auferlegt werden sollen, und ob damit auch hier entscheidungsrelevante Umstände betreffend pandemiebedingte Maßnahmen am Urlaubsort gemeint sind. [33] 3.1. Text und Erwägungsgründe der RL (EU) 2015/2302 geben keinen klaren Aufschluss darüber, welche vorvertraglichen Informationspflichten dem Reiseveranstalter und/oder der Reisevermittler in Ansehung von „gesundheitspolizeilichen Formalitäten“ in Artikel 5, Absatz eins, Litera f, auferlegt werden sollen, und ob damit auch hier entscheidungsrelevante Umstände betreffend pandemiebedingte Maßnahmen am Urlaubsort gemeint sind.
[34] Der Gehalt von Art 5 Abs 1 lit f RL (EU) 2015/2302 erscheint auch insbesondere unklar, als einerseits diese Bestimmung nicht in der Aufzählung der Informationen in Art 6 Abs 1 enthalten ist, die „integraler“ (?) Bestandteil des Pauschalreisevertrages zu sein hätten, und andererseits Art 7 Abs 2 vorsieht, dass der Pauschalreisevertrag den gesamten Inhalt der Vereinbarung einschließlich unter anderem der in Art 5 Abs 1 lit f genannten Informationen zu enthalten habe. [34] Der Gehalt von Artikel 5, Absatz eins, Litera f, RL (EU) 2015/2302 erscheint auch insbesondere unklar, als einerseits diese Bestimmung nicht in der Aufzählung der Informationen in Artikel 6, Absatz eins, enthalten ist, die „integraler“ (?) Bestandteil des Pauschalreisevertrages zu sein hätten, und andererseits Artikel 7, Absatz 2, vorsieht, dass der Pauschalreisevertrag den gesamten Inhalt der Vereinbarung einschließlich unter anderem der in Artikel 5, Absatz eins, Litera f, genannten Informationen zu enthalten habe.
[35] 3.2. Vorvertragliche Informationen sind nach Art 5 Abs 1 RL (EU) 2015/2302 zu erteilen, „bevor [der Reisende] durch einen Pauschalreisevertrag oder ein entsprechendes Vertragsangebot gebunden ist“, jedoch bleibt nach dem Wortlaut offen, ob und welche Informationspflichten in welchem Umfang bestehen, wenn nach dem Erstabschluss des Pauschalreisevertrages Teile davon neu verhandelt und in der Folge abgeändert vereinbart („umgebucht“) werden. [35] 3.2. Vorvertragliche Informationen sind nach Artikel 5, Absatz eins, RL (EU) 2015/2302 zu erteilen, „bevor [der Reisende] durch einen Pauschalreisevertrag oder ein entsprechendes Vertragsangebot gebunden ist“, jedoch bleibt nach dem Wortlaut offen, ob und welche Informationspflichten in welchem Umfang bestehen, wenn nach dem Erstabschluss des Pauschalreisevertrages Teile davon neu verhandelt und in der Folge abgeändert vereinbart („umgebucht“) werden.
VI. Verfahrensrechtlichesrömisch VI. Verfahrensrechtliches
[36] Als Gericht letzter Instanz ist der Oberste Gerichtshof zur Vorlage verpflichtet, wenn die richtige Anwendung des Unionsrechts nicht derart offenkundig ist, dass kein Raum für einen vernünftigen Zweifel bleibt. Solche Zweifel liegen hier vor.
[37] Bis zur Entscheidung des EuGH ist das Verfahren über das Rechtsmittel gemäß § 90a Abs 1 GOG zu unterbrechen. [37] Bis zur Entscheidung des EuGH ist das Verfahren über das Rechtsmittel gemäß Paragraph 90 a, Absatz eins, GOG zu unterbrechen.