Verwaltungsgerichtshof (VwGH)

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Entscheidungstext 2000/14/0052

Entscheidungsart

Erkenntnis

Dokumenttyp

Entscheidungstext

Sammlungsnummer

VwSlg 7834 F/2003

Geschäftszahl

2000/14/0052

Entscheidungsdatum

24.06.2003

Index

32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;

Norm

EStG 1988 §39 Abs1 idF 1989/660;
EStG 1988;
  1. EStG 1988 § 39 heute
  2. EStG 1988 § 39 gültig ab 22.07.2023 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 110/2023
  3. EStG 1988 § 39 gültig von 02.08.2011 bis 21.07.2023 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 76/2011
  4. EStG 1988 § 39 gültig von 31.12.2010 bis 01.08.2011 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 111/2010
  5. EStG 1988 § 39 gültig von 27.06.2001 bis 30.12.2010 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 59/2001
  6. EStG 1988 § 39 gültig von 30.12.1989 bis 26.06.2001 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 660/1989
  7. EStG 1988 § 39 gültig von 30.07.1988 bis 29.12.1989

Beachte

Serie (erledigt im gleichen Sinn): 2000/14/0023 E 24. Juni 2003 2000/14/0022 E 24. Juni 2003

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höß und die Hofräte Mag. Heinzl, Dr. Zorn, Dr. Robl und Dr. Büsser als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pfau, über die Beschwerde des E B in W, vertreten durch Treuhand-Union Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft m.b.H. in 1010 Wien, Jasomirgottstraße 3, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich (Berufungssenat römisch III) vom 14. Februar 2000, GZ. RV601/1-6/1999, betreffend Einkommensteuer 1997 und 1998, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von 1.089,68 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer erklärte für die Streitjahre neben Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit solche aus Kapitalvermögen aus einer Beteiligung als (echter) stiller Gesellschafter in Höhe von jeweils 0 S. Den den Einkommensteuererklärungen angeschlossenen Beilagen war zu entnehmen, dass Kapitalerträgen in Höhe von 7.552,54 S (für 1997) bzw. 16.622,77 S (für 1998) jeweils Werbungskosten (Bankzinsen und Spesen) in gleicher Höhe gegenüber standen.

Bei Festsetzung der Einkommensteuer für die Jahre 1997 und 1998 rechnete das Finanzamt nur die Lohnsteuer, nicht jedoch die von den Gewinnanteilen einbehaltenen Beträge an Kapitalertragsteuer in Höhe von 1.888,10 S (für 1997) bzw. 4.155,69 S (für 1998) auf die Einkommensteuerschuld an.

Der Beschwerdeführer erhob Berufung mit der Begründung, bei den gegenständlichen Einkünften aus der Beteiligung als stiller Gesellschafter handle sich um keine endbesteuerungsfähigen Kapitalerträge, weshalb die einbehaltene Kapitalertragsteuer auf die Einkommensteuerschuld anzurechnen sei.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Gemäß Paragraph 39, Absatz eins, EStG 1988 seien Einkünfte aus Kapitalvermögen bis zu 300 S bei der Veranlagung außer Ansatz zu lassen und die auf solch geringfügige, außer Ansatz zu lassende Kapitalerträge entfallende Kapitalertragsteuer sei nach Paragraph 46, Absatz eins, Ziffer 2, EStG 1988 nicht auf die veranlagte Einkommensteuer anzurechnen. Da im gegenständlichen Fall die Einkünfte genau 0 S betrügen, lägen sie unter der Freigrenze und seien daher bei der Veranlagung außer Ansatz zu lassen. Folglich könne auch die darauf entfallende Kapitalertragsteuer nicht auf die Einkommensteuer angerechnet werden. Auch wenn man die Einkünfte in der Höhe von 0 S nicht als Überschuss iSd Paragraph 39, EStG sähe, ergäbe sich kein anderes Ergebnis. Der Betrag könne jedenfalls nicht als Verlust angesehen werden, da ein Verlust aus einer Beteiligung als stiller Gesellschafter schon gemäß Paragraph 27, Absatz eins, Ziffer 2, EStG 1988 nicht zu berücksichtigen sei. Einkünfte in der Höhe von 0 S seien "wertmäßig" dem Vorliegen keiner Einkünfte gleichzuhalten, was gleichfalls zur Versagung der Anrechnung der von den Kapitalerträgen einbehaltenen Kapitalertragsteuern führen müsse.

Über die dagegen erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Paragraph 46, Absatz eins, EStG 1988 in der Fassung Bundesgesetzblatt Nr. 600 aus 1996, lautet:

"Auf die Einkommensteuerschuld werden angerechnet:

1. Die für den Veranlagungszeitraum festgesetzten Vorauszahlungen,

2. die durch Steuerabzug einbehaltenen Beträge, soweit sie auf veranlagte Einkünfte entfallen, sowie die Abzugsteuer gemäß Paragraph 109 a,

Eine Anrechnung von Kapitalertragsteuer ist auch insoweit vorzunehmen, als die Kapitalerträge unter den Veranlagungsfreibetrag nach Paragraph 41, Absatz 3, fallen, aber ohne Anwendung des Freibetrages keine oder eine geringere Einkommensteuer zu erheben wäre. Lohnsteuer, die im Haftungsweg (Paragraph 82,) beim Arbeitgeber nachgefordert wurde, ist nur insoweit anzurechnen, als sie dem Arbeitgeber vom Arbeitnehmer ersetzt wurde."

Paragraph 39, Absatz eins, EStG 1988 in der Fassung Bundesgesetzblatt Nr. 660 aus 1989, lautet:

"Die Einkommensteuer wird nach Ablauf des Kalenderjahres (Veranlagungszeitraumes) nach dem Einkommen veranlagt, das der Steuerpflichtige in diesem Veranlagungszeitraum bezogen hat. Hat der Steuerpflichtige lohnsteuerpflichtige Einkünfte bezogen, so erfolgt eine Veranlagung nur, wenn die Voraussetzungen des Paragraph 41, vorliegen. Sind im Einkommen Einkünfte aus Kapitalvermögen enthalten, so bleiben Überschüsse aus dieser Einkunftsart außer Ansatz, wenn sie 300 S nicht übersteigen."

Paragraph 39, Absatz eins, dritter Satz ist gemäß Paragraph 41, EStG 1988 auch auf die Veranlagung von lohnsteuerpflichtigen Einkünften anzuwenden.

Paragraph 39, Absatz eins, dritter Satz wurde mit Bundesgesetzblatt Nr. 660 aus 1989, eingeführt und sollte nach den Materialien (1162 BlgNR 17. GP 5) zweierlei bewirken: Erstens sollte die Freigrenze der Entkriminalisierung jener Steuerpflichtigen dienen, denen der Veranlagungsfreibetrag mangels lohnsteuerpflichtiger Einkünfte nicht zusteht sowie jener Lohnsteuerpflichtigen, die neben anderen Einkünften auch geringfügige - und damit leicht zu übersehende - Kapitalerträge erzielen. Zweitens sollten damit Verwaltungskosten eingespart werden, weil sonst auch geringste Kapitalertragsteuern aus Sparguthaben (z.B. von Kindern im Rahmen des Schulsparens) durch eine kostenintensive Veranlagung rückzuerstatten wären. Das bei Wirksamkeit der Freigrenze vorgesehene Anrechnungsverbot für Kapitalertragsteuer - so die Materialien weiter - bewirke, dass diese z.B. bei gebundenen Spareinlagen oder bei Wertpapieren in Höhe von maximal 30 S nicht mehr rückzahlbar sei.

Dazu ist zu bemerken, dass im Zeitpunkt der Einführung dieser Bestimmung eine Endbesteuerung bestimmter Kapitalerträge noch nicht vorgesehen war und die Kapitalertragsteuer für Erträge aus Spareinlagen und Wertpapieren 10 % betragen hat. Vor diesem Hintergrund ergibt sich, dass der Gesetzgeber für (geringfügige) Einnahmen aus Kapitalvermögen eine Freigrenze samt Anrechnungsverbot schaffen wollte. Nur wenn die Einnahmen 300 S nicht übersteigen, konnte es zu der in den Materialien angesprochenen "nicht rückzahlbaren Kapitalertragsteuer in Höhe von maximal 30 S" kommen.

Im gegenständlichen Fall hat der Beschwerdeführer nicht endbesteuerungsfähige Kapitalerträge, die einem Kapitalertragsteuerabzug unterlagen, nämlich Einkünfte aus der Beteiligung als echter stiller Gesellschafter vergleiche Paragraph 27, Absatz eins, Ziffer 2,, Paragraph 93, Absatz 2, Ziffer 2, EStG 1988) in Höhe von 7.552,54 S (1997) bzw. 16.622,77 S (1998) erzielt. Nach Abzug von Werbungskosten (Zinsen und Spesen) in eben dieser Höhe ergaben sich (wohl in Anwendung der Bestimmung des zweiten Satzes des Paragraph 27, Absatz eins, Ziffer 2, leg.cit.) Einkünfte aus Kapitalvermögen von 0 S. Der Kapitalertragsteuerabzug war nach Paragraph 93, Absatz 5, EStG 1988 von den Kapitalerträgen ohne jeden Abzug vorzunehmen.

Bei der Einkommensteuer geht es um die Besteuerung der im Einkommen zu Tage tretenden wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit vergleiche etwa das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27. Mai 2003, 98/14/0065). Die von der belangten Behörde gefundene Interpretation des Paragraph 39, Absatz eins, dritter Satz EStG 1988 bewirkt, dass bei Vorliegen hoher Einnahmen verbunden mit entsprechend hohen Werbungskosten Kapitalertragsteuer von erheblich mehr als 30 S (bzw. 75 S unter Zugrundelegung des nunmehrigen Kapitalertragsteuersatzes von 25 %) nicht rückzahlbar (anrechenbar) werden kann. Diese Auslegung führt zu einer sachlich nicht gerechtfertigten Besteuerung gar nicht erzielter Einkünfte (Überschüsse), wobei verschärfend hinzukommt, dass bei geringfügiger Verschiebung der Einnahmen-Ausgaben-Relation zu Gunsten der Einnahmen (somit einer höheren Leistungsfähigkeit des Abgabepflichtigen) eine Anrechnung wiederum möglich würde und die Steuerlast im Ergebnis trotz höherer Leistungsfähigkeit sinken könnte. Um dieses auch verfassungsrechtlich bedenkliche Ergebnis zu vermeiden, ist Paragraph 39, Absatz eins, EStG in einer die Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen berücksichtigenden Auslegung so zu verstehen, dass die Freigrenze bei kapitalertragsteuerpflichtigen Einkünften auf die Summe der Einnahmen zu beziehen ist und daher nur Einnahmen unter 300 S außer Ansatz zu bleiben haben (in diesem Sinne auch Lattner/Herzog, Die Anrechnung oder Rückerstattung der Kapitalertragsteuer, RdW 1990, 92 ff, und jeweils zustimmend Quantschnigg/Schuch, aaO, Tz. 7 zu Paragraph 39,, sowie Wiesner/Atzmüller/Grabner/Leitner/Wanke, EStG, Anmerkung 15 zu Paragraph 39,).

Daraus folgt, dass die belangte Behörde die Anrechnung der einbehaltenen Kapitalertragsteuer gemäß Paragraph 46, Absatz eins, Ziffer 2, EStG 1988 nicht hätte versagen dürfen. Indem die belangte Behörde dies getan hat, hat sie den Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet. Der angefochtene Bescheid war sohin gemäß Paragraph 42, Absatz 2, Ziffer eins, VwGG aufzuheben.

Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die Paragraphen 47, ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung Bundesgesetzblatt Teil 2, Nr. 501 aus 2001,. Die Umrechnung der entrichteten Stempelgebühren beruht auf Paragraph 3, Absatz 2, Ziffer 2, EuroG, Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 72 aus 2000,.

Wien, am 24. Juni 2003

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2003:2000140052.X00

Im RIS seit

18.07.2003

Zuletzt aktualisiert am

16.05.2013

Dokumentnummer

JWT_2000140052_20030624X00

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