Verfassungsgerichtshof (VfGH)

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Rechtssatz für E3830/2018 ua

Entscheidungsart

Erkenntnis

Dokumenttyp

Rechtssatz

Sammlungsnummer

20321

Geschäftszahl

E3830/2018 ua

Entscheidungsdatum

13.03.2019

Index

74 Kirchen, Religionsgemeinschaften
74/01 Gesetzliche Anerkennung, äußere Rechtsverhältnisse

Norm

B-VG Art7 / Gesetz
B-VG Art18
B-VG Art144 Abs1 / Allg
IslamG 2015 §4 Abs1, §6 Abs2
NAG §11, §25
FremdenpolizeiG 2005 §46, §52, §53, §55
StGG Art15
EMRK Art9 Abs1, Art14
VfGG §7 Abs1
  1. B-VG Art. 7 heute
  2. B-VG Art. 7 gültig ab 01.08.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 114/2013
  3. B-VG Art. 7 gültig von 01.01.2004 bis 31.07.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 100/2003
  4. B-VG Art. 7 gültig von 16.05.1998 bis 31.12.2003 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 68/1998
  5. B-VG Art. 7 gültig von 14.08.1997 bis 15.05.1998 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 87/1997
  6. B-VG Art. 7 gültig von 01.07.1988 bis 13.08.1997 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 341/1988
  7. B-VG Art. 7 gültig von 01.01.1975 bis 30.06.1988 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 444/1974
  8. B-VG Art. 7 gültig von 19.12.1945 bis 31.12.1974 zuletzt geändert durch StGBl. Nr. 4/1945
  9. B-VG Art. 7 gültig von 03.01.1930 bis 30.06.1934
  1. B-VG Art. 18 heute
  2. B-VG Art. 18 gültig ab 01.07.2012 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 51/2012
  3. B-VG Art. 18 gültig von 01.01.2004 bis 30.06.2012 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 100/2003
  4. B-VG Art. 18 gültig von 01.01.2002 bis 31.12.2003 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 121/2001
  5. B-VG Art. 18 gültig von 01.01.1999 bis 31.12.2001 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 121/2001
  6. B-VG Art. 18 gültig von 01.01.1999 bis 31.12.1996 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 8/1999
  7. B-VG Art. 18 gültig von 01.01.1997 bis 31.12.1998 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 121/2001
  8. B-VG Art. 18 gültig von 19.12.1945 bis 31.12.1996 zuletzt geändert durch StGBl. Nr. 4/1945
  9. B-VG Art. 18 gültig von 03.01.1930 bis 30.06.1934
  1. B-VG Art. 144 heute
  2. B-VG Art. 144 gültig ab 01.01.2014 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 51/2012
  3. B-VG Art. 144 gültig von 01.01.2004 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 100/2003
  4. B-VG Art. 144 gültig von 01.01.1991 bis 31.12.2003 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 8/1999
  5. B-VG Art. 144 gültig von 01.01.1991 bis 31.12.1990 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 685/1988
  6. B-VG Art. 144 gültig von 01.08.1984 bis 31.12.1990 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 296/1984
  7. B-VG Art. 144 gültig von 01.08.1981 bis 31.07.1984 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 350/1981
  8. B-VG Art. 144 gültig von 01.07.1976 bis 31.07.1981 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 302/1975
  9. B-VG Art. 144 gültig von 25.12.1946 bis 30.06.1976 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 211/1946
  10. B-VG Art. 144 gültig von 19.12.1945 bis 24.12.1946 zuletzt geändert durch StGBl. Nr. 4/1945
  11. B-VG Art. 144 gültig von 03.01.1930 bis 30.06.1934
  1. NAG § 11 heute
  2. NAG § 11 gültig ab 07.03.2023 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 206/2021
  3. NAG § 11 gültig von 19.10.2017 bis 06.03.2023 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 145/2017
  4. NAG § 11 gültig von 01.10.2017 bis 18.10.2017 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 84/2017
  5. NAG § 11 gültig von 01.10.2017 bis 30.09.2017 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 68/2017
  6. NAG § 11 gültig von 20.07.2015 bis 30.09.2017 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 70/2015
  7. NAG § 11 gültig von 01.01.2014 bis 19.07.2015 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 68/2013
  8. NAG § 11 gültig von 01.01.2014 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 87/2012
  9. NAG § 11 gültig von 01.07.2011 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 38/2011
  10. NAG § 11 gültig von 01.01.2011 bis 30.06.2011 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 111/2010
  11. NAG § 11 gültig von 01.01.2010 bis 31.12.2010 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 135/2009
  12. NAG § 11 gültig von 01.01.2010 bis 31.12.2009 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 122/2009
  13. NAG § 11 gültig von 01.04.2009 bis 31.12.2009 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 29/2009
  14. NAG § 11 gültig von 01.01.2006 bis 31.03.2009 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 157/2005
  15. NAG § 11 gültig von 01.01.2006 bis 31.12.2005
  1. VfGG § 7 heute
  2. VfGG § 7 gültig ab 22.03.2020 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 16/2020
  3. VfGG § 7 gültig von 01.01.2015 bis 21.03.2020 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 101/2014
  4. VfGG § 7 gültig von 01.01.2015 bis 31.12.2014 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 92/2014
  5. VfGG § 7 gültig von 01.03.2013 bis 31.12.2014 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 33/2013
  6. VfGG § 7 gültig von 01.07.2008 bis 28.02.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 4/2008
  7. VfGG § 7 gültig von 01.01.2004 bis 30.06.2008 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 100/2003
  8. VfGG § 7 gültig von 01.10.2002 bis 31.12.2003 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 123/2002
  9. VfGG § 7 gültig von 01.01.1991 bis 30.09.2002 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 329/1990
  10. VfGG § 7 gültig von 01.07.1976 bis 31.12.1990 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 311/1976

Leitsatz

Abweisung von Beschwerden türkischer Staatsbediensteter, die in Österreich als Seelsorger (Imame) tätig waren, gegen die Erlassung von Rückkehrentscheidungen sowie von Einreiseverboten; Verbot der Finanzierung der gewöhnlichen Tätigkeit der islamischen Religionsgesellschaften durch ausländische Staaten und deren Einrichtungen verstößt nicht gegen Art9 EMRK; Wahrung der Selbstständigkeit und Unabhängigkeit der gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften im öffentlichen Interesse; Konkretisierung dieses Grundsatzes der Selbsterhaltungsfähigkeit nur für die islamischen Religionsgesellschaften sachlich gerechtfertigt

Rechtssatz

Gemäß §6 Abs2 IslamG 2015 hat die Aufbringung der Mittel für die gewöhnliche Tätigkeit zur Befriedigung der religiösen Bedürfnisse ihrer Mitglieder durch die Religionsgesellschaft, die Kultusgemeinden bzw ihre Mitglieder im Inland zu erfolgen. Die Regelung konkretisiert den Grundsatz der Selbsterhaltungsfähigkeit, wie er in §4 Abs1 IslamG 2015 und §5 in Verbindung mit §1 Abs2 AnerkennungsG zum Ausdruck kommt, in spezifischer Form für die islamischen Religionsgesellschaften bzw Kultusgemeinden. Die Art und Weise der Aufbringung der Mittel für die Finanzierung der Tätigkeiten gesetzlich anerkannter Kirchen und Religionsgesellschaften ist vom Schutzbereich der korporativen Religionsfreiheit erfasst. Sie wird auf verfassungsrechtlicher Ebene durch Art15 StGG und Art9 EMRK geschützt.

Kein unzulässiger Eingriff in innere Angelegenheiten islamischer Religionsgesellschaften iSd Art15 StGG:

Die Wahrung der Selbstständigkeit und Unabhängigkeit gesetzlich anerkannter Kirchen und Religionsgesellschaften vom Staat, aber insbesondere auch von anderen Staaten und deren Einrichtungen, bildet ein im öffentlichen Interesse gelegenes Ziel. Diese Autonomie ist auch von der durch Art15 StGG grundrechtlich geschützten korporativen Religionsfreiheit erfasst und sichert die selbstständige und unabhängige Besorgung der inneren Angelegenheiten der Kirchen und Religionsgesellschaften, letztlich aber auch die individuelle Religionsausübungsfreiheit der einzelnen Mitglieder einer Kirche oder Religionsgesellschaft. Vor diesem Hintergrund bildet es ein im öffentlichen Interesse gelegenes Ziel, die Finanzierung der gewöhnlichen Tätigkeit zur Befriedigung der religiösen Bedürfnisse der Mitglieder zur Wahrung der Selbstständigkeit und Unabhängigkeit einer Religionsgesellschaft grundsätzlich durch finanzielle Mittel aus dem Inland zu sichern.

Die Regelung des §6 Abs2 IslamG 2015 dient dem legitimen Ziel der Selbsterhaltungsfähigkeit und damit der selbstständigen und unabhängigen Besorgung der inneren Angelegenheiten der islamischen Religionsgesellschaften bzw Kultusgemeinden, mag die Regelung auch andere als religionsrechtliche Fragen erfassen. Die Bestimmung regelt selbst nicht eine solche innere Angelegenheit, sondern gewährleistet gerade die freie Besorgung der inneren Angelegenheiten, mithin die grundrechtlich geschützte Autonomie der islamischen Religionsgesellschaften bzw Kultusgemeinden und letztlich die freie Religionsausübung ihrer Mitglieder. Obgleich die Aufbringung und Verwendung finanzieller Mittel durch gesetzlich anerkannte Kirchen und Religionsgesellschaften grundsätzlich zum Bereich der inneren Angelegenheiten iSd Art15 StGG zählt, sichert das hier vorliegende Verbot der Mittelaufbringung durch eine laufende Finanzierung aus dem Ausland - dh das Erfordernis der Sicherstellung hinreichender Mittel im Inland - die Autonomie der islamischen Religionsgesellschaften bzw Kultusgemeinden gegenüber Einwirkungen anderer Staaten und deren Einrichtungen - im konkreten Fall: des Präsidiums für Religiöse Angelegenheiten der Republik Türkei - und bildet daher keine unzulässige Regelung der inneren Angelegenheiten der islamischen Religionsgesellschaften iSd Art15 StGG.

Kein unverhältnismäßiger Eingriff in die Religionsfreiheit gemäß Art9 EMRK:

Die Regelung des §6 Abs2 IslamG 2015 dient der Wahrung der Selbstständigkeit und Unabhängigkeit der islamischen Religionsgesellschaften bzw Kultusgemeinden. Vor diesem Hintergrund verhindert sie Einwirkungen anderer Staaten und deren Einrichtungen auf die Autonomie, die religiösen Inhalte und letztlich die freie Religionsausübung der Mitglieder im Bereich der selbstständigen Verwaltung der inneren Angelegenheiten von in Österreich gesetzlich anerkannten Religionsgesellschaften bzw deren Kultusgemeinden. Dieses Regelungsziel hat ein Gewicht, das die Regelung - verfassungskonform bezogen auf Zuwendungen von Seiten anderer Staaten und deren Einrichtungen, nicht jedoch auf Zuwendungen durch ausländische Private, wenn ihnen eine solche autonomiebeschränkende Wirkung nicht zukommt - im Hinblick auf Art9 Abs2 EMRK rechtfertigt.

Kein Verstoß gegen Art7 B-VG:

Die an die islamischen Religionsgesellschaften bzw Kultusgemeinden zusätzlich gestellten Anforderungen sind im Hinblick auf das Regelungsziel der Verhinderung von Einwirkungen anderer Staaten und deren Einrichtungen auf die Autonomie, die religiösen Inhalte und letztlich die freie Religionsausübung der Mitglieder im Bereich der selbstständigen Verwaltung der inneren Angelegenheiten von in Österreich gesetzlich anerkannten Religionsgesellschaften bzw deren Kultusgemeinden sachlich gerechtfertigt. Die in Rede stehende Regelung hat insoweit Antwortcharakter und konkretisiert den Grundsatz der Selbsterhaltungsfähigkeit in spezifischer Form für die islamischen Religionsgesellschaften bzw Kultusgemeinden. Das vorliegende Verbot der Mittelaufbringung durch eine laufende Finanzierung aus dem Ausland - dh das Erfordernis der Sicherstellung hinreichender Mittel im Inland - sichert die Autonomie der islamischen Religionsgesellschaften bzw Kultusgemeinden gegenüber Einwirkungen anderer Staaten und deren Einrichtungen und erweist sich in diesem Sinne als eine sachliche Regelung, die keinen Verstoß gegen Art7 B-VG bildet. Dies gilt im Übrigen auch im Hinblick auf das sogenannte Paritätsprinzip des Art15 StGG als besondere Ausprägung des Gleichheitsgrundsatzes.

Kein Verstoß gegen Art14 EMRK:

Den Vertragsstaaten der EMRK kommt bei der Regelung der Finanzierung von Kirchen und anerkannten Religionsgesellschaften in Ermangelung gemeinsamer Regelungen ein weiter Beurteilungsspielraum zu. Eine Rechtsvorschrift, die die laufende Finanzierung der gewöhnlichen Tätigkeit zur Befriedigung der religiösen Bedürfnisse ihrer Mitglieder durch die islamischen Religionsgesellschaften bzw Kultusgemeinden mit dem Ziel der Wahrung ihrer Autonomie gegenüber Einwirkungen anderer Staaten und deren Einrichtungen aus dem Inland bestimmt, liegt nicht außerhalb dieses Ermessens.

Kein Verstoß gegen Art18 B-VG - §6 Abs2 IslamG 2015 ist hinreichend bestimmt und unbedenklich.

Kein willkürliches Vorgehen durch das BVwG:

Ergibt sich die Begründung der Entscheidung zwar nicht aus der Niederschrift der mündlichen Verkündung, wohl aber aus der schriftlichen Ausfertigung gemäß §29 Abs4 VwGVG, widerspricht dies nicht den rechtsstaatlichen Anforderungen an die Begründung gerichtlicher Entscheidungen. Die angefochtene Entscheidung des BVwG ist vielmehr ohne weiteres einer nachprüfenden Kontrolle durch den VfGH zugänglich und daher nicht mit Willkür belastet. Nachvollziehbare Begründung des BVwG, dass §6 Abs2 IslamG 2015 in Verbindung mit dem NAG bzw dem FPG anzuwenden ist.

Entscheidungstexte

  • E3830/2018 ua
    Entscheidungstext VfGH Erkenntnis 13.03.2019 E3830/2018 ua

Schlagworte

Glaubens- und Gewissensfreiheit, Religionsfreiheit, Religionsgesellschaften, Determinierungsgebot, Rechtsstaatsprinzip, Rechtspolitik

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2019:E3830.2018

Zuletzt aktualisiert am

27.05.2021

Dokumentnummer

JFR_20190313_18E03830_01

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