Vergabekontrollbehörden

Navigation im Suchergebnis

Entscheidungstext 05F-1/04-29

Entscheidende Behörde

Bundesvergabeamt

Dokumenttyp

Entscheidungstext

Entscheidungsart

Bescheid

Geschäftszahl

05F-1/04-29

Entscheidungsdatum

26.05.2004

Norm

BVergG 2002 §1
BVergG 2002 §7
BVergG 2002 §7 Abs1

Text

Bescheid

Das Bundesvergabeamt hat am 26. Mai 2004 durch den Vorsitzenden des Senats 5, Mag. Bernhard Ditz, sowie Mag. Georg Konetzky als Mitglied der Auftraggeberseite und Dr. Theodor Taurer als Mitglied der Auftragnehmerseite im Feststellungsverfahren betreffend die Auftragsvergabe "Übernahme von Verwertungsleistungen für lizenzierte Kunststoffverpackungen (SKF) gemäß der österreichischen VerpackVO" der ÖKK Österreichischer Kunststoff Kreislauf AG,

Altmannsdorfer Straße 91 in 1120 Wien, entschieden:

Spruch:

Der Antrag der A***, vertreten durch X***, vom 10. Februar 2004,

"das Bundesvergabeamt möge feststellen, dass wegen eines Verstoßes gegen das Bundesvergabegesetz oder die hiezu ergangenen Verordnungen der Zuschlag nicht gemäß den Angaben in der Ausschreibung dem Angebot mit dem niedrigsten Preis und/oder dem technisch und wirtschaftlich günstigsten Angebot erteilt wurde",

wird zurückgewiesen.

Rechtsgrundlagen: Paragraphen eins und 7 Bundesvergabegesetz 2002, Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 99 aus 2002, (BVergG)

Begründung

Am 10. Februar 2004, eingelangt im Bundesvergabeamt am 16. Februar 2004 per Einschreiben, stellte die A***, (im Weiteren: Antragstellerin) vertreten durch X***, zum Vergabeverfahren "Übernahme von Verwertungsleistungen für lizenzierte Kunststoffverpackungen (SKF) gemäß der österreichischen VerpackVO" der ÖKK Österreichischer Kunststoff Kreislauf AG, Altmannsdorfer Straße 91 in 1120 Wien (im Weiteren: Auftraggeberin) den im Spruch dieses Bescheides wiedergegebenen Antrag.

Begründet wurde der Feststellungsantrag in Schriftsätzen vom 10. Februar, 23. März und 22. April 2004 sowie in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesvergabeamt am 26. Mai 2004 zusammengefasst im Wesentlichen damit, dass die Auftraggeberin öffentlicher Auftraggeber im Sinne des Paragraph 7, Absatz eins, BVergG sowie Artikel eins, Litera b, der Richtlinie 92/50/EWG des Rates vom 18. Juni 1992 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge sei. Gemäß Paragraph 31, Absatz eins, AWG unterliege die Auftraggeberin der Aufsicht des Bundesministeriums (Richtigstellung durch das Bundesvergabeamt: Bundesministers) für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt- und Wasserwirtschaft (BMLFUW). Weitere Aufsichtsrechte ergäben sich aus Paragraph 11, Absatz 8, VerpackVO und aus Bescheiden der Aufsichtsbehörde, mit welchen der Auftraggeberin die Organisation und der Betrieb des Sammel- und Verwertungssystems gestattet worden sei.

Die Auftraggeberin habe mit öffentlicher Bekanntmachung vom 25. September 2003 in diversen europäischen Fachmedien und in der Wiener Zeitung zur Angebotslegung über die Verwertung von lizenzierten Kunststoff-Verpackungen ab 1. Jänner 2004 eingeladen. Die Antragstellerin habe sich an der Ausschreibung beteiligt und rechtzeitig ein den Ausschreibungsbedingungen entsprechendes Angebot gelegt. Mit Telefax vom 13. Jänner 2004 sei sie in Kenntnis gesetzt worden, dass nach Prüfung sämtlicher Angebote ihr der Zuschlag nicht erteilt werden könnte. Ob der Zuschlag bereits erteilt worden sei, entziehe sich ihrer Kenntnis, es sei jedoch davon auszugehen.

Die Antragstellerin habe Interesse am Abschluss des Vertrages, da sie zwei Abfallrecycling-Werke in Deutschland/Thüringen betreibe und sie durch die Veräußerung der im Zuge der Verwertung von Kunststoffabfällen gewonnen Rohstoffe beträchtliche Umsätze erziele. Durch den Nichterhalt des Auftrages entstehe ihr ein Schaden, der mit zumindest EUR 2 Mio. zu beziffern sei. Die Art und Weise, wie die Auftraggeberin das Vergabeverfahren geführt und letztlich den Zuschlag oder die Zuschläge erteilt habe, verstoße gegen Paragraph 21, Absatz eins, BVergG. Die Gleichbehandlung aller Bewerber und Bieter sei nicht gewährleistet worden. Die Antragstellerin sei nach den ihr bekannt gewordenen Informationen Bestbieterin gewesen. Dies sei ihr gegenüber auch vom Vorstand der Auftraggeberin bestätigt worden. Sie erachte sie sich in ihrem Recht auf Gleichbehandlung aller Bewerber und Bieter verletzt. Der Zuschlag sei daher jedenfalls nicht dem Bestbieter erteilt worden. Zudem sei in der Bekanntmachung sowie in den Ausschreibungsunterlagen der Qualitätsstandard der Leistung nicht klar und eindeutig definiert worden, sodass die Festlegung in der Ausschreibung qualitativ gleichwertige Angebote nicht sicherstelle.

Zum Vorbringen der Antragstellerin entgegnete die Auftraggeberin mit Schriftsatz vom 2. März 2004, eingelangt im Bundesvergabeamt am 3. März 2004, dass die Bestimmungen des Bundesvergabegesetzes nicht zur Anwendung gelangen würden, da es ihr an der Eigenschaft eines öffentlichen Auftraggebers gemäß Paragraph 7, Absatz eins, BVergG mangle. Eine freiwillige Unterwerfung unter die Regeln des BVergG sei nicht erfolgt. Sie habe in Punkt römisch eins der Einladung zur Angebotslegung hingewiesen, dass sie kein öffentlicher Auftraggeber sei, die Normen des BVergG daher nicht anzuwenden seien. Konkretisierend führte sie dazu aus, dass ihre Tätigkeit [Organisation der Verwertung von Kunststoffen und Textilien innerhalb des B***-Systems] nicht im Allgemeininteresse liege, sondern ausschließlich im Interesse der Lizenzpartner des B***-Systems liege. Zweck des B***-Systems sei es, Herstellern, Vertreibern, Abpackern und Importeuren von Verpackungen oder verpackten Waren die Möglichkeit zu geben, ihre Verpflichtungen aus der Verpackungsverordnung (VerpackVO) durch Teilnahme an einem Sammel- und Verwertungssystem zu erfüllen. Das B***-System sei so aufgebaut, dass die B*** mit Inverkehrsetzern von Verpackungen (Lizenzpartner) Verträge, so genannte Entpflichtungs- und Lizenzvereinbarungen, abschließe, und diesen auf diese Weise die Teilnahme an einem Sammel- und Verwertungssystem vermittle, sowie das Lizenzentgelt einhebe. Die B*** agiere dabei als Treuhänder der Lizenzpartner. Die Sammlung und Verwertung der Verpackungen werde von so genannten Branchenrecylinggesellschaften übernommen. Neben der Möglichkeit, sich durch Teilnahme am B***-System zu entpflichten, könnten die Inverkehrsetzer von Verpackungen die Sammlung und Verwertung der Verpackungen selbst durchführen oder dritte Entsorgungsunternehmen damit beauftragen. Für den Bereich der Kunststoffe stünden neben dem B***-System vier andere Sammel- und Verwertungssysteme zur Verfügung. Die Auftraggeberin agiere zwar wie eine Non-Profit-Organisation. Sie sei aber denselben Risiken wie alle übrigen Wirtschaftstreibenden ausgesetzt, insbesondere trage sie das wirtschaftliche Risiko ihres Handelns selbst. Sie erhalte auch keinerlei Leistungen der öffentlichen Hand. Sie unterliege einem am Markt herrschenden Wettbewerb und nehme derzeit in Österreich einen Marktanteil an der jährlichen Verwertungsmenge von Kunststoff von ca. 40 % ein. Von einer Monopolstellung oder einer marktbeherrschenden Position könne daher auch nicht gesprochen werden. Die Auftraggeberin führe daher keine Tätigkeit nicht gewerblicher Art durch. Für öffentliche Einrichtungen bestünden keinerlei Entsendungs- oder Nominierungsrechte hinsichtlich der Mitglieder des Vorstandes oder des Aufsichtsrates der Antragstellerin. Weder der Vorstand noch der Aufsichtsrat der Auftraggeberin unterlägen einer Aufsicht gemäß Paragraph 7, Absatz eins, Litera , BVergG. Gemäß Paragraph 31, Absatz eins, AWG 2002 beziehe sich die Aufsicht des BMLFUW ausschließlich auf die Erfüllung der Verpflichtungen der Auftraggeberin als Sammel- und Verwertungssystem entsprechend den Bestimmungen des AWG 2002 und der aufgrund des AWG 2002 erlassenen Verordnungen, insbesondere der VerpackVO 1996. Zur Vergabeentscheidung bezüglich des verfahrensgegenständlichen Vergabeverfahrens sei anzumerken, dass die Auftraggeberin, ohne an das BVergG gebunden zu sein, alle Bieter gleich behandelt habe. Die Antragstellerin sei nicht Bestbieterin gewesen. Zur Untermauerung ihrer Ausführungen wurden von der Auftraggeberin folgende Unterlagen vorgelegt:

  • Strichaufzählung
    Satzung der Auftraggeberin vom 13. Oktober 2003
  • Strichaufzählung
    Satzung der Auftraggeberin vom 4. Februar 2003
  • Strichaufzählung
    Aufstellung der Sammel- und Verwertungssysteme des BMLFUW
  • Strichaufzählung
    Firmenbuchauszug betreffend die Auftraggeberin
  • Strichaufzählung
    Firmenbuchauszug betreffend die B*** AG
  • Strichaufzählung
    Vereinsregisterauszug betreffend den Verein Österreichischer Kunstkreislauf
  • Strichaufzählung
    Entscheidung der EU-Kommission vom 16. Oktober 2003 (Sachen COMP D3/35470 - B***, COMP D3/35473 - ARGEC, ARO)
  • Strichaufzählung
    Auszug aus dem Aktienbuch der Auftraggeberin
  • Strichaufzählung
    Mitgliederliste des Vereins Österreichischer Kunstkreislauf***
  • Strichaufzählung
    Mitgliederliste des B*** Vereins
  • Strichaufzählung
    Statuten des Vereins Österreichischer Kunstkreislauf***

In weiteren Stellungnahmen vom 6. April und 18. Mai 2004 machte die Auftraggeberin ergänzende Ausführungen, warum sie kein öffentlicher Auftraggeber sei.

Auf Grundlage einer durchgeführten Internetrecherche in www.auftrag.at (OZ 21), der Stellungnahmen der Antragstellerin vom 10. Februar 2004 samt Beilagen (Ausschreibungsbekanntmachung bezüglich Einladung zur Angebotslegung sowie "Teilnahmebedingungen" zum Vergabeverfahren der Auftraggeberin) (OZ 1), vom 23. März 2004 samt Beilagen (Mitteilung der Auftraggeberin an die Antragstellerin vom 13. Jänner 2004 sowie Mitteilung des Vorstandes der B*** AG vom 15. September 2003) (OZ 9) und vom 22. April 2004 (OZ 14) bzw. der Auftraggeberin vom 2. März 2004 samt Beilagen [Satzung der Auftraggeberin vom 13. Oktober 2003, Satzung der Auftraggeberin vom 4. Februar 2003, Aufstellung der Sammel- und Verwertungssysteme des BMLFUW, Firmenbuchauszug betreffend die Auftraggeberin, Firmenbuchauszug betreffend B*** AG, Vereinsregisterauszug betreffend den Verein Österreichischer Kunstkreislauf, Entscheidung der EU-Kommission vom 16. Oktober 2003 (Sachen COMP D3/35470 - B***, COMP D3/35473 - ARGEC, ARO), Auszug aus dem Aktienbuch der Auftraggeberin, Mitgliederliste des Vereins Österreichischer Kunstkreislauf, Mitgliederliste des B*** Vereins, Statuten des Vereins Österreichischer Kunstkreislauf (OZ 6 = OZ 7), vom 6. April 2004 (OZ 11 = OZ 12) und vom 18. Mai 2004 (OZ 22 = OZ 24) sowie dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung am 26. Mai 2004 wurde nachfolgender entscheidungserheblicher Sachverhalt festgestellt:

Die Auftraggeberin ist eine Aktiengesellschaft mit Sitz in Wien. Aus dem Aktienbuch der Auftraggeberin ergibt sich, dass Aktionäre der Verein Österreichischer Kunstkreislauf (89 % der Anteile) und die B*** AG (11 % der Anteile) sind. Organe der Gesellschaft sind:

  • Strichaufzählung
    Vorstand,
  • Strichaufzählung
    Aufsichtsrat,
  • Strichaufzählung
    Hauptversammlung,
  • Strichaufzählung
    Beirat.
Der Vorstand besteht aus zwei Personen. Gemäß Paragraph 75, Aktiengesetz 1965 (AktG) werden die Vorstandsmitglieder vom Aufsichtsrat bestellt. Es wurde auch ein Prokurist bestellt. Der von der Hauptversammlung gewählte Aufsichtsrat besteht aus 7 Personen. Ein Beirat kann vom Aufsichtsrat ernannt werden. Der Beirat berät den Vorstand in Angelegenheiten der Gesellschaft und kann unverbindliche Empfehlungen aussprechen. Der Beirat hat ansonsten keine Funktionen, insbesondere keine, die in die zwingenden Kompetenzen eines anderen Organs eingreifen würden.

Der Verein Österreichischer Kunstkreislauf ist ein ideeller Verein gemäß Vereinsgesetz 2002 mit Sitz in Wien. Seine Mitglieder setzen sich aus Privatunternehmen zusammen, Gebietskörperschaften oder andere öffentliche Einrichtungen befinden sich nicht unter seinen Mitgliedern. Gemäß Paragraph 4, Absatz 2, der Vereinsstatuten können ordentliche Mitglieder (mit Stimm- sowie aktivem und passivem Wahlrecht) physische und juristische Personen werden, die sich zur Beteiligungsarbeit bereit erklären und die in eine der folgenden Branchengruppen einzuordnen sind:

  • Strichaufzählung
    Kunststoffhersteller und -vertreiber;
  • Strichaufzählung
    Kunststoffwarenhersteller und -vertreiber;
  • Strichaufzählung
    Verwender von Kunststoffverpackungen und Kunststoffprodukten;
  • Strichaufzählung
    Systempartner (Altstoff Recycling Austria Aktiengesellschaft und Branchenrecyclinggesellschaften der Altstoff Recycling Austria Aktiengesellschaft);
  • Strichaufzählung
    Organisationen und Unternehmen der Kunststoffverwertungswirtschaft;
  • Strichaufzählung
    Organisationen und Unternehmen der Entsorgungswirtschaft;
  • Strichaufzählung
    Interessensgemeinschaften, deren Mitglieder einer der genannten Branchengruppen zuzuordnen sind.
Die Organe des Vereins werden von seinen stimmberechtigten Mitgliedern gewählt.

Die B*** AG ist eine Aktiengesellschaft mit Sitz in Wien. Alleinaktionär ist der C*** Verein, ein ideeller Verein nach Vereinsgesetz 2002. Aus einer von der Auftraggeberin vorgelegten Mitgliederliste dieses Vereins kann entnommen werden, dass seine Mitglieder sich aus Privatunternehmen zusammensetzen, Gebietskörperschaften oder andere öffentliche Einrichtungen befinden sich nicht unter seinen Mitgliedern.

Unternehmensgegenstand gemäß Paragraph 3, der Satzung der Auftraggeberin ist:

  1. Litera a
    Die Erfassung, Sammlung, Beförderung und Verwertung von Verpackungen und stoffgleichen Nichtverpackungen aus Kunststoffen, Textilien und Verbundstoffen im Rahmen des B***-Systems, insbesondere entsprechend den Zielen und den Grundsätzen des AWG 2002, und darauf beruhender Verordnungen und den einschlägigen bundes- und landesgesetzlichen Bestimmungen über die Vermeidung, Sammlung, Abfuhr, Verwertung, Ablagerung und sonstige Behandlung von Abfällen sowie darauf beruhender Verordnungen, alles in der jeweils geltenden Fassung. Das kann durch Organisation der obigen Maßnahmen und Durchführung durch andere erfolgen.
    • Strichaufzählung
      Alle diese Maßnahmen erfolgen mit dem Ziel einer kostengünstigen Verwertung von den im B***-System gesammelten Kunststoff-Verpackungsmaterialien mit Bedachtnahme auf ökologische und wirtschaftliche Grundsätze;
  2. Litera b
    Förderung eines ökologisch und wirtschaftlich sinnvollen Einsatzes von Recyclaten aus Kunststoff durch entsprechende Information sowie die Forschung und Entwicklung auf dem Gebiet gemäß Litera a,);
  3. Litera c
    Die Beratung Dritter auf den unter a) und b) genannten Gebieten;
  4. Litera d
    die Kooperation mit vergleichbaren Organisationen, insbesondere mit ausländischen Organisationen vergleichbarer Art;
  5. Litera e
    die Übertragung und das Übermitteln von Daten;
  6. Litera f
    die Öffentlichkeitsarbeit auf den unter Litera a,) bis e) genannten Gebieten, beschränkt auf den Bereich der Verwertung von Verpackungen aus Kunststoff und textilen Faserstoffen im Rahmen des B***-Systems.

Die Auftraggeberin finanziert ihre Tätigkeit ausschließlich aus dem Entgelt, das sie von der B*** erhält, den Entgelten, die Verwertungsunternehmen für die Überlassung der Altstoffe aus Kunststoff entrichten, sowie aus Zinserträgen. Eine Finanzierung durch Gebietskörperschaften oder andere öffentlichen Einrichtungen erfolgt nicht.

Die Auftraggeberin hat am 15. September 2003 im Anzeigenteil des Amtsblattes zur Wiener Zeitung die Verwertung der B*** lizenzierten und von ihr übernommenen Kunststoff-Verpackungen der Gruppen Sortierte Kunststoff-Fraktion (SFK), unsortierte Mischkunststoff-Fraktion (MFK) und Exdrudiertes Polystyrol (EPS), derzeit in Summe mehr als 100.00 Tonnen pro Jahr ab 1. Jänner 2004 zu L137559 öffentlich ausgeschrieben. Über Anfrage des Bundesvergabeamtes wurde von der Auftraggeberin der geschätzte Gesamtauftragswert mit EUR 15.000.000,-- bezeichnet (OZ 6, Seite 3). Von der Antragstellerin wurde der Schaden, der der Antragstellerin dadurch entsteht, dass sie den verfahrensgegenständlichen Auftrag nicht erhalten hat, mit zumindest EUR 2.000.000.-- beziffert (OZ 1, Seite 4).

Die einzelnen Sachverhaltsfeststellungen gründen sich auf die in Klammer angeführten Beweismittel sowie auf die folgende Beweiswürdigung:

Die von der Auftraggeberin vorgelegten Unterlagen waren mangels gegenteiligen Vorbringens der Antragstellerin oder sonst gegen deren Wahrheitsgehalt sprechender Umstände als echt und richtig anzusehen. Zudem erfolgte im Wege des Firmenbuches eine Abfrage durch das Bundesvergabeamt (OZ 20). Das Ergebnis deckt sich mit dem auch von der Auftraggeberin vorgelegten Auszug aus dem Firmenbuch. Unter Berücksichtigung des von der Auftraggeberin bekannt gegebenen geschätzten Auftragswertes in Höhe von EUR 15.000.000,-- und des von der Antragstellerin mit zumindest EUR 2.000.000.-- bezifferten Schadens hatte das Bundesvergabeamt davon auszugehen, dass der Gesamtauftragswert den Betrag von EUR 200.000.-- jedenfalls übersteigt.

Der vorliegende Sachverhalt ist rechtlich wie folgt zu beurteilen:

Der Geltungsbereich des BVergG ist in Paragraph eins, BVergG geregelt.

Paragraph eins, BVergG bestimmt, dass das BVergG für die Verfahren zur Beschaffung von Leistungen (Vergabeverfahren), das sind Lieferaufträge, Bauaufträge, Baukonzessionsverträge, Dienstleistungsaufträge, Dienstleistungskonzessionsverträge sowie die Durchführung von Wettbewerben durch Auftraggeber im Sinne der Paragraphen 7 und 8 BVergG und die Vergabe von Bauaufträgen an Dritte durch Baukonzessionäre, gilt.

Paragraph 7, BVergG regelt den persönlichen Geltungsbereich von öffentlichen und Sektorenauftraggebern. Nach Paragraph 7, Absatz eins, BVergG gilt das BVergG für die Vergabeverfahren von öffentlichen Auftraggebern, das sind

  1. Ziffer eins
    der Bund, die Länder, die Gemeinden und Gemeindeverbände,
  2. Ziffer 2
    Einrichtungen, die
    1. Litera a
      zu dem besonderen Zweck gegründet wurden, im Allgemeininteresse liegende Aufgaben zu erfüllen, die nicht gewerblicher Art sind, und
    2. Litera b
      zumindest teilrechtsfähig sind und
    3. Litera c
      überwiegend von Auftraggebern gemäß Ziffer eins, oder anderen Einrichtungen im Sinne der Ziffer 2, finanziert werden oder die hinsichtlich ihrer Leitung der Aufsicht durch letzte unterliegen oder deren Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgan mehrheitlich aus Mitgliedern besteht, die von Auftraggebern gemäß Ziffer eins, oder anderen Einrichtungen im Sinne der Ziffer 2, ernannt worden sind,
  3. Ziffer 3
    Verbände, die aus einem oder mehreren Auftraggebern gemäß Ziffer eins, oder 2 bestehen.

Unbestritten ist, dass die Auftraggeberin keine Gebietskörperschaft gemäß Paragraph 7, Absatz eins, Ziffer eins, oder ein Verband, der aus einem oder mehreren Auftraggebern gemäß Paragraph 7, Absatz eins, Ziffer eins, oder 2 besteht, ist.

Somit war vom Bundesvergabeamt zu prüfen, ob die Voraussetzungen des Paragraph 7, Absatz eins, Ziffer 2, BVergG von der Auftraggeberin erfüllt werden. Um zum Ergebnis zu gelangen, dass die Auftraggeberin ein öffentlicher Auftraggeber gemäß Paragraph 7, Absatz eins, Ziffer 2, BVergG ist, müssen alle in dieser Bestimmung angeführten Voraussetzungen kumuliert erfüllt sein. Von der Auftraggeberin wurde über eine entsprechende Anfrage durch das Bundesvergabeamt vorgebracht, dass die Finanzierung der Tätigkeit durch die Auftraggeberin ausschließlich aus dem Entgelt, das sie von der B*** erhält, den Entgelten, die Verwertungsunternehmen für die Überlassung der Altstoffe aus Kunststoff entrichten, sowie aus Zinserträgen erfolgt. Eine Finanzierung durch Gebietskörperschaften oder andere öffentlichen Einrichtungen erfolgt nicht. Dem wurde von der Antragstellerin auch nicht widersprochen.

Die Auftraggeberin unterliegt hinsichtlich ihrer Leitung nicht der Aufsicht durch Auftraggeber gemäß Paragraph 7, Absatz eins, Ziffer eins und 2 BVergG. Die Aufsicht hinsichtlich ihrer Leitung richtet sich nach den Bestimmungen ihrer Satzung bzw. den maßgeblichen Bestimmungen des AktG. Ein Aufsichtsrecht bezüglich der Leitung der Auftraggeberin durch einen Auftraggeber gemäß Paragraph 7, Absatz eins, Ziffer eins, oder 2 BVergG kann daraus nicht erblickt werden. Auch die Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgane der Auftraggeberin bestehen nicht mehrheitlich aus Mitgliedern, die von Auftraggebern gemäß Ziffer eins, oder anderen Einrichtungen im Sinne der Ziffer 2, ernannt worden sind. Vielmehr erfolgt die Aufsicht des Vorstandes, der gemäß Paragraph 75, Absatz eins, AktG vom Aufsichtsrat bestellt wird, durch diesen. Die Aufsichtsratsmitglieder werden wiederum gemäß Paragraph 87, Absatz eins, AktG in Verbindung mit Paragraph 9, Absatz 4, der Satzung der Auftraggeberin von der Hauptversammlung gewählt. Eine Einflussnahmemöglichkeit eines Auftraggebers gemäß Paragraph 7, Absatz eins, Ziffer eins, oder 2 BVergG liegt nicht vor.

Im Ergebnis bedeutet das, dass für die Auftraggeberin die Voraussetzung des Paragraph 7, Ab. 1 Ziffer 2, Litera c, BVergG nicht gegeben ist. Wie bereits oben ausgeführt fordert Paragraph 7, Absatz eins, Ziffer 2, BVergG auch entweder eine überwiegende Finanzierung durch andere öffentliche Auftraggeber im Sinne von Paragraph 7, Absatz eins, Ziffer eins, oder 2 BVergG oder eine Einflussnahmemöglichkeit auf die Leitung eines Auftraggebers infolge eines Aufsichtsrechtes oder durch die Entsendung von Mitgliedern in Entscheidungsorgane der Auftraggeberin. Dies liegt bei der Auftraggeberin jedoch nicht vor, sodass das Bundesvergabeamt im Ergebnis dazu kommen muss, dass die Auftraggeberin kein öffentlicher Auftraggeber ist, sodass die weiteren in Paragraph 7, Absatz eins, Ziffer 2, Litera a und b BVergG enthaltenen Voraussetzungen bezüglich der Eigenschaft als öffentlicher Auftraggeber nicht weiter zu prüfen waren.

Wenn die Antragstellerin in ihren Schriftsätzen wiederholt darauf hinweist, dass ein Aufsichtsrecht des BMLFUW vorliege, übersieht sie den genauen Wortlaut von Paragraph 7, Absatz eins, Ziffer 2, Litera , BVergG. Diese Bestimmung zielt bezüglich des Aufsichtsrechtes auf die Leitung der Auftraggeberin ab. Ein Aufsichtsrecht bei der Erfüllung der von der Auftraggeberin zu leistenden Tätigkeit im Bereich der Bestimmungen des AWG und der VerpackVO kommt dem BMLFUW zweifellos zu. Dieses Aufsichtrecht hat jedoch keinen Bezug zur Leitung der Auftraggeberin in Form der AG. Ein solches Aufsichtsrecht wäre dann gegeben, wenn der BMLFUW ein Entsendungsrecht in den Aufsichtsrat, ein Vetorecht bezüglich von Entscheidungen der Organe der Auftraggeberin, oder dem Gleichzuhaltendes hätte.

Da die Auftraggeberin kein öffentlicher Auftraggeber ist, kommen die Bestimmungen des BVergG bei Vergabeverfahren durch die Auftraggeberin und somit auch der im 5. Teil des BVergG enthaltene Rechtsschutz des BVergG nicht zur Anwendung, sodass auch dem Bundesvergabeamt keine Zuständigkeit zukommt, über den im Spruch dieses Bescheides gestellten Antrag inhaltlich zu entscheiden. Der Feststellungsantrag war sohin mangels Zuständigkeit des Bundesvergabeamtes zurückzuweisen.

Schlagworte

Auftraggebereigenschaft, kumuliertes Vorliegen der Voraussetzungen, ÖKK;

Dokumentnummer

VERGT_20040526_05F_01_04_29_00

Navigation im Suchergebnis