Bundesdisziplinarbehörde, Disziplinarkommissionen

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Entscheidungstext 08-DK-18

Disziplinarbehörde

BM für Inneres

Dokumenttyp

Entscheidungstext

Geschäftszahl

08-DK-18

Entscheidungsdatum

08.11.2018

Schlagworte

Gefährliche Drohung, versuchte Körperverletzung außer Dienst, Ordnungsstörung

Text

Die Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Inneres hat am 08.11.2018 in der durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

BezInsp NN ist schuldig,

er hat am 27.10.2017 außer Dienst in der Zeit zwischen 00.00 und 02:00 Uhr

1    in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand im Lokal NN in NN gegenüber anwesenden Gästen und dem Personal sich in stark alkoholisiertem Zustand mit seinem Dienstausweis als Polizist ausgegeben;

2    sich in einen vorerst verbalen Streit zwischen den Lokalbesuchern NN und NN eingemischt, Partei für NN ergriffen und in der Folge den NN mit unterschiedlichen provozierenden und herabwürdigenden Äußerungen beschimpft;

3    nach einem „Ordnungsruf“ der Lokalbesitzerin auch diese in „verwaschener Sprache“ zurechtgewiesen und dieser als Folge ihrer Einmischung regelmäßige Kontrollen in Aussicht gestellt, mit der Konsequenz, dass er das Lokal „zudrehen“ werde. Anschließend ist er durch weitere verbale Beschimpfungen und Entgleisungen aufgefallen, worauf Angestellte und Gäste sich vom Verhalten des Polizeibeamten schockiert zeigten,

4    ohne seine Zeche (2 Bier) zu bezahlen das Lokal verlassen.

Der Beamte ist daher, unbeschadet seiner strafrechtlichen Verantwortung, schuldig, Dienstpflichten iSd Paragraph 43, Absatz 2, BDG, nämlich in seinem gesamten Verhalten darf Bedacht zu nehmen, dass das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung dienstlichen Aufgaben erhalten bleibt, gem. Paragraph 91, BDG schuldhaft verletzt zu haben.

Gegen den Beschuldigten wird gemäß Paragraph 92, Absatz eins, Zi. 2 BDG die Disziplinarstrafe der Geldstrafe in Höhe von € 5.000,-- verhängt.

Die Abstattung ist in 24 Monatsraten wird bewilligt.

Dem Beschuldigten werden gemäß Paragraph 117, Absatz 2, BDG keine Kosten des Disziplinarverfahrens auferlegt. Die eigenen Kosten hat er selbst zu tragen.

BEGRÜNDUNG

Zur Person:

BezInsp NN ist der Landespolizeidirektion für NN und versieht als dienstführender Beamter Dienst auf der PI NN. Er steht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund.

Strafgerichtliches Verfahren:

Das bei der Staatsanwaltschaft NN anhängige Verfahren Zl. NN weg Paragraphen 146,, 83 (1) und 107 (1) und (2) StGB wurde von dieser gem Paragraph 190, Ziffer 2, StPO für die Tatbestände der Paragraphen 146, sowie 107 StGB teileingestellt. Hinsichtlich der versuchten Körperverletzung nach Paragraph 83, (1) StGB wurde Strafantrag beim BG NN gestellt und wurde dieser mit Urteil des BG NN vom 16.07.2017 von diesem freigesprochen.

Bisherige disziplinäre Maßnahmen:

Gegen BezInsp NN musste vom BPK NN am 15.04.2010, GZ NN eine Disziplinaranzeige wegen des Verdachtes der Körperverletzung erstattet werden. Diese wurde in der Folge von der Disziplinarkommission beim BM.I mit Bescheid vom 19.11.2010, NN gem Paragraph 118, Absatz eins, Ziffer 2, BDG eingestellt.

Schriftliche Ermahnung nach Paragraph 109, Absatz 2, BDG vom 20.02.2018 von der PI NN wegen nicht zeitgerechtem Antreten des vorgeschriebenen Dienstes (unentschuldigter Verspätung), wobei in der Vergangenheit der Disziplinarbeschuldigte bereits acht Mal, somit insgesamt neun (9!) Mal wegen desselben Verhaltens mündlich ermahnt werden musste.

Dienstliche Beschreibung des Disziplinarbeschuldigten:

Der Disziplinarbeschuldigte wird seitens der Vorgesetzten zusammenfassend als „verhaltensauffällig“ beschrieben. Im Dienst erledige der Disziplinarbeschuldigte zwar die ihm zugewiesenen Aufgaben, doch musste er auch hier – insbesondere – wegen dessen Unpünktlichkeit bereits mehrfach, neun (9) Mal, ermahnt werden. Dies führt soweit, dass er als Dienstführender (!) und Vorgesetzter (!) sich aktuell bei jedem Antritt eines Tagdienstes bei einem seiner Vorgesetzten melden muss. Zudem muss der Disziplinarbeschuldigte aufgrund der Häufung seiner „Kurzkrankenstände“ bereits ab dem ersten Tag eine ärztliche Bestätigung vorlegen.

In seinem außerdienstlichen Verhalten musste bereits mehrfach Strafanzeige gegen den Disziplinarbeschuldigten, wegen Verdacht der Verwirklichung von Körperverletzungen, erstattet werden. Im Zusammenhang mit dem Verdacht auf Alkoholmissbrauch wurde der Disziplinarbeschuldigte polizeiärztlich untersucht, wobei als Diagnose wohl ein rezidivierender Alkoholmissbrauch und emotionale Entgleisungen festgehalten wurden, es jedoch keinen Hinweis auf einen chronischen Alkoholmissbrauch aufgrund der beigebrachten Leberwerte gäbe.

Dienstpflichtverletzung:

Der Verdacht, dass BezInsp NN eine Dienstpflichtverletzung begangen hat, ergab sich aus der von der Landespolizeidirektion NN gemäß Paragraph 110, Absatz eins, Ziffer 2, BDG vorgelegten Disziplinaranzeige der PI NN vom 16.02.2018, samt Beilagen, der Dienstbehörde demnach am 26.02.2018 zur Kenntnis gelangt, ho. eingelangt am 20.03.2018, welche gemäß Paragraph 109, Absatz 3, BDG zugestellt worden ist.

Demnach habe Disziplinarbeschuldigte das Vertrauen der Allgemeinheit in Mitleidenschaft gezogen und dadurch eine Dienstpflichtverletzung iSd Paragraph 43, Absatz 2, BDG begangen.

Sachverhalt:

BezInsp NN hat am 27.10.2017, zwischen 00.00 Uhr und 02.00 Uhr das Lokal NN außer Dienst besucht und in diesem jedenfalls zwei Bier konsumiert. Nachdem ein weiterer Gast dem Disziplinarbeschuldigten nicht glauben wollte, dass dieser Polizeibeamter sei, sei BezInsp NN ins Freie gegangen und habe seinen Dienstausweis geholt und diesen dem Gast gezeigt.

Dieser Umstand erweist sich dadurch als nicht mit den Dienstpflichten vereinbar, als der Disziplinarbeschuldigte zu diesem Zeitpunkt – wie Zeugen beschreiben - bereits stark alkoholisiert war.

In der Folge hat sich der Disziplinarbeschuldigte – deutlich alkoholisiert – an einer verbalen Auseinandersetzung beteiligt, für eine der beiden Seiten Partei ergriffen und die unterlegene Partei herablassend, bedrohend und provozierend behandelt.

Als die Lokalbesitzerin bzw. deren Angestellte sich schlichtend und deeskalierend in die Auseinandersetzung einbringen wollten, habe der Disziplinarbeschuldigte diese aufgefordert, sie solle sich nicht einbringen, andernfalls würde er hinkünftig hier mehr Lokalkontrollen durchführen, dies hätte auch bei den Vorbesitzern Wirkung gezeigt. Im weiteren Verlauf habe der Disziplinarbeschuldigte neuerlich herablassende und provozierende Äußerungen (in teils lallender Sprache) von sich gegeben und zeigten sich in der Folge nicht nur die Lokalbesitzerin und die Kellnerin, sondern auch ein weiterer Gast, vom Verhalten des Disziplinarbeschuldigten, welcher Polizist ist, schockiert. Abschließend habe der Disziplinarbeschuldigte ohne seine „Zeche“ zu bezahlen, das Lokal verlassen.

Mündliche Disziplinarverhandlung:

Mit Einleitungsbescheid der Disziplinarkommission Zl. NN vom 10.08.2018 wurde das ordentliche Disziplinarverfahren eingeleitet und die mündliche Verhandlung für 08.11.2018 anberaumt und durchgeführt. Gegen den Einleitungsbescheid wurde kein Rechtsmittel eingebracht, weshalb dieser mit Wirkung vom 07.09.2018 in Rechtskraft erwachsen ist.

Verantwortung des Beschuldigten:

Der Disziplinarbeschuldigte bekannte sich zu den Anlastungspunkten 1 und 3 zum Teil schuldig; die Anlastungspunkte 2 und 4 werden bestritten.

Angaben des Beschuldigten:

Der Beschuldigte wurde zunächst zu seinem Werdegang und der Ausbildung innerhalb der Polizei befragt. Er führte dazu aus, dass er ursprünglich bei der Zollwache begonnen habe und in der Folge zur Gendarmerie gewechselt sei. Zu seinen Sonderverwendungen befragt, gab dieser an, dass er im Verkehrsdienst tätig sei, Mitglied der Einsatzeinheit und Betreuungsbeamter (Ausbildungsbeamter für Polizeischüler).

Über Befragung gab er weiters an, dass er sich noch an den Vorfall erinnern könne und schilderte diesen aus dessen Sicht zusammenfassend so, dass er am Vorfallstag das Lokal besucht habe, weil es neu eröffnet habe. Er habe den ganzen Abend etwa 3 Halbe Bier und keine weiteren Alkoholika getrunken. Er habe den „NN“ vom Sehen gekannt; in der Folge sei es zu einem Gespräch gekommen. An alles könne er sich heute nicht mehr erinnern. NN habe ihm dann nicht geglaubt, dass er tatsächlich Polizist sei, deshalb sei er nach draußen zu seinem Auto gegangen und habe seinen Dienstausweis geholt, damit wieder zurück ins Lokal und habe diesen dann NN gezeigt. Nur ihn und sonst niemanden. Es könne aber durchaus sein, dass auch andere Personen das Vorzeigen des Dienstausweises gesehen haben. Er war zu diesem Zeitpunkt sicher alkoholisiert – zwar nicht allzu stark, aber jedenfalls hätte er nicht mehr mit dem Auto fahren dürfen. Dass das Vorzeigen des Dienstausweises zu diesem Zeitpunkt keine gute Idee war, sei ihm heute klar.

Über Nachfrage des Vorsitzenden, ob es sein könnte, dass er doch mehr als 3 Halbe Bier getrunken habe, da die Audioaufzeichnungen ihn hier deutlich lallend wiedergeben, sowie das Angebot die Aufzeichnung abzuspielen, führte der Beschuldigte aus, dass er auf die Abspielung der Aufzeichnung verzichte; dessen Vertreter ergänzte, dass man die Audioaufzeichnung nicht in Frage stelle und davon ausgehe, dass es die Situation nicht besser machen würde, weshalb man auf die Abspielung verzichte. Man kenne die Aussagen aus der Transkription, die Aussagen seien nicht rühmlich. Über weitere Nachfrage des Verteidigers, ob es sein könnte, dass er eventuell auch mehr als die 3 Halbe Bier getrunken habe, sich aber heute nicht mehr genau erinnern könne, räumte der Beschuldigte ein, dass dies möglich sein könnte.

Zum Vorwurf, er habe sich in den Streit zwischen NN und NN eingemischt und für NN Partei ergriffen, führte der Beschuldigte aus, dass das so gewesen sein kann; es aber nicht seine Absicht gewesen wäre, er wollte eigentlich nur deeskalierend einwirken.

Auf die Frage, ob er der Lokalbesitzerin angedroht habe, dass er ihr Lokal „zusperren“ werde und wie er das gemeint habe, führte er aus, dass er aus seinen dienstlichen Erfahrungen – immerhin gehöre das Lokal jedenfalls während der Nachtdienste, wenn er eine gemeinsame Streife mit der PI NN fahre, zu seinem Überwachungsrayon – wisse, dass es bei den früheren Lokalbesitzern immer wieder Probleme gegeben habe und die Polizei auch öfters einschreiten musste. Es gäbe auch einen Überwachungsauftrag der BH. Die Aufforderung an die Lokalbesitzerin sei keine Drohung gewesen, er habe es nicht böse, sondern nur gut gemeint. Zum Vorhalt des Vorsitzenden, dass sich dies auf der Audioaufzeichnung anders anhöre und dem neuerlichen Angebot diese abzuspielen, räumte der Beschuldigte ein: „dass es vielleicht falsch herüber gekommen sei, die Abspielung könne man sich sparen“.

Er räumte über weitere Befragung auch ein, dass es bisher mit dem Lokal noch zu keinen Problemen gekommen sei, aber es gäbe eben den Überwachungsauftrag und er wollte nur darauf hinweisen, dass wenn sich die Lokalbesitzerin nicht an die Bestimmungen hält, es eben auch Konsequenzen geben könne.

Zum Vorwurf, er habe seine Zeche nicht bezahlt, führte der Verteidiger aus, dass er überrascht sei, dass diese hier noch Thema sei, diesbezüglich gäbe es eine Einstellung des Gerichtes. Dem Verteidiger und dem Beschuldigten wurden in der Folge die Bestimmungen des Paragraph 95, Absatz 2, BDG durch den Vorsitzenden kurz erklärt. Der Beschuldigte führte sodann weiters aus, dass er es wohl tatsächlich einfach übersehen habe. Nachdem er heute eingestanden habe, dass er eventuell auch mehr als nur die 3 Halben Bier getrunken habe, wollte er sich aber auch nicht mehr damit auseinandersetzen, sonst würde ihm ev auch noch vorgehalten, er hätte vielleicht sogar mehr als die 3 Halben Bier nicht bezahlt. Er wolle aber noch anführen, dass er die offene Zeche (3 Bier) dann später bezahlt habe. Über Fragen des Vorsitzenden, warum er dies erst Monate später gemacht habe, führte er aus, dass er erst im Zuge der Einvernahme von seinem PI-Kdt das Formular zur Schadensgutmachung erhalten habe.

Über Nachfrage aus dem Senat, ob er – besonders als Betreuungsbeamter – die Bestimmungen des Paragraph 43, Absatz 2, BDG kenne, immerhin müsse er auch die Schüler diesbezüglich beschreiben, führte der Beschuldigte aus, dass ihm diese im Groben bekannt seien.

Die Disziplinaranwältin führte in ihrem Plädoyer im Wesentlichen aus, dass die mündliche Verhandlung ihrer Meinung nach ergeben habe, dass der Disziplinarbeschuldigte die Dienstpflichtverletzung nach Paragraph 43, Absatz 2, BDG – so wie im Einleitungsbeschluss angelastet - schuldhaft begangen habe.

Die Einstellung des Disziplinarbeschuldigten zu seinen Dienstpflichten und seine teilweise beschämende Ausdrucksweise, auch hier vor dem Senat, wie: „dann bin i aufs Häusl ganga“ und die sich aus der Transkription erlesbaren verbalen Entgleisungen, zeigen ein Bild, das einem Polizeibeamten nicht würdig ist und beschreiben ein Verhalten, das die Polizei nicht will. Die Polizei und deren Beamte sollen ein Vorbild in der Bevölkerung sein. Die heutige mündliche Verhandlung hat zudem zu Tage gebracht, dass der Beschuldigte auch Betreuungsbeamter ist, dieser hat junge Beamte in den Polizeidienst einzuführen und ihnen ein spezielles Vorbild zu sein; weiters wurde bekannt, dass die Polizei schon wiederholt in dem Lokal bzw. bei den Vorbesitzern einschreiten musste. Obwohl gegen die aktuelle Lokalbetreiberin noch nicht polizeilich eingeschritten werden musste, drohte der Beschuldigte der Lokalbesitzerin an „das Lokal zuzusperren“. Dies in einem schwer alkoholisierten Zustand – das kann nur ein schlechtes Bild auf die Polizei werfen. Ungeachtet dessen, mussten aufgrund des Verhaltens des Beschuldigten auch Kollegen einschreiten. Es macht immer ein schlechtes Bild in der Öffentlichkeit, wenn Polizisten gegen Polizisten einschreiten müssen.

Seitens der Disziplinaranwaltschaft wird aus spezial- und generalpräventiven Gründen die Disziplinarstrafe einer hohen Geldstrafe beantragt.

Der Verteidiger des Disziplinarbeschuldigten führt in seinem Plädoyer aus, dass er die Ansicht der Disziplinaranwältin so nicht teilen kann. In der mündlichen Verhandlung wurde zwar klar vor Augen geführt, dass das Verhalten seines Mandanten – jedenfalls teilweise – massiv falsch war, aber er sei jedenfalls nicht besoffen hingekommen, schon gar nicht sei er in diesem Zustand mit dem Auto gefahren. Sein Mandant sei sich auch bewusst, dass er an seiner Grundeinstellung etwas ändern müsse. Dass sein Mandant etwas falsch gemacht habe, sei diesem klar. Durch das Vorweisen des Dienstausweises wollte sich sein Mandant keinen Vorteil verschaffen. Es müsse aber auch berücksichtigt werden, dass sich sein Mandant zum ersten Mal einer Disziplinarverhandlung stellen musste und bisher unbescholten sei. Aus Sicht der Verteidigung sei ein sich der Verantwortung stellen und als Beschuldigter hier im Disziplinarverfahren zu sein, spezialpräventiv genug Strafe und sieht nicht die zusätzliche Notwendigkeit einer Geldstrafe.

Schlusswort des Beschuldigten:

In seinem Schlusswort zeigte sich der Beschuldigte hinsichtlich der Anlastungen geständig.

Die Disziplinarkommission hat dazu erwogen:

Paragraph 43, BDG

2)   Der Beamte hat in seinem gesamten Verhalten darauf Bedacht zu nehmen, dass das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben erhalten bleibt.

Paragraph 91, BDG

Der Beamte, der schuldhaft seine Dienstpflichten verletzt, ist nach diesem Abschnitt zur Verantwortung zu ziehen.

Zur Schuldfrage:

Der Senat ist nach Durchführung des Beweisverfahrens zur Erkenntnis gelangt, dass der Beschuldigte die ihm vorgeworfene Dienstpflichtverletzung schuldhaft begangen hat. Dies auch deshalb, weil der Disziplinarbeschuldigte in der mündlichen Verhandlung selbst ausführte, es sei keine gute Idee gewesen, den Dienstausweis in seinem – alkoholisierten Zustand – aus dem Auto zu holen und vorzuweisen.

Das Nichtvorzeigen des Dienstausweises hätte nur bewirkt, dass ihm sein flüchtiger Bekannter eben nicht geglaubt hätte, dass er Polizist sei, was gegenständlich deutlich besser gewesen wäre. Denn erst dadurch wurde bekannt, dass der Disziplinarbeschuldigte (tatsächlich) Polizist sei. Die Judikatur beschreibt, dass wenn wegen der voraussehbaren Nachteile schon bei einem geringen Versagen eine erhöhte Sorgfalt geboten ist.

Dennoch – und obwohl er eine Handlungsalternative hatte und somit ohne Not und aus rein privatem Interesse und um seine „Stellung“ zu verbessern - habe er den Dienstausweis vorgezeigt und sich als Polizist deklariert.

Dies so „deutlich“, dass auch weitere Unbeteiligte (Gäste) den Umstand bemerkten, dass der Disziplinarbeschuldigte Polizeibeamter sei und in der Folge über sein Verhalten entsetzt waren.

Ein solches Verhalten ist nicht nur nicht notwendig, sondern einem Polizisten, besonders einem, der auch als Betreuungsbeamter junge Polizeibeamte in den Polizeidienst führt und Vorbild sein soll, nicht würdig. Es ist nicht die Aufgabe des Dienstrechtes Charakterschwächen von Exekutivbeamten zu dulden, sondern diesen Mängeln mit der gebotenen Härte entgegen zu treten.

Mit dem Diensteid und dem Gelöbnis unterstellt sich der Disziplinarbeschuldigte freiwillig dem Regelwerk des BDG. Dass sein Verhalten nicht den Bestimmungen des

Paragraph 43, Absatz 2, BDG entspreche, musste ihm – besonders als dienstführender Beamter – bewusst sein. Auch tut sich der Disziplinarbeschuldigte selbst keinen Gefallen im Hinblick auf künftige Amtshandlungen; idR spricht sich solch ein Verhalten „herum“.

Gemäß Paragraph 95, Absatz 2, BDG ist die Disziplinarbehörde nur an die dem Spruch eines rechtskräftigen Urteils zugrunde gelegten Tatsachenfeststellung gebunden. In allen anderen Fällen, also auch bei einer Einstellung eines Strafverfahrens, hat sie den Sachverhalt nach dienstrechtlichen Erwägungen selbst zu beurteilen und – unbeschadet dessen, dass keine strafgerichtlich relevante Tathandlung vorliegt - festzustellen, ob Dienstpflichten verletzt wurden.

Im Einzelnen hat der erkennende Senat den vorliegenden Sachverhalt wie folgt gewürdigt:

Verdacht einer Dienstpflichtverletzung nach Paragraph 43, Absatz 2, BDG

Gemäß Paragraph 43, Absatz 2, BDG ist der Beamte verpflichtet, in seinem gesamten Verhalten darauf Bedacht zu nehmen, dass das Vertrauen der Allgemeinheit, aber auch des Dienstgebers, in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben erhalten bleibt. Diese Pflicht verletzt der Beamte immer dann, wenn er durch ein inner- oder außerdienstliches Verhalten bei Dritten Bedenken dagegen auslöst, dass er bei der Vollziehung immer rechtmäßig vorgehen werde und damit seine Glaubwürdigkeit einbüßt.

Das von dieser Bestimmung geschützte Rechtsgut liegt nach Auffassung des VwGH in der allgemeinen Wertschätzung, die das Beamtentum in der Öffentlichkeit genießt, damit in der Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes und des dafür erforderlichen Ansehens der Beamtenschaft (VwGH 24.11.1997, 95/09/0348; 15.12.1999, 98/09/0212; 18.4.2002, 2000/09/0176).

Insofern stellt Paragraph 43, Absatz 2, BDG auch eine für alle Beamten gemeinsame Verhaltensrichtlinie dar (VwGH 28.7.2000, 97/09/0324; 16.10.2001, 2000/09/0012) und wird von keinem anderen Tatbestand des Dienstrechts abgedeckt.

Ein Verhalten wie es der Disziplinarbeschuldigte an den Tag (Nacht) gelegt hat, entspricht nicht den Vorstellungen, die der Dienstgeber in Paragraph 43, Absatz 2, BDG gemeint und normiert hat. Die Rspr hat bereits wiederholt festgestellt, dass insbesondere Trunkenheitsexzesse nicht mit den Werten eines Beamten vereinbar sind.

Der Disziplinarbeschuldigte verrichtet in einer Polizeiinspektion Dienst. Zu seinen unmittelbaren Aufgaben gehören damit auch der Vollzug des Strafrechts und die Überwachung der Einhaltung von verwaltungsrechtlichen Vorschriften.

In der öffentlichen Wahrnehmung sind die Polizeibehörden besonderer Beobachtung und Kritik ausgesetzt. Gerade ihrem ordnungs- und gesetzmäßigen Vollzug kommt daher besondere Bedeutung zu.

Durch das Verhalten des Disziplinarbeschuldigten entsteht in der Öffentlichkeit der Eindruck, Polizeibeamte würden vermeinen, sich durch das Vorzeigen des Dienstausweises in eine bessere Position bringen zu können. Dass es gegenständlich ausschließlich um die Verbesserung der privaten Position des Disziplinarbeschuldigten ging, vermag auch die Argumentation des Disziplinarbeschuldigten, er wollte mit dem Vorzeigen nur „nachweisen“, dass er ein Polizist sei, nichts zu ändern. Es gab tatsächlich keine dienstliche Notwendigkeit zur Ausweisleistung, somit konnte diese nur persönlichen Bedürfnissen dienen. Speziell die Beamten des Innenressorts haben daher besonders darauf zu achten, alles zu vermeiden, was den Eindruck einer missbräuchlichen Verwendung von Dienstmittel erwecken könnte.

Dem Disziplinarbeschuldigten war – wie er auch selbst in der mündlichen Verhandlung anführte – klar, dass es seine Aufgabe gewesen wäre, nicht provozierend, sondern deeskalierend aufzutreten. Auch war die von ihm, im Lokal - aufgrund der Audiodatei, aber auch aufgrund der Transkription eindeutig nachweisbare – aber auch im Zuge der Verhandlung - gewählte Wortwahl eines Exekutivbeamten nicht würdig.

Führt man sich das „Entsetzen“ der Zeugin vor Augen, als diese in der Vorfallsnacht erfahren habe, dass der Beschuldigte Polizeibeamte sei, kann man nur zum Schluss kommen, dass die Außenwirkung eine verheerende war.

Strafbemessung - Paragraph 93, BDG

Gemäß Paragraph 93, Absatz eins, BDG ist das Maß für die Höhe der Strafe die Schwere der Dienstpflichtverletzung; dabei ist jedoch darauf Bedacht zu nehmen, inwieweit die beabsichtigte Strafhöhe erforderlich ist, um den Disziplinarbeschuldigten von der Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen abzuhalten.

Zu berücksichtigen sind aber auch die bisherigen dienstlichen Leistungen, sowie sein Verhalten im Dienststand und die Qualität der bisherigen Dienstleistung.

Der erkennende Senat hat sich nach der Judikatur des VwGH jedenfalls ein umfassendes Bild des Disziplinarbeschuldigten zu machen und dann eine Prognose zu stellen, inwieweit und in welchem Ausmaße eine Bestrafung notwendig ist.

Denn für die Schwere der Dienstpflichtverletzung ist nicht nur maßgebend, in welchem objektiven Ausmaß gegen Dienstpflichten verstoßen oder der Dienstbetrieb beeinträchtigt wurde, sondern es muss die Bestrafung grundsätzlich in einem angemessenen Verhältnis zum Unrechtsgehalt der Verfehlung stehen und sie muss spezial- und generalpräventiv erforderlich sein. Innerhalb des Schuldrahmens darf keine strengere Strafe verhängt werden, als sie aus Gründen der Spezialprävention notwendig erscheint vergleiche Kucsko-Stadlmayer, Das Disziplinarrecht der Beamten3, 78 ff und ihr folgend das Erkenntnis des verstärkten Senates des VwGH vom 14.11.2007, 2005/09/0115).

Vor diesem Hintergrund prüfte der Senat, ob die beabsichtigte Strafhöhe auch erforderlich sei und kam zum Ergebnis, dass diese in dieser Höhe nicht nur aus spezial-, aber auch aus generalpräventiven Gründen so erforderlich gewesen sei, um den Disziplinarbeschuldigten, aber auch andere Beamte von der Begehung der Dienstpflichtverletzungen abzuhalten.

Ein Verhalten, das dem Paragraph 43, BDG widerspricht, wohnt es inne, dass es auch „Opfer“ gibt. Opfer wollen ernst genommen werden, und dass die Ordnung revalidiert wird. Hier muss der Staat sanktionierend reagieren. Es ist Unrecht geschehen, deshalb muss auch eine Bestrafung folgen. Das Eingeständnis im Schlusswort des Beschuldigten konnte nur bedingt als mildernd gewertet werden, zumal es – wie von der Judikatur – nicht reumütig erfolgte und lediglich auf nachweisbare Tatsachen beruhte. Eine tatsächliche Einsicht war den Schlussworten aus Sicht des erkennenden Senates nicht zu entnehmen. Hingegen liegen mit der starken Alkoholisierung und der ausschließlich persönlichen Verbesserung der Stellung durch das Vorzeigen des Dienstausweises, ohne auch nur ansatzweise eine dienstliche Notwendigkeit darin zu erkennen, sowie dem Umstand, dass der Disziplinarbeschuldigte bereits mehrfach dienstrechtlich ermahnt wurde, sich bei Dienstbeginn regelmäßig bei seinen Vorgesetzten zu melden hat, Erschwernisgründe vor, die an Zahl und Qualität den Milderungsgründen gegenüber deutlich überwiegen.

Der erkennende Senat hatte daher ausgehend von der spezial- und generalpräventiven Notwendigkeit der Verhängung einer Geldstrafe nach Paragraph 92, Absatz eins, Ziffer 3 BDG, unter Berücksichtigung der Erschwernis- und Milderungsgründe die innerhalb des gewählten Strafrahmens niedrigst mögliche Strafe zu wählen.

Die verfügte Sanktion erweist sich vor allem aus generalpräventiven Gründen als zwingend notwendig, weil es sich insgesamt um eine schwere Dienstpflichtverletzung handelt, welche geeignet ist, dem Ansehen der Polizei und dem Vertrauen des Bürgers in die Rechtstreue der Polizeibeamten, beträchtlichen Schaden zuzufügen. Durch diese Sanktion wird generalpräventiv klargestellt, dass an das außerdienstliche Verhalten von Polizeibeamten hohe Ansprüche gestellt werden.

In generalpräventiver Hinsicht stellt die gewählte Strafe eine gerade noch vertretbare Sanktion dar.

Insgesamt liegt nach Ansicht des Senates somit eine schwere Verletzung der Dienstpflichten vor, welche sowohl in spezialpräventiver Hinsicht als auch nach generalpräventiven Aspekten eine angemessene Sanktion nach sich ziehen musste.

Dem Disziplinarbeschuldigten muss aber klar sein, dass er im Wiederholungsfalle mit bedeutend höheren disziplinären Sanktionen zu rechnen hat.

Zuletzt aktualisiert am

11.04.2019

Dokumentnummer

DKT_BMI_20181108_08_DK_18_00

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