Entscheidungstext 3Ob611/53

Gericht

OGH

Dokumenttyp

Entscheidungstext

Rechtsgebiet

Zivilrecht

Geschäftszahl

3Ob611/53

Entscheidungsdatum

16.12.1953

Norm

Handelsagentengesetz §6
Handelsagentengesetz §29

Kopf

SZ 26/305

Spruch

Provisionsanspruch eines Vermittlungsagenten trotz Stornierung des vermittelten Werkvertrages wegen Lieferung von schlechtem Material.

Entscheidung vom 16. Dezember 1953, 3 Ob 611/53.

römisch eins. Instanz: Handelsgericht Wien; römisch II. Instanz: Oberlandesgericht Wien.

Text

Der Kläger behauptet, er habe im Auftrage der beklagten Partei, die eineSpinnerei zur Verarbeitung von 40.000 kg Baumwolle suchte, den Abschluß eines Werkvertrages mit der Spinnerei B. & Co. vermittelt, und klagt auf Lieferung der als Provision vereinbarten 2000 kg Garn.

Das Gericht erster Instanz nahm folgenden Sachverhalt als erwiesen an:

Der erwähnte Werkvertrag ist auf Grund der Vermittlung des Klägers geschlossen worden. Die beklagte Partei hat aber keine dem Muster entsprechende Baumwolle an die Spinnerei gesendet, sondern verölte, versandete und verschmutzte Baumwolle, die überdies bei der Verarbeitung einen penetranten Gestank verbreitete. Die Spinnerei war bemüht, den Werkvertrag trotzdem auszuführen. Ihr Bemühen scheiterte aber daran, daß die Arbeiter sich weigerten und mit einem Streik drohten.

Es mußte daher der Werkvertrag storniert werden. Auf Grund dieses Sachverhaltes kam das Gericht erster Instanz zu dem Schlusse, daß dem Kläger der Provisionsanspruch zustehe, und gab dem Klagebegehren statt.

Vom Berufungsgerichte wurde diese Entscheidung bestätigt.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der beklagten Partei nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Die beklagte Partei führt in rechtlicher Hinsicht aus, das zu vermittelnde Geschäft sei nicht zustande gekommen, da der Kläger eine zur Verarbeitung der Baumwolle untaugliche Spinnerei vermittelte und der Werkvertrag daher storniert werden mußte, es habe der Kläger seinen Auftrag nicht erfüllt. Es wäre Pflicht des Klägers gewesen, entsprechende Informationen über die Beschaffenheit der Baumwolle einzuholen und eine geeignete Spinnerei ausfindig zu machen. Daß dies möglich gewesen wäre, ergebe sich daraus, daß die Baumwolle später in deutschen Spinnereien verarbeitet worden ist.

Ein Provisionsanspruch sei auch aus dem Gründe nicht entstanden, weil bei richtiger Würdigung der Beweisergebnisse der Anspruch erst nach Abwicklung des Geschäftes entstehen sollte. Das Storno stand daher auch dem Entstehen des Provisionsanspruches im Wege. Überdies sei gemäß Paragraph 6, Absatz 3, HAG. der Provisionsanspruch auch aus dem Gründe nicht gegeben, weil die Ausführung des Geschäftes nicht wegen des Verhaltens der beklagten Partei unterblieben ist und allenfalls wichtige Gründe auf Seite der vermittelten Spinnerei für das Verhalten der beklagten Partei vorgelegen seien. Dies ergebe sich daraus, daß die vom Kläger vermittelte Spinnerei wegen ihrer mangelhaften technischen Einrichtung zur Ausführung des Auftrages untauglich war. Übrigens sei nach der Entscheidung SZ. VII/103 bei Stornierung des vermittelten Geschäftes in jedem Falle Paragraph 10 und nicht Paragraph 6, HAG. anzuwenden.

Die Erfüllung des Klagsanspruches sei auch unmöglich geworden, zumindest sei der Anspruch nicht fällig, weil die Provision in Garn bestehen sollte, das von der vermittelten Spinnerei aus der Baumwolle der beklagten Partei hergestellt wurde. Zu einer solchen Herstellung ist es aber infolge des Stornos nicht gekommen.

Die Revision ist nicht begrundet.

Es war davon auszugehen, daß der Kläger die Abschließung eines Werkvertrages mit einer Spinnerei vermittelt hat, die nach den Feststellungen der Untergerichte tauglich gewesen ist, Baumwolle von der Beschaffenheit des von der beklagten Partei gegebenen Musters zu verspinnen. Daß die beklagte Partei Baumwolle anderer Beschaffenheit an die Spinnerei zur Verarbeitung gesendet hat und daß diese Vorgangsweise zur Stornierung des Werkvertrages geführt hat, ist vom Kläger nicht zu vertreten. Es war unerheblich, warum die an die Spinnerei gesendete Baumwolle sich in einem anderen Zustande befunden hat und auf welche Weise das Muster gezogen worden ist. Der Kläger war nicht verpflichtet, in dieser Richtung eine Kontrolle über die beklagte Partei auszuüben, vielmehr wäre es Sache der beklagten Partei gewesen, den Kläger darauf aufmerksam zu machen, falls es ihr nicht möglich war, ein dem Zustande der Baumwolle entsprechendes Muster zu ziehen. Ob die verunreinigte Baumwolle später in Deutschland verarbeitet werden konnte, ist unerheblich, denn der Kläger hatte auf Grund der Beschaffenheit des Musters eine Spinnerei zu ermitteln. Er war nicht verpflichtet, nach einer mit speziellen Einrichtungen ausgestatteten Spinnerei zu forschen, die fähig war, Baumwolle eines dem Kläger damals noch gar nicht bekannten verunreinigten Zustandes zu verarbeiten. Es kann daher dahin gestellt bleiben, ob der Kläger bei richtiger Informierung durch die beklagte Partei in der Lage gewesen wäre, eine Spinnerei zu ermitteln, die imstande war, verunreinigte Baumwolle zu verarbeiten.

Daß es nicht zur Erfüllung des Werkvertrages gekommen ist, kann den Anspruch des Klägers nicht berühren. Die Untergerichte haben nicht als erwiesen angenommen, daß eine von der Bestimmung des Paragraph 6, Absatz 2, (Paragraph 29, Absatz eins,) HAG. abweichende Vereinbarung getroffen worden ist. Sie sind daher mit Recht davon ausgegangen, daß der Provisionsanspruch mit Abschluß des Werkvertrages erworben wurde.

Die in der Revision zur Auslegung des Paragraph 6, HAG. angeführten Entscheidungen finden auf den vorliegenden Steitfall keine Anwendung, da feststeht, daß es zur Stornierung des Werkvertrages nur infolge der unrichtigen Informierung des Klägers seitens der beklagten Partei gekommen war. Gründe auf Seite der Spinnerei im Sinne der Entscheidung SZ. VII/103 lagen nicht vor. Daher kommt Paragraph 6, Absatz 3, HAG., letzter Satz, der beklagten Partei nicht zugute.

Es ist nicht erwiesen worden, daß nach der Absicht der Parteien der Kläger in jedem Falle nur auf Garn Anspruch haben sollte, das von der vermittelten Spinnerei aus der Baumwolle der beklagten Partei herzustellen war. Eine solche Abrede ist auch dem schriftlichen Vertrage nicht zu entnehmen.

Da Garn von der im Klagebegehren bezeichneten Beschaffenheit als vertretbare Sache zu gelten hat, kann weder von einer Unmöglichkeit der Erfüllung des Provisionsversprechens die Rede sein noch die Fälligkeit des Anspruches bezweifelt werden.

Dem Kläger steht daher demgemäß Paragraph 6, Absatz 3, (Paragraph 29, Absatz eins,) HAG. der Klagsanspruch zu.

Anmerkung

Z26305

Schlagworte

Agent, Provisionsanspruch, Handelsagent, Provisionsanspruch, Provisionsanspruch des Vermittlungsagenten, Stornierung eines Werkvertrages, Provisionsanspruch, Vermittlungsagent, Provisionsanspruch, Werkvertrag, Provisionsanspruch

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1953:0030OB00611.53.1216.000

Dokumentnummer

JJT_19531216_OGH0002_0030OB00611_5300000_000

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