Entscheidungstext 4Ob352/85

Gericht

OGH

Dokumenttyp

Entscheidungstext

Rechtsgebiet

Zivilrecht

Geschäftszahl

4Ob352/85

Entscheidungsdatum

09.07.1985

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Präsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurzinger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Prof. Dr. Friedl, Dr. Kuderna, Dr. Vogel und Dr. Gamerith als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei K***-Erzeugnisse Essenzen Gesellschaft m.b.H., Siezenheim bei Salzburg, vertreten durch Dr. Wolfgang Berger jun., Rechtsanwalt in Salzburg, wider die beklagte Partei A B Gesellschaft mbH, Bad Hall, Mühlgrub 1, vertreten durch Dr. Maximilian Eiselsberg, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren (S 350.000, Revisionsrekursinteresse S 300.000), infolge Revisionsrekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz als Rekursgerichtes vom 18.April 1985, GZ 3 a R 48/85-12, womit der Beschluß des Kreisgerichtes Steyr als Handelsgerichtes vom 5.März 1985, 4 Cg 21/85-5, teilweise abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei hat die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen; die klagende Partei hat die Kosten ihrer Revisionsrekursbeantwortung vorläufig selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Das Erstgericht hat der beklagten Partei mit einstweiliger Verfügung verboten, beim Vertrieb ihrer Fruchtlimonaden 'Schartner light' darauf hinzuweisen, daß es sich dabei um 'die erste Frucht-light' auf dem österreichischen Getränkemarkt handle.

Hingegen hat es das Mehrbegehren der klagenden Partei, der beklagten Partei auch zu verbieten, Fruchtlimonaden, die mit künstlichem Süßstoff hergestellt sind, in Verkehr zu bringen, wenn dere Gebinde nicht gemäß dem Paragraph 7, Abs1 der Verordnung über den Verkehr mit Süßstoff gekennzeichnet sind, insbesondere das Produkt 'Schartner light', bei welchem der Hinweis, 'mit künstlichem Süßstoff zubereitet', nicht an einer in die Augen fallender Stelle sowie deutlich sichtbar und leicht lesbar enthalten sei, abgewiesen. Das Erstgericht hat folgenden für die Entscheidung des Revisionsrekurses noch wesentlichen Sachverhalt als bescheinigt angenommen:

Die beklagte Partei bringt ihre mit künstlichem Süßstoff zubereiteten kalorienarmen Fruchtlimonaden, die vor allem für Diabetiker bestimmt sind, unter der Bezeichnung 'Schartner Diät' auf den Markt. Seit dem Frühjahr 1983 sind auf den diesbezüglichen Flaschenetiketten die Worte 'Diabetiker - Diätlimonade' und darunter in Kleinbuchstaben, fettgedruckt und deutlich lesbar, die Worte 'Mit künstlichem Süßstoff Saccharin' zu lesen. Diese Etikette ist vom Bundesministerium für GesundheitNächster Suchbegriff und Umweltschutz genehmigt worden. Gegen Ende des Jahres 1984, anfangs 1985, brachte die beklagte Partei diese Fruchtlimonaden, allerdings nunmehr ohne Vitaminzusatz, abgefüllt in Flaschen, unter der Bezeichnung 'Schartner light' in Verkehr. Sie brachte außerdem derartige Limonaden unter der Bezeichnung 'Schartner-Bombe-light' mit Vitaminzusatz, abgefüllt in Dosen, auf den Markt. Auf den Etiketten der Flaschen und Dosen dieser Limonaden ist senkrecht in Großbuchstaben, fettgedruckt, der Hinweis zu lesen 'Auch für Diabetiker' und anschließend, kleingedruckt, nicht in die Augen fallend und bei Betrachtung der Flasche oder Dose von vorne nicht lesbar, der Hinweis: 'Mit künstlichem Süßstoff Saccharin'.

Anfangs Jänner 1985 teilte das Bundesministerium für Vorheriger SuchbegriffGesundheit und Umweltschutz der beklagten Partei u.a. mit, daß der vorerwähnte Hinweis nach den Vorschriften der Verordnung über den Verkehr mit Süßstoff an einer in die Augen fallenden Stelle deutlich sichtbar und leicht lesbar anzubringen sei. Die beklagte Partei änderte hierauf ungefähr Mitte Jänner 1985 ihre Flaschenetiketten in der Form, daß der vorher senkrecht gedruckte Hinweis durch einen waagrecht und in Großbuchstaben geschriebenen Hinweis ersetzt wurde. Dieser Hinweis fällt nun in die Augen und ist deutlich sichtbar und lesbar. Seit ungefähr Mitte Jänner 1985 werden Schartner light-Flaschen nur noch in dieser Form in den Verkehr gebracht. Die ältere, nicht sehr große und bis spätestens Mitte Jänner 1985 ausgelieferte Produktion wird nicht mehr in den Verkehr gesetzt, sondern läuft nur noch aus. Die Etiketten der vorgenannten Dosen blieben unverändert. Auf dem Dosendeckel wurde aber zusätzlich der Hinweis 'Diätlimonade für Diabetiker - mit künstlichem Süßstoff zubereitet' deutlich sichtbar und lesbar angebracht. Die Dosen waren als Test in einer nicht sehr großen Menge hergestellt worden; nach dem Abverkauf wird dieses Design eingestellt werden. In einer zwischen den Parteien geführten Korrespondenz hat die beklagte Partei Ende Jänner 1985 der Auffassung der klagenden Partei zugestimmt, daß bei den ersten Gebinden der Hinweis auf den Süßstoff nicht den Vorschriften entspreche. Sie teilte der klagenden Partei mit, daß diese äußerst geringe Produktion nicht mehr verwendet werde und erklärte sich bereit, eine Erklärung abzugeben, wonach sie sich verpflichte, keine weiteren Limonaden herzustellen und zu vertreiben, deren Kennzeichnung nicht den Bestimmungen der Verordnung über den Verkehr mit Süßstoff entspreche. Die klagende Partei verlangte hingegen von der beklagten Partei (erfolglos) den Abschluß eines vollstreckbaren Vergleiches im Sinne ihres (späteren) Klagebegehrens.

In rechtlicher Hinsicht vertrat das Erstgericht die Auffassung, der zu sichernde Unterlassungsanspruch der klagenden Partei liege in Ansehung des behaupteten Verstoßes gegen die Verordnung über den Verkehr mit Süßstoff mangels Wiederholungsgefahr nicht vor. Die beklagte Partei habe im Zeitpunkt der Klagseinbringung keine der beanstandeten Gebinde hergestellt oder in Verkehr gebracht. Sie habe sich ferner bereit erklärt, eine entsprechende Verpflichtungserklärung abzugeben. Die Bestimmung des Paragraph 7, Abs1 der erwähnten Verordnung sei im übrigen keine wettbewerbsregelnde Vorschrift.

Das Rekursgericht änderte den abweislichen Teil des erstgerichtlichen Beschlusses dahin ab, daß es die einstweilige Verfügung auch hinsichtlich des Verstoßes gegen die Verordnung über den Verkehr mit Süßstoff erließ. Es sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes in diesem Umfang S 15.000, nicht aber S 300.000,-

übersteigt und der Revisionsrekurs zulässig sei. Das Rekursgericht vertrat auf der Grundlage des vom Erstgericht als bescheinigt angenommenen Sachverhalts die Rechtsauffassung, die Bestimmung des Paragraph 7, Abs1 der vorgenannten Verordnung sei keine wettbewerbsneutrale Ordnungsvorschrift; sie diene vielmehr auch dem Schutz des lauteren Wettbewerbs. Gegen diese Vorschrift habe die beklagte Partei dadurch verstoßen, daß der Hinweis auf die Zubereitung der Limonade mit künstlichem Süßstoff nicht deutlich sichtbar, nicht leicht lesbar und nicht an gut sichtbarer Stelle an den Etiketten angebracht sei. Da die beklagte Partei im Verfahren die Auffassung vertreten habe, der Hinweis sei lesbar gewesen, er sei in branchenüblicher und dem Gesetz entsprechender Weise erfolgt, so daß er nicht gegen die Regeln des lauteren Wettbewerbs verstoße, und da sie schließlich ein Vorbringen über die Rückholung der mit den beanstandeten Etiketten versehenen Gebinde nicht erstattet und den Abschluß eines vollstreckbaren Unterlassungsvergleiches abgelehnt habe, liege trotz ihrer - für die Annahme des Gegenteils nicht ausreichenden - Bereitschaft, eine Unterlassungserklärung abzugeben, und der Änderung der Etiketten Wiederholungsgefahr vor.

Gegen diesen abändernden Teil der Rekursentscheidung richtet sich der Revisionsrekurs der beklagten Partei mit einem auf die Wiederherstellung des abweislichen Teiles des erstgerichtlichen Beschlusses abzielenden Abänderungsantrag.

Die klagende Partei beantragt, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig - die Frage des wettbewerbsregelenden Charakters des Paragraph 7, Abs1 der Verordnung über den Verkehr mit Süßstoff wurde vom Obersten Gerichtshof bisher noch nicht entschieden und ist von erheblicher Bedeutung im Sinne des Paragraph 502, Abs4 Ziffer eins, ZPO - ; sie ist aber nicht berechtigt. Der auf die Bezugnahme des Rekursgerichtes auf die Klagebeantwortung gest+ützte Vorwurf der Mangelhaftigkeit des Verfahrens ist schon deshalb nicht berechtigt, weil die beklagte Partei in ihrer öußerung zum Sicherungsantrag bezüglich der Bestreitung des behaupteten Verstoßes gegen den Paragraph 7, Abs1 der Verordnung über den Verkehr mit Süßstoff im wesentlichen das gleiche Vorbringen erstattet hat. Entgegen der Meinung der beklagten Partei ist der Auffassung des Rekursgerichtes über den wettbewerbsregelnden Charakter des Paragraph 7, Abs1 der Verordnung über den Verkehr mit Süßstoff (GBlÖ 1939/298) zuzustimmen. Nach dieser Vorschrift müssen die unter Verwendung von Süßstoff hergestellten Lebensmittel, wenn sie in Packungen oder Umhüllungen an den Verbraucher abgegeben werden, an einer in die Augen fallenden Stelle die deutlich sichtbare, leicht lesbare und nicht verwischbare Aufschrift 'Mit künstlichem Süßstoff zubereitet' tragen. Diese Bestimmung soll auch verhindern, daß Mitbewerber mit dem unlauteren Mittel der Irreführung, nämlich durch Unterlassung eines auf solche Art beschaffenen, deutlichen Hinweises, der für die Kaufentscheidung der Konsumenten im allgemeinen von Bedeutung ist, überflügelt werden. Die durch eine dem Bekanntmachungserfordernis der gegenständlichen Vorschrift entsprechende Kennzeichnung geförderte Versachlichung der Kaufentscheidung des einzelnen Konsumenten fördert auch die Lauterkeit im Wettbewerb vergleiche ÖBl.1976, 101, zur Lebensmittelkennzeichnungsverordnung). Auf die weiteren im Revisionsrekurs relevierten Fragen der übereinstimmung des auf den Etiketten der beklagten Partei enthaltenen und von der klagenden Partei beanstandeten Hinweises mit den Bekanntmachungserfordernissen der gegenständlichen Vorschrift sowie des Vorliegens einer Wiederholungsgefahr kann der Oberste Gerichtshof nicht eingehen. Diese auf den konkreten Einzelfall abgestellten und nur für diesen Fall bedeutsamen Fragen sind nämlich für die Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit und Rechtsentwicklung nicht von erheblicher Bedeutung (Paragraph 502, Abs4 Ziffer ,), so daß ihre Beurteilung durch das Rekursgericht vom Obersten Gerichtshof nicht überprüft werden kann. Das gleiche gilt für die Auffassung des Rekursgerichtes, der Verstoß gegen die gegenständliche Bestimmung sei der beklagten Partei im Hinblick auf ihr näher festgestelltes Verhalten bei der Etikettierung auch subjektiv vorwerfbar.

Dem Revisionsrekurs ist daher ein Erfolg zu versagen. Die Kostenentscheidung ist in den Paragraphen 78,, 393 Abs1, 402 EO, 40, 50, 52 ZPO begründet.

Anmerkung

E05994

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1985:0040OB00352.85.0709.000

Dokumentnummer

JJT_19850709_OGH0002_0040OB00352_8500000_000

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