Verwaltungsgerichtshof (VwGH)

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Entscheidungstext 1877/63

Entscheidungsart

Erkenntnis

Dokumenttyp

Entscheidungstext

Geschäftszahl

1877/63

Entscheidungsdatum

14.02.1964

Index

32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;

Norm

EStG 1953 §34 Abs3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsidenten Dr. Wasniczek und die Hofräte Dr. Schirmer, Dr. Schimetschek, Dr. Knoll und Dr. Frühwald als Richter, im Beisein des Schriftführers, Ministerialsekretärs Dr. Walter, über die Beschwerde des Ing. G und der M R in St. gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Steiermark vom 26. Juni 1963, Zl. S 29-673-I-1962, betreffend Einkommensteuer für 1960 (Einkünfte aus außerordentlicher Waldnutzung), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Die Zweitbeschwerdeführerin (im weiteren kurz mit Beschwerdeführerin bezeichnet) ist Eigentümerin einer Forstwirtschaft. 289 ha Wald liegen in F, 34 ha in E. Der Erstbeschwerdeführer (im weiteren kurz als Beschwerdeführer bezeichnet), Gatte der Zweitbeschwerdeführerin, ist in dem Forstbetrieb vollbeschäftigt mittätig. Die Beschwerdeführer wohnen in St. im eigenen Haus. In der Einkommensteuererklärung für das Jahr 1960 beantragten die Beschwerdeführer für den Überhieb, der einen Reinertrag von S 77.504 erbrachte, den ermäßigten Steuersatz für außerordentliche Waldnutzungen gemäß Paragraph 34, Absatz 3, EStG anzuwenden. Als Begründung gaben sie auf Vorhalt des Finanzamtes an, daß die Voraussetzungen nach dem Erlaß des Bundesministeriums für Finanzen vom 25. Juli 1957, Zl. 88.775-9/57, erfüllt seien. Es sei weder ein früher unterbliebener Einschlag nachgeholt worden, noch habe der Überhieb "zur Erzielung eines angemessenen Gewinnes" gedient. Nur in diesen beiden Fällen schließe der erwähnte Erlaß die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes aus.

Im vorliegenden Falle sei aber der von der Forstinspektion festgesetzte nachhaltige Hiebsatz in den früheren Wirtschaftsjahren regelmäßig überschritten worden, weil die Normalnutzung Jahr für Jahr durch die Borkenkäfergefahr und die vordringliche Aufarbeitung des Kalamitätsholzes gestört gewesen sei. Im Hinblick auf diese zwangsläufige Überschreitung des normalen Hiebsatzes könne auch nicht etwa von einer Überschlägerung zwecks Erzielung eines höheren Gewinnes die Rede sein. Es wären aber auch aus dem durch den Überhieb erzielten Geldüberschuß keine unnotwendigen zusätzlichen Geldanlagen geschaffen oder überhöhte Privatausgaben gedeckt worden. Die Beschwerdeführer hätten vielmehr die Zentralheizungsanlage in ihrem Wohnhaus einrichten müssen, weil die Heizung der Räume unzureichend und die zusätzliche Beheizung mit elektrischem Strom zu kostspielig gewesen wäre. Dem Schriftsatz war eine Aufstellung über die Entnahmen, ein Nachweis des Geldüberschusses und eine Aufgliederung des betrieblichen Aufwandes beigefügt.

Das Finanzamt versagte den beantragten ermäßigten Steuersatz. Aus dem erwähnten Erlaß könne nicht im Weg eines Umkehrschlusses ein Anspruch auf Anwendung des ermäßigten Steuersatzes abgeleitet werden.

Der Beschwerdeführer berief. Nach der Rechtsprechung des Reichsfinanzhofes werde der ermäßigte Steuersatz für den Überhieb zuerkannt, auch wenn nur ein auf privaten Gründen beruhender Zwang zur Geldbeschaffung vorgelegen sei. Zur Einrichtung der Heizanlage im Wohnhaus in St. sei ein Betrag von S 136.337 erforderlich gewesen. Es sei dadurch mehr als die Hälfte des erklärten Einkommens des Jahres 1960 (S 223.560) aufgezehrt worden. Es müßten aber auch Gewinnteile für Zwecke der Aufforstung, für Neuanschaffungen und Neuanlagen zurückgelegt werden. Nach den üblichen Absetzungen für Abnutzung sei daher für den Lebensaufwand nur ein Betrag von S 36.238 verblieben, sodaß der standesgemäße Unterhalt zum Teil aus dem Vermögen, zum Teil durch Vorgriff auf das Einkommen künftiger Jahre habe gedeckt werden müssen. Schließlich wurde darauf verwiesen, daß der erwähnte Erlaß des Bundesministeriums für Finanzen auf Grund einer Vereinbarung mit dem Wald- und Grundbesitzerverband zustandegekommen und für die Finanzbehörden verbindlich sei.

Der Berufungssenat wies die Berufung ab. Eine wirtschaftliche Zwangsläufigkeit für die außerordentliche Waldnutzung sei nicht gegeben gewesen. Selbst wenn man anerkenne, daß die Einrichtung der Zentralheizung im Wohngebäude notwendig gewesen sei, müsse festgestellt werden, daß die aus den Gewinnen der letzten Wirtschaftsjahre verbliebenen Geldmittel hiezu ausgereicht hätten. Wenn man nämlich den steuerpflichtigen Gewinnen der Wirtschaftsjahre 1957/58, 1958/59 und 1959/60 (ohne Überhieb: S 155.801) die Freibeträge gemäß Paragraph 4, Absatz 4, Ziffer 4, EStG, die AfA sowie Bestandsverminderungen hinzurechne und von dieser Summe Bestandserhöhungen und durchgeführte Investitionen abrechne, ergebe sich folgendes Bild

 

 

1957/58

 

1958/59

 

1959/60

Gewinne

S

325.497,--

S

94.433,--

S

155.801,--

Freibetrag Paragraph 4, (4) 4.

"

10.000,--

"

10.000,--

"

10.000,--

AfA

"

33.723,--

"

22.749,--

"

21.283,--

Bestandsverminderungen

"

------------

"

34.602,--

"

9.393,--

 

"

369.220,--

"

161.784,--

"

196.477,--

Bestandserhöhungen

"

51.310,--

"

--

 

--

Investitionen

"

107.600,--

"

-----------

 

------------

zugeflossene Geldmittel

S

210.310,--

S

161.784,--

S

196.477,--

in den drei Jahren zusammen:

 

 

 

 

"

568.571,--

Aus diesen Mitteln seien die Privatsteuern für die drei Jahre im Gesamtbetrage von S 102.727 zu decken sowie der Betrag von S 60.000 für die 1961 errichtete Zentralheizungsanlage zu reservieren gewesen. Der verbleibende Betrag von S 405.844 sei zweifellos für den übrigen Privataufwand einer vierköpfigen Familie einschließlich des übernommenen Unterhaltes der einkommenslosen Mutter für drei Jahre durchaus ausreichend. Es könne also keine Rede davon sein, daß die im Wirtschaftsjahr 1959/60 durchgeführte Überschlägerung, die einen zusätzlichen Reingewinn von S 77.504 erbracht habe, aus wirtschaftlichen Gründen geboten gewesen wäre.

Die Beschwerdeführer bekämpfen diesen Bescheid vor dem Verwaltungsgerichtshof wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften. Sie behaupten, daß aus den Vorjahren keine Geldmittel verfügbar gewesen seien, da für die Aufforstung und künftige Investitionen ein Betrag von S 558.000 habe zurückgelegt werden müssen und daß die normale Schlägerung nur einen Ertrag von S 123.258 erbracht habe. Für die Personensteuern, den Unterhalt der mittellosen Schwiegermutter, außerordentliche private Aufwendungen, die Erhaltung des Wohnhauses und schließlich als Teilzahlung für die Zentralheizungsanlage (S 60.000) sei insgesamt ein Betrag von S 144.252 erforderlich gewesen. Die wirtschaftliche Notwendigkeit des Überhiebes sei demnach erwiesen. Als Verfahrensmangel wird gerügt, daß den Beschwerdeführern nicht Gelegenheit gegeben worden sei, zu der in der Berufungsentscheidung aufgestellten Geldüberschußrechnung Stellung zu nehmen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:

Nach Paragraph 34, Absatz 3, EStG ist der im Absatz eins, dieser Gesetzesstelle für außerordentliche Einkünfte vorgesehene Steuersatz von 10 - 25 v. H. auch auf die Einkünfte aus außerordentlicher Waldnutzung anzuwenden, wenn ein Bestandvergleich für das stehende Holz nicht vorgenommen wird. Als außerordentliche Waldnutzung gelten ohne Unterschied der Betriebsart alle aus wirtschaftlichen Gründen gebotenen Nutzungen, die über die nach forstwirtschaftlichen Grundsätzen nachhaltig zu erzielenden, jährlichen regelmäßigen Nutzungen hinausgehen. Im vorliegenden Fall ist unbestritten, daß im Forstbetrieb der Zweitbeschwerdeführerin ein Bestandvergleich des stehenden Holzes nicht vorgenommen wird und daß der Betrag, für den der ermäßigte Steuersatz beansprucht wird, eine Waldnutzung betrifft, die über die nachhaltig zu erzielende jährliche regelmäßige Nutzung (den sogenannten normalen Hiebsatz) hinausgeht. Der Überhieb konnte aber nach dem Wortlaut des Gesetzes nur dann die Grundlage für einen ermäßigten Steuersatz bilden, wenn er aus wirtschaftlichen Gründen "geboten" war. Die Beschwerdeführer haben sich im Verwaltungsverfahren auf einen Erlaß des Bundesministeriums für Finanzen gestützt, dem sie deswegen Rechtsverbindlichkeit beimessen, weil die dort niedergelegte Regelung von dem Grund- und Waldbesitzerverband mit dem Bundesministerium für Finanzen vereinbart worden sei. Eine solche Vereinbarung vermag wohl die Verwaltungsbehörden, soweit eine entsprechende Weisung des Bundesministeriums für Finanzen an sie ergangen ist, zu binden, stellt aber keine allgemein verbindliche Rechtsnorm dar vergleiche das in einem ähnlichen Zusammenhang ergangene hg. Erkenntnis vom 12. Juli 1957, Zl. 1783/55). Abgesehen davon kann daraus, daß die beiden in dem Erlaß genannten Fälle, in denen die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes ausgeschlossen wird, hier nicht vorliegen, keineswegs abgeleitet werden, es sei die Voraussetzung für die Besteuerung nach dem ermäßigten Steuersatz gegeben. Schon das Finanzamt hat einen solchen Gegenschluß mit Recht abgelehnt. Aber auch der angefochtene Bescheid hält die vom Gesetz verlangte wirtschaftliche Zwangsläufigkeit zutreffenderweise nicht für gegeben. Es entspricht wohl den allgemeinen Grundsätzen einer ordnungsmäßigen Wirtschaftsführung, eine entsprechende Reserve an eigenen Mitteln bereit zu halten, um wichtige wirtschaftliche Aufgaben erfüllen zu können. So z.B. in einem Forstbetrieb, um Aufforstungen durchzuführen, Holzförderungsanlagen zu schaffen oder zu rationalisieren usw. Demgegenüber müssen Aufwendungen, die nicht mit der Erhaltung oder der Rationalisierung des Forstbetriebes zusammenhängen, bei einer ordnungsmäßigen Wirtschaftsführung zurücktreten. Auf die Waldsubstanz soll nur in dem Fall eines unvermeidlichen Geldbedarfes zurückgegriffen werden. Eine steuerliche Begünstigung des Überhiebes kann daher nur dann in Frage kommen, wenn er der Beschaffung von Geldmitteln zu dienen bestimmt ist, die für den Forstbetrieb selbst dringend notwendig sind vergleiche das Erkenntnis vom 27. Februar 1959, Zl. 447/58, Slg. Nr. 1970/F) oder vom Forstwirt aus zwingenden Gründen sonst aufgebracht werden müssen, um schwerwiegende wirtschaftliche oder persönliche Nachteile von ihm oder seiner Familie abzuwenden. Nun mag die Einrichtung einer Zentralheizung im Wohnhaus der Beschwerdeführer vielleicht zweckmäßig erschienen sein, der Beschwerdeführer hat jedoch nicht glaubhaft machen können, daß sie wirtschaftlich unvermeidbar war. Außerdem kann der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie folgert, daß auf Grund der verhältnismäßig hohen Einkünfte der Beschwerdeführer im streitgegenständlichen Wirtschaftsjahr und in den Vorjahren keine Notwendigkeit bestanden habe, diese Investition zu Lasten des Waldbestandes vorzunehmen, da sie bei einer halbwegs vernünftigen Wirtschaftsplanung auch durch entsprechende Einsparungen hätte gedeckt werden können. Der Einwand der Beschwerde, es seien aus den Vorjahren keine flüssigen Mittel mehr vorhanden, ist in diesem Zusammenhang unerheblich und könnte nur gegen eine zweckmäßige Wirtschaftsführung der Beschwerdeführer, nicht aber für die Notwendigkeit eines Überhiebes aus wirtschaftlichen Gründen sprechen.

Schließlich kann der Umstand, daß die Geldverwendungsrechnung der belangten Behörde den Beschwerdeführern nicht vorher vorgehalten wurde, keinen wesentlichen Verfahrensmangel bedeuten, da sie in der Hauptsache auf einem Ziffernmateriale beruht, das aus den Steuererklärungen der Beschwerdeführer selbst entnommen wurde bzw. im Veranlagungsverfahren rechtskräftig festgestellt erscheint.

Da also vorliegend in der Umstellung der Beheizung eines Wohnhauses der Beschwerdeführer auf eine Zentralheizungsanlage mit Recht kein Grund erblickt werden konnte, der den Überhieb als "wirtschaftlich geboten" erscheinen ließ, war die Beschwerde gemäß Paragraph 42, Absatz eins, VwGG 1952 als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 14. Februar 1964

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1964:1963001877.X00

Im RIS seit

03.08.2001

Zuletzt aktualisiert am

06.10.2011

Dokumentnummer

JWT_1963001877_19640214X00

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