Bundesverwaltungsgericht (BVwG)

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Entscheidungstext W236 2138621-1

Dokumenttyp

Entscheidungstext

Entscheidungsart

Erkenntnis

Geschäftszahl

W236 2138621-1

Entscheidungsdatum

24.10.2017

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §8 Abs1 Z1
AsylG 2005 §8 Abs4
B-VG Art.133 Abs4
  1. AsylG 2005 § 8 heute
  2. AsylG 2005 § 8 gültig von 01.11.2017 bis 31.10.2017 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 84/2017
  3. AsylG 2005 § 8 gültig ab 01.11.2017 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 145/2017
  4. AsylG 2005 § 8 gültig von 01.01.2014 bis 31.10.2017 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 68/2013
  5. AsylG 2005 § 8 gültig von 01.01.2014 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 87/2012
  6. AsylG 2005 § 8 gültig von 01.01.2010 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 122/2009
  7. AsylG 2005 § 8 gültig von 01.01.2006 bis 31.12.2009
  1. AsylG 2005 § 8 heute
  2. AsylG 2005 § 8 gültig von 01.11.2017 bis 31.10.2017 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 84/2017
  3. AsylG 2005 § 8 gültig ab 01.11.2017 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 145/2017
  4. AsylG 2005 § 8 gültig von 01.01.2014 bis 31.10.2017 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 68/2013
  5. AsylG 2005 § 8 gültig von 01.01.2014 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 87/2012
  6. AsylG 2005 § 8 gültig von 01.01.2010 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 122/2009
  7. AsylG 2005 § 8 gültig von 01.01.2006 bis 31.12.2009

Spruch

W236 2138621-1/17E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Lena BINDER als Einzelrichterin über die Beschwerde von römisch XXXX , geb. römisch XXXX , StA. Somalia, vertreten durch Rechtsanwalt Edward W. DAIGNEAULT, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 06.10.2016, Zl. 1066032410-150416897/BMI-BFA_BGLD_RD, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 27.09.2017 zu Recht:

A)

römisch eins. Die Beschwerde wird gemäß Paragraph 3, Absatz eins, Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 100 aus 2005,, hinsichtlich des Spruchpunktes römisch eins. des angefochtenen Bescheides als unbegründet abgewiesen.

römisch II. Hinsichtlich des Spruchpunktes römisch II. des angefochtenen Bescheides wird der Beschwerde stattgegeben und römisch XXXX gemäß Paragraph 8, Absatz eins, Ziffer eins, AsylG 2005 der Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Somalia zuerkannt.

römisch III. Gemäß Paragraph 8, Absatz 4, AsylG 2005 wird römisch XXXX eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter bis zum 24.10.2018 erteilt.

B)

Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

römisch eins. Verfahrensgang:

1. Die Beschwerdeführerin, eine Staatsangehörige Somalias, stellte am 24.04.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz.

2. Im Zuge ihrer Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 24.04.2015 machte die Beschwerdeführerin im Wesentlichen geltend, aus römisch XXXX in Somalia zu stammen und dem Clan der Abgaal anzugehören. In Somalia leben noch ihr Ehemann sowie fünf Brüder und vier Schwestern. Somalia habe sie bereits am 01.01.2010 verlassen. Sie habe fünf Jahre im Sudan gelebt und sei von dort aus dann nach Europa geflüchtet. Somalia habe sie verlassen, da die allgemeine Lage katastrophal sei, ihre Eltern im Bürgerkrieg verstorben seien und sie Angst gehabt habe, auch im Bürgerkrieg zu sterben.

3. Am 29.08.2016 wurde die Beschwerdeführerin vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl niederschriftlich einvernommen. Sie machte zunächst zu ihren Familienangehörigen in Somalia befragt geltend, dass sie zwei Schwestern und zwei Halbschwestern sowie drei Brüder und zwei Halbbrüder habe. Alle würden in Mogadischu im Bezirk römisch XXXX leben. Ihre Eltern seien bereits verstorben. Ihr Ehemann lebe ebenfalls in Mogadischu im Bezirk römisch XXXX . Sie habe seit ihrer Geburt bis zu ihrer Ausreise in römisch XXXX gelebt. Lediglich die letzten vier Tage vor ihrer Flucht habe sie in Mogadischu im Bezirk römisch XXXX gewohnt. Mogadischu habe sie im Jänner 2010 verlassen. Sie habe im Juni 2009 ihren Mann traditionell geheiratet, ihr Mann lebe seit Juli 2009 in Mogadischu und sei dort Polizist.

Nach Rückfrage, zu welcher Region römisch XXXX gehöre, gab die Beschwerdeführerin plötzlich an, dass sie nicht in römisch XXXX sondern in einem kleinen Dorf namens römisch XXXX gelebt und noch nie in römisch XXXX gewesen sei. Der Dolmetscher habe in der Erstbefragung einfach römisch XXXX geschrieben, sie habe römisch XXXX gesagt.

Hinsichtlich ihrer Fluchtgründe machte die Beschwerdeführerin zunächst geltend, dass sie Somalia verlassen habe, da sie ein kleines Restaurant gehabt habe und ihr Mann Polizist gewesen sei. Al Shabaab sei zu ihr gekommen und habe ihr vorgeworfen, dass ihr Ehemann ein Spion sei. Al Shabaab hätten im Juli 2009 auch ihre Mutter und im August 2009 ihren Vater getötet. Die Beschwerdeführerin selbst sei von der Al Shabaab festgenommen und vier Monate festgehalten worden. Sie sei von einem Mann der Al Shabaab auch vergewaltigt worden.

Nach mehrmaligen Nachfragen ergab sich folgende Fluchtgeschichte der Beschwerdeführerin: Anfang Juli 2009 habe es einen Handgranatenanschlag auf ihr Restaurant gegeben, bei dem ihre Mutter verstorben sei. Die Beschwerdeführerin selbst sei zu diesem Zeitpunkt gerade im Supermarkt gewesen. Ihr Vater sei im August 2009 – ein paar Wochen vor ihrer Festnahme – zu Hause von der Al Shabaab erschossen worden. Ende August 2009, einen Monat nach dem Tod ihrer Mutter, sei die Beschwerdeführerin schließlich von 12 Männern der Al Shabaab in ihrem Restaurant festgenommen (später korrigierte die Beschwerdeführerin diese Angabe dahingehend, dass sie zu Hause festgenommen worden sei) und in ein drei km weit entferntes Zeltlager gebracht worden. Dort seien auch noch viele andere Frauen festgehalten worden. Sie sei dort täglich von dem gleichen Mann vergewaltigt worden. Da die Al Shabaab dann mit einer anderen Gruppe gestritten habe – sie wisse nicht ob mit der Polizei oder dem Militär –, habe sie aus diesem Zeltlager entkommen können. Sie sei daraufhin mit dem Bus direkt nach Mogadischu gefahren und habe dort vier Tage bei Bekannten gewohnt, da ihr Ehemann erst nach ihrer Ausreise nach Mogadischu gegangen sei.

4. Mit dem o.a. Bescheid vom 06.10.2016, Zl. 1066032410-150416897/BMI-BFA_BGLD_RD, wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß Paragraph 3, Absatz eins, AsylG 2005 (Spruchpunkt römisch eins.) als auch bezüglich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf ihren Herkunftsstaat Somalia gemäß Paragraph 8, Absatz eins, AsylG 2005 ab (Spruchpunkt römisch II.) und erteilte der Beschwerdeführerin keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß Paragraph 57, AsylG 2005. Gemäß Paragraph 10, Absatz eins, Ziffer 3, AsylG 2005 in Verbindung mit Paragraph 9, BFA-VG wurde gegen die Beschwerdeführerin eine Rückkehrentscheidung gemäß Paragraph 52, Absatz 2, Ziffer 2, FPG erlassen und gemäß Paragraph 52, Absatz 9, FPG festgestellt, dass ihre Abschiebung gemäß Paragraph 46, FPG nach Somalia zulässig sei (Spruchpunkt römisch III.). Gemäß Paragraph 55, Absatz eins bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt römisch IV.). Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Angaben der Beschwerdeführerin äußerst widersprüchlich gewesen seien und sie nicht einmal in der Lage gewesen sei, die Fluchtgeschichte zeitlich chronologisch richtig einzuordnen. Zweifel werden zudem an der Herkunft der Beschwerdeführerin aus römisch XXXX bzw. römisch XXXX gehegt, da die Beschwerdeführerin sowohl in ihrer Erstbefragung als auch zu Beginn ihrer Einvernahme vor dem Bundesamt angegeben habe, aus römisch XXXX zu stammen und dort auch ein Restaurant besessen zu haben. Erst im Laufe der Einvernahme habe sie plötzlich angegeben, aus römisch XXXX zu stammen. Da die Beschwerdeführerin zudem in der Lage war, einen Bezirk in Mogadischu konkret zu nennen, obwohl sie sich dort nur vier Tage aufgehalten haben will und Analphabetin sei, und zudem alle ihre Geschwister in Mogadischu leben, gehe das Bundesamt davon aus, dass auch die Beschwerdeführerin aus Mogadischu stamme. Das gesamte Vorbringen der Beschwerdeführerin sei somit nicht glaubhaft gewesen, weswegen nicht davon ausgegangen werden könne, sie sei in Somalia einer asylrelevanten Verfolgung ausgesetzt (gewesen). Hinsichtlich der Abweisung des Status der subsidiär Schutzberechtigten wurde neben seitenweisen textbausteinartigen Ausführungen den konkreten Fall der Beschwerdeführerin betreffend lediglich angeführt, dass diese als junge, gesunde und arbeitsfähige Frau, bei welcher die grundsätzliche Teilnahmemöglichkeit am Erwerbsleben vorausgesetzt werden könne, im Falle der Rückkehr in der Lage sei, für ihre notwendigsten Lebensbedürfnisse aufzukommen. Nach Ansicht des Bundesamtes verfüge die Beschwerdeführerin in Mogadischu noch über familiäre Anknüpfungspunkte; sie sei mit den dortigen Gepflogenheiten vertraut. Da sich aus den Länderberichten auch ergebe, dass sich die Sicherheitslage in Mogadischu verbessert habe, stehe einer Rückkehr der Beschwerdeführerin keine Verletzung von Artikel 3, EMRK entgegen. Ein schützenswertes Privat- oder Familienleben der Beschwerdeführerin bestehe in Österreich nicht.

5. Gegen den Bescheid vom 06.10.2016 erhob die Beschwerdeführerin am 20.10.2016 fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung gröbster Verfahrensmängel. Darin wird im Wesentlichen die Fluchtgeschichte der Beschwerdeführerin wiederholt und ausgeführt, dass es sich bei der Beschwerdeführerin aufgrund der monatelangen Inhaftierung und der zahlreichen Vergewaltigungen um einen traumatisierte Frau handelt, der es nicht möglich sei, sich an sämtliche Details zu erinnern. Sie beantrage daher eine ärztliche Begutachtung zu der ihr angetanen Gewalt.

Unter Zitierung von Berichten wird zudem auf die prekäre Lage von Frauen in Somalia hingewiesen und ausgeführt, dass diese keine Schutzmöglichkeit in Somalia bekämen, vielmehr nach einer Vergewaltigung gebrandmarkt seien und von der Gesellschaft ausgeschlossen würden. Ihr sei daher der Status der Asylberechtigten zuzuerkennen.

6. Am 27.09.2017 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung statt, an welcher die Beschwerdeführerin, ihr Rechtsvertreter, eine Dolmetscherin für die somalische Sprache sowie ein Vertreter der belangten Behörde teilnahmen. In dieser Verhandlung wurde die Beschwerdeführerin ausführlich zu ihrem Gesundheitszustand, ihrem Leben in Somalia und zu ihrem Fluchtvorbringen befragt.

7. Am 10.10.2017 langte eine Stellungnahme der Beschwerdeführerin beim Bundesverwaltungsgericht ein, in welcher diese unter Verweis auf entsprechende Länderberichte die Glaubhaftigkeit ihres Fluchtvorbringens bekräftigt sowie neuerlich auf die schlechte Sicherheitslage sowie die bestehende Dürresituation in Somalia und Mogadischu verweist. Weiters legte die Beschwerdeführerin einen Arztbrief eines Krankenhauses vor (wobei nur die Seite zwei dieses Briefes übermittelt wurde), aus welchem sich ergibt, dass die Beschwerdeführerin an einer Menometrorrhagia gravis – rez. Anämia gravis litt und am 06.10.2016 einer Curettage unterzogen wurde, die unkompliziert verlief.

8. Am 11.10.2017 langte beim Bundesverwaltungsgericht eine Stellungnahme der belangten Behörde ein, in welcher unter Anführung einer extra eingeholten Anfragebeantwortung der Staatendokumentation zu den Machtverhältnissen in römisch XXXX (Al Shabaab habe bereits seit dem Jahr 2008 die Macht in römisch XXXX gehabt, die Angaben der Beschwerdeführerin entsprechen daher weder der Wahrheit noch sei es möglich, dass diese bis ins Jahr 2009 als Frau ein Restaurant geführt habe) und unter Verweis auf die oberflächlichen und widersprüchlichen Angaben der Beschwerdeführerin neuerlich auf die Unglaubhaftigkeit ihrer Angaben hingewiesen und ausgeführt wird, dass die belangte Behörde nach wie vor davon ausgehe, dass die Beschwerdeführerin aus Mogadischu stamme, dort über Familie verfüge und daher im Falle der Rückkehr weder als alleinstehend noch als IDP zu betrachten sei. Es werde daher die Abweisung der Beschwerde beantragt.

9. Auf die Stellungnahme der belangten Behörde replizierte die Beschwerdeführerin in einer weiteren Stellungnahme vom 16.10.2017, in welcher neuerlich auf die erlittene Traumatisierung der Beschwerdeführerin hingewiesen und ein psychologisches Gutachten beantragt wird. Weiters wird auf die Gefahr einer drohenden Reinfibulation der Beschwerdeführerin im Falle der Rückkehr verwiesen, weswegen dieser jedenfalls der Status der Asylberechtigten zuzuerkennen sei.

römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der entscheidungsrelevante Sachverhalt steht fest. Aufgrund des Antrags auf internationalen Schutz vom 24.04.2015, der Einvernahmen der Beschwerdeführerin durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 24.04.2015, durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 29.08.2016, aufgrund des Bescheids vom 06.10.2016, der dagegen erhobenen Beschwerde vom 20.10.2016, der Stellungnahmen der Beschwerdeführerin vom 10.10.2017 und vom 16.10.2017, der Stellungnahme der belangten Behörde vom 11.10.2017, der Einsichtnahme in den bezughabenden Verwaltungsakt, der Einsichtnahmen in das zentrale Melderegister, in das Grundversorgungs-Informationssystem, in das Strafregister sowie insbesondere auf Grundlage der vor dem Bundesverwaltungsgericht durchgeführten mündlichen Verhandlung am 27.09.2017 wurden die folgenden Feststellungen getroffen und der Entscheidung zugrunde gelegt:

1.1. Zum Verfahrensgang:

Die Beschwerdeführerin stellte am 24.04.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz, der mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 06.10.2016, Zl. 1066032410-150416897/BMI-BFA_BGLD_RD, sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten als auch bezüglich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Somalia abgewiesen wurde. Gleichzeitig wurde der Beschwerdeführerin kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen zuerkannt und gegen diese eine Rückkehrentscheidung erlassen. Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin fristgerecht Beschwerde.

1.2. Zur Beschwerdeführerin und ihrem Fluchtvorbringen:

Die Beschwerdeführerin ist Staatsangehörige Somalias. Ihre Identität steht mangels Vorlage eines unbedenklichen Identitätsdokumentes nicht fest. Die Beschwerdeführerin gehört dem Clan der Hawiye, Subclan Abgaal, Subsubclan römisch XXXX an.

Die Beschwerdeführerin verließ Somalia bereits im Jänner 2010 und verbrachte fünf Jahre im Sudan, ehe sie sich auf die Reise nach Europa aufmachte.

Die konkrete Herkunftsregion der Beschwerdeführerin in Süd-/Zentralsomalia kann nicht festgestellt werden. Ebenso kann nicht festgestellt werden, ob die Beschwerdeführerin in Somalia noch über familiäre Anknüpfungspunkte verfügt.

Die Beschwerdeführerin ist gesund und in Österreich strafgerichtlich unbescholten.

Es konnte nicht festgestellt werden, dass die Beschwerdeführerin in Somalia mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgungshandlungen zu gegenwärtigen hätte. Der von der Beschwerdeführerin vorgebrachte Fluchtgrund wird der Entscheidung nicht zugrunde gelegt. Es wird nicht festgestellt, dass die Mutter der Beschwerdeführerin im Sommer 2009 bei einem Bombenanschlag auf ihr Restaurant getötet wurde. Weiters wird nicht festgestellt, dass die Beschwerdeführerin im Sommer 2009 von der Al Shabaab mitgenommen wurde, im Zuge dieser Mitnahme der Vater der Beschwerdeführerin erschossen und die Beschwerdeführerin für vier Monate von der Al Shabaab in einem Zeltlager inhaftiert sowie dort vergewaltigt und misshandelt wurde.

Festgestellt wird, dass der Beschwerdeführerin im Falle einer Rückkehr nach Somalia ein Eingriff in ihre körperliche Unversehrtheit drohen würde. Sie liefe Gefahr, grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft nicht befriedigen zu können und in eine ausweglose bzw. existenzbedrohende Situation zu geraten. Dies vor allem unter dem Aspekt der anhaltenden instabilen und prekären Sicherheits- und Menschenrechtslage in Somalia, sowie aufgrund der schwierigen allgemeinen Versorgungslage wegen der seit Monaten bestehenden Dürresituation, die in weiten Landesteilen bereits ein sehr ernst zu nehmendes Ausmaß erreicht hat.

1.3. Zur maßgeblichen Situation in Somalia

Das Bundesverwaltungsgericht brachte folgende Berichte und Informationen in das Verfahren ein und stellte sie den Parteien zur Wahrung des Parteiengehörs im Laufe des Verfahrens zur Verfügung:

  • Strichaufzählung
    Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Somalia (April 2016, samt eingefügter Kurzinformation vom 13.02.2017);

  • Strichaufzählung
    in das Länderinformationsblatt der Staatendokumentation eingefügte Kurzinformation vom 27.06.2017, "Update zur Dürre-Situation";

  • Strichaufzählung
    Fact Finding Mission Report Somalia (Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl – Schweizerisches Staatssekretariat für Migration SEM):
    Sicherheitslage in Somalia, Bericht zur österreichisch-schweizerischen FFM, August 2017;

  • Strichaufzählung
    ACCORD Anfragebeantwortung zu Somalia: Lage von Angehörigen der Abgaal in Bosasso, Puntland vom 24.04.2015;

  • Strichaufzählung
    Fact Finding Mission Report Somalia (Schweizerisches Staatssekretariat für Migration SEM): Clans und Minderheiten, 31.05.2017;

  • Strichaufzählung
    Anfragebeantwortung der Staatendokumentation, Somalia: Versorgung mit Grundnahrungsmitteln in Mogadischu vom 07.06.2017;

  • Strichaufzählung
    UK Home Office, Country Information and Guidance, Somalia: Women fearing gender-based harm and violence vom 02.08.2016;

  • Strichaufzählung
    ACCORD Anfragebeantwortung zu Somalia: Kontrolle der Al Shabaab in römisch XXXX vom 02.01.2012;

  • Strichaufzählung
    OCHA, Humanitarian Bulletin, Somalia, November 2016 | Issued on 28 November 2016, "Drought worsens humanitarian situation”;

  • Strichaufzählung
    OCHA, Humanitarian Bulletin, December 2016 | Issued on 30 December 2016, "Drought conditions expanding”;

  • Strichaufzählung
    OCHA, Humanitarian Bulletin, February 2017 | Issued on 7 March 2017, "Somalia declares drought a national disaster”;

  • Strichaufzählung
    OCHA, Humanitarian Bulletin, March 2017 | Issued on 31 March 2017, "Drought conditions rapidly worsening”;

  • Strichaufzählung
    OCHA, Humanitarian Bulletin, May 2017 | Issued on 2 June 2017, "Humanitarian situation continues to deteriorate”;

  • Strichaufzählung
    OCHA, Humanitarian Bulletin, June 2017 | Issued on 5 July 2017, "Drought persists amid poor Gu rainfall”.

  • Strichaufzählung
    OCHA, Humanitarian Bulletin, July 2017 | Issued on 31 July 2017, "Drought conditions to continue until Deyr season”.

Aus diesen Länderberichten werden folgende Feststellungen getroffen:

1.3.1. Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Somalia, Stand April 2016, samt eingefügter Kurzinformation vom 27.06.2017:

1.3.1.1. Dürrekatastrophe

a) Situation Ende 2016

Die humanitäre Lage in Somalia bleibt prekär. Etwa 38 Prozent der Bevölkerung sind auf Unterstützung angewiesen, eine Million Menschen können ihren grundlegenden Nahrungsbedarf nicht decken. 305.000 Kinder unter fünf Jahren sind akut unterernährt. Zwischen Jänner und Juni wurden ca. 490.000 Menschen mit Nahrungsmittelhilfe versorgt, 125.000 Kinder konnten wegen akuter Unterernährung behandelt werden (UNSC 6.9.2016). UNOCHA stellt hinsichtlich Nahrungsmittelsicherheit nebenstehende aktuelle Karte zur Verfügung (UNOCHA 9.9.2016).

Das Klimaphänomen El Niño führte in Somaliland und in Puntland zu Dürre. Dort sind 385.000 Menschen akut von Nahrungsmittelunsicherheit bedroht, weitere 1,3 Millionen Menschen sind dem Risiko ausgesetzt, ohne Unterstützung in eine akute Bedrohung abzugleiten (UNSC 6.9.2016; vergleiche UNOCHA 1.9.2016). In Süd-/Zentralsomalia brachte El Niño hingegen schwere Regenfälle und teilweise Überschwemmungen (UNOCHA 1.9.2016).

Die Regenzeit Gu (März-Juni) brachte für Puntland und Somaliland zwar eine teilweise Entlastung; doch wird für den Zeitraum Juli-Dezember 2016 wieder eine Erhöhung der Nahrungsmittelunsicherheit erwartet (UNSC 6.9.2016). Für eine nachhaltige Besserung bedarf es mehr als nur einer guten Regenzeit. Prognosen zufolge könnte sich die Situation durch das nachfolgende Wetterphänomen La Niña weiter verschärfen. So bietet auch die Nahrungsmittelsicherheit in Süd-/Zentralsomalia zunehmend Grund zur Sorge. Derzeit sind also – v.a. im Norden – noch die Auswirkungen von El Niño zu spüren, während aufgrund von La Niña eine schlechte Deyr-Regenzeit (Oktober-Dezember) erwartet wird. Die schwere Hungersnot der Jahre 2011/2012 war durch La Niña verursacht worden (UNOCHA 1.9.2016).

Quellen:

  • Strichaufzählung
    UNOCHA - UN Office for the Coordination of Humanitarian Affairs (9.9.2016): Somalia – Humanitarian Snapshot, http://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/Somalia%20Humanitarian%20Snapshot%20-%20September%202016.pdf, Zugriff 20.9.2016 - 49 -

  • Strichaufzählung
    UNOCHA - UN Office for the Coordination of Humanitarian Affairs (1.9.2016): Humanitarian Bulletin Somalia, August 2016, http://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/August%202016%20Somalia%20Humanitarian%20Bulletin.pdf, Zugriff 20.9.2016

  • Strichaufzählung
    UNSC - UN Security Council (6.9.2016): Report of the Secretary-General on Somalia [S/2016/763], http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1473923936_n1627603.pdf, Zugriff 20.9.2016

b) Situation Frühjahr 2017

Nach einer schwachen Gu-Regenzeit im Jahr 2016 blieben auch die Regenfälle der Deyr-Regenzeit Ende 2016 aus. Von der Nahrungsversorgungsunsicherheit am schlimmsten betroffen sind landwirtschaftlich genutzte Gebiete im Süden und nomadisch genutzte Gebiete im Nordosten des Landes (FEWSNET 16.1.2017). Alleine im sogenannten South-West-State sind 820.000 Menschen dringend auf humanitäre Hilfe angewiesen. Viele suchen in größeren Städten nach Hilfe. Der Gouverneur der Region Bay schätzt, dass bereits rund 3.000 Familien aus ländlichen Gebieten nach Baidoa geflohen sind (UNSOM 16.1.2017). Dabei ziehen Nahrungsmittelpreise an: Der Preis für Mais liegt in Qoryooley 51% über dem Fünfjahresmittel; für Sorghum in Baidoa um 88% darüber (FEWSNET 16.1.2017).

Die humanitäre Situation in Somalia ist zunehmend fragil. Fünf Millionen Menschen sind auf humanitäre Hilfe angewiesen (UNOCHA 12.1.2017; vergleiche UNSOM 16.1.2017) und leiden unter Nahrungsversorgungsunsicherheit (FAO 20.12.2016). 3,9 Millionen davon gelten als "stressed", 1,1 Millionen Menschen leiden unter akuter Nahrungsversorgungsunsicherheit (acutely food insecure) (UNOCHA 12.1.2017) und befinden sich auf den IPC-Stufen drei (Krise) und 4 (Not/Emergency). Alleine im zweiten Halbjahr 2016 hat die Zahl um 20% zugenommen. Prognosen lassen erwarten, dass die Zahl der akut Bedrohten im ersten Halbjahr 2017 um eine weitere Viertelmillion zunehmen wird. Ähnliche Bedingungen hatten im Jahr 2011 zu einer Hungersnot und Hungertoten geführt (FAO 20.12.2016). Folglich fahren humanitäre Organisationen ihre lebensrettenden Maßnahmen hoch, angesammelte Fonds werden angezapft (UNOCHA 12.1.2017).

Eine Entschärfung der Situation ist in rein nomadisch genutzten Gebieten nicht für Mai/Juni zu erwarten; in agro-pastoral genutzten Gebieten nicht vor Juni/Juli. Im schlimmsten anzunehmenden Szenario bleibt auch die Gu-Regenzeit des Jahres 2017 – wie gegenwärtig prognostiziert – schwach und in der Folge sinkt die Kaufkraft auf das Niveau der Jahre 2010/2011. Reicht dann die humanitäre Hilfe nicht aus, wird eine Hungersnot (IPC 5) die Folge sein (FEWSNET 16.1.2017). Bereits jetzt werden vereinzelt Hungertote aus den Regionen Bay (UNSOM 16.1.2017) und Gedo gemeldet (SMN 15.1.2017).

Quellen:

  • Strichaufzählung
    FAO – Food and Agriculture Organization of the United Nations (20.12.2016): With continued drought, Horn of Africa braces for another hunger season,
http://reliefweb.int/report/somalia/continued-drought-horn-africa-braces-another-hunger-season, Zugriff 19.1.2017

  • Strichaufzählung
    FEWSNET – Famine Early Warning Systems Network (16.1.2017): Severe drought, rising prices, continued access limitations, and dry forecasts suggest Famine is possible in 2017, http://www.fews.net/east-africa/somalia/alert/january-16-2017, Zugriff 19.1.2017

  • Strichaufzählung
    SMN – Shabelle Media Network (15.1.2017): A Mother and her kids die of hunger in Gedo,
http://allafrica.com/stories/201701160709.html, Zugriff 19.1.2017

  • Strichaufzählung
    UNOCHA - UN Office for the Coordination of Humanitarian Affairs (12.1.2017): Somalia: Humanitarian Snapshot (as of 12 January 2017), http://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/somalia_humanitarian_snapshot_-_january_2017.pdf, Zugriff 19.1.2017

  • Strichaufzählung
    UNSOM – UN Assistance Mission to Somalia (16.1.2017): Deputy SRSG de Clercq assesses humanitarian crisis in Somalia’s South West state,
http://reliefweb.int/report/somalia/deputy-srsg-de-clercq-assesses-humanitarian-crisis-somalia-s-south-west-state, Zugriff 19.1.2017

c) Situation Juni 2017

Nachdem über zwei Jahre beide Regenzeiten (Deyr und Gu) ausgeblieben sind, hat sich in Somalia eine humanitäre Katastrophe entwickelt. Das System von Subsistenz-Landwirtschaften in den Flussgebieten von Shabelle und Juba ist teilweise zusammengebrochen; die Preise für Grundnahrungsmittel haben sich verdoppelt; und Millionen Stück Vieh sind verendet (ICG 9.5.2017). Die Behörden Somalilands sprechen von 80% Verlusten beim Viehbestand (BBC 11.5.2017; vergleiche TG 24.5.2017), andere Schätzungen sprechen von 50%. Der Außenminister Somalilands gibt an: "Es gab hier schon immer Dürreperioden, aber nur alle zehn Jahre. Jetzt haben wir sie schon alle zwei Jahre. Und die Dürre in diesem Jahr ist die schlimmste Dürre, die wir in Ostafrika jemals hatten." (TG 24.5.2017)

In vielen Städten Süd-/Zentralsomalias sind Nahrungsmittel für IDPs und sehr arme Bevölkerungsteile kaum mehr leistbar (ICG 9.5.2017). Die Dürresituation hält vor allem im Südwesten Somalias weiter an, dort bleibt die Angst vor einer Hungersnot bestehen. In den nördlichen und zentralen Teilen des Landes hat der teils durchschnittliche, teils überdurchschnittliche Regen im Jahr 2017 zur verbesserten Weide- und Wasserlage beigetragen (UNFPA 14.6.2017).

Dafür ist eine massive Hilfsoperation angelaufen, an der zahlreiche ausländische und lokale NGOs beteiligt sind (ICG 9.5.2017). Dank der großzügigen Ressourcen, die von Gebern zur Verfügung gestellt worden sind, konnten nationale und internationale NGOs sowie UN-Agenturen ihre humanitäre Unterstützung in ganz Somalia massiv nach oben fahren. Dabei wird mit den Behörden zusammengearbeitet. In Mogadischu, Baidoa und Garoowe wurden Koordinierungszentren eingerichtet (UNSC 9.5.2017). Koordinierung und Management der Operationen sind angesichts der Fehler in der Vergangenheit (2011) stark verbessert worden (ICG 9.5.2017). Die internationale Unterstützung erfolgte relativ rasch, die Anstrengungen sind besser koordiniert. Auch auf nationaler Ebene wurde reagiert und geholfen. Die Regierung hat Anstrengungen unternommen, selbst Studenten wurden ermutigt, jeweils 10 USD zu spenden. Firmen und Wirtschaftstreibende haben signifikant zu den Hilfskampagnen beigetragen (ICG 9.5.2017).

Die Zahl der Menschen, die durch die Operationen zur Verbesserung des Zugangs zu Nahrungsmitteln erreicht werden, hat sich von 1,1 Millionen im Februar 2017 auf 1,7 Millionen erhöht. Alleine im März konnten 332.000 Kinder von Ernährungsleistungen profitieren. Darunter waren 69.000 schwer unterernährte Kinder unter 5 Jahren. Auch die Versorgung mit sicherem Trinkwasser wurde hochgefahren. Dabei wurden zwischen Jänner und März 2017 knapp 1.150.000 Menschen erreicht. Allein im Februar hat sich die Zahl der Erreichten verdoppelt (UNSC 9.5.2017).

Rund 50% der gewährleisteten Hilfe wurde in Geld geleistet. Damit werden Märkte stabilisiert, wurde das schnelle Hochfahren der Unterstützung gewährleistet, wurden Menschen auch in entlegenen Gebieten erreicht und wurde das Risiko der Plünderung von humanitären Hilfsgütern minimiert (UNSC 9.5.2017). Außerdem ist diese Form der Hilfeleistung billiger. Gelder werden über Mobilfunksysteme ausbezahlt (ICG 9.5.2017).

Trotz aller Bemühungen wurden die gesetzten Ziele aber nicht erreicht, die humanitäre Lage verschlechtert sich weiter. Das Risiko einer Hungersnot besteht weiterhin. 6,2 Millionen Menschen sind akut von Nahrungsmittelknappheit betroffen, 3 Millionen brauchen lebenserhaltende Unterstützung (UNSC 9.5.2017). Seit November 2016 verließen über 740.000 Menschen aufgrund der Dürre ihre Heimatgebiete, darunter 480.000 unter 18jährige (UNHCR 31.5.2017). Aus manchen Regionen wurden Hungertote gemeldet – etwa aus Bay (BBC 4.3.2017).

Einige Schwierigkeiten, die schon im Jahr 2011 vorherrschten, bestehen auch weiterhin. Unsicherheit und mangelnder Zugang zu Hilfsgütern sind problematisch (ICG 9.5.2017). Vor allem in Süd-/Zentralsomalia hindert die schlechte Sicherheitslage Menschen manchmal am Zugang zu humanitärer Hilfe (UNSC 9.5.2017). Dabei ist Süd-/Zentralsomalia wieder das Epizentrum der humanitären Krise. Diese wird dort durch lokale Clan-Konflikte und al Shabaab noch verschärft (ICG 9.5.2017).

Dahingegen waren zwar auch Teile ("pockets") von Somaliland und Puntland schwer von der Dürre betroffen. Dort ist die Situation aber bei weitem weniger schlecht als im Süden (ICG 9.5.2017).

Überhaupt variiert die Abdeckung mit internationaler humanitärer Unterstützung regional. Die meisten Gebiete in Somaliland und Puntland sind besser abgedeckt, die Möglichkeiten in Süd-/Zentralsomalia mehr eingeschränkt (ICG 9.5.2017).

Quellen:

  • Strichaufzählung
    BBC (11.5.2017): How do you solve a problem like Somalia? http://www.bbc.com/news/world-africa-39855735, Zugriff 27.6.2017

  • Strichaufzählung
    BBC (4.3.2017): Somalia drought – More than 100 die from hunger in one region, http://www.bbc.com/news/world-africa-39166746, Zugriff 27.6.2017

  • Strichaufzählung
    ICG – International Crisis Group (): Instruments of Pain (römisch III) – Conflict and Famine in Somalia, https://www.crisisgroup.org/africa/horn-africa/somalia/b125-instruments-pain-iii-conflict-and-famine-somalia, Zugriff 27.6.2017

  • Strichaufzählung
    The Guardian (24.5.2017): Somaliland's hunger crisis: ‘The world doesn't respond until children are dying', https://www.theguardian.com/global-development/2017/may/24/somaliland-hunger-crisis-world-doesnt-respond-until-children-are-dying-foreign-minister-saad-ali-shire, Zugriff 27.6.2017

  • Strichaufzählung
    UNFPA – UN Population Fund (14.6.2017): UNFPA Situation Report 26th May to 16th June 2017,
http://somalia.unfpa.org/sites/default/files/pub-pdf/Somalia%20SitRep%20%23011%2026th%20May%20-%2016th%20June%202017.pdf, Zugriff 27.6.2017

  • Strichaufzählung
    UNHCR (31.5.2017): PRMN Drought Displacements, http://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/57361.pdf, Zugriff 27.6.2017

  • Strichaufzählung
    UNSC – UN Security Council (9.5.2017): Report of the Secretary-General on Somalia,
http://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/N1712363.pdf, Zugriff 27.6.2017

1.3.1.2. Politische Lage in Somalia

Das Gebiet von Somalia ist de facto in drei unterschiedliche administrative Einheiten unterteilt: a) Somaliland, ein 1991 selbstausgerufener unabhängiger Staat, der von der internationalen Gemeinschaft nicht anerkannt wird; b) Puntland, ein 1998 selbstausgerufener autonomer Teilstaat Somalias; c) das Gebiet südlich von Puntland, das Süd-/Zentralsomalia genannt wird (EASO 8.2014). Im Hinblick auf fast alle asylrelevanten Tatsachen ist Somalia in diesen drei Teilen zu betrachten (AA 1.12.2015).

Im Jahr 1988 brach in Somalia ein Bürgerkrieg aus, der im Jahr 1991 im Sturz von Diktator Siyad Barre resultierte. Danach folgten Kämpfe zwischen unterschiedlichen Clans, Interventionen der UN sowie mehrere Friedenskonferenzen (EASO 8.2014). Seit Jahrzehnten gibt es keine allgemeinen Wahlen auf kommunaler, regionaler oder zentralstaatlicher Ebene. Politische Ämter wurden seit dem Sturz Siad Barres 1991 entweder erkämpft oder unter Ägide der internationalen Gemeinschaft, hilfsweise unter Einbeziehung nicht demokratisch legitimierter traditioneller Strukturen (v.a. Clan-Strukturen) vergeben (AA 1.12.2015). Somalia ist keine Wahldemokratie. Es gibt keine demokratischen Institutionen. Das Parlament wurde durch Clan-Repräsentanten ausgewählt, und zwar entlang der sogenannten 4.5-Formel. Diese gibt den vier Hauptclans jeweils gleich viele Sitze, und den kleineren Clans und Minderheiten insgesamt halb so viele Sitze, wie einem Hauptclan. Trotzdem wird die Förderung der Demokratie formell von allen politischen Akteuren – mit der Ausnahme von al Shabaab – akzeptiert. So ist das politische System Somalias weder demokratisch noch autoritär; alles dreht sich um die Repräsentation auf Basis der Clans (BS 2016).

Im August 2012 endete die Periode der Übergangsregierung (BS 2016). Das derzeitige Bundesparlament wurde konsensual unter Einbeziehung traditioneller Eliten bestimmt und hat dann den Präsidenten gewählt (AA 1.12.2015; vergleiche USDOS 13.4.2016). Dies ist die erste Regierung Somalias seit 1991, der breite internationale Unterstützung zukommt (BS 2016). Somalia gilt laut dem UN-Repräsentanten nicht mehr als failed state, sondern als fragiles Land. Die Situation hat sich in den vergangenen drei Jahren stabilisiert (AP 23.12.2015; vergleiche AA 1.12.2015).

Eigentlich waren für 2016 Wahlen vorgesehen. Der Präsident hat aber im Juni 2015 angekündigt, dass diese "one person, one vote"-Wahlen verschoben werden (USDOS 13.4.2016; vergleiche UNSC 8.1.2016). Dagegen hat es im Parlament Proteste gegeben (AI 24.2.2016). Ein von der Regierung einberufenes National Consultative Forum soll über einen anderen Wahlprozess für das Jahr 2016 beraten. Gleichzeitig soll das Forum auf Vorbereitungen für allgemeine Wahlen im Jahr 2020 treffen (UNSC 8.1.2016).

Obwohl seit dem Ende der Übergangsperiode wiederholt der politische Wille zur umfassenden Reform des Staatswesens (Etablierung von Rechtsstaatlichkeit, Schutz von Menschenrechten, Demokratisierung, Föderalisierung) bekundet wird, ist die faktische Situation nach wie vor in all diesen Bereichen sehr mangelhaft (AA 1.12.2015). Die Erfolge der aktuellen Regierung bei Friedens- und Staatsbildung waren sehr bescheiden. Politische Grabenkämpfe zwischen dem Präsidenten und dem Premierminister haben zu mangelnder Kontinuität beim Regierungspersonal geführt (BS 2016). Zuletzt gab es im August 2015 eine Regierungskrise, als das Parlament ein Amtsenthebungsverfahren gegen Präsident Mohamud einleiten wollte (UNSC 11.9.2015; vergleiche AI 24.2.2016). Dieses Begehren wurde später zurückgezogen (UNSC 8.1.2016).

Die anhaltenden politischen Grabenkämpfe und der Fokus auf die Föderalisierung haben die Regierung von Reformen im Justiz- und Sicherheitsbereich abgelenkt (HRW 27.1.2016). Das Clansystem hat wiederum die Einrichtung nachhaltiger Regierungs- und Verwaltungsstrukturen behindert (UNHRC 28.10.2015). Außerdem wird die Autorität der Zentralregierung vom nach Unabhängigkeit strebenden Somaliland im Nordwesten sowie von der die Regierung aktiv bekämpfenden, radikal-islamistischen al Shabaab-Miliz in Frage gestellt (AA 1.12.2015).

Es gab einen signifikanten Fortschritt bei der Einrichtung staatlicher Strukturen auf regionaler Ebene, und für alle Bezirke (außer Baardheere) gibt es vorläufige Verwaltungen (UNSC 8.1.2016). Gleichwohl gibt es aber keine flächendeckende effektive Staatsgewalt. Die vorhandenen staatlichen Strukturen sind fragil und schwach, wesentliche Staatsfunktionen können nicht ausgeübt werden (AA 1.12.2015). Die föderale Regierung hat es bislang kaum geschafft, sich außerhalb Mogadischus durchzusetzen (ÖB 10.2015). Die regionalen Verwaltungen kämpfen noch damit, ihre Autorität durchzusetzen. Sie stehen dabei einem Mangel an Geld, einem Mangel an Regierungsinfrastruktur und einem Mangel an Personal gegenüber. Außerdem fehlt es an Details zu den Strukturen der Bundesstaaten sowie an breiter Unterstützung beim Staatsbildungsprozess (UNSC 8.1.2016). Die internationalen Partner werden auch weiterhin signifikante Unterstützung gewähren müssen (UNSC 8.1.2016), wie etwa über laufende Projekte zur Kapazitätsbildung und zu Kernfunktionen der Regierung durch die Weltbank und UNDP (UNSC 11.9.2015).

Neue föderale Teilstaaten (Bundesstaaten)

Die Bundesregierung hat einen Prozess zur Schaffung föderaler Bundesstaaten initiiert (BS 2016). Das Bundesparlament hat eine Grenz- und Bundeskommission einberufen, welche hinsichtlich der Grenzen der Bundesstaaten, Regionalverwaltungen und Bezirke beraten soll. Die Kommission wird von der UN und anderen Partnern unterstützt (UNSC 11.9.2015).

Der Schritt zur Föderalisierung hat zur Verschärfung von lokalen Clan-Spannungen beigetragen und eine Reihe gewalttätiger Konflikte ausgelöst. Die Föderalisierung hat zu politischen Kämpfen zwischen lokalen Größen und ihren Clans geführt (BS 2016).

Im Zuge der Föderalisierung Somalias wurden mehrere Teilverwaltungen (Bundesstaaten) neu geschaffen: die Galmudug Interim Administration (GIA); die Interim Juba Administration (JIA); und die Interim South West Administration (ISWA). Keine dieser Verwaltungen hat die volle Kontrolle über die ihr unterstehenden Gebiete (USDOS 13.4.2016).

1) Im Juni 2015 fand in Cadaado die Staatsbildungskonferenz für den Bundesstaat Galmudug statt. Es sollte eine Galmudug Interim Administration (GIA) für die zentralen Regionen Galgaduud und Mudug geschaffen werden (UNSC 11.9.2015). In der Folge wurde eine Regionalversammlung gebildet, die im Juli 2015 Abdikarim Hussein Guled als Präsident gewählt hat (UNSC 11.9.2015; vergleiche EASO 2.2016). Die Regionalversammlung war von der Bundesregierung eingesetzt worden. Ausgewählt wurden die 89 Mitglieder von 40 Ältesten, welche wiederum 11 Clans repräsentierten (USDOS 13.4.2016). Die Gruppe Ahlu Sunna wal Jama’a (ASWJ), die Teile der Region Galgaduud kontrolliert, hat den Prozess boykottiert (UNSC 11.9.2015) und eine eigene Verwaltung eingerichtet (USDOS 13.4.2016). Fraktionen der ASWJ haben sich später mit der GIA arrangiert (UNSC 11.9.2015). Trotzdem kontrolliert ASWJ noch immer teile der GIA, darunter die wichtige Stadt Dhusamareb (UNSC 8.1.2016). Auch Puntland hat sich ursprünglich gegen die GIA gestellt, da es selbst den nördlichen Teil von Mudug beansprucht. Nach Verhandlungen hat die GIA ihre Ansprüche auf Nord-Mudug zurückgezogen (UNSC 11.9.2015). Unter die GIA fallen demnach neben Galgaduud noch die Bezirke Hobyo und Xaradheere (EASO 2.2016). Die GIA hat bei der Einrichtung ihrer Verwaltungsinstitutionen in der Übergangshauptstadt Cadaado Fortschritte gemacht. Auch wurden Anstrengungen unternommen, die Bevölkerung zu erreichen, Clanmilizen zu entwaffnen und Sicherheitskräfte auszubilden (UNSC 8.1.2016). Die GIA wird von Hawiye/Habr Gedir/Sa‘ad dominiert (EASO 2.2016).

2) Nach dem Ende einer zweijährigen Übergangsperiode wurde Sheikh Ahmed Islam "Madobe" am 15.8.2015 von der neuen, 75sitzigen Regionalversammlung des Bundesstaates Juba (Lower und Middle Juba, Gedo) als Präsident der Interim Juba Administration (IJA) angelobt (USDOS 13.4.2016; vergleiche UNSC 11.9.2015). Zuvor war im Mai 2015 die Regionalversammlung selbst in Kismayo eingerichtet worden. Dabei gab es auch Kritik und das Bundesparlament strebte eine Auflösung der Regionalversammlung an (UNSC 11.9.2015). Bei der Lösung von Konflikten zwischen Clans sowie innerhalb der Darod/Marehan auf dem Gebiet der IJA gibt es Fortschritte (UNSC 8.1.2016).

3) Nach anfänglichen Streitigkeiten über die Frage, ob der Bundesstaat South West aus drei oder sechs Regionen bestehen soll, einigte man sich auf die drei-Regionen-Lösung. Die Interim South West Administration (ISWA) umfasst nunmehr die Regionen Bay, Bakool und Lower Shabelle. Im November 2014 wurde Sharif Hassan Sheikh Adan von einer ISWA-Konferenz zum Präsidenten gewählt. Damit wurde die Übergangsverwaltung ISWA offiziell geschaffen (USDOS 13.4.2016). Im August 2015 wurde ein Prozess gestartet, um eine ISWA-Regionalversammlung zu schaffen (UNSC 11.9.2015). Mit der Einrichtung der Regionalversammlung ist die Errichtung der ISWA abgeschlossen. Von den 146 Abgeordneten sind 30 weiblich (UNSC 8.1.2016).

4) Im August 2015 wurde von der Bundesregierung ein Prozess zur Bildung eines Bundesstaates Hiiraan-Middle Shabelle initiiert (UNSC 11.9.2015). Dieser Prozess wird weiter vorangetrieben. Buulo Barde könnte die Hauptstadt des neuen Bundesstaates werden (UNSC 8.1.2016).

Quellen:

  • Strichaufzählung
    AA - Auswärtiges Amt (1.12.2015): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia

  • Strichaufzählung
    AI - Amnesty International (24.2.2016): Amnesty International Report 2015/16 - The State of the World's Human Rights - Somalia, http://www.ecoi.net/local_link/319738/445108_en.html, Zugriff 22.3.2016

  • Strichaufzählung
    AP - Associated Press (23.12.2015): Somalia no longer a failed state, just a fragile one, says UN. The Guardian, http://www.theguardian.com/world/2015/dec/23/somalia-no-longer-a-failed-state-just-a-fragile-one-says-un, Zugriff 20.4.2016

  • Strichaufzählung
    BS - Bertelsmann Stiftung (2016): BTI 2016 - Somalia Country Report,
https://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2016/pdf/BTI_2016_Somalia.pdf, Zugriff 24.3.2016

  • Strichaufzählung
    EASO - European Asylum Support Office (8.2014): South and Central Somalia: Country Overview,
http://www.ecoi.net/file_upload/90_1412334993_easo-2014-08-coi-report-somalia.pdf, Zugriff 14.4.2016

  • Strichaufzählung
    HRW - Human Rights Watch (27.1.2016): World Report 2016 - Somalia, http://www.ecoi.net/local_link/318350/443530_en.html, Zugriff 22.3.2016

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    ÖB - Österreichische Botschaft Nairobi (10.2015):
Asylländerbericht Somalia,
http://www.ecoi.net/file_upload/1729_1445329855_soma-oeb-bericht-2015-10.pdf, Zugriff 25.2.2016

  • Strichaufzählung
    UNHRC - UN Human Rights Council (28.10.2015): Report of the independent expert on the situation of human rights in Somalia, Bahame Tom Nyanduga,
http://www.ecoi.net/file_upload/1930_1451399567_a-hrc-30-57-en.docx, Zugriff 23.3.2016

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    UNSC - UN Security Council (8.1.2016): Report of the Secretary-General on Somalia,
http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1453284910_n1600065.pdf, Zugriff 1.4.2016

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    UNSC - UN Security Council (11.9.2015): Report of the Secretary - General on Somalia,
http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1443010894_n1527126.pdf, Zugriff 23.3.2016

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    USDOS - US Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - Somalia, http://www.state.gov/j/drl/rls/hrrpt/humanrightsreport/index.htm?year=2015&dlid=252727, Zugriff 14.4.2016

1.3.1.3. Sicherheitslage

Gemäß der auch von EASO zitierten Analyse der Staatendokumentation zur Sicherheitslage in Somalia hat sich die Situation im Zeitraum 7.2014-6.2015 in folgenden Bezirken verschlechtert: Dhusamareb und Ceel Buur (Galgaduud); Belet Weyne und Bulo Burte (Hiiraan); Wanla Weyne, Afgooye, Qoryooley, Merka und Baraawe (Lower Shabelle);

Baidoa und Burhakaba (Bay); Xudur, Waajid und Rab Dhuure (Bakool);

Bulo Xawo (Gedo); Kismayo (Lower Jubba). Die Situation in folgenden Bezirken hat sich im gleichen Zeitraum verbessert: Ceel Waaq und Luuq (Gedo). In den anderen Bezirken sind keine relevanten Änderungen eingetreten (BFA 10.2015; vergleiche EASO 2.2016).

Zwischen Nord- und Süd-/Zentralsomalia sind gravierende Unterschiede bei den Zahlen zu Gewalttaten zu verzeichnen. Dies ist einerseits bei der Verteilung terroristischer Aktivitäten im urbanen Raum zu erkennen, andererseits bei der Anzahl bewaffneter Auseinandersetzungen je Bezirk (BFA 10.2015).

Quellen:

  • Strichaufzählung
    BFA - BFA Staatendokumentation (10.2015): Analyse zu Somalia:
    Lagekarten zur Sicherheitslage, http://www.ecoi.net/file_upload/1729_1445329638_soma-analyse-lagekarten-2015-10-12-endversion.pdf, Zugriff 23.3.2016

  • Strichaufzählung
    EASO - European Asylum Support Office (2.2016): Somalia Security Situation,
http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1457606427_easo-somalia-security-feb-2016.pdf, Zugriff 22.3.2016

a) Süd-/Zentralsomalia

Seit Beginn des Bürgerkrieges 1991 gab es in weiten Landesteilen kaum wirksamen Schutz

gegen Übergriffe durch Clan- und andere Milizen sowie bewaffnete kriminelle Banden. In Süd-/Zentralsomalia herrscht weiterhin in vielen Gebieten Bürgerkrieg. Die somalischen Sicherheitskräfte kämpfen mit Unterstützung der Mission der Afrikanischen Union in Somalia (AMISOM) gegen die radikalislamistische Miliz al Shabaab. Die Gebiete sind teilweise unter der Kontrolle der Regierung, teilweise unter der Kontrolle der al Shabaab oder anderer Milizen (AA 1.12.2015; vergleiche ÖB 10.2015) oder sind von AMISOM Offensiven betroffen (ÖB 10.2015). Al Shabaab führt weiterhin Angriffe auf Stellungen der AMISOM und der somalischen Armee sowie auf zivile Ziele durch (UNSC 8.1.2016). Zivilisten kommen im Kreuzfeuer, durch Sprengsätze oder Handgranaten ums Leben oder werden verwundet (AI 24.2.2016). Aus verschiedenen Garnisonsstädten heraus werden Vorstöße tief ins Gebiet der al Shabaab unternommen. Diese werden teilweise von Luftschlägen begleitet (BFA 10.2015). Al Shabaab betreibt auch asymmetrische Kriegsführung (EASO 2.2016; vergleiche UNHRC 28.10.2015), gekennzeichnet durch Sprengstoffanschläge und komplexe Angriffe, von welchen Zivilisten überproportional betroffen sind. Daneben führt al Shabaab auch gezielte Attentate (UNHCR 28.10.2015; vergleiche UKHO 15.3.2016) und sogenannte hit-and-run-Angriffe aus (DIS 9.2015).

Die Unsicherheit in den von der Regierung kontrollierten Gebieten, einschließlich Mogadischu, sowie politische Machtkämpfe behindern Fortschritte im Bereich der Justiz und die Reform des Sicherheitssektors (ÖB 10.2015). Politische Anstrengungen zur Etablierung von Bundesländern verstärkten die Clankämpfe in einigen Bereichen (ÖB 10.2015; vergleiche BS 2016, USDOS 13.4.2016). Dabei kam es auch zu zahlreichen Todesopfern und Vertreibungen, z.B. zwischen Dir und Hawadle im Jänner 2015 (USDOS 13.4.2016).

Auch Regierungstruppen und Clanmilizen geraten regelmäßig aneinander. Dadurch werden viele Zivilisten schwerverletzt bzw. getötet und deren Eigentum wird zerstört. In solchen Fällen bleibt Zivilisten nichts andres übrig als die Flucht zu ergreifen, da weder Clan- noch staatlicher Schutz gegeben ist (ÖB 10.2015). Neben den Kampfhandlungen gegen al Shabaab gibt es aus dem ganzen Land auch Berichte über Inter- und Intra-Clankonflikte um Land und Wasserressourcen (EASO 2.2016).

AMISOM hat al Shabaab weitgehend zurückgedrängt (ÖB 10.2015). Bei gemeinsamen Offensiven mit der somalischen Armee wurde al Shabaab aus Städten in Hiiraan, Bay, Bakool, Gedo und Lower Shabelle vertrieben (AI 24.2.2016). Bei den beiden jüngeren Offensiven (Operation Indian Ocean, Operation Jubba Corridor) trafen AMISOM und Regierungskräfte aufgrund taktischer Rückzüge der al Shabaab nur auf wenig Widerstand. Eingenommen wurde die letzte Bastion der al Shabaab in der Region Gedo – Baardheere – und Diinsoor in der Region Bay. Der al Shabaab wurde zwar die Kontrolle über diese Städte entzogen, doch ist sie ansonsten nicht relevant geschwächt worden. Dahingegen kann AMISOM aufgrund einer Überdehnung der zur Verfügung stehenden Ressourcen nicht mehr in jeder Stadt und in jedem Dorf eine Präsenz aufrecht halten (EASO 2.2016). Auch die Haupttransportrouten werden von al Shabaab kontrolliert (HRW 27.1.2016).

In der Folge kam es zu schweren Angriffen der al Shabaab auf Janaale (am 1.9.2015) (UNSC 8.1.2016) und Leego (am 26.6.2015) mit insgesamt rund 100 Toten Soldaten der AMISOM und zahlreichen Vermissten (BFA 10.2015; vergleiche UNSC 8.1.2016, EASO 2.2016). Als Reaktion auf diese Angriffe begann AMISOM mit einer Umgruppierung, wobei einige Städte und Ortschaften geräumt wurden, darunter Kurtunwarey, Ceel Saliini, Cambarey, Golweyne und Busley (Lower Shabelle); Buq-Aqabla und Xarar-Lugoole in Hiiraan; und Fidow an der Grenze zu Middle Shabelle. Al Shabaab hat all diese Orte unmittelbar besetzt (UNSC 8.1.2016). Auch Qoryooley und Wanla Weyne blieben über Tage ohne permanente Truppen der AMISOM (allerdings mit Besatzungen der somalischen Armee). Insgesamt ist einzelnen, exponierten und schwach besetzten Außenposten ein permanenter Status abzusprechen. Spätestens seit dem Angriff der al Shabaab auf den AMISOM-Stützpunkt in Leego werden einzelne Orte zugunsten einer Konzentration von Truppen in größeren Stützpunkten aufgegeben, teilweise wurde der Schutz an die – nur eingeschränkt widerstandsfähige – somalische Armee übertragen (BFA 10.2015

Es ist nicht möglich, zu definieren, wie weit der Einfluss oder die Kontrolle von AMISOM und somalischer Armee von einer Stadt hinausreicht. Der Übergang zum Gebiet der al Shabaab ist fließend und unübersichtlich. Im Umfeld (Vororte, Randbezirke) der meisten Städte unter Kontrolle von AMISOM und Regierung in Süd-/Zentralsomalia verfügt al Shabaab über eine verdeckte Präsenz, in den meisten Städten selbst über Schläfer (DIS 9.2015). Manche Städte unter Kontrolle von AMISOM und Regierung können als Inseln auf dem Gebiet der al Shabaab umschrieben werden (BFA 10.2015; vergleiche DIS 9.2015). Jedenfalls verfügt al Shabaab über ausreichend Kapazitäten, um in Städten unter Kontrolle von AMISOM und Regierung asymmetrische Kriegsführung (hit-and-run-Angriffe, Sprengstoffanschläge, gezielte Attentate) anzuwenden. Es gibt in allen Regionen in Süd-/Zentralsomalia Gebiete, wo al Shabaab Präsenz und Einfluss hat, und wo sie die lokale Bevölkerung zu Steuerzahlungen zwingt. Die Bastion der al Shabaab ist dabei die Region Middle Juba (DIS 9.2015).

Die Sicherheitslage in von der Regierung kontrollierten Städten bleibt also volatil (HRW 27.1.2016). Al Shabaab ist nach wie vor in der Lage, auch auf die am schwersten bewachten Teile von Mogadischu oder anderer Städte tödliche Angriffe zu führen (AI 24.2.2016). Bei aller Fragilität der Lage hat aber auch UNHCR festgestellt, dass es Zeichen zunehmender Stabilität gibt (UNHRC 28.10.2015). Seitens der Regierung, AMISOM und der internationalen Gemeinde gibt es Anstrengungen, die neu eroberten Bezirke zu stabilisieren. So wurden etwa nach Diinsoor unmittelbar Verwaltungsbeamte entsendet (UNSC 11.9.2015). Dass al Shabaab unter den gegenwärtigen Umständen Städte zurückerobert, in denen starke Garnisonen ("strongholds") der AMISOM stationiert sind, ist sehr unwahrscheinlich (EASO 2.2016; vergleiche DIS 9.2015).

Quellen:

  • Strichaufzählung
    AA - Auswärtiges Amt (1.12.2015): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia

  • Strichaufzählung
    AI - Amnesty International (24.2.2016): Amnesty International Report 2015/16 - The State of the World's Human Rights - Somalia, http://www.ecoi.net/local_link/319738/445108_en.html, Zugriff 22.3.2016

  • Strichaufzählung
    BFA - BFA Staatendokumentation (10.2015): Analyse zu Somalia:
    Lagekarten zur Sicherheitslage, http://www.ecoi.net/file_upload/1729_1445329638_soma-analyse-lagekarten-2015-10-12-endversion.pdf, Zugriff 23.3.2016

  • Strichaufzählung
    BS - Bertelsmann Stiftung (2016): BTI 2016 - Somalia Country Report,
https://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2016/pdf/BTI_2016_Somalia.pdf, Zugriff 24.3.2016

  • Strichaufzählung
    EASO - European Asylum Support Office (2.2016): Somalia Security Situation,
http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1457606427_easo-somalia-security-feb-2016.pdf, Zugriff 22.3.2016

  • Strichaufzählung
    HRW - Human Rights Watch (27.1.2016): World Report 2016 - Somalia, http://www.ecoi.net/local_link/318350/443530_en.html, Zugriff 22.3.2016

  • Strichaufzählung
    ÖB - Österreichische Botschaft Nairobi (10.2015):
Asylländerbericht Somalia,
http://www.ecoi.net/file_upload/1729_1445329855_soma-oeb-bericht-2015-10.pdf, Zugriff 25.2.2016

  • Strichaufzählung
    UNHRC - UN Human Rights Council (28.10.2015): Report of the independent expert on the situation of human rights in Somalia, Bahame Tom Nyanduga,
http://www.ecoi.net/file_upload/1930_1451399567_a-hrc-30-57-en.docx, Zugriff 23.3.2016

  • Strichaufzählung
    UNSC - UN Security Council (8.1.2016): Report of the Secretary-General on Somalia,
http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1453284910_n1600065.pdf, Zugriff 1.4.2016

  • Strichaufzählung
    UNSC - UN Security Council (11.9.2015): Report of the Secretary - General on Somalia,
http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1443010894_n1527126.pdf, Zugriff 23.3.2016

  • Strichaufzählung
    USDOS - US Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - Somalia, http://www.state.gov/j/drl/rls/hrrpt/humanrightsreport/index.htm?year=2015&dlid=252727, Zugriff 14.4.2016

b) Mogadischu

Mogadischu bleibt weiterhin unter Kontrolle von Regierung und AMISOM (AI 24.2.2016). Es ist höchst unwahrscheinlich, dass al Shabaab wieder die Kontrolle über Mogadischu erlangt (DIS 9.2015; vergleiche UKUT 3.10.2014, EASO 2.2016). Der Rückzug der formalen Präsenz der al Shabaab aus Mogadischu ist dauerhaft. Es gibt in der Stadt auch kein Risiko mehr, von der al Shabaab zwangsrekrutiert zu werden. Es gibt in Mogadischu keine Clanmilizen und keine Clangewalt (UKUT 3.10.2014; vergleiche EGMR 10.9.2015), auch wenn einzelne Clans angeblich noch in der Lage sein sollen, Angriffe führen zu können (EASO 2.2016).

In Mogadischu gibt es eine Präsenz von AMISOM, somalischer Armee und Polizei, sowie des Geheimdienstes NISA. Die Stadt ist generell sicher, auch wenn sie von al Shabaab bedroht wird (EASO 2.2016; vergleiche DIS 9.2015). Es besteht keine Angst mehr, dass in Mogadischu wieder Bürgerkrieg herrschen könnte. Seit 2011 hat sich die Sicherheitslage in der Stadt sehr verbessert. Die größte Gefahr geht heute von terroristischen Aktivitäten der al Shabaab aus. Die Hauptziele dafür sind die Regierung und die internationale Gemeinde (LI 1.4.2016). Die Situation in Mogadischu ist nicht derartig, dass jeder Mensch in der Stadt einem Risiko entsprechend Artikel 3 EMRK ausgesetzt wäre (EGMR 10.9.2015; vergleiche UKUT 3.10.2014). Die Stadtbewohner sind normalerweise nur dann betroffen, wenn sie zur falschen Zeit am falschen Ort sind (LI 1.4.2016). Jeder Stadtbürger kann sein eigenes Risiko weiter minimieren, indem er Gebiete oder Einrichtungen meidet, die klar als Ziel der al Shabaab erkennbar sind (UKUT 3.10.2014). EASO listet als angegriffene Ziel von Sprengstoffanschlägen der al Shabaab vor allem Hotels (YSL Hotel, Central Hotel, Maka al-Mukarama Hotel, Jazeera Palace Hotel, Sahafi Hotel), Restaurants, Regierungseinrichtungen und -Konvois, Stellungen und Stützpunkte von Regierungskräften und AMISOM (EASO 2.2016).

Die Halbjahre 2/2014 und 1/2015 lassen bei sicherheitsrelevanten Zwischenfällen einen Abwärtstrend erkennen, trotzdem gibt es noch wöchentlich Angriffe (BFA 10.2015; vergleiche EASO 2.2016).

Der vor einigen Jahren noch gefürchtete Artillerie- und Mörserbeschuss ist drastisch zurückgegangen. In den ersten drei Quartalen 2015 kam es zu vier Feuerüberfällen auf Wardhiigleey, Xamar Weyne, Hodan, Dayniile, und das Küstengebiet von Wadajir. Lediglich letzterer war von mehr als zwei Granaten begleitet. Insgesamt scheint es für AS einerseits sehr schwierig geworden zu sein, Artillerie entsprechend einzusetzen. Andererseits scheint die Strategie von AS derzeit auch das Geringhalten von Kollateralschäden zu beinhalten (BFA 10.2015).

Handgranatenanschläge sind fast gänzlich aus der Strategie der al Shabaab ausgeschieden. Im Zeitraum Q1 2013 – Q1 2014 betrug die durchschnittliche Anzahl an Handgranatenanschlägen pro Quartal noch 86; in den Quartalen Q2 2014 – Q3 2015 ist diese Zahl auf unter 15 eingebrochen. Auch die Zahlen an gezielten Attentaten und Sprengstoffanschlägen sind – vor allem im Jahr 2015 – rückläufig. Im Zeitraum Q1 2013 – Q4 2014 betrug die durchschnittliche Anzahl an gezielten Attentaten 52; an Sprengstoffanschlägen 27. Vergleichsweise fallen die Zahlen in den ersten drei Quartalen 2015 geringer aus (46 und 19) – und dies, obwohl der Ramadan schon stattgefunden hat (BFA 10.2015).

Insgesamt sind die Zahlen terroristischer Aktivitäten seit einer Spitze im Q3 2013 nachhaltig eingebrochen und liegen im Jahr 2015 bei nur noch einem Drittel der Zahl. Hingegen scheint die Strategie der al Shabaab zunehmend bewaffnete Zusammenstöße als bevorzugtes Mittel zu umfassen. Betrug die Zahl der Scharmützel in den Quartalen des Jahres 2013 noch durchschnittlich 22, so stieg die Zahl im Jahr 2014 auf 36, im Jahr 2015 sogar weiter auf 44 (BFA 10.2015).

Bei der Zusammenfassung terroristischer Aktivitäten (Artillerie- und Mörserbeschuss; gezielte Attentate; Sprengstoff- und Handgranatenanschläge) im ersten Halbjahr 2015 zeigt sich, dass mehrere Bezirke massiv betroffen sind. Dies gilt für Yaqshiid, Wardhiigleey, Hawl Wadaag, Hodan, Dharkenley und Wadajir. Mäßig betroffen sind Heliwaa, Dayniile, Xamar Jabjab und Waaberi; kaum betroffen sind Karaan, Shibis, Boondheere, Xamar Weyne und die Peripherie. Aus Cabdulcasiis und Shangaani wurden keinerlei Aktivitäten vermerkt (BFA 10.2015).

In Mogadischu sind die Zahlen an terroristischen Aktivitäten und auch die Gesamtzahl an sicherheitsrelevanten Vorfällen innerhalb der vergangenen vier Quartale zurückgegangen. Gleichzeitig bleibt aber die Zahl bewaffneter Auseinandersetzungen mit al Shabaab konstant hoch. Während terroristische Aktivitäten relativ flächendeckend über das Stadtgebiet verstreut vorkommen, konzentrieren sich bewaffnete Zusammenstöße in einer kleinen, übersichtlichen Anzahl an Bezirken (BFA 10.2015).

Im Vergleich zu den Zahlen anderer Städte in Süd/Zentralsomalia kann festgestellt werden, dass die Situation in den o.g. mäßig, kaum oder gar nicht betroffenen Bezirken von Mogadischu wesentlich besser ist, als beispielsweise in Afgooye, Merka, Baidoa oder Kismayo. Dahingegen liegen etwa Yaqshiid, Hodan und Hawl Wadaag durchaus an der Spitze der landesweiten Skala terroristischer Gewalt. Werden noch die Zahlen bewaffneter Zusammenstöße hinzugezählt, müssen Yaqshiid, Hodan und Heliwaa vermutlich als gewaltsamste Orte Somalias bezeichnet werden. Insgesamt wird jedenfalls deutlich, dass al Shabaab in der Lage ist, fast im gesamten Stadtgebiet von Mogadischu terroristische Taten zu begehen (BFA 10.2015). Die Zahl der Angriffe ging insgesamt also zurück und diese richten sich vor allem gegen Repräsentanten der somalischen Regierung und ihre Unterstützer (LI 1.4.2016).

Es ist zu erkennen, dass al Shabaab nach wie vor in der Lage ist, über die Peripherie in Randbezirke von Mogadischu einzudringen. In militärischer Hinsicht betrifft dies Dayniile, Heliwaa, sowie Teile von Karaan, Yaqshiid und Dharkenley. Außerdem kann der Einfluss von al Shabaab in der Nacht in den schraffierten Gebieten größer werden. Die restlichen Teile von Mogadischu sind für al Shabaab vor allem auf zwei Arten erreichbar: Erstens in Form verdeckter Akteure; und zweitens in Form von großangelegten Operationen von Spezialeinheiten – sogenannte komplexe Anschläge (welche sowohl Selbstmordattentäter und ferngezündete Sprengsätze als auch eine größere Zahl an nachstoßenden Kämpfern beinhalten). Insgesamt ist jedenfalls feststellbar, dass al Shabaab in den oben blau markierten Teilen der somalischen Hauptstadt mangels permanent anwesender, sichtbarer Kampfeinheiten nur geringer Einfluss zugesprochen werden, wiewohl die Anwesenheit verdeckter Elemente und die Durchführung terroristischer Aktivitäten das Leben der Bewohner beeinflussen (BFA 10.2015).

Quellen:

  • Strichaufzählung
    AI - Amnesty International (24.2.2016): Amnesty International Report 2015/16 - The State of the World's Human Rights - Somalia, http://www.ecoi.net/local_link/319738/445108_en.html, Zugriff 22.3.2016

  • Strichaufzählung
    BFA - BFA Staatendokumentation (10.2015): Analyse zu Somalia:
    Lagekarten zur Sicherheitslage, http://www.ecoi.net/file_upload/1729_1445329638_soma-analyse-lagekarten-2015-10-12-endversion.pdf, Zugriff 23.3.2016

  • Strichaufzählung
    DIS - Danish Immigration Service (9.2015): Country of Origin Information for Use in the Asylum Determination Process; Report from the Danish Immigration Service’s fact finding mission to Nairobi, Kenya and Mogadishu, Somalia; 2-12 May 2015, http://www.ecoi.net/file_upload/1788_1443181235_somalia-ffm-report-2015.pdf, Zugriff 4.4.2016

  • Strichaufzählung
    EASO - European Asylum Support Office (2.2016): Somalia Security Situation,
http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1457606427_easo-somalia-security-feb-2016.pdf, Zugriff 22.3.2016

  • Strichaufzählung
    EGMR - Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte (10.9.2015):
R.H. v. Sweden, Application no. 4601/14, Council of Europe: European Court of Human Rights, http://www.refworld.org/docid/55f66ef04.html, Zugriff 7.4.2015

  • Strichaufzählung
    LI - Landinfo (1.4.2016): Somalia: Aktuelle sosiale og økonomiske forhold ved retur til Mogadishu, http://www.landinfo.no/asset/3330/1/3330_1.pdf, Zugriff 4.4.2016

  • Strichaufzählung
    UKUT - United Kingdom Upper Tribunal (Immigration and Asylum Chamber) (3.10.2014): UK Country Guidance Case. MOJ & Ors (Return to Mogadishu) (Rev 1) (CG) [2014] UKUT 442 (IAC), http://www.bailii.org/uk/cases/UKUT/IAC/2014/[2014]_UKUT_442_iac.html, Zugriff 7.4.2016

1.3.1.4. Allgemeine Menschenrechtslage:

Sowohl in der Verfassung von Somalia als auch in jener von Puntland ist der Schutz der Menschenrechte in der Verfassung ebenso verankert, wie die prägende Rolle der Scharia als Rechtsquelle (AA 1.12.2015).

Bei Kämpfen zwischen AMISOM und äthiopischer und somalischer Armee auf der einen und al Shabaab auf der anderen Seite kommt es zu zivilen Opfern (USDOS 13.4.2016; vergleiche AI 24.2.2016; UNSC 11.9.2015). In den Monaten September bis Dezember 2015 zählte die UN 123 zivile Opfer des Konfliktes; im Zeitraum Mai bis August 2015 waren es 113 gewesen (UNSC 8.1.2016).

Alle Konfliktparteien sind für Menschenrechtsverletzungen verantwortlich (AI 24.2.2016). Die schwersten Menschenrechtsverletzungen sind: Tötung von Zivilisten durch al Shabaab, somalische Kräfte und unbekannte Angreifer; Gewalt und Diskriminierung von Frauen und Mädchen, darunter Vergewaltigungen und FGM (USDOS 13.4.2016). In Süd-/Zentralsomalia werden extralegale Tötungen in der Regel von der al Shabaab in von ihr kontrollierten Gebieten durchgeführt (AA 1.12.2015).

Bei staatlichen somalischen Sicherheitskräften stellen extralegale Tötungen kein strukturelles Problem dar. Im Falle einer solchen Tötung ist jedoch aufgrund des dysfunktionalen Justizsystems in der Regel von Straflosigkeit auszugehen (AA 1.12.2015). Es liegen keine Berichte über "Verschwindenlassen vor (AA 1.12.2015; vergleiche USDOS 13.4.2016). Vermeintliche Sympathisanten der radikalen Islamisten werden unter Missachtung völkerrechtlicher Verfahrensgarantien unter Staatsschutzaspekten festgehalten (AA 1.12.2015).

Weitere Menschenrechtsverletzungen sind Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung; lebensbedrohliche Haftbedingungen und willkürliche Verhaftungen; die Verweigerung fairer Verfahren; exzessive Gewaltanwendung; die Einschränkung von Meinungs-, Presse-, Bewegungsfreiheit; Delogierung von IDPs; Korruption; Misshandlungen und Diskriminierung von Minderheiten-Clans (USDOS 13.4.2016).

Zusätzlich kommt es zu Kämpfen zwischen Clans und Sub-Clans, meist im Streit um Wasser und andere Ressourcen. Bei Konflikten zwischen Clans kam es in den Regionen Lower Shabelle, Middle Shabelle, Hiiraan, Galgaduud und Gedo zu Toten (USDOS 13.4.2016).

Al Shabaab begeht Morde, entführt Menschen, begeht Vergewaltigungen und vollzieht unmenschliche und grausame Bestrafungen; Bürgerrechte und Bewegungsfreiheit werden eingeschränkt. Al Shabaab rekrutiert Kindersoldaten (USDOS 13.4.2016; vergleiche HRW 27.1.2016; BS 2016). Da auf dem Gebiet der al Shabaab eine strikte Interpretation der Scharia zur Anwendung gebracht wird, kommt es dort zu Folter und körperlichen Strafen, wenn die Interpretation nicht eingehalten wird (UKHO 3.2.2015; vergleiche EASO 2.2016; AI 24.2.2016). Außerdem richtet al Shabaab regelmäßig und ohne ordentliches Verfahren Menschen unter dem Vorwurf hin, diese hätten mit der Regierung, einer internationalen Organisation oder einer westlichen Hilfsorganisation zusammengearbeitet oder spioniert (AA 1.12.2015; vergleiche AI 24.2.2016). Moralgesetze verbieten das Rauchen, das öffentliche Einnehmen von Khat, weltliche Musik und das Tanzen (BS 2016), Filme, und Sport (EASO 2.2016); Verschleierung und Männerhaarschnitte werden vorgeschrieben (BS 2016). Die Rekrutierung von Kindersoldaten und Zwangsehen haben bei al Shabaab laut einem UN-Bericht zugenommen (EASO 2.2016).

Generell ist Straflosigkeit die Norm. Die Regierung ergreift nur minimale Schritte, um öffentlich Bedienstete strafrechtlich zu verfolgen (USDOS 13.4.2016).

Die somalische Bundesregierung arbeitet daran, mit der Unterstützung der UN und der Afrikanischen Union und bilateralen Partnern die Menschenrechtssituation zu verbessern (UNHRC 28.10.2015).

Zu Puntland liegen keine Erkenntnisse hinsichtlich extralegaler Tötungen, willkürlicher Festnahmen, "Verschwindenlassen" oder Menschenhandel vor. Vorwürfe dieser Art werden nicht erhoben (AA 1.12.2015).

Quellen:

  • Strichaufzählung
    AA - Auswärtiges Amt (1.12.2015): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia

  • Strichaufzählung
    AI - Amnesty International (24.2.2016): Amnesty International Report 2015/16 - The State of the World's Human Rights - Somalia, http://www.ecoi.net/local_link/319738/445108_en.html, Zugriff 22.3.2016

  • Strichaufzählung
    BS - Bertelsmann Stiftung (2016): BTI 2016 - Somalia Country Report,
https://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2016/pdf/BTI_2016_Somalia.pdf, Zugriff 24.3.2016

  • Strichaufzählung
    EASO - European Asylum Support Office (2.2016): Somalia Security Situation,
http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1457606427_easo-somalia-security-feb-2016.pdf, Zugriff 22.3.2016

  • Strichaufzählung
    HRW - Human Rights Watch (27.1.2016): World Report 2016 - Somalia, http://www.ecoi.net/local_link/318350/443530_en.html, Zugriff 22.3.2016

  • Strichaufzählung
    UKHO - UK Home Office (3.2.2015): Country Information and Guidance
  • Strichaufzählung
    Somalia: Women fearing gender-based harm / violence, http://www.refworld.org/docid/54d1daef4.html, Zugriff 14.4.2016

  • Strichaufzählung
    UNHRC - UN Human Rights Council (28.10.2015): Report of the independent expert on the situation of human rights in Somalia, Bahame Tom Nyanduga,
http://www.ecoi.net/file_upload/1930_1451399567_a-hrc-30-57-en.docx, Zugriff 23.3.2016

  • Strichaufzählung
    UNSC - UN Security Council (8.1.2016): Report of the Secretary-General on Somalia,
http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1453284910_n1600065.pdf, Zugriff 1.4.2016

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    UNSC - UN Security Council (11.9.2015): Report of the Secretary - General on Somalia,
http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1443010894_n1527126.pdf, Zugriff 23.3.2016

  • Strichaufzählung
    USDOS - US Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - Somalia, http://www.state.gov/j/drl/rls/hrrpt/humanrightsreport/index.htm?year=2015&dlid=252727, Zugriff 14.4.2016

1.3.1.5. Minderheiten und Clans

a) Bevölkerungsstruktur und Clanschutz

Mehr als 85% der Bevölkerung teilen eine ethnische Herkunft (USDOS 13.4.2016). Die somalische Bevölkerung ist aber nur auf den ersten Blick homogen (EASO 8.2014). In ganz Somalia gibt es eine Zersplitterung in zahlreiche Clans, Sub-Clans und Sub-Sub-Clans, deren Mitgliedschaft sich nach Verwandtschaftsbeziehungen bzw. nach traditionellem Zugehörigkeitsempfinden bestimmt (AA 1.12.2015; vergleiche ÖB 10.2015). Tatsächlich bilden die Clans eine Art Sub-Ethnizität. Die Clans bilden auch die Grundlage der Identität eines Somali, jeder kennt normalerweise seine exakte Position im Clansystem. Dies gilt auch für die urbanisierte Bevölkerung. Wenn Somali ihre Herkunft beschreiben fangen sie meist bei sich selbst an und steigen dann die hierarchischen Ebenen des Systems bis zur Clanfamilie hinauf. Diese Aufzählung wird abtirsiimo oder abtirsiin genannt, und Kinder im Alter von acht oder neun Jahren können diese üblicherweise auswendig (EASO 8.2014).

Dabei gelten als Haupt-Clanfamilien die traditionell nomadischen Darod, Dir, Hawiye und Isaaq sowie die sesshaften Digil und Mirifle/Rahanweyn. Diese Clanfamilien unterteilen sich weiter in die Ebenen der Clans, Sub(sub)clans, Lineages und die aus gesellschaftlicher Sicht bei den nomadischen Clans wichtigste Ebene der Mag/Diya (Blutgeld/Kompensation) zahlenden Gruppe, die für Vergehen Einzelner gegen das traditionelle Gesetz (xeer) Verantwortung übernimmt. Diese Gruppe sorgt aber traditionell auch für die Unterstützung von Angehörigen in schwierigen (finanziellen) Situationen. Nur in Mogadischu ist das System soweit erodiert, dass nicht mehr die mag/diya-Gruppe für Unterstützung sorgt, sondern lediglich die Kernfamilie (EASO 8.2014).

Die Clans sind politische Akteure, die normalerweise über eigenes Territorium verfügen. Traditionelle Verträge (xeer) werden meist zwischen Mag/Diya zahlenden Gruppen abgeschlossen. Allerdings ist das Clansystem – wie erwähnt – keine exakte Wissenschaft, Koalitionen und Abgrenzungen – auch geographische – sind nur schwer zu erfassen oder gar nicht genau definiert (EASO 8.2014).

Das Clansystem ist dynamisch und komplex. Aufgrund des Bürgerkrieges und damit verbundener Wanderbewegungen aber auch aufgrund des Bevölkerungswachstums waren nach 1991 zunehmende Fluktuationen zu verzeichnen. Aufzeichnungen von Genealogien sind umstritten (EASO 8.2014).

* Die Darod unterteilen sich in die großen Gruppen Ogadeni (Äthiopien und Jubba-Regionen), Marehan (Süd-/Zentralsomalia) und Harti. Letztere sind eine Föderation aus Majerteen (Hauptclan in Puntland), Dulbahante und Warsangeli (Regionen Sool und Sanaag).

* Die Hawiye leben vor allem in Süd-/Zentralsomalia, die wichtigsten Subclans sind Abgaal und Habr Gedir.

* Die Dir finden sich im westlichen Somaliland und in einigen Gebieten Süd-/Zentralsomalias. Ihre Hauptclans sind Issa und Gadabursi (beide Somaliland) und Biyomaal (Südsomalia).

* Die Isaaq sind der Hauptclan Somalilands.

* Die Digil und Mirifle/Rahanweyn leben in den fruchtbaren Tälern von Shabelle und Jubba und im Gebiet zwischen beiden Flüssen (v.a. Bay und Bakool) (EASO 8.2014).

Daneben finden sich in Somalia einige ethnische Minderheiten und ständische Berufskasten, die insgesamt zwischen 15 und 30 Prozent der Bevölkerung stellen (EASO 8.2014). Minderheitengruppen sind u.a. die Bantu (größte Gruppe), Benadiri, Reer Xamar, Bravanese, Swahili, Tumal, Yibir, Yaxar, Madhiban, Hawrarsame, Muse Dheryo, Faqayaqub und Gabooye (USDOS 13.4.2016). Minderheitenclans oder Berufskasten können mit großen Clans in eine Abhängigkeitsbeziehung (shegaat) treten und werden danach – in externen Belangen – als Teil des großen Clans erachtet. Langfristige Allianzen zwischen kleineren und größeren Clans werden gemäß dem traditionellen Recht (xeer) geschlossen. Beide Konstruktionen beinhalten auch den Schutz des kleineren Partners durch den größeren (EASO 8.2014).

Die größte ethnische Minderheit stellen die Bantu (Jareer). Die Bantu leben traditionell als Bauern in und zwischen den fruchtbaren Flusstälern von Shabelle und Jubba. Gosha, Makane, Kabole, Shiidle, Reer Shabelle, Mushunguli und Gobaweyne sind Namen, die den unterschiedlichen Bantu-Gruppen zugeschrieben werden. Manche der Gosha wurden in den Clan der Digil/Mirifle assimiliert. Viele Bantu sprechen Somali (Maay-tiri), manche – etwa Gosha und Mushunguli – pflegen eigene Bantusprachen (EASO 8.2014).

Der Begriff Benadiri umfasst mehrere miteinander nicht verwandte Minderheiten in Küstenstädten wie Merka, Baraawe und Mogadischu. Sie sind ethnisch gemischt und haben neben Somali auch Araber, Inder, Perser oder Portugiesen als Vorfahren. Die großen Untergruppen der Benadiri sind die Reer Xamar, Shangaani, Reer Merka und Barawani. Teile der Barawani erachten sich als Angehörige der Digil/Mirifle Tunni. Die Benadiri sprechen Somali und eigene somalische Dialekte; die Barawani einen Suaheli-Dialekt namens Chimini. Aufgrund ihres Status‘ als Händler waren die Benadiri vor 1991 privilegiert, danach waren sie schutzlos dem Bürgerkrieg ausgeliefert. Viele flohen nach Kenia (EASO 8.2014).

Die Ashraf und die Sheikhal werden als religiöse Clans bezeichnet. Die Ashraf beziehen ihren religiösen Status aus der von ihnen angegebenen Abstammung von der Tochter des Propheten; die Sheikhal aus einem vererbten religiösen Status (EASO 8.2014).

Die Ashraf und die Sheikhal werden traditionell respektiert und von den Clans, bei welchen sie leben, geschützt. Die Sheikhal sind außerdem eng mit dem Clan der Hawiye/Hirab assoziiert und nehmen sogar einige Sitze der Hawiye im somalischen Parlament ein. Ein Teil der Ashraf lebt als Teil der Benadiri in den Küstenstädten, ein Teil als Clan der Digil/Mirifle in den Flusstälern von Bay und Bakool (EASO 8.2014).

Die Berufskasten unterscheiden sich kulturell und linguistisch nicht von den Hauptclans, werden aber aufgrund von z.B. Berufen, die als unislamisch bezeichnet werden, als unrein erachtet. Sie werden unter den Oberbegriffen Waable, Sab, Midgaan oder Madhibaan zusammengefasst. Sie bilden die niedrigste Ebene der somalischen Gesellschaft; ihr Anteil wird auf rund ein Prozent der Gesamtbevölkerung geschätzt. Die Berufskasten sind in unterschiedliche Gruppen mit unterschiedlichen Namen in ganz Somalia zu finden. Klassische Berufe sind: Friseur, Schmied, Metallverarbeitung, Gerber, Schuster, Töpfer und Tischler; außerdem betätigen sich die Waable in der Jägerei, Viehzucht und Landwirtschaft sowie als Beschneiderinnen und als Hebammen. Im Zuge der Urbanisierung nach dem Zweiten Weltkrieg konnten die Waable in den Städten auch neue Arbeitszweige für sich erschließen (EASO 8.2014; vergleiche ÖIF 12.2010).

Die wichtigsten Gruppen sind:

* Midgaan (Madhibaan, Gabooye; dieser Name wird tw. auch für alle Waable als Oberbegriff verwendet): Jäger, Gerber, Lederverarbeitung, Schuster und andere Berufe; Verbreitung: ganz Somalia (EASO 8.2014; vergleiche ÖIF 12.2010)

* Tumaal: ursprünglich Schmiede, jetzt auch in anderen Berufen zu finden. Verbreitung: Nord- und Zentralsomalia sowie Städte im südlichen Somalia (EASO 8.2014; vergleiche ÖIF 12.2010)

* Yibir: Ihnen werden jüdischer Hintergrund und magische Kräfte nachgesagt. Verbreitung: Nord- und Zentralsomalia sowie Städte im südlichen Somalia (EASO 8.2014; vergleiche ÖIF 12.2010)

Kleinere Gruppen der Waable sind die Galgale, Gaheyle, Yahhar, Jaaji, Musa Dheryo, Guuleed Hadde, Hawr Warsame, Habar Yaqub, Madgal und Warabeeye. Auch die Boni und Eyle werden manchmal den Waable zugerechnet. Einige der Berufskasten haben ein ähnliches Clansystem wie die somalischen Hauptclans (EASO 8.2014).

Clanschutz bedeutet die Androhung von Gewalt im Falle einer Aggression gegen ein Mitglied durch einen Außenstehenden. Die Möglichkeit, diese Drohung aufrecht zu erhalten ist genauso essentiell wie die Möglichkeit, einem Racheakt durch gemeinschaftliche Zahlung von Kompensation (mag/diya) zu entgehen. Generell – aber nicht überall – funktioniert Clanschutz besser als der Schutz durch Staat oder Polizei. Dementsprechend wenden sich viele Menschen bei Gewaltverbrechen eher an den Clan als an die Polizei. Der Clanschutz kommt aber auf einer sehr niedrigen Ebene der Clan-Hierarchie zur Anwendung. Es reicht also z.B. in Mogadischu nicht, den Hawiye anzugehören, um Clanschutz zu erhalten. Die Zugehörigkeit zu einem dominanten Sub(sub)clan der Hawiye in Mogadischu ist relevanter (EASO 8.2014).

Inwiefern Clanschutz heute noch funktioniert ist umstritten. Faktoren wie AMISOM, die Restauration staatlicher Sicherheitsbehörden oder al Shabaab haben den Schutz erodiert. Andererseits hat der Rückzug von al Shabaab sowie der Mangel an staatlicher Verwaltung in den ländlichen Gebieten den Clanschutz verstärkt. Das Ausmaß an Clanschutz variiert also regional und ist im Laufe der Zeit Änderungen unterworfen. In Somaliland und Puntland, wo relative Stabilität herrscht, ist der Clanschutz weniger relevant als in Süd-/Zentralsomalia. In Mogadischu hingegen sind Älteste zwar noch bei der Konfliktvermittlung involviert, jedoch gibt es kein Risiko mehr, aufgrund der Clanzugehörigkeit einer Verfolgung ausgesetzt zu sein. Nicht mehr die Clans, sondern AMISOM, Armee und Polizei sind für die Sicherheit verantwortlich. Allerdings muss berücksichtigt werden, dass Teile von Armee und Polizei nach wie vor großen Bezug zu ihren Herkunftsclans haben (EASO 8.2014).

Quellen:

  • Strichaufzählung
    AA - Auswärtiges Amt (1.12.2015): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia

  • Strichaufzählung
    EASO - European Asylum Support Office (8.2014): South and Central Somalia: Country Overview,
http://www.ecoi.net/file_upload/90_1412334993_easo-2014-08-coi-report-somalia.pdf, Zugriff 14.4.2016

  • Strichaufzählung
    ÖIF - Österreichischer Integrationsfonds/BAA Staatendokumentation/Andreas Tiwald (12.2010): Die Parias Somalias:
Ständische Berufskasten als Basis sozialer Diskriminierung, http://www.integrationsfonds.at/fileadmin/content/AT/Downloads/Publikationen/n8_Laenderinfo_Somalia.pdf, Zugriff 21.4.2016

  • Strichaufzählung
    USDOS - US Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - Somalia, http://www.state.gov/j/drl/rls/hrrpt/humanrightsreport/index.htm?year=2015&dlid=252727, Zugriff 14.4.2016

b) Aktuelle Situation

Die somalische und auch die puntländische Verfassung bekennen sich zum Grundsatz der Nichtdiskriminierung (AA 1.12.2015). Grundsätzlich wurde bei der Bildung der föderalen Regierung Ende 2012 sowie beim letzten umfassenden Regierungsumbau auf eine möglichst breite Zusammensetzung aller Clans und Sub-Clans geachtet. Sowohl Regierung als auch Parlament sind entlang der sogenannten "4.5 Lösung" organisiert, das bedeutet, dass für jeden Sitz, den ein Vertreter der großen Clans in Regierung bzw. Parlament innehat, ein halber Sitz einem Vertreter der kleineren Clans (ÖB 10.2015) bzw. Minderheitenclans zufällt (USDOS 13.4.2016). So blieben die Clans der entscheidende Faktor in der somalischen und somaliländischen Politik. Gegen oder ohne sie lässt sich kein Staat aufbauen. Die vier größten Clans (Darood, Hawiye, Dir und Digil-Mirifle) dominieren Verwaltung, Politik, und Gesellschaft mit jeweils 61 Sitzen im Parlament. Dementsprechend sind die lokalen Verwaltungen und auch das nationale Parlament um die verschiedenen Clans bzw. Sub-Clans organisiert (ÖB 10.2015). Die 4.5-Formel wurde aber auch schon zugunsten der Minderheiten gebrochen (USDOS 13.4.2016).

In den meisten Gegenden schließt der dominante Clan andere Gruppen von einer effektiven Partizipation an Regierungsinstitutionen aus (USDOS 13.4.2016). Auch in den von der Regierung kontrollierten Gebieten ist grundsätzlich von einer Diskriminierung im Lichte der jeweiligen Clan- bzw. Sub-Clan-Zugehörigkeit auszugehen (AA 1.12.2015).

Dabei kann es sich um wirtschaftliche Diskriminierung beispielsweise im Rahmen staatlicher Vergabeverfahren, aber auch um Diskriminierung beim Zugang zu Nahrungsmittelhilfe, natürlichen Ressourcen, Gesundheitsdienstleistungen oder anderen staatlichen Diensten (AA 1.12.2015) oder um Gerichtsverfahren handeln (USDOS 13.4.2016). Angehörige eines (Sub-)Clans können in Gebieten, die von einem anderen (Sub-)Clan dominiert werden, aber auch auf erhebliche Schwierigkeiten stoßen, insbesondere in Konfliktsituationen bezüglich Unfällen, Eigentum oder Wasser (AA 1.12.2015). Es kann davon ausgegangen werden, dass der staatliche Schutz im Falle von Clan-Konflikten nicht zur Anwendung kommt, sondern die "Regelung" dieser Konflikte grundsätzlich den Clans selbst überlassen wird. Die staatlichen Sicherheitskräfte sind in der Regel zu schwach, um in Clankonflikte effektiv eingreifen zu können; zudem ist die föderale Regierung wohl auch nicht willens, sich in Konflikte dieser Art einzumischen und so den Unwillen einzelner Clans auf sich zu ziehen (ÖB 10.2015).

Viele Minderheitengemeinden leiden an zahlreichen Formen der Diskriminierung und Exklusion (USDOS 13.4.2016). Bantu werden aufgrund ihrer Ethnie diskriminiert (UNHRC 28.10.2015). Auch einzelne andere Minderheiten (u.a. Jareer, Benadiri, Midgan, Gabooye), leben unter besonders schwierigen sozialen Bedingungen und sehen sich, da sie nicht in die Clan-Strukturen eingebunden sind, in vielfacher Weise von der übrigen Bevölkerung – nicht aber systematisch von staatlichen Stellen – wirtschaftlich, politisch und sozial ausgegrenzt (AA 1.12.2015; vergleiche ÖB 10.2015). Viele Minderheitengemeinden leben in tiefer Armut. Sie sind auch überproportional von der im Land herrschenden Gewalt betroffen (Tötungen, Folter, Vergewaltigungen etc.) (USDOS 13.4.2016). Allerdings datieren die letzten – unbestätigten – Berichte von Repressionen im engeren Sinn mit November 2013, als staatliche Sicherheitskräfte des Hawiye-Clans angeblich sesshafte Bantu-Landwirte von ihren Grundstücken vertrieben haben sollen (AA 1.12.2015). In den hier verwendeten Berichten werden keine aktuellen Beispiele gewaltsamer Repression oder der Verfolgung von Minderheiten genannt.

Das Ausmaß an Diskriminierung hängt von der Minderheit ab:

Berufskasten sind generell stärkerer Diskriminierung ausgesetzt als ethnische Minderheiten. Sie leben meist in Ghetto-ähnlichen Vierteln oder Stadtteilen (EASO 8.2014; vergleiche ÖIF 12.2010). Mischehen – vor allem zwischen Berufskasten und den Hauptclans – sind traditionell beschränkt (USDOS 13.4.2016; vergleiche EASO 8.2014, ÖB 10.2015). Dieses Tabu scheint aber in den vergangenen Jahren etwas aufgeweicht worden zu sein (EASO 8.2014). So kommen Beziehungen, die nicht den klassischen Strukturen entsprechen, häufiger vor. Ehen, in welchen die Frau einem Hauptclan angehört und der Ehemann einer Minderheit, sind aber sehr selten (C 18.6.2014).

Auch in anderen Bereichen gibt es regionale Unterschiede: Während etwa Mogadischu durch seine Durchmischung eher tolerant ist, gibt es in Puntland eine klare Trennung und in einigen Gebieten dürfen Angehörige von Minderheiten nicht in den Städten wohnen (B 14.10.2014).

Die Existenz einer dynamischen Wirtschaftsgemeinde der Benadiri ist erwiesen (UKUT 5.11.2015). Ihnen ist es gelungen, Positionen in der Verwaltung zu besetzen. Außerdem sind die meisten in Mogadischu verbliebenen Benadiri-Kaufleute verhältnismäßig wohlhabend und können sich Schutz zukaufen (EASO 8.2014). Trotzdem gilt, dass sich die Benadiri lediglich durch die ökonomische Besserstellung von den anderen Minderheiten abheben (B 10.2014). Benadiri können sich auf der Suche nach einem Lebensunterhalt an diese Gemeinde wenden (UKUT 5.11.2015).

In Mogadischu gibt es heute keine Clankämpfe oder -Konflikte mehr. Es gibt dort auch kein Risiko einer schweren Diskriminierung aufgrund der Clanzugehörigkeit. Da es in der Stadt keine Clanmilizen mehr gibt, ist der Clan heute weniger eine Schutzstruktur als vielmehr eine soziale Struktur. Minderheitenangehörige werden nicht mehr aufgrund ihrer Zugehörigkeit marginalisiert oder belästigt. Die Sicherheitslage für Angehörige kleiner, schwacher Clans oder ethnischer Minderheiten hat sich wesentlich verbessert. Auch die Andeutung von UNHCR, dass für eine Rückkehr nach Mogadischu die Anwesenheit der Kernfamilie relevant ist, weist auf die nunmehr geringe Bedeutung des Clans hin (UKUT 3.10.2014; vergleiche UKUT 5.11.2015). Zusätzlich gibt eines keine physischen Charakteristika, welche die Zugehörigkeit zu einem bestimmten Clan erkennen ließen. Daher wissen die Menschen in Mogadischu und anderen großen Städten nicht automatisch, welchem Clan eine Person angehört (LI 4.4.2016).

Manche Minderheiten haben von al Shabaab profitiert und die Gruppe unterstützt. Mit dem Machtverlust für al Shabaab kommt es auch zu Fällen, wo diese vorherige Unterstützung nun negative Auswirkungen hat (EASO 8.2014). So waren bzw. sind überproportional viele Angehörige von Minderheiten bei der Ausführung von Körperstrafen und Exekutionen sowie bei der Verübung gezielter Attentate beteiligt. Das Risiko von Racheaktionen besteht (B 10.2014). Bei al Shabaab gilt generell, dass jene Clans, die als gegen al Shabaab gerichtet erachtet werden, mit mehr Problemen zu rechnen haben – sei es z.B. eine höhere Besteuerung; ökonomische Isolierung; oder Plünderung (EASO 8.2014).

Quellen:

  • Strichaufzählung
    AA - Auswärtiges Amt (1.12.2015): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia

  • Strichaufzählung
    B - Experte B (10.2014): Dieser Experte ist in Mogadischu tätig.

  • Strichaufzählung
    C - Experte C (18.6.2014): Dieser Experte arbeitet seit mehreren Jahren zu Somalia.

  • Strichaufzählung
    LI - Landinfo (4.4.2016): Somalia: Praktiske forhold og sikkerhetsutfordringer knyttet til reisevirksomhet i Sør-Somalia, http://www.landinfo.no/asset/3331/1/3331_1.pdf, Zugriff 4.4.2016

  • Strichaufzählung
    ÖB - Österreichische Botschaft Nairobi (10.2015):
    Asylländerbericht Somalia,
http://www.ecoi.net/file_upload/1729_1445329855_soma-oeb-bericht-2015-10.pdf, Zugriff 25.2.2016

  • Strichaufzählung
    UKUT - United Kingdom Upper Tribunal (Immigration and Asylum Chamber) (5.11.2015): AAW (expert evidence – weight) Somalia v. Secretary of State for the Home Department, [2015] UKUT 00673 (IAC), http://www.refworld.org/docid/5669ccf64.html, Zugriff 7.4.2016

  • Strichaufzählung
    UKUT - United Kingdom Upper Tribunal (Immigration and Asylum Chamber) (3.10.2014): UK Country Guidance Case. MOJ & Ors (Return to Mogadishu) (Rev 1) (CG) [2014] UKUT 442 (IAC), http://www.bailii.org/uk/cases/UKUT/IAC/2014/[2014]_UKUT_442_iac.html, Zugriff 7.4.2016

  • Strichaufzählung
    UNHRC - UN Human Rights Council (28.10.2015): Report of the independent expert on the situation of human rights in Somalia, Bahame Tom Nyanduga,
http://www.ecoi.net/file_upload/1930_1451399567_a-hrc-30-57-en.docx, Zugriff 23.3.2016

  • Strichaufzählung
    USDOS - US Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - Somalia, http://www.state.gov/j/drl/rls/hrrpt/humanrightsreport/index.htm?year=2015&dlid=252727, Zugriff 14.4.2016

1.3.1.6. Frauen und Kinder

Die aktuelle Verfassung betont in besonderer Weise die Rolle und die Menschenrechte von Frauen und Mädchen und die Verantwortung des Staates in dieser Hinsicht. Tatsächlich ist deren Lage jedoch weiterhin besonders prekär. Frauen und Mädchen bleiben den besonderen Gefahren der Vergewaltigung, Verschleppung und der systematischen sexuellen Versklavung ausgesetzt. Wirksamer Schutz gegen solche Übergriffe, insbesondere in den Lagern der Binnenvertriebenen, ist mangels staatlicher Autorität bisher nicht gewährleistet (AA 1.12.2015).

Die somalische Regierung hat mit Unterstützung der EU-Delegation für Somalia einen Aktionsplan zur Bekämpfung der sexuellen Übergriffe verabschiedet, die Implementierung geschieht jedoch sehr langsam (ÖB 10.2015).

Auch wenn Gewalt gegen Frauen in der Verfassung verboten ist (USDOS 13.4.2016), bleibt häusliche Gewalt gegen Frauen ein großes Problem (USDOS 13.4.2016; vergleiche AA 1.12.2015).

Gewalt gegen Frauen – insbesondere sexuelle Gewalt – ist laut Berichten der UNO und internationaler NGOs in der gesamten Region weit verbreitet (ÖB 10.2015; vergleiche UNHRC 28.10.2015). Besonders betroffen sind davon IDPs in Flüchtlingslagern, insbesondere in Mogadischu (ÖB 10.2015; vergleiche UNHRC 28.10.2015; USDOS 13.4.2016). Auch Frauen und Mädchen von Minderheiten sind häufig unter den Opfern von Vergewaltigungen. Dabei gibt es aufgrund der mit einer Vergewaltigung verbundenen Stigmatisierung der Opfer eine hohe Dunkelziffer (UNHRC 28.10.2015; vergleiche UKHO 3.2.2015; USDOS 13.4.2016). Die Täter sind bewaffnete Männer, darunter auch Regierungssoldaten, Milizionäre (HRW 27.1.2016; vergleiche UNHRC 28.10.2015; USDOS 13.4.2016), Polizisten und Mitglieder der al Shabaab (UNHRC 28.10.2015).

Es gibt Berichte, die nahelegen, dass sexualisierte Gewalt von der al Shabaab gezielt als Taktik im bewaffneten Konflikt eingesetzt wird (AA 1.12.2015).

Vergewaltigung ist zwar gesetzlich verboten (AA 1.12.2015; vergleiche ÖB 10.2015), die Strafandrohung beträgt 5-15 Jahre, vor Militärgerichten auch den Tod (USDOS 13.4.2016). Hinsichtlich geschlechtsspezifischer Gewalt herrscht aber weitgehend Straflosigkeit. Strafverfolgung oder Verurteilungen wegen Vergewaltigung oder anderer Formen sexueller Gewalt sind in Somalia rar (UKHO 3.2.2015; vergleiche AA 1.12.2015; ÖB 10.2015; USDOS 13.4.2016). Bei der Strafjustiz herrscht Unfähigkeit (UNHRC 28.10.2015). Manchmal verlangt die Polizei von den Opfern, die Untersuchungen selbst zu tätigen (Suche nach Zeugen, Lokalisierung von Schuldigen) (USDOS 13.4.2016; vergleiche UKHO 3.2.2015).

Andererseits hat die Militärjustiz bereits einige Soldaten der Armee wegen Vergewaltigungen zu langen Haftstrafen oder zum Tode verurteilt (UNHRC 28.10.2015). Meist werden Vergewaltigungen oder sexuelle Übergriffe aber vor traditionellen Gerichten abgehandelt, welche entweder eine Kompensationszahlung vereinbaren oder aber eine Ehe zwischen Opfer und Täter erzwingen (UNHRC 28.10.2015; vergleiche USDOS 13.4.2016). Von staatlichem Schutz kann nicht ausgegangen werden (ÖB 10.2015; vergleiche UKHO 3.2.2015), für die am meisten vulnerablen Fälle ist er nicht existent (HRW 27.1.2016).

In Puntland wird an einem Gesetz über sexuelle Vergehen gearbeitet. Das Frauenministerium unterstützt Opfer von Vergewaltigungen und sexueller Gewalt – auch durch das Vorantreiben einer Strafverfolgung der Täter (UNHRC 28.10.2015). In Puntland gehen die Behörden gegen der Vergewaltigung Beschuldigte vor (UKHO 3.2.2015).

Grundlage für eine Eheschließung ist die Scharia, Polygamie und Ehescheidung sind somit erlaubt (ÖB 10.2015). Die Übergangsverfassung legt kein Mindestalter für eine Eheschließung fest. Die Kinderehe ist verbreitet. In ländlichen Gebieten verheiraten Eltern ihre Töchter manchmal schon im Alter von zwölf Jahren. Insgesamt wurden 45 Prozent der Frauen im Alter von 20-24 Jahren bereits mit 18 Jahren, 8 Prozent bereits im Alter von 15 Jahren verheiratet. In ländlichen Gebieten werden auch 12jährige Mädchen verheiratet (USDOS 13.4.2016).

Zwangsehen sind weit verbreitet (ÖB 10.2015). Zwangsehen durch al Shabaab kommen in der Regel nur dort vor, wo die Gruppe die Kontrolle hat (C 18.6.2014; vergleiche USDOS 13.4.2016; UKHO 3.2.2015; DIS 9.2015). Dort sind Frauen und Mädchen einem ernsten Risiko ausgesetzt, von al Shabaab entführt, vergewaltigt und zu einer Ehe gezwungen zu werden (UKHO 3.2.2015; vergleiche USDOS 13.4.2016). Eine Verweigerung kann für das Mädchen oder ihre Familie den Tod bedeuten (DIS 9.2015; vergleiche NOAS 4.2014). Aus Städten unter Kontrolle von AMISOM und somalischer Armee gibt es keine Berichte hinsichtlich Zwangsehen mit Kämpfern der al Shabaab; wohl aber gibt es Berichte über diesbezügliche Drohungen via SMS (DIS 9.2015). Hingegen zwingen auch Angehörige bewaffneter Milizen und Clanmilizen Mädchen zur Eheschließung (UNHRC 28.10.2015).

Manchmal müssen entführte Frauen und Mädchen für al Shabaab auch als Putzkräfte, Köchinnen oder Trägerinnen arbeiten. In einigen Fällen wurden Mädchen als Selbstmordattentäterinnen verwendet (UKHO 3.2.2015).

Sowohl im Zuge der Anwendung der Scharia als auch bei der Anwendung traditionellen Rechtes sind Frauen nicht in den Entscheidungsprozess eingebunden (USDOS 13.4.2016). Zudem gelten die aus der Scharia interpretierten Regeln des Zivilrechts und Strafrechts, die Frauen tendenziell benachteiligen bzw. einem (übersteigerten) paternalistischen Ansatz folgen. Für Frauen gelten entsprechend andere gesetzliche Maßstäbe als für Männer. So erhalten beispielsweise Frauen nur 50% der männlichen Erbquote (AA 1.12.2015; vergleiche USDOS 13.4.2016). Bei der Tötung einer Frau ist im Vergleich zur Tötung eines Mannes nur die Hälfte des an die Familie des Opfers zu zahlenden "Blutgeldes" vorgesehen. Erwachsene Frauen und viele minderjährige Mädchen werden zur Heirat gezwungen (AA 1.12.2015). Insgesamt gibt es hinsichtlich der grundsätzlich diskriminierenden Auslegungen der zivil- und strafrechtlichen Elemente der Scharia keine Ausweichmöglichkeiten, die aus der Scharia interpretierten Regeln des Zivil- und Strafrechts gelten auch in Puntland und Somaliland. Gleichwohl gibt es politische Ansätze, die mittel- bis langfristig eine Annäherung des Status von Mann und Frau anstreben. In den von der al Shabaab kontrollierten Gebieten werden die Regeln der Scharia in extremer Weise angewandt – mit der entsprechenden weitergehenden Diskriminierung von Frauen als Folge (AA 1.12.2015).

In den kleiner werdenden Gebieten, die von der al Shabaab kontrolliert werden, herrscht eine strenge und harte Interpretation der Scharia. Viele Regeln betreffen Frauen: Vollverschleierung; Arbeitsverbot; Verbot der Reise mit nicht-verwandten Männern etc. Bei Nicht-Einhaltung der Regeln drohen schwere Bestrafungen (UKHO 3.2.2015).

In politische Entscheidungsprozesse sind Frauen nicht adäquat eingebunden (UNHRC 28.10.2015). Eigentlich wären für das Parlament 30% Sitze für Frauen vorgesehen. Diese stellen aber nur 14 von 275 Abgeordneten. In der 26köpfigen Regierung finden sich drei Frauen (USDOS 13.4.2016). In der Regionalversammlung der Galmudug Interim Administration (GIA) sind 8 von 64 Abgeordneten Frauen (UNSC 11.9.2015). Im Ältestenrat von Puntland war noch nie eine Frau vertreten, im 66sitzigen Repräsentantenhaus sind es zwei, es gibt auch zwei Ministerinnen (USDOS 13.4.2016).

Generell haben Frauen nicht die gleichen Rechte, wie Männer, und sie werden systematisch nachrangig behandelt (USDOS 13.4.2016). Frauen leiden unter schwerer Ausgrenzung und Ungleichheit in vielen Bereichen, vor allem; Gesundheit, Beschäftigung und Arbeitsmarktbeteiligung (ÖB 10.2015), Kreditvergabe, Bildung und Unterbringung (USDOS 13.4.2016). Laut einem Bericht einer somaliländischen Frauenorganisation aus dem Jahr 2010 besaßen dort nur 25% der Frauen Vieh, Land oder anderes Eigentum (USDOS 13.4.2016).

Quellen:

  • Strichaufzählung
    AA - Auswärtiges Amt (1.12.2015): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia

  • Strichaufzählung
    C - Experte C (18.6.2014): Dieser Experte arbeitet seit mehreren Jahren zu Somalia.

  • Strichaufzählung
    DIS - Danish Immigration Service (9.2015): Country of Origin Information for Use in the Asylum Determination Process; Report from the Danish Immigration Service’s fact finding mission to Nairobi, Kenya and Mogadishu, Somalia; 2-12 May 2015, http://www.ecoi.net/file_upload/1788_1443181235_somalia-ffm-report-2015.pdf, Zugriff 4.4.2016

  • Strichaufzählung
    EGMR - Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte (10.9.2015):
    R.H. v. Sweden, Application no. 4601/14, Council of Europe: European Court of Human Rights, http://www.refworld.org/docid/55f66ef04.html, Zugriff 7.4.2015

  • Strichaufzählung
    HRW - Human Rights Watch (27.1.2016): World Report 2016 - Somalia, http://www.ecoi.net/local_link/318350/443530_en.html, Zugriff 22.3.2016

  • Strichaufzählung
    NOAS - Norwegian (4.2014): Persecution and protection in Somalia,
    A fact-finding report by NOAS,
http://www.noas.no/wp-content/uploads/2014/04/Somalia_web.pdf, Zugriff 14.4.2016

  • Strichaufzählung
    ÖB - Österreichische Botschaft Nairobi (10.2015):
Asylländerbericht Somalia,
http://www.ecoi.net/file_upload/1729_1445329855_soma-oeb-bericht-2015-10.pdf, Zugriff 25.2.2016

  • Strichaufzählung
    UKHO - UK Home Office (3.2.2015): Country Information and Guidance
  • Strichaufzählung
    Somalia: Women fearing gender-based harm / violence, http://www.refworld.org/docid/54d1daef4.html, Zugriff 14.4.2016

  • Strichaufzählung
    UNHRC - UN Human Rights Council (28.10.2015): Report of the independent expert on the situation of human rights in Somalia, Bahame Tom Nyanduga,
http://www.ecoi.net/file_upload/1930_1451399567_a-hrc-30-57-en.docx, Zugriff 23.3.2016

  • Strichaufzählung
    UNSC - UN Security Council (11.9.2015): Report of the Secretary - General on Somalia,
http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1443010894_n1527126.pdf, Zugriff 23.3.2016

  • Strichaufzählung
    USDOS - US Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - Somalia, http://www.state.gov/j/drl/rls/hrrpt/humanrightsreport/index.htm?year=2015&dlid=252727, Zugriff 14.4.2016

1.3.1.7. Grundversorgung/Wirtschaft

Periodisch wiederkehrende Dürreperioden mit Hungerkrisen und die äußerst mangelhafte Gesundheitsversorgung sowie der mangelhafte Zugang zu sauberem Trinkwasser und das Fehlen eines funktionierenden Abwassersystems machen Somalia seit Jahrzehnten zum Land mit dem größten Bedarf an internationaler Nothilfe (AA 1.12.2015).

Die Versorgungslage ist anhaltend schlecht und hat sich im Jahr 2015 aufgrund der Nahrungsmittelknappheit zusätzlich verschlechtert (ÖB 10.2015). Die Grundversorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln ist nicht gewährleistet (AA 1.12.2015).

Im Dezember 2015 galten eine Million Menschen in Somalia als im humanitären Notstand befindlich; 3,9 Millionen befanden sich in "food security stress" (EASO 2.2016). Im Februar 2016 waren rund 305.000 Kinder unter fünf Jahren akut unterernährt, davon mehr als 58.000 schwer (UNOCHA 19.2.2016). Im Zeitraum Jänner bis Oktober 2015 wurden fast 22.000 akut unterernährte Kinder unter fünf Jahren mit lebensrettender Ernährung versorgt (UNSC 8.1.2016). Die Situation hatte sich durch saisonale Überschwemmungen in Hiiraan, Lower und Middle Juba und Middle Shabelle verschärft. Außerdem können manche Städte nicht ordentlich versorgt werden, weil al Shabaab die Warenzufuhr blockiert – z.B. Diinsoor (Bay) (EASO 2.2016), Buulo Barde (Hiiraan), Xudur und Waajid (Bakool) (UNOCHA 19.2.2016). Al Shabaab verbietet auch weiterhin den meisten humanitären Organisationen, auf eigenem Gebiet aktiv zu werden; vulnerable Bevölkerungsgruppen können dort nicht erreicht werden (UNHRC 28.10.2015).

Gleichzeitig befinden sich viele der in Notstand befindlichen Personen, die auf Nahrungsmittel und Ernährungshilfe angewiesen sind, in den Regionen Awdal und Sanaag (Somaliland), Bari (Puntland) und Benadir. Auch die armen und vulnerablen städtischen Populationen sind betroffen, vor allem in den vom Handel abgeschnittenen Städten (UNOCHA 19.2.2016).

Die Behörden in Somaliland und Puntland haben den Katastrophenzustand (Dürre) ausgerufen. In Somaliland sind fast 75.000 Kinder unter fünf Jahren akut unterernährt, in Puntland sind es 23.000. Am meisten betroffen sind Bari und Nugaal in Puntland sowie Awdal, Togdheer, Sool, Sanaag und Woqooyi Galbeed in Somaliland (UNOCHA 19.2.2016).

Im Zeitraum Jänner bis Oktober 2015 erhielten 1,5 Millionen Menschen grundlegende medizinische Leistungen. Schutzleistungen erreichten 303.000 Personen, Haushalts- und Unterkunftsunterstützung 145.000 Personen. Rund 100.000 Personen erhielten Geldmittel als Unterstützung. Im Oktober 2015 erhielten 406.000 Personen Nahrungsmittelhilfe, 393.000 Personen Unterstützung für den Lebensunterhalt und weitere 621.000 saisonale Unterstützung für den Lebensunterhalt (UNSC 8.1.2016). Trotzdem erreichen Hilfsprojekte von UN oder nichtstaatlichen Hilfsorganisationen in der Regel nicht die gesamte Bevölkerung. Dies gilt im Großen und Ganzen auch für Puntland, allerdings erreichen dort Hilfsorganisationen im Falle einer Dürrekatastrophe aufgrund der besseren Sicherheitslage mehr Menschen (AA 1.12.2015).

Es gibt unterschiedliche Zahlen darüber, wie hoch die Jugendarbeitslosigkeit in Somalia ist. UNDP gab die Zahl im Jahr 2012 mit 67% an (IOM 2.2016; vergleiche ÖB 10.2015). Bei der aktuellen Studie aus dem Jahr 2016 gaben aber nur 14,3% der befragten Jugendlichen in Mogadischu (6%), Kismayo (13%) und Baidoa (24%) an, gegenwärtig arbeitslos zu sein. Dies kann auf folgende Gründe zurückzuführen sein: a) dass die Situation in diesen drei Städten anders ist, als in anderen Teilen Somalias; b) dass die wirtschaftliche Entwicklung seit 2012 die Situation verbessert hat;

c) dass es nun mehr Unterbeschäftigte gibt; d) dass die Definition von "arbeitslos" unklar ist (z.B. informeller Sektor) (IOM 2.2016). All dies bedeutet jedenfalls, dass man die Arbeitslosigkeit in Somalia und in Mogadischu nicht beziffern kann (LI 1.4.2016). Insgesamt sind zuverlässige Daten zur Wirtschaft unmöglich zu erhalten bzw. zu verifizieren, u.a. aufgrund der Tatsache, dass die Mehrheit der Bevölkerung nach wie vor aus Nomaden besteht (ÖB 10.2015). Außerdem haben sich bisherige Studien darüber, wie Menschen in Mogadischu ihren Lebensunterhalt bestreiten, auf die am meisten vulnerablen Gruppen der Stadt konzentriert: Auf IDPs und Arme (urban poor). Für diese Gruppen ist es charakteristisch, dass sie humanitäre Unterstützung erhalten. Sie stellen etwa 20% der Bevölkerung von Mogadischu. Diese Gruppen profitieren nur zu einem äußerst geringen Anteil von Remissen (2% der Befragten; somalische Gesamtbevölkerung: 30%). Die Männer dieser Bevölkerungsgruppen arbeiten oft im Transportwesen, am Hafen und als Bauarbeiter; Frauen arbeiten als Hausangestellte. Eine weitere Einkommensquelle dieser Gruppen ist der Kleinhandel – v.a. mit landwirtschaftlichen Produkten. Zusätzlich erhalten sie Nahrungsmittelhilfe und andere Leistungen über wohltätige Organisationen (LI 1.4.2016).

Hinsichtlich jugendlicher Arbeitsloser in Mogadischu gibt es außerdem die Vermutung, dass viele von ihnen gar nicht nach Arbeit suchen, u.a. deswegen, weil sie auf Rimessen aus dem Ausland, auf Nahrungs- und andere Hilfe und manchmal auch auf Pachterträge zurückgreifen können (UKUT 5.11.2015). Seitens der Regierung gibt es für Arbeitslose jedenfalls keinerlei Unterstützung (LI 1.4.2016). In einer Studie von IOM gaben arbeitslose Jugendliche (14-30 Jahre) an, in erster Linie von der Familie in Somalia (60%) und von Verwandten im Ausland (27%) versorgt zu werden (IOM 2.2016).

Dabei kann angenommen werden, dass es in Mogadischu viel mehr Arbeitsmöglichkeiten gibt, als an anderen Orten Somalias. Der ökonomische Wiederaufbau verlangt sowohl nach erfahrenen, ausgebildeten Arbeitskräften, als auch nach jungen Menschen ohne Bildung und Arbeitserfahrung (LI 1.4.2016). Neben den Bauaktivitäten gibt es auch vermehrt Taxiunternehmen, Busunternehmen, Reinigungen, Elektronikhändler etc. und die damit verbundenen Arbeitsmöglichkeiten (z.B. Bauarbeiter, Kellner, Fahrer, Verkäufer) (UKUT 3.10.2014; vergleiche UKUT 5.11.2015).

In der Stadt gibt es eine steigende Nachfrage an Hilfsarbeitern. Früher hatten die nicht-Ausgebildeten größere Schwierigkeiten, eine Arbeit zu finden. Mit der steigenden Kaufkraft der Bevölkerung steigt aber auch die Nachfrage nach Dienstleistungen, z.B. nach Reinigungskräften oder anderer Hausarbeit. Mit der zunehmenden Sicherheit in Mogadischu sind auch aus anderen Teilen des Landes unausgebildete Arbeitskräfte auf der Suche nach Arbeit in die Hauptstadt gekommen (IOM 2.2016; vergleiche LI 1.4.2016). Dementsprechend sind unqualifizierte Arbeitskräfte, bei denen es nur um physische Kraft geht (Bauwirtschaft, Hafenarbeiter etc.) in Mogadischu zahlreich verfügbar. Junge Kandidaten werden bevorzugt (IOM 2.2016).

Einen großen Bedarf gibt es an folgenden ausgebildeten Kräften und Fähigkeiten – bzw. womöglich auch an Ausbildungswilligen: Handwerker (Tischler, Maurer, Schweißer etc.); im Gastgewerbe (Köche, Kellner etc.); Schneider; Ingenieure; medizinisches Personal;

fortgeschrittene IT- und Computerkenntnisse; Agrarfachwissen;

Lehrkräfte auf allen Ebenen. Einen Bedarf gibt es auch an folgenden Arbeitskräften und Fähigkeiten: Mechaniker, Elektriker, Installateure, Fahrer von Spezialfahrzeugen; Betriebswirte und Buchhalter; Verkauf und Marketing; Englisch-Sprechern; IT- und Computerkenntnisse (IOM 2.2016). Der Mangel an Fachkräften ist so groß, dass in manchen Bereichen auf Gastarbeiter zurückgegriffen wird (z.B. im Gastgewerbe auf Kenianer und Somaliländer; oder im Baugewerbe auf Handwerker aus Bangladesch) (LI 1.4.2016; vergleiche IOM 2.2016).

Fast alle in der Studie von IOM befragten Arbeitgeber haben angegeben, dass sie mittelfristig mehr Personal einstellen wollen (IOM 2.2016). Weil freie Arbeitsplätze oft nicht breit beworben werden und die Arbeitgeber den Clan und die Verwandtschaft eher berücksichtigen als erworbene Fähigkeiten, haben Bewerber ohne richtige Verbindungen oder aus Minderheiten sowie Frauen (IOM 2.2016; vergleiche DIS 9.2015), Witwen und Migranten ohne Familien schlechtere Chancen (DIS 9.2015). Arbeitssuchende greifen also auf ihre privaten Netzwerke zurück. Größere Firmen platzieren Jobangebote auch an Hauswänden oder in lokalen Medien. Öffentliche Stellen greifen auch auf Onlinemedien zurück (z.B. baidoanews.net oder somalijobs.net). Männliche Hilfsarbeiter stellen ihre Arbeitskraft frühmorgens an bestimmten Plätzen zur Verfügung (Mogadischu: Bakara; Baidoa: Kilo 7; Kismayo: Golol Place) (IOM 2.2016).

Der militärische Erfolg gegen al Shabaab in Mogadischu hat dazu geführt, dass viele Somali aus der Diaspora zurückgekehrt sind (BS 2016; vergleiche LI 1.4.2016). Die Rückkehrer haben investiert und gleichzeitig eine wachsende Nachfrage geschaffen (LI 1.4.2016). Außerdem traten neue Investoren in den Vordergrund, z.B. die Türkei (BS 2016; vergleiche LI 1.4.2016), China und die Golf-Staaten (LI 1.4.2016). Die Wirtschaft von Mogadischu hat begonnen zu wachsen. Dies wird angesichts des Baubooms am offensichtlichsten (BS 2016). Heute ist Mogadischu vom Wiederaufbau, ökonomischer Wiedererholung und Optimismus gekennzeichnet (LI 1.4.2016). Supermärkte, Restaurants und Hotels wurden neu geöffnet (BS 2016). Auch in anderen, der al Shabaab abgerungenen Städten steigt die Zahl wirtschaftlicher Aktivitäten (BS 2016).

Viele UN-Agenturen (bspw. UN-Habitat, UNICEF, UNHCR) sind tatkräftig dabei das Land wiederaufzubauen (ÖB 10.2015). So haben z.B. UN für Somalia ein Programm entworfen, das auf die Beschäftigung Jugendlicher abzielt. Mit dem Programm soll das Wachstum arbeitsintensiver Wirtschaftssektoren angekurbelt werden. Jugendliche sollen jene Fähigkeiten erhalten, die auf wachsenden Märkten am meisten gebraucht werden. Außerdem sind Initiativen der Weltbank auf den Weg gebracht, welche auf die Stromversorgung und auf den Finanzsektor abzielen. Privates Investment und die Schaffung von Arbeitsplätzen sollen gefördert werden. Die FAO unterstützt die Vieh-, Land- und Fischereiwirtschaft. Außerdem hat sie mehr als 30.000 Haushalte über cash-for-work-Programme finanziell beim Wiederaufbau von Infrastruktur unterstützt. Die ILO hat für 11.000 Haushalte (Rückkehrer aus Kenia, IDPs und Gastgemeinden) Arbeitsmöglichkeiten geschaffen (UNSC 11.9.2015).

Das meiste Einkommen lukriert Somalia mit Viehexport, Häuten, Fisch, Holzkohle und Bananen. Ein Schlüsselelement der Wirtschaft ist der Telekommunikationsbereich. Außerdem sind seit dem Rückzug der al Shabaab aus Mogadischu einige Bereiche stark gewachsen: Die öffentliche Verwaltung; internationale Organisationen; Botschaften; der Bausektor; und der Dienstleistungsbereich (Hotels, Restaurants, Transportsektor, Schulen, Spitäler etc.) (LI 1.4.2016). Viele Bereiche liegen in den Händen privater Anbieter (LI 1.4.2016; vergleiche BS 2016). Neben Schulen und Spitälern wird beispielsweise auch die Steuer von einer Privatfirma eingehoben. Berechnungen zufolge ist die somalische Wirtschaft ständig gewachsen; für 2014 schätzt der IWF das Wachstum auf 3,7% (LI 1.4.2016).

Aufgrund der Tatsache, dass bereits eine Anzahl von somalischen Flüchtlingen bereit sind, freiwillig zurückzukehren bzw. viele schon zurückgekehrt sind, besteht eine berechtigte Hoffnung, in absehbarer Zeit das Land als zunehmend sicherer und bewohnbarer zu qualifizieren (ÖB 10.2015).

Quellen:

  • Strichaufzählung
    AA - Auswärtiges Amt (1.12.2015): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia

  • Strichaufzählung
    BS - Bertelsmann Stiftung (2016): BTI 2016 - Somalia Country Report,
https://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2016/pdf/BTI_2016_Somalia.pdf, Zugriff 24.3.2016

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    EASO - European Asylum Support Office (2.2016): Somalia Security Situation,
http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1457606427_easo-somalia-security-feb-2016.pdf, Zugriff 22.3.2016

  • Strichaufzählung
    IOM - Internationale Organisation für Migration (2.2016): Youth, Employment and Migration in Mogadishu, Kismayo and Baidoa, http://www.iom.int/sites/default/files/country/docs/IOM-Youth-Employment-Migration-9Feb2016.pdf, Zugriff 21.4.2016

  • Strichaufzählung
    LI - Landinfo (1.4.2016): Somalia: Aktuelle sosiale og økonomiske forhold ved retur til Mogadishu, http://www.landinfo.no/asset/3330/1/3330_1.pdf, Zugriff 4.4.2016

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    ÖB - Österreichische Botschaft Nairobi (10.2015):
Asylländerbericht Somalia,
http://www.ecoi.net/file_upload/1729_1445329855_soma-oeb-bericht-2015-10.pdf, Zugriff 25.2.2016

  • Strichaufzählung
    UKUT - United Kingdom Upper Tribunal (Immigration and Asylum Chamber) (5.11.2015): AAW (expert evidence – weight) Somalia v. Secretary of State for the Home Department, [2015] UKUT 00673 (IAC), http://www.refworld.org/docid/5669ccf64.html, Zugriff 7.4.2016

  • Strichaufzählung
    UKUT - United Kingdom Upper Tribunal (Immigration and Asylum Chamber) (3.10.2014): UK Country Guidance Case. MOJ & Ors (Return to Mogadishu) (Rev 1) (CG) [2014] UKUT 442 (IAC), http://www.bailii.org/uk/cases/UKUT/IAC/2014/[2014]_UKUT_442_iac.html, Zugriff 7.4.2016

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    UNHRC - UN Human Rights Council (28.10.2015): Report of the independent expert on the situation of human rights in Somalia, Bahame Tom Nyanduga,
http://www.ecoi.net/file_upload/1930_1451399567_a-hrc-30-57-en.docx, Zugriff 23.3.2016

  • Strichaufzählung
    UNOCHA - UN Office for the Coordination of Humanitarian Affairs (19.2.2016): Humanitarian Bulletin Somalia February 2016, http://www.ecoi.net/file_upload/1788_1457889182_feb.pdf, Zugriff 1.4.2016

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    UNSC - UN Security Council (8.1.2016): Report of the Secretary-General on Somalia,
http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1453284910_n1600065.pdf, Zugriff 1.4.2016

  • Strichaufzählung
    UNSC - UN Security Council (11.9.2015): Report of the Secretary - General on Somalia,
http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1443010894_n1527126.pdf, Zugriff 23.3.2016

a) Rückkehrspezifische Grundversorgung:

Als allgemeine Regel gilt, dass Somali auch sehr entfernt Verwandte, die aus einer anderen Gegend kommen, unterstützen werden, da eine Clan-Verbindung besteht. Voraussetzung dafür ist, dass die Kapazitäten dafür zur Verfügung stehen. Allerdings wurde das Konzept der Clan-Solidarität in Süd-/Zentralsomalia überdehnt. Viele Familien und Clan-Netzwerke sehen sich nicht mehr in der Lage, die Bedürfnisse vertriebener Verwandter zu erfüllen (DIS 9.2015).

Beide – Familie (auch die erweiterten und entfernt verwandten Teile) und Clan – bleiben einer der wichtigsten Faktoren, wenn es um Akzeptanz, Sicherheit und Grundbedürfnisse (Unterkunft, Nahrung) geht. Eine Person, die an einen neuen Wohnort zieht, erwartet sich die Akzeptanz des Clans in der lokalen Gemeinschaft. Diese Akzeptanz bedeutet, dass die Menschen über den Neuankömmling und seine Verbindungen Bescheid wissen; damit steht auch der Schutz in Verbindung, den diese Person vom Clan erlangen kann. Dies gilt auch für Rückkehrer, doch können diese ja nach Fähigkeiten und Kapazitäten auch autark leben, ohne einer Clan-Belästigung ausgesetzt zu sein. Auf der anderen Seite ist eine schwache Person mit wenigen Ressourcen auf die Unterstützung von Angehörigen, Verwandten oder einem engen Netzwerk angewiesen, um Unterkunft und Einkünfte zu erlangen. Grundsätzlich wird dabei nicht zuerst der Clan um Unterstützung angefragt (DIS 9.2015). Hier wendet man sich zuerst an die Familienebene. Wenn aber eine Person in einem Gebiet weder über Kernfamilie noch über Verwandte verfügt, dann kann der Clan Ressourcen zur Verfügung stellen (DIS 9.2015; vergleiche UKUT 3.10.2014), wobei dies im Falle von Mogadischu eher bei großen Clans Erfolg haben wird (UKUT 3.10.2014). Eine übersiedelnde Person, wird sich in einem IDP-Lager wiederfinden und sich keinen Lebensunterhalt sichern können, wenn sie in einer Stadt weder über Kern- oder erweiterte Familie mit entsprechenden Ressourcen verfügt (DIS 9.2015; vergleiche UKUT 5.11.2015) noch auf Rimessen zurückgreifen kann. Diese Person ist auf humanitären Schutz angewiesen (UKUT 5.11.2015). Auch für alleinstehende Frauen oder Alleinerzieherinnen hängt der zu erwartende Lebensunterhalt vom Status und von den Ressourcen der Familienangehörigen im Aufnahmegebiet ab (DIS 9.2015).

Rückkehrer haben bei der Arbeitssuche in Mogadischu wahrscheinlich Vorteile, da sie eher gebildet sind und als einfallsreicher erachtet werden. Dies gilt noch mehr, wenn der Arbeitgeber selbst ein aus der Diaspora Zurückgekehrter ist (UKUT 3.10.2014; vergleiche UKUT 5.11.2015).

Zur Klärung, welche Mittel eine Person bei einer Rückkehr nach Mogadischu zur Verfügung hat, sind folgende Punkte zu berücksichtigen: Die Lebensumstände der Person vor der Abreise aus Mogadischu; die Dauer der Abwesenheit aus der Stadt; die Clan-Verbindungen, auf welche zurückgegriffen werden kann; der Zugang zu finanziellen Ressourcen; die Möglichkeiten der Person, sich durch Arbeit oder Selbständigkeit einen Lebensunterhalt zu finanzieren; die Verfügbarkeit von Rimessen aus dem Ausland; die Lebensumstände der Person im Gastland; und die Frage, ob die Finanzierung der Reise in den Westen einer finanziellen Unterstützung bei der Rückkehr entgegensteht. Insgesamt liegt es also an der Person selbst zu erklären, warum sie nicht an den durch den Wirtschaftsboom in Mogadischu bestehenden ökonomischen Möglichkeiten teilhaben kann (UKUT 3.10.2014; vergleiche UKUT 5.11.2015).

Quellen:

  • Strichaufzählung
    DIS - Danish Immigration Service (9.2015): Country of Origin Information for Use in the Asylum Determination Process; Report from the Danish Immigration Service’s fact finding mission to Nairobi, Kenya and Mogadishu, Somalia; 2-12 May 2015, http://www.ecoi.net/file_upload/1788_1443181235_somalia-ffm-report-2015.pdf, Zugriff 4.4.2016

  • Strichaufzählung
    UKUT - United Kingdom Upper Tribunal (Immigration and Asylum Chamber) (5.11.2015): AAW (expert evidence – weight) Somalia v. Secretary of State for the Home Department, [2015] UKUT 00673 (IAC), http://www.refworld.org/docid/5669ccf64.html, Zugriff 7.4.2016

  • Strichaufzählung
    UKUT - United Kingdom Upper Tribunal (Immigration and Asylum Chamber) (3.10.2014): UK Country Guidance Case. MOJ & Ors (Return to Mogadishu) (Rev 1) (CG) [2014] UKUT 442 (IAC), http://www.bailii.org/uk/cases/UKUT/IAC/2014/[2014]_UKUT_442_iac.html, Zugriff 7.4.2016

1.3.2. Anfragebeantwortung der Staatendokumentation, Somalia:

Versorgung mit Grundnahrungsmitteln in Mogadischu vom 07.06.2017:

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The Guardian berichtet, dass Somalia mit einer Hungersnot konfrontiert ist. Dies ist eine Konsequenz der schlimmsten Dürre seit 40 Jahren und der anhaltenden Rebellion. Über eine halbe Millionen Menschen sind bereits in Bewegung und suchen Nahrung, Wasser Zuflucht und medizinische Versorgung. Etwa 100.000 haben bereits Mogadischu erreicht, es kommen jedoch jeden Tag weitere Menschen an. Hilfsorganisationen befürchten, dass die Zahlen steigen werden, wenn es nicht im nächsten Monat regnen wird und dass dann etwa eine Million Menschen Zuflucht in den Städten Somalias suchen werden. Derartige Zahlen könnten die Anstrengungen der Regierung und der internationalen Gemeinde überwältigen. Bei einem Lager am Stadtrand von Mogadischu ist das Ausmaß des Problems deutlich erkennbar. Bereits etwa 6.000 Menschen leben dort auf engsten Raum in Zelten und Unterkünften. Über 700 Neuankömmlinge sind innerhalb zweier Tage angekommen. Nahrung, welche von Save the Children zur Verfügung gestellt wird, wird knapp. Der Leiter des Lagers berichtet, dass die Situation nicht zu bewältigen ist. Es herrscht ein Mangel an Unterkünften, Kochpersonal, Treibstoff usw. Die Neuankömmlinge haben alles verkauft, um ihre Reise zum Lager finanzieren zu können. Sie haben nichts mehr, sind sehr schwach und einige Kinder sterben unterwegs. Der Zustrom von Menschen könnte den fragilen Prozess zum Wiederaufbau Mogadischus stören, da somit die wenigen Basisdienstleistungen, die den etwa 2 Millionen Bewohnern zur Verfügung stehen, einer großen Belastung ausgesetzt sind. Beamte räumen ein, dass Bereiche um Mogadischu "No Man’s Land" sind und dass Polizei und Regierungsbeamte zwei Gegenden nicht betreten können, da diese als Hochburgen für Unterstützer der al Shabaab bekannt sind. Für Mogadischu ist es immer noch eine Herausforderung, den Zustrom an Menschen aus den letzten Jahren zu absorbieren, viele waren aufgrund der letzten Hungersnot im Jahr 2011 nach Mogadischu geflohen.

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Xinhua New China, die Nachrichtenagentur der Regierung der Volksrepublik China, berichtet, dass laut UN die geschätzte Anzahl von Menschen, die in Somalia humanitäre Hilfe benötigen, auf 6,7 Millionen gestiegen ist. Seit November 2016 sind aufgrund der Dürre 683.000 Menschen innerhalb Somalias zu IDPs geworden.

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UNSOM, United Nations Assistance Mission in Somalia, berichtet im März 2017, dass binnen zweier Monate im Banaadir Krankenhaus in Mogadischu 47 Kinder durch von Hunger verursachte Krankheiten gestorben sind. Etwa 1.200 Kinder wurden im selben Zeitraum aufgrund schwerer Unterernährung behandelt. Eine NGO, Somali Relief and Rehabilitation Development Organization, verteilt im Bezirk Hodan in Mogadischu Nahrung an hilfsbedürftige Kinder und ältere Menschen. Die Zahl der Menschen, die dort bei der Organisation Nahrung erhalten, hat in den letzten Monaten deutlich zugenommen.

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ABC News, der Nachrichtenbereich des US-amerikanischen Fernsehsenders American Broadcasting Company, berichtet im Mai 2017, dass UNICEF mitgeteilt hat, dass in Somalia im Jahr 2017 etwa 1.4 Millionen Kinder an akuter Unterernährung leiden werden. Seit November 2016 waren etwa 615.000 Menschen (hauptsächliche Frauen und Kinder) aufgrund der anhaltenden Dürre gezwungen, ihre Heimatgebiete zu verlassen. Laut Oxfam International sind 2.9 Millionen in Somalia akuter Ernährungsunsicherheit ausgesetzt. Durch frühzeitige Planung und Finanzierung konnten UNICEF und dessen Partner die Hilfslieferungen für Somalia erhöhen. Über 1 Millionen Menschen, die von der Dürre betroffen sind, wurden mit vorübergehendem Zugang zu sauberem Wasser geholfen.

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2. Beweiswürdigung:

2.1. Zu den Feststellungen zum Verfahrensgang:

Das Datum der Antragstellung und die Ausführungen zum Verfahrensverlauf ergeben sich aus dem Akteninhalt.

2.2. Zu den Feststellungen zur Person der Beschwerdeführerin:

Die Beschwerdeführerin legte weder vor der belangten Behörde, noch vor dem Bundesverwaltungsgericht Dokumente im Original vor, die ihre Identität zweifelsfrei belegen hätten können und mit ihren Identitätsangaben übereinstimmen würden, weshalb die genaue Identität nicht festgestellt werden konnte. Die im Spruch angeführten Daten dienen lediglich zur Identifizierung der Beschwerdeführerin als Verfahrenspartei.

Die näheren Feststellungen zu ihrer Staatsangehörigkeit gründen sich auf ihre kohärenten Schilderungen im verwaltungsbehördlichen Verfahren und in der mündlichen Verhandlung. Diese wurde ebenso wie die Clanzugehörigkeit der Beschwerdeführerin bereits durch die belangte Behörde festgestellt; das Bundesverwaltungsgericht hat keine Veranlassung, an diesen – im gesamten Verfahren gleich gebliebenen – Aussagen der Beschwerdeführerin zu zweifeln.

Die Feststellung zur strafgerichtlichen Unbescholtenheit ergibt sich aus der Einsichtnahme in das Strafregister.

Die Feststellungen zum Gesundheitszustand der Beschwerdeführerin gründen auf ihren diesbezüglich glaubhaften Aussagen in der mündlichen Beschwerdeverhandlung vergleiche Seite 4 der Verhandlungsschrift: "R: Wie geht es Ihnen gesundheitlich? [ ] Sind Sie insbesondere in ärztlicher Behandlung, befinden Sie sich in Therapie, nehmen Sie Medikamente ein? BF: Es geht mir gut. Ich habe keine Beschwerden und nehme derzeit auch keine Medikamente."). Soweit die Beschwerdeführerin in der mündlichen Beschwerdeverhandlung vorbrachte, dass sie seit der im Jahr 2009 (angeblich) erlittenen Vergewaltigungen an Unterleibsschmerzen und massiven Blutungen litt, weswegen sie im Herbst 2016 operiert worden sei, und nach wie vor an ständigen Blutungen leide, ist dem entgegen zu halten, dass sich aus dem mit der Stellungnahme vom 10.10.2017 vorgelegten Arztbrief vom 06.10.2016 lediglich ergibt, dass die Beschwerdeführerin an einer Menometrorrhagia gravis – rez. Anämia gravis litt und am 06.10.2016 einer Curettage unterzogen wurde. Eine aktuelle Beeinträchtigung ihres Gesundheitszustandes lässt sich aus diesem Arztbrief jedenfalls nicht erkennen. Der Beschwerdeführerin war es darüber hinaus trotz Aufforderung in der mündlichen Beschwerdeverhandlung auch nicht möglich, aktuelle gynäkologische Befunde vorzulegen, weswegen in Zusammenschau mit ihren Angaben, gesund zu sein, davon ausgegangen wird, dass die gynäkologischen Probleme der Beschwerdeführerin mit der Operation im Oktober 2016 auskuriert wurde und die Beschwerdeführerin aktuell an keinerlei Erkrankungen leidet.

Vor dem Hintergrund der Angaben der Beschwerdeführerin, sie habe seit ihrer Ausreise aus Somalia im Jänner 2010 keinerlei Kontakt mehr zu ihrer Familie in Somalia gehabt, erging die Feststellung, dass nicht festgestellt werden kann, ob die Beschwerdeführerin noch über familiäre Anknüpfungspunkte in Somalia verfügt.

2.3. Zu den Feststellungen zum Fluchtvorbringen der Beschwerdeführerin:

Entgegen der Angaben zur Staatsangehörigkeit der Beschwerdeführerin und ihrem Clan, die sie gleichlautend schilderte, war ihr fluchtauslösendes Vorbringen erstaunlich oberflächlich, vage und massiv widersprüchlich. Es gelang der Beschwerdeführerin weder vor dem Bundesamt noch in der mündlichen Verhandlung ein gleichbleibendes Bild über ihre Fluchtgründe zu zeichnen; auch Nachfragen in der mündlichen Beschwerdeverhandlung führten nicht zur Aufklärung der Ungereimtheiten bzw. der Spezifizierung ihrer Angaben. Die zur Entscheidung berufene Richterin des Bundesverwaltungsgerichtes geht nach Durchführung der mündlichen Verhandlung – nicht zuletzt aufgrund ihres persönlichen Eindruckes – somit davon aus, dass die Angaben der Beschwerdeführerin zu ihren Fluchtgründen nicht glaubhaft sind:

Die Angaben der Beschwerdeführerin erwiesen sich bereits hinsichtlich ihrer genauen Herkunft in Süd-/Zentralsomalia als signifikant widersprüchlich. So gab die Beschwerdeführerin in ihrer Erstbefragung am 24.04.2015 an, in römisch XXXX geboren zu sein vergleiche AS 1) und in Mogadischu im Bezirk römisch XXXX gewohnt zu haben vergleiche AS 5). Im Zuge ihrer Einvernahme vor dem Bundesamt am 29.08.2016 wurde die Beschwerdeführerin zunächst ebenfalls zu ihren Daten und zu ihren Verwandten in Somalia befragt. Auch hier gab sie an, in römisch XXXX geboren zu sein. Ihre Adresse sei in Mogadischu im Bezirk römisch XXXX gewesen vergleiche AS 79). Darüber hinaus gab die Beschwerdeführerin an, dass auch all ihre Geschwister (zwei Schwestern, drei Brüder, zwei Halbschwestern und zwei Halbbrüder) in Mogadischu im Bezirk römisch XXXX leben vergleiche AS 80). Auf weitere Befragung, wo sie bis zu ihrer Ausreise gelebt habe, gab die Beschwerdeführerin an, seit ihrer Geburt bis vier Tage vor ihrer Ausreise in römisch XXXX gelebt zu haben. Erst die letzten vier Tage vor ihrer Ausreise habe sie in Mogadischu im Bezirk römisch XXXX gewohnt, wobei ihre Reise von römisch XXXX nach Mogadischu von 23:00 Uhr bis 05:00 Uhr mit dem Auto gedauert habe. Auf die Frage, wovon sie in Somalia bis zu ihrer Ausreise gelebt habe, gab die Beschwerdeführerin an, ein kleines Restaurant in römisch XXXX besessen zu haben vergleiche AS 87). Erst im weiteren Verlauf der Einvernahme und auf Nachfrage, zu welcher Region römisch XXXX gehöre, führte die Beschwerdeführerin erstmals und plötzlich aus, nie in römisch XXXX gewohnt zu haben und dort auch nie gewesen zu sein, sondern eigentlich aus einem kleinen Dorf namens römisch XXXX zu stammen vergleiche AS 89). Auf Vorhalt dieser massiv widersprüchlichen Angaben in der mündlichen Beschwerdeverhandlung bestritt die Beschwerdeführerin, jemals von einer Herkunft aus römisch XXXX gesprochen zu haben und bezog sich auf falsche Übersetzungsleistungen des Dolmetschers in der Erstbefragung. Dieser Rechtfertigung der Beschwerdeführerin ist jedoch entgegen zu halten, dass diese in der Einvernahme vor dem Bundesamt am 29.08.2016 anfänglich – wie soeben dargestellt – ebenfalls von einer Herkunft aus römisch XXXX sprach und angab, dort ein Restaurant besessen zu haben. Selbst wenn man der Beschwerdeführerin somit zugestehen sollte, dass es im Zuge der zeitlich begrenzten Erstbefragung zu Dolmetschfehlern gekommen sein mag und dort irrtümlich eine Herkunft aus römisch XXXX oder aus Mogadischu festgehalten worden sein sollte, so lassen sich diese falschen Protokollierungen dennoch nicht mit den diesbezüglichen Erklärungen der Beschwerdeführerin in der mündlichen Beschwerdeverhandlung aufklären. Die Beschwerdeführerin gab diesbezüglich an, der Dolmetscher habe sie in der Erstbefragung gefragt, wo der Verwaltungssitz in ihrer Herkunftsregion liege, darauf habe sie römisch XXXX gesagt vergleiche Seite 6 der Verhandlungsschrift). Dem ist jedoch entgegen zu halten, dass die von der Beschwerdeführerin genannte Herkunftsregion, Middle Shabelle, in vier große Verwaltungsbezirke einteilt ist und römisch XXXX und römisch XXXX zwei dieser Verwaltungsbezirke bilden. Hauptstadt des Verwaltungsbezirks römisch XXXX ist die Ortschaft römisch XXXX , Hauptstadt des Verwaltungsbezirks römisch XXXX ist die Ortschaft römisch XXXX . Dass die Ortschaft römisch XXXX somit – wie von der Beschwerdeführerin in der mündlichen Beschwerdeverhandlung behauptet – von römisch XXXX verwaltet wird oder – wie in der Stellungnahme vom 16.10.2017 behauptet – 2009 verwaltet wurde, ist somit auszuschließen. Die Erklärung der Beschwerdeführerin, der Dolmetsch habe ihr in der Erstbefragung schlicht die Frage falsch übersetzt (nämlich nicht nach ihrer Herkunft sondern nach dem Verwaltungssitz ihrer Region), weswegen ihre Antwort auch auf römisch XXXX gelautet habe, bietet somit keinerlei Erklärungswert für die massiv widersprüchlichen Angaben der Beschwerdeführerin zu ihrer Herkunft.

Dass die Beschwerdeführerin nicht aus dem "kleinen Dorf" römisch XXXX stammt (das durchaus über 6.000 Einwohner verfügt), wird auch dadurch augenscheinlich, dass es dieser – bis auf die Aussage, römisch XXXX liege am Meer – nicht möglich war, diese Stadt auch nur ansatzweise zu beschreiben oder auch nur eine ungefähre Einwohneranzahl anzugeben.

Es war der Beschwerdeführerin darüber hinaus auch nicht möglich aufzuklären, weswegen in der Einvernahme vor dem Bundesamt die Adresse all ihrer Geschwister mit Mogadischu, Bezirk römisch XXXX , protokolliert wurde vergleiche AS 80), sie jedoch später angab, in Mogadischu keine Familie zu haben vergleiche AS 97) und sie auch in der mündlichen Beschwerdeverhandlung auf entsprechenden Vorhalt angab, nie gesagt zu haben, dass ihre Geschwister dort leben vergleiche Seite 6 und 7 der Verhandlungsschrift). Nun mag der Beschwerdeführerin noch zugestanden werden, dass sie selbst immer von ihrer allerletzten Wohnadresse in Somalia gesprochen und damit jene Adresse gemeint hatte, an der sie sich vier Tage vor ihrer Ausreise aufgehalten hatte. Damit vermag die Beschwerdeführerin aber nicht darzulegen, weswegen die Adressen all ihrer Geschwister mit Mogadischu protokolliert wurde.

Es erwiesen sich somit bereits die Angaben der Beschwerdeführerin zu ihrer genauen Herkunft in Süd-/Zentralsomalia derart auffallend widersprüchlich, dass deren Fluchtgeschichte bereits in ihrer Grundlage – nämlich dem Besitz eines Restaurants in römisch XXXX , das neben der Tätigkeit ihres Mannes als Polizist der Grund ihrer Mitnahme durch die Al Shabaab gewesen sein soll – als nicht den Tatsachen entsprechend angesehen werden kann. Weiters war es der zuständigen Richterin aufgrund dieser widersprüchlichen Angaben der Beschwerdeführerin auch nicht möglich, eine konkrete Herkunftsregion der Beschwerdeführerin festzustellen. Ob die Beschwerdeführerin – wie von der belangten Behörde im o.a. Bescheid festgestellt und in der Stellungnahme vom 11.10.2017 bekräftigt – tatsächlich aus Mogadischu stammt, konnte aufgrund der massiv widersprüchlichen Angaben der Beschwerdeführerin im Laufe ihres gesamten Asylverfahrens jedoch ebenfalls nicht mit der dafür notwendigen Wahrscheinlichkeit angenommen und festgestellt werden, weswegen die Feststellung erging, dass die konkrete Herkunftsregion der Beschwerdeführerin in Süd-/Zentralsomalia nicht festgestellt werden kann.

Das Vorbringen der Beschwerdeführerin zu ihren Fluchtgründen erwies sich jedoch auch über ihre Angaben zu ihrer Herkunft hinaus als massiv widersprüchlich und blieb sowohl in der Einvernahme vor dem Bundesamt am 29.08.2016 als auch in der mündlichen Beschwerdeverhandlung derart oberflächlich, vage, undetailliert sowie flach, dass nicht der Eindruck entstehen konnte, die Beschwerdeführerin berichtet von Selbsterlebtem. Vor dem Bundesamt erschöpften sich die Angaben der Beschwerdeführerin zum Tod ihrer Eltern, ihrer eigenen Mitnahme durch die Al Shabaab, ihrer viermonatigen Inhaftierung samt Vergewaltigung und ihrer Flucht nach Europa im Rahmen ihrer freien Erzählung zu ihren Fluchtgründen auf fünf (!) Sätze. Es bedurfte in weiterer Folge ständiger Nachfragen seitens des Einvernahmeleiters, um zumindest einzelne wenige Details dieser Fluchtgeschichte in Erfahrung bringen zu können, wobei sich diese Details neuerlich als widersprüchlich zueinander erwiesen. So war es der Beschwerdeführerin vor dem Bundesamt nicht möglich, ihre Fluchtgeschichte zeitlich chronologisch einzuordnen. Sie gab einerseits an, dass ihre Mutter Anfang Juli 2009 bei einem Handgranatenanschlag auf ihr Restaurant getötet worden sei vergleiche AS 95 und 97), sie selbst Ende August 2009 von der Al Shabaab festgenommen worden sei vergleiche AS 93), zwischen dem Tod ihrer Mutter und ihrer Festnahme jedoch nur ein Monat vergangen sei vergleiche AS 97). Weiters gab sie an, dass ihr Ehemann bereits im Juli 2009 nach Mogadischu gegangen sei vergleiche AS 89), um auf Nachfrage, weswegen sie kurz vor ihrer Ausreise nicht bei diesem in Mogadischu gewohnt habe bzw. geblieben sei, anzugeben, ihr Ehemann sei erst nach ihrer Ausreise nach Mogadischu gekommen vergleiche AS 97). Auch gab die Beschwerdeführerin vor dem Bundesamt an, von der Al Shabaab in ihrem Restaurant festgenommen worden zu sein vergleiche AS 93), um auf Vorhalt, wie dies möglich sei, da ihr Restaurant bereits zuvor bei dem Handgranatenbeschuss zerstört worden sein solle, anzugeben, dass sie doch von zu Hause mitgenommen worden sei und das Haus neben dem Restaurant gewesen sei vergleiche AS 97).

Die widersprüchlichen, flachen und undetaillierten Angaben der Beschwerdeführerin erfuhren in der mündlichen Beschwerdeverhandlung eine Fortsetzung. Hervorzuheben ist hier zunächst deren Vorbringen zu ihrer Mitnahme durch die Al Shabaab. Diesbezüglich führte die Beschwerdeführerin aus, dass ihr Vater ihre Mitnahme durch die Al Shabaab zu verhindern versuchte und deswegen von dieser erschossen worden sei vergleiche Seite 8 und 12 der Verhandlungsschrift). Diesem Vorbringen sind jedoch die Angaben der Beschwerdeführerin in ihrer Einvernahme vor dem Bundesamt am 29.08.2016 entgegen zu halten, in welcher sie auf Nachfrage angab, dass ihr Vater zu Hause erschossen worden sei, wobei bis zu ihrer eigenen Festnahme durch die Al Shabaab ein paar Wochen vergangen seien vergleiche AS 97). Auch ist hervorzuheben, dass die Beschwerdeführerin vor dem Bundesamt auf die Frage, woher sie überhaupt wisse, dass ihr Vater von der Al Shabaab getötet worden sei, antwortete, nur die Al Shabaab habe die Probleme in die Stadt gebracht vergleiche AS 97). Wäre die Beschwerdeführerin jedoch bei den tödlichen Schüssen auf ihren Vater tatsächlich anwesend gewesen, da sich diese im Zuge ihrer Mitnahme durch die Al Shabaab ereignet hätten, so wäre wohl anzunehmen, dass die Beschwerdeführerin dies dem einvernehmenden Referenten des Bundesamtes auf die Frage nach dem Mörder ihres Vaters geantwortet hätte.

Beim Vorbringen der Beschwerdeführerin fällt zudem insbesondere auf, dass deren Ausführungen zu ihrer Mitnahme und ihrer viermonatigen Anhaltung durch die Al Shabaab inklusive der erlittenen Misshandlungen auffallend oberflächlich und vage waren und sie sich in der ständigen Wiederholung bereits genannter Sätze erschöpfte:

"Sie haben mich mitgenommen, geschlagen und vergewaltigt. Sie haben mich unmenschlich behandelt. Ich musste die Wäsche waschen, die Töpfe reinigen. Verschiedene Männer haben mich vergewaltigt. Ich wurde immer wieder geschlagen. Ich wurde mit dem Tod bedroht, wenn ich versuchen sollte, zu flüchten. Sie würden mich überall finden. Ich musste die Stelle reinigen, wo wir waren. Es waren große Töpfe, ich musste sie reinigen. Jedes Mal haben mich verschiedene Männer vergewaltigt. Habe ich mich geweigert, wurde ich geschlagen. Ich habe unter diesen ständigen Schlägen, Vergewaltigungen gelebt. Wenn man versucht es abzulehnen, wird man mit dem Tod bedroht. Es geht mir bis jetzt schlecht. Ich habe ständige Blutungen, auf Grund der ständigen Vergewaltigungen. Sie haben mir mein Leben schwer gemacht. Ich musste viel Schlimmes erleben. Sie haben mir gedroht, sie würden mich töten und zwar auf eine schlimmere Art, als mein Vater getötet wurde. Ich musste all diese Schwierigkeiten, Vergewaltigungen, Schläge ertragen." vergleiche Seite 12 und 13 der Verhandlungsschrift). Obwohl sich die Beschwerdeführerin zudem vier Monate in diesem Zeltlager der Al Shabaab aufgehalten haben will, war es dieser selbst auf Aufforderung nicht möglich, dieses Zeltlager zu beschreiben vergleiche Seite 16 der Verhandlungsschrift: "R: Bitte beschreiben Sie mir so genau wie möglich das Lager, in dem Sie festgehalten wurden! BF: Es gab mehrere Zelte. Wir waren in diesen Zelten. Ich habe die Wäsche der Soldaten gewaschen und die großen Töpfe gespült."). Selbst wenn man dem Vorbringen der Beschwerdeführerin Glauben schenken würde, sie habe sich immer nur in einem einzigen Zelt aufgehalten, weswegen ihr die Beschreibung des Zeltlagers auch nicht möglich ist, so ist dem entgegen zu halten, dass die Beschwerdeführerin auch nicht in der Lage war, das von ihr "bewohnte" Zelt näher zu beschreiben vergleiche Seite 16 der Verhandlungsschrift: "R: Was befand sich alles in Ihrem Zelt? BF: Es gab dort ihre Decken, ihre Wäsche und ihre Kleidung und was sie gegessen haben. R: Können Sie das näher beschreiben? BF: Das Zelt hatte die Farbe des Vorheriger SuchbegriffBundesadlers an der Wand (grau). Es waren ihre Sachen dort. Mehr war nicht. R: Wie groß war das Zelt? BF: Es war mittelgroß. Die genaue Größe kann ich nicht schätzen. Es war aber nicht klein."). Auch die Angaben zu ihrem Tagesablauf während dieser vier Monate blieben einsilbig vergleiche Seite 17 der Verhandlungsschrift: "R: Wie schaute Ihr Tagesablauf in diesen vier Monaten aus? BF: Ich habe gemacht, was sie mir aufgetragen haben.

Ich habe Wäsche gewaschen und die Töpfe gespült. R: Wollen Sie ohne die Anwesenheit Ihres RV und des BehV zu dem Tagesablauf noch etwas sagen? BF: Nur, wenn Sie etwas über die Vergewaltigung fragen. Mein

Tagesablauf sah so aus: Ich musste Wäsche waschen, Essen kochen, die Töpfe reinigen. Die Vergewaltigungen gehörten aber auch dazu."). All diese Angaben der Beschwerdeführerin erweckten jedenfalls in keiner Weise den Eindruck, die Beschwerdeführerin berichtet hier von Selbsterlebten. Von einer Person, die vier Monate lang in einem Lager festgehalten worden sein will, kann wohl erwartet werden, dass sie Einzelheiten zu ihrem Tagesablauf, markante Erlebnisse während dieser Zeit und außergewöhnliche Details zu nennen vermag oder zumindest eine erlittene Angst artikuliert, bzw. das über vier Monate nicht verlassene Zelt eingehend beschreiben kann. Zu all dem war die Beschwerdeführerin jedoch nicht in der Lage.

Diese kurzen Angaben der Beschwerdeführerin erwiesen sich zudem auch noch widersprüchlich zu jenen vor dem Bundesamt. In ihrer Einvernahme am 29.08.2016 machte die Beschwerdeführerin auf konkrete Nachfrage geltend, dass sie immer von dem gleichen Mann vergewaltigt worden sei vergleiche AS 95). In der mündlichen Beschwerdeverhandlung machte die Beschwerdeführerin hingegen geltend, jedes Mal von verschiedenen Männern – von jedem Mann, wann immer er es wollte vergewaltigt – worden zu sein vergleiche Seite 12 und 13 der Verhandlungsschrift). Bei so einschneidenden Erlebnissen wie einer Vergewaltigung kann wohl davon ausgegangen werden, dass derartige Widersprüche nicht auftreten.

Die Angaben der Beschwerdeführerin blieben auch im Hinblick auf ihren Ehemann und dessen familiären Hintergrund oberflächlich und widersprüchlich. So gab die Beschwerdeführerin in ihrer Einvernahme vor dem Bundesamt und in der mündlichen Beschwerdeverhandlung zwar übereinstimmend an, ihren Ehemann im Juni 2009 geheiratet und diesen bereits ein Jahr zuvor kennengelernt und mit diesem zusammen gewesen zu sein vergleiche Seite 9 der Verhandlungsschrift). Dennoch war es ihr mit keinem Wort möglich irgendetwas über dessen familiären Hintergründe oder seine Herkunft anzugeben vergleiche Seite 9 der Verhandlungsschrift: "R: Woher stammt Ihr Ehemann? BF: Ich habe seine Familie nicht gesehen. Er hat am Meer gearbeitet. Er ist mit dem Auto gefahren und hat Waren transportiert. Zuletzt, als wir geheiratet haben, war er Polizist. Er war in der Polizeiinspektion in unserem Bezirk." oder Seite 22 der Verhandlungsschrift: "BehV: Wo hat die Familie Ihres geschiedenen Mannes gelebt? Was war mit seinen Eltern und Geschwister? BF: Ich habe seine Familie nicht kennengelernt. Ich habe meinen Mann gesehen, wie er dort gearbeitet hat. BehV: Er hat Ihnen nichts über seine Familie erzählt? BF: Nein. [ ] BehV: Ist es richtig, dass Ihr Ex-Mann aus römisch XXXX stammt? BF: Ich weiß nicht, woher er ursprünglich stammt. Wir haben uns in römisch XXXX kennengelernt, uns verliebt und haben dann geheiratet."). Auch die Angaben der Beschwerdeführerin zu ihrem Kontakt zu ihrem Ehemann waren widersprüchlich. Die Beschwerdeführerin gab vor dem Bundesamt an, alle zwei bis drei Monate mit ihrem Ehemann zu telefonieren; zuletzt habe sie vor zwei Monaten (somit Ende Juni 2016) mit ihm telefoniert vergleiche AS 87 und 89). Die diesbezüglichen Angaben der Beschwerdeführerin erweckten den Eindruck, sie stehe in regelmäßigem Kontakt mit ihrem Ehemann und es bestehe mit diesem kein Problem. In der mündlichen Beschwerdeverhandlung gab die Beschwerdeführerin dann jedoch in völligem Widerspruch zu ihren Angaben vor dem Bundesamt plötzlich an, mit ihrem Ehemann seit ihrer Ausreise lediglich ein einziges Mal – nämlich zwei Monate vor ihrer Einvernahme vor dem Bundesamt – telefoniert zu haben. Sie habe ihn zwar öfter angerufen, doch habe ihr Ehemann nur ein einziges Mal abgehoben. Als er von ihrer "Angelegenheit" gehört habe, habe er den Kontakt abgebrochen und sie verstoßen. Außerdem habe er jetzt eine neue Frau vergleiche Seite 11 der Verhandlungsschrift: "R: Sie haben also von Juli 2009 bis Juni 2016 nur einmal mit Ihrem Mann telefoniert? BF: Ich habe ihn öfter angerufen. Nur das eine Mal hat mein Mann abgehoben, das war das einzige Mal. Als er von meiner "Angelegenheit" gehört hatte, brach er der Kontakt ab. R: Wie lange dauerte das Gespräch damals?

BF: Es dauerte nicht lange. Er hat wenig mit mir gesprochen. R:

Hatten Sie in der Zeit zwischen der Reise Ihres Mannes mit dem Bürgermeister und diesem Telefonat noch Kontakt zu Ihrem Mann? BF:

Ja, dieses einzige Mal konnte ich ihn erreichen. Ich habe ihn zuvor angerufen. Es ging aber jedes Mal eine andere Person ans Telefon. Das war das einzige Mal, dass er abgehoben hat. Er sagte mir, dass er mit einer Frau wie ich es bin, nicht leben will."). Auch auf Vorhalt ihrer widersprüchlichen Angaben, war es der Beschwerdeführerin nicht möglich, eine glaubhafte Erklärung abzugeben; sie beharrte vielmehr auf ihren nunmehrigen Aussagen vergleiche Seite 10 der Verhandlungsschrift: "R: Haben Sie mit Ihrem Ehemann noch Kontakt? BF: Nein, ich habe keinen Kontakt mit meinem Ehemann. R: Seit wann nicht mehr? BF: 2 Monate bevor ich die Einvernahme vor dem BFA hatte, hatte ich Kontakt zu meinem Mann. Als er gehört hatte, dass ich vergewaltigt wurde, hat er den Kontakt abgebrochen. R: In Ihrer Einvernahme vor dem BFA am 29.08.2016 gaben Sie an, Sie hätten alle zwei bis drei Monate Kontakt zu Ihrem Ehemann. BF: Ich meinte damit, dass der letzte Kontakt zwei Monate vor der Einvernahme war. R: Warum haben Sie bei der EV nicht gesagt, dass Ihr Mann wegen der Vergewaltigung den Kontakt zu Ihnen abgebrochen hat? BF: Wir haben damals gestritten. Ich dachte nicht, dass mein Mann es ernst meint. Er lernte eine andere Frau kennen und ist mit ihr zusammen. R: Wann hat Ihr Mann Ihnen erzählt, dass er eine andere Frau hat? BF: Bei unserem letzten Telefonat hat er mir gesagt, er hat eine Frau kennengelernt und diese auch geheiratet."). Befremdlich bleibt dabei auch, dass die Beschwerdeführerin von ihrem "letzten" Telefonat mit ihrem Ehemann sprach, obwohl es doch nur ein einziges gegeben haben soll. Bei der zuständigen Richterin entstand durch diese Angaben der Beschwerdeführerin jedenfalls der Eindruck, sie wolle ihrer Fluchtgeschichte durch das Vorbringen des Verstoßes durch ihre Ehemann aufgrund ihrer "Angelegenheit" Nachdruck verleihen und aufzeigen, wie schlecht die Lage für vergewaltigte Frauen in Somalia ist, da diese sogar von der eigenen Familie ausgegrenzt würden. Darüber hinaus blieb ungeklärt, wie es der Beschwerdeführerin möglich war, vor dem Bundesamt dezidiert anzugeben, dass ihr Ehemann seit Juli 2009 in Mogadischu lebe und dort als Polizist arbeite vergleiche AS 89), wenn sie mit diesem doch nur ein einziges Mal im Juni 2016 telefoniert haben will und sich dieses Gespräch ausschließlich um den Streit wegen der Vergewaltigungen, die Trennung/Verstoßung und die neue Frau des Ehemannes gedreht haben soll vergleiche Seite 10 und 11 der Verhandlungsschrift: "R: Was berichtete Ihr Ehemann von der Lage in Somalia und Mogadischu nach Ihrer Ausreise? BF: Er hat nichts erzählt. Er hat über die Frau erzählt. Dann kam es zum Streit und der Kontakt brach ab. Wenn er mich noch gemocht hätte, hätte er wahrscheinlich mehr erzählt.").

Soweit die Beschwerdeführerin ihre Angaben mit dem Vorbringen, seit der im Jahr 2009 (angeblich) erlittenen Vergewaltigungen an Unterleibsschmerzen und massiven Blutungen gelitten zu haben, weswegen sie im Herbst 2016 operiert worden sei, bzw. mit dem mit der Stellungnahme vom 10.10.2017 vorgelegten Arztbrief vom 06.10.2016 zu untermauern suchte, ist dem entgegen zu halten, dass die im Oktober 2016 an der Beschwerdeführerin durchgeführte gynäkologische Operation in überhaupt keinem zeitlichen Zusammenhang mit ihren Fluchtgründen steht. Selbst wenn die Beschwerdeführerin – wie von ihr angegeben – seit zumindest Ende 2009 an solchen Blutungen litt und im Rahmen ihrer Flucht und ihrem Aufenthalt im Sudan nicht die Möglichkeit gehabt hatte, eine medizinische Behandlung in Anspruch zu nehmen, so erscheint dennoch nicht nachvollziehbar, weswegen die Beschwerdeführerin in Österreich fast eineinhalb Jahre zuwartet, um sich gynäkologisch behandeln zu lassen. Hätte die Beschwerdeführerin tatsächlich seit zumindest Ende 2009 an solchen massiven Blutungen gelitten, wäre anzunehmen, sie hätte sich unmittelbar nach ihrer Einreise in das österreichische Bundesgebiet in ärztliche Betreuung begeben. Zudem machte die Beschwerdeführerin in ihrer Einvernahme vor dem Bundesamt am 29.08.2016 geltend, an keiner Krankheit zu leiden und auch nicht in ärztlicher Behandlung zu stehen. Von jahrelangen Blutungen, die ihre Ursache in den angeblich erlittenen Misshandlungen im Herbst 2009 gehabt haben sollen, war in der gesamten Einvernahme nicht die Rede. Da Ursachen solcher Menometrorrhagia gravis (überlangen Monatsblutungen) regelmäßig Gewebeveränderungen oder hormonelle Störungen sind und die Beschwerdeführerin sogar eineinhalb Monate vor dieser Curettage eine bestehende Erkrankung verneinte, erscheint naheliegender, dass diese überlange Monatsblutung im Oktober 2016 erstmalig auftrat, die keinen Rückschluss auf erlittene Vergewaltigungen zulässt.

Dass das Fluchtvorbringen der Beschwerdeführerin und ihre Herkunft aus römisch XXXX nicht der Wahrheit entsprechen, wurde nicht zuletzt durch die vom Bundesamt am 03.10.2017 eingeholte Schnell-Anfragebeantwortung der Staatendokumentation deutlich. Die Beschwerdeführerin machte in der mündlichen Beschwerdeverhandlung geltend, dass zum Zeitpunkt ihrer Hochzeit im Juni 2009 die Regierung die Macht in römisch XXXX hatte; erst kurz danach sei die Al Shabaab an die Macht gekommen vergleiche Seite 21 der Verhandlungsschrift: "BehV: Habe ich richtig verstanden, dass die Regierung in römisch XXXX bis Sommer 2009 die Macht hatte und nicht die Al Shabaab? BF: Als ich meinen Mann geheiratet habe, war die Regierung an der Macht. Später wurde die Stadt von Al Shabaab eingenommen. Das war im August, als sie mich mitgenommen haben." Lediglich am Rande wird angemerkt, dass die diesbezüglichen Angaben der Beschwerdeführerin vor dem Bundesamt ebenfalls widersprüchlich waren, da sie in ihrer Einvernahme am 29.08.2016 zunächst angab, zum Zeitpunkt ihrer Ausreise habe die somalische Regierung die Macht in römisch XXXX gehabt [vgl. AS 91], um kurz darauf anzugeben, dass es doch die Al Shabaab gewesen sei [vgl. AS 95]). Aus der Schnell-Anfragebeantwortung der Staatendokumentation ergibt sich jedoch, dass römisch XXXX zumindest schon seit dem Jahr 2008 unter der Macht der Union Islamischer Gerichte (UIC) stand und die Al Shabaab damals Teil dieser UIC war. Es erscheint daher als nahezu unmöglich, dass der Ehemann der Beschwerdeführerin im ersten Halbjahr 2009 noch für einen regierungstreuen Bürgermeister römisch XXXX als Polizist tätig gewesen sein soll, weswegen auch dieses Vorbringen der Beschwerdeführerin als nicht glaubhaft beurteilt wird. Andererseits ist dem Bundesamt dahingehend zuzustimmen, dass es als äußerst unwahrscheinlich zu gelten hat, dass es der Beschwerdeführerin in einer von der Al Shabaab kontrollierten Stadt möglich gewesen sein soll, noch monatelang als Frau ein Restaurant zu führen. Evident wird mit dieser Anfragebeantwortung aber erneut, dass die Beschwerdeführerin nichts über die tatsächlichen Gegebenheiten in römisch XXXX vorzubringen vermochte, ihre dortige Herkunft daher auszuschließen und ihre auf diese Herkunft aufbauende Fluchtgeschichte daher – in Zusammenschau mit den sonstigen Widersprüchen und Oberflächlichkeiten – absolut unglaubhaft ist.

Gesamthaft betrachtet konnte dem Fluchtvorbringen der Beschwerdeführerin aufgrund mangelnder Ortskenntnisse sowie massiver Widersprüchen und Oberflächlichkeiten keine Glaubwürdigkeit beigemessen werden. In Summe erwies sich das Vorbringen der Beschwerdeführerin im Lichte der obigen Erwägungen sowohl aus sich heraus (Widersprüche, unschlüssige Schilderung), als auch vor dem Hintergrund der Länderberichte und auch unter Heranziehung der durch die Judikatur herausgebildeten Grundsätze zur Beurteilung eines Vorbringens als nicht glaubhaft (keine bloß vereinzelten Unstimmigkeiten im Aussageverhalten, beziehungsweise keine sich bloß auf Nebenumstände des Vorbringens gestützte Beweiswürdigung; vergleiche VfGH U 1285/2012 vom 13.9.2013 und VfGH 152/2013 vom 21.9.2014; unglaubwürdige Steigerung der Angaben; vergleiche VwGH 7.6.2000, 2000/01/0250); die Beschwerdeverhandlung brachte dasselbe Ergebnis, wie das verwaltungsbehördliche Verfahren.

Da dem Fluchtvorbringen der Beschwerdeführerin, wie oben ausführlich dargestellt, keinerlei Glaubhaftigkeit beigemessen werden konnte, kann seitens der zuständigen Richterin auch nicht erkannt werden, inwiefern hier das in der Beschwerde und in der Stellungnahme vom 16.10.2017 beantragte psychologische Gutachten zur Feststellung, ob bei der Beschwerdeführerin aufgrund der erlittenen Erlebnisse eine posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) vorliege, zur Glaubhaftmachung ihrer Fluchtgründe beitragen sollte. Selbst wenn eine solche vorliegen sollte, ließe dies im Lichte der obigen Ausführungen zur absoluten Unglaubhaftigkeit der Angaben der Beschwerdeführerin, nicht den zwingenden Schluss zu, dass eine solche PTBS ihren Ursprung in den von der Beschwerdeführerin vorgebrachten (nicht glaubhaften!) Fluchtgründen gehabt hätte. Zudem ist neuerlich hervorzuheben, dass die Beschwerdeführerin in ihrem gesamten Asylverfahren niemals geltend machte, irgendwelche psychischen Beeinträchtigungen zu verspüren. Vielmehr machte diese – wie oben bereits ausgeführt – geltend, gesund zu sein und keine Beschwerden (weder in physischer noch in psychischer Hinsicht) zu haben vergleiche Seite 4 der Verhandlungsschrift). Von der Einholung eines solchen Sachverständigengutachtens wurde daher abgesehen.

Hinsichtlich des Vorbringens der Beschwerdeführerin in der Stellungnahme vom 16.10.2017, dass ihr – unter Verweis auf eine Guidance Note on Refugees Claims relating to Female Genital Mutilation des UNHCR von Mai 2009 und eines Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes vom 09.06.2017, E 2687/2016 – der Status der Asylberechtigten aufgrund der generellen Gefahr für somalische junge Frauen nach dortigen Geburten Reinfibulation zu erleiden, zuzuerkennen sei, ist Folgendes zu bemerken: Die Beschwerdeführerin ist laut eigenen Angaben kinderlos vergleiche etwa AS 87), weswegen davon auszugehen ist, dass sie unverändert infibuliert ist (ein gegenteiliges Vorbringen wurde von der Beschwerdeführerin nicht erstattet und ergibt sich auch nicht aus dem vorgelegten Arztbrief vom 06.10.2017) und gegenwärtig keine Notwendigkeit einer Reinfibulation besteht. Darüber hinaus gab die Beschwerdeführerin in der mündlichen Beschwerdeverhandlung an, von ihrem Ehemann verstoßen worden zu sein, was bedeute, dass sie geschieden seien vergleiche Seite 22 der Verhandlungsschrift: "BehV: Sind Sie von Ihrem Ehemann geschieden bzw. betrachten Sie sich als geschieden? Hat Sie Ihr Mann nach islamischem Recht verstoßen? BF: Er hat gesagt, dass ich frei bin. Das bedeutet wir sind geschieden."). Zum gegenwärtigen Entscheidungszeitpunkt ist somit weder absehbar, ob bzw. wann die Beschwerdeführerin wieder heiraten wird, noch ob diese ein Kind gebären wird. Es ist daher nicht ersichtlich, ob für die Beschwerdeführerin die Gefahr einer Reinfibulation nach erfolgter Geburt überhaupt tragend wird, noch ob dies ein zukünftiger Ehemann der Beschwerdeführerin von dieser überhaupt verlangen würde. Dass die Beschwerdeführerin wegen ihrer Genitalverstümmelung an "schweren, oft lebenslang schädigenden Konsequenzen physischer und psychischer Art" leidet, lässt sich vor dem Hintergrund ihrer im gesamten Asylverfahren gleichbleibenden Angaben, sowohl in psychischer als auch in physischer Hinsicht gesund zu sein vergleiche AS 85 und Seite 4 der Verhandlungsschrift), nicht erkennen. Relevant für die Beurteilung der Asylrelevanz eines Vorbringens kann immer nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein, die bei Entscheidungserlassung vorliegen muss. Auf diesen Zeitpunkt hat die der Asylentscheidung immanente Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den in Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen zu befürchten habe (VwGH 19.10.2000, 98/20/0233). Vor diesem Hintergrund lässt die hypothetische Annahme einer zukünftigen Reinfibulation nach erfolgter Deinfibulation aufgrund einer (noch ungewissen) Geburt bei der unverheirateten, kinderlosen Beschwerdeführerin nicht die für eine solche Prognose erforderliche maßgebliche Wahrscheinlichkeit annehmen, weswegen es diesem Vorbringen an der Aktualität mangelt.

2.4. Zu den Feststellungen zur Situation in Somalia und zur Verletzung von Artikel 3, EMRK im Falle der Rückkehr:

Die Feststellungen zur Situation im Herkunftsstaat, welche der Beschwerdeführerin im Rahmen des Verfahrens und der mündlichen Verhandlung vorgehalten und denen im Zuge dessen nicht entgegengetreten wurde, stützen sich auf die zitierten Quellen. Da diese aktuellen Länderberichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen von regierungsoffiziellen und nicht-regierungsoffiziellen Stellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche darbieten, besteht im vorliegenden Fall für das Bundesverwaltungsgericht kein Anlass, an der Richtigkeit der getroffenen Länderfeststellungen zu zweifeln. Insoweit den Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat Berichte älteren Datums zugrunde liegen, ist auszuführen, dass sich seither die darin angeführten Umstände unter Berücksichtigung der dem Bundesverwaltungsgericht von Amts wegen vorliegenden Berichte aktuelleren Datums für die Beurteilung der gegenwärtigen Situation nicht wesentlich geändert haben.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

3.1. Zu Spruchpunkt römisch eins. – Abweisung der Beschwerde in Bezug auf die Zuerkennung des Status der Asylberechtigten:

3.1.1. Gemäß Paragraph 3, Absatz eins, AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß Paragraphen 4,, 4a oder 5 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung iSd Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, Genfer Flüchtlingskonvention droht vergleiche auch die Verfolgungsdefinition in Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 11, AsylG 2005, die auf Artikel 9, der Statusrichtlinie verweist).

Flüchtling iSd Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, GFK ist, wer sich aus der begründeten Furcht vor Verfolgung wegen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Überzeugung, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

Zentraler Aspekt dieses Flüchtlingsbegriffs ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Eine wohlbegründete Furcht vor Verfolgung liegt dann vor, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde vergleiche VwGH 09.03.1999, 98/01/0370). Verlangt wird eine "Verfolgungsgefahr", wobei unter Verfolgung ein Eingriff von erheblicher Intensität in die vom Staat zu schützende Sphäre des Einzelnen zu verstehen ist, welcher geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen. Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in den in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen haben und muss ihrerseits Ursache dafür sein, dass sich die betreffende Person außerhalb ihres Heimatlandes bzw. des Landes ihres vorigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein. Zurechenbarkeit bedeutet nicht nur ein Verursachen, sondern bezeichnet eine Verantwortlichkeit in Bezug auf die bestehende Verfolgungsgefahr vergleiche VwGH 10.06.1998, 96/20/0287). Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vergleiche VwGH 28.03.1995, 95/19/0041; 26.02.2002, 99/20/0509 mwN; 17.09.2003, 2001/20/0177) ist eine Verfolgungshandlung nicht nur dann relevant, wenn sie unmittelbar von staatlichen Organen (aus Gründen der GFK) gesetzt worden ist, sondern auch dann, wenn der Staat nicht gewillt oder nicht in der Lage ist, Handlungen mit Verfolgungscharakter zu unterbinden, die nicht von staatlichen Stellen ausgehen, sofern diese Handlungen – würden sie von staatlichen Organen gesetzt – asylrelevant wären. Eine von dritter Seite ausgehende Verfolgung kann nur dann zur Asylgewährung führen, wenn sie von staatlichen Stellen infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt nicht abgewandt werden kann vergleiche VwGH vom 22.03.2000, 99/01/0256 mwN).

Nach der Rechtsprechung des VwGH ist der Begriff der "Glaubhaftmachung" im AVG oder in den Verwaltungsvorschriften iSd ZPO zu verstehen. Es genügt daher diesfalls, wenn der [Beschwerdeführer] die Behörde von der (überwiegenden) Wahrscheinlichkeit des Vorliegens der zu bescheinigenden Tatsachen überzeugt. Diesen trifft die Obliegenheit zu einer erhöhten Mitwirkung, dh er hat zu diesem Zweck initiativ alles vorzubringen, was für seine Behauptung spricht (Hengstschläger/Leeb, AVG Paragraph 45, Rz 3 mit Judikaturhinweisen). Die "Glaubhaftmachung" wohlbegründeter Furcht setzt positiv getroffene Feststellungen seitens der Behörde und somit die Glaubwürdigkeit der "hierzu geeigneten Beweismittel", insbesondere des diesen Feststellungen zugrundeliegenden Vorbringens des Asylwerbers voraus vergleiche VwGH 19.03.1997, 95/01/0466). Die Frage, ob eine Tatsache als glaubhaft gemacht zu betrachten ist, unterliegt der freien Beweiswürdigung der Behörde (VwGH 27.05.1998, 97/13/0051).

Relevant kann darüber hinaus nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein; sie muss bei Bescheiderlassung vorliegen, auf diesen Zeitpunkt hat die der Asylentscheidung immanente Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den in Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen zu befürchten habe (VwGH 19.10.2000, 98/20/0233).

Darüber hinaus ist der Antrag gemäß Paragraph 11, AsylG 2005 abzuweisen, wenn der Asylwerber in einem Teil seines Herkunftsstaates vom Staat Schutz gewährleistet werden kann und ihm der Aufenthalt in diesem Teil des Staatsgebietes zugemutet werden kann. Schutz ist gewährleistet, wenn in Bezug auf diesen Teil des Herkunftsstaates keine wohlbegründete Furcht vorliegen kann und die Voraussetzungen zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht gegeben sind. Darüber hinaus ist nach Artikel 8, der Statusrichtlinie zu prüfen, ob der Antragsteller in diesen Landesteil sicher und legal reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt.

3.1.2. Wie bereits im Rahmen der Beweiswürdigung unter Punkt römisch II.2.3. dargestellt wurde, mangelt es den von der Beschwerdeführerin vorgebrachten Fluchtgründen an der erforderlichen Glaubhaftigkeit (bzw. dem Vorbringen der möglicherweise drohenden Reinfibulation an der notwendigen Aktualität), weshalb es ihr insgesamt nicht gelungen ist, eine konkret und gezielt gegen ihre Personen gerichtete aktuelle Verfolgung maßgeblicher Intensität, welche ihre Ursache in einem der in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründe hätte, glaubhaft zu machen.

Auch die Durchsicht der aktuellen Länderberichte erlaubt es nicht anzunehmen, dass gegenständlich sonstige mögliche Gründe für die Befürchtung einer entsprechenden Verfolgungsgefahr vorliegen. Diesbezüglich wird nicht verkannt, dass die Lage für Frauen in Somalia schwierig ist und bei solchen durchaus ein GFK Konnex gegeben sein kann. Dies gilt in besonderem Maße für weibliche Angehörige eines Minderheitenclans ohne familiären Rückhalt, die sich im Falle der Rückkehr gezwungen sehen, in ein IDP-Lager zu gehen. Die Beschwerdeführerin gehört festgestelltermaßen dem Clan der Abgaal an, die einen der beiden wichtigsten Subclans der Hawiye ausmachen, die wiederum einen der wichtigsten Hauptclans in Somalia darstellen. Die Abgaal gelten als einer der mächtigsten und privilegiertesten Clans in Somalia, die große Teile der Hauptstadt Mogadischu bewohnen, das laut Fact Finding Mission Report Somalia zur Sicherheitslage in Somalia von August 2017 auch als "Abgaal Town" bezeichnet wird, und die "wertvolle" Teile des südlichen und zentralen Somalias kontrollieren. Vor diesem Hintergrund kann nicht mit der maßgeblichen Wahrscheinlichkeit angenommen werden, dass sich die Beschwerdeführerin im Falle einer Rückkehr nach Somalia notwendigerweise in einem IDP-Lager wiederfinden müsste.

Mangels Bestehen einer aktuellen maßgeblich wahrscheinlichen Verfolgungsgefahr aus einem der Gründe, die in Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, der Genfer Flüchtlingskonvention aufgezählt sind, war die Beschwerde gegen Spruchpunkt römisch eins. des oa. angefochtenen Bescheides daher in Bezug auf die Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß Paragraph 3, Absatz eins, AsylG 2005 als unbegründet abzuweisen.

3.2. Zu den Spruchpunkten römisch II. und römisch III. – Zur Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten sowie zur Erteilung einer befristeten Aufenthaltsberechtigung:

3.2.1. Gemäß Paragraph 8, Absatz eins, AsylG 2005 ist der Status des subsidiär Schutzberechtigten einem Fremden zuzuerkennen, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird und wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Artikel 2, EMRK, Artikel 3, EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat sich jüngst mit der bisherigen höchstgerichtlichen Rechtsprechung zum realen Risiko einer drohenden Verletzung der Artikel 2 und 3 EMRK und zur ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im innerstaatlichen Konflikt auseinandergesetzt und diese wie folgt zusammengefasst (VwGH 21.02.2017, Ra 2016/18/0137):

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes setzt die Beurteilung eines drohenden Verstoßes gegen Artikel 2, oder 3 EMRK eine Einzelfallprüfung voraus, in deren Rahmen konkrete und nachvollziehbare Feststellungen zu der Frage zu treffen sind, ob einer Person im Fall der Rückkehr in ihren Herkunftsstaat die reale Gefahr ("real risk") insbesondere einer gegen Artikel 2, oder 3 EMRK verstoßenden Behandlung droht. Es bedarf einer ganzheitlichen Bewertung der möglichen Gefahren, die sich auf die persönliche Situation des Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen hat vergleiche etwa VwGH 08.09.2016, Ra 2016/20/0053 mwN).

Um von der realen Gefahr ("real risk") einer drohenden Verletzung der durch Artikel 2, oder 3 EMRK garantierten Rechte eines Asylwerbers bei Rückkehr in seinen Heimatstaat ausgehen zu können, reicht es nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht aus, wenn eine solche Gefahr bloß möglich ist. Es bedarf vielmehr einer darüber hinausgehenden Wahrscheinlichkeit, dass sich eine solche Gefahr verwirklichen wird vergleiche etwa VwGH 26.06.2007, 2007/01/0479 und 23.09.2009, 2007/01/0515 mwN).

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte erkennt in ständiger Rechtsprechung, dass ein "real risk" (reales Risiko) vorliegt, wenn stichhaltige Gründe ("substantial grounds") dafür sprechen, dass die betroffene Person im Falle der Rückkehr in die Heimat das reale Risiko (insbesondere) einer Verletzung ihrer durch Artikel 3, EMRK geschützten Rechte zu gewärtigen hätte. Dafür spielt es grundsätzlich keine Rolle, ob dieses reale Risiko in der allgemeinen Sicherheitslage im Herkunftsstaat, in individuellen Risikofaktoren des Einzelnen oder in der Kombination beider Umstände begründet ist. Allerdings betont der EGMR in seiner Rechtsprechung auch, dass nicht jede prekäre allgemeine Sicherheitslage ein reales Risiko iSd Artikel 3, EMRK hervorruft. Im Gegenteil lässt sich seiner Judikatur entnehmen, dass eine Situation genereller Gewalt nur in sehr extremen Fällen ("in the most extreme cases") diese Voraussetzung erfüllt vergleiche etwa EGMR 28.11.2011, Nr. 8319/07 und 11449/07, Sufi und Elmi gg. Vereinigtes Königreich, RNr. 218 mit Hinweis auf EGMR 17.07.2008, Nr. 25904/07, NA gg. Vereinigtes Königreich). In den übrigen Fällen bedarf es des Nachweises von besonderen Unterscheidungsmerkmalen ("special distinguishing features"), aufgrund derer sich die Situation des Betroffenen kritischer darstellt als für die Bevölkerung im Herkunftsstaat im Allgemeinen vergleiche etwa EGMR Sufi und Elmi, RNr. 217).

Thurin (Der Schutz des Fremden vor rechtswidriger Abschiebung2 [2012] 203) fasst die bezughabenden Aussagen in der Rechtsprechung des EGMR dahingehend zusammen, dass der maßgebliche Unterschied zwischen einem "realen Risiko" und einer "bloßen Möglichkeit" prinzipiell im Vorliegen oder Nichtvorliegen von "special distinguishing features" zu erblicken ist, die auf ein "persönliches" ("personal") und "vorhersehbares" ("foreseeable") Risiko schließen lassen. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz bestehe nur in sehr extremen Fällen ("most extreme cases"), wenn die allgemeine Lage im Herkunftsstaat so ernst sei, dass praktisch jeder, der dorthin abgeschoben wird, einem realen und unmittelbar drohenden ("real and imminent") Risiko einer Artikel 3, EMRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt sei. Diesfalls sei das reale Risiko bereits durch die extreme allgemeine Gefahrenlage im Zielstaat indiziert.

Auch im jüngst ergangenen Urteil der Großen Kammer vom 23.08.2016, Nr. 59166/12, J.K. u.a. gegen Schweden, beschäftigte sich der EGMR mit seiner einschlägigen Rechtsprechung und führte u.a. aus, dass die Beweislast für das Vorliegen eines realen Risikos in Bezug auf individuelle Gefährdungsmomente für eine Person grundsätzlich bei dieser liege (v.a. RNr. 91 und 96), gleichzeitig aber die Schwierigkeiten, mit denen ein Asylwerber bei der Beschaffung von Beweismitteln konfrontiert sei, in Betracht zu ziehen seien und bei einem entsprechend substantiierten Vorbringen des Asylwerbers, weshalb sich seine Lage von jener anderer Personen im Herkunftsstaat unterscheide vergleiche RNr. 94), im Zweifel zu seinen Gunsten zu entscheiden sei (RNr. 97). Soweit es um die allgemeine Lage im Herkunftsstaat gehe, sei jedoch ein anderer Ansatz heranzuziehen. Diesbezüglich hätten die Asylbehörden vollen Zugang zu den relevanten Informationen und es liege an ihnen, die allgemeine Lage im betreffenden Staat (einschließlich der Schutzfähigkeit der Behörden im Herkunftsstaat) von Amts wegen festzustellen und nachzuweisen (RNr. 98).

Der Tatbestand einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes in Paragraph 8, Absatz eins, Ziffer 2, AsylG 2005 orientiert sich an Artikel 15, Litera c, der Statusrichtlinie (Richtlinie 2011/95/EG) und umfasst – wie der Gerichtshof der Europäischen Union erkannt hat – eine Schadensgefahr allgemeiner Art, die sich als "willkürlich" erweist, also sich auf Personen ungeachtet ihrer persönlichen Situation erstrecken kann. Entscheidend für die Annahme einer solchen Gefährdung ist nach den Ausführgen des EuGH, dass der den bewaffneten Konflikt kennzeichnende Grad willkürlicher Gewalt ein so hohes Niveau erreicht, dass stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, eine Zivilperson liefe bei einer Rückkehr in das betreffende Land oder gegebenenfalls die betroffene Region allein durch ihre Anwesenheit im Gebiet dieses Landes oder dieser Region tatsächlich Gefahr, einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit ausgesetzt zu sein. Dabei ist zu beachtend, dass der Grad willkürlicher Gewalt, der vorliegen muss, damit der Antragsteller Anspruch auf subsidiären Schutz hat, umso geringer sein wird, je mehr er möglicherweise zu belegen vermag, dass er aufgrund von seiner persönlichen Situation innewohnenden Umständen spezifisch betroffen ist vergleiche EuGH 17.02.2009, C-465/07, Elgafaji, und vom 30.01.2014, C-285/12, Diakité).

Die Außerlandesschaffung eines Fremden in den Herkunftsstaat kann auch dann eine Verletzung von Artikel 3, EMRK bedeuten, wenn der Betroffene dort keine Lebensgrundlage vorfindet, also die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz (bezogen auf den Einzelfall) nicht gedeckt werden können. Nach der auf der Rechtsprechung des EGMR beruhenden Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist eine solche Situation nur unter exzeptionellen Umständen anzunehmen vergleiche VwGH vom 08.09.2016, Ra 2016/20/0063).

Darüber hinaus ist auf die Rechtsprechung der Höchstgerichte zu verweisen, wonach es grundsätzlich der abschiebungsgefährdeten Person obliegt, mit geeigneten Beweisen gewichtige Gründe für die Annahme eines Risikos nachzuweisen, dass ihr im Falle der Durchführung einer Rückführungsmaßnahme eine dem Artikel 3, EMRK widersprechende Behandlung drohen würde vergleiche VwGH 05.10.2016, Ra 2016/19/0158 mit Verweis auf das Urteil des EGMR vom 05.09.2013, römisch eins gegen Schweden, Nr. 61204/09 und mwH).

3.2.2. Im konkreten Fall der Beschwerdeführerin ist die Situation im Falle ihrer Rückkehr in Bezug auf Somalia und – mangels bekannter genauer Herkunftsregion – insbesondere Mogadischu zu prüfen.

Die allgemeine Sicherheitslage in Süd-/Zentralsomalia ist nach wie vor prekär. Die Berichte zeichnen in Bezug auf Mogadischu zwar ein besseres Bild, insbesondere ist Mogadischu wieder unter der Kontrolle von Regierung und AMISOM, doch darf dabei nicht übersehen werden, dass heute die größte Gefahr von terroristischen Aktivitäten der Al Shabaab ausgeht und erst am 14.10.2017 ein verheerender terroristischer Anschlag in Mogadischu mit 358 Toten verübt wurde. Aus den Länderberichten wird insgesamt deutlich, dass Al Shabaab in der Lage ist, fast im gesamten Stadtgebiet von Mogadischu terroristische Taten zu begehen.

Periodisch wiederkehrende Dürreperioden mit Hungerkrisen und die äußerst mangelhafte Gesundheitsversorgung sowie der mangelhafte Zugang zu sauberem Trinkwasser und das Fehlen eines funktionierenden Abwassersystems machen Somalia seit Jahrzehnten zum Land mit dem größten Bedarf an internationaler Nothilfe. Die Versorgungslage ist anhaltend schlecht und hat sich in den Jahren 2016 und 2017 aufgrund der Nahrungsmittelknappheit zusätzlich verschlechtert. Die Grundversorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln ist nicht gewährleistet.

Was die Versorgungslage betrifft, ist die Prophezeiung der Staatendokumentation hinsichtlich einer Verschlechterung der Lage eingetreten. Im Süden Somalias herrscht eine ausgedehnte Dürresituation, die mit einer gravierenden Nahrungsmittelknappheit einhergeht. Die Länderberichte lassen diesbezüglich keinerlei positive Prognosen erkennen, vielmehr ist dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu entnehmen, dass sich auf Grund der anhaltenden Dürre die Situation vor allem im Süden des Landes in den letzten Monaten drastisch verschlechterte. Den ins Verfahren eingeführten Länderberichten ist weiters zu entnehmen, dass weite Teile Somalias dürrebedingt derzeit von einer massiven Nahrungsversorgungsunsicherheit betroffen sind. Mehr als fünf Millionen Menschen sind auf humanitäre Hilfe angewiesen, wobei die Zahl der akut Betroffenen in den vergangenen Monaten um 20% angestiegen ist und übereinstimmende Prognosen eine weitere drastische Verschlechterung der Situation erwarten lassen. Die Lage wird als an der Grenze zur Hungersnot beschrieben, einzelne Hungertote sind bereits bestätigt. Auch in Mogadischu spitzt sich die Lage aufgrund der – wegen der Dürre – Binnenvertriebenen immer weiter zu vergleiche hiezu auch ein aktuelles Judikat des Verwaltungsgerichtshofes vom 31.08.2017, Ra 2016/21/0296-12).

Bei der Beschwerdeführerin handelt es sich zudem um eine Analphabetin, die weder eine Schulbildung noch eine Berufsausbildung genossen hat, weshalb diese im Falle der Rückkehr mit großen wirtschaftlichen Schwierigkeiten konfrontiert wäre sowie wegen fehlender Bildung bzw. Fachausbildung in ernste Versorgungsschwierigkeiten geraten würde. Im Fall der Beschwerdeführerin darf zudem nicht deren fast achtjährige Ortsabwesenheit außer Acht gelassen werden, da diese Somalia bereits im Jänner 2010 verlassen hat.

Im gegenständlichen Fall kann daher unter Berücksichtigung der die Beschwerdeführerin betreffenden individuellen Umstände nicht mit der erforderlichen Sicherheit ausgeschlossen werden, dass sie im Fall der Rückkehr nach Somalia einer realen Gefahr im Sinne des Artikel 3, EMRK ausgesetzt wäre, welche unter Berücksichtigung der oben dargelegten persönlichen Verhältnisse und der derzeit in Somalia vorherrschenden Versorgungsbedingungen mit hoher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung darstellen würde.

Eine innerstaatliche Fluchtalternative kann wegen der in Süd-/Zentralsomalia generell nach wie vor herrschenden prekären Sicherheitslage und der mangelnden sozialen und familiären Verwurzelungen der Beschwerdeführerin im Norden des Landes, weder angenommen noch zugemutet werden.

Durch eine Rückführung in den Herkunftsstaat würde die Beschwerdeführerin somit mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einer realen Gefahr ausgesetzt sein, in Rechten nach Artikel 3, EMRK verletzt zu werden und erscheint die Rückkehr nach Somalia derzeit unter den dargelegten Umständen als unzumutbar.

Der Beschwerde gegen Spruchpunkt römisch II. des angefochtenen Bescheides war daher in Bezug auf die Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten stattzugeben und der Beschwerdeführerin gemäß Paragraph 8, Absatz eins, Ziffer eins, AsylG 2005 der Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf Somalia zuzuerkennen.

Gemäß den gesetzlichen Bestimmungen des Paragraph 8, Absatz 4, AsylG 2005 war ihr eine Aufenthaltsberechtigung für die Dauer eines Jahres zu erteilen.

Zu B)

3.3. Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß Paragraph 25 a, Absatz eins, VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu Spruchpunkt A. wiedergegeben. Insoweit die dort angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu früheren Rechtslagen ergangen ist, ist diese nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

Schlagworte

befristete Aufenthaltsberechtigung, Glaubwürdigkeit, mangelnde
Asylrelevanz, mangelnder Anknüpfungspunkt, Miliz, private
Verfolgung, Sicherheitslage, subsidiärer Schutz, Versorgungslage

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2017:W236.2138621.1.00

Zuletzt aktualisiert am

21.12.2017

Dokumentnummer

BVWGT_20171024_W236_2138621_1_00

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