Verfassungsgerichtshof (VfGH)

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Rechtssatz für WI5/2015

Entscheidungsart

Erkenntnis

Dokumenttyp

Rechtssatz

Sammlungsnummer

20006

Geschäftszahl

WI5/2015

Entscheidungsdatum

25.09.2015

Index

L0350 Gemeindewahl, Bürgermeisterwahl

Norm

B-VG Art26, Art95, Art117 Abs2
B-VG Art141 Abs1 litb
Krnt Gemeinderats- und BürgermeisterwahlO 2002 §84, §87
VfGG §68 Abs1
  1. B-VG Art. 26 heute
  2. B-VG Art. 26 gültig ab 01.01.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 106/2016
  3. B-VG Art. 26 gültig von 01.04.2012 bis 31.12.2017 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 12/2012
  4. B-VG Art. 26 gültig von 01.10.2011 bis 31.03.2012 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 43/2011
  5. B-VG Art. 26 gültig von 01.07.2007 bis 30.09.2011 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 27/2007
  6. B-VG Art. 26 gültig von 01.01.2004 bis 30.06.2007 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 100/2003
  7. B-VG Art. 26 gültig von 01.01.2004 bis 31.12.2003 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 90/2003
  8. B-VG Art. 26 gültig von 01.01.1995 bis 31.12.2003 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 504/1994
  9. B-VG Art. 26 gültig von 01.05.1993 bis 31.12.1994 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 470/1992
  10. B-VG Art. 26 gültig von 01.03.1979 bis 30.04.1993 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 92/1979
  11. B-VG Art. 26 gültig von 01.01.1969 bis 28.02.1979 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 412/1968
  12. B-VG Art. 26 gültig von 19.12.1945 bis 31.12.1968 zuletzt geändert durch StGBl. Nr. 4/1945
  13. B-VG Art. 26 gültig von 01.12.1932 bis 30.06.1934 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 244/1932
  14. B-VG Art. 26 gültig von 03.01.1930 bis 30.11.1932
  1. B-VG Art. 141 heute
  2. B-VG Art. 141 gültig ab 01.01.2017 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 41/2016
  3. B-VG Art. 141 gültig von 01.01.2014 bis 31.12.2016 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 115/2013
  4. B-VG Art. 141 gültig von 01.01.2014 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 51/2012
  5. B-VG Art. 141 gültig von 01.04.2012 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 12/2012
  6. B-VG Art. 141 gültig von 01.01.2004 bis 31.03.2012 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 100/2003
  7. B-VG Art. 141 gültig von 01.01.1995 bis 31.12.2003 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 1013/1994
  8. B-VG Art. 141 gültig von 01.07.1989 bis 31.12.1994 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 685/1988
  9. B-VG Art. 141 gültig von 01.01.1989 bis 30.06.1989 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 685/1988
  10. B-VG Art. 141 gültig von 01.10.1975 bis 31.12.1988 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 409/1975
  11. B-VG Art. 141 gültig von 07.02.1958 bis 30.09.1975 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 12/1958
  12. B-VG Art. 141 gültig von 19.12.1945 bis 06.02.1958 zuletzt geändert durch StGBl. Nr. 4/1945
  13. B-VG Art. 141 gültig von 05.04.1931 bis 30.06.1934 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 103/1931
  14. B-VG Art. 141 gültig von 03.01.1930 bis 04.04.1931
  1. VfGG § 68 heute
  2. VfGG § 68 gültig ab 17.12.2014 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 92/2014
  3. VfGG § 68 gültig von 01.01.2014 bis 16.12.2014 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 33/2013
  4. VfGG § 68 gültig von 01.03.2013 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 33/2013
  5. VfGG § 68 gültig von 01.07.2008 bis 28.02.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 4/2008
  6. VfGG § 68 gültig von 05.07.1953 bis 30.06.2008

Leitsatz

Stattgabe der Anfechtung der Stichwahl des Bürgermeisters der Gemeinde Sittersdorf wegen unzulässiger Einflussnahme auf die Wahlwerbung durch amtliche Aussendungen des Bürgermeisters und des zweiten Vizebürgermeisters und somit Verletzung der bundesverfassungsgesetzlich gewährleisteten Freiheit der Wahlen

Rechtssatz

Stattgabe der Wahlanfechtung und Aufhebung des Verfahrens zum zweiten Wahlgang (Stichwahl) für die Wahl des Bürgermeisters der Gemeinde Sittersdorf am 15.03.2015.

Zurückweisung der Anfechtung hinsichtlich des Erstanfechtungswerbers (zustellungsbevollmächtigter Vertreter der Zweitanfechtungswerberin / Wählergruppe) mangels Legitimation; Aberkennung der Wählbarkeit nicht behauptet.

Aus der an Art141 Abs1 B-VG angelehnten und auf die Überprüfung des "Wahlverfahrens" abstellenden Formulierung des §87 Abs1 und Abs4 Krnt Gemeinderats- und BürgermeisterwahlO 2002 (K-GBWO 2002) ergibt sich ein umfassendes, dem Verfahren vor dem VfGH vorgelagertes Administrativverfahren, in dem nicht nur Rechtswidrigkeiten im Zusammenhang mit der "Wahlhandlung" bzw die rechnungsmäßige Unrichtigkeit der Ermittlung des Wahlergebnisses vorgebracht werden können, sondern die Geltendmachung sämtlicher Rechtswidrigkeiten des Wahlverfahrens - und somit auch von Rechtswidrigkeiten im Zuge der Wahlwerbung - zulässig ist.

Alle von der Zweitanfechtungswerberin in der Anfechtungsschrift an den VfGH herangetragenen Rechtswidrigkeiten des Wahlverfahrens wurden - zulässigerweise - auch im Einspruch ihres zustellungsbevollmächtigten Vertreters gemäß §87 K-GBWO 2002 vorgebracht. Über diesen Einspruch hat die Landeswahlbehörde mit Bescheid vom 09.04.2015, zugestellt am 10.04.2015, abgesprochen. Die am 07.05.2015 beim VfGH eingebrachte Anfechtung erweist sich sohin als rechtzeitig.

Sowohl das Schreiben des Bürgermeisters als auch jenes des zweiten Vizebürgermeisters der Gemeinde Sittersdorf wurden im Februar 2015, das heißt kurz vor der Gemeinderats- und Bürgermeisterwahl am 01.03.2015, ausgesendet. Da sich beide Schreiben inhaltlich insbesondere mit der Wahl des Bürgermeisters auseinandersetzen und auf jene Wahlwerber eingehen, die bei der Stichwahl am 15.03.2015 schließlich tatsächlich antraten, ist angesichts des zeitlichen Zusammenhanges mit beiden Wahlen davon auszugehen, dass diesen Schreiben auch noch im Verfahren zur Stichwahl Bedeutung zukam.

Die Aussendungen sind ausdrücklich als "Amtliche Mitteilung" bezeichnet und tragen auch sonst die Merkmale eines "amtlichen" Schreibens der Gemeinde Sittersdorf.

Damit sind die Aussendungen solche eines Gemeindeorgans und nicht etwa - im Rahmen der Wahlwerbung übliche - (Meinungs-)Äußerungen von Personen, die erkennbar als Repräsentanten einer (wahlwerbenden) Partei auftreten, mögen sie daneben auch eine staatliche Funktion oder - so wie hier - eine Gemeindefunktion innehaben.

Der Umstand, dass bei den Wahlen zu den allgemeinen Vertretungskörpern - anders etwa als bei einer Volksabstimmung - die Stimmbürger zwischen mehreren Wahlparteien zu entscheiden haben, erfordert ein besonderes Maß an Äquidistanz der Gemeindeorgane gegenüber den wahlwerbenden Parteien vergleiche VfSlg 17418/2004). Diese Überlegung trifft auf eine Direktwahl des Bürgermeisters gleichermaßen zu.

Wenngleich das Schreiben des zweiten Vizebürgermeisters als "Klarstellung des Referenten und 2. Vizebürgermeisters" bezeichnet ist, überschreitet es die in der Rechtsprechung des VfGH gezogene Grenze einer zulässigen Richtigstellung durch ein Gemeindeorgan.

Anders als in VfSlg 19107/2010 enthält das Schreiben nicht bloß allgemeine Ausführungen bzw eine bloße Darstellung von Geschehnissen aus einer anderen Perspektive innerhalb der Schranken einer zulässigen Gegendarstellung, sondern richtet sich mit konkreten Anschuldigungen in subjektiv wertender Weise gegen einen bestimmten, namentlich genannten Wahlwerber um das Amt des Bürgermeisters, der auch bei der Stichwahl am 15.03.2015 antrat. Ob die erhobenen Anschuldigungen den Tatsachen entsprechen, ist vom VfGH nicht zu entscheiden und für die Beurteilung der Zulässigkeit der Aussendung des zweiten Vizebürgermeisters nicht ausschlaggebend.

Der zweite Vizebürgermeister, also ein Organ der Gemeinde Sittersdorf, hat daher mit dieser ihm zuzurechnenden Aussendung unter Missachtung des Gebotes der Äquidistanz der Gemeindeorgane gegenüber den wahlwerbenden Parteien in unzulässiger Weise Einfluss auf die Wahlwerbung genommen. Durch diese Aussendung wurde somit die bundesverfassungsgesetzlich gewährleistete Freiheit der Wahlen verletzt.

Das dem Bürgermeister als Organ der Gemeinde Sittersdorf zuzurechnende Schreiben geht über eine bloße Information der Gemeindebürger hinaus und ist jedenfalls als Wahlempfehlung für Jakob Strauß zu verstehen. Mit dem erforderlichen besonderen Maß an Äquidistanz der Gemeindeorgane gegenüber den wahlwerbenden Parteien ist eine solche Wahlempfehlung in einem amtlichen Schreiben eines Gemeindeorgans für einen von einer der konkurrierenden Wählergruppen vorgeschlagenen Bürgermeisterkandidaten nicht vereinbar. Auch der Bürgermeister der Gemeinde Sittersdorf hat daher - als Organ der Gemeinde - in unzulässiger Weise Einfluss auf die Wahlwerbung genommen und durch die ihm zuzurechnende Aussendung die bundesverfassungsgesetzlich gewährleistete Freiheit der Wahlen verletzt.

Im Hinblick auf die Art der erwiesenen Rechtswidrigkeiten ist weiters davon auszugehen, dass diese auf das Wahlergebnis von Einfluss sein konnten.

Entscheidungstexte

  • WI5/2015
    Entscheidungstext VfGH Erkenntnis 25.09.2015 WI5/2015

Schlagworte

Wahlen, Bürgermeister, Wahlrecht freies, Wahlwerbung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2015:WI5.2015

Zuletzt aktualisiert am

12.04.2017

Dokumentnummer

JFR_20150925_15W_I00005_01

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