Verwaltungsgerichtshof (VwGH)

Navigation im Suchergebnis

Entscheidungstext 93/15/0199

Entscheidungsart

Erkenntnis

Dokumenttyp

Entscheidungstext

Geschäftszahl

93/15/0199

Entscheidungsdatum

22.02.1996

Index

39/03 Doppelbesteuerung;

Norm

DBAbk Liechtenstein 1971 Art15 Abs4;
DBAbk Liechtenstein 1971 Art19;
DBAbk Liechtenstein 1971 Art3 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Wetzel, Dr. Steiner, Dr. Mizner und Dr. Zorn als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Traudtner, über die Beschwerde des W in F, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Vorarlberg vom 22. Jänner 1993, Zl. 2095-2/92, betreffend Einkommensteuervorauszahlungen für das Jahr 1991, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer war im maßgebenden Zeitraum als Koch von der liechtensteinischen "Stiftung für das Alter" in einem Betagtenwohnheim angestellt. Er hatte zu dieser Zeit ausschließlich in Österreich einen Wohnsitz und pendelte von dort an Arbeitstagen zum liechtensteinischen Arbeitsort und zurück.

Zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens steht in Streit, ob das Besteuerungsrecht für die aus der genannten Tätigkeit vom Beschwerdeführer erzielten Einkünfte aus unselbständiger Arbeit Österreich zusteht. Die Beschwerde bestreitet dies trotz der Grenzgänger betreffenden Zuteilungsregel des Artikel 15, Absatz 4, des Abkommens zwischen der Republik Österreich und dem Fürstentum Liechtenstein zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern von Einkommen und Vermögen, Bundesgesetzblatt Nr. 24 aus 1971, (in der Folge: DBA-Lie), weil sie den Fall dem Artikel 19, Absatz eins, des Abkommens subsumiert, während die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid den Absatz 2, der in Rede stehenden Vertragsbestimmung angewendet hat.

Mit Beschluß vom 28. September 1993, B 406/93-3, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der gegen den angefochtenen Bescheid erhobenen Beschwerde ab und trat sie antragsgemäß dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

Vor diesem Gerichtshof macht die Beschwerde Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die im Beschwerdefall maßgebenden Bestimmungen des DBA-Lie

lauten wie folgt:

Artikel 3,

ALLGEMEINE DEFINITIONEN

....

  1. Absatz 2Bei Anwendung des Abkommens durch einen Vertragsstaat hat, wenn der Zusammenhang nichts anderes erfordert, jeder nicht anders definierte Ausdruck die Bedeutung, die ihm nach dem Recht dieses Staates über die Steuern zukommt, welche Gegenstand des Abkommens sind.

....

Artikel 15,

UNSELBSTÄNDIGE ARBEIT

....

  1. Absatz 4Einkünfte aus unselbständiger Arbeit solcher Personen, die in einem Vertragsstaat in der Nähe der Grenze ansässig sind und im anderen Staat in der Nähe der Grenze ihren Arbeitsort haben und sich in der Regel an jedem Arbeitstag von ihrem Wohnort dorthin begeben (Grenzgänger), werden in dem Vertragsstaat besteuert, in dem sie ansässig sind. Der Staat des Arbeitsortes ist jedoch berechtigt, von den erwähnten Einkünften eine Steuer von höchstens vier vom Hundert im Abzugsweg an der Quelle zu erheben.

....

Artikel 19,

ÖFFENTLICHE FUNKTIONEN

  1. Absatz einsVergütungen, einschließlich der Ruhegehälter, die von einem Vertragsstaat oder einer seiner Gebietskörperschaften unmittelbar oder aus einem von diesem Staat oder der Gebietskörperschaft errichteten Sondervermögen an eine natürliche Person für die diesem Staat oder der Gebietskörperschaft in Ausübung öffentlicher Funktionen erbrachten Dienste gezahlt werden, dürfen nur in diesem Staat besteuert werden.
  2. Absatz 2Auf Vergütungen oder Ruhegehälter für Dienstleistungen, die im Zusammenhang mit einer kaufmännischen oder gewerblichen Tätigkeit eines der Vertragsstaaten oder einer seiner Gebietskörperschaften erbracht werden, finden die Artikel 15,, 16 und 18 Anwendung."

Auslegungsbedürftig ist im vorliegenden Fall die Wendung im Artikel 19, Absatz eins, die DBA-Lie: "Vergütungen .... , die an eine natürliche Person für die diesem Staat oder der Gebietskörperschaft in Ausübung öffentlicher Funktionen erbrachten Dienste gezahlt werden."

Die Beschwerde sieht diese Tatbestandsmerkmale als erfüllt an und führt aus, die Begriffe "in Ausübung öffentlicher Funktionen" iS des Artikel 19, Absatz eins, DBA-Lie und "im Zusammenhang mit einer kaufmännischen oder gewerblichen Tätigkeit" iS des Absatz 2, dieser Vertragsstelle seien zwar im Abkommen nicht definiert, sie ergänzten einander aber; und zwar in der Weise, daß unter "kaufmännischen oder gewerblichen Tätigkeiten" nur erwerbs- und gewinnorientierte Tätigkeiten der öffentlichen Hand zu verstehen seien. Daraus lasse sich ableiten, "daß alle übrigen Tätigkeiten, insbesondere solche, die auf Grund öffentlich-rechtlicher Bestimmungen der Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben durch die Gebietskörperschaften dienen", als Ausübung "öffentlicher Funktionen" iS des Artikel 19, Absatz eins, DBA-Lie zu verstehen seien. Die Rechtsansicht der belangten Behörde, wonach Absatz eins, der in Rede stehenden Vertragsbestimmung hoheitliche und Absatz 2, dieser Bestimmung wirtschaftliche Tätigkeiten erfasse, sei unrichtig.

Im vorliegenden Fall ist ein Eingehen darauf, wie die Tatbestände des Absatz eins und 2 Artikel 19, DBA-Lie voneinander abzugrenzen sind, entbehrlich. Voraussetzung für die Subsumtion des Sachverhaltes unter die in Rede stehenden Bestimmungen des Artikel 19, DBA-Lie wäre nämlich selbst bei Auszahlung der Vergütungen an den Beschwerdeführer aus einem vom Staat Liechtenstein oder einer seiner Gebietskörperschaften errichteten Sondervermögen, daß der Beschwerdeführer im maßgebenden Zeitraum eine öffentliche Funktion für diesen Staat oder für eine seiner Gebietskörperschaften ausgeübt hat.

Davon kann aber auf der Grundlage des von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid festgestellten Sachverhaltes nicht die Rede sein. Unbestritten ist nämlich, daß der Beschwerdeführer seine Dienste weder gegenüber dem Staat Liechtenstein noch gegenüber einer liechtensteinischen Gebietskörperschaft, sondern gegenüber der eine selbständige juristische Person darstellenden liechtensteinischen "Stiftung für das Alter" erbracht hat. Daß die Stiftung mit dem Betrieb des Altersheims, in dem der Beschwerdeführer beschäftigt war, nach Darstellung in der Beschwerde den liechtensteinischen Gemeinden als Träger der Fürsorge obliegende Aufgaben wahrgenommen hat, ändert daran nichts.

Mangels Ausübung einer öffentlichen Funktion für den Staat Liechtenstein oder für eine seiner Gebietskörperschaften durch den Beschwerdeführer liegt somit kein dem Artikel 19, DBA-Lie subsumierbarer Tatbestand vor, weswegen das Recht zur Besteuerung seiner aus der in Rede stehenden Tätigkeit erzielten Einkünfte gemäß Artikel 15, Absatz 4, DBA-Lie der Republik Österreich zustand.

Auf Grund des Gesagten ist auch der Beschwerdevorwurf unberechtigt, Rechtsgrundlage des angefochtenen Bescheides sei der mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 11. März 1993, VfSlg. 13331, mangels gehöriger Kundmachung im Bundesgebsetzblatt aufgehobene Erlaß des Bundesministers für Finanzen vom 19. September 1989, Z. 04 3202/2-IV/4/89, AÖFV 281/1989, gewesen.

Für die vom Beschwerdeführer wegen geänderter Verwaltungspraxis der österreichischen Abgabenbehörden erstrebte vorrangige Anwendung des Grundsatzes von Treu und Glauben war im Hinblick auf den Legalitätsgrundsatz kein Raum.

Da sohin dem angefochtenen Bescheid die behauptete Rechtswidrigkeit nicht anhaftet, muße die Beschwerde gemäß Paragraph 42, Absatz eins, VwGG als unbegründet abgewiesen werden.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die Paragraphen 47, ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers, Bundesgesetzblatt Nr. 416 aus 1994,, insbesondere deren Art. römisch III Absatz 2,

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1993150199.X00

Im RIS seit

13.06.2001

Dokumentnummer

JWT_1993150199_19960222X00

Navigation im Suchergebnis