Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:römisch eins. Verfahrensgang:
1. Die Beschwerdeführer (in weiterer Folge kurz „BF“ oder gemäß der Reihenfolge ihrer Nennung im Spruch „BF1“ bis „BF4“ genannt) sind Staatsbürger des Irak. BF1 ist der volljährige Sohn der BF2. BF3 und BF4 sind die beiden minderjährigen Kinder der BF2. Die Beschwerdeführer reisten spätestens am 05.10.2015 über Jordanien auf dem Luftweg nach Österreich ein, wo die erwachsenen Beschwerdeführer (BF1 und BF2) für sich und die beiden minderjährigen Beschwerdeführer am 05.10.2015 vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes ihre Anträge auf internationalen Schutz gemäß § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 stellten.1. Die Beschwerdeführer (in weiterer Folge kurz „BF“ oder gemäß der Reihenfolge ihrer Nennung im Spruch „BF1“ bis „BF4“ genannt) sind Staatsbürger des Irak. BF1 ist der volljährige Sohn der BF2. BF3 und BF4 sind die beiden minderjährigen Kinder der BF2. Die Beschwerdeführer reisten spätestens am 05.10.2015 über Jordanien auf dem Luftweg nach Österreich ein, wo die erwachsenen Beschwerdeführer (BF1 und BF2) für sich und die beiden minderjährigen Beschwerdeführer am 05.10.2015 vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes ihre Anträge auf internationalen Schutz gemäß Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 13, AsylG 2005 stellten.
2. Mit Bescheiden des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Steiermark, vom 17.12.2016 (BF1) bzw. vom 13.12.2016 (BF2 bis BF4) wurden die Anträge der Beschwerdeführer auf internationalen Schutz betreffend die Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 jeweils abgewiesen (jeweils Spruchpunkt I.), den Beschwerdeführer jedoch jeweils der Status der subsidiär Schutzberechtigten gemäß
§ 8 Abs. 1 AsylG 2005 zuerkannt (jeweils Spruchpunkt II.) und ihnen gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 16.12.2017 (BF1) bzw. bis jeweils zum 12.12.2017 (BF2 bis BF4) erteilt (jeweils Spruchpunkt III.). 2. Mit Bescheiden des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Steiermark, vom 17.12.2016 (BF1) bzw. vom 13.12.2016 (BF2 bis BF4) wurden die Anträge der Beschwerdeführer auf internationalen Schutz betreffend die Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß Paragraph 3, Absatz eins, AsylG 2005 jeweils abgewiesen (jeweils Spruchpunkt römisch eins.), den Beschwerdeführer jedoch jeweils der Status der subsidiär Schutzberechtigten gemäß
§ 8 Absatz eins, AsylG 2005 zuerkannt (jeweils Spruchpunkt römisch II.) und ihnen gemäß Paragraph 8, Absatz 4, AsylG 2005 eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 16.12.2017 (BF1) bzw. bis jeweils zum 12.12.2017 (BF2 bis BF4) erteilt (jeweils Spruchpunkt römisch III.).
Die Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten begründete das Bundesamt zusammengefasst damit, dass es glaubhaft und nachvollziehbar sei, dass der BF1 den Irak wegen der allgemeinen Bürgerkriegssituation verlassen habe und in Österreich seine Schulbildung abschließen und eine weitere Ausbildung anschließen wolle. Es sei auch weiters glaubhaft und nachvollziehbar, dass die BF2 (und damit auch ihre minderjährigen Kinder) den Irak verlassen hätten, um sich ein sicheres und besseres Leben zu ermöglichen. Die Beschwerdeführer wären Betroffene der vorherrschenden angespannten Sicherheitslage und der Bürgerkriegssituation im Irak. Aus den Länderberichten ergebe sich eine Rückkehrgefährdung und könne derzeit aufgrund der auch in Bagdad vorherrschenden schlechten Sicherheits- und Versorgungslage nicht ausgeschlossen werden, dass die Beschwerdeführer im Fall der Rückkehr einer Situation ausgesetzt wären, die einer unmenschlichen Behandlung gleichzusetzen wäre. Von einer innerstaatlichen Fluchtalternative könne im speziellen Fall der Beschwerdeführer ohne dortige Familienanbindung und ohne Versorgungsmöglichkeiten nicht ausgegangen werden. Eine Rückkehr der Beschwerdeführer nach Bagdad oder einen anderen Ort im Irak sei daher nicht zumutbar und ihnen der Status der subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen.
In den Bescheiden betreffend die minderjährigen BF3 und BF4 wurde lediglich darauf verwiesen, dass ihrer Mutter, der BF2, der Status einer subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen gewesen sei und deswegen im Rahmen eines Familienverfahrens auch der BF3 und dem BF4 derselbe Status zu gewähren sei. Eine inhaltliche Prüfung der Lage der minderjährigen Beschwerdeführer im Fall der Rückkehr wurde nicht vorgenommen.
3. Gegen die jeweilige Abweisung ihrer Anträge auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 erhoben die Beschwerdeführer gemeinsam das Rechtsmittel der Beschwerde, welche mit Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichtes jeweils vom 15.04.2019, Zahl I420°21440902-1/14E (betreffend BF1) sowie Zahlen I420°2144900-1/13E, I420°2144903-1/12E und I420°2144901-1/12E (betreffend BF2 bis BF4) als unbegründet abgewiesen wurden. Dagegen wurden keine außerordentlichen Rechtsmittel erhoben und erwuchsen diese Erkenntnisse in Rechtskraft.3. Gegen die jeweilige Abweisung ihrer Anträge auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß Paragraph 3, Absatz eins, AsylG 2005 erhoben die Beschwerdeführer gemeinsam das Rechtsmittel der Beschwerde, welche mit Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichtes jeweils vom 15.04.2019, Zahl I420°21440902-1/14E (betreffend BF1) sowie Zahlen I420°2144900-1/13E, I420°2144903-1/12E und I420°2144901-1/12E (betreffend BF2 bis BF4) als unbegründet abgewiesen wurden. Dagegen wurden keine außerordentlichen Rechtsmittel erhoben und erwuchsen diese Erkenntnisse in Rechtskraft.
4. Aufgrund rechtzeitiger Verlängerungsanträge wurden die befristeten Aufenthaltsberechtigungen der BF2 bis BF4 mit Bescheiden jeweils vom 04.12.2017 bis zum 12.12.2019 verlängert. Auch die Aufenthaltsberechtigung des BF1 wurde vom Bundesamt bis zum 16.12.2019 verlängert.
Begründend wurde dazu seitens des Bundesamtes nur festgehalten, dass aufgrund der Ermittlungen zur allgemeinen Lage im Herkunftsstaat in Verbindung mit dem Vorbringen der Beschwerdeführer bzw. ihrem Antrag das Vorliegen der Voraussetzungen für die Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung als glaubwürdig gewertet habe werden können, sodass dem Antrag zu entsprechen gewesen sei.
5. Am 29.10.2019 brachten die Beschwerdeführer gemeinsam einen weiteren Antrag auf Verlängerung ihrer befristeten Aufenthaltsberechtigungen als subsidiär Schutzberechtigte ein.
6. Am 17.12.2019 wurde der BF1 sowie auch die BF2 jeweils vor dem Bundesamt zum Antrag auf Verlängerung des subsidiären Schutzes gemäß § 8 AsylG 2005 bzw. zur Einleitung eines Aberkennungsverfahrens niederschriftlich einvernommen. 6. Am 17.12.2019 wurde der BF1 sowie auch die BF2 jeweils vor dem Bundesamt zum Antrag auf Verlängerung des subsidiären Schutzes gemäß Paragraph 8, AsylG 2005 bzw. zur Einleitung eines Aberkennungsverfahrens niederschriftlich einvernommen.
Im Zuge dessen legte der BF1 nachfolgende Unterlagen vor:
- ÖSD Deutschzertifikat auf Niveau B1 vom 27.03.2018 (AS 187 f Teil II/BF1);
- ÖSD Deutschzertifikat auf Niveau A2 vom 10.08.2017 (AS 189 f Teil II/BF1);
- diverse Teilnahmebestätigungen, darunter
o Modul „Sicherheit & Polizei“ als Dolmetscher (AS 191 Teil II/BF1);
o ECDL-Ausbildung von 01.07.2019 bis 27.09.2019 (AS 193 ff Teil II/BF1);
o Werte- und Orientierungskurs vom 17.04.2018 (AS 199 f Teil II/BF1);
o Englisch-Test vom 09.04.2019 (AS 201 ff BF1);
- Anmeldung zum Pflichtschulabschluss vom April 2018 (AS 209 ff Teil II/BF1);
Seitens der BF2 wurden nachfolgende Unterlagen vorgelegt:
- Zertifikat eines Kindergartens für ein von der BF2 im Zeitraum von 19.10.2018 bis 18.10.2019 absolviertes Arbeitstraining zur Kinderbetreuung vom 18.10.2019 (AS 191 Teil II/BF2);
- AMS-Bestätigung der Meldung zur Arbeitssuche der BF2 ab 19.10.2019 sowie Bezugsbestätigung vom 18.06.2019 (AS 193 ff Teil II/BF2);
- Meldebestätigung der BF2 vom 18.04.2019 (AS 197 Teil II/BF2);
- ÖSD Deutschzertifikat auf Niveau A2 vom 27.08.2018 (AS 199 f Teil II/BF2);
- ÖSD Deutschzertifikat auf Niveau A1 vom 20.11.2017 (AS 201 f Teil II/BF2);
7. Mit den gegenständlich angefochtenen Bescheiden jeweils vom 03.02.2020 wurde der den Beschwerdeführern mit Bescheiden vom 13.12.2016 bzw. 17.12.2016 zuerkannte Status der subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 9 Abs. 1 AsylG von Amts wegen aberkannt (Spruchpunkt I.) und weiters die, unter einem erteilten, befristeten Aufenthaltsberechtigungen als subsidiär Schutzberechtigte gemäß § 9 Abs. 4 AsylG entzogen (Spruchpunkt II.). Der Antrag vom 29.10.2019 auf Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigungen wurde gemäß § 8 Abs. 4 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt III.), den Beschwerdeführern ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt IV.), gemäß § 10 Abs. 1 Z 5 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen die Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 4 FPG erlassen (Spruchpunkt V.), festgestellt, dass ihre Abschiebung gemäß § 46 FPG in den Irak zulässig ist (Spruchpunkt VI.) und ihnen gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG eine Frist für die freiwillige Ausreise binnen 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung eingeräumt (Spruchpunkt V.).7. Mit den gegenständlich angefochtenen Bescheiden jeweils vom 03.02.2020 wurde der den Beschwerdeführern mit Bescheiden vom 13.12.2016 bzw. 17.12.2016 zuerkannte Status der subsidiär Schutzberechtigten gemäß Paragraph 9, Absatz eins, AsylG von Amts wegen aberkannt (Spruchpunkt römisch eins.) und weiters die, unter einem erteilten, befristeten Aufenthaltsberechtigungen als subsidiär Schutzberechtigte gemäß Paragraph 9, Absatz 4, AsylG entzogen (Spruchpunkt römisch II.). Der Antrag vom 29.10.2019 auf Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigungen wurde gemäß Paragraph 8, Absatz 4, AsylG abgewiesen (Spruchpunkt römisch III.), den Beschwerdeführern ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß Paragraph 57, AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt römisch IV.), gemäß Paragraph 10, Absatz eins, Ziffer 5, AsylG in Verbindung mit Paragraph 9, BFA-VG gegen die Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß Paragraph 52, Absatz 2, Ziffer 4, FPG erlassen (Spruchpunkt römisch fünf.), festgestellt, dass ihre Abschiebung gemäß Paragraph 46, FPG in den Irak zulässig ist (Spruchpunkt römisch VI.) und ihnen gemäß Paragraph 55, Absatz eins bis 3 FPG eine Frist für die freiwillige Ausreise binnen 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung eingeräumt (Spruchpunkt römisch fünf.).
In dem den BF1 betreffenden Bescheid führte das Bundesamt zur Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten im Wesentlichen aus, dass sich das Bundesamt bei Zuspruch des Status des subsidiär Schutzberechtigten auf die damals im Irak bestehende schlechte allgemeine Sicherheitslage (Bürgerkriegssituation) gestützt habe. Es werde festgestellt, dass dieser Sachverhalt nunmehr nicht mehr vorliege und sich aus den aktuellen Länderberichten im Irak keine allgemein relevante Gefährdungslage (insbesondere in Bagdad) mehr ergebe. Auch habe nicht festgestellt werden können, dass der BF1 in Bagdad einer individuellen Bedrohung ausgesetzt wäre. Er verfüge über Verwandte im Heimatland, welche ihn unterstützen könnten und wäre der BF1 dadurch auch wohnversorgt. Der in den Vereinigten Staaten von Amerika lebende Vater, zu dem wieder Kontakt bestünde, könne ihn vom Ausland aus finanziell unterstützen. Der BF1 sei volljährig und arbeitsfähig und könne seine Familie bei Rückkehr in den Irak dadurch finanziell unterstützen. Auch bestehe für den BF1 die Möglichkeit, mit seinem Vater eine Familienzusammenführung zu beantragen und diese Formalitäten vom Heimatland aus zu organisieren. Der BF1 habe sich in Österreich zudem wertvolle Berufskenntnisse und anderes lebensnotwendiges Wissen aneignen können und könne er nunmehr als „Mann in der Familie“ die BF2 als alleinerziehende Frau im Irak sowie seine minderjährigen Geschwister unterstützen. Dem BF1 sei somit eine Rückkehr im Familienverband zumutbar und habe sich nicht ergeben, dass er in Bezug auf die individuelle Versorgungslage qualifiziert schutzbedürftiger sei, als die übrige Bevölkerung oder seine Angehörigen, die ebenfalls für ihre Existenzsicherung aufkommen könnten. Der ursprünglich in die Türkei geflüchtete Vater lebe nunmehr legal in den USA. Auch könne der BF1 sich an Hilfsorganisationen wenden und Rückkehrhilfe in Anspruch nehmen. Neben der geänderten Lage im Irak werde auch auf die verbesserte individuelle Situation des BF1 verwiesen, sodass ihm eine Rückkehr in den Irak nunmehr zumutbar sei. Die Voraussetzungen für die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten lägen daher vor. Der BF1 habe in Österreich Deutschkurse, die Schule und Weiterbildungen besucht und spreche er Deutsch auf „mittlerem Niveau“. Aktuell sei der BF1 jedoch nicht berufstätig. Er sei strafgerichtlich unbescholten. Dem BF1 sei aber nur eine befristete Aufenthaltsberechtigung erteilt worden und habe er trotz des mehrjährigen Aufenthalts in Österreich bisher keine besonderen Bindungen zu Österreich oder Österreichern darlegen können. Der BF1 sei in keinem Verein oder Organisation tätig. Er habe abgesehen von seiner Mutter und den minderjährigen Geschwistern, denen jedoch ebenfalls der Statuts der subsidiär Schutzberechtigten aberkannt und gegen sie eine Rückkehrentscheidung erlassen worden sei, keine weiteren Verwandten oder Angehörigen im Bundesgebiet. Er spreche fließend Arabisch und habe den Großteil seines Lebens im Irak verbracht, wo er auch noch Familienangehörige habe. Eine besondere Integration des BF1 sei nicht erkennbar, sodass eine Rückkehrentscheidung gemäß § 9 BFA-VG zulässig sei.In dem den BF1 betreffenden Bescheid führte das Bundesamt zur Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten im Wesentlichen aus, dass sich das Bundesamt bei Zuspruch des Status des subsidiär Schutzberechtigten auf die damals im Irak bestehende schlechte allgemeine Sicherheitslage (Bürgerkriegssituation) gestützt habe. Es werde festgestellt, dass dieser Sachverhalt nunmehr nicht mehr vorliege und sich aus den aktuellen Länderberichten im Irak keine allgemein relevante Gefährdungslage (insbesondere in Bagdad) mehr ergebe. Auch habe nicht festgestellt werden können, dass der BF1 in Bagdad einer individuellen Bedrohung ausgesetzt wäre. Er verfüge über Verwandte im Heimatland, welche ihn unterstützen könnten und wäre der BF1 dadurch auch wohnversorgt. Der in den Vereinigten Staaten von Amerika lebende Vater, zu dem wieder Kontakt bestünde, könne ihn vom Ausland aus finanziell unterstützen. Der BF1 sei volljährig und arbeitsfähig und könne seine Familie bei Rückkehr in den Irak dadurch finanziell unterstützen. Auch bestehe für den BF1 die Möglichkeit, mit seinem Vater eine Familienzusammenführung zu beantragen und diese Formalitäten vom Heimatland aus zu organisieren. Der BF1 habe sich in Österreich zudem wertvolle Berufskenntnisse und anderes lebensnotwendiges Wissen aneignen können und könne er nunmehr als „Mann in der Familie“ die BF2 als alleinerziehende Frau im Irak sowie seine minderjährigen Geschwister unterstützen. Dem BF1 sei somit eine Rückkehr im Familienverband zumutbar und habe sich nicht ergeben, dass er in Bezug auf die individuelle Versorgungslage qualifiziert schutzbedürftiger sei, als die übrige Bevölkerung oder seine Angehörigen, die ebenfalls für ihre Existenzsicherung aufkommen könnten. Der ursprünglich in die Türkei geflüchtete Vater lebe nunmehr legal in den USA. Auch könne der BF1 sich an Hilfsorganisationen wenden und Rückkehrhilfe in Anspruch nehmen. Neben der geänderten Lage im Irak werde auch auf die verbesserte individuelle Situation des BF1 verwiesen, sodass ihm eine Rückkehr in den Irak nunmehr zumutbar sei. Die Voraussetzungen für die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten lägen daher vor. Der BF1 habe in Österreich Deutschkurse, die Schule und Weiterbildungen besucht und spreche er Deutsch auf „mittlerem Niveau“. Aktuell sei der BF1 jedoch nicht berufstätig. Er sei strafgerichtlich unbescholten. Dem BF1 sei aber nur eine befristete Aufenthaltsberechtigung erteilt worden und habe er trotz des mehrjährigen Aufenthalts in Österreich bisher keine besonderen Bindungen zu Österreich oder Österreichern darlegen können. Der BF1 sei in keinem Verein oder Organisation tätig. Er habe abgesehen von seiner Mutter und den minderjährigen Geschwistern, denen jedoch ebenfalls der Statuts der subsidiär Schutzberechtigten aberkannt und gegen sie eine Rückkehrentscheidung erlassen worden sei, keine weiteren Verwandten oder Angehörigen im Bundesgebiet. Er spreche fließend Arabisch und habe den Großteil seines Lebens im Irak verbracht, wo er auch noch Familienangehörige habe. Eine besondere Integration des BF1 sei nicht erkennbar, sodass eine Rückkehrentscheidung gemäß Paragraph 9, BFA-VG zulässig sei.
In dem die BF2 betreffenden Bescheid führte das Bundesamt zur Aberkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten im Wesentlichen aus, dass sich das Bundesamt bei Zuspruch des Status als subsidiär Schutzberechtigte auf die damals im Irak bestehende Situation als alleinstehende Frau mit minderjährigen Kindern gestützt habe, der eine Rückkehr in den Irak aufgrund der damaligen schlechten Sicherheitslage (Bürgerkriegssituation) nicht zumutbar gewesen sei. Es werde festgestellt, dass dieser Sachverhalt nunmehr nicht mehr vorliege. Die BF2 habe sich in Österreich wertvolle Kenntnisse aneignen können, welche bei ihrer Rückkehr von Vorteil sein können. Aufgrund der aktuellen Länderberichte habe keine allgemein relevante Gefährdungslage mehr im Irak festgestellt werden können. Auch habe nicht festgestellt werden können, dass die BF2 in Bagdad einer individuellen Bedrohung ausgesetzt wäre. Sie verfüge über Verwandte im Heimatland, welche sie unterstützen könnten und wäre die BF2 dadurch auch wohnversorgt. Der in den Vereinigten Staaten von Amerika lebende Ehemann, zu dem wieder Kontakt bestünde, könne sie vom Ausland aus finanziell unterstützen. Auch stehe der BF2 eine Familienzusammenführung mit dem Ehemann in den USA frei. Der älteste Sohn der BF2 (der BF1) sei zudem inzwischen volljährig, habe in Österreich wertvolle Berufskenntnisse erworben und könne nunmehr als „Mann in der Familie“ die BF2 als alleinerziehende Frau im Irak unterstützen. Auch die BF2 habe durch ihren Aufenthalt in Österreich mehr Lebenserfahrung gewonnen. Der ursprünglich in die Türkei geflüchtete Ehemann lebe nunmehr legal in den USA. Auch könne die BF2 sich an Hilfsorganisationen wenden und Rückkehrhilfe in Anspruch nehmen. Wenngleich nicht verkannt werde, dass die UNHCR-Richtlinien den Irak betreffend eine erhöhte Sicherheitsproblematik und eine schwierige Versorgungslage verzeichnen würden, ließen diese dennoch keine absolute Unzumutbarkeit einer Rückkehr in den Irak erkennen. Die Rückkehr in den Irak sei der BF2 nunmehr zumutbar, sodass die Voraussetzungen für die Aberkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten vorliegen würden.
Bezogen auf die beiden (damals auch BF3) minderjährigen Beschwerdeführer verwies das BFA in den jeweiligen Bescheiden aber lediglich auf die Begründung betreffend die BF2. Da der Sachverhalt der Zuerkennung des Status des subsidiären Schutzes hinsichtlich der Mutter (BF2) nicht mehr vorliege, gelte dies auch für die minderjährigen Beschwerdeführer. Es bestehe für diese die Rückkehrmöglichkeit gemeinsam mit ihren Familienangehörigen und habe aufgrund der aktuellen Länderinformationen zum Irak keine allgemein relevante Gefährdungslage festgestellt werden können. Gründe für eine originäre Gewährung von subsidiärem Schutz für die minderjährigen Beschwerdeführer wären nicht vorgebracht worden und hätten sich auch sonst nicht ergeben, sodass sie im Fall einer Rückkehr in den Irak nicht der realen Gefahr ausgesetzt wären, dass ihre Rechte gemäß Art. 2 und Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention verletzt würden.Bezogen auf die beiden (damals auch BF3) minderjährigen Beschwerdeführer verwies das BFA in den jeweiligen Bescheiden aber lediglich auf die Begründung betreffend die BF2. Da der Sachverhalt der Zuerkennung des Status des subsidiären Schutzes hinsichtlich der Mutter (BF2) nicht mehr vorliege, gelte dies auch für die minderjährigen Beschwerdeführer. Es bestehe für diese die Rückkehrmöglichkeit gemeinsam mit ihren Familienangehörigen und habe aufgrund der aktuellen Länderinformationen zum Irak keine allgemein relevante Gefährdungslage festgestellt werden können. Gründe für eine originäre Gewährung von subsidiärem Schutz für die minderjährigen Beschwerdeführer wären nicht vorgebracht worden und hätten sich auch sonst nicht ergeben, sodass sie im Fall einer Rückkehr in den Irak nicht der realen Gefahr ausgesetzt wären, dass ihre Rechte gemäß Artikel 2 und Artikel 3, EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention verletzt würden.
Mit Verfahrensanordnungen jeweils vom 04.02.2020 wurde den Beschwerdeführern gemäß
§ 52 Abs. 1 BFA-VG amtswegig ein Rechtsberater für das Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht beigegeben.Mit Verfahrensanordnungen jeweils vom 04.02.2020 wurde den Beschwerdeführern gemäß
§ 52 Absatz eins, BFA-VG amtswegig ein Rechtsberater für das Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht beigegeben.
8. Mit Schriftsätzen des bevollmächtigten Rechtsvertreters der Beschwerdeführer jeweils vom 03.03.2020, beim Bundesamt jeweils am 04.03.2020 einlangend, erhoben der BF1 sowie die BF2 bis BF4 das Rechtsmittel der Beschwerde gegen die sie betreffenden Bescheide des Bundesamtes. Es wurde jeweils beantragt, das Bundesverwaltungsgericht möge eine mündliche Verhandlung durchführen und dem BF1 bzw. BF2 bis BF4 Asyl gewähren [sic!], ihnen allenfalls jeweils subsidiären Schutz zuerkennen [sic!]; in eventu die angefochtenen Bescheide aufheben und die Verfahren an das Bundesamt zurückverweisen; einen landeskundigen Sachverständigen beauftragen, der sich mit der aktuellen Situation im Irak und den spezifischen von den Beschwerdeführern vorgebrachten Punkten befasst; in eventu die Rückkehrentscheidungen auf Dauer für unzulässig erklären; allenfalls Aufenthaltstitel aus besonders berücksichtigungswürdigen Gründen erteilen; allenfalls feststellen, dass die Abschiebung in den Irak unzulässig ist.
Begründend wurde hinsichtlich des BF1 eingangs die von ihm bereits vorgebrachten und rechtskräftig als unglaubwürdig bzw. nicht asylrelevant beurteilten Fluchtgründe aus dem Irak wiederholt. Neben dir ihn persönlich betreffenden Entführung, welche in der brutalisierten Gesellschaft des Iraks längst zum Bestandteil des Alltags geworden seien, habe der BF1 den Irak auch wegen des konfessionellen Krieges und den ungerechtfertigten Morden verlassen. Im Irak gebe es keine Rechte und bekomme man die einfachsten Sachen nicht. Angesichts der Fluchtgründe des BF1 erweise sich sein Leben im Irak immer noch als bedroht. Die Gründe, die zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten geführt hätten, hätten sich im Wesentlichen nicht geändert. Es sei mit großer Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass der BF1 im Fall einer Rückkehr von einer lebensbedrohlichen Notlage betroffen sein würde. In der Folge wurden diverse Länderinformationen zum Irak, besonders des BMEIA und des deutschen Auswärtigen Amtes zur Sicherheit und Kriminalität, Terrorismus und zur Lage in der Stadt Bagdad zitiert. Das Bundesamt habe sich bei seinen Feststellungen auf unvollständige und teilweise veraltete Länderberichte gestützt. Diese würden zwar allgemeine Aussagen über den Irak enthalten, sich jedoch nicht mit dem konkreten Fluchtvorbringen des BF1 befassen [sic!], sodass sie zur Begründung der Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz [sic!] ungeeignet wären. Die Ausführungen des Bundesamtes, dass basierend auf den Länderinformationen hinsichtlich des BF1 im Fall der Rückkehr keine allgemein relevante Gefährdungslage mehr festgestellt habe werden können, sei angesichts der vorliegenden Berichte widersprüchlich. Auch die Beweiswürdigung erweise sich – ob der teils falschen Auswertung der bereits veralteten Länderberichte – als mangelhaft. Entgegen den Ausführungen des Bundesamtes wäre es dem BF1 nicht möglich, sich in Bagdad wieder niederzulassen. Die Sicherheitslage sei als extrem vulnerabel zu bezeichnen und fänden dort täglich Anschläge statt. Auch der aktuell in den USA lebende Vater des BF1 wäre nicht mehr in der Lage, diesen finanziell zu unterstützen. Nach einem Familienstreit sei die Beziehung zum Vater auch sehr instabil. Der BF1 habe weiters aussagekräftige Integrationsunterlagen vorgelegt, mit welchen sich das Bundesamt nicht ausreichend auseinandergesetzt und somit seine Ermittlungspflicht verletzt habe. Er sei hier gut integriert, habe sich Deutsch im Selbststudium beigebracht, einen Deutschkurs auf Niveau B2 absolviert, pflege Beziehungen zu Freunden und wolle am Arbeitsprozess teilnehmen. Aufgrund des bereits vierjährigen Aufenthalts des BF1 in Österreich würde er bei einer Rückkehr in den Irak Schwierigkeiten bei einer Neuorientierung und Anpassung an die dortigen Verhältnisse haben. Der BF1 habe sich in Österreich umfassend integriert, spreche Deutsch auf Niveau B2 und habe einen bestehenden Freundeskreis zu Österreicher/innen. Er habe weiters die Schule sowie mehrere Kurse besucht, eine Bindung zu Österreich aufgebaut und sei selbsterhaltungsfähig. Er habe sich zur Matura angemeldet und mache gerade einen Führerschein. Der BF1 verfüge zwar über Verwandte im Irak, diese könnten ihn jedoch nicht unterstützen oder wohnversorgen. Es gebe keine Möglichkeit, bei der Großmutter zu wohnen, dies wäre für die Großmutter zu stressig und zu viel Aufwand. Aufgrund des Fehlens eines sozialen bzw. familiären Auffangnetzes wäre dem BF1 im konkreten Einzelfall subsidiärer Schutz zu gewähren gewesen [sic!], da er im Fall der Abschiebung in Gefahr wäre, im Irak einer existenzbedrohenden Situation ausgesetzt zu sein. Er würde daher im Fall der Rückkehr in eine ausweglose Lage geraten und damit eine Verletzung der durch Art. 2 und Art. 3 EMRK geschützten Rechte vorliegen.Begründend wurde hinsichtlich des BF1 eingangs die von ihm bereits vorgebrachten und rechtskräftig als unglaubwürdig bzw. nicht asylrelevant beurteilten Fluchtgründe aus dem Irak wiederholt. Neben dir ihn persönlich betreffenden Entführung, welche in der brutalisierten Gesellschaft des Iraks längst zum Bestandteil des Alltags geworden seien, habe der BF1 den Irak auch wegen des konfessionellen Krieges und den ungerechtfertigten Morden verlassen. Im Irak gebe es keine Rechte und bekomme man die einfachsten Sachen nicht. Angesichts der Fluchtgründe des BF1 erweise sich sein Leben im Irak immer noch als bedroht. Die Gründe, die zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten geführt hätten, hätten sich im Wesentlichen nicht geändert. Es sei mit großer Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass der BF1 im Fall einer Rückkehr von einer lebensbedrohlichen Notlage betroffen sein würde. In der Folge wurden diverse Länderinformationen zum Irak, besonders des BMEIA und des deutschen Auswärtigen Amtes zur Sicherheit und Kriminalität, Terrorismus und zur Lage in der Stadt Bagdad zitiert. Das Bundesamt habe sich bei seinen Feststellungen auf unvollständige und teilweise veraltete Länderberichte gestützt. Diese würden zwar allgemeine Aussagen über den Irak enthalten, sich jedoch nicht mit dem konkreten Fluchtvorbringen des BF1 befassen [sic!], sodass sie zur Begründung der Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz [sic!] ungeeignet wären. Die Ausführungen des Bundesamtes, dass basierend auf den Länderinformationen hinsichtlich des BF1 im Fall der Rückkehr keine allgemein relevante Gefährdungslage mehr festgestellt habe werden können, sei angesichts der vorliegenden Berichte widersprüchlich. Auch die Beweiswürdigung erweise sich – ob der teils falschen Auswertung der bereits veralteten Länderberichte – als mangelhaft. Entgegen den Ausführungen des Bundesamtes wäre es dem BF1 nicht möglich, sich in Bagdad wieder niederzulassen. Die Sicherheitslage sei als extrem vulnerabel zu bezeichnen und fänden dort täglich Anschläge statt. Auch der aktuell in den USA lebende Vater des BF1 wäre nicht mehr in der Lage, diesen finanziell zu unterstützen. Nach einem Familienstreit sei die Beziehung zum Vater auch sehr instabil. Der BF1 habe weiters aussagekräftige Integrationsunterlagen vorgelegt, mit welchen sich das Bundesamt nicht ausreichend auseinandergesetzt und somit seine Ermittlungspflicht verletzt habe. Er sei hier gut integriert, habe sich Deutsch im Selbststudium beigebracht, einen Deutschkurs auf Niveau B2 absolviert, pflege Beziehungen zu Freunden und wolle am Arbeitsprozess teilnehmen. Aufgrund des bereits vierjährigen Aufenthalts des BF1 in Österreich würde er bei einer Rückkehr in den Irak Schwierigkeiten bei einer Neuorientierung und Anpassung an die dortigen Verhältnisse haben. Der BF1 habe sich in Österreich umfassend integriert, spreche Deutsch auf Niveau B2 und habe einen bestehenden Freundeskreis zu Österreicher/innen. Er habe weiters die Schule sowie mehrere Kurse besucht, eine Bindung zu Österreich aufgebaut und sei selbsterhaltungsfähig. Er habe sich zur Matura angemeldet und mache gerade einen Führerschein. Der BF1 verfüge zwar über Verwandte im Irak, diese könnten ihn jedoch nicht unterstützen oder wohnversorgen. Es gebe keine Möglichkeit, bei der Großmutter zu wohnen, dies wäre für die Großmutter zu stressig und zu viel Aufwand. Aufgrund des Fehlens eines sozialen bzw. familiären Auffangnetzes wäre dem BF1 im konkreten Einzelfall subsidiärer Schutz zu gewähren gewesen [sic!], da er im Fall der Abschiebung in Gefahr wäre, im Irak einer existenzbedrohenden Situation ausgesetzt zu sein. Er würde daher im Fall der Rückkehr in eine ausweglose Lage geraten und damit eine Verletzung der durch Artikel 2 und Artikel 3, EMRK geschützten Rechte vorliegen.
Unter einem wurden vom BF1 nachfolgende Unterlagen vorgelegt:
- zwei Empfehlungsschreiben (vgl. AS 342 Teil II/BF1 und 350 Teil II/BF1);- zwei Empfehlungsschreiben vergleiche AS 342 Teil II/BF1 und 350 Teil II/BF1);
- Schreiben des US Department of Homeland Security – US Citizenship & Immigration Services für einen XXXX , wonach dessen Asylantrag vom 10.07.2018 nach wie vor in Bearbeitung sei (vgl. AS 344 Teil II/BF1);- Schreiben des US Department of Homeland Security – US Citizenship & Immigration Services für einen römisch 40 , wonach dessen Asylantrag vom 10.07.2018 nach wie vor in Bearbeitung sei vergleiche AS 344 Teil II/BF1);
- Schreiben der US-amerikanischen Botschaft in XXXX , wonach ein Visumantrag des BF1 oder der BF2 abgelehnt wurde (vgl. AS 346 Teil II/BF1);- Schreiben der US-amerikanischen Botschaft in römisch 40 , wonach ein Visumantrag des BF1 oder der BF2 abgelehnt wurde vergleiche AS 346 Teil II/BF1);
- Bestätigung der LPD XXXX vom 01.07.2019 dass der BF1 einen Antrag auf Austausch seiner irakischen Lenkerberechtigung gestellt hat (vgl. AS 347 f Teil II/BF1);- Bestätigung der LPD römisch 40 vom 01.07.2019 dass der BF1 einen Antrag auf Austausch seiner irakischen Lenkerberechtigung gestellt hat vergleiche AS 347 f Teil II/BF1);
- Kursbesuchsbestätigung für einen Kurs „Kompetenzcheck berufliche Integration – junge Männer“ von 07.01.2020 bis 07.02.2020 (vgl. AS 349 Teil II/BF1);- Kursbesuchsbestätigung für einen Kurs „Kompetenzcheck berufliche Integration – junge Männer“ von 07.01.2020 bis 07.02.2020 vergleiche AS 349 Teil II/BF1);
Hinsichtlich den BF2 bis BF4 wurde zusammengefasst begründend ausgeführt, die BF2 sei ihm Irak nur verheiratete Hausfrau gewesen. Auch der Ehemann/Kindesvater der Beschwerdeführer habe den Irak verlassen und lebe inzwischen in den Vereinigten Staaten. Der Kontakt sei einige Zeit stabil gewesen, jedoch könne der Ehemann/Kindesvater einen weiteren Unterhalt der Beschwerdeführer im Irak nicht finanzieren. Nachdem die BF2 bei der amerikanischen Botschaft in Österreich einen Asylantrag gestellt habe, sie der Visumantrag des Ehemannes in der Folge abgelehnt worden. Monate Später sei der Kontakt zum Ehemann/Kindesvater im weniger geworden. Nach einem großen Familienstreit sei die Beziehung nunmehr instabil. Im Falle einer Rückkehr würde die BF2 als alleinstehende Frau mit zwei minderjährigen Kindern in eine ausweglose Lage geraten. Auch wenn sie einen Asylantrag bei der amerikanischen Botschaft gestellt habe, wolle sie weiterhin in Österreich Aufnahme und Schutz. Die Familie habe aus dem Irak wegen der allgemeinen Sicherheitslage und der Entführung des BF1 fliehen müssen. Neben den häufigen Entführungen, welche in der brutalisierten Gesellschaft des Iraks längst zum Bestandteil des Alltags geworden seien, habe die BF2 den Irak auch wegen des konfessionellen Krieges und den ungerechtfertigten Morden verlassen. Im Irak gebe es keine Rechte und bekomme man die einfachsten Sachen nicht. Ein wichtiger Grund für die BF2 sei auch, dass sie als Frau ohne Ehemann, wie viele Frauen im Irak, Angst und Unsicherheitsgefühle habe, wenn sie das Haus verlasse. Die Gründe, die zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten geführt hätten, hätten sich im Wesentlichen nicht geändert. Es sei mit großer Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass der die BF2 im Fall einer Rückkehr von einer lebensbedrohlichen Notlage betroffen sein würde. In der Folge wurden diverse Länderinformationen zum Irak, besonders des BMEIA und des deutschen Auswärtigen Amtes zur Sicherheit und Kriminalität, Terrorismus und zur Lage in der Stadt Bagdad zitiert. Das Bundesamt habe sich bei seinen Feststellungen auf unvollständige und teilweise veraltete Länderberichte gestützt. Diese würden zwar allgemeine Aussagen über den Irak enthalten, sich jedoch nicht mit dem konkreten Fluchtvorbringen der BF2 befassen [sic!], sodass sie zur Begründung der Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz [sic!] ungeeignet wären. Die Ausführungen des Bundesamtes, dass basierend auf den Länderinformationen hinsichtlich der BF2 im Fall der Rückkehr keine allgemein relevante Gefährdungslage mehr festgestellt habe werden können, sei angesichts der vorliegenden Berichte widersprüchlich. Frauen und Mädchen hätten mit erheblichen gesellschaftlichen Nachteilen und sozialer bzw. grundsätzlicher Diskriminierung zu kämpfen, insbesondere, wenn sie als die gesellschaftlichen Normen überschreiten wahrgenommen werden würden. Auch wären sie besonderen Sicherheitsrisiken ausgesetzt. Frauen wären generell in der Ausübung ihrer Freiheit beeinträchtigt, insbesondere jene, die häuslicher Gewalt ausgesetzt seien. Anzeichen für eine Besserung wären nicht erkennbar. Die BF2 und ihre Familie wären im Irak asylrelevanter Bedrohung ausgesetzt [sic!]. Eine Schutzfähigkeit und Schutzwilligkeit des irakischen Staates sei nicht gegeben. Diesbezüglich habe die belangte Behörde ein unzureichendes Ermittlungsverfahren durchgeführt. Auch die Beweiswürdigung erweise sich – ob der teils falschen Auswertung der bereits veralteten Länderberichte – als mangelhaft. Entgegen den Ausführungen des Bundesamtes wäre es der BF2 nicht möglich, sich in Bagdad wieder niederzulassen. Die Sicherheitslage sei als extrem vulnerabel zu bezeichnen und fänden dort täglich Anschläge statt. Auch der aktuell in den USA lebende Ehemann der BF2 wäre nicht mehr in der Lage, diesen finanziell zu unterstützen. Nach einem Familienstreit sei die Beziehung auch sehr instabil. Die BF2 habe zwar Verwandte im Irak, diese könnten sie jedoch nicht unterstützen oder wohnversorgen. Es gebe keine Möglichkeit, bei der Mutter der BF2 zu wohnen, dies wäre für die deren Mutter zu stressig und zu viel Aufwand. Die BF2 lerne, mit der Kultur in Österreich umzugehen und besuche aktuell einen Sprachkurs auf Niveau B1, habe viele Beziehungen zu Österreicher/innen geknüpft. Sie habe auch in der ehemaligen Wohnortgemeinde und von 2018 bis 2019 in XXXX als Betreuerin in einem Kindergarten gearbeitet. Die minderjährige BF3 besuche die Mittelschule, der minderjährige BF4 die Volksschule. Aufgrund des Fehlens eines sozialen bzw. familiären Auffangnetzes wäre den Beschwerdeführerin im konkreten Einzelfall subsidiärer Schutz zu gewähren gewesen [sic!], da sie im Fall der Abschiebung in Gefahr wären, im Irak einer existenzbedrohenden Situation ausgesetzt zu sein. Sie würden daher im Fall der Rückkehr in eine ausweglose Lage geraten und damit eine Verletzung der durch Art. 2 und Art. 3 EMRK geschützten Rechte vorliegen.Hinsichtlich den BF2 bis BF4 wurde zusammengefasst begründend ausgeführt, die BF2 sei ihm Irak nur verheiratete Hausfrau gewesen. Auch der Ehemann/Kindesvater der Beschwerdeführer habe den Irak verlassen und lebe inzwischen in den Vereinigten Staaten. Der Kontakt sei einige Zeit stabil gewesen, jedoch könne der Ehemann/Kindesvater einen weiteren Unterhalt der Beschwerdeführer im Irak nicht finanzieren. Nachdem die BF2 bei der amerikanischen Botschaft in Österreich einen Asylantrag gestellt habe, sie der Visumantrag des Ehemannes in der Folge abgelehnt worden. Monate Später sei der Kontakt zum Ehemann/Kindesvater im weniger geworden. Nach einem großen Familienstreit sei die Beziehung nunmehr instabil. Im Falle einer Rückkehr würde die BF2 als alleinstehende Frau mit zwei minderjährigen Kindern in eine ausweglose Lage geraten. Auch wenn sie einen Asylantrag bei der amerikanischen Botschaft gestellt habe, wolle sie weiterhin in Österreich Aufnahme und Schutz. Die Familie habe aus dem Irak wegen der allgemeinen Sicherheitslage und der Entführung des BF1 fliehen müssen. Neben den häufigen Entführungen, welche in der brutalisierten Gesellschaft des Iraks längst zum Bestandteil des Alltags geworden seien, habe die BF2 den Irak auch wegen des konfessionellen Krieges und den ungerechtfertigten Morden verlassen. Im Irak gebe es keine Rechte und bekomme man die einfachsten Sachen nicht. Ein wichtiger Grund für die BF2 sei auch, dass sie als Frau ohne Ehemann, wie viele Frauen im Irak, Angst und Unsicherheitsgefühle habe, wenn sie das Haus verlasse. Die Gründe, die zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten geführt hätten, hätten sich im Wesentlichen nicht geändert. Es sei mit großer Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass der die BF2 im Fall einer Rückkehr von einer lebensbedrohlichen Notlage betroffen sein würde. In der Folge wurden diverse Länderinformationen zum Irak, besonders des BMEIA und des deutschen Auswärtigen Amtes zur Sicherheit und Kriminalität, Terrorismus und zur Lage in der Stadt Bagdad zitiert. Das Bundesamt habe sich bei seinen Feststellungen auf unvollständige und teilweise veraltete Länderberichte gestützt. Diese würden zwar allgemeine Aussagen über den Irak enthalten, sich jedoch nicht mit dem konkreten Fluchtvorbringen der BF2 befassen [sic!], sodass sie zur Begründung der Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz [sic!] ungeeignet wären. Die Ausführungen des Bundesamtes, dass basierend auf den Länderinformationen hinsichtlich der BF2 im Fall der Rückkehr keine allgemein relevante Gefährdungslage mehr festgestellt habe werden können, sei angesichts der vorliegenden Berichte widersprüchlich. Frauen und Mädchen hätten mit erheblichen gesellschaftlichen Nachteilen und sozialer bzw. grundsätzlicher Diskriminierung zu kämpfen, insbesondere, wenn sie als die gesellschaftlichen Normen überschreiten wahrgenommen werden würden. Auch wären sie besonderen Sicherheitsrisiken ausgesetzt. Frauen wären generell in der Ausübung ihrer Freiheit beeinträchtigt, insbesondere jene, die häuslicher Gewalt ausgesetzt seien. Anzeichen für eine Besserung wären nicht erkennbar. Die BF2 und ihre Familie wären im Irak asylrelevanter Bedrohung ausgesetzt [sic!]. Eine Schutzfähigkeit und Schutzwilligkeit des irakischen Staates sei nicht gegeben. Diesbezüglich habe die belangte Behörde ein unzureichendes Ermittlungsverfahren durchgeführt. Auch die Beweiswürdigung erweise sich – ob der teils falschen Auswertung der bereits veralteten Länderberichte – als mangelhaft. Entgegen den Ausführungen des Bundesamtes wäre es der BF2 nicht möglich, sich in Bagdad wieder niederzulassen. Die Sicherheitslage sei als extrem vulnerabel zu bezeichnen und fänden dort täglich Anschläge statt. Auch der aktuell in den USA lebende Ehemann der BF2 wäre nicht mehr in der Lage, diesen finanziell zu unterstützen. Nach einem Familienstreit sei die Beziehung auch sehr instabil. Die BF2 habe zwar Verwandte im Irak, diese könnten sie jedoch nicht unterstützen oder wohnversorgen. Es gebe keine Möglichkeit, bei der Mutter der BF2 zu wohnen, dies wäre für die deren Mutter zu stressig und zu viel Aufwand. Die BF2 lerne, mit der Kultur in Österreich umzugehen und besuche aktuell einen Sprachkurs auf Niveau B1, habe viele Beziehungen zu Österreicher/innen geknüpft. Sie habe auch in der ehemaligen Wohnortgemeinde und von 2018 bis 2019 in römisch 40 als Betreuerin in einem Kindergarten gearbeitet. Die minderjährige BF3 besuche die Mittelschule, der minderjährige BF4 die Volksschule. Aufgrund des Fehlens eines sozialen bzw. familiären Auffangnetzes wäre den Beschwerdeführerin im konkreten Einzelfall subsidiärer Schutz zu gewähren gewesen [sic!], da sie im Fall der Abschiebung in Gefahr wären, im Irak einer existenzbedrohenden Situation ausgesetzt zu sein. Sie würden daher im Fall der Rückkehr in eine ausweglose Lage geraten und damit eine Verletzung der durch Artikel 2 und Artikel 3, EMRK geschützten Rechte vorliegen.
Unter einem wurden von der BF2 nachfolgende Unterlagen vorgelegt:
- drei Empfehlungsschreiben (vgl. AS 337 f Teil II/BF2 und AS 349 Teil II/BF2);- drei Empfehlungsschreiben vergleiche AS 337 f Teil II/BF2 und AS 349 Teil II/BF2);
- Schulnachricht einer öffentlichen Volksschule für das Schuljahr 2019/2020 für den BF 4 (vgl. AS 339 Teil II/BF2);- Schulnachricht einer öffentlichen Volksschule für das Schuljahr 2019/2020 für den BF 4 vergleiche AS 339 Teil II/BF2);
- Integrationserklärung des ÖIF für die BF3 (vgl. AS 304 ff Teil II/BF2) und die BF2 (vgl. AS 355 ff Teil II/BF2);- Integrationserklärung des ÖIF für die BF3 vergleiche AS 304 ff Teil II/BF2) und die BF2 vergleiche AS 355 ff Teil II/BF2);
- Zeugnisse einer öffentlichen Neuen Mittelschule für die Schuljahre 2017/2018 und 2018/2019 für die BF3 (vgl. AS 346 f Teil II/BF2);- Zeugnisse einer öffentlichen Neuen Mittelschule für die Schuljahre 2017/2018 und 2018/2019 für die BF3 vergleiche AS 346 f Teil II/BF2);
- Teilnahmebestätigung am Werte- und Orientierungskurs vom 20.11.2019 für die BF3 (vgl. AS 348 Teil II/BF2);- Teilnahmebestätigung am Werte- und Orientierungskurs vom 20.11.2019 für die BF3 vergleiche AS 348 Teil II/BF2);
- Trainings-Vereinbarung zum Arbeitstraining der BF2 in einem Kindergarten von 19.10.2018 bis 18.10.2019 sowie das bereits aktenkundige Zertifikat (AS 350 ff Teil II/BF2);
- Deutsch-Kursbesuchsbestätigung der BF2 von Februar 2019 bis März 2020 (vgl. AS 354 Teil II/BF2); - Deutsch-Kursbesuchsbestätigung der BF2 von Februar 2019 bis März 2020 vergleiche AS 354 Teil II/BF2);
- Schreiben des US Department of Homeland Security – US Citizenship & Immigration Services für einen XXXX , wonach dessen Asylantrag vom 10.07.2018 nach wie vor in Bearbeitung sei (vgl. AS 361 Teil II/BF2);- Schreiben des US Department of Homeland Security – US Citizenship & Immigration Services für einen römisch 40 , wonach dessen Asylantrag vom 10.07.2018 nach wie vor in Bearbeitung sei vergleiche AS 361 Teil II/BF2);
- Schreiben der US-amerikanischen Botschaft in XXXX , wonach ein Visumantrag des BF1 oder der BF2 abgelehnt wurde (vgl. AS 363 Teil II/BF2);- Schreiben der US-amerikanischen Botschaft in römisch 40 , wonach ein Visumantrag des BF1 oder der BF2 abgelehnt wurde vergleiche AS 363 Teil II/BF2);
9. Die gegenständlichen Beschwerden und die Bezug habenden Verwaltungsakten wurden vom Bundesamt vorgelegt und sind am jeweils 11.03.2020 beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt. Die Verfahren wurden ursprünglich der Gerichtsabteilung L526 zugewiesen.
10. Mit Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses vom 14.01.2021 wurden die gegenständlichen Rechtssachen der Gerichtsabteilung L526 abgenommen und der Gerichtsabteilung G315 neu zugewiesen.
11. Mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichtes vom 14.03.2022 wurden den Parteien (darunter auch dem Bundesamt) eine auf dem bisherigen Akteninhalt basierende, vorläufige Rechtsansicht des Bundesverwaltungsgerichtes mitgeteilt, den Beschwerdeführern im Rahmen einer Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme das – damals – aktuelle Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zum Irak zum Stand 02.03.2022 übermittelt und eingeladen, dazu binnen 14 Tagen ab Zustellung dieses Schreibens schriftlich Stellung zu nehmen und konkret an sie gerichtete Fragen zu ihrem Privat- und Familienleben bzw. allfälligen Rückkehrbefürchtungen schriftlich zu beantworten. Auch zur vorläufigen Rechtsansicht des Bundesverwaltungsgerichtes wurde den Beschwerdeführern sowie auch dem Bundesamt die Möglichkeit zur schriftlichen Stellungnahme binnen 14 Tagen eingeräumt.
Das Bundesamt gab dazu keine schriftliche Stellungnahme ab.
12. Am 07.04.2022 langte eine mit 06.04.2022 datierte schriftliche Stellungnahme der Rechtsvertretung zum BF1 beim Bundesverwaltungsgericht ein. Darin wurden in Bezug auf den BF1 die vom Bundesverwaltungsgericht im Schreiben vom 14.03.2022 gestellten Fragen schriftlich beantwortet und weiters nachfolgende Unterlagen zur Vorlage gebracht (sofern nicht bereits aktenkundig):
- Lebenslauf des BF1 (vgl. OZ 8/BF1);- Lebenslauf des BF1 vergleiche OZ 8/BF1);
- Maturazeugnis einer irakischen Schule aus dem Jahr 2021 (vgl. OZ 8/BF1);- Maturazeugnis einer irakischen Schule aus dem Jahr 2021 vergleiche OZ 8/BF1);
- beglaubigte Übersetzungen irakischer Schulbescheinigungen des BF1 der Schuljahre 2010/2011 (ausgestellt am 08.10.2017) und 2012/2013 (ausgestellt am 19.06.2016) (vgl. OZ 8/BF1);- beglaubigte Übersetzungen irakischer Schulbescheinigungen des BF1 der Schuljahre 2010/2011 (ausgestellt am 08.10.2017) und 2012/2013 (ausgestellt am 19.06.2016) vergleiche OZ 8/BF1);
- Dienstvertrag des BF1 bei einem Sicherheitsunternehmen ab 04.05.2021, vollbeschäftigt, vorerst befristet bis 11.10.2021, jedoch mit automatischem Übergang in ein unbefristetes Dienstverhältnis (vgl. OZ 8/BF1);- Dienstvertrag des BF1 bei einem Sicherheitsunternehmen ab 04.05.2021, vollbeschäftigt, vorerst befristet bis 11.10.2021, jedoch mit automatischem Übergang in ein unbefristetes Dienstverhältnis vergleiche OZ 8/BF1);
- Dienstvertrag des BF1 als Lagerarbeiter ab 24.12.2020 mit automatischem Übergang in ein unbefristetes Dienstverhältnis nach Ablauf der Befristung (vgl. OZ 8/BF1);- Dienstvertrag des BF1 als Lagerarbeiter ab 24.12.2020 mit automatischem Übergang in ein unbefristetes Dienstverhältnis nach Ablauf der Befristung vergleiche OZ 8/BF1);
- Meldebestätigung zu BF1 vom 22.03.2021 (vgl. OZ 8/BF1);- Meldebestätigung zu BF1 vom 22.03.2021 vergleiche OZ 8/BF1);
- Informationsschreiben der ÖGK vom 11.03.2022 über eine Anmeldung des BF1 zu einer geringfügigen Beschäftigung (vgl. OZ 8/BF1);- Informationsschreiben der ÖGK vom 11.03.2022 über eine Anmeldung des BF1 zu einer geringfügigen Beschäftigung vergleiche OZ 8/BF1);
- Teilnahmebestätigung an einen Deutschkurs von August bis September 2016 und Oktober bis Dezember 2016, ein einem Deutschkurs A2 von April bis Juli 2017, von einem Deutschkurs von März bis Juni 2018 und von Juli bis Oktober 2018 (vgl. OZ 8/BF1);- Teilnahmebestätigung an einen Deutschkurs von August bis September 2016 und Oktober bis Dezember 2016, ein einem Deutschkurs A2 von April bis Juli 2017, von einem Deutschkurs von März bis Juni 2018 und von Juli bis Oktober 2018 vergleiche OZ 8/BF1);
- Lohnzettel für die Tätigkeit als Lagerarbeiter für Jänner 2021 (Nettogehalt EUR 1.373,23);
- Lohnzettel für die Tätigkeit als Security für September 2021 (Nettobezug insg. EUR 1.365,64), Oktober 2021 (Nettobezug insg. EUR 2.223,93), November 2021 (Nettobezug insg. EUR 1.403,36);
- Einstufungsbestätigung eines Instituts für Weiterbildung vom 11.01.2022, wonach die Deutschkenntnisse des BF1 auf Niveau B2 Standard eingestuft wurden (vgl. OZ 8/BF1);- Einstufungsbestätigung eines Instituts für Weiterbildung vom 11.01.2022, wonach die Deutschkenntnisse des BF1 auf Niveau B2 Standard eingestuft wurden vergleiche OZ 8/BF1);
Hinsichtlich der BF2 bis BF4 wurden keine weiteren Ausführungen getroffen.
13. In der Folge beraumte das Bundesverwaltungsgericht für den 04.07.2022 eine gemeinsame mündliche Beschwerdeverhandlung an. Unter einem wurde den Parteien eine Linkliste mit relevanten Länderinformationen vorab übermittelt
14. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 04.07.2022 eine öffentliche mündliche Beschwerdeverhandlung durch, an welcher alle vier Beschwerdeführer, jedoch ohne ihren Rechtsvertreter, eine Dolmetscherin für die Sprache Arabisch sowie eine Vertreterin der belangten Behörde teilnahmen.
Im Rahmen der mündlichen Verhandlung wurden der BF1 und die BF2 einvernommen. Auf die Einvernahme der mündig minderjährigen BF3 wurde seitens der Beschwerdeführer verzichtet. B1 und BF2 brachten im Wesentlichen vor, weder zum Vater/Ehemann in den USA noch zu den übrigen Verwandten im Irak Kontakt zu haben. Auch sei die Mutter der BF2 vor einem Jahr im Irak verstorben. Sie könnten aufgrund der allgemeinen Lage nicht zurückkehren. Es gebe im Irak weder in Bagdad noch einer anderen Provinz Sicherheit. Sie wären Sunniten und wären überall schiitische Milizen an der Macht. Auch hätten sie sich in Österreich ein neues Leben aufgebaut. Sie würden im Fall der Rückkehr in den Irak keine Unterstützung von den noch wenigen dort lebenden Verwandten erhalten und wären auch nicht in der Lage, ihren Lebensunterhalt durch Arbeit zu finanzieren.
Während der mündlichen Verhandlung wurden nachfolgende Unterlagen vorgelegt und in Kopie zum Akt genommen (vgl. Beilagen zu OZ 12 der BF2):Während der mündlichen Verhandlung wurden nachfolgende Unterlagen vorgelegt und in Kopie zum Akt genommen vergleiche Beilagen zu OZ 12 der BF2):
- Anmeldung zur Integrationsprüfung auf Niveau B2 des BF1 vom 30.06.2022 (Beilage ./1);
- Jahres- und Abschlusszeugnis der Berufsschule Elektrotechnik: Anlagen- und Betriebstechnik der BF3 für das Schuljahr 2020/2021 sowie für 2021/2022 (Beilagen ./2 und ./3);
Den Beschwerdeführern wurde eine Frist von einer Woche zur Vorlage weiterer Integrationsunterlagen (insbesondere betreffend BF2 bis BF4), allfälligen medizinischen Unterlagen zum erstmals erhobenen Vorbringen, die BF2 würde an Diabetes leiden, sowie zum Vorbringen, die BF2 habe die Scheidung eingereicht, eingeräumt.
Die Verkündung der Entscheidung entfiel gemäß § 29 Abs. 3 VwGVG. Die Verkündung der Entscheidung entfiel gemäß Paragraph 29, Absatz 3, VwGVG.
15. Am 06.07.2022 reichte das Bundesamt eine schriftliche Stellungnahme vom selben Tag beim Bundesverwaltungsgericht nach. Darin wurde zusammengefasst ausgeführt, dass in der Anlage eine Anfragebeantwortung der Staatendokumentation zur Behandelbarkeit von Diabetes im Irak übermittelt werde und daraus hervorgehe, dass eine solche in Bagdad jedenfalls möglich sei. Dies würde sich auch aus den vom Bundesverwaltungsgericht bereits vor der mündlichen Verhandlung übermittelten Länderberichten ergeben. Zur Integration des BF1 sei auszuführen, dass eine den Schutz des Privatlebens für Ausländer dann in Betracht komme, deren Bindung an Österreich aufgrund eines Hineinwachsens in die hiesigen Verhältnisse mit gleichzeitiger Entfremdung vom Heimatland quasi Österreichern gleichzustellen sei. Ihre Situation sei dadurch gekennzeichnet, dass Österreich faktisch das Land sei, zu welchem sie gehören, während sie mit ihrem Heimatland nur noch das formale Band der Staatsangehörigkeit verbindet (Verweis auf EGMR vom 26.03.1993, Beldjondi, und vom 26.09.1997, Mehemi gegen Frankreich). Eine derartige feste Verankerung des Privat- und Familienlebens des BF1 in Österreich erscheine nicht gegeben. Der Besuch eines Deutschkurses oder einer eine Berufsausbildung alleine werde noch kein schützenswertes Privatleben begründen. Es lägen auch keine konkreten Hinweise darauf vor, dass der BF1 aufgrund seiner persönlichen Situation in die hiesigen Verhältnisse unter gleichzeitiger Entfremdung vom Heimatland hineingewachsen sei. Trotz den Bemühungen des BF1 zum Spracherwerb spreche er nach wie vor Arabisch besser als Deutsch. Zwar gehe er einer beruflichen Tätigkeit nach und habe daher eine Integration in Bezug auf Unterhaltssicherung und Wohnmöglichkeit stattgefunden, eine tatsächliche soziale Integration, die mit einem Österreicher zu vergleichen wäre, habe jedoch nicht dargelegt werden können. Es hätten keine tatsächlichen Beziehungen und Freundschaften zu „Österreichern“ dargelegt werden können, was gegen eine Verfestigung mit der österreichischen Gesellschaft, Kultur und dem Land spreche und habe der BF1 auch den überwiegenden Teil seines Lebens nicht in Österreich verbracht.
16. Mit Urkunden vom 08.07.2022, beim Bundesverwaltungsgericht am 13.07.2022 einlangend, wurden seitens der Beschwerdeführer noch nachfolgende Unterlagen (sofern nicht bereits aktenkundig) vorgelegt (vgl. OZ 13 BF1):16. Mit Urkunden vom 08.07.2022, beim Bundesverwaltungsgericht am 13.07.2022 einlangend, wurden seitens der Beschwerdeführer noch nachfolgende Unterlagen (sofern nicht bereits aktenkundig) vorgelegt vergleiche OZ 13 BF1):
- Jahres- und Abschlusszeugnis der BF3 der Neuen Mittelschule des Schuljahres 2018/2019;
- Jahres- und Abschlusszeugnis der BF3 einer Öffentlichen Fachschule (Polytechnische Schule) des Schuljahres 2019/2020;
- Schulbesuchsbestätigung der BF3 der Berufsschule für Elektrotechnik und Mechatronik für das Schuljahr 2020/2021;
- Entgeltabrechnungen der BF3 bei der ÖBB als Lehrling für die Zeiträume Dezember 2020, Februar 2021, Mai bis Juli 2021 und April 2022;
- Mitteilung vom 21.04.2022 über die vorzeitige Auflösung des Lehrverhältnisses der BF3 samt Ausbildungszeugnis über das Ausbildungsverhältnis von der BF3 im Zeitraum 02.11.2020 bis 30.04.2022 als Elektrotechniker – Anlagen- und Betriebstechnik vom 30.04.2022;
- bfi – Kursbestätigung vom 02.06.2017 über die Schulungsmaßnahme des Arbeitsmarktservice „Kompetenzcheck berufliche Integration Frauen ab 18 Jahre“ für die BF2;
- Teilnahmebestätigung am Werte- und Orientierungskurs vom 15.05.2017 für die BF2;
- Deutschkursbestätigung des ÖIF „A2 Kompakt“ von 02.09.2021 bis 17.11.2021 für die BF2;
- ÖSD-Integrationsprüfungszeugnis auf Sprachniveau A2 der BF2 vom 21.04.2021;
- Lohnzettel des BF1 für seine Tätigkeit beim Sicherheitsdienst für den Zeitraum Jänner bis Mai 2022 sowie Bestätigung der Dienstgeberin vom 28.06.2022, dass der BF1 als Wachorgan unbefristet mit 40 Wochenstunden beschäftigt ist;
- Sozialversicherungsanmeldung des BF1 über eine Beschäftigung als Angestellter ab 11.03.2022 bei einem Arzt;
- Meldebestätigung des BF1 vom 03.05.2022;
- Jahreszeugnis des mj. BF4 einer öffentlichen Mittelschule für das Schuljahr 2021/2022;
- Bestätigung eines Allgemeinmediziners vom 06.07.2022, dass die BF1 an Diabetes mellitus leidet und deswegen seit 2017 bei ihm betreut wird;
- Mitteilung über den Leistungsanspruch des Arbeitsmarktservice vom 13.05.2022 der BF1, wonach sie im Zeitraum von 09.05.2022 bis 02.09.2022 einen Anspruch in Höhe von EUR 21,71 täglich als Beihilfe zur Deckung des Lebensunterhalts sowie zur Deckung von Kurskosten erhält;
- Bescheid über die Zuerkennung der Mindestsicherung vom 04.04.2022 für die Bedarfsgemeinschaft der BF2 bis BF4 und eine Mitteilung über die Aufrechnung von Rückforderungsansprüchen in Höhe von EUR 57,00 aus 2021;
- Kopie der letzten Seite eines gerichtlichen Protokolls zur Geschäftszahl XXXX , woraus die Mitteilung hervorgeht, dass eine Unterhaltsklage in den USA im Sinne des § 6 Z 4 Wiener Mindestsicherungsgesetz aussichtlos, unzumutbar und auch mit unverhältnismäßigen Kostenrisiken verbunden ist.- Kopie der letzten Seite eines gerichtlichen Protokolls zur Geschäftszahl römisch 40 , woraus die Mitteilung hervorgeht, dass eine Unterhaltsklage in den USA im Sinne des Paragraph 6, Ziffer 4, Wiener Mindestsicherungsgesetz aussichtlos, unzumutbar und auch mit unverhältnismäßigen Kostenrisiken verbunden ist.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Die unter Punkt I. getroffenen Ausführungen werden als entscheidungswesentlicher Sachverhalt festgestellt. Darüber hinaus werden folgende weitere Feststellungen getroffen:1.1. Die unter Punkt römisch eins. getroffenen Ausführungen werden als entscheidungswesentlicher Sachverhalt festgestellt. Darüber hinaus werden folgende weitere Feststellungen getroffen:
1.2. Zur Person der Beschwerdeführer:
1.2.1. Die Beschwerdeführer führen die im Spruch angeführte Identität (Namen und Geburtsdatum), sind irakische Staatsangehörige, Angehörige der Volksgruppe der Araber und bekennen sich zum moslemischen Glauben sunnitischer Ausrichtung. Die Muttersprache der Beschwerdeführer ist Arabisch. BF2 ist die leibliche Mutter des BF1, der BF3 und des minderjährigen BF4. Alle Beschwerdeführer stammen aus Bagdad, wo sie jeweils geboren und aufgewachsen sind (vgl. ua. Verhandlungsprotokoll vom 04.07.2022, S 9; Niederschrift Bundesamt vom 17.12.2019, AS 17 BF1; Fremdenregisterauszüge jeweils vom 30.08.2022).1.2.1. Die Beschwerdeführer führen die im Spruch angeführte Identität (Namen und Geburtsdatum), sind irakische Staatsangehörige, Angehörige der Volksgruppe der Araber und bekennen sich zum moslemischen Glauben sunnitischer Ausrichtung. Die Muttersprache der Beschwerdeführer ist Arabisch. BF2 ist die leibliche Mutter des BF1, der BF3 und des minderjährigen BF4. Alle Beschwerdeführer stammen aus Bagdad, wo sie jeweils geboren und aufgewachsen sind vergleiche ua. Verhandlungsprotokoll vom 04.07.2022, S 9; Niederschrift Bundesamt vom 17.12.2019, AS 17 BF1; Fremdenregisterauszüge jeweils vom 30.08.2022).
Der BF1 ist ledig, führt aktuell keine Beziehung und hat keine Kinder. Er hat in Bagdad die Grundschule, die Unterstufe des Gymnasiums und einige Jahre die Oberstufe eines Gymnasiums besucht, hat dieses dort aber nicht abgeschlossen. Er ist im Irak bisher keiner Erwerbstätigkeit nachgegangen, hat dort keinen Beruf erlernt und lebte vom Einkommen seines Vaters. Nebenbei half der BF1 in der familieneigenen Autowerkstatt in Bagdad bei Reparaturen, der Reinigung und dem Kundenservice aus (vgl. etwa schriftliche Stellungnahme vom 06.04.2022, OZ 8 BF1; samt Beilagen, darunter auch der selbst verfasste Lebenslauf des BF1 und das arabische Maturazeugnis sowie beglaubigte Übersetzungen irakischer Schulbescheinigungen des BF1 der Schuljahre 2010/2011 (ausgestellt am 08.10.2017) und 2012/2013 (ausgestellt am 19.06.2016); Verhandlungsprotokoll vom 04.07.2022, S 9 ff). Der BF1 ist ledig, führt aktuell keine Beziehung und hat keine Kinder. Er hat in Bagdad die Grundschule, die Unterstufe des Gymnasiums und einige Jahre die Oberstufe eines Gymnasiums besucht, hat dieses dort aber nicht abgeschlossen. Er ist im Irak bisher keiner Erwerbstätigkeit nachgegangen, hat dort keinen Beruf erlernt und lebte vom Einkommen seines Vaters. Nebenbei half der BF1 in der familieneigenen Autowerkstatt in Bagdad bei Reparaturen, der Reinigung und dem Kundenservice aus vergleiche etwa schriftliche Stellungnahme vom 06.04.2022, OZ 8 BF1; samt Beilagen, darunter auch der selbst verfasste Lebenslauf des BF1 und das arabische Maturazeugnis sowie beglaubigte Übersetzungen irakischer Schulbescheinigungen des BF1 der Schuljahre 2010/2011 (ausgestellt am 08.10.2017) und 2012/2013 (ausgestellt am 19.06.2016); Verhandlungsprotokoll vom 04.07.2022, S 9 ff).
Die BF2 ist soweit feststellbar noch verheiratet, lebt aber von ihrem Ehemann, der inzwischen in den Vereinigten Staaten von Amerika lebt, getrennt. Aus dieser Ehe stammen der BF1, die BF3 und der BF4. Die BF2 hat in Bagdad 12 Jahre die Schule und anschließend einen einjährigen Englisch-Kurs besucht, war jedoch nie selbst erwerbstätig und lebte von den Einkünften ihres Ehemannes (vgl. Verhandlungsprotokoll vom 04.07.2022, S 19 ff).Die BF2 ist soweit feststellbar noch verheiratet, lebt aber von ihrem Ehemann, der inzwischen in den Vereinigten Staaten von Amerika lebt, getrennt. Aus dieser Ehe stammen der BF1, die BF3 und der BF4. Die BF2 hat in Bagdad 12 Jahre die Schule und anschließend einen einjährigen Englisch-Kurs besucht, war jedoch nie selbst erwerbstätig und lebte von den Einkünften ihres Ehemannes vergleiche Verhandlungsprotokoll vom 04.07.2022, S 19 ff).
Die inzwischen volljährige BF3 ist ledig, führt aktuell keine Beziehung und hat keine Kinder. Sie hat in Bagdad die Grundschule bis zur fünften Klasse besucht, bevor sie den Irak als Minderjährige mit den übrigen Beschwerdeführern verließ. Der minderjährige BF4 hat im Irak noch gar keine Schule besucht. Auch sie beide lebten im Irak vom Einkommen des Vaters (vgl. Verhandlungsprotokoll vom 04.07.2022, S 20 f).Die inzwischen volljährige BF3 ist ledig, führt aktuell keine Beziehung und hat keine Kinder. Sie hat in Bagdad die Grundschule bis zur fünften Klasse besucht, bevor sie den Irak als Minderjährige mit den übrigen Beschwerdeführern verließ. Der minderjährige BF4 hat im Irak noch gar keine Schule besucht. Auch sie beide lebten im Irak vom Einkommen des Vaters vergleiche Verhandlungsprotokoll vom 04.07.2022, S 20 f).
Der Ehemann bzw. Vater der Beschwerdeführer reiste kurz nach deren Ausreise aus dem Irak nach Kurdistan und in der Folge weiter mit einem Visum in die Vereinigten Staaten von Amerika, wo er einen Antrag auf internationalen Schutz stellte. Ein Visumantrag der Beschwerdeführer bei der amerikanischen Botschaft wurde wegen des laufenden Asylverfahrens des Ehemannes/Vaters abgelehnt. Seit Mitte/Ende 2019 besteht kein Kontakt mehr zum Ehemann/Vater. Es kann daher nicht abschließend festgestellt werden, ob sich dieser noch in den Vereinigten Staaten aufhält bzw. ob er über einen Aufenthaltstitel verfügt. Der Ehemann/Vater hat die Beschwerdeführer während ihres Aufenthalts in Österreich weder finanziell noch auf andere Weise unterstützt. Eine finanzielle Unterstützung der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr in den Irak durch den in den USA lebenden Ehemann/Vater kann daher nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit angenommen werden. Dass die BF2 jedoch die Scheidung eingereicht hätte, konnte mangels Vorlage von entsprechenden Nachweisen nicht festgestellt werden (vgl. ua. Schreiben des US Department of Homeland Security – US Citizenship & Immigration Services für einen Ibrahim AYYUB, wonach dessen Asylantrag vom 10.07.2018 nach wie vor in Bearbeitung sei, AS 344 Teil II/BF1; Schreiben der US-amerikanischen Botschaft in Wien, wonach ein Visumantrag des BF1 oder der BF2 abgelehnt wurde, AS 346 Teil II/BF1; Niederschrift Bundesamt vom 17.12.2019, AS 175 f; schriftliche Stellungnahme vom 06.04.2022, OZ 8 BF1; Verhandlungsprotokoll vom 04.07.2022, S 13 ff & 19 f). Der Ehemann bzw. Vater der Beschwerdeführer reiste kurz nach deren Ausreise aus dem Irak nach Kurdistan und in der Folge weiter mit einem Visum in die Vereinigten Staaten von Amerika, wo er einen Antrag auf internationalen Schutz stellte. Ein Visumantrag der Beschwerdeführer bei der amerikanischen Botschaft wurde wegen des laufenden Asylverfahrens des Ehemannes/Vaters abgelehnt. Seit Mitte/Ende 2019 besteht kein Kontakt mehr zum Ehemann/Vater. Es kann daher nicht abschließend festgestellt werden, ob sich dieser noch in den Vereinigten Staaten aufhält bzw. ob er über einen Aufenthaltstitel verfügt. Der Ehemann/Vater hat die Beschwerdeführer während ihres Aufenthalts in Österreich weder finanziell noch auf andere Weise unterstützt. Eine finanzielle Unterstützung der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr in den Irak durch den in den USA lebenden Ehemann/Vater kann daher nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit angenommen werden. Dass die BF2 jedoch die Scheidung eingereicht hätte, konnte mangels Vorlage von entsprechenden Nachweisen nicht festgestellt werden vergleiche ua. Schreiben des US Department of Homeland Security – US Citizenship & Immigration Services für einen Ibrahim AYYUB, wonach dessen Asylantrag vom 10.07.2018 nach wie vor in Bearbeitung sei, AS 344 Teil II/BF1; Schreiben der US-amerikanischen Botschaft in Wien, wonach ein Visumantrag des BF1 oder der BF2 abgelehnt wurde, AS 346 Teil II/BF1; Niederschrift Bundesamt vom 17.12.2019, AS 175 f; schriftliche Stellungnahme vom 06.04.2022, OZ 8 BF1; Verhandlungsprotokoll vom 04.07.2022, S 13 ff & 19 f).
Im Irak leben noch der Vater der BF2/Großvater des BF1, der BF3 und des BF4, ein Bruder der BF2/Onkel mütterlicherseits des BF1, eine Schwester der BF2/Tante mütterlicherseits des BF1, drei Onkel und eine Tante des BF1 väterlicherseits. Alle leben in Bagdad. Die Mutter der BF2/Großmutter des BF1, der BF3 und des BF4 scheint inzwischen verstorben zu sein. Der Vater der BF2/Großvater der übrigen Beschwerdeführer betrieb bis zumindest Dezember 2019 noch ein eigenes Caféhaus in Bagdad. Einer der Onkel ist Eigentümer von Immobilien, die er vermietet (vgl. Verhandlungsprotokoll des Bundesverwaltungsgerichtes vom 26.02.2019 zu den Zahlen I420 2144903-1, I420 2144903-1, I420 2144900-1 und I420 2144901-1, AS 309; Niederschrift Bundesamt vom 17.12.2019, AS 175 & 183 BF1).Im Irak leben noch der Vater der BF2/Großvater des BF1, der BF3 und des BF4, ein Bruder der BF2/Onkel mütterlicherseits des BF1, eine Schwester der BF2/Tante mütterlicherseits des BF1, drei Onkel und eine Tante des BF1 väterlicherseits. Alle leben in Bagdad. Die Mutter der BF2/Großmutter des BF1, der BF3 und des BF4 scheint inzwischen verstorben zu sein. Der Vater der BF2/Großvater der übrigen Beschwerdeführer betrieb bis zumindest Dezember 2019 noch ein eigenes Caféhaus in Bagdad. Einer der Onkel ist Eigentümer von Immobilien, die er vermietet vergleiche Verhandlungsprotokoll des Bundesverwaltungsgerichtes vom 26.02.2019 zu den Zahlen I420 2144903-1, I420 2144903-1, I420 2144900-1 und I420 2144901-1, AS 309; Niederschrift Bundesamt vom 17.12.2019, AS 175 & 183 BF1).
Hingegen kann nicht festgestellt werden, dass die Schwester der BF2/Tante des BF1, die drei Onkel väterlicherseits des BF1 und auch der Vater der BF2 verstorben wären oder tatsächlich nicht mehr in Bagdad leben würden oder die Beschwerdeführer zu ihren verbliebenen Verwandten in Bagdad keinerlei Kontakt mehr hätten.
In Österreich haben die Beschwerdeführer – abgesehen von den jeweils anderen Familienmitgliedern – keine weiteren Verwandten. Einer der Brüder der BF2 lebt in Deutschland (vgl. Verhandlungsprotokoll vom 04.07.2022, S18 & S 23). In Österreich haben die Beschwerdeführer – abgesehen von den jeweils anderen Familienmitgliedern – keine weiteren Verwandten. Einer der Brüder der BF2 lebt in Deutschland vergleiche Verhandlungsprotokoll vom 04.07.2022, S18 & S 23).
1.2.2. BF1, BF3 und der minderjährige BF4 sind gesund und arbeitsfähig. Die BF2 leidet seit 2017 an Diabetes mellitus und wird deswegen ärztlich behandelt. Es konnte jedoch nicht festgestellt werden, ob die BF2 Medikament einnimmt bzw. welche konkret. Die Beschwerdeführer leiden jedenfalls an keinen lebensbedrohlichen Erkrankungen im Endstadium, die im Irak nicht behandelbar wären (vgl. etwa Verhandlungsniederschrift vom 04.07.2022, S 5 f; ärztliche Bestätigung für die BF2 vom 06.07.2022, OZ 13 BF1). 1.2.2. BF1, BF3 und der minderjährige BF4 sind gesund und arbeitsfähig. Die BF2 leidet seit 2017 an Diabetes mellitus und wird deswegen ärztlich behandelt. Es konnte jedoch nicht festgestellt werden, ob die BF2 Medikament einnimmt bzw. welche konkret. Die Beschwerdeführer leiden jedenfalls an keinen lebensbedrohlichen Erkrankungen im Endstadium, die im Irak nicht behandelbar wären vergleiche etwa Verhandlungsniederschrift vom 04.07.2022, S 5 f; ärztliche Bestätigung für die BF2 vom 06.07.2022, OZ 13 BF1).
1.2.3. Die Beschwerdeführer verließen den Irak Anfang Oktober 2015 und reisten auf dem Luftweg über Jordanien nach Österreich, wo sie am 05.10.2015 Anträge auf internationalen Schutz stellten (vgl. Erstbefragungen jeweils vom 07.10.2015.2015, AS 5 ff BF1 und AS 5 ff BF2). 1.2.3. Die Beschwerdeführer verließen den Irak Anfang Oktober 2015 und reisten auf dem Luftweg über Jordanien nach Österreich, wo sie am 05.10.2015 Anträge auf internationalen Schutz stellten vergleiche Erstbefragungen jeweils vom 07.10.2015.2015, AS 5 ff BF1 und AS 5 ff BF2).
Die Beschwerdeführer halten sich seit ihrer Asylantragstellung und der nachfolgenden Gewährung des Status von subsidiär Schutzberechtigten ununterbrochen im Bundesgebiet auf und verfügen im Bundesgebiet seit 13.10.2015 über durchgehende Hauptwohnsitzmeldungen (vgl. Auszüge aus dem Zentralen Melderegister jeweils vom 30.08.2022).Die Beschwerdeführer halten sich seit ihrer Asylantragstellung und der nachfolgenden Gewährung des Status von subsidiär Schutzberechtigten ununterbrochen im Bundesgebiet auf und verfügen im Bundesgebiet seit 13.10.2015 über durchgehende Hauptwohnsitzmeldungen vergleiche Auszüge aus dem Zentralen Melderegister jeweils vom 30.08.2022).
1.2.4. Die Beschwerdeführer sind allesamt strafgerichtlich unbescholten, der unmündig minderjährige BF4 ist zudem noch strafunmündig (vgl. Strafregisterauszüge jeweils vom 30.08.2022).1.2.4. Die Beschwerdeführer sind allesamt strafgerichtlich unbescholten, der unmündig minderjährige BF4 ist zudem noch strafunmündig vergleiche Strafregisterauszüge jeweils vom 30.08.2022).
1.3. Zum Privat- und Familienleben des BF1 in Österreich:
Mit seiner Mutter, der BF2, und seinen Geschwistern (BF3 und BF4) lebte BF1 im Irak und in Österreich bis März 2017 im gemeinsamen Haushalt. Seither wohnt der BF1 in einer eigenen Wohnung und nicht mehr im gemeinsamen Haushalt mit seiner Mutter und seinen Geschwistern. Ein besonderes Nahe- oder Abhängigkeitsverhältnis liegt nicht vor (vgl. Auszüge aus dem Zentralen Melderegister jeweils vom 30.08.2022; Verhandlungsprotokoll vom 04.07.2022, S 15). Mit seiner Mutter, der BF2, und seinen Geschwistern (BF3 und BF4) lebte BF1 im Irak und in Österreich bis März 2017 im gemeinsamen Haushalt. Seither wohnt der BF1 in einer eigenen Wohnung und nicht mehr im gemeinsamen Haushalt mit seiner Mutter und seinen Geschwistern. Ein besonderes Nahe- oder Abhängigkeitsverhältnis liegt nicht vor vergleiche Auszüge aus dem Zentralen Melderegister jeweils vom 30.08.2022; Verhandlungsprotokoll vom 04.07.2022, S 15).
Ein Onkel des BF1 mütterlicherseits lebt in Deutschland (vgl. Verhandlungsprotokoll vom 04.07.2022, S 18; Niederschrift Bundesamt vom 17.12.2019, AS 175 BF1).Ein Onkel des BF1 mütterlicherseits lebt in Deutschland vergleiche Verhandlungsprotokoll vom 04.07.2022, S 18; Niederschrift Bundesamt vom 17.12.2019, AS 175 BF1).
Der BF1 hat in Österreich zwischen 2016 und 2018 diverse Deutschkurse bis Sprachniveau B2 absolviert (vgl. etwa schriftliche Stellungnahme vom 06.04.2022, OZ 8 BF1; samt Beilagen). Er verfügt über mehrere ÖSD – Deutschzertifikate, und zwar auf Niveau A2 vom 10.08.2017 (AS 189 f Teil II/BF1), Niveau B1 vom 27.03.2018 (AS 187 f Teil II/BF1). Er hat sich weiters für eine Integrationsprüfung auf Niveau B2 für Mitte Juli 2022 angemeldet (vgl. Beilage ./1 zum Verhandlungsprotokoll vom 04.07.2022), eine Prüfungsergebnis würde dem Bundesverwaltungsgericht jedoch bis dato nicht vorgelegt. Der BF1 konnte die an ihn im Rahmen der mündlichen Beschwerdeverhandlung auf Deutsch gerichteten Fragen verstehen und auch auf Deutsch beantworten (vgl. Verhandlungsprotokoll vom 04.07.2022, S 7 ff).Der BF1 hat in Österreich zwischen 2016 und 2018 diverse Deutschkurse bis Sprachniveau B2 absolviert vergleiche etwa schriftliche Stellungnahme vom 06.04.2022, OZ 8 BF1; samt Beilagen). Er verfügt über mehrere ÖSD – Deutschzertifikate, und zwar auf Niveau A2 vom 10.08.2017 (AS 189 f Teil II/BF1), Niveau B1 vom 27.03.2018 (AS 187 f Teil II/BF1). Er hat sich weiters für eine Integrationsprüfung auf Niveau B2 für Mitte Juli 2022 angemeldet vergleiche Beilage ./1 zum Verhandlungsprotokoll vom 04.07.2022), eine Prüfungsergebnis würde dem Bundesverwaltungsgericht jedoch bis dato nicht vorgelegt. Der BF1 konnte die an ihn im Rahmen der mündlichen Beschwerdeverhandlung auf Deutsch gerichteten Fragen verstehen und auch auf Deutsch beantworten vergleiche Verhandlungsprotokoll vom 04.07.2022, S 7 ff).
In einer irakischen Schule in Österreich hat er 2021 seine Matura abgeschlossen und weiters hat er in Österreich als Arabisch-Dolmetscher für das Modul „Sicherheit & Polizei“ ausgeholfen (AS 191 Teil II/BF1), eine ECDL-Ausbildung von 01.07.2019 bis 27.09.2019 (AS 193 ff Teil II/BF1), einen Werte- und Orientierungskurs am 17.04.2018 (AS 199 f Teil II/BF1), einen Englisch-Einstufungstest am 09.04.2019 (AS 201 ff BF1) und einen Kurs „Kompetenzcheck berufliche Integration – junge Männer“ von 07.01.2020 bis 07.02.2020 (AS 349 Teil II/BF1) absolviert.
Der BF1 war ab 24.12.2020 als Lagerhelfer mit einer Dienstzeit von 38,5 Wochenstunden bis 24.02.2021 erwerbstätigt. Das monatliche Grundgehalt betrug brutto EUR 1.675,00, netto zuletzt im Jänner 2021 EUR 1.373,22. Seit 04.05.2021 ist der BF1 als Wachorgan im Bewachungsgewerbe vollbeschäftigt mit 40 Wochenstunden erwerbstätig. Nachdem vorerst ein befristeter Dienstvertrag abgeschlossen wurde, besteht nunmehr ein unbefristetes Dienstverhältnis. Das Nettoentgelt aus dieser Beschäftigung schwankte im Zeitraum von Jänner 2022 bis Mai 2022 zwischen EUR 1.452,04 und EUR 3.139,76 (Sonderzahlungsmonat). Zwischenzeitig war der BF1 von 11.03.2022 bis 30.04.2022 zusätzlich geringfügig als Angestellter bei einem Arzt beschäftigt (vgl. etwa schriftliche Stellungnahme vom 06.04.2022, OZ 8 BF1, und die Beilagen, darunter vor allem Dienstverträge und Lohnzettel, Informationsschreiben der ÖGK vom 11.03.2022 und ÖGK Anmeldung ab 11.03.2022; Bestätigung über aufrechtes Dienstverhältnis, OZ 13; Sozialversicherungsdatenauszug des BF1 vom 30.08.2022).Der BF1 war ab 24.12.2020 als Lagerhelfer mit einer Dienstzeit von 38,5 Wochenstunden bis 24.02.2021 erwerbstätigt. Das monatliche Grundgehalt betrug brutto EUR 1.675,00, netto zuletzt im Jänner 2021 EUR 1.373,22. Seit 04.05.2021 ist der BF1 als Wachorgan im Bewachungsgewerbe vollbeschäftigt mit 40 Wochenstunden erwerbstätig. Nachdem vorerst ein befristeter Dienstvertrag abgeschlossen wurde, besteht nunmehr ein unbefristetes Dienstverhältnis. Das Nettoentgelt aus dieser Beschäftigung schwankte im Zeitraum von Jänner 2022 bis Mai 2022 zwischen EUR 1.452,04 und EUR 3.139,76 (Sonderzahlungsmonat). Zwischenzeitig war der BF1 von 11.03.2022 bis 30.04.2022 zusätzlich geringfügig als Angestellter bei einem Arzt beschäftigt vergleiche etwa schriftliche Stellungnahme vom 06.04.2022, OZ 8 BF1, und die Beilagen, darunter vor allem Dienstverträge und Lohnzettel, Informationsschreiben der ÖGK vom 11.03.2022 und ÖGK Anmeldung ab 11.03.2022; Bestätigung über aufrechtes Dienstverhältnis, OZ 13; Sozialversicherungsdatenauszug des BF1 vom 30.08.2022).
Der Beschwerdeführer weist nachfolgende Sozialversicherungszeiten auf (vgl. Sozialversicherungsdatenauszug 30.08.2022):Der Beschwerdeführer weist nachfolgende Sozialversicherungszeiten auf vergleiche Sozialversicherungsdatenauszug 30.08.2022):
- 08.10.2015-19.10.2015 Asylwerber bzw. Flüchtling
- 20.10.2015-22.12.2020 Asylwerber bzw. Flüchtling
- 23.12.2020-24.02.2021 Arbeiter
- 11.03.2022-30.04.2022 Arbeiter
- 04.05.2021-laufend Arbeiter
Der BF1 bezieht seit November 2020 keine Grundversorgungsleistungen mehr (vgl. Grundversorgungsdatenauszug des BF1 vom 30.08.2022).Der BF1 bezieht seit November 2020 keine Grundversorgungsleistungen mehr vergleiche Grundversorgungsdatenauszug des BF1 vom 30.08.2022).
Insgesamt liegen maßgeblichen Anknüpfungspunkte für eine besonders berücksichtigungswürdige Integration des BF1 in Österreich in sprachlicher, beruflicher und gesellschaftlicher Hinsicht vor.
1.4. Zur gegenwärtigen und entscheidungsrelevanten Lage im Irak werden folgende Feststellungen unter Heranziehung der abgekürzt zitierten und gegenüber den Beschwerdeführern offengelegten Quellen getroffen:
Aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zum Irak mit Stand 22.08.2022 (Version 6) (https://www.ecoi.net/de/dokument/2044869.html) ergibt sich auszugsweise:
„[…]
Länderspezifische Anmerkungen
Letzte Änderung: 11.08.2022
In der vorliegenden Länderinformation wird für die irakischen Gebiete unter der direkten Kontrolle der Zentralregierung in Bagdad, ohne die Kurdistan Region Irak (KRI) auch der Begriff "föderaler Irak" verwendet, um die Zuordenbarkeit von Informationen, die einerseits den gesamten Irak (inkl. der KRI) und andererseits nur die Gouvernements unter der direkten Kontrolle Bagdads zu verdeutlichen.
In der vorliegenden Länderinformation erfolgt lediglich ein Überblick und keine erschöpfende Berücksichtigung der aktuellen COVID-19-Pandemie, weil die zur Bekämpfung der Krankheit eingeleiteten oder noch einzuleitenden Maßnahmen ständigen Änderungen unterworfen sind. Somit ist, insbesondere was die COVID-19-Maßnahmen anlangt, das Datum der jeweiligen Quelle zu beachten, und nicht nur das Aktualisierungsdatum des Kapitels.
Insbesondere können zum gegenwärtigen Zeitpunkt seriöse Informationen zu den Auswirkungen der Pandemie auf das Gesundheitswesen, auf die Versorgungslage sowie auf die Bewegungs- und Reisefreiheit der Bürgerinnen und Bürger sowie generell zu den politischen, wirtschaftlichen, sozialen und anderen Folgen nur eingeschränkt zur Verfügung gestellt werden.
Nebst dem separaten Kapitel zur COVID-19-Situation, das eine aktuelle Momentaufnahme bzw. einen Überblick bietet, finden sich darüber hinaus spezifische Informationen zur COVID-19-Lage und deren Auswirkungen in eigenen Abschnitten folgender Kapitel bzw. Unter-Kapitel der vorliegenden Länderinformation:
Internet und soziale Medien
Meinungs- und Pressefreiheit in der Kurdischen Region im Irak (KRI)
Protestbewegung
Vereinigungsfreiheit / Opposition in der Kurdischen Region im Irak (KRI)
Haftbedingungen
Kinder/ Bildungszugang
Bewegungsfreiheit
Grundversorgung und Wirtschaft
Grundversorgung und Wirtschaft in Bagdad und im Südirak
Grundversorgung und Wirtschaft im Zentral- und Nordirak
Grundversorgung und Wirtschaft in der Kurdischen Region im Irak (KRI)
Medizinische Versorgung
Rückkehr
Wie in allen Länderinformationen wird bei staatlichen nationalen Institutionen in der Quellenangabe das Land in eckiger Klammer genannt. Aus Gründen der Stringenz geschieht dies auch, wenn aus dem Quellennamen das Land bereits eindeutig hervorgeht.
Im Hinblick auf offizielle Statistiken des Irak wird darauf hingewiesen, dass auch offizielle irakische Stellen bzw. deren zugängliche Veröffentlichungen immer noch veraltetes Zahlenmaterial anführen, da aufgrund der Post-Konflikt-Situation kein neueres empirisches Material generiert wurde. Viele, vor allem wirtschaftliche Zahlen und solche zu humanitären Fragen berufen sich auf Hochrechnungen basierend auf Umfragen sowie empirischen Untersuchungen, deren Ergebnisse je nach angewandter Methodik variieren können.
COVID-19
Letzte Änderung: 24.02.2022
Bezüglich der aktuellen Anzahl der Krankheits- und Todesfälle im Irak empfiehlt die Staatendokumentation bei Interesse/Bedarf folgende Website der WHO: https://www.who.int/countries/irq/, oder der Johns-Hopkins-Universität: https://gisanddata.maps.arcgis.com/apps/opsdashboard/index.html#/bda7594740fd40299423467b48e9ecf6 mit täglich aktualisierten Zahlen zu kontaktieren.
Föderal Irak
Auswirkungen auf die Bewegungs- und die Versammlungsfreiheit
Im März und April 2020 verhängte die Regierung in Bagdad Sperren aufgrund von COVID-19, welche die Bewegungsfreiheit zwischen den Provinzen stark einschränkten und zur Schließung der Grenzübergänge führten (FH 3.3.2021). Die im föderalen Irak am 9.6.2021 verhängte Ausgangssperre ist noch aktiv. Ausgangssperren gelten zwischen 22:00 Uhr und 5:00 Uhr und sind von Freitag bis Sonntag zusätzlich verschärft (IOM 18.6.2021).
Im April und Mai 2020 nutzten die Behörden im Irak die COVID-19-Maßnahmen, um Proteste niederzuschlagen und die Pressefreiheit, das Versammlungsrecht und die Aktivitäten der Opposition stark einzuschränken (FH 3.3.2021). Alle größeren Versammlungen bleiben verboten. Die Behörden halten auch an den vorgeschriebenen sozialen Distanzierungsprotokollen und der Verwendung von Gesichtsmasken in der Öffentlichkeit fest (Garda 4.1.2022).
Nutzer sozialer Medien und Blogger wurden mit Verleumdungsklagen konfrontiert, weil sie die schlechte Reaktion der lokalen Behörden auf die COVID-19-Pandemie kritisierten (FH 3.3.2021).
Auswirkungen auf die Religionsfreiheit
Die Hadsch- und Umrah-Behörde registriert keinen Bürger, der die Umrah- und Hadsch-Pilgerreise antreten möchte, wenn dieser keinen Impfnachweis vorweisen kann (GoI 13.4.2021).
Auswirkungen auf die Wirtschaftslage
Die von den irakischen Behörden und der kurdischen Regionalregierung (KRG) verhängten Abriegelungen verschlimmerten die finanziellen Nöte von Niedriglohnarbeitern und Kleinunternehmern (FH 3.3.2021). Die Erwerbsbeteiligung im Irak war mit 48,7% im Jahr 2019 bereits vor der Ausbreitung des COVID-19-Virus eine der niedrigsten in der Welt. Der wirtschaftliche Abschwung im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie hat die Beschäftigungsmöglichkeiten deutlich verringert und die Löhne gesenkt. Bei kleinen und mittleren Unternehmen (KMUs) wurde aufgrund der Pandemie und der damit verbundenen Einschränkungen ab April 2020 ein durchschnittlicher Beschäftigungsrückgang von 40% verzeichnet. Am stärksten betroffen waren KMUs im Baugewerbe und in der verarbeitenden Industrie, mit einem Verlust von 52% der Arbeitsplätze, gefolgt vom Lebensmittel- und Agrarsektor, mit einem Verlust von 45% der Arbeitsplätze (IOM 18.6.2021).
Seit dem Ausbruch der Corona-Krise haben staatliche Angestellte im gesamten Land keine regelmäßige und volle Gehaltsauszahlung erhalten (GIZ 1.2021b). Die irakische Regierung hat Schwierigkeiten, die Löhne und Gehälter der sechs Millionen im öffentlichen Sektor Angestellten zu zahlen. Millionen Menschen, die im privaten und informellen Sektor gearbeitet haben, haben ihren Arbeitsplatz und ihre Lebensgrundlage verloren. Nach Schätzungen von UNICEF und der Weltbankgruppe leben im Jahr 2020 schätzungsweise 4,5 Millionen Iraker unter die Armutsgrenze von 1,90 USD pro Tag (IOM 18.6.2021).
Auswirkungen auf die medizinische Versorgung
Die COVID-19-Pandemie hat das ohnehin schon marode irakische Gesundheitswesen stark in Mitleidenschaft gezogen, das mit der großen Zahl von Menschen, die sich mit dem Virus infiziert haben, nur schwer zurechtkommt (FH 3.3.2021).
Anfang 2020, zu Beginn der COVID-19-Krise, pausierten die Gesundheitseinrichtungen die meisten Dienstleistungen und konzentrierten sich auf die Erforschung des Virus und seine Auswirkungen. Im September 2020 nahm der öffentliche Gesundheitssektor seine Arbeit und seine Dienste wieder auf, mit zusätzlichen Vorschriften wie z. B., dass Krankenhäuser nur nach Terminvereinbarung aufgesucht werden dürfen, strengere Hygienemaßnahmen, und dass medizinisches Personal im Rotationsverfahren eingesetzt wird, was längere Wartezeiten zur Folge hat (IOM 18.6.2021).
Im Jahr 2021 arbeiteten sowohl der öffentliche als auch der private Gesundheitssektor fast wieder auf normalem Niveau, jedoch mit hohen Vorsichtsmaßnahmen gegen die Ausbreitung von COVID-19 auf Anweisung des irakischen Gesundheitsministeriums (MoH) (IOM 18.6.2021).
Auswirkungen auf den Bildungszugang
Als Sofortmaßnahme gegen die COVID-19-Pandemie hat das Bundesbildungsministerium Ende Februar 2020 alle Schulen im Irak schließen lassen (UNICEF 20.1.2021). Die Schulen waren von März bis November 2020 geschlossen. Kinder ohne Zugang zu digitalen Lernmöglichkeiten, insbesondere Kinder von Vertriebenen und in Armut lebenden Familien, sind besonders vom Bildungsverlust betroffen. Besonders hart betroffen sind jene Kinder, die bereits vor der Pandemie durch das Leben unter IS-Herrschaft mehrere Jahre an Bildungszugang verloren haben (HRW 13.1.2021). Ende November 2020 wurden die Schulen wieder geöffnet, mit einem Tag Präsenzunterricht pro Woche für jede Klasse (UNICEF 20.2.2021).
Auswirkungen auf die Bewegungs- und die Versammlungsfreiheit
Im April und Mai nutzten die Behörden die COVID-19-Maßnahmen, um Proteste niederzuschlagen und die Pressefreiheit, das Versammlungsrecht und die Aktivitäten der Opposition stark einzuschränken (FH 3.3.2021).
[…]
Auswirkungen auf die Religionsfreiheit
Moscheen, Kirchen und andere Gebetsstätten sind offen und dürfen unter strengen Richtlinien Pflichtgebete abhalten (Gov.KRD 30.6.2021; vgl. IOM 18.6.2021). Alle Angestellten müssen sich entweder Impfen lassen oder alle 72 Stunden einen COVID-Test durchführen. Einrichtungen, die sich nicht an die Vorgaben halten, werden geschlossen (Gov.KRD 30.6.2021). Das Freitagsgebet darf längstens eine halbe Stunde dauern und Personen dürfen Moscheen nur mit Maske betreten. Die Führer der Religionsgemeinschaften müssen bei der Verbreitung des Gesundheitsbewusstseins und der Leitlinien des Gesundheitsministeriums mitwirken (Gov.KRD 2021).Moscheen, Kirchen und andere Gebetsstätten sind offen und dürfen unter strengen Richtlinien Pflichtgebete abhalten (Gov.KRD 30.6.2021; vergleiche IOM 18.6.2021). Alle Angestellten müssen sich entweder Impfen lassen oder alle 72 Stunden einen COVID-Test durchführen. Einrichtungen, die sich nicht an die Vorgaben halten, werden geschlossen (Gov.KRD 30.6.2021). Das Freitagsgebet darf längstens eine halbe Stunde dauern und Personen dürfen Moscheen nur mit Maske betreten. Die Führer der Religionsgemeinschaften müssen bei der Verbreitung des Gesundheitsbewusstseins und der Leitlinien des Gesundheitsministeriums mitwirken (Gov.KRD 2021).
Begräbnisfeiern mit Gästen sind verboten (Gov.KRD 2021; vgl. Garda 4.1.2022). Verstöße werden mit einer Geldstrafe von 2.000.000 IQD geahndet (Gov.KRD 2021). Das Verbot gilt auch für Hochzeitsfeiern (Garda 4.1.2022).Begräbnisfeiern mit Gästen sind verboten (Gov.KRD 2021; vergleiche Garda 4.1.2022). Verstöße werden mit einer Geldstrafe von 2.000.000 IQD geahndet (Gov.KRD 2021). Das Verbot gilt auch für Hochzeitsfeiern (Garda 4.1.2022).
Auswirkungen auf die Meinungsfreiheit
Das Verbreiten von Desinformation in den sozialen Medien ist gerichtlich strafbar (Gov.KRD 2021).
Auswirkungen auf die medizinische Versorgung
Einer Studie zufolge hatte die Mehrheit der Binnenvertriebenen (IDPs) und Rückkehrer in der KRI im Berichtszeitraum von Juli bis September 2020 Schwierigkeiten beim Zugang zur Gesundheitsversorgung (IOM 18.6.2021). In allen Gouvernements der KRI wurden spezielle Gesundheitszentren eingerichtet, die bei der Erkennung und Behandlung von COVID-19-Infektionen helfen und die notwendige Versorgung gewährleisten sollen (Gov.KRD 2021).
Auswirkungen auf den Bildungszugang
In der KRI wurden die Schulen im März 2020 bis zum Ende des Schuljahres geschlossen (HRW 13.1.2021). Eltern konnten bis zum 31.10.2021 entscheiden, ob ihre Kinder physisch anwesend sein sollten, oder online unterrichtet werden sollten (Gov.KRD 2021).
Es besteht eine Impfpflicht für Lehrkräfte, die in den Ministerien für Bildung, für Höhere Bildung und wissenschaftliche Forschung angestellt sind. Ebenso müssen sich Schüler und Studenten ab dem Alter von 18 Jahren impfen lassen. Die Frist dafür war der 1.12.2021. Bei Nichteinhaltung drohen Disziplinarverfahren nach den allgemeinen Gesundheitsgesetzen (Gov.KRD 2021).
In den Universitäten werden Vorlesungen und Studiengänge unter Einhaltung der Gesundheitsrichtlinien fortgesetzt (Gov.KRD 2021).
Quellen:
FH - Freedom House (3.3.2021): Freedom in the World 2021 – Iraq, https://www.ecoi.net/en/document/2046520.html, Zugriff 3.3.2021
Garda World (4.1.2022): Iraq: Authorities maintain COVID-19 measures as of Jan. 4 /update 101, https://crisis24.garda.com/alerts/2022/01/iraq-authorities-maintain-covid-19-measures-as-of-jan-4-update-101, Zugriff 22.2.2022
GIZ - Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (1.2021b): Irak - Wirtschaft & Entwicklung, https://www.liportal.de/irak/wirtschaft-entwicklung/, Zugriff 16.3.2021 [Anm.: Der Link ist nicht mehr abrufbar. Die Daten sind jedoch bei der Staatendokumentation archiviert und einsehbar.]
GoI - Government of Iraq (13.4.2021): Covid-19: Iraqi government amends curfew hours, announces other measures, https://gds.gov.iq/covid-19-iraqi-government-amends-curfew-hours-announces-other-measures/, Zugriff 25.8.2021
Gov.KRD - Kurdistan Regional Governemnet (2021): Situation Update Coronavirus (COVID-19), https://gov.krd/coronavirus-en/situation-update/, Zugriff 22.2.2022
Gov.KRD - Kurdistan Regional Governemnet (30.6.2021): Situation Update Coronavirus (COVID-19), https://gov.krd/coronavirus-en/situation-update/, Zugriff 25.8.2021
HRW - Human Rights Watch (13.1.2021): World Report 2021 - Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/2043505.html, Zugriff 10.2.2021
IOM - International Organization for Migration (18.6.2021): Information on the socio-economic situation in the light of COVID-19 in Iraq and in the Kurdish Region, requested by the Austrian Federal Office for Immigration and Asylum, Zugriff 21.6.2021
UNICEF - UN Children's Fund, Central Statistical Organization (20.1.2021): Iraq Humanitarian Situation Report (IDP Crisis): End-Year 2020, https://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/UNICEF%20Iraq%20Humanitarian%20Situation%20Report%20%28IDP%20Crisis%29%20-%20End-Year%202020.pdf, Zugriff 25.8.2021
Politische Lage
Letzte Änderung: 11.08.2022
Mit dem gewaltsamen Sturz Saddam Husseins und der Ba'ath-Partei im März 2003 (DFAT 17.8.2020, S.9) wurde die politische Landschaft des Irak enorm verändert (KAS 2.5.2018, S.2; vgl. Fanack 8.7.2020). 2005 hielt der Irak erstmals demokratische Wahlen ab und führte eine Verfassung ein, die zahlreiche Menschenrechtsbestimmungen enthält. Das Machtvakuum infolge des Regimesturzes und die Misswirtschaft der Besatzungstruppen führten hingegen zu einem langwierigen Aufstand gegen die US-geführten Koalitionstruppen (DFAT 17.8.2020, S.9). Dieses gemischte Bild ist das Ergebnis der intensiven politischen Dynamik, die durch den Aufstieg des Islamischen Staates (IS) auf eine harte Probe gestellt wurde (KAS 2.5.2018, S.2). Beherrschende Themenblöcke der irakischen Innenpolitik sind Sicherheit, Wiederaufbau und Grundversorgung, Korruptionsbekämpfung und Ressourcenverteilung, die systemisch miteinander verknüpft sind (GIZ 1.2021a).Mit dem gewaltsamen Sturz Saddam Husseins und der Ba'ath-Partei im März 2003 (DFAT 17.8.2020, S.9) wurde die politische Landschaft des Irak enorm verändert (KAS 2.5.2018, S.2; vergleiche Fanack 8.7.2020). 2005 hielt der Irak erstmals demokratische Wahlen ab und führte eine Verfassung ein, die zahlreiche Menschenrechtsbestimmungen enthält. Das Machtvakuum infolge des Regimesturzes und die Misswirtschaft der Besatzungstruppen führten hingegen zu einem langwierigen Aufstand gegen die US-geführten Koalitionstruppen (DFAT 17.8.2020, S.9). Dieses gemischte Bild ist das Ergebnis der intensiven politischen Dynamik, die durch den Aufstieg des Islamischen Staates (IS) auf eine harte Probe gestellt wurde (KAS 2.5.2018, S.2). Beherrschende Themenblöcke der irakischen Innenpolitik sind Sicherheit, Wiederaufbau und Grundversorgung, Korruptionsbekämpfung und Ressourcenverteilung, die systemisch miteinander verknüpft sind (GIZ 1.2021a).
Gemäß der Verfassung von 2005 ist der Irak ein demokratischer, föderaler und parlamentarisch republikanischer Staat. Der Islam ist Staatsreligion und eine der Hauptquellen der Gesetzgebung (AA 25.10.2021, S.8; vgl. Fanack 8.7.2020). Das Land ist in 18 Gouvernements (muhafazāt) unterteilt (Fanack 8.7.2020), jedes mit einem gewählten Rat, der einen Gouverneur ernennt (DFAT 17.8.2020; S.17). Artikel 47 der Verfassung sieht eine Gewaltenteilung zwischen Exekutive, Legislative und Judikative vor (BS 29.4.2020, S.11; vgl. GIZ 1.2021a, RoI 15.10.2005). An der Spitze der Exekutive steht der Präsident, welcher mit einer Zweidrittelmehrheit des irakischen Parlaments (arab.: majlis al-nuwwāb, engl.: Council of Representatives, dt.: Repräsentantenrat) für eine Amtszeit von vier Jahren gewählt wird. Eine einmalige Wiederwahl ist möglich. Er genehmigt Gesetze, die vom Parlament verabschiedet werden. Der Präsident wird von zwei Vizepräsidenten unterstützt, mit denen er den Präsidialrat bildet, welcher einstimmige Entscheidungen trifft (Fanack 8.7.2020). Der Präsident ist das Staatsoberhaupt und repräsentiert die Souveränität und Einheit des Staates (DFAT 17.8.2020, S.17). Das zweite Organ der Exekutive ist der Premierminister, welcher vom Präsidenten designiert und vom Parlament bestätigt wird (Fanack 8.7.2020; vgl. RoI 15.10.2005). Der Premierminister führt den Vorsitz im Ministerrat und leitet damit die tägliche Politik und ist zudem Oberbefehlshaber der Streitkräfte (Fanack 8.7.2020; vgl. DFAT 17.8.2020, S.17). Die Legislative wird durch den Repräsentantenrat, d.h. das Parlament, ausgeübt (Fanack 8.7.2020; vgl. KAS 2.5.2018, S.2). Er besteht aus 329 Abgeordneten, die für eine Periode von vier Jahren gewählt werden (FH 28.2.2022; vgl. GIZ 1.2021a). Neun Sitze sind per Gesetz für ethnische und religiöse Minderheiten reserviert (AA 22.1.2021, S.11; vgl. FH 28.2.2022, USDOS 12.4.2022) - fünf für Christen und je einer für Jesiden, Mandäer-Sabäer, Schabak und für Faili-Kurden aus dem Gouvernement Wassit (AA 22.1.2021, S.11; vgl. FH 28.2.2022, USDOS 12.4.2022). Die festgeschriebene Mindest-Frauenquote im Parlament liegt bei 25% (USDOS 12.4.2022; vgl. FH 28.2.2022). Die Judikative wird vor allem durch den Bundesgerichtshof repräsentiert (KAS 2.5.2018, S.2).Gemäß der Verfassung von 2005 ist der Irak ein demokratischer, föderaler und parlamentarisch republikanischer Staat. Der Islam ist Staatsreligion und eine der Hauptquellen der Gesetzgebung (AA 25.10.2021, S.8; vergleiche Fanack 8.7.2020). Das Land ist in 18 Gouvernements (muhafazāt) unterteilt (Fanack 8.7.2020), jedes mit einem gewählten Rat, der einen Gouverneur ernennt (DFAT 17.8.2020; S.17). Artikel 47 der Verfassung sieht eine Gewaltenteilung zwischen Exekutive, Legislative und Judikative vor (BS 29.4.2020, S.11; vergleiche GIZ 1.2021a, RoI 15.10.2005). An der Spitze der Exekutive steht der Präsident, welcher mit einer Zweidrittelmehrheit des irakischen Parlaments (arab.: majlis al-nuwwāb, engl.: Council of Representatives, dt.: Repräsentantenrat) für eine Amtszeit von vier Jahren gewählt wird. Eine einmalige Wiederwahl ist möglich. Er genehmigt Gesetze, die vom Parlament verabschiedet werden. Der Präsident wird von zwei Vizepräsidenten unterstützt, mit denen er den Präsidialrat bildet, welcher einstimmige Entscheidungen trifft (Fanack 8.7.2020). Der Präsident ist das Staatsoberhaupt und repräsentiert die Souveränität und Einheit des Staates (DFAT 17.8.2020, S.17). Das zweite Organ der Exekutive ist der Premierminister, welcher vom Präsidenten designiert und vom Parlament bestätigt wird (Fanack 8.7.2020; vergleiche RoI 15.10.2005). Der Premierminister führt den Vorsitz im Ministerrat und leitet damit die tägliche Politik und ist zudem Oberbefehlshaber der Streitkräfte (Fanack 8.7.2020; vergleiche DFAT 17.8.2020, S.17). Die Legislative wird durch den Repräsentantenrat, d.h. das Parlament, ausgeübt (Fanack 8.7.2020; vergleiche KAS 2.5.2018, S.2). Er besteht aus 329 Abgeordneten, die für eine Periode von vier Jahren gewählt werden (FH 28.2.2022; vergleiche GIZ 1.2021a). Neun Sitze sind per Gesetz für ethnische und religiöse Minderheiten reserviert (AA 22.1.2021, S.11; vergleiche FH 28.2.2022, USDOS 12.4.2022) - fünf für Christen und je einer für Jesiden, Mandäer-Sabäer, Schabak und für Faili-Kurden aus dem Gouvernement Wassit (AA 22.1.2021, S.11; vergleiche FH 28.2.2022, USDOS 12.4.2022). Die festgeschriebene Mindest-Frauenquote im Parlament liegt bei 25% (USDOS 12.4.2022; vergleiche FH 28.2.2022). Die Judikative wird vor allem durch den Bundesgerichtshof repräsentiert (KAS 2.5.2018, S.2).
Die Grenzen zwischen Exekutive, Legislative und Judikative sind jedoch häufig fließend (FH 28.2.2022). Die Gewaltenteilung wird durch parallele Rollen vieler Entscheidungsträger beeinträchtigt (BS 23.2.2022, S.12). Unabhängige Institutionen, die stark genug wären, die Einhaltung der Verfassung zu kontrollieren und zu gewährleisten, existieren nicht (GIZ 1.2021a). In Artikel 19 der Verfassung heißt es beispielsweise, dass die Justiz unabhängig ist, und keine Macht über der Justiz steht, außer dem Gesetz selbst (BS 23.2.2022, S. 13). Die Justiz ist jedoch eine der schwächsten Institutionen des Staates, und ihre Unabhängigkeit wird häufig durch die Einmischung politischer Parteien über Patronage-Netzwerke und Klientelismus untergraben (BS 29.4.2020, S.11). [siehe dazu Kapitel "Rechtsschutz / Justizwesen"]Die Grenzen zwischen Exekutive, Legislative und Judikative sind jedoch häufig fließend (FH 28.2.2022). Die Gewaltenteilung wird durch parallele Rollen vieler Entscheidungsträger beeinträchtigt (BS 23.2.2022, S.12). Unabhängige Institutionen, die stark genug wären, die Einhaltung der Verfassung zu kontrollieren und zu gewährleisten, existieren nicht (GIZ 1.2021a). In Artikel 19 der Verfassung heißt es beispielsweise, dass die Justiz unabhängig ist, und keine Macht über der Justiz steht, außer dem Gesetz selbst (BS 23.2.2022, Sitzung 13). Die Justiz ist jedoch eine der schwächsten Institutionen des Staates, und ihre Unabhängigkeit wird häufig durch die Einmischung politischer Parteien über Patronage-Netzwerke und Klientelismus untergraben (BS 29.4.2020, S.11). [siehe dazu Kapitel "Rechtsschutz / Justizwesen"]
Das politische System des Iraks wird durch das sogenannte Muhasasa-System geprägt. Muhasasa im irakischen Kontext bedeutet die Vergabe von staatlichen Ämtern entlang ethnisch-konfessioneller (Muhasasa Ta’ifiyya) oder parteipolitischer (Muhasasa Hizbiyya) Linien. Der Aufteilung wird ein geschätzter Zensus zu Grunde gelegt, sodass die drei größten Bevölkerungsgruppen (Kurden, Sunniten, Schiiten) ihren Bevölkerungsanteilen gemäß proportional repräsentiert werden. Einige Minderheiten wie Christen und Jesiden sind durch für sie reservierte Sitze repräsentiert. Mit der Vergabe staatlicher Ämter ergibt sich auch ein Zugang zu staatlichen Ressourcen, z.B. durch Zugang zu Budgets von Ministerien oder lokalen Behörden (BAMF 5.2020, S.2f.). Das Muhasasa-System gilt auch für die Staatsführung. So ist der Parlamentspräsident gewöhnlich ein Sunnit, der Premierminister ist ein Schiit und der Präsident der Republik ein Kurde (Al Jazeera 15.9.2018; vgl. FH 28.2.2022). Das konfessionelle Proporzsystem im Parlament festigt den Einfluss ethnisch-religiöser Identitäten und verhindert die Herausbildung eines politischen Prozesses, der auf die Bewältigung politischer Sachfragen abzielt (AA 2.3.2020, S.8). Das seit 2003 etablierte politische Muhasasa-System steht in weiten Teilen der Bevölkerung in der Kritik (BAMF 5.2020, S.30), insbesondere bei säkularen und nationalen Kräften (GIZ 1.2021a). Seit 2015 richten sich die Demonstrationen im Irak zunehmend auch gegen das etablierte Muhasasa-System als solches. Das Muhasasa-System wird für das Scheitern des Staates verantwortlich gemacht (BAMF 5.2020, S.1). Vom Muhasasa-System abgesehen, stehen viele sunnitische Iraker der schiitischen Dominanz im politischen System kritisch gegenüber (AA 2.3.2020, S.8).Das politische System des Iraks wird durch das sogenannte Muhasasa-System geprägt. Muhasasa im irakischen Kontext bedeutet die Vergabe von staatlichen Ämtern entlang ethnisch-konfessioneller (Muhasasa Ta’ifiyya) oder parteipolitischer (Muhasasa Hizbiyya) Linien. Der Aufteilung wird ein geschätzter Zensus zu Grunde gelegt, sodass die drei größten Bevölkerungsgruppen (Kurden, Sunniten, Schiiten) ihren Bevölkerungsanteilen gemäß proportional repräsentiert werden. Einige Minderheiten wie Christen und Jesiden sind durch für sie reservierte Sitze repräsentiert. Mit der Vergabe staatlicher Ämter ergibt sich auch ein Zugang zu staatlichen Ressourcen, z.B. durch Zugang zu Budgets von Ministerien oder lokalen Behörden (BAMF 5.2020, S.2f.). Das Muhasasa-System gilt auch für die Staatsführung. So ist der Parlamentspräsident gewöhnlich ein Sunnit, der Premierminister ist ein Schiit und der Präsident der Republik ein Kurde (Al Jazeera 15.9.2018; vergleiche FH 28.2.2022). Das konfessionelle Proporzsystem im Parlament festigt den Einfluss ethnisch-religiöser Identitäten und verhindert die Herausbildung eines politischen Prozesses, der auf die Bewältigung politischer Sachfragen abzielt (AA 2.3.2020, S.8). Das seit 2003 etablierte politische Muhasasa-System steht in weiten Teilen der Bevölkerung in der Kritik (BAMF 5.2020, S.30), insbesondere bei säkularen und nationalen Kräften (GIZ 1.2021a). Seit 2015 richten sich die Demonstrationen im Irak zunehmend auch gegen das etablierte Muhasasa-System als solches. Das Muhasasa-System wird für das Scheitern des Staates verantwortlich gemacht (BAMF 5.2020, S.1). Vom Muhasasa-System abgesehen, stehen viele sunnitische Iraker der schiitischen Dominanz im politischen System kritisch gegenüber (AA 2.3.2020, S.8).
Für die Durchführung der Wahlen im Irak ist die Unabhängige Hohe Wahlkommission (IHEC) verantwortlich. Sie genießt generell das Vertrauen der internationalen Gemeinschaft und der irakischen Bevölkerung (FH 28.2.2022). Der Irak hält regelmäßig, kompetitive Wahlen ab. Die verschiedenen parteipolitischen, ethnischen und konfessionellen Gruppen des Landes sind im Allgemeinen im politischen System vertreten. Allerdings wird die demokratische Regierungsführung in der Praxis durch Korruption und Sicherheitsbedrohungen behindert (FH 28.2.2022).
Seit dem 1.10.2019 anhaltende Massenproteste, die sich gegen Korruption, den sinkenden Lebensstandard und den ausländischen Einfluss im Land, insbesondere durch den Iran, aber auch durch die Vereinigten Staaten von Amerika richteten, führten zum Rücktritt des damaligen Premierministers Adel Abdul Mahdi Ende November 2019 (RFE/RL 24.12.2019; vgl. RFE/RL 6.2.2020; GIZ 1.2021a). Erst im April 2020 einigten sich die großen Blöcke im Parlament und ihre ausländischen Unterstützer auf einen neuen Kandidaten (FH 3.3.2021). Präsident Salih beauftragte am 9.4.2020 den von den schiitischen Blöcken favorisierten Kandidaten Mustafa al-Kadhimi mit der Regierungsbildung (GIZ 1.2021a).Seit dem 1.10.2019 anhaltende Massenproteste, die sich gegen Korruption, den sinkenden Lebensstandard und den ausländischen Einfluss im Land, insbesondere durch den Iran, aber auch durch die Vereinigten Staaten von Amerika richteten, führten zum Rücktritt des damaligen Premierministers Adel Abdul Mahdi Ende November 2019 (RFE/RL 24.12.2019; vergleiche RFE/RL 6.2.2020; GIZ 1.2021a). Erst im April 2020 einigten sich die großen Blöcke im Parlament und ihre ausländischen Unterstützer auf einen neuen Kandidaten (FH 3.3.2021). Präsident Salih beauftragte am 9.4.2020 den von den schiitischen Blöcken favorisierten Kandidaten Mustafa al-Kadhimi mit der Regierungsbildung (GIZ 1.2021a).
Im Dezember 2019 hat das irakische Parlament eine der Schlüsselforderung der Demonstranten umgesetzt und einem neuen Wahlgesetz zugestimmt (RFE/RL 24.12.2019; vgl. NYT 24.12.2019, Al Monitor 2.11.2020, FH 28.2.2022). Das neue Wahlgesetz soll unabhängigen Kandidaten, die nicht von großen Parteien unterstützt werden, den Einzug ins Parlament erleichtern (FH 28.2.2022). Kandidaten können überschüssige Stimmen nicht mehr auf andere Kandidaten ihrer Partei übertragen (ICG 16.11.2021). Die achtzehn irakischen Gouvernements wurden in 83 Wahlbezirke unterteilt, auf die die 329 Parlamentssitze verteilt wurden (ICG 16.11.2021; vgl. FH 28.2.2022). Die Gouvernements werden hierzu in eine Reihe neuer Wahlbezirke unterteilt, in denen für jeweils etwa 100.000 Einwohner ein Abgeordneter gewählt wird (FH 3.3.2021). Unklar ist für diese Einteilung jedoch, wie viele Menschen in den jeweiligen Gebieten leben, da es seit über 20 Jahren keinen Zensus gegeben hat (FH 3.3.2021; vgl. NYT 24.12.2019). Die Distrikte haben je nach Größe zwischen drei und sechs Sitze (ICG 16.11.2021). Einige politische Parteien befürchteten Wahlbetrug und lehnten die Einteilung der Wahlbezirke ab. Besonders die traditionellen Parteienblöcke befürchteten einen Verlust an Einfluss durch die Aufteilung ihrer Wählerschaft in die neuen, kleineren Wahlbezirke (Al Monitor 2.11.2020).Im Dezember 2019 hat das irakische Parlament eine der Schlüsselforderung der Demonstranten umgesetzt und einem neuen Wahlgesetz zugestimmt (RFE/RL 24.12.2019; vergleiche NYT 24.12.2019, Al Monitor 2.11.2020, FH 28.2.2022). Das neue Wahlgesetz soll unabhängigen Kandidaten, die nicht von großen Parteien unterstützt werden, den Einzug ins Parlament erleichtern (FH 28.2.2022). Kandidaten können überschüssige Stimmen nicht mehr auf andere Kandidaten ihrer Partei übertragen (ICG 16.11.2021). Die achtzehn irakischen Gouvernements wurden in 83 Wahlbezirke unterteilt, auf die die 329 Parlamentssitze verteilt wurden (ICG 16.11.2021; vergleiche FH 28.2.2022). Die Gouvernements werden hierzu in eine Reihe neuer Wahlbezirke unterteilt, in denen für jeweils etwa 100.000 Einwohner ein Abgeordneter gewählt wird (FH 3.3.2021). Unklar ist für diese Einteilung jedoch, wie viele Menschen in den jeweiligen Gebieten leben, da es seit über 20 Jahren keinen Zensus gegeben hat (FH 3.3.2021; vergleiche NYT 24.12.2019). Die Distrikte haben je nach Größe zwischen drei und sechs Sitze (ICG 16.11.2021). Einige politische Parteien befürchteten Wahlbetrug und lehnten die Einteilung der Wahlbezirke ab. Besonders die traditionellen Parteienblöcke befürchteten einen Verlust an Einfluss durch die Aufteilung ihrer Wählerschaft in die neuen, kleineren Wahlbezirke (Al Monitor 2.11.2020).
Im Juli 2020 hat Premierminister al-Kadhimi ein Versprechen an die Protestbewegung erfüllt und die Vorverlegung der Parlamentswahlen auf den 6.6.2021 beschlossen (Reuters 31.7.2020; vgl. GIZ 1.2021a, Al Monitor 9.12.2020). Auf Vorschlag der IHEC, die um mehr Zeit für die Umsetzung der rechtlichen und logistischen Maßnahmen bat, hat das Kabinett einstimmig entschieden, die Parlamentswahlen auf den 10.10.2021 zu verschieben (Al Jazeera 19.1.2021). Am Vorabend der Parlamentswahlen im Oktober 2021 sahen sich reformorientierte Kandidaten, bei Vorbereitung gegen die etablierten Parteien des Landes anzutreten, zu denen auch bewaffnete Milizen gehören, die das irakische Parlament seit 2018 dominieren, mit beunruhigenden Hindernissen konfrontiert (MEI 22.3.2021).Im Juli 2020 hat Premierminister al-Kadhimi ein Versprechen an die Protestbewegung erfüllt und die Vorverlegung der Parlamentswahlen auf den 6.6.2021 beschlossen (Reuters 31.7.2020; vergleiche GIZ 1.2021a, Al Monitor 9.12.2020). Auf Vorschlag der IHEC, die um mehr Zeit für die Umsetzung der rechtlichen und logistischen Maßnahmen bat, hat das Kabinett einstimmig entschieden, die Parlamentswahlen auf den 10.10.2021 zu verschieben (Al Jazeera 19.1.2021). Am Vorabend der Parlamentswahlen im Oktober 2021 sahen sich reformorientierte Kandidaten, bei Vorbereitung gegen die etablierten Parteien des Landes anzutreten, zu denen auch bewaffnete Milizen gehören, die das irakische Parlament seit 2018 dominieren, mit beunruhigenden Hindernissen konfrontiert (MEI 22.3.2021).
Am 10.10.2021 fanden Parlamentswahlen statt (HRW 13.1.2022; vgl. KAS 1.2022), die ersten nach dem neuen Wahlsystem (FH 28.2.2022). Die Wahlbeteiligung war die niedrigste in der Geschichte des Iraks nach 2003 und lag nach der großzügigsten Schätzung bei 43,54 % (KAS 1.2022). Die Bewegung des schiitischen Populistenführers Muqtada as-Sadr, eines Gegners des iranischen und US-amerikanischen Einflusses im Irak, ging als Wahlsieger hervor und erhielt 73 der 329 Parlamentssitze (DW 27.12.2021; vgl. Al Arabiya 27.12.2021, Al Jazeera 27.12.2021, ICG 16.11.2021, Rudaw 30.11.2021, HRW 13.1.2022, KAS 1.2022). Die Fatah- (Eroberungs-) Allianz, der politische Arm der pro-iranischen Volksmobilisierungskräfte (Popular Mobilization Forces) - PMF, ist von vormals 48 Sitzen auf 17 abgestürzt (DW 27.12.2021; vgl. Al Arabiya 27.12.2021, ICG 16.11.2021, KAS 1.2022). Die Koalition des ehemaligen Premierministers Nouri al-Maliki zählt ebenso zu den Gewinnern der Wahl. Sie hat 33 Parlamentssitze gewonnen (KAS 1.2022).Am 10.10.2021 fanden Parlamentswahlen statt (HRW 13.1.2022; vergleiche KAS 1.2022), die ersten nach dem neuen Wahlsystem (FH 28.2.2022). Die Wahlbeteiligung war die niedrigste in der Geschichte des Iraks nach 2003 und lag nach der großzügigsten Schätzung bei 43,54 % (KAS 1.2022). Die Bewegung des schiitischen Populistenführers Muqtada as-Sadr, eines Gegners des iranischen und US-amerikanischen Einflusses im Irak, ging als Wahlsieger hervor und erhielt 73 der 329 Parlamentssitze (DW 27.12.2021; vergleiche Al Arabiya 27.12.2021, Al Jazeera 27.12.2021, ICG 16.11.2021, Rudaw 30.11.2021, HRW 13.1.2022, KAS 1.2022). Die Fatah- (Eroberungs-) Allianz, der politische Arm der pro-iranischen Volksmobilisierungskräfte (Popular Mobilization Forces) - PMF, ist von vormals 48 Sitzen auf 17 abgestürzt (DW 27.12.2021; vergleiche Al Arabiya 27.12.2021, ICG 16.11.2021, KAS 1.2022). Die Koalition des ehemaligen Premierministers Nouri al-Maliki zählt ebenso zu den Gewinnern der Wahl. Sie hat 33 Parlamentssitze gewonnen (KAS 1.2022).
Von den sunnitischen Parteien errang die Taqqadum Koalition unter der Führung des scheidenden irakischen Parlamentspräsidenten Mohammed al-Halbousi 37 Sitze (Rudaw 30.11.2021; vgl. ICG 16.11.2021, KAS 1.2022). Die ebenfalls sunnitische Partei Azm unter Khamis al-Khanjar erreichte 14 Sitze (ICG 16.11.2021; vgl. KAS 1.2022).Von den sunnitischen Parteien errang die Taqqadum Koalition unter der Führung des scheidenden irakischen Parlamentspräsidenten Mohammed al-Halbousi 37 Sitze (Rudaw 30.11.2021; vergleiche ICG 16.11.2021, KAS 1.2022). Die ebenfalls sunnitische Partei Azm unter Khamis al-Khanjar erreichte 14 Sitze (ICG 16.11.2021; vergleiche KAS 1.2022).
Von den kurdischen Parteien erhielt die Demokratische Partei Kurdistans (KDP) 31 Sitze, die Patriotische Union Kurdistans (PUK) 17 und die Bewegung "Neue Generation" neun Sitze (Rudaw 30.11.2021; vgl. ICG 16.11.2021, KAS 1.2022). Die Gorran Bewegung, die bei dieser Wahl auf einer gemeinsamen Liste mit der PUK antrat, hat alle ihre Sitze verloren (ICG 16.11.2021).Von den kurdischen Parteien erhielt die Demokratische Partei Kurdistans (KDP) 31 Sitze, die Patriotische Union Kurdistans (PUK) 17 und die Bewegung "Neue Generation" neun Sitze (Rudaw 30.11.2021; vergleiche ICG 16.11.2021, KAS 1.2022). Die Gorran Bewegung, die bei dieser Wahl auf einer gemeinsamen Liste mit der PUK antrat, hat alle ihre Sitze verloren (ICG 16.11.2021).
Der Anführer der Emtidad-(Fortführungs-) Bewegung, Alaa Al-Rikabi, war einer der wenigen Aktivisten, die aus der Oktoberprotestbewegung als Anführer hervorgingen (KAS 1.2022). Nach dem Endergebnis haben 16 politische Parteien jeweils nur einen Sitz gewonnen (Rudaw 30.11.2021; vgl. KAS 1.2022). 43 Sitze gingen an unabhängige Kandidaten (KAS 1.2022).Der Anführer der Emtidad-(Fortführungs-) Bewegung, Alaa Al-Rikabi, war einer der wenigen Aktivisten, die aus der Oktoberprotestbewegung als Anführer hervorgingen (KAS 1.2022). Nach dem Endergebnis haben 16 politische Parteien jeweils nur einen Sitz gewonnen (Rudaw 30.11.2021; vergleiche KAS 1.2022). 43 Sitze gingen an unabhängige Kandidaten (KAS 1.2022).
(KAS 1.2022)
Vom Iran unterstützte Gruppierungen, darunter mächtige bewaffnete Gruppen, haben Unregelmäßigkeiten beanstandet (Al Jazeera 27.12.2021). Bei der IHEC gingen mehr als 1.300 Einsprüche ein, die vom "schiitischen Kooperationsrahmen" (CF) eingereicht wurden - einer Gruppierung, die sich hauptsächlich aus schiitischen Gruppen zusammensetzt, die bei den Wahlen schlecht abgeschnitten haben. Die meisten dieser Beschwerden wurden wegen fehlender Beweise abgewiesen (Al-Jazeera 5.11.2021). Am 27.12.2021 hat der oberste Gerichtshof das Wahlergebnis ratifiziert (DW 27.12.2021; vgl. Al Arabiya 27.12.2021). Der CF fordert eine Beteiligung in einer Regierung der nationalen Einheit (Al Monitor 1.2.2022).Vom Iran unterstützte Gruppierungen, darunter mächtige bewaffnete Gruppen, haben Unregelmäßigkeiten beanstandet (Al Jazeera 27.12.2021). Bei der IHEC gingen mehr als 1.300 Einsprüche ein, die vom "schiitischen Kooperationsrahmen" (CF) eingereicht wurden - einer Gruppierung, die sich hauptsächlich aus schiitischen Gruppen zusammensetzt, die bei den Wahlen schlecht abgeschnitten haben. Die meisten dieser Beschwerden wurden wegen fehlender Beweise abgewiesen (Al-Jazeera 5.11.2021). Am 27.12.2021 hat der oberste Gerichtshof das Wahlergebnis ratifiziert (DW 27.12.2021; vergleiche Al Arabiya 27.12.2021). Der CF fordert eine Beteiligung in einer Regierung der nationalen Einheit (Al Monitor 1.2.2022).
Bei der Eröffnungssitzung des neugewählten Parlaments am 9.1.2022 hat as-Sadrs ethnokonfessionelle Allianz mit kurdischen und sunnitischen Parteien ihren sunnitischen Kandidaten für das Amt des Parlamentspräsidenten, Mohammed al-Halbousi, mühelos gewählt. Des Weiteren konnten die Sadristen 17 weitere Abgeordnete für ihren Block gewinnen und umfassen nun 90 Sitze (Al Monitor 1.2.2022)
Die Wahl des Präsidenten, die für den 7.2.2022 geplant war, kam nicht zustande, da das Parlament nicht beschlussfähig war. Wegen vielfacher Sitzungsboykotte waren nur 58 von 329 Abgeordneten anwesend und damit weniger als die erforderliche Zweidrittelmehrheit, die für die Wahl eines neuen Präsidenten erforderlich ist. Zu dem Boykott kam es, da der Oberste Gerichtshof die Präsidentschaftskandidatur des Wunschkandidaten Hoshyar Zebari von der KDP wegen Bestechungsvorwürfen aus seiner Zeit als Finanzminister im Jahr 2016 ausgesetzt hatte. Es steht im Raum, dass das Parlament erst dann zusammentreten wird, wenn eine Einigung erzielt wurde (Reuters 7.2.2022).
Proteste gegen das Wahlergebnis sind in Bagdad in Gewalt umgeschlagen. Demonstranten, die Betrug anprangerten, stießen außerhalb der "Grünen Zone" in Bagdad mit Sicherheitskräften zusammen (Al-Jazeera 5.11.2021). Dabei wurde am 5.11.2021 während des Protests von Anhängern der Asaib Ahl- al-Haq und Kataib Hezbollah ein Anhänger der Asaib Ahl- al-Haq getötet, mehrere Hundert Sicherheitskräfte wurden verletzt. Der Anführer der Gruppe, Qais al-Khazali, machte Premierminister al-Kadhimi für den Toten verantwortlich und versprach, ihn vor Gericht zu stellen (ICG 16.11.2021).
Am 31.10.2021 schlugen drei Raketen in der Nähe des Hauptquartiers des Geheimdienstes in Bagdad ein, einer Einrichtung, die al-Kadhimi leitete und immer noch kontrolliert (ICG 16.11.2021). Bei einem Anschlag am 7.11.2021 versuchten ungenannte bewaffnete Akteure mit drei bewaffneten Drohnen, den Premierminister in seiner Residenz zu ermorden, scheiterten jedoch (HRW 12.1.2022; vgl. ICG 16.11.2021). Wegen des Einsatzes von Drohnen wird dieser Anschlag häufig pro-iranischen Gruppen zugeschrieben (ICG 16.11.2021). Am 25.1.2022 wurde auch die Residenz des irakischen Parlamentssprechers Mohammed al-Halbousi mit mindestens drei Raketen beschossen. Der Angriff ereignete sich wenige Stunden, nachdem das Bundesgericht die Wiederwahl al-Halbousis als Parlamentssprecher bestätigt hatte. Al-Halbousi wurde wiederholt von mit dem Iran verbundenen Gruppierungen und solchen, die ihnen nahe stehen, bedroht (Al Monitor 26.1.2022).Am 31.10.2021 schlugen drei Raketen in der Nähe des Hauptquartiers des Geheimdienstes in Bagdad ein, einer Einrichtung, die al-Kadhimi leitete und immer noch kontrolliert (ICG 16.11.2021). Bei einem Anschlag am 7.11.2021 versuchten ungenannte bewaffnete Akteure mit drei bewaffneten Drohnen, den Premierminister in seiner Residenz zu ermorden, scheiterten jedoch (HRW 12.1.2022; vergleiche ICG 16.11.2021). Wegen des Einsatzes von Drohnen wird dieser Anschlag häufig pro-iranischen Gruppen zugeschrieben (ICG 16.11.2021). Am 25.1.2022 wurde auch die Residenz des irakischen Parlamentssprechers Mohammed al-Halbousi mit mindestens drei Raketen beschossen. Der Angriff ereignete sich wenige Stunden, nachdem das Bundesgericht die Wiederwahl al-Halbousis als Parlamentssprecher bestätigt hatte. Al-Halbousi wurde wiederholt von mit dem Iran verbundenen Gruppierungen und solchen, die ihnen nahe stehen, bedroht (Al Monitor 26.1.2022).
Nach fast acht Monaten vergeblicher Bemühungen um die Bildung einer Regierung räumte Moqtada as-Sadr am 12.6.2022 ein, dass es ihm nicht möglich ist, die von ihm angestrebte Regierung zu bilden (Soufan Center 23.6.2022; vgl. Al-Jazeera 15.6.2022). Sein Ziel war die Bildung einer Zwei- Drittel-Mehrheitsregierung (220 Sitze) unter Einbindung von sunnitisch-arabischen und kurdischen Fraktionen (Soufan Center 23.6.2022). Nach irakischem Recht ist eine Zwei-Drittel-Mehrheit für die Wahl des Präsidenten erforderlich (Al-Jazeera 15.6.2022). As-Sadrs Ziel war auch die Beendigung der Post-Saddam-Regierungsstruktur, in der schiitische Fraktionen unter weitgehender Ausgrenzung nicht-schiitischer Gruppen regierten. Diese Regierungsstruktur habe laut as-Sadr die Voraussetzungen für die Tishreen-Massenproteste vom Oktober 2019 gegen Korruption und Ineffizienz der Regierung geschaffen und den vom Iran unterstützten PMF zu viel Einfluss verliehen (Soufan Center 23.6.2022).Nach fast acht Monaten vergeblicher Bemühungen um die Bildung einer Regierung räumte Moqtada as-Sadr am 12.6.2022 ein, dass es ihm nicht möglich ist, die von ihm angestrebte Regierung zu bilden (Soufan Center 23.6.2022; vergleiche Al-Jazeera 15.6.2022). Sein Ziel war die Bildung einer Zwei- Drittel-Mehrheitsregierung (220 Sitze) unter Einbindung von sunnitisch-arabischen und kurdischen Fraktionen (Soufan Center 23.6.2022). Nach irakischem Recht ist eine Zwei-Drittel-Mehrheit für die Wahl des Präsidenten erforderlich (Al-Jazeera 15.6.2022). As-Sadrs Ziel war auch die Beendigung der Post-Saddam-Regierungsstruktur, in der schiitische Fraktionen unter weitgehender Ausgrenzung nicht-schiitischer Gruppen regierten. Diese Regierungsstruktur habe laut as-Sadr die Voraussetzungen für die Tishreen-Massenproteste vom Oktober 2019 gegen Korruption und Ineffizienz der Regierung geschaffen und den vom Iran unterstützten PMF zu viel Einfluss verliehen (Soufan Center 23.6.2022).
Der Prozess der Regierungsbildung ist zum Teil deshalb ins Stocken geraten, weil die beiden wichtigsten kurdischen Parteien, KDP und PUK, zu gegensätzlichen nationalen Koalitionen übergegangen sind, und ihr früheres Muster, gemeinsame Positionen im Umgang mit den arabischen Führern des Irak zu schmieden, aufgegeben haben. Die PUK die jetzt mit den pro-iranischen Schiiten verbündet ist, hat Barham Salih, den Amtsinhaber, für eine weitere Amtszeit als Präsident nominiert. Die KDP hat mit Rebar Ahmed einen eigenen Kandidaten vorgeschlagen. Er ist derzeit Innenminister der kurdischen Regionalregierung (KRG) (Soufan Center 14.4.2022).
As-Sadr hat die 73 Abgeordneten seines Blocks der Sadristischen Bewegung (Sairoon) im irakischen Parlament aufgefordert geschlossen zurückzutreten (Al-Jazeera 15.6.2022; vgl. Soufan Center 23.6.2022), was diese auch befolgten (Al-Jazeera 15.6.2022). Laut irakischem Recht rückt bei Freiwerden eines Parlamentssitzes der Kandidat mit den nächst meisten Stimmen nach (Al-Jazeera 15.6.2022; vgl. Soufan Center 23.6.2022). Auf der Grundlage der von der Hohen Wahlkommission des Irak vorgelegten Ergebnisse dürften schätzungsweise 50 der 73 frei gewordenen Sitze der Sadristen an Mitglieder der CF gehen. Damit sind as-Sadrs Gegner in den PMF und die Partei des ehemaligen Ministerpräsidenten Nouri al-Maliki, mit etwa 120 der 329 Parlamentssitze in einer günstigen Position, eine Regierung zu bilden (Soufan Center 23.6.2022).As-Sadr hat die 73 Abgeordneten seines Blocks der Sadristischen Bewegung (Sairoon) im irakischen Parlament aufgefordert geschlossen zurückzutreten (Al-Jazeera 15.6.2022; vergleiche Soufan Center 23.6.2022), was diese auch befolgten (Al-Jazeera 15.6.2022). Laut irakischem Recht rückt bei Freiwerden eines Parlamentssitzes der Kandidat mit den nächst meisten Stimmen nach (Al-Jazeera 15.6.2022; vergleiche Soufan Center 23.6.2022). Auf der Grundlage der von der Hohen Wahlkommission des Irak vorgelegten Ergebnisse dürften schätzungsweise 50 der 73 frei gewordenen Sitze der Sadristen an Mitglieder der CF gehen. Damit sind as-Sadrs Gegner in den PMF und die Partei des ehemaligen Ministerpräsidenten Nouri al-Maliki, mit etwa 120 der 329 Parlamentssitze in einer günstigen Position, eine Regierung zu bilden (Soufan Center 23.6.2022).
Nach wiederholten Verzögerungen wurden die ursprünglich für 2017 geplanten Wahlen zu den Provinzräten im November 2019 auf unbestimmte Zeit verschoben (FH 3.3.2021). Das irakische Parlament hatte Ende Oktober 2019 beschlossen, die Provinzräte aufzulösen, mit Ausnahme jener in der Kurdistan Region Irak (KRI). Es beschloss jedoch, die Gouverneure im Amt zu belassen, welche die Aufgaben der Räte übernehmen, aber unter der Kontrolle der Zentralregierung stehen. Das irakische Bundesgericht bestätigte Anfang Juni 2021 nach einer vorausgegangenen Klage die Entscheidung des Parlaments von 2019 (Rudaw 2.6.2021).
Quellen:
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Politische Lage in der Kurdistan Region Irak (KRI)
Letzte Änderung: 11.08.2022
Die Kurdistan Region Irak (KRI) erhielt bereits 1991 de facto Autonomie (DFAT 17.8.2020, S.18) und ist als territoriale Entität in der irakischen Verfassung anerkannt (DFAT 17.8.2020, S.18; vgl. Rudaw 20.11.2019). Artikel 141 besagt, dass die in der KRI seit 1992 erlassenen Rechtsvorschriften in Kraft bleiben und dass die von der Kurdischen Regionalregierung (KRG) erlassenen Beschlüsse als gültig betrachtet werden, sofern sie nicht im Widerspruch zur irakischen Verfassung stehen (DFAT 17.8.2020, S.18). Die KRI besteht aus den drei nördlichen Gouvernements Dohuk, Erbil und Sulaymaniyah (DFAT 17.8.2020, S.18) sowie aus dem im Jahr 2014 durch Ministerratsbeschluss aus Sulaymaniyah herausgelösten Gouvernement Halabja, wobei dieser Beschluss noch nicht in die Praxis umgesetzt wurde (GIZ 1.2021a). Die Gewaltenteilung in der KRI steht auf dem Prüfstand, da die politische Macht eng mit den beiden führenden kurdischen Clans der Barzani (KDP) und der Talabani (PUK) verbunden ist (BS 23.2.2022, S.13).Die Kurdistan Region Irak (KRI) erhielt bereits 1991 de facto Autonomie (DFAT 17.8.2020, S.18) und ist als territoriale Entität in der irakischen Verfassung anerkannt (DFAT 17.8.2020, S.18; vergleiche Rudaw 20.11.2019). Artikel 141 besagt, dass die in der KRI seit 1992 erlassenen Rechtsvorschriften in Kraft bleiben und dass die von der Kurdischen Regionalregierung (KRG) erlassenen Beschlüsse als gültig betrachtet werden, sofern sie nicht im Widerspruch zur irakischen Verfassung stehen (DFAT 17.8.2020, S.18). Die KRI besteht aus den drei nördlichen Gouvernements Dohuk, Erbil und Sulaymaniyah (DFAT 17.8.2020, S.18) sowie aus dem im Jahr 2014 durch Ministerratsbeschluss aus Sulaymaniyah herausgelösten Gouvernement Halabja, wobei dieser Beschluss noch nicht in die Praxis umgesetzt wurde (GIZ 1.2021a). Die Gewaltenteilung in der KRI steht auf dem Prüfstand, da die politische Macht eng mit den beiden führenden kurdischen Clans der Barzani (KDP) und der Talabani (PUK) verbunden ist (BS 23.2.2022, S.13).
Die KRI wird von einem Präsidenten mit weitreichenden exekutiven Befugnissen geführt. Der Entwurf der kurdischen Verfassung sieht alle vier Jahre Präsidentschaftswahlen vor und begrenzt die Amtszeit auf zwei Perioden. 2013 wurde jedoch die Amtszeit des vormaligen Präsidenten Masoud Barzani von der Demokratischen Partei Kurdistans (KDP) nach bereits achtjähriger Amtszeit aufgrund einer politischen Vereinbarung mit der Patriotischen Union Kurdistans (PUK) verlängert (FH 28.2.2022). Der Präsident der KRI vertritt die KRI auf nationaler und internationaler Ebene und ist für die Beziehungen und die Koordinierung zwischen der Regierung der KRI und der Zentralregierung zuständig (DFAT 17.8.2020). Das kurdische Parlament besteht aus 111 Mitgliedern, die alle vier Jahre gewählt werden. Im aktuellen Parlament, das im November 2018 gewählt wurde, sind sechzehn Parteien und Listen vertreten. Insgesamt sind elf Parlamentssitze für ethnische und konfessionelle Minderheiten reserviert. Je fünf der Sitze sind für Turkmenen und Christen reserviert, einer für Armenier. Laut Gesetz müssen mindestens 30% der Sitze von Frauen gehalten werden (KP 2021; vgl. DFAT 17.8.2020, S.18, FH 28.2.2022). Bei den letzten Wahlen vom September 2018 erzielte die regierende KDP 45 Sitze, die PUK 21, Gorran 12 und mehrere kleinere Parteien und Minderheitenvertreter verteilten sich auf den Rest. Gorran und andere kleinere Parteien lehnten das Wahlergebnis wegen Betrugsvorwürfen und anderer Unregelmäßigkeiten ab (FH 28.2.2022). Religiöse Einmischung in die Politik ist in der KRI weitgehend nicht existent (BS 23.2.2022).Die KRI wird von einem Präsidenten mit weitreichenden exekutiven Befugnissen geführt. Der Entwurf der kurdischen Verfassung sieht alle vier Jahre Präsidentschaftswahlen vor und begrenzt die Amtszeit auf zwei Perioden. 2013 wurde jedoch die Amtszeit des vormaligen Präsidenten Masoud Barzani von der Demokratischen Partei Kurdistans (KDP) nach bereits achtjähriger Amtszeit aufgrund einer politischen Vereinbarung mit der Patriotischen Union Kurdistans (PUK) verlängert (FH 28.2.2022). Der Präsident der KRI vertritt die KRI auf nationaler und internationaler Ebene und ist für die Beziehungen und die Koordinierung zwischen der Regierung der KRI und der Zentralregierung zuständig (DFAT 17.8.2020). Das kurdische Parlament besteht aus 111 Mitgliedern, die alle vier Jahre gewählt werden. Im aktuellen Parlament, das im November 2018 gewählt wurde, sind sechzehn Parteien und Listen vertreten. Insgesamt sind elf Parlamentssitze für ethnische und konfessionelle Minderheiten reserviert. Je fünf der Sitze sind für Turkmenen und Christen reserviert, einer für Armenier. Laut Gesetz müssen mindestens 30% der Sitze von Frauen gehalten werden (KP 2021; vergleiche DFAT 17.8.2020, S.18, FH 28.2.2022). Bei den letzten Wahlen vom September 2018 erzielte die regierende KDP 45 Sitze, die PUK 21, Gorran 12 und mehrere kleinere Parteien und Minderheitenvertreter verteilten sich auf den Rest. Gorran und andere kleinere Parteien lehnten das Wahlergebnis wegen Betrugsvorwürfen und anderer Unregelmäßigkeiten ab (FH 28.2.2022). Religiöse Einmischung in die Politik ist in der KRI weitgehend nicht existent (BS 23.2.2022).
Artikel 140 der irakischen Verfassung aus dem Jahr 2005 sieht eine Lösung der Frage um die sogenannten umstrittenen Gebiete, Regionen in den Gouvernements Diyala, Kirkuk, Ninewa und Salah ad-Din vor (Rudaw 11.11.2020). Artikel 58 beinhaltet Maßnahmen, die darauf abzielen, die unter der Herrschaft von Saddam Hussein durchgeführte Arabisierungspolitik zu korrigieren (Rudaw 30.7.2019; vgl. Rudaw 11.11.2020). Die Frage von Artikel 140 hätte bis spätestens 2007 durch ein Referendum geregelt werden sollen, bei dem die Einwohner des Gebietes entscheiden sollten, ob sie sich der Region Kurdistan anschließen oder an die föderale irakische Regierung gebunden bleiben wollten, wurde jedoch nie umgesetzt (Rudaw 11.11.2020). Im Juli 2019 stellt das Oberste Bundesgericht des Irak fest, dass Artikel 140 und Artikel 58 der Übergangsregierung (2005/2006) nach wie vor umzusetzen sind (Rudaw 30.7.2019). In einer Sitzung des Verfassungsausschusses haben einige schiitische Mitglieder die Meinung geäußert, dass Artikel 140 aus der Verfassung gestrichen werden sollte (Rudaw 11.11.2020).Artikel 140 der irakischen Verfassung aus dem Jahr 2005 sieht eine Lösung der Frage um die sogenannten umstrittenen Gebiete, Regionen in den Gouvernements Diyala, Kirkuk, Ninewa und Salah ad-Din vor (Rudaw 11.11.2020). Artikel 58 beinhaltet Maßnahmen, die darauf abzielen, die unter der Herrschaft von Saddam Hussein durchgeführte Arabisierungspolitik zu korrigieren (Rudaw 30.7.2019; vergleiche Rudaw 11.11.2020). Die Frage von Artikel 140 hätte bis spätestens 2007 durch ein Referendum geregelt werden sollen, bei dem die Einwohner des Gebietes entscheiden sollten, ob sie sich der Region Kurdistan anschließen oder an die föderale irakische Regierung gebunden bleiben wollten, wurde jedoch nie umgesetzt (Rudaw 11.11.2020). Im Juli 2019 stellt das Oberste Bundesgericht des Irak fest, dass Artikel 140 und Artikel 58 der Übergangsregierung (2005/2006) nach wie vor umzusetzen sind (Rudaw 30.7.2019). In einer Sitzung des Verfassungsausschusses haben einige schiitische Mitglieder die Meinung geäußert, dass Artikel 140 aus der Verfassung gestrichen werden sollte (Rudaw 11.11.2020).
Im Jahr 2017 hat die KRG zu einem Referendum über die Unabhängigkeit Kurdistans aufgerufen, welches vom irakischen Höchstgericht für verfassungswidrig erklärt wurde (GIZ 1.2021a; vgl. FAZ 18.9.2017). Dieses Unabhängigkeitsreferendum, bei dem sich rund 93 % der Wähler für die Unabhängigkeit aussprachen, war angeblich durch Einschüchterung und Betrug beeinträchtigt (FH 3.3.2021; vgl. SDZ 27.9.2017). Im Nachgang zum Unabhängigkeitsreferendum hat die irakische Armee die umstrittenen Gebiete, welche nach dem Zurückdrängen des Islamischen Staates (IS) unter kurdischer Kontrolle standen, im Herbst 2017 größtenteils wieder unter ihre Kontrolle gebracht (AA 25.10.2021, S.17-18). Dabei kam es im Oktober 2017 zu teils auch schweren bewaffneten Auseinandersetzungen mit Opfern auf beiden Seiten (AA 2.3.2020). Der langjährige Präsident der KRI, Masoud Barzani, der das Referendum mit Nachdruck umgesetzt hatte, trat als Konsequenz zurück (FH 28.2.2022; vgl. GIZ 1.2021a). Das Präsidentenamt blieb daraufhin bis Mai 2019 vakant (FH 3.3.2021). Die Exekutivgewalt lag währenddessen in den Händen von Premierminister Nechirvan Barzani, seinem Neffen (FH 28.2.2022). Seither ist die Lage in den umstrittenen Gebieten generell angespannt. Es gibt Meldungen von Landbesetzungen und Vertreibung kurdischer Bevölkerungsteile durch Araber einerseits und großen Vorbehalten der dort lebenden Kurden und religiösen Minderheiten gegen die schiitischen PMF-Milizen andererseits (AA 25.10.2021, S.18).Im Jahr 2017 hat die KRG zu einem Referendum über die Unabhängigkeit Kurdistans aufgerufen, welches vom irakischen Höchstgericht für verfassungswidrig erklärt wurde (GIZ 1.2021a; vergleiche FAZ 18.9.2017). Dieses Unabhängigkeitsreferendum, bei dem sich rund 93 % der Wähler für die Unabhängigkeit aussprachen, war angeblich durch Einschüchterung und Betrug beeinträchtigt (FH 3.3.2021; vergleiche SDZ 27.9.2017). Im Nachgang zum Unabhängigkeitsreferendum hat die irakische Armee die umstrittenen Gebiete, welche nach dem Zurückdrängen des Islamischen Staates (IS) unter kurdischer Kontrolle standen, im Herbst 2017 größtenteils wieder unter ihre Kontrolle gebracht (AA 25.10.2021, S.17-18). Dabei kam es im Oktober 2017 zu teils auch schweren bewaffneten Auseinandersetzungen mit Opfern auf beiden Seiten (AA 2.3.2020). Der langjährige Präsident der KRI, Masoud Barzani, der das Referendum mit Nachdruck umgesetzt hatte, trat als Konsequenz zurück (FH 28.2.2022; vergleiche GIZ 1.2021a). Das Präsidentenamt blieb daraufhin bis Mai 2019 vakant (FH 3.3.2021). Die Exekutivgewalt lag währenddessen in den Händen von Premierminister Nechirvan Barzani, seinem Neffen (FH 28.2.2022). Seither ist die Lage in den umstrittenen Gebieten generell angespannt. Es gibt Meldungen von Landbesetzungen und Vertreibung kurdischer Bevölkerungsteile durch Araber einerseits und großen Vorbehalten der dort lebenden Kurden und religiösen Minderheiten gegen die schiitischen PMF-Milizen andererseits (AA 25.10.2021, S.18).
Die Beziehungen zwischen dem Zentralirak und der KRI haben sich während der Amtszeit von Premierminister al-Kadhimi zwar verbessert, bleiben jedoch angespannt. Grund hierfür sind unter anderem die ausbleibenden, ungeklärten Transferleistungen aus dem Zentralirak, welche die finanzielle Lage der Bevölkerung in der KRI verschlechtern (AA 25.10.2021, S.6). Insbesondere die Verabschiedung eines Gesetzes, das die Festschreibung des KRI-Anteils am irakischen Gesamthaushalt an die die Überweisung von Öl- und Zolleinnahmen der KRI an den Zentralirak bindet, bleiben ein Streitpunkt (AA 25.10.2021, S.6). Am 12.11.2020 verabschiedete das irakische Parlament zudem ein Budget-Defizitgesetz in Abwesenheit der Vertreter der KRI, welche die Sitzung boykottierten. Die KRI wird darin aufgefordert ihre gesamten Einnahmen, insbesondere auch jene aus dem Ölsektor, an die Zentralregierung abzugeben, um vom Staatshaushalt zu profitieren (Kurdistan24 12.11.2020). Am 15.2.2022 hat das Oberste Bundesgericht das Öl- und Gasgesetz Nr. 22/2007 der KRG für verfassungswidrig erklärt und beschlossen, dass die KRG verpflichtet sei, die gesamte Ölproduktion aus den Ölfeldern in der KRI und aus anderen Gebieten, aus denen das Ministerium für Naturressourcen der KRG Öl gefördert hat, abzuliefern. Auch habe das irakische Ölministerium das Recht alle mit der KRG abgeschlossenen Ölverträge über den Export und den Verkauf von Öl und Gas zu überprüfen (RoI FSC 16.2.2022). Die KRG erklärte die Entscheidung für verfassungswidrig und hat angekündigt alle verfassungsmäßigen, rechtlichen und gerichtlichen Maßnahmen zu ergreifen, um alle im Öl- und Gassektor geschlossenen Verträge zu schützen und zu wahren (Gov.KRD 15.2.2022).
Dagegen verbesserte sich die Sicherheitskooperation im Kampf gegen den IS leicht (AA 25.10.2021, S.6). Zudem unterzeichneten Bagdad und Erbil im Oktober 2020 eine Übereinkunft zu Sinjar [Shengal], die sich eine rasche Verbesserung der Sicherheitslage und Klärung der Verwaltungsverantwortlichkeiten zum Ziel setzt (AA 22.1.2021, S.6). In Abstimmung mit der UN-Unterstützungsmission für den Irak (UNAMI) hat das Abkommen die föderale Regierung gestärkt und den Weg für den Wiederaufbau im Sinjar-Distrikt geebnet. Allerdings nehmen die Jesiden-Vertreter eine ablehnende Haltung ein, da sie in die Verhandlungen nicht einbezogen wurden. Das Abkommen sieht die Beseitigung der bewaffneten Gruppen in der Region vor, einschließlich der PKK und der PMF-Kräfte (Al Monitor 13.10.2020).
Nachdem die KRI 1991 ihre de-facto-Autonomie vom Irak Saddam Husseins erlangt hatte, hat sie sich zu einem politischen Duopol zurückentwickelt, das insbesondere von den beiden familienzentrierten Parteien, der KDP und der PUK, beherrscht wird (MEI 24.2.2021; vgl. FH 3.3.2021, France24 22.2.2020). In der Region Kurdistan fehlt den demokratischen Institutionen die Kraft, den Einfluss der langjährigen Machthaber einzudämmen (FH 28.2.2022). Diese beiden Parteien kontrollieren die staatlichen Institutionen auf allen Ebenen, dazu das Militär und die inneren Sicherheitskräfte (MEI 24.2.2021). Beide verfügen auch über bewaffnete Einheiten (Peshmergas), die eigentlich unter dem gemeinsamen Kommando des Peshmerga-Ministeriums der KRG stehen sollten (BS 29.4.2020, S.7f; vgl. AA 25.10.2021, S.9). Die KDP und die PUK haben die demokratischen Grundsätze der Regierungsbildung häufig untergraben (BS 29.4.2020, S.14), und versuchen, einen echten demokratischen Diskurs zu verhindern, indem sie den freien Zugang zu staatlichen Informationen einschränken, kritische Journalisten und politische Aktivisten verhaften und ihnen nahestehende Medienunternehmen finanzieren. Darüber hinaus beaufsichtigen sie ein weitverbreitetes Klientelsystem, das durch die Ölindustrie der Region und Budgettransfers der irakischen Regierung angeheizt wird, und das Arbeitsplätze im öffentlichen Sektor an diejenigen vergibt, die als politisch loyal gelten, und Aufträge an parteinahe Unternehmen vergibt (MEI 24.2.2021). Die KDP hat ihr Machtzentrum in Erbil, die PUK ihres in Sulaymaniyah. Beide verfügen einerseits über eine bedeutende Anzahl von Sitzen im irakischen Parlament und gewannen andererseits auch die meisten Sitze bei den Wahlen in der KRI im September 2018 (CRS 3.2.2020). In der KRI ist im Raum Erbil und Dohuk eine Oppositionsbewegung zur KDP kaum existent. In der Region um Sulaymaniyah und Halabja haben sich in den vergangenen Jahren auch Gruppen von der PUK abgewandt, allerdings ohne großen politischen Einfluss gewinnen zu können (AA 25.10.2021, S.10). Trotz Wählerverlustes konnte sich die PUK einflussreiche Ressorts sowohl in der KRG als auch in Bagdad sichern (BS 29.4.2020, S.14). Der Machtkampf zwischen KDP und PUK schwächt einerseits inner-kurdische Reformen und andererseits Erbils Position gegenüber Bagdad (GIZ 1.2021a; vgl. ICG 27.3.2019). Nebst den beiden dominanten Parteien, KDP und PUK, sind insbesondere Gorran (Wandel), eine 2009 gegründete Bewegung, die sich auf den Kampf gegen Korruption und Nepotismus konzentriert (KAS 2.5.2018, S.21; vgl. WI 8.7.2019), sowie eine Reihe kleinerer islamistischer Parteien präsent (KAS 2.5.2018).Nachdem die KRI 1991 ihre de-facto-Autonomie vom Irak Saddam Husseins erlangt hatte, hat sie sich zu einem politischen Duopol zurückentwickelt, das insbesondere von den beiden familienzentrierten Parteien, der KDP und der PUK, beherrscht wird (MEI 24.2.2021; vergleiche FH 3.3.2021, France24 22.2.2020). In der Region Kurdistan fehlt den demokratischen Institutionen die Kraft, den Einfluss der langjährigen Machthaber einzudämmen (FH 28.2.2022). Diese beiden Parteien kontrollieren die staatlichen Institutionen auf allen Ebenen, dazu das Militär und die inneren Sicherheitskräfte (MEI 24.2.2021). Beide verfügen auch über bewaffnete Einheiten (Peshmergas), die eigentlich unter dem gemeinsamen Kommando des Peshmerga-Ministeriums der KRG stehen sollten (BS 29.4.2020, S.7f; vergleiche AA 25.10.2021, S.9). Die KDP und die PUK haben die demokratischen Grundsätze der Regierungsbildung häufig untergraben (BS 29.4.2020, S.14), und versuchen, einen echten demokratischen Diskurs zu verhindern, indem sie den freien Zugang zu staatlichen Informationen einschränken, kritische Journalisten und politische Aktivisten verhaften und ihnen nahestehende Medienunternehmen finanzieren. Darüber hinaus beaufsichtigen sie ein weitverbreitetes Klientelsystem, das durch die Ölindustrie der Region und Budgettransfers der irakischen Regierung angeheizt wird, und das Arbeitsplätze im öffentlichen Sektor an diejenigen vergibt, die als politisch loyal gelten, und Aufträge an parteinahe Unternehmen vergibt (MEI 24.2.2021). Die KDP hat ihr Machtzentrum in Erbil, die PUK ihres in Sulaymaniyah. Beide verfügen einerseits über eine bedeutende Anzahl von Sitzen im irakischen Parlament und gewannen andererseits auch die meisten Sitze bei den Wahlen in der KRI im September 2018 (CRS 3.2.2020). In der KRI ist im Raum Erbil und Dohuk eine Oppositionsbewegung zur KDP kaum existent. In der Region um Sulaymaniyah und Halabja haben sich in den vergangenen Jahren auch Gruppen von der PUK abgewandt, allerdings ohne großen politischen Einfluss gewinnen zu können (AA 25.10.2021, S.10). Trotz Wählerverlustes konnte sich die PUK einflussreiche Ressorts sowohl in der KRG als auch in Bagdad sichern (BS 29.4.2020, S.14). Der Machtkampf zwischen KDP und PUK schwächt einerseits inner-kurdische Reformen und andererseits Erbils Position gegenüber Bagdad (GIZ 1.2021a; vergleiche ICG 27.3.2019). Nebst den beiden dominanten Parteien, KDP und PUK, sind insbesondere Gorran (Wandel), eine 2009 gegründete Bewegung, die sich auf den Kampf gegen Korruption und Nepotismus konzentriert (KAS 2.5.2018, S.21; vergleiche WI 8.7.2019), sowie eine Reihe kleinerer islamistischer Parteien präsent (KAS 2.5.2018).
Auch nach dem Rücktritt von Präsident Masoud Barzani teilt sich die Barzani-Familie die Macht. Nechirvan Barzani, langjähriger Premierminister unter seinem Onkel Masoud, beerbte ihn im Amt des Präsidenten der KRI. Masrour Barzani, Sohn Masouds, wurde im Juni 2019 zum neuen Premierminister der KRI ernannt (GIZ 1.2021a; vgl. FH 28.2.2022) und im Juli 2019 durch das kurdische Parlament bestätigt (CRS 3.2.2020).Auch nach dem Rücktritt von Präsident Masoud Barzani teilt sich die Barzani-Familie die Macht. Nechirvan Barzani, langjähriger Premierminister unter seinem Onkel Masoud, beerbte ihn im Amt des Präsidenten der KRI. Masrour Barzani, Sohn Masouds, wurde im Juni 2019 zum neuen Premierminister der KRI ernannt (GIZ 1.2021a; vergleiche FH 28.2.2022) und im Juli 2019 durch das kurdische Parlament bestätigt (CRS 3.2.2020).
Proteste in der KRI gehen auf das Jahr 2003 zurück. Die Hauptforderungen der Demonstranten sind gleichgeblieben und drehen sich einerseits um das Thema Infrastrukturversorgung und staatliche Leistungen (Strom, Wasser, Bildung, Gesundheitswesen, Straßenbau sowie die enormen Einkommensunterschiede) und andererseits um das Thema Regierungsführung (Rechenschaftspflicht, Transparenz und Korruption) (LSE 4.6.2018). Während der Massenproteste in Bagdad und dem Südirak im Herbst 2019 blieb es in der Kurden-Region ruhig. 2017 und 2018 waren zuvor Proteste in der KRI niedergeschlagen worden (BAMF 5.2020, S.10), wobei es sogar, etwa 2017 in Sulaymaniyah, Todesopfer zu beklagen gab (France24, 22.2.2020). Wegen der verschlechterten Wirtschaftslage, hoher Arbeitslosigkeit und des Mangels an Strom- und Wasserversorgung kommt es auch in der KRI zu lokal begrenzten Protesten und Demonstrationen (AA 25.10.2021, S.5). Von Mai bis Oktober 2020 hatten etwa Aktivisten und Lehrer in der Region Dohuk Proteste organisiert, um die von den Behörden verzögerte Auszahlung der Gehälter zu fordern. Es kam auch zu Festnahmen. Infolge verurteilte ein Gericht in der KRI am 16.2.2021 in einem als äußerst fehlerhaft kritisierten Verfahren drei Journalisten und zwei Aktivisten zu sechs Jahren Gefängnis (HRW 22.4.2021). Und im Dezember 2020 wurden bei gewaltsamen Protesten acht Menschen getötet und hunderte verletzt. Anlass waren die Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage und (wiederum) die Nichtauszahlung von Gehältern im öffentlichen Dienst. In Ortschaften jenseits der größeren Städte und in Sulaymaniyah wurden die Büros diverser Parteien in Brand gesteckt. Die Regierung nahm Organisatoren der Proteste fest und schloss einen Fernsehsender, der über die Demonstrationen berichtete (MEI 24.2.2021; vgl. Al Jazeera 8.12.2020). Proteste in der KRI gehen auf das Jahr 2003 zurück. Die Hauptforderungen der Demonstranten sind gleichgeblieben und drehen sich einerseits um das Thema Infrastrukturversorgung und staatliche Leistungen (Strom, Wasser, Bildung, Gesundheitswesen, Straßenbau sowie die enormen Einkommensunterschiede) und andererseits um das Thema Regierungsführung (Rechenschaftspflicht, Transparenz und Korruption) (LSE 4.6.2018). Während der Massenproteste in Bagdad und dem Südirak im Herbst 2019 blieb es in der Kurden-Region ruhig. 2017 und 2018 waren zuvor Proteste in der KRI niedergeschlagen worden (BAMF 5.2020, S.10), wobei es sogar, etwa 2017 in Sulaymaniyah, Todesopfer zu beklagen gab (France24, 22.2.2020). Wegen der verschlechterten Wirtschaftslage, hoher Arbeitslosigkeit und des Mangels an Strom- und Wasserversorgung kommt es auch in der KRI zu lokal begrenzten Protesten und Demonstrationen (AA 25.10.2021, S.5). Von Mai bis Oktober 2020 hatten etwa Aktivisten und Lehrer in der Region Dohuk Proteste organisiert, um die von den Behörden verzögerte Auszahlung der Gehälter zu fordern. Es kam auch zu Festnahmen. Infolge verurteilte ein Gericht in der KRI am 16.2.2021 in einem als äußerst fehlerhaft kritisierten Verfahren drei Journalisten und zwei Aktivisten zu sechs Jahren Gefängnis (HRW 22.4.2021). Und im Dezember 2020 wurden bei gewaltsamen Protesten acht Menschen getötet und hunderte verletzt. Anlass waren die Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage und (wiederum) die Nichtauszahlung von Gehältern im öffentlichen Dienst. In Ortschaften jenseits der größeren Städte und in Sulaymaniyah wurden die Büros diverser Parteien in Brand gesteckt. Die Regierung nahm Organisatoren der Proteste fest und schloss einen Fernsehsender, der über die Demonstrationen berichtete (MEI 24.2.2021; vergleiche Al Jazeera 8.12.2020).
Quellen:
AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (25.10.2021): Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak (Stand: Oktober 2021), https://www.ecoi.net/en/file/local/2063378/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Republik_Irak_%28Stand_Oktober_2021%29%2C_25.10.2021.pdf, Zugriff 1.12.2021
AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (22.1.2021): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak (Stand: Januar 2021),
https://www.ecoi.net/en/file/local/2057645/Deutschland___Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%BCber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Republik_Irak_%28Stand_Januar_2021%29%2C_22.01.2021.pdf, Zugriff 12.8.2021
AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (2.3.2020): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak, https://www.ecoi.net/en/file/local/2027997/Deutschland___Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Republik_Irak_%28Stand_M%C3%A4rz_2020%29%2C_02.03.2020.pdf, Zugriff 13.8.2021
AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (12.1.2019): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak, https://www.ecoi.net/en/file/local/1457267/4598_1548939544_auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-republik-irak-stand-dezember-2018-12-01-2019.pdf, Zugriff 13.8.2021
Al Jazeera (8.12.2020): Iraqi leader calls for end to violence in Sulaymaniyah protests, https://www.aljazeera.com/news/2020/12/8/iraqi-leader-calls-for-end-to-violence-in-sulaymaniyah-protests, Zugriff 12.8.2021
Al Monitor (13.10.2020): Baghdad, Erbil reach security, administrative agreement on Sinjar district, https://www.al-monitor.com/originals/2020/10/iraq-erbil-kurdistan-krg-baghdad-sinjar-nineveh-yazidis.html, Zugriff 12.8.2021
BAMF – Bundesamt für Migration und Flüchtlinge [Deutschland] (5.2020): Länderreport 25; Irak; Die Entstehung einer neuen Protestbewegung, Mai 2020
https://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Behoerde/Informationszentrum/Laenderreporte/2020/laenderreport-25-irak.pdf?__blob=publicationFile&v=2, Zugriff 12.8.2021
BS - Bertelsmann Stiftung (23.2.2022): BTI 2022 Country Report Iraq, https://www.ecoi.net/en/file/local/2069660/country_report_2022_IRQ.pdf, Zugriff 17.6.2022
BS - Bertelsmann Stiftung (29.4.2020): BTI 2020 Country Report Iraq, https://www.ecoi.net/en/file/local/2029486/country_report_2020_IRQ.pdf, Zugriff 12.8.2021
ICG - International Crisis Group (27.3.2019): After Iraqi Kurdistan’s Thwarted Independence Bid, https://www.crisisgroup.org/middle-east-north-africa/gulf-and-arabian-peninsula/iraq/199-after-iraqi-kurdistans-thwarted-independence-bid, Zugriff 13.8.2021
CRS - Congressional Research Service (3.2.2020): Iraq and U.S. Policy, https://fas.org/sgp/crs/mideast/IF10404.pdf, Zugriff 13.8.2021
DFAT – Australian Government - Department of Foreign Affairs and Trade [Australien] (17.8.2020): DFAT Country Information Report Iraq, https://www.ecoi.net/en/file/local/2036511/country-information-report-iraq.pdf, Zugriff 12.8.2021
FAZ - Frankfurter Allgemeine Zeitung (18.9.2017): Bundesgericht erklärt Unabhängigkeitsreferendum für verfassungswidrig,https://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/streit-im-irak-kurden-referendum-verfassungswidrig-15204639.html, Zugriff 13.8.2021
FH - Freedom House (3.3.2021): Freedom in the World 2021 – Iraq, https://www.ecoi.net/en/document/2046520.html, Zugriff 13.8.2021
France24 (22.2.2020): Iraqi Kurds rally against 'corruption' of ruling elite, https://www.france24.com/en/20200222-iraqi-kurds-rally-against-corruption-of-ruling-elite, Zugriff 13.8.2021
GIZ - Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (1.2021a): Irak - Geschichte & Staat, https://www.liportal.de/irak/geschichte-staat/, Zugriff 16.3.2021 [Anm.: Der Link ist nicht mehr abrufbar. Die Daten sind jedoch bei der Staatendokumentation archiviert und einsehbar.]
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KAS - Konrad Adenauer Stiftung (2.5.2018): Mapping the Major Political Organizations and Actors in Iraq since 2003, http://www.kas.de/wf/doc/kas_52295-1522-1-30.pdf?180501131459, Zugriff 13.8.2021
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Kurdistan24 (12.11.2020): Iraq’s parliament passes deficit law, despite Kurdish objections,https://www.kurdistan24.net/en/story/23479-Iraq%E2%80%99s-parliament-passes-deficit-law,-despite-Kurdish-objections, Zugriff 13.8.2021
LSE - London School of Economics and Political Science (4.6.2018): Iraq and its regions: The Future of the Kurdistan Region of Iraq after the Referendum, http://eprints.lse.ac.uk/88153/1/Sleiman%20Haidar_Kurdistan_Published_English.pdf, Zugriff 13.8.2021
MEI - Middle East Institute (24.2.2021): Beyond the elite: Taking protest and public opinion seriously in the Kurdistan Region, https://www.mei.edu/publications/beyond-elite-taking-protest-and-public-opinion-seriously-kurdistan-region, Zugriff 12.8.2021
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Rudaw (11.11.2020): Iraqi Shiite MPs call to abolish disputed territories resolution article from constitution: MP, https://www.rudaw.net/english/middleeast/iraq/111120201, Zugriff 13.8.2021
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Rudaw (30.7.2019): Territories remain disputed, Article 140 can be implemented: Iraqi federal court, https://www.rudaw.net/english/kurdistan/300720192, Zugriff 13.8.2021
SDZ - Süddeutsche Zeitung (27.9.2017): 92 Prozent stimmen für Unabhängigkeit Kurdistans, https://www.sueddeutsche.de/politik/amtliches-endergebnis-92-prozent-stimmen-fuer-unabhaengigkeit-kurdistans-1.3683744, Zugriff 13.8.2021
WI - Washington Institute (8.7.2019): Gorran and the End of Populism in the Kurdistan Region of Iraq, https://www.washingtoninstitute.org/fikraforum/view/gorran-and-the-end-of-populism-in-the-kurdistan-region-of-iraq, Zugriff 13.8.2021
Sicherheitslage
Letzte Änderung: 22.08.2022
Die Sicherheitslage im Irak hat sich seit dem Ende der groß angelegten Kämpfe gegen den Islamischen Staat (IS) erheblich verbessert (FH 3.3.2021). Derzeit ist es jedoch staatlichen Stellen nicht möglich, das Gewaltmonopol des Staates sicherzustellen. Dies gilt insbesondere für den Zentralirak außerhalb der Hauptstadt (AA 25.10.2021, S.9). Der IS ist zwar offiziell besiegt, stellt aber weiterhin eine Bedrohung dar, und es besteht die ernsthafte Sorge, dass die Gruppe wieder an Stärke gewinnt (DIIS 23.6.2021). Zusätzlich agieren insbesondere schiitische Milizen (Volksmobilisierungskräfte, PMF), aber auch sunnitische Stammesmilizen eigenmächtig (AA 25.10.2021, S.9). Die ursprünglich für den Kampf gegen den IS mobilisierten, zum Teil vom Iran unterstützten Milizen sind nur eingeschränkt durch die Regierung kontrollierbar und stellen eine potenziell erhebliche Bedrohung für die Bevölkerung dar (AA 25.10.2021, S.15). Die PMF haben erheblichen Einfluss auf die wirtschaftliche, politische und sicherheitspolitische Lage im Irak und nutzen ihre Stellung zum Teil, um unter anderem ungestraft gegen Kritiker vorzugehen. Immer wieder werden Aktivisten ermordet, welche die vom Iran unterstützten PMF öffentlich kritisiert haben (DIIS 23.6.2021). Durch die teilweise Einbindung der Milizen in staatliche Strukturen (zumindest formaler Oberbefehl des Ministerpräsidenten, Besoldung aus dem Staatshaushalt) verschwimmt die Unterscheidung zwischen staatlichen und nicht-staatlichen Akteuren (AA 25.10.2021, S.15). [Siehe hierzu Kapitel: Volksmobilisierungskräfte (PMF) / al-Hashd ash-Sha‘bi]
Die Überreste des IS zählen zu den primären terroristischen Bedrohungen im Irak. Die Arbeiterpartei Kurdistans (PKK), eine Terrorgruppe mit Sitz in den Bergen des Nordiraks, verübte ebenfalls mehrere Anschläge in der Kurdistan Region Irak (KRI), bei denen auch mehrere Angehörige der kurdischen Sicherheitskräfte getötet wurden. Auch gewisse mit dem Iran verbündete Milizen stellen eine terroristische Bedrohung dar (USDOS 16.12.2021).
Im Jahr 2020 blieb die Sicherheitslage in vielen Gebieten des Irak instabil (USDOS 30.3.2021). Die Gründe dafür liegen in sporadischen Angriffen durch den IS (UNSC 30.3.2021; vgl. USDOS 30.3.2021), in Kämpfen zwischen den irakischen Sicherheitskräften (ISF) und dem IS in dessen Hochburgen in abgelegenen Gebieten des Irak, in der Präsenz von Milizen, die nicht vollständig unter der Kontrolle der Regierung stehen, einschließlich bestimmter PMF sowie in ethno-konfessioneller und finanziell motivierter Gewalt (USDOS 30.3.2021).Im Jahr 2020 blieb die Sicherheitslage in vielen Gebieten des Irak instabil (USDOS 30.3.2021). Die Gründe dafür liegen in sporadischen Angriffen durch den IS (UNSC 30.3.2021; vergleiche USDOS 30.3.2021), in Kämpfen zwischen den irakischen Sicherheitskräften (ISF) und dem IS in dessen Hochburgen in abgelegenen Gebieten des Irak, in der Präsenz von Milizen, die nicht vollständig unter der Kontrolle der Regierung stehen, einschließlich bestimmter PMF sowie in ethno-konfessioneller und finanziell motivierter Gewalt (USDOS 30.3.2021).
Die zunehmenden Spannungen zwischen dem Iran und den USA, die am 3.1.2020 in der gezielten Tötung von Qasem Soleimani, Kommandant des Korps der Islamischen Revolutionsgarden und der Quds Force, und Abu Mahdi al-Muhandis, Gründer der Kataib Hisbollah und de facto Anführer der Volksmobilisierungskräfte, bei einem Militärschlag am Internationalen Flughafen von Bagdad gipfelten, haben einen destabilisierenden Einfluss auf den Irak (DIIS 23.6.2021). Schiitische Milizenführer drohen regelmäßig damit, die von den USA unterstützten Streitkräfte im Irak anzugreifen. Anschläge mit Sprengfallen (IEDs) gegen militärische Versorgungskonvois der USA sind im Irak an der Tagesordnung. Es wird häufig über Anschläge in der südlichen Region des Landes berichtet, darunter in den Gouvernements Babil, Basra, Dhi-Qar, Qadisiyyah und Muthanna. Aber auch aus den zentralen Gouvernements Bagdad, Anbar und Salah ad-Din wurden Anschläge gemeldet. Konvois werden oft auf Autobahnen angegriffen, wobei diese Vorfälle selten Opfer oder größere Schäden zur Folge haben (Garda 15.7.2021). Die Zahl der Angriffe pro-iranischer Milizen hat ihren bisherigen monatlichen Höhepunkt mit 26 im April 2021 erreicht und ist seitdem zurückgegangen. Diese Gruppen versuchen, die US-Präsenz im Irak einzuschränken, was ihr auch gelungen ist, da sich die Amerikaner nun auf den Schutz ihrer Truppen konzentrieren, anstatt mit den irakischen Sicherheitskräften zusammenzuarbeiten (Wing 2.8.2021).
In der Wirtschaftsmetropole Basra im Süden des Landes können sich die staatlichen Ordnungskräfte häufig nicht gegen mächtige Stammesmilizen mit Verbindungen zur Organisierten Kriminalität durchsetzen. Auch in anderen Landesteilen ist eine Vielzahl von Gewalttaten mit rein kriminellem Hintergrund zu beobachten (AA 25.10.2021, S.16).
Im Nordirak führt die Türkei zum Teil massive militärische Interventionen durch, die laut Ankara gegen die PKK gerichtet sind. Außerdem unterhält die Türkei dort temporäre Militärstützpunkte (GIZ 1.2021a), über 40 davon in der KRI sowie eine Militärbabsis in Bashiqa bei Mossul (BS 23.2.2022). Die Errichtung weiterer Militärstützpunkte ist geplant (Reuters 18.6.2020). Die Türkei hat im Rahmen ihrer gemeinsamen Operationen Claw-Eagle und Claw-Tiger gegen die PKK im Qandil-Gebirge, in Sinjar und Makhmur (beide in Ninewa) irakischen Boden bombardiert. Auch der Iran hat das Qandil-Gebirge bombardiert, ein Angriff, der vermutlich mit der Türkei koordiniert wurde (BS 23.2.2022).
Die Regierungen in Bagdad und Erbil haben im Mai 2021 eine Vereinbarung über den gemeinsamen Einsatz ihrer Sicherheitskräfte (ISF und der Peshmerga) in den Sicherheitslücken zwischen den von ihnen kontrollierten Gebieten getroffen (Rudaw 14.5.2021; vgl. Rudaw 21.6.2021). Seitdem wurden mehrere "Gemeinsame Koordinationszentren" eingerichtet (Rudaw 21.6.2021). In vier neuen Gemeinsamen Koordinationszentren, in Makhmour, in Diyala, in Kirkuks K1 Militärbasis und in Ninewa, werden kurdische und irakische Kräfte zusammenarbeiten und Informationen austauschen, um den IS in diesen Gebieten zu bekämpfen (Rudaw 25.5.2021). Jene Sicherheitslücken werden vom IS erfolgreich ausgenutzt. In einigen Gebieten ist die Sicherheitslücke bis zu 40 Kilometer breit. Der IS gewinnt dort an Stärke und führt tödliche Angriffe auf kurdische und irakische Kräfte und Zivilisten durch (Rudaw 14.5.2021).Die Regierungen in Bagdad und Erbil haben im Mai 2021 eine Vereinbarung über den gemeinsamen Einsatz ihrer Sicherheitskräfte (ISF und der Peshmerga) in den Sicherheitslücken zwischen den von ihnen kontrollierten Gebieten getroffen (Rudaw 14.5.2021; vergleiche Rudaw 21.6.2021). Seitdem wurden mehrere "Gemeinsame Koordinationszentren" eingerichtet (Rudaw 21.6.2021). In vier neuen Gemeinsamen Koordinationszentren, in Makhmour, in Diyala, in Kirkuks K1 Militärbasis und in Ninewa, werden kurdische und irakische Kräfte zusammenarbeiten und Informationen austauschen, um den IS in diesen Gebieten zu bekämpfen (Rudaw 25.5.2021). Jene Sicherheitslücken werden vom IS erfolgreich ausgenutzt. In einigen Gebieten ist die Sicherheitslücke bis zu 40 Kilometer breit. Der IS gewinnt dort an Stärke und führt tödliche Angriffe auf kurdische und irakische Kräfte und Zivilisten durch (Rudaw 14.5.2021).
Quellen:
AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (25.10.2021): Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak (Stand: Oktober 2021), https://www.ecoi.net/en/file/local/2063378/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Republik_Irak_%28Stand_Oktober_2021%29%2C_25.10.2021.pdf, Zugriff 1.12.2021
BS - Bertelsmann Stiftung (23.2.2022): BTI 2022 Country Report Iraq, https://www.ecoi.net/en/file/local/2069660/country_report_2022_IRQ.pdf, Zugriff 17.6.2022
DIIS - Danish Institute for international Studies (23.6.2021): Security provision and external actors in Iraq, https://www.diis.dk/en/research/security-provision-and-external-actors-in-iraq, Zugriff 25.8.2021
FH - Freedom House (3.3.2021): Freedom in the World 2021 – Iraq, https://www.ecoi.net/en/document/2046520.html, Zugriff 3.3.2021
Garda World (15.7.2021): Iraq: Improvised explosive device targets convoy carrying military supplies in Dhi Qar Governorate July 15, https://www.garda.com/crisis24/news-alerts/502161/iraq-improvised-explosive-device-targets-convoy-carrying-military-supplies-in-dhi-qar-governorate-july-15, Zugriff 25.8.2021
GIZ - Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (1.2021a): Geschichte & Staat, https://www.liportal.de/irak/geschichte-staat/, Zugriff 16.3.2021 [Anm.: Der Link ist nicht mehr abrufbar. Die Daten sind jedoch bei der Staatendokumentation archiviert und einsehbar.]
Reuters (18.6.2020): Turkey plans more military bases in north Iraq after offensive: official, https://www.reuters.com/article/us-turkey-security-iraq/turkey-plans-more-military-bases-in-north-iraq-after-offensive-official-idUSKBN23P12U, Zugriff 16.3.2021
Rudaw (21.6.2021): Coalition ‘very happy’ with Peshmerga reform, Kurdish-Iraqi coordination: colonel, https://www.rudaw.net/english/kurdistan/210620212, Zugriff 21.6.2021
Rudaw (25.5.2021): In Makhmour, Iraqi and Kurdish forces collaborate against common enemy ISIS, https://www.rudaw.net/english/kurdistan/25052021, Zugriff 21.6.2021
Rudaw (14.5.2021): Erbil, Baghdad agree on joint deployment to combat ISIS threat: Peshmerga ministry, https://www.rudaw.net/english/kurdistan/14052021, Zugriff 21.6.2021
UNSC - United Nations Security Council (30.3.2021): Conflict-related sexual violence; Report of the Secretary-General [S/2021/312], https://www.ecoi.net/en/file/local/2049397/S_2021_312_E.pdf, Zugriff 1.4.2021
USDOS - US Department of State [USA] (16.12.2021): Country Report on Terrorism 2020 - Chapter 1 - Iraq, https://www.ecoi.net/en/document/2065356.html, Zugriff 22.2.2022
USDOS - US Department of State [USA] (30.3.2021): 2020 Country Report on Human Rights Practices: Iraq, https://www.ecoi.net/en/document/2048100.html, Zugriff 1.4.2021
Wing, Joel, Musings on Iraq (2.8.2021): Violence Picks Up Again In Iraq In July 2021, http://musingsoniraq.blogspot.com/2021/08/violence-picks-up-again-in-iraq-in-july.html, Zugriff 25.8.2021
Islamischer Staat (IS)
Letzte Änderung: 22.08.2022
Im Dezember 2017 erklärte der Irak offiziell den Sieg über den Islamischen Staat (IS), nachdem im Monat zuvor mit Rawa im westlichen Anbar, das letzte urbane Zentrum des IS im Irak zurückerobert worden war (Al Monitor 11.7.2021). Der IS stellt nach wie vor eine Bedrohung dar (DIIS 23.6.2021; vgl. MEE 4.2.2021, Garda 15.4.2021, USDOS 16.12.2021). Er ist als klandestine Terrorgruppe aktiv, deren Fähigkeit zu operieren dadurch verringert ist, dass er weder Territorium noch Zivilbevölkerung beherrscht (FH 3.3.2021). Der IS versucht jedoch vor allem in jenen Gebieten Fuß zu fassen, deren Kontrolle zwischen der kurdischen Regionalregierung und der föderalen Regierung umstritten ist (USDOS 16.12.2021). Laut irakischen Kommandanten ist der IS nicht mehr in der Lage Territorien zu halten (MEE 4.2.2021).Im Dezember 2017 erklärte der Irak offiziell den Sieg über den Islamischen Staat (IS), nachdem im Monat zuvor mit Rawa im westlichen Anbar, das letzte urbane Zentrum des IS im Irak zurückerobert worden war (Al Monitor 11.7.2021). Der IS stellt nach wie vor eine Bedrohung dar (DIIS 23.6.2021; vergleiche MEE 4.2.2021, Garda 15.4.2021, USDOS 16.12.2021). Er ist als klandestine Terrorgruppe aktiv, deren Fähigkeit zu operieren dadurch verringert ist, dass er weder Territorium noch Zivilbevölkerung beherrscht (FH 3.3.2021). Der IS versucht jedoch vor allem in jenen Gebieten Fuß zu fassen, deren Kontrolle zwischen der kurdischen Regionalregierung und der föderalen Regierung umstritten ist (USDOS 16.12.2021). Laut irakischen Kommandanten ist der IS nicht mehr in der Lage Territorien zu halten (MEE 4.2.2021).
Nur eine Minderheit der IS-Kräfte ist aktiv in Kämpfe verwickelt, besonders in einigen Gebieten im Nord- und Zentralirak. In Gebieten mit sunnitischer Bevölkerungsmehrheit konzentriert sich der IS auf die Doppelstrategie der Einschüchterung und Versöhnung mit den lokalen Gemeinschaften, während er auf ein erneutes Chaos oder den Abzug der internationalen Anti-Terrortruppen wartet (NI 19.5.2020). Der IS unterhält im gesamten West- und Nordirak Zellen, die gut ausgerüstet und äußerst mobil sind. Es wird angenommen, dass sie die Unterstützung aus den marginalisierten sunnitischen Gemeinschaften in der Region erhalten (Garda 15.4.2021). Schätzungen über die Stärke des IS gehen von 2.000 bis zu 10.000 IS-Kämpfer im Irak, dürften aber zu hoch gegriffen sein und sich zur Hälfte aus Unterstützern und Schläfern zusammensetzen (NI 18.5.2021). Auch die Vereinten Nationen schätzen die Stärke des IS im Irak und in Syrien auf etwa 10.000 Kämpfer, wobei es sich dabei um eine Schätzung handelt und die Zahl tatsächlich geringer ausfällt (Wilson Center 10.12.2021).
Eine grundlegende geografische Verteilung der IS-Kämpfer lässt sich aus deren Operationen ableiten, die sie gegen die Sicherheitskräfte und die PMF durchführen. Diese betreffen hauptsächlich Anbar, Bagdad, Babil, Kirkuk, Salah ad-Din, Ninewa und Diyala (NI 18.5.2021). Nach der territorialen Niederlage im Jahr 2017 haben sich Zellen des IS weitgehend im Gebietsdreieck zwischen den Gouvernements Salah ad-Din, Diyala und Kirkuk, einschließlich des Hamrin-Gebirges, im Nordirak neu gruppiert. Das Gebiet liegt zwischen den Zuständigkeiten der irakischen Sicherheitskräfte und denen der Kurdischen Regionalregierung (KRG), den Peshmerga (MEE 4.2.2021). Um die 2.000 der Kämpfer sollen sich in diversen Dreiecksgebieten konzentrieren: Das Gebiet zwischen Nord, West und Süd Bagdad, das Gebiet zwischen den nördlichen Hamreenbergen, Südkirkuk und dem Osten von Salah-ad-Din, das Gebiet zwischen Makhmour, Shirqat und den Khanoukenbergen im nördlichen Salah ad-Din, das Gebiet zwischen Baaj in Ninewa, Rawa im nördlichen Anbar und dem Tharthar See, das Gebiet zwischen Wadi Hauran, Wadi al-Qathf und Wadi al-Abyad in Anbar (NI 19.5.2020). Auch Informationen irakischer Sicherheitsbeamter deuten darauf hin, dass der IS auf abgelegene Stützpunkte tief in der Wüste in Anbar, Ninewa, in Gebirgszügen, Tälern und Obstplantagen in Bagdad, Kirkuk, Salah ad-Din und Diyala zurückgreift, um seine Kämpfer unterzubringen und Überwachungs- und Kontrollpunkte zur Sicherung der Nachschubwege einzurichten. Er nutzt diese Stützpunkte auch, um Kommandozentren und kleine Ausbildungslager einzurichten. In urbanen Gebieten hat der IS seine Kämpfer in kleinen mobilen Untergruppen reorganisiert und seine Aktivitäten in Gebieten in denen er noch Einfluss hat verstärkt, indem er die internen Probleme des Iraks ausnutzt und sich vertrautes geografisches Gebiet zunutze macht (NI 18.5.2021). Im Jänner 2022 erklärte der Leiter der irakischen Sicherheitsmedienzelle, Generalmajor Sa'ad Ma'an, dass der IS weiterhin in den Qarachokh-Bergen, in der Gegend südlich von Makhmur und in Teilen der Gouvernements Kirkuk, Diyala und Salah ad-Din präsent sei (NRT 4.2.2022).
Der verstärkte Einsatz von mobilen IS-Gruppen, die in verschiedenen Gebieten operieren, oft weit entfernt von ihren Stützpunkten oder von Unterkünften wie den Madafat (Anm.: Grundausbildungslager), die sich in unwegsamem Gelände, Felsenhöhlen oder unterirdischen Tunneln befinden, bedeutet, dass die tatsächliche Präsenz der Gruppe nicht anhand ihrer territorialen Ansprüche oder von Ankündigungen irakischer Behörden beurteilt werden kann (NI 18.5.2021). Der IS verlässt sich bei der Planung und Ausführung seiner Aktivitäten auf geografisches Terrain. Obwohl die Gruppe nicht mehr als Staat agiert, wie es in den Jahren des Kalifats von 2014 bis 2018 der Fall war, beziehen sich ihre Kommuniqués, in denen sie sich zu Anschlägen bekennt, immer noch auf das Wilayat als Teil ihrer PR-Strategie (NI 18.5.2021). Der verstärkte Einsatz von mobilen IS-Gruppen, die in verschiedenen Gebieten operieren, oft weit entfernt von ihren Stützpunkten oder von Unterkünften wie den Madafat Anmerkung, Grundausbildungslager), die sich in unwegsamem Gelände, Felsenhöhlen oder unterirdischen Tunneln befinden, bedeutet, dass die tatsächliche Präsenz der Gruppe nicht anhand ihrer territorialen Ansprüche oder von Ankündigungen irakischer Behörden beurteilt werden kann (NI 18.5.2021). Der IS verlässt sich bei der Planung und Ausführung seiner Aktivitäten auf geografisches Terrain. Obwohl die Gruppe nicht mehr als Staat agiert, wie es in den Jahren des Kalifats von 2014 bis 2018 der Fall war, beziehen sich ihre Kommuniqués, in denen sie sich zu Anschlägen bekennt, immer noch auf das Wilayat als Teil ihrer PR-Strategie (NI 18.5.2021).
Der IS wählt seine Einsatzgebiete nach strategischen Faktoren aus: Ein Faktor ist die Generierung von Finanzmitteln, an den Handelsrouten zum Iran, zu Syrien und zwischen den irakischen Gouvernements, durch Steuern bzw. Schutzgelder, die Transportunternehmen auferlegt werden, sowie aus dem Schmuggel von Medikamenten, Waffen, Zigaretten, Öl, illegalen Substanzen und Lebensmitteln. Ein anderer Faktor ist die Schaffung strategischer Tiefe und sicherer Häfen. So konzentriert sich der IS auf die Ansiedlung in verlassenen Dörfern im Nord- und Zentralirak, wo natürliche geographische Barrieren und Gelände, wie Täler, Berge, Wüsten und ländliche Gebiete, konventionelle Militäroperationen zu einer Herausforderung machen. Hier nutzt der IS Höhlen, Tunnel und Lager zu Ausbildungszwecken, auch um sich Überwachung, Spionage und feindlichen Operationen zu entziehen. Ein weiterer Faktor ist die direkte Nähe zum Ziel. Der IS konzentriert sich beispielsweise auf Randgebiete um Städte und große Dörfer, die eine große Präsenz von einerseits Stammesmilizen oder lokalen Streitkräften und andererseits von nicht-lokalen loyalistischen PMF-Milizen aufweisen, sowie auf niederrangige Beamte, die mit der Regierung für die Vertreibung des IS zusammengearbeitet haben. Solche Gebiete sind häufig instabil aufgrund von Friktionen zwischen den verschiedenen Kräften. Einheimische, vor allem solche, die durch die anwesenden Kräfte geschädigt wurden, können dem IS gegenüber aufgeschlossener sein (CPG 5.5.2020).
Der IS hat die jüngsten Entwicklungen im Irak, wie die weitreichenden öffentlichen Proteste, den Rücktritt der Regierung und die daraus resultierende politische Stagnation, die Machtkämpfe um die Ermordung des Führers der PMF, Abu Mahdi al-Muhandis, durch die USA und den Abzug von US-Streitkräften aus dem Irak, operativ genutzt und in eher kleinen Gruppen von neun bis elf Männern Anschläge in Diyala, Salah ad-Din, Ninewa, Kirkuk und im Norden Bagdads verübt (CPG 5.5.2020).
Der IS begeht zumeist Angriffe mit Kleinwaffen, Hinterhalte und Bombenanschläge am Straßenrand (IEDs) (Wilson Center 10.12.2021; vgl. USDOS 16.12.2021). Er greift jedoch auch auf Selbstmordattentate, Attentate, Entführungen und Sabotageakte zurück. Dabei sind Angriffe im kleinen Ausmaß heute am weitesten verbreitet. Die Ziele sind je nach Gebiet unterschiedlich, aber im Allgemeinen handelt es sich um die Sicherheitskräfte der verschiedenen Gebiete, ihre vermeintlichen Unterstützer/Kollaborateure und die breitere Bevölkerung schiitischer und anderer nicht-sunnitischer Muslime, die alle als Ungläubige und Abtrünnige gelten (Wilson Center 10.12.2021).Der IS begeht zumeist Angriffe mit Kleinwaffen, Hinterhalte und Bombenanschläge am Straßenrand (IEDs) (Wilson Center 10.12.2021; vergleiche USDOS 16.12.2021). Er greift jedoch auch auf Selbstmordattentate, Attentate, Entführungen und Sabotageakte zurück. Dabei sind Angriffe im kleinen Ausmaß heute am weitesten verbreitet. Die Ziele sind je nach Gebiet unterschiedlich, aber im Allgemeinen handelt es sich um die Sicherheitskräfte der verschiedenen Gebiete, ihre vermeintlichen Unterstützer/Kollaborateure und die breitere Bevölkerung schiitischer und anderer nicht-sunnitischer Muslime, die alle als Ungläubige und Abtrünnige gelten (Wilson Center 10.12.2021).
Seit Sommer 2021 häufen sich Angriffe auf das irakische Stromnetz. Diese Angriffe werden von den Behörden terroristischen Kräften oder dem IS zugeschrieben (AN 14.8.2021). Der IS hat sich zu Dutzenden solcher Anschläge bekannt und bedroht auch andere lebenswichtige Infrastruktur. Es wird angenommen, dass der IS versucht, Panik zu verbreiten, indem er das Elektrizitätsnetz angreift (Rudaw 8.8.2021).
Nach der Tötung des "Kalifen" Abu Bakr al-Baghdadi wurde Abu Ibrahim al-Hashimi al-Qurashi 2019 der neue Anführer des IS. Dieser wurde als Ameer Muhammed Sa'id al-Salbi al-Mawla identifiziert, ein langjähriger Anführer des IS aus Tal'afar im Nordirak (NI 19.5.2020; vgl. CISAC 2021). Am 4.2.2022 kam al-Qurashi bei einer Militäroperation der USA in Nordsyrien ums Leben (Al Jazeera 4.2.2022; vgl. Reuters 9.2.2022, GS 11.3.2022). Im März 2022 wurde verkündet, dass Abu al-Hassan al-Hashimi al-Qurayshi die Nachfolge angetreten hat. Hinter diesem nom de guerre verbirgt sich laut irakischen und westlichen Geheimdienstquellen Juma Awad al-Badri, ein Bruder des ersten "Kalifen" (GS 11.3.2022).Nach der Tötung des "Kalifen" Abu Bakr al-Baghdadi wurde Abu Ibrahim al-Hashimi al-Qurashi 2019 der neue Anführer des IS. Dieser wurde als Ameer Muhammed Sa'id al-Salbi al-Mawla identifiziert, ein langjähriger Anführer des IS aus Tal'afar im Nordirak (NI 19.5.2020; vergleiche CISAC 2021). Am 4.2.2022 kam al-Qurashi bei einer Militäroperation der USA in Nordsyrien ums Leben (Al Jazeera 4.2.2022; vergleiche Reuters 9.2.2022, GS 11.3.2022). Im März 2022 wurde verkündet, dass Abu al-Hassan al-Hashimi al-Qurayshi die Nachfolge angetreten hat. Hinter diesem nom de guerre verbirgt sich laut irakischen und westlichen Geheimdienstquellen Juma Awad al-Badri, ein Bruder des ersten "Kalifen" (GS 11.3.2022).
Dem "Kalifen" sind zwei fünfköpfige Ausschüsse unterstellt: ein Shura (Beratungs-) Rat und ein Delegiertenausschuss. Jedes Mitglied des Letzteren ist für ein Ressort zuständig (Sicherheit, sichere Unterkünfte, religiöse Angelegenheiten, Medien und Finanzierung). Die verschiedenen Sektoren des IS arbeiten auf lokaler Ebene dezentralisiert, halbautonom und sind finanziell autark (NI 19.5.2020).
Quellen:
Al Jazeera (4.2.2022): Profile: Who was Abu Ibrahim al-Qurayshi?, https://www.aljazeera.com/news/2022/2/4/abu-ibrahim-al-qurayshi-who-was-isil-killed-in-us-raid, Zugriff 18.2.2022
Al Monitor (11.7.2021): Islamic State uses hit-and-run tactics in Iraq, https://www.al-monitor.com/originals/2021/07/islamic-state-uses-hit-and-run-tactics-iraq, Zugriff 25.8.2021
AN - Arab News (14.8.2021): West Baghdad without water after ‘attack’ on power grid, https://www.arabnews.com/node/1911056/middle-east, Zugriff 25.8.2021
CISAC - Center for International Security and Cooperation (2021): The Islamic State, https://cisac.fsi.stanford.edu/mappingmilitants/profiles/islamic-state#highlight_text_12400, Zugriff 25.8.2021
CPG - Center for Global Policy (5.5.2020): ISIS in Iraq: From Abandoned Villages to the Cities, https://cgpolicy.org/articles/isis-in-iraq-from-abandoned-villages-to-the-cities/, Zugriff 4.6.2020
DIIS - Danish Institute for international Studies (23.6.2021): Security provision and external actors in Iraq, https://www.diis.dk/en/research/security-provision-and-external-actors-in-iraq, Zugriff 25.8.2021
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Sicherheitsrelevante Vorfälle, Opferzahlen
Letzte Änderung: 22.08.2022
Vom Irak-Experten Joel Wing wurden für den gesamten Irak im Lauf des Monats Jänner 2021 77 sicherheitsrelevante Vorfälle mit 92 Toten (46 Zivilisten) und 176 Verwundeten (125 Zivilisten) verzeichnet. 64 dieser Vorfälle werden dem Islamischen Staat (IS) zugeschrieben und 13 pro-iranischen Milizen. Die meisten Opfer gab es in Bagdad mit 145, gefolgt von 36 in Diyala, 28 in Ninewa und 26 in Salah ad-Din (Wing 4.2.2021). Im Februar 2021 waren es 63 sicherheitsrelevante Vorfälle mit 39 Toten (elf Zivilisten) und 77 Verwundeten (elf Zivilisten). 47 dieser Vorfälle werden dem IS zugeschrieben, 16 pro-iranischen Milizen. Die meisten Opfer gab es in Diyala mit 38, gefolgt von 26 in Kirkuk und 21 in Anbar (Wing 8.3.2021). Im März 2021 waren es 79 sicherheitsrelevante Vorfälle mit 39 Toten (16 Zivilisten) und 44 Verwundeten (14 Zivilisten). 59 dieser Vorfälle werden dem IS zugeschrieben, 20 pro-iranischen Milizen. Die meisten Opfer gab es in Salah ad-Din mit 22, gefolgt von 19 in Diyala und 18 in Kirkuk (Wing 5.4.2021). Im April 2021 waren es 107 Vorfälle mit 54 Toten (19 Zivilisten) und 132 Verwundeten (52 Zivilisten). 80 dieser Vorfälle werden dem IS zugeschrieben, 27 pro-iranischen Milizen. Diyala hatte mit 62 die meisten Opfer zu beklagen, gefolgt von 39 in Kirkuk, 30 in Bagdad, 24 in Salah ad-Din und 22 in Ninewa (Wing 3.5.2021). Im Mai 2021 waren es 113 Vorfälle mit 59 Toten (elf Zivilisten) und 100 Verwundeten (24 Zivilisten). 89 dieser Vorfälle werden dem IS zugeschrieben, 24 pro-iranischen Milizen. Die meisten Opfer gab es in Kirkuk mit 53, gefolgt von 31 in Salah ad-Din, 26 in Diyala und 19 in Anbar (Wing 7.6.2021). Im Juni 2021 wurden 83 sicherheitsrelevante Vorfälle verzeichnet. Dabei wurden 36 Menschen (16 Zivilisten) getötet und 87 verwundet (50 Zivilisten). 62 dieser Vorfälle werden dem IS zugeschrieben, 17 pro-iranischen Milizen. Vier weitere Vorfälle konnten nicht zugewiesen werden. Die meisten Opfer gab es in Bagdad mit 47, gefolgt von 31 in Diyala und 23 in Kirkuk (Wing 6.7.2021). Im Juli 2021 waren es 107 sicherheitsrelevante Vorfälle mit 106 Toten (76 Zivilisten) und 164 (114 Zivilisten) Verwundeten. 90 dieser Vorfälle werden dem IS zugeschrieben, 17 pro-iranischen Milizen. Die meisten Opfer gab es in Bagdad, wo ein Bombenanschlag 101 Opfer forderte, gefolgt von 65 in Salah ad-Din, 33 in Anbar, 25 in Diyala, 21 in Kirkuk und 20 in Ninewa (Wing 2.8.2021). Im August 2021 wurden schließlich 103 sicherheitsrelevante Vorfälle mit 54 Toten (15 Zivilisten) und 82 Verwundeten (34 Zivilisten) verzeichnet. 73 der Vorfälle werden dem IS zugeschrieben, 30 pro-iranischen Milizen. Die meisten Opfer gab es in Salah ad-Din mit 48, gefolgt von 23 in Kirkuk, 19 in Bagdad und 18 in Diyala (Wing 6.9.2021).
Im Januar 2022 wurden im Irak insgesamt 84 sicherheitsrelevante Vorfälle gemeldet. Dies ist ein Anstieg gegenüber 78 im Dezember 2021 und 67 im November 2021. Dieser Anstieg ist auf Aktivitäten von mit dem Iran verbundenen Volksmobilisierungskräfte (PMF) zurückzuführen. So gab es im Jänner 2022 31 erfolgreiche Angriffe pro-iranischer Gruppen und neun weitere Vorfälle. Dies ist ein Anstieg gegenüber 21 im Dezember 2021 und die höchste PMF zugeschriebene Vorfallszahl seit Beginn ihrer jüngsten Operationen. Wie üblich konzentrieren sie sich auf IED-Angriffe gegen Versorgungskonvois, die für die USA tätig sind (Wing 7.2.2022).
Es kam auch zu politischer Gewalt durch diese Gruppierungen, um Moqtada as-Sadr und dessen Verbündete unter Druck zu setzen, damit diese den sog. "Koordinationsrahmen" - ein Bündnis aller wichtigen pro-iranischen schiitischen Parteien - in die neue Regierung aufnehmen. Es kam z.B. auch zu Bombenanschlägen auf die Büros der Kurdischen Demokratischen Partei (KDP) in Bagdad und auf das Büro des stellvertretenden Sprechers in Kirkuk, zu Raketenangriffen auf das Haus des Sprechers Mohammed al-Halbousi in Anbar, zu einem Anschlag mit einem Molotow-Cocktail, der auf ein Sadr-Gebäude in Bagdad geworfen wurde, zu einem Mordanschlag auf einen KDP-Funktionär in der Hauptstadt sowie zu Granaten-Anschlägen auf Gebäude der sunnitischen Bündnisse Taqadum und Azm in Bagdad. Auch zwei kurdische Banken in Bagdad wurden bombardiert (Wing 7.2.2022).
Die Zahl der vom IS verübten Anschläge ist in den letzten fünf Monaten zurückgegangen. Im Januar 2022 waren es 46 gegenüber je 55 im Dezember und November 2021, 65 im Oktober 2021 und 70 im September 2021. Es war die niedrigste Zahl von Anschlägen im Irak seit 2003 (Wing 7.2.2022).
Die folgenden Grafiken von Iraq Body Count (IBC) stellen die von IBC im Irak dokumentierten zivilen Todesopfer dar. Seit Februar 2017 sind nur vorläufige Zahlen (in grau) verfügbar. Das erste Diagramm stellt die von IBC dokumentierten zivilen Todesopfer im Irak seit 2003 bis Juli 2022 dar (pro Monat jeweils ein Balken) (IBC 8.2022).
IBC 8.2022
Die zweite Tabelle gibt die Zahlen selbst an. Laut Tabelle dokumentierte IBC im Jahr 2021 669 zivile Todesopfer. Im Jahr 2022 wurden bis Juli bisher 371 zivile Todesopfer verzeichnet (IBC 8.2022).
IBC 8.2022
Auch laut den vom IS in seinem wöchentlichen Newsletter al Naba veröffentlichten Zahlen ist die Zahl der Anschläge im Irak gesunken. Im Jahr 2020 beanspruchte der IS im Irak durchschnittlich 110 Anschläge und 207 Tote pro Monat. Im Jahr 2021 waren es (Mit Stand Dezember 2021) durchschnittlich 87 Anschläge und 149 Tote pro Monat (Wilson Center 10.12.2021).
Laut ACLED wurden im Jahr 2021 im gesamten Irak 1.187 Vorfälle mit mindestens einem Opfer (tot oder verletzt) verzeichnet. Im Jahr 2022 waren es bis Juni 712 derartige Vorfälle (es bleibt zu berücksichtigen, dass es je nach Kontrolllage und Informationsbasis zu over- bzw. under-reporting kommen kann; die Zahl der Opfer wird aufgrund der Schwankungsbreite bei ACLED nicht berücksichtigt. Des weiteren weist ACLED auch einige Unschärfen auf, da auch Morde ohne terroristischen Hintergrund inkludiert sind) (ACLED 2022).
Quellen:
ACLED - Armed Conflict Location & Event Data Project (2022): 2021-01-01-2022-06-30-Middle_East-Iraq, Zugriff 6.7.2022
IBC - Iraq Bodycount (8.2022): Monthly civilian deaths from violence, 2003 onwards, https://www.iraqbodycount.org/database/, Zugriff 3.8.2022
Wilson Center (10.12.2021): Explainer: The Islamic State in 2021, https://www.wilsoncenter.org/article/explainer-islamic-state-2021, Zugriff 18.2.2021
Wing, Joel, Musings on Iraq (7.2.2022): IS Attacks On 5 Month Decline In Iraq, http://musingsoniraq.blogspot.com/2022/02/is-attacks-on-5-month-decline-in-iraq.html, Zugriff 9.2.2022
Wing, Joel, Musings on Iraq (6.9.2021): Islamic State’s Summer Offensive In Iraq Ends In August, http://musingsoniraq.blogspot.com/2021/09/islamic-states-summer-offensive-in-iraq.html, Zugriff 7.9.2021
Wing, Joel, Musings on Iraq (2.8.2021): Violence Picks Up Again In Iraq In July 2021, http://musingsoniraq.blogspot.com/2021/08/violence-picks-up-again-in-iraq-in-july.html, Zugriff 25.8.2021
Wing, Joel, Musings on Iraq (6.7.2021): Security In Iraq June 2021, http://musingsoniraq.blogspot.com/2021/07/security-in-iraq-june-2021.html, Zugriff 25.8.2021
Wing, Joel, Musings on Iraq (7.6.2021): Islamic State’s Offensive Appears Over While Pro-Iran Groups Maintain Campaign In May 2021, http://musingsoniraq.blogspot.com/2021/06/islamic-states-offensive-appears-over.html, Zugriff 25.8.2021
Wing, Joel, Musings on Iraq (3.5.2021): Islamic State Ramadan Offensive Begins, Pro-Iran Groups Increase Attacks In April 2021, http://musingsoniraq.blogspot.com/2021/05/islamic-state-ramadan-offensive-begins.html, Zugriff 25.8.2021
Wing, Joel, Musings on Iraq (5.4.2021): Violence In Iraq, March 2021, http://musingsoniraq.blogspot.com/2021/04/violence-in-iraq-march-2021.html,Zugriff 25.8.2021
Wing, Joel, Musings on Iraq (8.3.2021): IS Winter Break Continues In Feb While Pro-Iran Groups Picking Up Attacks, http://musingsoniraq.blogspot.com/2021/03/is-winter-break-continues-in-feb-while.html, Zugriff 25.8.2021
Wing, Joel, Musings on Iraq (4.2.2021): Violence Continues To Decline In Iraq Winter 2020-21, https://musingsoniraq.blogspot.com/2021/02/violence-continues-to-decline-in-iraq.html, Zugriff 25.8.2021
Sicherheitslage Bagdad
Letzte Änderung: 22.08.2022
Das Gouvernement Bagdad ist das kleinste und am dichtesten bevölkerte Gouvernement des Irak mit einer Bevölkerung von mehr als sieben Millionen Menschen. Die Mehrheit der Einwohner Bagdads sind Schiiten. In der Vergangenheit umfasste die Hauptstadt viele gemischte schiitische, sunnitische und christliche Viertel, der Bürgerkrieg von 2006-2007 veränderte jedoch die demografische Verteilung in der Stadt und führte zu einer Verringerung der sozialen Durchmischung sowie zum Entstehen von zunehmend homogenen Vierteln. Viele Sunniten flohen aus der Stadt, um der Bedrohung durch schiitische Milizen zu entkommen. Die Sicherheit des Gouvernements wird sowohl vom "Baghdad Operations Command" kontrolliert, das seine Mitglieder aus der Armee, der Polizei und dem Geheimdienst bezieht, als auch von den schiitischen Milizen, die als stärker werdend beschrieben werden (OFPRA 10.11.2017).
Entscheidend für das Verständnis der Sicherheitslage Bagdads und der umliegenden Gebiete sind sechs mehrheitlich sunnitische Gebiete (Latifiyah, Taji, al-Mushahada, at-Tarmiyah, Arab Jibor und al-Mada'in), die die Hauptstadt von Norden, Westen und Südwesten umgeben und den sogenannten "Bagdader Gürtel" (Baghdad Belts) bilden (Al Monitor 11.3.2016). Der Bagdader Gürtel besteht aus Wohn-, Agrar- und Industriegebieten sowie einem Netz aus Straßen, Wasserwegen und anderen Verbindungslinien, die in einem Umkreis von etwa 30 bis 50 Kilometern um die Stadt Bagdad liegen und die Hauptstadt mit dem Rest des Irak verbinden. Der Bagdader Gürtel umfasst, beginnend im Norden und im Uhrzeigersinn die Städte: Taji, al-Tarmiyah, Ba'qubah, Buhriz, Besmaja und Nahrwan, Salman Pak, Mahmudiyah, Sadr al-Yusufiyah, Fallujah und Karmah und wird in die Quadranten Nordosten, Südosten, Südwesten und Nordwesten unterteilt (ISW 2008).
Im Ort al-Tarmiyah im nördlichen Teil des Gouvernement Bagdad hat der Islamische Staat (IS) eine Zelle reaktiviert (Wing 2.8.2021). Im August 2021 haben Sicherheitskräfte eine Operation gegen diese IS-Zelle gestartet, nachdem der IS seine Angriffe in den vorangegangenen Monaten verstärkt hatte (Anadolu 23.8.2021). Seit Beginn des Sommers 2021 häufen sich Angriffe auf das irakische Stromnetz, das ohnehin bereits mit schweren Stromengpässen zu kämpfen hat. Mitte August 2021 wurde beispielsweise bei al-Tarmiyah ein Strommast gesprengt, der die dortige Pumpstation mit Strom versorgt. Deren Stillstand hatte den Ausfall der Wasserversorgung für mehrere Millionen Menschen im Westen Bagdads zur Folge. Diese Angriffe werden von den Behörden terroristischen Kräften oder dem IS zugeschrieben (AN 14.8.2021).
Die zunehmenden Spannungen zwischen dem Iran und den USA, die am 3.1.2020 in der gezielten Tötung von Qasem Soleimani, Kommandant des Korps der Islamischen Revolutionsgarden und der Quds Force und Abu Mahdi al-Muhandis, Gründer der Kata'ib Hisbollah und de facto Anführer der Volksmobilisierungskräfte bei einem Militärschlag am Internationalen Flughafen von Bagdad gipfelten, haben einen destabilisierenden Einfluss auf den Irak (DIIS 23.6.2021).
Pro-iranische schiitische Milizenführer drohen regelmäßig damit, die von den USA unterstützten Streitkräfte im Irak anzugreifen. Unter anderem werden auch aus dem Gouvernement Bagdad Anschläge mit Sprengfallen (IEDs) gegen militärische Versorgungskonvois der USA gemeldet. Konvois werden oft auf Autobahnen angegriffen, wobei diese Vorfälle selten Opfer oder größere Schäden zur Folge haben (Garda 15.7.2021). Pro-iranische Milizen werden auch für Raketen- und Drohnenangriffe auf den Internationalen Flughafen Bagdad und auf die sogenannte Grüne Zone (Anm.: ein geschütztes Areal im Zentrum Bagdads, das irakische Regierungsgebäude und internationale Auslandsvertretungen beherbergt) verantwortlich gemacht. Siehe dazu die folgende Auflistungen der monatlichen sicherheitsrelevanten Vorfälle:Pro-iranische schiitische Milizenführer drohen regelmäßig damit, die von den USA unterstützten Streitkräfte im Irak anzugreifen. Unter anderem werden auch aus dem Gouvernement Bagdad Anschläge mit Sprengfallen (IEDs) gegen militärische Versorgungskonvois der USA gemeldet. Konvois werden oft auf Autobahnen angegriffen, wobei diese Vorfälle selten Opfer oder größere Schäden zur Folge haben (Garda 15.7.2021). Pro-iranische Milizen werden auch für Raketen- und Drohnenangriffe auf den Internationalen Flughafen Bagdad und auf die sogenannte Grüne Zone Anmerkung, ein geschütztes Areal im Zentrum Bagdads, das irakische Regierungsgebäude und internationale Auslandsvertretungen beherbergt) verantwortlich gemacht. Siehe dazu die folgende Auflistungen der monatlichen sicherheitsrelevanten Vorfälle:
Im Jänner 2021 wurden im Gouvernement Bagdad zehn sicherheitsrelevante Vorfälle mit 34 Toten und 111 Verletzten verzeichnet. 32 der Toten und 110 der Verletzten waren Zivilisten. Sechs dieser Vorfälle werden dem IS zugeschrieben, vier pro-iranischen Milizen (Wing 4.2.2021). Der IS hat im Jänner 2021 einen doppelten Selbstmordanschlag auf einem Markt am Tayaran-Platz im Zentrum Bagdads ausgeführt, bei dem 32 Menschen getötet und 110 verletzt wurden (Al Arabiya 19.7.2021; vgl. BBC 21.1.2021, Wing 4.2.2021). Pro-iranische Milizen zeichneten sich verantwortlich für drei IED-Angriffe auf Versorgungskonvois der USA und für den Raketenbeschuss des Internationalen Flughafens Bagdad (Wing 4.2.2021). Im Februar 2021 wurden zehn Vorfälle mit vier Toten und drei Verletzten verzeichnet. Je fünf Vorfälle werden dem IS und pro-iranischen Milizen zugeschrieben. Bei den IS-Vorfällen handelte es sich, bis auf ein Feuergefecht in al-Tarmiyah im Norden Bagdads, um Angriffe von geringem Ausmaß. Bei vier der pro-iranischen Vorfälle handelte es sich um IED-Angriffe auf Versorgungskonvois der USA, beim fünften um einen Raketenbeschuss der Grünen Zone in Bagdad (Wing 8.3.2021). Im März 2021 gab es zehn sicherheitsrelevante Vorfälle mit drei Toten und sieben Verletzten, davon waren zwei der getöteten und sechs der verwundeten Personen Zivilisten. Acht dieser Vorfälle werden dem IS, zwei weitere pro-iranischen Milizen zugeschrieben. Die IS-Angriffe umfassten unter anderem ein Feuergefecht, den Einsatz einer Motorradbombe und den Angriff auf das Haus eines Sheikhs mit einem Sprengsatz. Al-Tarmiyah, von dem aus eine IS-Zelle operiert, war hauptsächlich von den IS-Übergriffen betroffen. Bei den pro-iranischen Vorfällen handelte es sich um zwei IED-Angriffe auf Versorgungskonvois der USA (Wing 5.4.2021). Im April 2021 wurden sieben sicherheitsrelevante Vorfälle mit sieben Toten und 23 Verletzten verzeichnet. Vier dieser Vorfälle werden dem IS, drei pro-iranischen Milizen zugeschrieben (Wing 3.5.2021). Bei einem der IS-Angriffe handelte es sich um einen Anschlag unter Verwendung einer Autobombe auf einem Markt in Sadr City, bei dem vier Menschen getötet und 20 verwundet wurden (Al Arabiya 19.7.2021; vgl. Garda 15.4.2021, Wing 3.5.2021). Bei den pro-iranischen Vorfällen handelte es sich wiederum um zwei IED-Angriffe auf Versorgungskonvois der USA sowie um Raketenbeschuss einer Militärbasis (Wing 3.5.2021). Im Mai 2021 wurden neun sicherheitsrelevante Vorfälle mit 16 Toten verzeichnet, von denen zwei Zivilisten waren. Sieben Vorfälle werden dem IS zugeschrieben, wobei sich sechs im nördlichen al-Tarmiyah Distrikt ereigneten. Zwei Vorfälle, ein Raketenbeschuss des Internationalen Flughafens Bagdad und ein vereitelter Angriff, werden pro-iranischen Milizen zugeschrieben (Wing 7.6.2021). Im Mai wurde bei vier Protesten scharfe Munition verwendet, um die Demonstrationen aufzulösen. Bei zwei dieser Vorfälle starben ein, bzw. zwei Demonstranten. Dutzende weitere wurden verletzt. Neun Demonstrationen in dem Monat verliefen friedlich (ACLED 2022). Im Juni 2021 wurden 16 sicherheitsrelevante Vorfälle mit acht Toten und 39 Verletzten verzeichnet. Sieben der Toten und 36 der Verletzten waren zivile Opfer. Zehn der Vorfälle werden dem IS zugeschrieben. Sechs der sicherheitsrelevanten Vorfälle, unter anderem ein IED-Angriff auf einen Versorgungskonvoi der USA sowie zwei Drohnenangriffe auf den Internationalen Flughafen Bagdad, werden pro-iranischen Milizen zugeschrieben. Weitere Angriffe konnten verhindert werden (Wing 6.7.2021). Im Juli 2021 wurden 18 sicherheitsrelevante Vorfälle mit 42 Toten, davon 38 Zivilisten, und 59 zivile Verletzte verzeichnet. 14 dieser Vorfälle werden dem IS zugeschrieben (Wing 2.8.2021). Am 19.7.2021 führte der IS ein Selbstmordattentat in einem Markt in Sadr City aus, bei dem 35 Menschen getötet und 59 verletzt wurden (Al Arabiya 19.7.2021; vgl. Wing 2.8.2021). Vier Vorfälle, ein IED-Angriff gegen einen Versorgungskonvoi der USA, zwei Raketenbeschüsse der Grünen Zone sowie die Entschärfung einer Rakete, werden pro-iranischen Milizen zugeschrieben (WIng 2.8.2021). Im August 2021 wurden zehn Vorfälle, mit acht Toten und elf Verwundeten verzeichnet, wobei zwei der Verwundeten Zivilisten waren. Sechs Angriffe werden dem IS zugeordnet, vier pro-iranischen Milizen. Der IS war im Gouvernement Bagdad neuerlich in al-Tarmiyah am aktivsten, wo unter anderem ein Brigade-Hauptquartier der Volksmobilisierungskräfte (PMF) angegriffen wurde. Bei den vier Vorfällen unter Beteiligung pro-iranischen Milizen handelt es sich um IED-Angriffe auf Versorgungskonvois der US-Streitkräfte (Wing 6.9.2021). Im September 2021 wurde lediglich ein IED-Angriff von PMF auf einen Versorgungskonvoi der US-Streitkräfte verzeichnet (Wing 4.10.2021). Im Oktober 2021 wurden neun Vorfälle mit zwei Toten und vier Verletzten verzeichnet, wobei alle Opfer Zivilisten waren. Sieben Angriffe werden dem IS zugeschrieben, zwei pro-iranischen Milizen. Bei einem dieser Angriffe handelte es sich wiederum um einen IED-Angriff auf einen Versorgungskonvoi der USA (Wing 4.11.2021). Am 31.10.2021 schlugen drei Raketen in der Nähe des Hauptquartiers des Geheimdienstes im Distrikt Mansour ein (ICG 16.11.2021; vgl. Wing 4.11.2021). Des weiteren wurden im Oktober 2021 15 Proteste verzeichnet, von denen zwölf friedlich verliefen und drei als gewalttätige Demonstrationen deklariert wurden, ohne jedoch Opfer zu fordern (ACLED 2022). Im November 2021 wurden zwei sicherheitsrelevante Vorfälle mit sechs Verletzten verzeichnet. Ein Vorfall wird mit dem IS in Verbindung gebracht, während der zweite pro-iranischen Milizen zugeschrieben wird (Wing 6.12.2021). Am 7.11.2021 wurde die Residenz von Premierminister al-Kadhimi in Bagdad mit drei bewaffneten Drohnen angriffen, wobei der Premierminister und fünf seiner Leibwachen verletzt wurden (ICG 16.11.2021; vgl. HRW 13.1.2022, Wing 6.12.2021). Dies geschah, nachdem unter anderem ein Kommandeur der Asa'ib Ahl Al-Haqq-Brigade am 5.11.2021 als Teil eines Mobs getötet wurde, der versuchte, die Grüne Zone zu stürmen (Wing 6.12.2021; vgl. Garda World 5.11.2021). Mindestens drei Demonstranten wurden getötet und Dutzende weitere verletzt (Garda World 5.11.2021; vgl. ACLED 2022). Weitere zehn Proteste, die im November in Bagdad stattfanden, verliefen friedlich (ACLED 2022). Im Dezember 2021 wurden drei Vorfälle ohne Opfer verzeichnet, die pro-iranischen Milizen zugeschrieben werden. Bei zweien handelte es sich um IED-Angriffe auf US-Versorgungskonvois, bei einem um Raketenbeschuss auf die Grüne Zone (Wing 4.1.2022). Im Dezember wurden acht Proteste verzeichnet, von denen sechs friedlich blieben, während zwei gewalttätig verliefen, ohne jedoch Opfer zu fordern (ACLED 2022).Im Jänner 2021 wurden im Gouvernement Bagdad zehn sicherheitsrelevante Vorfälle mit 34 Toten und 111 Verletzten verzeichnet. 32 der Toten und 110 der Verletzten waren Zivilisten. Sechs dieser Vorfälle werden dem IS zugeschrieben, vier pro-iranischen Milizen (Wing 4.2.2021). Der IS hat im Jänner 2021 einen doppelten Selbstmordanschlag auf einem Markt am Tayaran-Platz im Zentrum Bagdads ausgeführt, bei dem 32 Menschen getötet und 110 verletzt wurden (Al Arabiya 19.7.2021; vergleiche BBC 21.1.2021, Wing 4.2.2021). Pro-iranische Milizen zeichneten sich verantwortlich für drei IED-Angriffe auf Versorgungskonvois der USA und für den Raketenbeschuss des Internationalen Flughafens Bagdad (Wing 4.2.2021). Im Februar 2021 wurden zehn Vorfälle mit vier Toten und drei Verletzten verzeichnet. Je fünf Vorfälle werden dem IS und pro-iranischen Milizen zugeschrieben. Bei den IS-Vorfällen handelte es sich, bis auf ein Feuergefecht in al-Tarmiyah im Norden Bagdads, um Angriffe von geringem Ausmaß. Bei vier der pro-iranischen Vorfälle handelte es sich um IED-Angriffe auf Versorgungskonvois der USA, beim fünften um einen Raketenbeschuss der Grünen Zone in Bagdad (Wing 8.3.2021). Im März 2021 gab es zehn sicherheitsrelevante Vorfälle mit drei Toten und sieben Verletzten, davon waren zwei der getöteten und sechs der verwundeten Personen Zivilisten. Acht dieser Vorfälle werden dem IS, zwei weitere pro-iranischen Milizen zugeschrieben. Die IS-Angriffe umfassten unter anderem ein Feuergefecht, den Einsatz einer Motorradbombe und den Angriff auf das Haus eines Sheikhs mit einem Sprengsatz. Al-Tarmiyah, von dem aus eine IS-Zelle operiert, war hauptsächlich von den IS-Übergriffen betroffen. Bei den pro-iranischen Vorfällen handelte es sich um zwei IED-Angriffe auf Versorgungskonvois der USA (Wing 5.4.2021). Im April 2021 wurden sieben sicherheitsrelevante Vorfälle mit sieben Toten und 23 Verletzten verzeichnet. Vier dieser Vorfälle werden dem IS, drei pro-iranischen Milizen zugeschrieben (Wing 3.5.2021). Bei einem der IS-Angriffe handelte es sich um einen Anschlag unter Verwendung einer Autobombe auf einem Markt in Sadr City, bei dem vier Menschen getötet und 20 verwundet wurden (Al Arabiya 19.7.2021; vergleiche Garda 15.4.2021, Wing 3.5.2021). Bei den pro-iranischen Vorfällen handelte es sich wiederum um zwei IED-Angriffe auf Versorgungskonvois der USA sowie um Raketenbeschuss einer Militärbasis (Wing 3.5.2021). Im Mai 2021 wurden neun sicherheitsrelevante Vorfälle mit 16 Toten verzeichnet, von denen zwei Zivilisten waren. Sieben Vorfälle werden dem IS zugeschrieben, wobei sich sechs im nördlichen al-Tarmiyah Distrikt ereigneten. Zwei Vorfälle, ein Raketenbeschuss des Internationalen Flughafens Bagdad und ein vereitelter Angriff, werden pro-iranischen Milizen zugeschrieben (Wing 7.6.2021). Im Mai wurde bei vier Protesten scharfe Munition verwendet, um die Demonstrationen aufzulösen. Bei zwei dieser Vorfälle starben ein, bzw. zwei Demonstranten. Dutzende weitere wurden verletzt. Neun Demonstrationen in dem Monat verliefen friedlich (ACLED 2022). Im Juni 2021 wurden 16 sicherheitsrelevante Vorfälle mit acht Toten und 39 Verletzten verzeichnet. Sieben der Toten und 36 der Verletzten waren zivile Opfer. Zehn der Vorfälle werden dem IS zugeschrieben. Sechs der sicherheitsrelevanten Vorfälle, unter anderem ein IED-Angriff auf einen Versorgungskonvoi der USA sowie zwei Drohnenangriffe auf den Internationalen Flughafen Bagdad, werden pro-iranischen Milizen zugeschrieben. Weitere Angriffe konnten verhindert werden (Wing 6.7.2021). Im Juli 2021 wurden 18 sicherheitsrelevante Vorfälle mit 42 Toten, davon 38 Zivilisten, und 59 zivile Verletzte verzeichnet. 14 dieser Vorfälle werden dem IS zugeschrieben (Wing 2.8.2021). Am 19.7.2021 führte der IS ein Selbstmordattentat in einem Markt in Sadr City aus, bei dem 35 Menschen getötet und 59 verletzt wurden (Al Arabiya 19.7.2021; vergleiche Wing 2.8.2021). Vier Vorfälle, ein IED-Angriff gegen einen Versorgungskonvoi der USA, zwei Raketenbeschüsse der Grünen Zone sowie die Entschärfung einer Rakete, werden pro-iranischen Milizen zugeschrieben (WIng 2.8.2021). Im August 2021 wurden zehn Vorfälle, mit acht Toten und elf Verwundeten verzeichnet, wobei zwei der Verwundeten Zivilisten waren. Sechs Angriffe werden dem IS zugeordnet, vier pro-iranischen Milizen. Der IS war im Gouvernement Bagdad neuerlich in al-Tarmiyah am aktivsten, wo unter anderem ein Brigade-Hauptquartier der Volksmobilisierungskräfte (PMF) angegriffen wurde. Bei den vier Vorfällen unter Beteiligung pro-iranischen Milizen handelt es sich um IED-Angriffe auf Versorgungskonvois der US-Streitkräfte (Wing 6.9.2021). Im September 2021 wurde lediglich ein IED-Angriff von PMF auf einen Versorgungskonvoi der US-Streitkräfte verzeichnet (Wing 4.10.2021). Im Oktober 2021 wurden neun Vorfälle mit zwei Toten und vier Verletzten verzeichnet, wobei alle Opfer Zivilisten waren. Sieben Angriffe werden dem IS zugeschrieben, zwei pro-iranischen Milizen. Bei einem dieser Angriffe handelte es sich wiederum um einen IED-Angriff auf einen Versorgungskonvoi der USA (Wing 4.11.2021). Am 31.10.2021 schlugen drei Raketen in der Nähe des Hauptquartiers des Geheimdienstes im Distrikt Mansour ein (ICG 16.11.2021; vergleiche Wing 4.11.2021). Des weiteren wurden im Oktober 2021 15 Proteste verzeichnet, von denen zwölf friedlich verliefen und drei als gewalttätige Demonstrationen deklariert wurden, ohne jedoch Opfer zu fordern (ACLED 2022). Im November 2021 wurden zwei sicherheitsrelevante Vorfälle mit sechs Verletzten verzeichnet. Ein Vorfall wird mit dem IS in Verbindung gebracht, während der zweite pro-iranischen Milizen zugeschrieben wird (Wing 6.12.2021). Am 7.11.2021 wurde die Residenz von Premierminister al-Kadhimi in Bagdad mit drei bewaffneten Drohnen angriffen, wobei der Premierminister und fünf seiner Leibwachen verletzt wurden (ICG 16.11.2021; vergleiche HRW 13.1.2022, Wing 6.12.2021). Dies geschah, nachdem unter anderem ein Kommandeur der Asa'ib Ahl Al-Haqq-Brigade am 5.11.2021 als Teil eines Mobs getötet wurde, der versuchte, die Grüne Zone zu stürmen (Wing 6.12.2021; vergleiche Garda World 5.11.2021). Mindestens drei Demonstranten wurden getötet und Dutzende weitere verletzt (Garda World 5.11.2021; vergleiche ACLED 2022). Weitere zehn Proteste, die im November in Bagdad stattfanden, verliefen friedlich (ACLED 2022). Im Dezember 2021 wurden drei Vorfälle ohne Opfer verzeichnet, die pro-iranischen Milizen zugeschrieben werden. Bei zweien handelte es sich um IED-Angriffe auf US-Versorgungskonvois, bei einem um Raketenbeschuss auf die Grüne Zone (Wing 4.1.2022). Im Dezember wurden acht Proteste verzeichnet, von denen sechs friedlich blieben, während zwei gewalttätig verliefen, ohne jedoch Opfer zu fordern (ACLED 2022).
Im Jänner 2022 wurden 22 sicherheitsrelevante Vorfälle mit drei Toten und 13 Verletzten verzeichnet. Sechs dieser Vorfälle werden dem IS zugeschrieben. Es kam zu Zwischenfällen in al-Tarmiyah und Taji, sowie zu einem Bombenanschlag im südlichen Madain. Für 16 Vorfälle werden pro-iranische Milizen verantwortlich gemacht. Dazu zählten sechs IED-Angriffe auf Versorgungskonvois der USA, eine weitere IED konnte entschärft werden (Wing 7.2.2022). Mehrere Raketen und Drohnenangriffe im Lauf des Monats werden pro-iranischen Milizen zugeschrieben: Am 3.1.2022 wurden bewaffnete Drohnen nahe dem Internationalen Flughafen Bagdad abgeschossen (AAA 3.1.2022; vgl. Wing 7.2.2022). Am 5.1.2022 wurde die US-Basis Camp Victory nahe dem Internationalen Flughafen Bagdad von Raketen getroffen (AAA 5.1.2022; vgl. Wing 7.2.2022). Am 28.1.2022 schlugen Raketen am Internationalen Flughafen Bagdad ein (Al Monitor 28.1.2022; vgl. Wing 7.2.2022). Des Weiteren wurden bei Raketenbeschuss der Green Zone, neben dem Gelände der US-Botschaft auch eine Schule getroffen, wobei eine Frau und zwei Kinder verletzt wurden (AN 15.1.2022; vgl. Wing 7.2.2022). Es kam auch zu mehreren Vorfällen politischer Gewalt durch pro-iranische Gruppen. Es wird angenommen, dass diese Druck auf Muqtada as-Sadr und seine Verbündeten ausüben, damit der sogenannte Koordinationsrahmen (CF), dem alle wichtigen [pro-iranischen] schiitischen Parteien außer der as-Sadrs angehören, in die neue Regierung aufgenommen werden (Wing 7.2.2022). Es kam zu einem Bombenanschlag auf das Büro der Kurdischen Demokratischen Partei (KDP) in Bagdad (Bas News 13.1.2022; vgl. Wing 7.2.2022), zu einem Angriff mit einem Molotow-Cocktail auf ein Gebäude von as-Sadrs Partei (Wing 7.2.2022), zu einem Mordanschlag auf einen KDP-Funktionär (Bas News 14.1.2022; vgl. Wing 7.2.2022), sowie zu Granatenangriffen auf Gebäude der sunnitischen Parteien Taqqadum und Azm in Bagdad (AN 15.1.2022; vgl. Wing 7.2.2022). Schließlich wurden auch zwei kurdische Banken in der Hauptstadt bombardiert (Wing 7.2.2022). Proteste, von denen im Jänner 2021 in Bagdad sieben verzeichnet wurden, blieben friedlich (ACLED 2022). Im April 2022 wurden sieben sicherheitsrelevante Vorfälle mit zwei Toten und vier Verletzten registriert. Vier werden dem IS zugeschrieben, drei pro-iranischen Milizen, darunter ein IED Angriff auf einen Versorgungskonvoi der USA (Wing 11.5.2022). Im Mai 2022 wurden fünf sicherheitsrelevante Vorfälle mit einem Verletzten verzeichnet, von denen vier dem IS und einer pro-iranischen Milizen zugeschrieben werden (Wing 6.6.2022). Im Juni 2022 wurden zwei sicherheitsrelevante Vorfälle ohne Opfer verzeichnet, wobei je einer dem IS und pro-iranischen Milizen zugeschrieben wird (Wing 6.7.2022).Im Jänner 2022 wurden 22 sicherheitsrelevante Vorfälle mit drei Toten und 13 Verletzten verzeichnet. Sechs dieser Vorfälle werden dem IS zugeschrieben. Es kam zu Zwischenfällen in al-Tarmiyah und Taji, sowie zu einem Bombenanschlag im südlichen Madain. Für 16 Vorfälle werden pro-iranische Milizen verantwortlich gemacht. Dazu zählten sechs IED-Angriffe auf Versorgungskonvois der USA, eine weitere IED konnte entschärft werden (Wing 7.2.2022). Mehrere Raketen und Drohnenangriffe im Lauf des Monats werden pro-iranischen Milizen zugeschrieben: Am 3.1.2022 wurden bewaffnete Drohnen nahe dem Internationalen Flughafen Bagdad abgeschossen (AAA 3.1.2022; vergleiche Wing 7.2.2022). Am 5.1.2022 wurde die US-Basis Camp Victory nahe dem Internationalen Flughafen Bagdad von Raketen getroffen (AAA 5.1.2022; vergleiche Wing 7.2.2022). Am 28.1.2022 schlugen Raketen am Internationalen Flughafen Bagdad ein (Al Monitor 28.1.2022; vergleiche Wing 7.2.2022). Des Weiteren wurden bei Raketenbeschuss der Green Zone, neben dem Gelände der US-Botschaft auch eine Schule getroffen, wobei eine Frau und zwei Kinder verletzt wurden (AN 15.1.2022; vergleiche Wing 7.2.2022). Es kam auch zu mehreren Vorfällen politischer Gewalt durch pro-iranische Gruppen. Es wird angenommen, dass diese Druck auf Muqtada as-Sadr und seine Verbündeten ausüben, damit der sogenannte Koordinationsrahmen (CF), dem alle wichtigen [pro-iranischen] schiitischen Parteien außer der as-Sadrs angehören, in die neue Regierung aufgenommen werden (Wing 7.2.2022). Es kam zu einem Bombenanschlag auf das Büro der Kurdischen Demokratischen Partei (KDP) in Bagdad (Bas News 13.1.2022; vergleiche Wing 7.2.2022), zu einem Angriff mit einem Molotow-Cocktail auf ein Gebäude von as-Sadrs Partei (Wing 7.2.2022), zu einem Mordanschlag auf einen KDP-Funktionär (Bas News 14.1.2022; vergleiche Wing 7.2.2022), sowie zu Granatenangriffen auf Gebäude der sunnitischen Parteien Taqqadum und Azm in Bagdad (AN 15.1.2022; vergleiche Wing 7.2.2022). Schließlich wurden auch zwei kurdische Banken in der Hauptstadt bombardiert (Wing 7.2.2022). Proteste, von denen im Jänner 2021 in Bagdad sieben verzeichnet wurden, blieben friedlich (ACLED 2022). Im April 2022 wurden sieben sicherheitsrelevante Vorfälle mit zwei Toten und vier Verletzten registriert. Vier werden dem IS zugeschrieben, drei pro-iranischen Milizen, darunter ein IED Angriff auf einen Versorgungskonvoi der USA (Wing 11.5.2022). Im Mai 2022 wurden fünf sicherheitsrelevante Vorfälle mit einem Verletzten verzeichnet, von denen vier dem IS und einer pro-iranischen Milizen zugeschrieben werden (Wing 6.6.2022). Im Juni 2022 wurden zwei sicherheitsrelevante Vorfälle ohne Opfer verzeichnet, wobei je einer dem IS und pro-iranischen Milizen zugeschrieben wird (Wing 6.7.2022).
Der Datenbank von ACLED zufolge gab es im Gouvernement Bagdad im Jahr 2021 596 Vorfälle, in der ersten Hälfte des Jahres 2022 waren es 227.
Im Distrikt Rusafah wurden im Jahr 2021 52 Vorfälle verzeichnet, 22 davon waren Demonstrationen, von denen 18 friedlich verliefen und vier durch Interventionen verhindert oder beendet wurden. Hervorzuheben ist der Selbmordanschlag vom 21.1.2021 mit Dutzenden Toten und ca. hundert Verletzten. Zivilisten wurden darüber hinaus bei 15 weiteren Vorfällen zu Opfern von Gewalt durch Angriffe, IEDs und Anschläge mit Handgranaten. Im Jahr 2022 wurden bis Juni 15 Vorfälle verzeichnet, darunter ein Angriff gegen Zivilisten (ACLED 2022).
Im Distrikt Adhamiyah wurden im Jahr 2021 39 Vorfälle verzeichnet, darunter acht Fälle von Gewalt gegen Zivilisten. In sieben weiteren Fällen waren Zivilisten von Gewalt betroffen, insbesondere durch IED-Angriffe. Im Jahr 2022 wurden bis Juni 18 Vorfälle verzeichnet. Darunter sechs Fälle von gezielter Gewalt gegen Zivilisten sowie zwei Fälle bei denen Zivilpersonen ebenfalls von Gewalt betroffen waren (ACLED 2022).
Im Distrikt Sadr City (früher Thawra) wurden im Jahr 2021 35 Vorfälle verzeichnet. Den größten Anteil hatten bewaffnete Auseinandersetzungen, von denen 15 verzeichnet wurden, gefolgt von gezielter Gewalt gegen Zivilisten mit acht, sowie weiteren sechs bei denen Zivilisten ebenfalls betroffen waren, z.B. durch IEDs oder Angriffen mit Handgranaten. Im Jahr 2022 wurden bis Juni 29 Vorfälle verzeichnet. Bei zehn handelte es sich um Fälle von gezielter Gewalt gegen Zivilisten, darunter eine Entführung. Bei zwei weiteren waren Zivilisten ebenfalls betroffen. Es wurde wiederum eine größere Anzahl von bewaffnete Auseinandersetzungen (11) registriert (ACLED 2022).
Im Distrikt 9 Nissan (Neu Bagdad) wurden im Jahr 2021 2021 43 Vorfälle verzeichnet. Hervorzuheben sind hierbei 14 Fälle von gezielter Gewalt gegen Zivilisten, sowie neun weitere Vorfälle, bei denen Zivilisten ebenfalls betroffen waren. Des weiteren wurden neun friedliche Demonstrationen verzeichnet, ein Protest mit Intervention, sowie jeweils eine gewalttätige Demonstration und eine mit exzessiver Gewaltanwendung durch Sicherheitskräfte gegen Demonstranten. Darüber hinaus sind vier bewaffnete Auseinandersetzungen zwischen Stammesmilizen zu erwähnen. Im Jahr 2022 wurden bis Juni elf Vorfälle verzeichnet, vier davon Fälle von Gewalt gegen Zivilisten (ACLED 2022).
Im Distrikt Karadah wurden im Jahr 2021 33 Vorfälle verzeichnet, darunter sieben Fälle von gezielter Gewalt gegen Zivilisten und neun weitere Vorkommnisse, bei denen Zivilisten ebenfalls betroffen waren. Darunter mehrere IED-Angriffe auf Geschäfte, die Alkohol verkaufen. Im Jahr 2022 wurden bis Juni 21 Vorfälle verzeichnet. Zivilisten waren bei vier dieser Fälle betroffen, darunter ein Mord und drei Angriffe mit Granaten, bzw. IEDs (ACLED 2022).
Im Distrikt Karkh wurden im Jahr 2021 61 Vorfälle verzeichnet. Beim überwiegenden Teil der Vorfälle handelte es sich um friedliche Demonstrationen. Fünf Demonstrationen wurden jedoch als gewalttätig kategorisiert. Es handelte sich dabei um Proteste gegen das Wahlergebnis von Oktober 2021 von PMF-Anhängern vor der Green Zone. Darüber hinaus wurde die Green Zone auch mehrfach mit Raketen beschossen. Zivilisten waren nur bei vier Vorfällen gezielt oder indirekt von Gewalt betroffen. Im Jahr 2022 waren es bis Juni 21 Vorfälle, darunter je vier friedliche und gewalttätige Demonstrationen. Bei drei Vorfällen waren Zivilisten ebenfalls von Gewalt betroffen (ACLED 2022).
Im Distrikt Kadhimiya wurden im Jahr 2021 19 Vorfälle verzeichnet. Vier davon waren Angriffe auf Zivilisten, bei vier weiteren waren Zivilisten von Sprengsätzen betroffen. Im Jahr 2022 waren es bisher neun Vorfälle, darunter ein Fall von gezielter Gewalt gegen Zivilisten und zwei weitere Vorfälle, bei denen Zivilpersonen ebenfalls betroffen waren (ACLED 2022).
Im Distrikt Mansour wurden im Jahr 2021 21 Vorfälle verzeichnet. Bei zwei dieser Vorfälle handelte es sich um gezielte Gewalt gegen Zivilisten, bei drei weiteren waren Zivilisten ebenfalls betroffen. Des weiteren wurden sechs friedliche Demonstrationen verzeichnet und sechs Vorfälle von bewaffneten Auseinandersetzungen und IED- und Raketenangriffen. Im Jahr 2022 wurden bis Juni sechs Vorfälle verzeichnet, wovon bei zwei Zivilisten angegriffen wurden (ACLED 2022).
Im Distrikt ar-Rashid wurden im Jahr 2021 29 Vorfälle verzeichnet. In neun Fällen waren Zivilisten betroffen. Im Jahr 2022 waren es bis Juni elf Vorfälle, wobei es sich bei fünf um Fälle von gezielter Gewalt gegen Zivilisten handelte (ACLED 2022).
Im Distrikt Abu Ghraib wurden im Jahr 2021 22 Vorfälle verzeichnet. Elf dieser Vorfälle, zumeist Drohnenangriffe und Raketenbeschuss, betrafen den Internationalen Flughafen Bagdad. Weitere Vorfälle umfassten bewaffnete Auseinandersetzungen zwischen ISF- und PMF-Kräften mit dem IS, sowie IED-Angriffe, die insbesondere gegen Versorgungskonvois der USA gerichtet waren. Des weiteren wurden zwei Fälle von gezielter Gewalt gegen Zivilisten verzeichnet. 2022 wurden bis Juni 14 Vorfälle verzeichnet. Erneut richtete sich die Mehrzahl der Übergriffe, insbesondere Raketenbeschuss, gegen den Internationalen Flughafen Bagdad. Mehrere Angriffe konnten durch Abschüsse von Drohnen vereitelt werden. Zivilisten waren bei zwei Vorfällen ebenfalls betroffen (ACLED 2022).
Im Distrikt al-Mada'in wurden im Jahr 2021 19 Vorfälle verzeichnet. Bei fünf dieser Vorfälle handelte es sich um gezielte Gewalt gegen Zivilisten, darunter eine Entführung, sowie weitere fünf Fälle bei denen Zivilisten ebenfalls betroffen waren. Im Jahr 2022 wurden bis Juni fünf Vorfälle verzeichnet. Bei einem IED-Angriff waren Zivilisten ebenfalls betroffen (ACLED 2022).
Im Distrikt Mahmudiyah wurden im Jahr 2021 21 Vorfälle verzeichnet. Bei 13 dieser Vorfälle handelte es sich um IED-Angriffe gegen Versorgungskonvois der USA. In zwei weiteren Fällen wurden Zivilisten Ziele von Angriffen. Im Jahr 2022 wurden bis Juni zwei Vorfälle verzeichnet, wobei bei einem Zivilisten ebenfalls betroffen waren (ACLED 2022).
Im Distrikt Taji wurden im Jahr 2021 acht Vorfälle verzeichnet, drei davon Angriffe mit IEDs. Im Jahr 2022 waren es bis Juni acht Vorfälle. Bei einem waren Zivilisten ebenfalls betroffen (ACLED 2022).
Im Distrikt al-Tarmiyah wurden im Jahr 2021 82 Vorfälle verzeichnet, von denen 47 auf den Aufstand des IS und den Kampf gegen diese Gruppe zurückzuführen sind, darunter u.a. bewaffnete Auseinandersetzungen und Luft-/Drohnenangriffe zwischen IS-Kämpfern sowie ISF und PMF-Kräften. Es wurden auch fünf Angriffe des IS auf Zivilisten verzeichnet, bei denen jeweils mindestens eine Person ums Leben kam. Acht weitere Angriffe auf Zivilisten werden unbekannten bewaffneten Gruppen zugeschrieben. Im Jahr 2022 wurden bis Juni 14 Vorfälle verzeichnet. Zehn dieser Vorfälle gehen auf den Aufstand des IS, bzw. den Kampf gegen ihn zurück. Bei drei Vorfällen wurden Zivilisten entweder direkt angegriffen oder waren von Sprengstoffanschlägen ebenfalls betroffen (ACLED 2022).
2021 waren 113 Fälle nicht verortbar. Es handelt sich dabei zum größten Teil um "strategische Entwicklungen", aber auch bewaffnete Auseinandersetzungen, Sprengstoffanschläge, Landminen, IEDs, Granaten etc.. Zehn der Fälle betreffen gezielte "Gewalt gegen Zivilisten", zwei davon Entführungen. Im Jahr 2022 waren es bis Juni 41 Vorfälle, von denen acht als gezielte Gewalt gegen Zivilisten klassifiziert sind, darunter drei Entführungen (ACLED 2022).
| 1.-3.2021 | 4.-6.2021 | 7.-9.2021 | 10.-12.2021 | 1.-3.2022 | 4.-.6.2022 |
Gewalt gegen Zivilisten (davon Entführungen) | 8 | 39 | 25 (3) | 15 (1) | 16 (3) | 24 (1) |
bewaffnete Auseinandersetzungen | 17 | 30 | 35 | 22 | 32 | 23 |
Sprengstoffanschläge, Landminen, IEDs, Granaten | 42 | 23 | 27 | 10 | 30 | 11 |
Selbstmordanschläge | 1 | | | | | |
Artillerie- und Raketenbeschuss | 3 | 7 | 3 | 4 | 4 | 2 |
Luft-/Drohnenangriff | 1 | 1 | 1 | 1 | 1 | 1 |
Proteste/ friedliche Demonstrationen | 27 | 32 | 10 | 31 | 12 | 20 |
Protest mit Intervention | 5 | 1 | | 3 | 1 | 2 |
Proteste/ exzessive Gewalt gegen Demonstranten | | 4 | | | | |
gewalttätige Demonstrationen/ Aufstände/ Mobgewalt | 1 | 5 | 3 | 7 | 1 | 6 |
strategische Entwicklungen | 31 | 28 | 60 | 33 | 17 | 23 |
Vorfälle gesamt | 136 | 170 | 164 | 126 | 114 | 113 |
| | | | | | |
ACLED 2022
(Anm.: Die Kategorie "strategische Entwicklungen" umfasst z.B. Truppenbewegungen, die Etablierung von Checkpoints, Korridoren und Brücken, die Zerstörung von Unterschlupfen von Aufständischen (IS) und Waffenlagern, Entminung und Entschärfungen von Sprengsätzen und Vorfälle von Beschädigung von Eigentum ohne Opfer).Anmerkung, Die Kategorie "strategische Entwicklungen" umfasst z.B. Truppenbewegungen, die Etablierung von Checkpoints, Korridoren und Brücken, die Zerstörung von Unterschlupfen von Aufständischen (IS) und Waffenlagern, Entminung und Entschärfungen von Sprengsätzen und Vorfälle von Beschädigung von Eigentum ohne Opfer).
Im Gouvernement Bagdad, unterteilt in die Stadtdistrikte Rusafah, Adhamiyah, Sha'ab, Sadr City (früher Thawra), 9 Nissan (Neu Bagdad), Karrada, az-Za' franiyah, Karkh, Kadhimiyah, Mansour und ar-Rashid, sowie die Vorstadtdistrikte Abu Ghraib, al-Istiqlal, al-Mada'in, Mahmudiyah, Taji und at-Tarmiyah wurden 2021 87 Zwischenfälle, bei welchen gezielt Zivilisten angegriffen wurden (Kategorie "violence against civilians"), sowie 88 Vorfälle, bei denen Zivilisten ebenfalls zu den Betroffenen gehörten, z.B. durch IEDs, Luft-/Drohnenangriffe, etc., verzeichnet. 2022 waren es bis Juni 40 Vorfälle, sowie 27 bei denen Zivilisten ebenfalls betroffen waren (Es bleibt zu berücksichtigen, dass es je nach Kontrolllage und Informationsbasis zu over- bzw. under-reporting kommen kann; die Zahl der Opfer wird aufgrund der Schwankungsbreite bei ACLED nicht berücksichtigt. Des Weiteren weist ACLED auch einige Unschärfen auf, da auch Morde ohne terroristischen Hintergrund inkludiert sind).
Zivilisten als Ziele oder Opfer von Gewalt (davon Entführungen):
| 1.-3.2021 | 4.-6.2021 | 7.-9.2021 | 10.-12.2021 | 1.-3.2022 | 4.-6.2022 |
Stadtdistrikte: |
Rusafah | 7 | 4 | 4 | 1 | 1 | 1 |
Adhamiyah | 7 | 7 | 2 | 0 | 4 | 4 |
Sadr City (früher Thawra) | 2 | 9 | 2 | 1 | 4 (1) | 6 |
9 Nissan (Neu Bagdad) | 5 | 14 | 1 | 3 | 3 | 1 |
Karadah | 6 | 3 | 4 | 3 | 3 | 1 |
Karkh | | 3 | | 1 | 3 | |
Kadhimiyah | 2 | 3 | 2 | 1 | | 3 |
Mansour | 3 | 1 | 1 | | | 2 |
ar-Rashid | 3 | 2 | 2 (1) | 2 | 2 | 3 |
Vorstadtdistrikte: |
Abu Ghraib | | 2 | 1 | | 1 | 1 |
al-Istiqlal | | | | | | |
al-Mada'in | 3 | 5 | 2 (1) | | 1 | |
Mahmudiyah | 5 | 3 | 2 | 3 | 1 | |
Taji | | | | | 1 | |
at-Tarmiyah | 4 | 6 | 4 | 6 | 2 | 1 |
nicht verortbar | 4 | 4 | 7 (1) | 5 (1) | 3 (2) | 5 (1) |
Vorfälle gesamt | 51 | 66 | 34 (3) | 26 (1) | 29 (3) | 28 (1) |
| | | | | | |
ACLED 2022
[Anm.: Weiterführende Informationen zu den Demonstrationen können dem Kapitel Protestbewegung entnommen werden.]
Quellen:
AAA - Asharq Al-Awsat (5.1.2022): Rocket Hits Military Base Near Baghdad Airport, https://english.aawsat.com/home/article/3396591/rocket-hits-military-base-near-baghdad-airport, Zugriff 17.2.2022
ACLED - Armed Conflict Location & Event Data Project (2022): 2021-01-01-2022-06-30-Middle_East-Iraq, Zugriff 6.7.2022
Al Monitor (28.1.2022): Baghdad airport hit with rockets, no one hurt, https://www.al-monitor.com/originals/2022/01/baghdad-airport-hit-rockets-no-one-hurt, Zugriff 17.2.2022
Al Monitor (11.3.2016): The rise of Islamic State sleeper cells in Baghdad, https://www.al-monitor.com/pulse/originals/2016/03/iraq-baghdad-belts-harbor-islamic-state.html, Zugriff 25.8.2021
Al Arabiya (19.7.2021): Suicide attack in Iraq's Sadr City kills at least 35, wounds dozens, https://english.alarabiya.net/News/middle-east/2021/07/19/Eight-killed-24-wounded-in-explosion-in-Iraq-s-Sadr-city, Zugriff 25.8.2021
Anadolu Agency (23.8.2021): Iraq launches security operation against Daesh/ISIS, https://www.aa.com.tr/en/middle-east/iraq-launches-security-operation-against-daesh-isis/2343607, Zugriff 25.8.2021
AN - Arab News (15.1.2022): Attacks on Iraq political party’s HQ, Green Zone raise security fears, https://www.arabnews.com/node/2004726/middle-east, Zugriff 17.2.2022
AN - Arab News (14.8.2021): West Baghdad without water after ‘attack’ on power grid, https://www.arabnews.com/node/1911056/middle-east, Zugriff 25.8.2021
Bas News (14.1.2022): KDP Official Survives Assassination Attempt in Baghdad, https://www.basnews.com/en/babat/734407, Zugriff 17.2.2022
Bas News (13.1.2022): KDP Office in Baghdad Attacked, https://www.basnews.com/en/babat/734178, Zugriff 17.2.2022
BBC (21.1.2021): Iraq attack: Twin suicide bombings in central Baghdad kill 32, https://www.bbc.com/news/world-middle-east-55746676, Zugriff 28.5.2021
DIIS - Danish Institute for International Studies (23.6.2021): Security provision and external actors in Iraq, https://www.diis.dk/en/research/security-provision-and-external-actors-in-iraq, Zugriff 25.8.2021
Garda World (5.11.2021): Iraq: At least three demonstrators killed, dozens injured amid clashes with security forces near the checkpoint one of Baghdad's Green Zone Nov. 5 /update 1, https://crisis24.garda.com/alerts/2021/11/iraq-at-least-three-demonstrators-killed-dozens-injured-amid-clashes-with-security-forces-near-the-checkpoint-one-of-baghdads-green-zone-nov-5-update-1, Zugriff 17.2.2022
Garda World (15.7.2021): Iraq: Improvised explosive device targets convoy carrying military supplies in Dhi Qar Governorate July 15, https://www.garda.com/crisis24/news-alerts/502161/iraq-improvised-explosive-device-targets-convoy-carrying-military-supplies-in-dhi-qar-governorate-july-15, Zugriff 25.8.2021
Garda World (15.4.2021): Iraq: At least five people killed, 21 injured in car bomb explosion in Baghdad April 15 /update 1, https://www.garda.com/crisis24/news-alerts/467636/iraq-at-least-five-people-killed-21-injured-in-car-bomb-explosion-in-baghdad-april-15-update-1, Zugriff 25.8.2021
HRW - Human Rights Watch (13.1.2022): World Report 2022 - Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/2066472.html, Zugriff 21.1.2022
ICG - International Crisis Group (16.11.2021): Iraq’s Surprise Election Results, https://www.crisisgroup.org/middle-east-north-africa/gulf-and-arabian-peninsula/iraq/iraqs-surprise-election-results, Zugriff 28.1.2022
ISW - Institute for the Study of War (2008): Baghdad Belts, http://www.understandingwar.org/region/baghdad-belts, Zugriff 25.8.2021
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Wing, Joel, Musings on Iraq (6.7.2022): Violence Hits A New Low In Iraq In June 2022, http://musingsoniraq.blogspot.com/2022/07/violence-hits-new-low-in-iraq-in-june.html, Zugriff 8.7.2022
Wing, Joel, Musings on Iraq (6.6.2022): Violence Drops In Iraq In May After Islamic State Offensive Ends, http://musingsoniraq.blogspot.com/2022/06/violence-drops-in-iraq-in-may-after.html, Zugriff 9.6.2022
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Wing, Joel, Musings on Iraq (5.4.2021): Violence In Iraq, March 2021, http://musingsoniraq.blogspot.com/2021/04/violence-in-iraq-march-2021.html, Zugriff 25.8.2021
Wing, Joel, Musings on Iraq (8.3.2021): IS Winter Break Continues In Feb While Pro-Iran Groups Picking Up Attacks, http://musingsoniraq.blogspot.com/2021/03/is-winter-break-continues-in-feb-while.html, Zugriff 25.8.2021
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Sicherheitslage in der Kurdistan Region im Irak (KRI)
Letzte Änderung: 22.08.2022
In der Kurdistan Region Irak (KRI) üben die kurdischen Kräfte das Monopol auf die Anwendung legitimer Gewalt in städtischen Gebieten aus. Die Kurdische Arbeiterpartei (PKK) betreibt illegale Kontrollpunkte in den Grenzgebieten innerhalb der KRI, insbesondere im Sinjar-Gebirge, und erhebt Steuern von Einwohnern, einschließlich Landwirten und Viehhaltern (BS 23.2.2022). Die PKK ist in den Qandil Bergen (Erbil) präsent (WKI 11.5.2021). 2007 haben die Türkei und die Zentralregierung in Bagdad eine Vereinbarung getroffen, dass die Türkei Kämpfer der verbotenen PKK über die gebirgige Grenze in den Nordirak verfolgen darf, ohne zuvor die Erlaubnis der irakischen Regierung in Bagdad einholen zu müssen (Reuters 28.9.2007). Die Türkei führt im Nordirak zum Teil massive militärische Operationen gegen die PKK durch (GIZ 1.2021a). Seit 2018 hat die Türkei mehrere Militäroperationen auf KRI-Boden ausgeführt. Von August 2018 bis Mai 2019 fand die "Operation Resolve" statt (Clingendael 3.2022). Von Mai 2019 bis Juni 2020 führten die türkischen Streitkräfte die "Operation Claw" durch (FH 3.3.2021; vgl. Clingendael 3.2022) und errichteten mehrere temporäre Militärstützpunkte, vorgeblich, um die eigene Grenzsicherheit zu erhöhen (FH 3.3.2021; vgl. GIZ 1.2021a). Weitere Militäroperationen sind "Claw-Tiger", "Claw-Eagle" und "Claw-Thunder", von Juni 2020 bis heute (Clingendael 3.2022). Die Türkei hat eine etwa 25 km tiefe Sicherheitszone errichtet (WKI 11.5.2021) und verfügt über mindestens 41 Militärstützpunkte in der KRI (WKI 11.5.2021; vgl. BS 23.2.2022). Die Gründung weiterer Militärstützpunkte ist geplant (Reuters 18.6.2020). Durch die Einrichtung dieses Netzes von Militärstützpunkten soll die Handlungsfreiheit der PKK eingeschränkt werden. Die Stützpunkte dienen auch als Startpunkte für Such- und Zerstörungsoperationen durch mobile Bodentruppen und Lufteinheiten (Clingendael 3.2022). Seit Beginn der jüngsten Militäroperation "Claw Lock" wurden vier weitere Stützpunkte, zwei in Avashin und zwei in Zap, errichtet. Am 16.6.2022 wurde außerdem mit dem Bau eines neuen Stützpunktes auf dem Berg Kurazharo oberhalb von Shiladze begonnen (CPT 30.6.2022).In der Kurdistan Region Irak (KRI) üben die kurdischen Kräfte das Monopol auf die Anwendung legitimer Gewalt in städtischen Gebieten aus. Die Kurdische Arbeiterpartei (PKK) betreibt illegale Kontrollpunkte in den Grenzgebieten innerhalb der KRI, insbesondere im Sinjar-Gebirge, und erhebt Steuern von Einwohnern, einschließlich Landwirten und Viehhaltern (BS 23.2.2022). Die PKK ist in den Qandil Bergen (Erbil) präsent (WKI 11.5.2021). 2007 haben die Türkei und die Zentralregierung in Bagdad eine Vereinbarung getroffen, dass die Türkei Kämpfer der verbotenen PKK über die gebirgige Grenze in den Nordirak verfolgen darf, ohne zuvor die Erlaubnis der irakischen Regierung in Bagdad einholen zu müssen (Reuters 28.9.2007). Die Türkei führt im Nordirak zum Teil massive militärische Operationen gegen die PKK durch (GIZ 1.2021a). Seit 2018 hat die Türkei mehrere Militäroperationen auf KRI-Boden ausgeführt. Von August 2018 bis Mai 2019 fand die "Operation Resolve" statt (Clingendael 3.2022). Von Mai 2019 bis Juni 2020 führten die türkischen Streitkräfte die "Operation Claw" durch (FH 3.3.2021; vergleiche Clingendael 3.2022) und errichteten mehrere temporäre Militärstützpunkte, vorgeblich, um die eigene Grenzsicherheit zu erhöhen (FH 3.3.2021; vergleiche GIZ 1.2021a). Weitere Militäroperationen sind "Claw-Tiger", "Claw-Eagle" und "Claw-Thunder", von Juni 2020 bis heute (Clingendael 3.2022). Die Türkei hat eine etwa 25 km tiefe Sicherheitszone errichtet (WKI 11.5.2021) und verfügt über mindestens 41 Militärstützpunkte in der KRI (WKI 11.5.2021; vergleiche BS 23.2.2022). Die Gründung weiterer Militärstützpunkte ist geplant (Reuters 18.6.2020). Durch die Einrichtung dieses Netzes von Militärstützpunkten soll die Handlungsfreiheit der PKK eingeschränkt werden. Die Stützpunkte dienen auch als Startpunkte für Such- und Zerstörungsoperationen durch mobile Bodentruppen und Lufteinheiten (Clingendael 3.2022). Seit Beginn der jüngsten Militäroperation "Claw Lock" wurden vier weitere Stützpunkte, zwei in Avashin und zwei in Zap, errichtet. Am 16.6.2022 wurde außerdem mit dem Bau eines neuen Stützpunktes auf dem Berg Kurazharo oberhalb von Shiladze begonnen (CPT 30.6.2022).
Zuvor hatte die Türkei im April 2021 eine neuerliche Militäroperation gegen die PKK in den Gebieten von Metina, Avasin und Basyan, im Gouvernement Dohuk eingeleitet (Al Jazeera 16.8.2021; vgl. FAZ 24.4.2021, Rudaw 24.4.2021). Ein Ziel der Operation war es, eine Militärbasis zu errichten, um die Bewegungen der PKK zwischen der KRI, der Türkei und Syrien zu unterbinden (Rudaw 5.5.2021). Das Gebiet von Metina, wo eine neue türkische Basis entstehen soll, steht im Mittelpunkt der Operation "Claw Lightning", während die "Operation Claw Thunder" auf die Gebiete Avashin und Basyan weiter östlich zielt (IKHRW o.D.). Die jüngste türkische Militärkampagne namens "Claw Lock" hat am 17.4.2022 begonnen. Ziel ist es die vollständige militärische Kontrolle über die gebirgige Grenzregion zu erlangen, die sich etwa 180 km von Osten nach Westen und bis zu 15 km südlich der irakisch-türkischen Grenzlinie erstreckt. Die Kampagne hat mit massiven Luftangriffen und dem Einsatz von Spezialeinheiten bis zu 12-15 km südlich der türkisch-irakischen Grenze in den Gebieten von Zap und Avashin, die zuvor von der Zivilbevölkerung geräumt worden waren, begonnen. Es wurden auch gezielte Drohnenangriffe gegen PKK-Mitglieder bis nach Kalar, 280 km von der irakisch-türkischen Grenze entfernt durchgeführt. Bei zwei Drohnenangriffen kamen Zivilisten ums Leben, darunter ein Kind. Insgesamt sind zwischen 21.5. und 21.6.2022 drei Kinder und zwei erwachsene Zivilisten getötet worden, 15 Zivilisten wurden verletzt (CPT 30.6.2022).Zuvor hatte die Türkei im April 2021 eine neuerliche Militäroperation gegen die PKK in den Gebieten von Metina, Avasin und Basyan, im Gouvernement Dohuk eingeleitet (Al Jazeera 16.8.2021; vergleiche FAZ 24.4.2021, Rudaw 24.4.2021). Ein Ziel der Operation war es, eine Militärbasis zu errichten, um die Bewegungen der PKK zwischen der KRI, der Türkei und Syrien zu unterbinden (Rudaw 5.5.2021). Das Gebiet von Metina, wo eine neue türkische Basis entstehen soll, steht im Mittelpunkt der Operation "Claw Lightning", während die "Operation Claw Thunder" auf die Gebiete Avashin und Basyan weiter östlich zielt (IKHRW o.D.). Die jüngste türkische Militärkampagne namens "Claw Lock" hat am 17.4.2022 begonnen. Ziel ist es die vollständige militärische Kontrolle über die gebirgige Grenzregion zu erlangen, die sich etwa 180 km von Osten nach Westen und bis zu 15 km südlich der irakisch-türkischen Grenzlinie erstreckt. Die Kampagne hat mit massiven Luftangriffen und dem Einsatz von Spezialeinheiten bis zu 12-15 km südlich der türkisch-irakischen Grenze in den Gebieten von Zap und Avashin, die zuvor von der Zivilbevölkerung geräumt worden waren, begonnen. Es wurden auch gezielte Drohnenangriffe gegen PKK-Mitglieder bis nach Kalar, 280 km von der irakisch-türkischen Grenze entfernt durchgeführt. Bei zwei Drohnenangriffen kamen Zivilisten ums Leben, darunter ein Kind. Insgesamt sind zwischen 21.5. und 21.6.2022 drei Kinder und zwei erwachsene Zivilisten getötet worden, 15 Zivilisten wurden verletzt (CPT 30.6.2022).
Obwohl die unmittelbar an die türkisch-irakische Grenze angrenzenden Gebiete nur dünn besiedelt sind, wirkt sich die Ausweitung der türkischen Operationen nach Süden zunehmend negativ auf das Leben der irakischen (kurdischen) Bewohner aus. Türkische Drohnen- und Artillerieangriffe fordern immer mehr zivile Opfer, zerstören ziviles Eigentum und Vieh und zwingen die Dorfbewohner, ganze Gebiete zu verlassen (Clingendael 3.2022).
Die folgende Karte zeigt einen Überblick über die militärische Präsenz der Türkei im Nordirak im Januar 2022:
Clingendael 3.2022
Nachdem die Bedrohung durch den Islamischen Staat (IS) zurückgegangen war, begannen die Peshmerga-Truppen der kurdischen Regionalregierung (KRG) mit Versuchen, die PKK aus der Region zu vertreiben. Die Spannungen eskalierten nach der Ermordung eines kurdischen Grenzbeamten, angeblich durch die PKK. Inzwischen setzt die PKK ihre Angriffe auf eine wichtige Pipeline und auf Peshmerga-Soldaten fort (BS 23.2.2022).
Der IS greift in der KRI gelegentlich an und sucht nach günstigen Gelegenheiten für Angriffe (Wing 3.5.2021). Der IS hat die Taktik geändert, von groß angelegten zu kleineren und gezielten Angriffen. Dabei hat der IS seine Angriffe auch auf kurdische Sicherheitskräfte verstärkt (VOA 11.5.2021). Der IS teste auch im November und Dezember 2021 die Sicherheit in der KRI mit Angriffen in Sulaymaniyah und Erbil (Wing 4.1.2022).
Die folgende Karte des Amts für Statistik der Kurdistan Region Irak weist die kurdischen Gouvernements und deren Distrikte aus. [Anm.: Hierbei ist zu beachten, dass auch Distrikte inkludiert sind, die zu den umstrittenen Gebieten zählen aber bis zu einem gewissen Grad unter kurdischer Verwaltung stehen. Dazu zählen in Dohuk die Distrikte Akre, Bardarash und Shekhan, in Erbil der Distrikt Makhmour und zum Teil der Distrikt Mergasor, sowie in Sulaymaniyah die Distrikte Khanaqin und Kifri.]
Gov.KRD MoP 2022
Gouvernement Erbil
Im Februar 2021 wurde ein sicherheitsrelevanter Vorfall (Raketenbeschuss des Flughafen Erbil, der pro-iranischen Milizen zugeschrieben wird) mit zwei Toten und acht Verletzten verzeichnet (Wing 8.3.2021). Im April 2021 wurde ein sicherheitsrelevanter Vorfall (Drohnenangriff auf den Flughafen Erbil, der ebenfalls pro-iranischen Milizen zugeschrieben wird) ohne Opfer verzeichnet (Wing 3.5.2021). Im Mai 2021 wurde ein sicherheitsrelevanter Vorfall mit je einem Toten und Verletzten verzeichnet, der dem IS zugeordnet wird. Beide Opfer waren Peshmerga (Wing 7.6.2021). Im Juni 2021 wurden zwei sicherheitsrelevante Vorfälle mit einem Toten und drei Verletzten verzeichnet. Je ein Vorfall wird pro-iranischen Milizen und dem IS zugeschrieben (Wing 6.7.2021). Im Juli 2021 waren es vier sicherheitsrelevante Vorfälle mit einem Todesfall. Je zwei Vorfälle werden pro-iranischen Milizen und dem IS zugeschrieben (Wing 2.8.2021). Am 6.7.2021 wurde der Luftwaffenstützpunkt am Flughafen in Erbil mit Raketen beschossen (Al Monitor 7.7.2021). Am 24.7.2021 traf ein Drohnenangriff die Al-Harir Militärbasis (Wing 2.8.2021). Im August wurden sieben sicherheitsrelevante Vorfälle (Schießereien, Entführungen, und Angriffen auf Kontrollpunkte und auf Dörfer, die dem IS zugeschrieben werden) mit einem Toten und fünf Verletzten im südlich gelegenen Distrikt Makhmour, welcher zu den sogenannten "umstrittenen Gebieten" zählt, verzeichnet (Wing 6.9.2021). Im September 2021 wurden sieben Vorfälle mit je neun Toten und Verletzten verzeichnet. Ein Vorfall, eine Drohnenattacke auf den Flughafen in Erbil wird pro-iranischen Milizen zugeschrieben, bei den übrigen sechs Vorfällen war der IS involviert (Wing 4.10.2021). Im Dezember 2021 wurden fünf sicherheitsrelevante Vorfälle mit 13 Toten und sechs Verletzten verzeichnet. Für alle Angriffe wurde der IS verantwortlich gemacht. Bei den Schießereien, zwei davon waren Angriffe auf Dörfer, wurden zwei Zivilisten getötet und fünf verletzt. Die übrigen Opfer waren Angehörige der Peshmerga und ein Angehöriger der Irakischen Sicherheitskräfte (ISF) (Wing 4.1.2022).
Im Februar 2022 wurde ein sicherheitsrelevanter Vorfall mit drei Verletzten verzeichnet (Wing 3.3.2022). Drei Peshmerga wurden durch IS-Heckenschützen in der Region des Berges Qarachokh verwundet (NRT 4.2.2022). Auch im März 2022 wurde ein sicherheitsrelevanter Vorfall verzeichnet, mit einem Verletzten (Wing 6.4.2022). Die iranischen Islamischen Revolutionsgarden (IRGC) haben sich zu einem Raketenangriff bekannt, bei dem zwölf Raketen nahe dem US-Konsulat niedergegangen sind. Der Angriff wird als Vergeltung für einen Luftschlag nahe Damaskus in Syrien gesehen, bei dem zwei Angehörige der IRGC getötet wurden (NRT 13.3.2022). Auch im April 2022 wurde nur ein sicherheitsrelevanter Vorfall verzeichnet (Wing 11.5.2022). Es handelte sich dabei um einen Raketenangriff auf eine Ölraffinerie westlich von Erbil, der pro-iranischen Milizen zugeschrieben wird (Rudaw 6.4.2022). Auch im Mai 2022 wurde ein Vorfall ohne Opfer verzeichnet, der pro-iranischen Milizen zugeschrieben wird (Wing 6.6.2022). Im Juni 2022 war es ein Vorfall mit drei Verletzten. Auch dieser wird pro-iranischen Milizen zugeschrieben (Wing 6.7.2022).
Der Datenbank von ACLED zufolge wurden im Gouvernement Erbil im Jahr 2021 604 Vorfälle verzeichnet, in der ersten Hälfte des Jahres 2022 waren es 202.
Im Distrikt Erbil wurden im Jahr 2021 51 Vorfälle verzeichnet. Davon waren 30 friedliche Demonstrationen, während fünf weitere Demonstrationen durch gewaltlose Intervention von Sicherheitskräften verhindert oder beendet wurden. Bei vier Vorfällen waren die Internationale Koalition gegen Daesh und die USA das Ziel von Drohnenangriffen oder Raketenbeschuss. Es wurden außerdem drei Vorfälle von gezielten Angriffen auf Zivilisten verzeichnet. Bei einem davon handelte es sich um die Ermordung eines Anführers der Partiya Jiyana Azad a Kurdistanê (PJAK). Im Jahr 2022 wurden im Distrikt Erbil 25 Vorfälle verzeichnet. Bei 16 davon handelte es sich um Demonstrationen von denen 14 als friedlich kategorisiert wurden, eine als mit Intervention und eine als Protest mit Einsatz exzessiver Gewalt gegen Demonstranten. Dabei wurde eine Straßenblockade von Händlern unter Einsatz scharfer Munition aufgelöst, ohne dass jedoch Opfer verzeichnet wurden (ACLED 2022).
Im östlichen, an den Iran angrenzenden Distrikt Choman wurden drei Vorfälle verzeichnet, bei denen IEDs und Kriegsrelikte detonierten. Dabei wurden zwei Bauern getötet (ACLED 2022).
Im Distrikt Koya wurden drei Vorfälle verzeichnet, wobei es sich um Kampfhandlungen zwischen der türkischen Armee und der PKK handelte (ACLED 2022).
Im umstrittenen Distrikt Makhmour wurden 2021 61 Vorfälle verzeichnet, von denen 38 mit dem IS zu tun hatten, darunter bewaffnete Auseinandersetzungen und Luftschläge der Internationalen Koalition gegen Daesh, aber auch drei Angriffe auf und zwei Entführungen von Zivilisten durch den IS. Im Jahr 2022 waren es 30 Vorfälle. Bei Elf handelt es sich um Zusammenstöße zwischen dem IS und irakischen Sicherheitskräften (ISF), bei fünf um Vorfälle im Zusammenhang mit dem Türkei-PKK-Konflikt und bei 13 um friedliche Proteste (ACLED 2022).
Im nördlichen Distrikt Mergasor wurden im Jahr 2021 264 Vorfälle verzeichnet und im Jahr 2022 24. Bei allen diesen Vorfällen handelt es sich um Kampfhandlungen zwischen der türkischen Armee und der PKK, vereinzelt auch der PJAK. In al-Zibar im Distrikt Mergasor wurden im Jahr 2021 19 Vorfälle verzeichnet und im Jahr 2022 bislang zwei. Bei allen Vorfällen handelte es sich um Zwischenfälle, vor allem Luft-/Drohnenangriffe und Artillerie- und Raketenbeschuss der türkischen Armee gegen Stellungen der PKK. In al-Zibar im Distrikt Mergasor wurden im Jahr 2021 19 Vorfälle verzeichnet und im Jahr 2022 bislang einer. Auch hierbei handelte es sich um Kampfhandlungen, insbesondere zwischen der türkischen Armee und der PKK (ACLED 2022).
Im Distrikt Rawanduz wurden im Jahr 2021 189 Vorfälle verzeichnet, von denen 149 im Zusammenhang mit dem Konflikt zwischen der türkischen Armee und der PKK auf irakischem Boden in Verbindung stehen. Bei 16 weiteren Vorfällen handelt es sich um iranische Interventionen (Luft-/Drohnenangriffe, sowie Artillerie- und Raketenbeschuss) gegen Elemente der PJAK im August und September des Jahres. Im Jahr 2022 waren es 116 Vorfälle, von denen 109 durch den Türkei-PKK-Konflikt verursacht wurden (ACLED 2022).
Im Distrikt Shaqlawa wurden 15 Vorfälle verzeichnet. Es handelte sich dabei zumeist um Kampfhandlungen der Internationalen Koalition gegen Daesh gegen den IS (ACLED 2022).
Im Distrikt Soran wurden fünf Vorfälle verzeichnet, wobei es sich bei zweien um Gewalt gegen Zivilisten durch Unbekannte handelte. Beide Male wurden Zivilisten nahe, bzw. vor der Universität von Soran beschossen, wobei eine Person ums Leben kam, drei wurden verwundet (ACLED 2022).
| 1.-3.2021 | 4.-6.2021 | 7.-9.2021 | 10.-12.2021 | 1.-3.2022 | 4.-6.2022 |
Gewalt gegen Zivilisten (davon Entführungen) | 1 | 2 (1) | 7 (3) | 3 | 1 | 2 (1) |
bewaffnete Auseinandersetzungen | | 65 | 78 | 34 | 3 | 15 |
Sprengstoffanschläge, Landminen, IEDs, Granaten | 2 | 12 | 14 | 5 | 2 | 7 |
Artillerie- und Raketenbeschuss | 7 | 9 | 32 | 9 | 5 | 50 |
Luft-/Drohnenangriff | 51 | 62 | 71 | 64 | 42 | 35 |
Proteste/ friedliche Demonstrationen | 7 | 4 | 14 | 21 | 12 | 16 |
Protest mit Intervention | | 2 | 2 | 2 | | 2 |
Proteste/ exzessive Gewalt gegen Demonstranten | | | | | 1 | |
gewalttätige Demonstrationen/ Aufstände/ Mobgewalt | 1 | | | | 1 | |
Strategische Entwicklungen | 5 | 10 | 6 | 2 | 3 | 5 |
Vorfälle gesamt | 74 | 166 | 224 | 140 | 70 | 132 |
| | | | | | |
ACLED 2022
(Anm.: Die Kategorie "Strategische Entwicklungen" umfasst z.B. Truppenbewegungen, die Etablierung von Checkpoints, Korridoren und Brücken, die Zerstörung von Unterschlupfen von Aufständischen (IS) und Waffenlagern, Entminung und Entschärfungen von Sprengsätzen und Vorfälle von Beschädigung von Eigentum ohne Opfer, etc.).Anmerkung, Die Kategorie "Strategische Entwicklungen" umfasst z.B. Truppenbewegungen, die Etablierung von Checkpoints, Korridoren und Brücken, die Zerstörung von Unterschlupfen von Aufständischen (IS) und Waffenlagern, Entminung und Entschärfungen von Sprengsätzen und Vorfälle von Beschädigung von Eigentum ohne Opfer, etc.).
Im Gouvernement Erbil, unterteilt in die Distrikte Erbil, Choman, Koya, Mergasor, Rawanduz, Shaqlawa und Soran, sowie den umstrittenen Distrikt Makhmour wurden 2021 13 Zwischenfälle, bei welchen gezielt Zivilisten angegriffen wurden (Kategorie "violence against civilians") verzeichnet, sowie 22 Vorfälle, bei denen Zivilisten zu Betroffenen gehörten, z.B. durch IEDs, Luft-/Drohnenangriffe, etc.. 2022 waren es bis Juni drei Vorfälle (Es bleibt zu berücksichtigen, dass es je nach Kontrolllage und Informationsbasis zu over- bzw. under-reporting kommen kann).
Zivilisten als Ziele oder Opfer von Gewalt (davon Entführungen):
| 1.-3.2021 | 4.-6.2021 | 7.-9.2021 | 10.-12.2021 | 1.-3.2022 | 4.-6.2022 |
Erbil | 3 | 1 | 2 | | | 2 |
Choman | | 1 | | 1 | | 1 |
Dashti Hawler | | | | | | |
Khabat | | | | | | |
Koya | | | | | 1 | |
Makhmour (umstritten) | | 1 | 8 (3) | 1 | 1 | 1 |
Mergasor (teils umstritten) | | | | | | |
Rawanduz | 1 | 2 (1) | 4 | 2 | | 4 (1) |
Shaqlawa | | | | | | |
Soran | | | | | | 1 |
Vorfälle gesamt | 4 | 5 (1) | 14 (3) | 4 | 2 | 9 (1) |
| | | | | | |
ACLED 2022
Gouvernement Dohuk
Für April 2021 hat der Irakexperte Joel Wing einen sicherheitsrelevanten Vorfall mit einem toten türkischen Soldaten und einem verwundeten Zivilisten verzeichnet (Wing 3.5.2021). Ein hochrangiger Sicherheitsbeamter aus Dohuk berichtet, dass im Zuge einer türkischen Militäroperation der Ort Zinare Kesta und nahe gelegene Dörfer in der Region Metina bombardiert wurden (Rudaw 24.4.2021). Das Dorf Zinare Kesta wurde im Mai 2021 aufgrund der schweren türkischen Bombardements vollständig evakuiert (Rudaw 5.5.2021).
Im April 2022 wurden zwei sicherheitsrelevante Vorfälle ohne Opfer verzeichnet (Wing 11.5.2022). Beide Vorfälle, darunter ein Raketenbeschuss eines türkischen Militärlagers, werden pro-iranischen Milizen zugeschrieben (Wing 11.5.2022).
Der Datenbank von ACLED zufolge gab es im Gouvernement Dohuk im Jahr 2021 1.543 Vorfälle, in der ersten Hälfte des Jahres 2022 waren es 1.408. Nimmt man die umstrittenen Distrikte Akre, Bardarash und Shekhan dazu, kommen 2021 63 und 2022 18 Vorfälle dazu.
Im Distrikt Amediya wurden im Jahr 2021 1.405 Vorfälle verzeichnet. Bei 1.387 dieser Vorfälle handelte es sich um Kampfhandlungen zwischen der türkischen Armee und der PKK, sowie der PJAK und in zwei Fällen der People's United Revolutionary Movement (HBDH). Zwischen Februar und Juni 2021 wurden fünf Vorfälle verzeichnet, die sich auf die Vertreibung von hunderten Zivilisten beziehen, die vor den anhaltenden Bombardements und Kampfhandlungen während der türkischen Operationen Claw-Lightning und Claw-Thunderbolt geflohen sind. Bei sieben weiteren Vorfällen waren Zivilisten von türkischen Luft-/Drohnenangriffen oder Artillerie- und Raketenbeschuss betroffen. Nur ein Vorfall wird mit dem IS in Verbindung gebracht. In Fünf Fällen kam es zu bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen Peshmerga und Angehörigen der PKK. Im Jahr 2022 wurden 1.383 Vorfälle verzeichnet, von denen 1.362 auf den Konflikt zwischen der Türkei und der PKK zurückgehen. Bei vier Vorfällen kam es zu bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen Peshmerga und Angehörigen der PKK. In drei Vorfällen waren Zivilisten indirekt von Kampfhandlungen betroffen, wobei es Todesfälle und Verletzte gab (ACLED 2022).
Im Distrikt Dohuk wurden im Jahr 2021 19 Vorfälle verzeichnet. Sechs der Vorfälle stammen aus dem Türkei-PKK-Konflikt. Bei 13 der verzeichneten Vorfälle handelte es sich um friedliche Demonstrationen. Im Jahr 2022 wurden es fünf Vorfälle verzeichnet, darunter drei Vorfälle von gezielter Gewalt gegen Zivilisten (ACLED 2022).
Im Distrikt Semile wurden im Jahr 2021 zwei Vorfälle verzeichnet, bei denen PKK-Angehörige bei einem IED-Anschlag gegen Sicherheitspersonal in einem IDP-Lager Kinder getötet haben (ACLED 2022).
Im Distrikt Zaxo wurden im Jahr 2021 116 Vorfälle verzeichnet, von denen 113 mit Kampfhandlungen des Türkei-PKK-Konflikts in Zusammenhang stehen. Im Jahr 2022 waren es 20 Vorfälle von denen 18 Kampfhandlungen zwischen der türkischen Armee und der PKK betrafen. Bei einem der Vorfälle beschoss die PKK eine Medienagentur (ACLED 2022).
Im umstritten Distrikt Akre wurden 2021 57 Vorfälle verzeichnet, von denen 55 Luft-/Drohnenangriffe der türkischen Armee gegen die PKK ausmachten. Bei den übrigen beiden handelte es sich um einen IED-Angriff der PKK gegen eine Peshmerga-Patrouille und um einen Vorfall, bei dem die PKk das Haus eines Zivilisten anzündete, der sich weigerte sie aufzunehmen. 2022 wurden 16 Vorfälle verzeichnet, von denen 15 im Zusammenhang mit dem Türkei-PKK-Konflikt stehen (ACLED 2022).
Im umstrittenen Distrikt Bardarash wurden 2021 und 2022 je zwei Vorfälle verzeichnet. Darunter die Ermordung eines Peshmerga außer Dienst und eine friedliche Demonstration (ACLED 2022).
Im umstrittenen Distrikt Shekhan wurden 2021 drei Vorfälle verzeichnet, von denen zwei mit dem Türkei-PKK-Konflikt in Verbindung standen (ACLED 2022).
| 1.-3.2021 | 4.-6.2021 | 7.-9.2021 | 10.-12.2021 | 1.-3.2022 | 4.-6.2022 |
Gewalt gegen Zivilisten (davon Entführungen) | 2 (1) | 2 | | 1 | 2 (1) | 4 |
bewaffnete Auseinandersetzungen | 11 | 115 | 155 | 67 | 6 | 371 |
Sprengstoffanschläge, Landminen, IEDs, Granaten | | 17 | 10 | 2 | 1 | 18 |
Selbstmordanschläge | | | | | | |
Artillerie- und Raketenbeschuss | 2 | 59 | 105 | 66 | 26 | 195 |
Luft-/Drohnenangriff | 91 | 286 | 361 | 203 | 171 | 599 |
Proteste/ friedliche Demonstrationen | 1 | 3 | 4 | 7 | | |
Protest mit Intervention | | | | | 1 | |
Proteste/ exzessive Gewalt gegen Demonstranten | | | | | | |
gewalttätige Demonstrationen/ Aufstände/ Mobgewalt | | | | | | |
Strategische Entwicklungen | 4 | 23 | 4 | 3 | 5 | 27 |
Vorfälle gesamt | 111 | 505 | 639 | 349 | 212 | 1214 |
| | | | | | |
ACLED 2022
Im Gouvernement Dohuk, unterteilt in die Distrikte Amediya, Dohuk, Semile, Zaxo, Akre (umstritten), Bardarash (umstritten) und Shekhan (umstritten) wurden 2021 vier Zwischenfälle, bei welchen gezielt Zivilisten angegriffen wurden (Kategorie "violence against civilians"), sowie 13 Vorfälle, bei denen Zivilisten zu Betroffenen gehörten, z.B. durch IEDs, Luft-/Drohnenangriffe, etc., verzeichnet. 2022 waren es bis Juni sechs Vorfälle von gezielter Gewalt gegen Zivilisten, sowie drei weitere bei denen Zivilisten betroffen waren (Es bleibt zu berücksichtigen, dass es je nach Kontrolllage und Informationsbasis zu over- bzw. under-reporting kommen kann).
Zivilisten als Ziele oder Opfer von Gewalt (davon Entführungen):
| 1.-.32021 | 4.-6.2021 | 7.-9.2021 | 10.-12.2021 | 1.-3.2022 | 4.-6.2022 |
Amediya | 1 | 3 | 7 | 2 | 3 (1) | 3 |
Dohuk | | | | | | 3 |
Semile | | | 2 | | | |
Zaxo | 1 (1) | 1 | | | | |
Akre (umstritten) | | 1 | | | 1 | |
Bardarash (umstritten) | | 1 | | | | |
Shekhan (umstritten) | | | | | | |
Vorfälle gesamt | 2 (1) | 5 | 9 | 2 | 4 (1) | 6 |
| | | | | | |
ACLED 2022
Gouvernement Sulaymaniyah
Im Jänner 2021 wurden zwei sicherheitsrelevante Vorfälle mit einem Toten und drei Verletzten verzeichnet. Beide Vorfälle werden dem IS zugeschrieben (Wing 4.2.2021). Im April 2021 wurden neuerlich zwei sicherheitsrelevante Vorfälle, diesmal ohne Opfer, verzeichnet. Je ein Vorfall wird pro-iranischen Milizen und dem IS zugeschrieben (Wing 3.5.2021). Im September 2021 wurde ein Vorfall unter Beteiligung des IS verzeichnet, bei dem zwei Zivilisten starben und vier weitere verletzt wurden (Wing 4.10.2021). Im November 2021 wurden fünf sicherheitsrelevante Vorfälle mit sechs Toten und sieben Verletzten verzeichnet, die dem IS zugeschrieben werden. Alle Opfer waren Angehörige der Peshmerga (Wing 6.12.2021).
Im April 2022 wurde ein sicherheitsrelevanter Vorfall ohne Opfer verzeichnet, der dem IS zugeschrieben wird (Wing 11.5.2022). Ebenso im Mai 2022 (Wing 6.6.2022). Im Juni 2022 wurden drei sicherheitsrelevante Vorfälle mit zwei Verletzten Verzeichnet. Anders als in den Vormonaten werden diese Vorfälle pro-iranischen Milizen zugeschrieben. Es handelte sich dabei um Raketenangriffe auf das Khor-Mor-Erdgasfeld, die als Einschüchterungsversuche gegen die Patriotische Union Kurdistans (PUK) in Hinblick auf die Gespräche zur Regierungsbildung gesehen werden (Wing 6.7.2022).
Zwischen dem 1.10.2021 und dem 31.1.2022 wurden in Sulaymaniyah 85 Demonstrationen verzeichnet, von denen 77 verliefen friedlich, während es bei vieren zu Interventionen der Sicherheitskräfte kam, wobei zweimal auch Tränengas eingesetzt wurde, um die Demonstranten zu zerstreuen. Vier weitere Demonstrationen werden als gewalttätig kategorisiert. Am 23.11.2021 kam es bei einer Studentendemonstration zu einem Zusammenstoß mit der Polizei, die scharfe Munition einsetzte. Die Studenten setzten die Zentralen der Partei der Patriotischen Union Kurdistans (PUK) und der Kurdischen Demokratischen Partei (KDP) sowie das Gebäude von Rudaw TV in Brand. Am Tag darauf, den 24.11.2021 wurden zwei gewalttätige Proteste in Saidsadiq verzeichnet, wobei brennende Straßensperren errichtet und auch das Hauptquartier der Gorran Bewegung in Brand gesetzt wurde. Auch bei einer weiteren Demonstration in Ziriyan in Halabja wurden brennende Straßensperren errichtet. Es wurden bei den Protesten jedoch keine Todesopfer verzeichnet (ACLED 2022).
Der Datenbank von ACLED zufolge gab es im Gouvernement Sulaymaniyah im Jahr 2021 234 Vorfälle, in der ersten Hälfte des Jahres 2022 waren es 90.
Die weitaus größte Kategorie an Vorfällen im Jahr 2021 sind "friedliche Demonstrationen", wovon 148 verzeichnet wurden, gefolgt von 26 Luft-/Drohnenangriffe der türkischen Armee gegen Stellungen der PKK. Davon betrafen neun den Distrikt Pshdar, je sechs die Distrikte Penjwen und Ranya, drei den Distrikt Mawat und zwei den Distrikt Sharbazher. Auch im Jahr 2022 waren friedliche Demonstrationen mit 60 der weitaus größte Anteil der verzeichneten Vorfälle. Bei einem Vorfall handelte es sich um einen Luft-/Drohnenangriff der türkischen Armee (ACLED 2022).
| 1.-3.2021 | 4.-6.2021 | 7.-9.2021 | 10.-12.2021 | 1.-3.2022 | 4.-6.2022 |
Gewalt gegen Zivilisten (davon Entführungen) | 2 (1) | 5 | 5 | 2 | 2 | 3 (1) |
bewaffnete Auseinandersetzungen | 3 | 6 | 1 | 4 | 1 | 5 |
Sprengstoffanschläge, Landminen, IEDs, Granaten | 2 | 5 | | 2 | 1 | 3 |
Artillerie- und Raketenbeschuss | | 1 | | | | 4 |
Luft-/Drohnenangriff | 2 | 3 | 10 | 12 | | 5 |
Proteste/ friedliche Demonstrationen | 24 | 35 | 12 | 77 | 25 | 35 |
Protest mit Intervention | | | | 4 | 1 | 2 |
Proteste/ exzessive Gewalt gegen Demonstranten | | | | 1 | | |
gewalttätige Demonstrationen/ Aufstände/ Mobgewalt | 2 | 1 | 1 | 4 | | 2 |
Strategische Entwicklungen | 3 | 2 | | 3 | | 1 |
Vorfälle gesamt | 38 | 58 | 29 | 109 | 30 | 60 |
| | | | | | |
ACLED 2022
Im Gouvernement Sulaymaniyah, unterteilt in die Distrikte Chamchamal, Darbandokeh, Dokan, Kalar, Mawat, Penjwen, Pshdar, Qaradagh, Ranya, Saidsadiq, Sharazur, Sharbazher und Sulaymaniyah wurden, inklusive Halabja 2021 14 Zwischenfälle, bei welchen gezielt Zivilisten angegriffen wurden (Kategorie "violence against civilians"), sowie 15 Vorfälle, bei denen Zivilisten zu Betroffenen gehörten, z.B. durch IEDs, Luft-/Drohnenangriffe, etc., verzeichnet. 2022 waren es bis Juni fünf Vorfälle (Es bleibt zu berücksichtigen, dass es je nach Kontrolllage und Informationsbasis zu over- bzw. under-reporting kommen kann). [Anm.: Die beiden umstrittenen Distrikte Khanaqin und Kifri werden im Gouvernement Diyala behandelt.]
Zivilisten als Ziele oder Opfer von Gewalt (davon Entführungen):
| 1.-3.2021 | 4.-6.2021 | 7.-9.2021 | 10.-12.2021 | 1.-3.2022 | 4.-6.2022 |
Chamchamal | 1 | 2 | | | | |
Darbandokeh | | | | | | |
Dokan | | | | | | |
Kalar | 1 | 2 | 1 | 2 | 1 | 1 (1) |
Khanaqin (umstritten) | | | | | | |
Kifri (umstritten) | | | | | | |
Mawat | | 1 | | | | |
Penjwen | | 1 | | 1 | | |
Pshdar | 2 | 1 | | | | 1 |
Qaradagh | 1 | 1 | | | | |
Ranya | | | | | 1 | |
Saidsadiq | | | | | | |
Sharazur | | | | | | |
Sharbazher | 1 | | | | | |
Sulaymaniyah | 1 (1) | 3 | 4 | | | 1 |
Halabja | 1 | 1 | | 1 | | |
Vorfälle gesamt | 2 (1) | 5 | 5 | 2 | 2 | 3 (1) |
| | | | | | |
ACLED 2022
Quellen:
Al Jazeera (16.8.2021): Three Turkish soldiers killed in explosion in northern Iraq, https://www.aljazeera.com/news/2021/8/16/three-turkish-soldiers-killed-in-explosion-in-northern-iraq, Zugriff 25.8.2021
Al Monitor (7.7.2021): Militias launch spate of attacks on US positions in Iraq, https://www.al-monitor.com/originals/2021/07/militias-launch-spate-attacks-us-positions-iraq, Zugriff 25.8.2021
ACLED - Armed Conflict Location & Event Data Project (2022): 2021-01-01-2022-06-30-Middle_East-Iraq, Zugriff 6.7.2022
BS - Bertelsmann Stiftung (23.2.2022): BTI 2022 Country Report Iraq, https://www.ecoi.net/en/file/local/2069660/country_report_2022_IRQ.pdf, Zugriff 17.6.2022
Clingendael (3.2022): Turkish interventions in its near abroad: The case of the Kurdistan Region of Iraq, https://www.clingendael.org/sites/default/files/2022-03/Policy_brief_Turkish_interventions_Kurdistan_region_of_Iraq_0.pdf, Zugriff 6.7.2022
CPT - Community Peacemaker Teams (30.6.2022): Press Release: Turkish forces are killing children, wounding farmers and targeting villages under the auspices of 'Claw-Lock' operation, https://static1.squarespace.com/static/59a826c98419c278e3fc88a4/t/62bdcf25d2656d02efeb00e4/1656606505034/Civilian-Casualties-Claw-Lock-Jun2022.pdf, 21.6.2022
FAZ - Frankfurter Allgemeine Zeitung (24.4.2021): Türkei startet neue Offensive gegen Kurden im Nordirak, https://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/kampf-gegen-pkk-offensive-der-tuerkei-im-nordirak-17310447.html, Zugriff 25.8.2021
FH - Freedom House (3.3.2021): Freedom in the World 2021 – Iraq, https://www.ecoi.net/en/document/2046520.html, Zugriff 3.3.2021
Guardian, The (4.4.2021): Kurds in 'mountain prison' cower as Turkey fights PKK with drones in Iraq, https://www.theguardian.com/world/2021/apr/04/iraq-turkey-pkk-drones-kurds-kurdistan, Zugriff 20.4.2021
GIZ - Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (1.2021a): Geschichte & Staat, https://www.liportal.de/irak/geschichte-staat/, Zugriff 16.3.2021 [Anm.: Der Link ist nicht mehr abrufbar. Die Daten sind jedoch bei der Staatendokumentation archiviert und einsehbar.]
IKHRW - Iranian Kurdistan Human Rights Watch (o.D.): New Turkish base will be opened in Duhok, https://www.ikhrw.com/en/article/new-turkish-base-will-be-opened-in-duhok/, Zugriff 25.8.2021
Gov.KRD MoP - Ministry of Planning, Kurdistan Region Statistics Office [Irak - KRI] (2022): Kurdistan Region Administration Map, https://krso.gov.krd/en/map, Zugriff 6.7.2022
NRT - Nalia Radio and Television (13.3.2022): Iran’s IRGC claim responsibility for missile attack on Erbil, http://nrttv.com/En/detail6/2813, Zugriff 9.6.2022
NRT - Nalia Radio and Television (4.2.2022): Three Peshmerga wounded in ISIS attack in Qarachokh Mountains, http://nrttv.com/En/detail6/2461, Zugriff 9.6.2022
Reuters (18.6.2020): Turkey plans more military bases in north Iraq after offensive: official, https://www.reuters.com/article/us-turkey-security-iraq/turkey-plans-more-military-bases-in-north-iraq-after-offensive-official-idUSKBN23P12U, Zugriff 16.3.2021
Reuters (28.9.2007): Turkey, Iraq sign terrorism deal amid border row, https://www.reuters.com/article/us-turkey-iraq-idUSL2874027620070928, Zugriff 25.8.2021
Rudaw (5.5.2021): Duhok’s Kesta village completely evacuated overnight due to Turkish bombardments, https://www.rudaw.net/english/kurdistan/05052021, Zugriff 25.8.2021
Rudaw (24.4.2021): Turkey attacks PKK, rappels troops into Duhok: PKK media, https://www.rudaw.net/english/kurdistan/24042021, Zugriff 25.8.2021
VOA (11.5.2021): Islamic State Increases Attacks on Iraqi and Kurdish Forces, https://www.voanews.com/a/extremism-watch_islamic-state-increases-attacks-iraqi-and-kurdish-forces/6205698.html, Zugriff 25.8.2021
WKI - Washington Kurdish Institute (11.5.2021): Turkey has the largest presence in Iraq and is occupying more lands, https://dckurd.org/2021/05/11/turkey-presence-in-iraq/, Zugriff 25.8.2021
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Wing, Joel, Musings on Iraq (11.5.2022): Islamic State Returns In Iraq With Ramadan Offensive, http://musingsoniraq.blogspot.com/2022/05/islamic-state-returns-in-iraq-during.html, Zugriff 9.6.2022
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Wing, Joel, Musings on Iraq (2.8.2021): Violence Picks Up Again In Iraq In July 2021, http://musingsoniraq.blogspot.com/2021/08/violence-picks-up-again-in-iraq-in-july.html, Zugriff 25.8.2021
Wing, Joel, Musings on Iraq (6.7.2021): Security In Iraq June 2021, http://musingsoniraq.blogspot.com/2021/07/security-in-iraq-june-2021.html, Zugriff 25.8.2021
Wing, Joel, Musings on Iraq (7.6.2021): Islamic State’s Offensive Appears Over While Pro-Iran Groups Maintain Campaign In May 2021, http://musingsoniraq.blogspot.com/2021/06/islamic-states-offensive-appears-over.html, Zugriff 25.8.2021
Wing, Joel, Musings on Iraq (3.5.2021): Islamic State Ramadan Offensive Begins, Pro-Iran Groups Increase Attacks In April 2021, http://musingsoniraq.blogspot.com/2021/05/islamic-state-ramadan-offensive-begins.html, Zugriff 25.8.2021
Wing, Joel, Musings on Iraq (8.3.2021): IS Winter Break Continues In Feb While Pro-Iran Groups Picking Up Attacks, http://musingsoniraq.blogspot.com/2021/03/is-winter-break-continues-in-feb-while.html, Zugriff 25.8.2021
Wing, Joel, Musings on Iraq (4.2.2021): Violence Continues To Decline In Iraq Winter 2020-21, https://musingsoniraq.blogspot.com/2021/02/violence-continues-to-decline-in-iraq.html, Zugriff 25.8.2021
Rechtsschutz / Justizwesen
Rechtsschutz / Justizwesen im Föderal Irak
Letzte Änderung: 11.08.2022
Die irakische Gerichtsbarkeit ist in drei Bereiche unterteilt:
1. Die ordentliche Justiz, bestehend aus dem Obersten Justizrat, dem Kassationsgerichtshof, dem stellvertretenden Vorsitzenden des Kassationsgerichtshofs, der Staatsanwaltschaft, der Justizaufsichtsbehörde und dem Berufungsgericht (BS 23.2.2022, S.13; vgl. Fanack 8.7.2020).1. Die ordentliche Justiz, bestehend aus dem Obersten Justizrat, dem Kassationsgerichtshof, dem stellvertretenden Vorsitzenden des Kassationsgerichtshofs, der Staatsanwaltschaft, der Justizaufsichtsbehörde und dem Berufungsgericht (BS 23.2.2022, S.13; vergleiche Fanack 8.7.2020).
2. die Verfassungsgerichtsbarkeit, welche durch das oberste Bundesgericht erfüllt wird (BS 23.2.2022, S.13; vgl. AA 25.10.2021, S. 8).2. die Verfassungsgerichtsbarkeit, welche durch das oberste Bundesgericht erfüllt wird (BS 23.2.2022, S.13; vergleiche AA 25.10.2021, Sitzung 8).
3. eine Verwaltungsgerichtsbarkeit, welche die Militärgerichtsbarkeit, Gerichte der inneren Sicherheitskräfte und die Gerichte des Obersten Justizrats umfasst (BS 23.2.2022, S.13).
Das Rechtssystem basiert auf einer Mischung aus zivilem und islamischem Recht (Fanack 8.7.2020).
Die Verfassung garantiert die Unabhängigkeit der Justiz (Stanford 2013; vgl. AA 25.10.2021, S.8, USDOS 12.4.2022, GIZ 1.2021a, BS 23.2.2022, S.13), jedoch schränken bestimmte gesetzliche Bestimmungen die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit der Justiz ein (USDOS 12.4.2022). Die Justiz wird von mächtigen politischen Eliten und Parteien politisiert (BS 23.2.2022, S.13; vgl. FH 28.2.2022). Sie ist von Korruption, politischem Druck, Stammeskräften und religiösen Interessen beeinflusst. Aufgrund von Misstrauen gegenüber Gerichten oder fehlendem Zugang zu diesen wenden sich viele Iraker an Stammesinstitutionen, um Streitigkeiten beizulegen, selbst wenn es sich um schwere Verbrechen handelt (FH 28.2.2022).Die Verfassung garantiert die Unabhängigkeit der Justiz (Stanford 2013; vergleiche AA 25.10.2021, S.8, USDOS 12.4.2022, GIZ 1.2021a, BS 23.2.2022, S.13), jedoch schränken bestimmte gesetzliche Bestimmungen die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit der Justiz ein (USDOS 12.4.2022). Die Justiz wird von mächtigen politischen Eliten und Parteien politisiert (BS 23.2.2022, S.13; vergleiche FH 28.2.2022). Sie ist von Korruption, politischem Druck, Stammeskräften und religiösen Interessen beeinflusst. Aufgrund von Misstrauen gegenüber Gerichten oder fehlendem Zugang zu diesen wenden sich viele Iraker an Stammesinstitutionen, um Streitigkeiten beizulegen, selbst wenn es sich um schwere Verbrechen handelt (FH 28.2.2022).
Premierminister al-Kadhimi hat die Justiz erfolgreich entpolitisiert, indem er sich nicht in ihre Angelegenheiten eingemischt hat und auch anderen politischen Parteien nicht erlaubt, dies zu tun (BS 23.2.2022, S.13).
Die Verfassung garantiert das Recht auf einen fairen und öffentlichen Prozess für alle Bürger (USDOS 12.4.2022) und das Recht auf Rechtsbeistand für alle verhafteten Personen (CEDAW 30.9.2019; vgl. HRW 13.1.2022). Dennoch verabsäumen es Beamte routinemäßig, Angeklagte unverzüglich oder detailliert über die gegen sie erhobenen Vorwürfe zu informieren. In zahlreichen Fällen dienen erzwungene Geständnisse als primäre Beweisquelle. Beobachter berichteten, dass Verfahren nicht den internationalen Standards entsprechen (USDOS 12.4.2022). Die Verfassung garantiert das Recht auf einen fairen und öffentlichen Prozess für alle Bürger (USDOS 12.4.2022) und das Recht auf Rechtsbeistand für alle verhafteten Personen (CEDAW 30.9.2019; vergleiche HRW 13.1.2022). Dennoch verabsäumen es Beamte routinemäßig, Angeklagte unverzüglich oder detailliert über die gegen sie erhobenen Vorwürfe zu informieren. In zahlreichen Fällen dienen erzwungene Geständnisse als primäre Beweisquelle. Beobachter berichteten, dass Verfahren nicht den internationalen Standards entsprechen (USDOS 12.4.2022).
Korruption oder Einschüchterung beeinflussen Berichten zufolge einige Richter in Strafsachen auf der Prozessebene und bei der Berufung vor dem Kassationsgericht. Zahlreiche Drohungen und Morde durch konfessionelle, extremistische und kriminelle Elemente oder Stämme beeinträchtigten die Unabhängigkeit der Justiz. Richter, Anwälte und ihre Familienangehörigen sind häufig mit Morddrohungen und Angriffen konfrontiert (USDOS 12.4.2022).
Eine Verfolgung von Straftaten findet nur unzureichend statt. Es mangelt an ausgebildeten, unbelasteten Richtern (AA 25.10.2021, S.12). Strafverfahren sind zutiefst mangelhaft. Willkürliche Verhaftungen, einschließlich Verhaftungen ohne Haftbefehl, sind üblich (FH 28.2.2022). Eine rechtsstaatliche Tradition gibt es nicht. Häufig werden übermäßig hohe Strafen verhängt (AA 25.10.2021, S.22). Obwohl nach irakischem Strafprozessrecht Untersuchungshäftlinge binnen 24 Stunden einem Untersuchungsrichter vorgeführt werden müssen, wird diese Frist nicht immer respektiert und zuweilen erheblich ausgedehnt (AA 25.10.2021, S.22; vgl. HRW 13.1.2022). Es gibt häufig Fälle überlanger Untersuchungshaft, ohne dass die Betroffenen, wie vom irakischen Gesetz vorgesehen, einem Richter oder Staatsanwalt vorgeführt würden (AA 25.10.2021, S.22). Freilassungen erfolgen mitunter nur gegen Bestechungszahlungen. Insbesondere Sunniten beschweren sich über "schiitische Siegerjustiz" und einseitige Anwendung der bestehenden Gesetze zu ihren Lasten (AA 25.10.2021, S.12). Das seit 2004 geltende Notstandsgesetz ermöglicht der Regierung Festnahmen und Durchsuchungen unter erleichterten Bedingungen (AA 25.10.2021, S.22).Eine Verfolgung von Straftaten findet nur unzureichend statt. Es mangelt an ausgebildeten, unbelasteten Richtern (AA 25.10.2021, S.12). Strafverfahren sind zutiefst mangelhaft. Willkürliche Verhaftungen, einschließlich Verhaftungen ohne Haftbefehl, sind üblich (FH 28.2.2022). Eine rechtsstaatliche Tradition gibt es nicht. Häufig werden übermäßig hohe Strafen verhängt (AA 25.10.2021, S.22). Obwohl nach irakischem Strafprozessrecht Untersuchungshäftlinge binnen 24 Stunden einem Untersuchungsrichter vorgeführt werden müssen, wird diese Frist nicht immer respektiert und zuweilen erheblich ausgedehnt (AA 25.10.2021, S.22; vergleiche HRW 13.1.2022). Es gibt häufig Fälle überlanger Untersuchungshaft, ohne dass die Betroffenen, wie vom irakischen Gesetz vorgesehen, einem Richter oder Staatsanwalt vorgeführt würden (AA 25.10.2021, S.22). Freilassungen erfolgen mitunter nur gegen Bestechungszahlungen. Insbesondere Sunniten beschweren sich über "schiitische Siegerjustiz" und einseitige Anwendung der bestehenden Gesetze zu ihren Lasten (AA 25.10.2021, S.12). Das seit 2004 geltende Notstandsgesetz ermöglicht der Regierung Festnahmen und Durchsuchungen unter erleichterten Bedingungen (AA 25.10.2021, S.22).
Die Behörden verletzen systematisch die Verfahrensrechte von Personen, die verdächtigt werden, dem sogenannten Islamischen Staat (IS) anzugehören (FH 28.2.2022; vgl. HRW 13.1.2022). Menschenrechtsgruppen kritisierten, insbesondere in Terrorismusverfahren, die systematische Verweigerung des Zugangs der Angeklagten zu einem Rechtsbeistand und die kurzen, summarischen Gerichtsverfahren mit wenigen Beweismitteln für spezifische Verbrechen, abgesehen von vermeintlichen Verbindungen der Angeklagten zum IS (HRW 13.1.2022; vgl. CEDAW 30.9.2019). Rechtsanwälte beklagen einen häufig unzureichenden Zugang zu ihren Mandanten, wodurch eine angemessene Beratung erschwert wird. Viele Angeklagte treffen ihre Anwälte zum ersten Mal während der ersten Anhörung und haben nur begrenzten Zugang zu Rechtsbeistand während der Untersuchungshaft. Dies gilt insbesondere für die Anti-Terror-Gerichte, wo Justizbeamte Berichten zufolge versuchen, Schuldsprüche und Urteilsverkündungen für Tausende von verdächtigen IS-Mitgliedern in kurzer Zeit abzuschließen (USDOS 12.4.2022). 2018 dauerten einige Prozesse, die ein Todesurteil zur Folge hatten, nur etwa 20 Minuten und Hunderte von Familienangehörigen mutmaßlicher IS-Kämpfer wurden willkürlich inhaftiert (FH 28.2.2022). Anwälte, die Familien mit vermeintlicher IS-Zugehörigkeit unterstützen, berichten bedroht zu werden (USDOS 30.3.2021).Die Behörden verletzen systematisch die Verfahrensrechte von Personen, die verdächtigt werden, dem sogenannten Islamischen Staat (IS) anzugehören (FH 28.2.2022; vergleiche HRW 13.1.2022). Menschenrechtsgruppen kritisierten, insbesondere in Terrorismusverfahren, die systematische Verweigerung des Zugangs der Angeklagten zu einem Rechtsbeistand und die kurzen, summarischen Gerichtsverfahren mit wenigen Beweismitteln für spezifische Verbrechen, abgesehen von vermeintlichen Verbindungen der Angeklagten zum IS (HRW 13.1.2022; vergleiche CEDAW 30.9.2019). Rechtsanwälte beklagen einen häufig unzureichenden Zugang zu ihren Mandanten, wodurch eine angemessene Beratung erschwert wird. Viele Angeklagte treffen ihre Anwälte zum ersten Mal während der ersten Anhörung und haben nur begrenzten Zugang zu Rechtsbeistand während der Untersuchungshaft. Dies gilt insbesondere für die Anti-Terror-Gerichte, wo Justizbeamte Berichten zufolge versuchen, Schuldsprüche und Urteilsverkündungen für Tausende von verdächtigen IS-Mitgliedern in kurzer Zeit abzuschließen (USDOS 12.4.2022). 2018 dauerten einige Prozesse, die ein Todesurteil zur Folge hatten, nur etwa 20 Minuten und Hunderte von Familienangehörigen mutmaßlicher IS-Kämpfer wurden willkürlich inhaftiert (FH 28.2.2022). Anwälte, die Familien mit vermeintlicher IS-Zugehörigkeit unterstützen, berichten bedroht zu werden (USDOS 30.3.2021).
In den von Bagdad kontrollierten Gebieten können Kinder ab dem Alter von neun Jahren strafrechtlich verfolgt werden, was gegen internationale Standards verstößt (HRW 13.1.2022). Ein Komitee in Mossul verbesserte den Umgang mit der strafrechtlichen Verfolgung von Kindern, die verdächtigt werden, dem IS anzugehören (HRW 13.1.2021).
Nach Ansicht der Regierung gibt es im Irak keine politischen Gefangenen. Alle inhaftierten Personen haben demnach gegen Strafgesetze verstoßen. Politische Gegner der Regierung behaupteten jedoch, diese habe Personen wegen politischer Aktivitäten oder Überzeugungen unter dem Vorwand von Korruption, Terrorismus und Mord inhaftiert oder zu inhaftieren versucht. Eine Beurteilung ist kaum möglich, aufgrund mangelnder Transparenz seitens der Regierung, Korruption während der Verfahren und wegen des eingeschränkten Zugangs zu Gefangenen, insbesondere solchen, die in Einrichtungen der Terrorismusbekämpfung, der Geheimdienste und des Militärs inhaftiert sind (USDOS 12.4.2022).
Am 28.3.2018 kündigte das irakische Justizministerium die Bildung einer Gruppe von 47 Stammesführern an, genannt al-Awaref, die sich als Schiedsrichter mit der Schlichtung von Stammeskonflikten beschäftigen soll. Die Einrichtung dieses Stammesgerichts wird durch Personen der Zivilgesellschaft als ein Untergraben der staatlichen Institution angesehen (Al Monitor 12.4.2018; vgl. UK Home Office 2.2020). Das informelle irakische Stammesjustizsystem überschneidet und koordiniert sich mit dem formellen Justizsystem (TCF 7.11.2019).Am 28.3.2018 kündigte das irakische Justizministerium die Bildung einer Gruppe von 47 Stammesführern an, genannt al-Awaref, die sich als Schiedsrichter mit der Schlichtung von Stammeskonflikten beschäftigen soll. Die Einrichtung dieses Stammesgerichts wird durch Personen der Zivilgesellschaft als ein Untergraben der staatlichen Institution angesehen (Al Monitor 12.4.2018; vergleiche UK Home Office 2.2020). Das informelle irakische Stammesjustizsystem überschneidet und koordiniert sich mit dem formellen Justizsystem (TCF 7.11.2019).
In Ermangelung von Recht und Ordnung - oder zumindest des Vertrauens in das Rechtssystem - greifen immer mehr Iraker auf die Stammesjustiz zurück (AW 29.6.2019; vgl. FH 28.2.2022, UK Home Office 3.2021). Stammesgerichte beschäftigen sich mit kommerziellen und kriminellen Angelegenheiten, Diebstahl, bewaffneten Konflikten, Körperverletzung und Mord sowie deren Beilegung durch Entschädigungszahlungen (Blutgeld oder diya), den Austausch von Frauen und Mädchen, Heirat und Vergeltung (UK Home Office 3.2021).In Ermangelung von Recht und Ordnung - oder zumindest des Vertrauens in das Rechtssystem - greifen immer mehr Iraker auf die Stammesjustiz zurück (AW 29.6.2019; vergleiche FH 28.2.2022, UK Home Office 3.2021). Stammesgerichte beschäftigen sich mit kommerziellen und kriminellen Angelegenheiten, Diebstahl, bewaffneten Konflikten, Körperverletzung und Mord sowie deren Beilegung durch Entschädigungszahlungen (Blutgeld oder diya), den Austausch von Frauen und Mädchen, Heirat und Vergeltung (UK Home Office 3.2021).
Im südirakischen Basra berichten Einwohner über sogenannte "degga ashairiya" (Stammeswarnungen). Bei diesem alten Brauch zur Beilegung von Streitigkeiten versammeln sich bewaffnete Angehörige eines Stammes vor dem Haus eines Angehörigen eines gegnerischen Stammes und beschießen dieses, bis sich dieser bereit erklärt, herauszukommen und einen Streit durch Verhandlungen beizulegen. Wenn er sich weigert zu verhandeln oder keine Einigung erzielt wird, kann dies zu mehr Gewalt und manchmal auch zu Todesopfern führen (AW 29.6.2019).
Quellen:
AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (25.10.2021): Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak (Stand: Oktober 2021), https://www.ecoi.net/en/file/local/2063378/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Republik_Irak_%28Stand_Oktober_2021%29%2C_25.10.2021.pdf, Zugriff 1.12.2021
Al Monitor (12.4.2018): Will Iraq's new 'tribal court' undermine rule of law?, https://www.al-monitor.com/pulse/originals/2018/04/iraq-tribalism-sheikhs-justice-law.html, Zugriff 2.2.2021
AW - The Arab Weekly (29.6.2019): Tribal feuds pushing many Iraqis to leave Basra, https://thearabweekly.com/tribal-feuds-pushing-many-iraqis-leave-basra, Zugriff 28.1.2021
BS - Bertelsmann Stiftung (23.2.2022): BTI 2022 Country Report Iraq, https://www.ecoi.net/en/file/local/2069660/country_report_2022_IRQ.pdf, Zugriff 17.6.2022
CEDAW - UN Committee on the Elimination of Discrimination Against Women (30.9.2019): The Compliance of Iraq with Convention on the Elimination of All Forms of Discrimination against Women; Alternative Report about the Death Penalty, https://tbinternet.ohchr.org/Treaties/CEDAW/Shared Documents/IRQ/INT_CEDAW_CSS_IRQ_37410_E.DOCX, Zugriff 28.1.2021
Fanack (8.7.2020): Governance & Politics of Iraq, https://fanack.com/iraq/governance-and-politics-of-iraq/, Zugriff 28.1.2021
FH - Freedom House (28.2.2022): Freedom in the World 2022 - Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/2068634.html, Zugriff 7.6.2022
GIZ - Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (1.2021a): Irak - Geschichte & Staat, https://www.liportal.de/irak/geschichte-staat/, Zugriff 16.3.2021 [Anm.: Der Link ist nicht mehr abrufbar. Die Daten sind jedoch bei der Staatendokumentation archiviert und einsehbar.]
HRW - Human Rights Watch (13.1.2022): World Report 2022 - Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/2066472.html, Zugriff 21.1.2022
HRW - Human Rights Watch (13.1.2021): World Report 2021 - Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/2043505.html, Zugriff 28.1.2021
Stanford - Stanford Law School (2013): Constitutional Law of Iraq, https://law.stanford.edu/wp-content/uploads/2018/04/ILEI-Constitutional-Law-2013.pdf, Zugriff 28.1.2021
TCF - The Century Foundation (7.11.2019): Tribal Justice in a Fragile Iraq, https://tcf.org/content/report/tribal-justice-fragile-iraq/?agreed=1, Zugriff 2.2.2021
UK Home Office [UK] (3.2021): Country Policy and Information Note Iraq: ‘Honour’ crimes, https://www.ecoi.net/en/file/local/2048206/Iraq_-_Honour_Crimes_-_CPIN_-_v2.0_-_March_2021_-_EXT.pdf , Zugriff 1.4.2021
UK Home Office [UK] (2.2020): Country Policy and Information Note Iraq: Blood feuds, https://www.ecoi.net/en/file/local/2025236/Iraq_-_Blood_Feuds_-_CPIN_v2.0_-_Feb_2020_-_EXT__004_.pdf, Zugriff 2.2.2021
USDOS - US Department of State [USA] (12.4.2022): 2021 Country Report on Human Rights Practices: Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/2071125.html, Zugriff 7.6.2022
USDOS - US Department of State [USA] (30.3.2021): 2020 Country Report on Human Rights Practices: Iraq, https://www.ecoi.net/en/document/2048100.html, Zugriff 1.4.2021
Rechtsschutz / Justizwesen in der Kurdistan Region Irak (KRI)
Letzte Änderung: 11.08.2022
Auch in der Kurdistan Region Irak (KRI) gibt es Defizite der rechtsstaatlichen Praxis, wenngleich das Justizsystem grundsätzlich funktional ist (AA 25.10.2021, S.12). Der Kurdische Justizrat ist rechtlich, finanziell und administrativ unabhängig vom Justizministerium der Kurdischen Regionalregierung (KRG), die Exekutive beeinflusst jedoch politisch sensible Fälle. Ebenso nehmen die regional stärksten Parteien Einfluss auf Ernennungen von Richtern und auf Urteile (USDOS 12.4.2022).
Beamte der KRI berichten, dass Staatsanwälte und Verteidiger bei der Durchführung ihrer Arbeit häufig auf Hindernisse stoßen, und dass Prozesse aus administrativen Gründen unnötig verzögert werden (USDOS 12.4.2022). COVID-19-Präventivmaßnahmen und Schließungen stellten im Jahr 2020 zusätzliche Hindernisse für die Abwicklung von Gerichtsverfahren dar (USDOS 30.3.2021). Nach Angaben der Unabhängigen Menschenrechtskommission der KRI (IHRCKR) bleiben Häftlinge auch nach gerichtlicher Anordnung ihrer Freilassung für längere Zeit in den Einrichtungen des internen Sicherheitsdienstes der KRI (USDOS 12.4.2022).
Es gibt Berichte darüber, dass Männern und Buben, insbesondere solchen, denen vorgeworfen wurde mit dem Islamischen Staat (IS) in Verbindung zu stehen, ihr Recht auf eine angemessene Verteidigung verweigert wurde. Personen, die des Kurdischen nicht mächtig sind, wurde kein Dolmetscherdienst zur Verfügung gestellt, bereitgestellte Anwälte sprachen erst am Tag der Verhandlung mit ihren Mandanten, und Gerichtsverhandlungen wurden in Schnellverfahren geführt, wobei keine Untersuchungen über Behauptungen von Folter und anderen Misshandlungen eingeleitet wurden (AI 11.2020).
In der KRI können Kinder ab dem Alter von elf Jahren strafrechtlich verfolgt werden, was gegen internationale Standards verstößt (HRW 13.1.2022).
Quellen:
AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (25.10.2021): Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak (Stand: Oktober 2021), https://www.ecoi.net/en/file/local/2063378/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Republik_Irak_%28Stand_Oktober_2021%29%2C_25.10.2021.pdf, Zugriff 1.12.2021
AI - Amnesty International (11.2020): Marked for Life - Displaced Iraqis in Cycle of Abuse and Stigmatization [MDE 14/3318/2020], https://www.ecoi.net/en/file/local/2041230/MDE1433182020ENGLISH.pdf, Zugriff 2.2.2021
HRW - Human Rights Watch (13.1.2022): World Report 2022 - Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/2066472.html, Zugriff 21.1.2022
USDOS - US Department of State [USA] (12.4.2022): 2021 Country Report on Human Rights Practices: Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/2071125.html, Zugriff 7.6.2022
USDOS - US Department of State [USA] (30.3.2021): 2020 Country Report on Human Rights Practices: Iraq, https://www.ecoi.net/en/document/2048100.html, Zugriff 1.4.2021
Sicherheitskräfte und Milizen
Letzte Änderung: 11.08.2022
Im Mai 2003, nach dem Sturz des Regimes von Saddam Hussein, demontierte die Koalitions-Übergangsverwaltung das irakische Militär und schickte dessen Personal nach Hause. Statt des Bisherigen war ein politisch neutrales Militär vorgesehen. Das aufgelöste Militär bildete einen großen Pool für Aufständische (Fanack 8.7.2020).
Der Irak verfügt über mehrere Sicherheitskräfte, die im ganzen Land operieren: die irakischen Sicherheitskräfte (ISF) unter dem Innen- und Verteidigungsministerium, die dem Innenministerium unterstellten Strafverfolgungseinheiten der Bundes- und Provinzpolizei, der Dienst zum Schutz von Einrichtungen, Zivil- und Grenzschutzeinheiten, die dem Öl-Ministerium unterstellte Energiepolizei zum Schutz der Erdöl-Infrastruktur sowie die dem Premierminister unterstellten Anti-Terroreinheiten und der Nachrichtendienst des Nationalen Sicherheitsdienstes (NSS).
Militäreinheiten verschiedener Zweige der irakischen Sicherheitskräfte und der Volksmobilisierungskräfte (PMF), einschließlich Stammeseinheiten, aus mehreren Provinzen, nehmen gemeinsam an Sicherheitsoperationen gegen den sog IS teil, unterstützt durch Luftstreitkräfte der irakischen Armee und der internationalen Koalition (NI 18.5.2021). Seit Anfang 2021 gibt es ein Koordinationsabkommen zwischen den ISF und den Peschmerga der Kurdischen Regionalregierung (KRG). Die Zusammenarbeit soll sich auf die Koordinierung und das Sammeln von Informationen zur Bekämpfung des IS in den sogenannten "umstrittenen Gebieten" beschränken und die Lücken zwischen den Sicherheitskräften schließen, die bisher vom IS ausgenutzt werden konnten. Es gibt auch Stimmen, die für die Bildung einer gemeinsamen Truppe einstehen (Rudaw 23.5.2021).
Neben den staatlichen Sicherheitskräften gibt es das Volksmobilisierungskomitee, eine staatlich geförderte militärische Dachorganisation, der etwa 60 Milizen angehören, die als Volksmobilisierungskräfte (PMF) bekannt sind. PMF operieren im ganzen Land. Obwohl sie Teil der irakischen Sicherheitskräfte sind und Mittel aus dem Verteidigungshaushalt der Regierung erhalten, operieren sie oft außerhalb der Kontrolle der Regierung und in Opposition zur Regierungspolitik (USDOS 12.4.2022).
Zivile Behörden haben über einen Teil der Sicherheitskräfte keine wirksame Kontrolle (USDOS 12.4.2022; vgl. BS 23.2.2022), insbesondere über bestimmte, mit dem Iran verbündete Einheiten der Volksmobilisierungskräfte (PMF) und das Popular Mobilization Committee (USDOS 12.4.2022). Außerdem wird die staatliche Kontrolle über das gesamte irakische Territorium durch die Dominanz der PMF, durch verbliebene IS-Kämpfer, durch die Arbeiterpartei Kurdistans (PKK), eine Reihe von Stämmen, Clans und andere Milizen und schließlich durch die militärischen Interventionen regionaler Mächte, insbesondere des Iran, Israels und der Türkei, beeinträchtigt (BS 23.2.2022).Zivile Behörden haben über einen Teil der Sicherheitskräfte keine wirksame Kontrolle (USDOS 12.4.2022; vergleiche BS 23.2.2022), insbesondere über bestimmte, mit dem Iran verbündete Einheiten der Volksmobilisierungskräfte (PMF) und das Popular Mobilization Committee (USDOS 12.4.2022). Außerdem wird die staatliche Kontrolle über das gesamte irakische Territorium durch die Dominanz der PMF, durch verbliebene IS-Kämpfer, durch die Arbeiterpartei Kurdistans (PKK), eine Reihe von Stämmen, Clans und andere Milizen und schließlich durch die militärischen Interventionen regionaler Mächte, insbesondere des Iran, Israels und der Türkei, beeinträchtigt (BS 23.2.2022).
Quellen:
BS - Bertelsmann Stiftung (23.2.2022): BTI 2022 Country Report Iraq, https://www.ecoi.net/en/file/local/2069660/country_report_2022_IRQ.pdf, Zugriff 17.6.2022
Fanack (8.7.2020): Governance & Politics of Iraq, https://fanack.com/iraq/governance-and-politics-of-iraq/, Zugriff 28.1.2021
NI - Newlines Institute (18.5.2021): ISIS in Iraq: Weakened but Agile, https://newlinesinstitute.org/iraq/isis-in-iraq-weakened-but-agile/?ref=nl, Zugriff 20.5.2021
Rudaw (23.5.2021): Peshmerga-Iraq cooperation will ‘close that gap,’ cut off ISIS: Coalition, https://www.rudaw.net/english/middleeast/iraq/230520212, Zugriff 3.6.2021
USDOS - US Department of State [USA] (12.4.2022): 2021 Country Report on Human Rights Practices: Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/2071125.html, Zugriff 7.6.2022
Die irakischen Sicherheitskräfte (ISF)
Letzte Änderung: 11.08.2022
Die irakischen Sicherheitskräfte (ISF, Iraqi Security Forces) bestehen aus Einheiten, die vom Innen- und Verteidigungsministerium, den Volksmobilisierungseinheiten (PMF), und dem Counter-Terrorism Service (CTS) verwaltet werden. Das Innenministerium ist für die innerstaatliche Strafverfolgung und die Aufrechterhaltung der Ordnung zuständig. Es beaufsichtigt die Bundespolizei, die Provinzpolizei, den Dienst für den Objektschutz, den Zivilschutz und das Ministerium für den Grenzschutz. Die Energiepolizei, die dem Ölministerium unterstellt ist, ist für den Schutz von kritischer Erdöl-Infrastruktur verantwortlich. Konventionelle Streitkräfte, die dem Verteidigungsministerium unterstehen, sind für die Verteidigung des Landes zuständig, führen aber in Zusammenarbeit mit Einheiten des Innenministeriums auch Einsätze zur Terrorismusbekämpfung sowie interne Sicherheitseinsätze durch. Der CTS ist direkt dem Premierminister unterstellt und überwacht das Counter-Terrorism Command (CTC), eine Organisation, zu der drei Brigaden von Spezialeinsatzkräften gehören (USDOS 12.4.2022).
Die irakischen Streit- und Sicherheitskräfte dürften mittlerweile wieder ca. 150.000 bis 185.000 Armee-Angehörige (ohne PMF und Peshmerga) und über 100.000 Polizisten umfassen. Die Anwendung bestehender Gesetze ist nicht gesichert. Es gibt kein Polizeigesetz, die individuellen Befugnisse einzelner Polizisten sind sehr weitreichend (AA 25.10.2021, S.9).
Straffreiheit für Angehörige der Sicherheitskräfte ist ein Problem. Es gibt Berichte über Folter und Misshandlungen im ganzen Land in Einrichtungen des Innen- und Verteidigungsministeriums, sowie über extra-legale Tötungen (USDOS 12.4.2022). Den Sicherheitskräften werden zahlreiche Fälle von Verschwindenlassen zur Last gelegt: Im Zuge von Antiterror-Operationen, aber auch an Checkpoints, wurden nach 2014 junge, vorwiegend sunnitische Männer gefangen genommen (AA 25.10.2021, S.9).
Nach der Rückkehr der Zentralregierung nach Kirkuk Ende 2017 klagten mehrere Gemeinschaften ethnischer und religiöser Minderheiten über Diskriminierung, Vertreibung und gelegentliche Gewalt auch durch Sicherheitskräfte der Regierung (DFAT 17.8.2020, S.20).
Die irakischen Sicherheitskräfte, Armee, Bundes- und lokale Polizei werden bei ihrer Professionalisierung durch internationale Militär-und Polizeiausbildung unterstützt (AA 25.10.2021, S.9).
Quellen:
AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (25.10.2021): Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak (Stand: Oktober 2021), https://www.ecoi.net/en/file/local/2063378/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Republik_Irak_%28Stand_Oktober_2021%29%2C_25.10.2021.pdf, Zugriff 1.12.2021
DFAT – Australian Government - Department of Foreign Affairs and Trade [Australien] (17.8.2020): DFAT Country Information Report Iraq, https://www.ecoi.net/en/file/local/2036511/country-information-report-iraq.pdf, Zugriff 23.8.2021
USDOS - US Department of State [USA] (12.4.2022): 2021 Country Report on Human Rights Practices: Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/2071125.html, Zugriff 7.6.2022
Volksmobilisierungskräfte (PMF) / al-Hashd ash-Sha‘bi
Letzte Änderung: 11.08.2022
Der Name "Volksmobilisierungskräfte" (arab: al-Hashd ash-Sha‘bi, engl.: Popular Mobilization Forces - PMF oder auch Popular Mobilization Units - PMU) bezeichnet eine Dachorganisation, ein loses Bündnis von etwa 40 bis 70 Milizen (USDOS 12.4.2022; vgl. FPRI 19.8.2019, Clingendael 6.2018, S.1f, Wilson Center 27.4.2018), die, je nach Quelle, zwischen 45.000 und 142.000 Kämpfer umfassen (ICG 30.7.2018). Die PMF formierten sich 2014 infolge eines Rechtsgutachtens, einer sogenannten Fatwa, durch Ayatollah Ali as-Sistani, welcher darin zum Kampf gegen den vorrückenden Islamischen Staat (IS) aufrief (SWP 8.2016, S.2-4; vgl. TCF 5.3.20218, S.2, EPIC 5.2020). Die irakische Regierung bemühte sich hernach, die Kontrolle über diese zu bewahren, indem sie am 15.6.2014 eine Kommission (auch Komitee genannt) der Volksmobilisierung bildete, das formal dem Ministerpräsidenten untersteht (SWP 8.2016, S.4). Alle PMF sind offiziell dem Vorsitzenden des Ausschusses für Volksmobilisierung und somit letztlich dem Premierminister unterstellt. In der Praxis unterstehen mehrere Einheiten auch dem Iran und seinem Korps der Islamischen Revolutionsgarden (USDOS 12.4.2022).Der Name "Volksmobilisierungskräfte" (arab: al-Hashd ash-Sha‘bi, engl.: Popular Mobilization Forces - PMF oder auch Popular Mobilization Units - PMU) bezeichnet eine Dachorganisation, ein loses Bündnis von etwa 40 bis 70 Milizen (USDOS 12.4.2022; vergleiche FPRI 19.8.2019, Clingendael 6.2018, S.1f, Wilson Center 27.4.2018), die, je nach Quelle, zwischen 45.000 und 142.000 Kämpfer umfassen (ICG 30.7.2018). Die PMF formierten sich 2014 infolge eines Rechtsgutachtens, einer sogenannten Fatwa, durch Ayatollah Ali as-Sistani, welcher darin zum Kampf gegen den vorrückenden Islamischen Staat (IS) aufrief (SWP 8.2016, S.2-4; vergleiche TCF 5.3.20218, S.2, EPIC 5.2020). Die irakische Regierung bemühte sich hernach, die Kontrolle über diese zu bewahren, indem sie am 15.6.2014 eine Kommission (auch Komitee genannt) der Volksmobilisierung bildete, das formal dem Ministerpräsidenten untersteht (SWP 8.2016, S.4). Alle PMF sind offiziell dem Vorsitzenden des Ausschusses für Volksmobilisierung und somit letztlich dem Premierminister unterstellt. In der Praxis unterstehen mehrere Einheiten auch dem Iran und seinem Korps der Islamischen Revolutionsgarden (USDOS 12.4.2022).
Die PMF sind keine einheitliche Organisation, sondern bestehen aus einer Reihe von Netzwerken, die sich in ihrer Struktur und ihren Verbindungen zueinander und zu anderen Akteuren im Staat unterscheiden (CH 2.2021, S.9). Sie haben unterschiedliche Organisationsformen, Einfluss und Haltungen zum irakischen Staat (Clingendael 6.2018, S.3f). Die PMF weisen ein breites Spektrum auf, sowohl organisatorisch und ideologisch als auch in Bezug auf die religiöse Zusammensetzung der einzelnen Formationen. Die PMF bestehen aus Einheiten mit unterschiedlicher Geschichte, Zugehörigkeit und Loyalität (TCF 5.3.2018, S.3). Die PMF haben nach dem erfolgreichen Kampf gegen den IS, der israelisch-iranischen Eskalation und dem Rückzug der USA aus dem Gemeinsamen Umfassenden Aktionsplan (JCPOA, "Atomabkommen") mit dem Iran im Jahr 2018 enorm an Einfluss gewonnen (BS 23.2.2022, S. 7).Die PMF sind keine einheitliche Organisation, sondern bestehen aus einer Reihe von Netzwerken, die sich in ihrer Struktur und ihren Verbindungen zueinander und zu anderen Akteuren im Staat unterscheiden (CH 2.2021, S.9). Sie haben unterschiedliche Organisationsformen, Einfluss und Haltungen zum irakischen Staat (Clingendael 6.2018, S.3f). Die PMF weisen ein breites Spektrum auf, sowohl organisatorisch und ideologisch als auch in Bezug auf die religiöse Zusammensetzung der einzelnen Formationen. Die PMF bestehen aus Einheiten mit unterschiedlicher Geschichte, Zugehörigkeit und Loyalität (TCF 5.3.2018, S.3). Die PMF haben nach dem erfolgreichen Kampf gegen den IS, der israelisch-iranischen Eskalation und dem Rückzug der USA aus dem Gemeinsamen Umfassenden Aktionsplan (JCPOA, "Atomabkommen") mit dem Iran im Jahr 2018 enorm an Einfluss gewonnen (BS 23.2.2022, Sitzung 7).
Die PMF werden grob in drei Gruppen eingeteilt: Erstens die pro-iranischen schiitischen Milizen und zweitens die nationalistisch-schiitischen Milizen, die den iranischen Einfluss ablehnen. Letztere nehmen eine positivere Haltung gegenüber der irakischen Regierung ein und sprechen sich für die Auflösung der PMF und die Eingliederung ihrer Mitglieder in die irakische Armee bzw. Polizei aus. Und drittens gibt es die heterogene Gruppe der nicht-schiitischen Milizen, die üblicherweise nicht auf einem nationalen Level operieren, sondern lokal aktiv sind. Zu Letzteren zählen beispielsweise die mehrheitlich sunnitischen Stammesmilizen und die kurdisch-jesidischen "Sinjar Widerstandseinheiten". Letztere haben Verbindungen zur Kurdischen Arbeiterpartei (PKK) in der Türkei und zu den Volksverteidigungseinheiten (YPG) in Syrien (Clingendael 6.2018, S.3f). Die Mehrheit der PMF-Einheiten ist somit schiitisch, was auch die Demografie des Landes widerspiegelt. Sunnitische, jesidische, christliche und andere "Minderheiten-Einheiten" der PMF sind im Allgemeinen in oder in der Nähe ihrer Heimatregionen tätig (USDOS 12.4.2022).
Die PMF wurden im Dezember 2016 (erstmals) formell in die irakischen Streitkräfte integriert (AA 22.1.2021, S.16; vgl. FPRI 19.8.2019). Allerdings hat die gewählte offizielle Formulierung, welche die PMF als Teil der Sicherheitskräfte des Landes bezeichnet und sie gleichzeitig als "unabhängig" definiert, viel Raum für Interpretationen gelassen (ICSR 1.11.2018, S.5). Seit 2017 unterstehen die PMF formell dem Oberbefehl des irakischen Ministerpräsidenten, dessen tatsächliche Einflussmöglichkeiten aber weiterhin als begrenzt gelten (AA 25.10.2021, S.15; vgl. FPRI 19.8.2019). Am 8.3.2018 brachte der damalige irakische Ministerpräsident Haider al-Abadi eine Proklamation ein, mit der die Mitglieder der PMF in die irakischen Sicherheitskräfte eingegliedert wurden, wobei sie dasselbe Gehalt wie die Angehörigen des Militärs erhalten, denselben Gesetzen unterworfen werden und Zugang zu Militärschulen und Militärinstituten erhalten sollten (EPIC 5.2020). Am 1.7.2018 folgte ein dementsprechendes Dekret, wonach der Regierungschef als Oberkommandierender der PMF deren Vorsitzenden ernennt. Bewaffneten Gruppen, die offen oder verdeckt außerhalb der Bestimmungen des Dekrets arbeiten, gelten demnach als illegal und werden entsprechend verfolgt (1000 IT 11.7.2019). Trotz dieser und weiterer Versuche der Regierung, die PMF zu regulieren und zu kontrollieren, operieren viele der mächtigsten Gruppierungen der PMF weiterhin außerhalb der formalen Befehlskette und führen illegale, politische, wirtschaftliche und sicherheitsrelevante Aktivitäten durch (EPIC 5.2020). Verschiedene PMF-Einheiten haben sogar Militärindustrien im Irak aufgebaut, von simpler Ausrüstung und Munition bis mutmaßlich zur Produktion von Artilleriegranaten (WI 23.3.2020, S.70f). Die begrenzten Einflussmöglichkeiten des Premierministers haben es den PMF erlaubt, Parallelstrukturen im Zentralirak und im Süden des Landes aufzubauen (AA 25.10.2021, S.16).Die PMF wurden im Dezember 2016 (erstmals) formell in die irakischen Streitkräfte integriert (AA 22.1.2021, S.16; vergleiche FPRI 19.8.2019). Allerdings hat die gewählte offizielle Formulierung, welche die PMF als Teil der Sicherheitskräfte des Landes bezeichnet und sie gleichzeitig als "unabhängig" definiert, viel Raum für Interpretationen gelassen (ICSR 1.11.2018, S.5). Seit 2017 unterstehen die PMF formell dem Oberbefehl des irakischen Ministerpräsidenten, dessen tatsächliche Einflussmöglichkeiten aber weiterhin als begrenzt gelten (AA 25.10.2021, S.15; vergleiche FPRI 19.8.2019). Am 8.3.2018 brachte der damalige irakische Ministerpräsident Haider al-Abadi eine Proklamation ein, mit der die Mitglieder der PMF in die irakischen Sicherheitskräfte eingegliedert wurden, wobei sie dasselbe Gehalt wie die Angehörigen des Militärs erhalten, denselben Gesetzen unterworfen werden und Zugang zu Militärschulen und Militärinstituten erhalten sollten (EPIC 5.2020). Am 1.7.2018 folgte ein dementsprechendes Dekret, wonach der Regierungschef als Oberkommandierender der PMF deren Vorsitzenden ernennt. Bewaffneten Gruppen, die offen oder verdeckt außerhalb der Bestimmungen des Dekrets arbeiten, gelten demnach als illegal und werden entsprechend verfolgt (1000 IT 11.7.2019). Trotz dieser und weiterer Versuche der Regierung, die PMF zu regulieren und zu kontrollieren, operieren viele der mächtigsten Gruppierungen der PMF weiterhin außerhalb der formalen Befehlskette und führen illegale, politische, wirtschaftliche und sicherheitsrelevante Aktivitäten durch (EPIC 5.2020). Verschiedene PMF-Einheiten haben sogar Militärindustrien im Irak aufgebaut, von simpler Ausrüstung und Munition bis mutmaßlich zur Produktion von Artilleriegranaten (WI 23.3.2020, S.70f). Die begrenzten Einflussmöglichkeiten des Premierministers haben es den PMF erlaubt, Parallelstrukturen im Zentralirak und im Süden des Landes aufzubauen (AA 25.10.2021, S.16).
Die PMF-Netzwerke stehen in einer symbiotischen Beziehung zu den irakischen Sicherheitsdiensten, den politischen Parteien und der Wirtschaft. Zu ihren Mitgliedern gehören nicht nur Kämpfer, sondern auch Parlamentarier, Kabinettsminister, lokale Gouverneure, Mitglieder von Provinzräten, Geschäftsleute in öffentlichen und privaten Unternehmen, hohe Beamte, humanitäre Organisationen und Zivilisten. Politische Entscheidungsträger, die die PMF reformieren oder einschränken wollen, haben sich auf eine Reihe von Optionen verlassen: die einzelnen Gruppen gegeneinander ausspielen, alternative Sicherheitsinstitutionen aufbauen, Sanktionen gegen Einzelpersonen verhängen oder mit militärischer Gewalt vorgehen. Diese Optionen haben jedoch weder zu einer Reform der PMF-Netzwerke noch zu einer Reform des irakischen Staates geführt (CH 2.2021, S.2).
Viele PMF-Brigaden nehmen Befehle von bestimmten Parteien oder konkurrierenden Regierungsbeamten entgegen (FPRI 19.8.2019). In diesem Zusammenhang kommt vor allem der Badr-Organisation eine große Bedeutung zu: Die Milizen werden zwar von der irakischen Regierung in großem Umfang mit finanziellen Mitteln und Waffen unterstützt, unterstehen aber formal dem von der Badr-Organisation dominierten Innenministerium, wodurch keine Rede von umfassender staatlicher Kontrolle sein kann (Süß 21.8.2017). Die Kontrolle der Badr-Organisation über das Innenministerium verstärkte deren Einfluss auf die Zuteilung der staatlichen Mittel und deren Weitergabe an die einzelnen PMF-Milizen (Clingendael 6.2018, S.6).
Insbesondere mit dem Iran verbündete Einheiten operieren im ganzen Land oft außerhalb der Kontrolle der Regierung oder gar in Opposition zur Regierungspolitik (USDOS 12.4.2022). Selbiges gilt auch für die (offizielle) PMF-Kommission (USDOS 12.4.2022), welche wiederum tendenziell pro-iranische Gruppen bevorzugt hat (ICG 30.7.2018). In der Praxis sind etliche Einheiten auch dem Iran und dessen Korps der Islamischen Revolutionsgarden unterstellt (USDOS 12.4.2022). Überdies haben einige bewaffnete Gruppen, wie die der pro-iranischen Asa'ib Ahl al-Haqq, Kata'ib Hezbollah und Harakat Hezbollah an-Nujaba sowohl Kämpfer innerhalb als auch außerhalb der PMF. Diejenigen, die sich außerhalb der Truppe befinden, beteiligen sich an Aktivitäten, wie zum Beispiel Kämpfen in Syrien, die nicht zum Auftrag der Volksmobilisierungskräfte gehören (WoR 11.11.2019), denn das Wirken der PMF ist laut Gesetz auf Einsätze im Irak beschränkt. Die irakische Regierung erkennt diese Kämpfer nicht als Mitglieder der PMF an, obwohl ihre Organisationen Teile der PMF sind (USDOS 13.3.2019). Die Präsenz pro-iranischer PMF-Milizen, namentlich der Kata'ib Hezbollah und der Kata'ib Sayyid ash-Shuhada, in Syrien nahe oder an der Grenze zum Irak belegen Berichte über Angriffe auf Einrichtungen der US-Armee und Vergeltungsmaßnahmen seitens der US-Streitkräfte im Verlaufe des Jahres 2021 (RFE/RL 27.6.2021; vlg. BBC 28.6.2021).
Die PMF sind vor allem Sicherheitsakteure. Ihr Beitrag im Kampf gegen den IS und beim Halten von Gebieten nach der Vertreibung des IS sind wichtige Faktoren für ihren aktuellen, mächtigen Status. Als staatlich anerkannte Sicherheitskräfte kontrollieren ihre Mitglieder ein bedeutendes Territorium und strategische Gebiete im Irak, größtenteils in Zusammenarbeit mit anderen staatlichen Sicherheitsbehörden. Manchmal nützen die PMF jedoch ihre Position bei der Kontrolle lokaler Gebiete aus, um ihre eigenen Interessen, auch in finanzieller Hinsicht, durchzusetzen. Sie agieren als Lückenbüßer, wenn sich die staatlichen Stellen als unzureichend in ihrem Handeln im Bereich der Sicherheit erweisen. In einigen Gebieten sind die PMF der wichtigste Sicherheitsakteur, an den sich die Einheimischen wenden, wenn sie Schutz oder einen Fürsprecher bei Streitigkeiten oder bei der Strafverfolgung benötigen (CH 2.2021, S. 18f).Die PMF sind vor allem Sicherheitsakteure. Ihr Beitrag im Kampf gegen den IS und beim Halten von Gebieten nach der Vertreibung des IS sind wichtige Faktoren für ihren aktuellen, mächtigen Status. Als staatlich anerkannte Sicherheitskräfte kontrollieren ihre Mitglieder ein bedeutendes Territorium und strategische Gebiete im Irak, größtenteils in Zusammenarbeit mit anderen staatlichen Sicherheitsbehörden. Manchmal nützen die PMF jedoch ihre Position bei der Kontrolle lokaler Gebiete aus, um ihre eigenen Interessen, auch in finanzieller Hinsicht, durchzusetzen. Sie agieren als Lückenbüßer, wenn sich die staatlichen Stellen als unzureichend in ihrem Handeln im Bereich der Sicherheit erweisen. In einigen Gebieten sind die PMF der wichtigste Sicherheitsakteur, an den sich die Einheimischen wenden, wenn sie Schutz oder einen Fürsprecher bei Streitigkeiten oder bei der Strafverfolgung benötigen (CH 2.2021, Sitzung 18f).
Die wirtschaftliche/finanzielle Macht der einzelnen PMF-Gruppen setzt sich zusammen aus: ihrem Anteil an staatlich zugewiesenen Mitteln, autonomen einkommengenerierenden Aktivitäten und externer Finanzierung (vor allem durch den Iran). Autonome einkommenschaffende Aktivitäten erfolgen in der Regel in Form von religiösen Steuern, Einnahmen aus Heiligtümern und Unterstützung durch religiöse Wohltätigkeitsorganisationen. Diese Mittel sind jedoch relativ bescheiden (Clingendael 6.2018, S.7f). Den Löwenanteil machen die offiziellen Zuwendungen aus. 2020 betrugen die Budgetmittel der PMF-Kommission 2,6 Mrd. US-Dollar (CH 2.2021, S.19). - Darüberhinaus aquirieren PMF-Milizen Einnahmen aus halb-legalen Quellen und in krimineller Weise (FPRI 19.8.2019). Die Einkünfte kommen hauptsächlich aus dem großangelegten Ölschmuggel, Schutzgelderpressungen, Amtsmissbrauch, Entführungen, Waffen- und Menschenhandel, Antiquitäten- und Drogenschmuggel. Entführungen sind und waren ein wichtiges Geschäft aller Gruppen, dessen hauptsächliche Opfer zahlungsfähige Iraker sind (Posch 8.2017). Neben diesen illegalen Methoden erwerben die PMF beispielsweise im ganzen Land Grundstücke, was ihnen ermöglicht, Unternehmen anzusiedeln und von diesen dann Abgaben zu lukrieren. Einnahmen werden, auch in Kooperation mit anderen Sicherheitskräften, an Grenzübergängen und Checkpoints an wichtigen Verkehrsverbindungen generiert (CH 2.2021, S.29-31). Außer durch die Finanzierung durch den irakischen sowie den iranischen Staat bringen die Milizen einen wichtigen Teil der Finanzmittel selbst auf – mithilfe der Organisierten Kriminalität. Ein Naheverhältnis zu dieser war den Milizen quasi von Beginn an in die Wiege gelegt. Vor allem bei Stammesmilizen waren Schmuggel und Mafiatum weit verbreitet. Die Milizen kooperierten zwangsläufig mit den Mafiabanden ihrer Stadtviertel. Kriminelle Elemente wurden aber nicht nur kooptiert, die Milizen sind selbst in einem so hohen Ausmaß in kriminelle Aktivitäten verwickelt, dass manche Experten sie nicht mehr von der Organisierten Kriminalität unterscheiden, sondern von Warlords sprechen, die in ihren Organisationen Politik und Sozialwesen für ihre Klientel und Milizentum vereinen – oft noch in Kombination mit offiziellen Positionen im irakischen Sicherheitsapparat (Posch 8.2017).
Trotz des Schutzes, den die PMF bieten, sind sie aufgrund ihrer strategischen Kontrolle und ihrer sich wandelnden Rolle weiterhin eine Quelle lokaler Auseinandersetzungen und Polarisierungen. Es wurden in den letzten Jahren mehrere Berichte von Anwohnern, Menschenrechtsbeobachtern und internationalen Organisationen über das Fehlverhalten der PMF laut (Clingendael 5.2021, S.17). So klagten nach der Rückkehr der Zentralregierung nach Kirkuk Ende 2017 mehrere Gemeinschaften ethnischer und religiöser Minderheiten über Diskriminierung, Vertreibung und gelegentliche Gewalt durch PMF-Gruppen (DFAT 17.8.2020, S.20). Einige PMF gehen auch gegen ethnische und religiöse Minderheiten vor (USDOS 12.4.2022). Die Medien meldeten zahlreiche Vorfälle, bei denen schiitische PMF in die Häuser ethnischer und religiöser Minderheiten im gesamten Gouvernement Kirkuk eindrangen, sie plünderten und niederbrannten (DFAT 17.8.2020, S.20, 26, 32). In Ninewa, beispielsweise, nahmen mit dem Iran verbündete PMF willkürlich bzw. unrechtmäßig Kurden, Turkmenen, Christen und Angehörige anderer Minderheiten fest. Es gab zahlreiche Berichte über die Beteiligung der 30. und 50. PMF-Brigaden an Erpressungen, illegalen Verhaftungen, Entführungen und Festnahmen von Personen ohne Haftbefehl. Glaubwürdige Informationen der Strafverfolgungsbehörden wiesen darauf hin, dass die 30. PMF-Brigade an mehreren Orten in der Provinz Ninewa geheime Gefängnisse unterhielt, in denen 1.000 Gefangene untergebracht waren, die unter Vorspiegelung falscher Tatsachen aus konfessionellen Gründen festgenommen wurden. Die Anführer der 30. PMF-Brigade sollen die Familien der Inhaftierten gezwungen haben, im Gegenzug für die Freilassung ihrer Angehörigen hohe Geldbeträge zu zahlen (USDOS 12.4.2022). Jesiden und Christen sowie lokale und internationale NGOs berichteten von anhaltenden verbalen und körperlichen Übergriffen durch Mitglieder der PMF, welche auch für etliche Angriffe auf, und Vertreibungen von Sunniten, angeblich aus Rache für Verbrechen seitens des IS an Schiiten, verantwortlich gemacht werden (USDOS 2.6.2022).
Einige PMF-Einheiten in den südlichen Gouvernements Najaf und al-Qadisiya sollen Kinder rekrutiert und militärische Ausbildungslager für Schüler unter 18 Jahren gesponsert haben. Einige mit dem Iran verbündete PMF-Gruppen, insbesondere Asa'ib Ahl al-Haqq (AAH) und Harakat Hizbollah an-Nujaba (HHN), rekrutierten weiterhin Burschen unter 18 Jahren für den Kampf in Syrien und im Jemen (DFAT 17.8.2020, S.47).
Mehrere Quellen geben an, dass zu den PMF gehörende Kräfte, oft von Iran unterstützte Milizen, 2019 für viele der tödlichen Angriffe auf Demonstranten, auch durch Scharfschützen, verantwortlich waren (EASO 10.2020, S.31; vgl. WI 23.3.2020, S.91), namentlich die pro-iranischen Saraya Talia al-Khorasani, Kata'ib Sayyid ash-Shuhada, Asa'ib Ahl al-Haqq und die Badr-Organisation. Die PMF wurden international auch für illegale Massenverhaftungen und Folter, Einschüchterungsversuche gegen Demonstranten und Journalisten, Attentate, Bombenanschläge und Plünderungen von Fernsehsendern kritisiert. Nach Angaben des irakischen Hochkommissariats für Menschenrechte wurden über 500 Menschen getötet und über 23.500 verwundet (Stand März 2020). Im Januar 2020 waren auch Kämpfer von Saraya as-Salam an Angriffen auf Demonstranten und an der Erstürmung von Proteststätten durch die Badr-Milizen beteiligt, die die Zeltlager der Demonstranten niederbrannten (WI 23.3.2020, S.91). Im Laufe des Jahres 2020 haben Mitglieder der PMF Aktivisten ermordet oder entführt und mindestens 30 Menschen in Bagdad, Nasriyah und Basra getötet. Auf mehr als 30 weitere wurden Mordanschläge verübt, sie kamen mit Verletzungen davon. Bis zum Ende des Jahres wurden 56 Aktivisten gewaltsam zum Verschwinden gebracht. Diejenigen, die während der Proteste 2019 gewaltsam verschwunden sind, werden weiterhin vermisst (AI 7.4.2021). Anfang Jänner 2021 belegten die USA den Vorsitzenden der PMF-Kommission, Faleh al-Fayyadh, mit Sanktionen, da dieser für die Anordnung und Ausführung der Ermordung friedlicher Demonstranten und der Durchführung einer gewaltsamen Aktion gegen die irakische Demokratie verantwortlich sei (Al Monitor 8.1.2021).Mehrere Quellen geben an, dass zu den PMF gehörende Kräfte, oft von Iran unterstützte Milizen, 2019 für viele der tödlichen Angriffe auf Demonstranten, auch durch Scharfschützen, verantwortlich waren (EASO 10.2020, S.31; vergleiche WI 23.3.2020, S.91), namentlich die pro-iranischen Saraya Talia al-Khorasani, Kata'ib Sayyid ash-Shuhada, Asa'ib Ahl al-Haqq und die Badr-Organisation. Die PMF wurden international auch für illegale Massenverhaftungen und Folter, Einschüchterungsversuche gegen Demonstranten und Journalisten, Attentate, Bombenanschläge und Plünderungen von Fernsehsendern kritisiert. Nach Angaben des irakischen Hochkommissariats für Menschenrechte wurden über 500 Menschen getötet und über 23.500 verwundet (Stand März 2020). Im Januar 2020 waren auch Kämpfer von Saraya as-Salam an Angriffen auf Demonstranten und an der Erstürmung von Proteststätten durch die Badr-Milizen beteiligt, die die Zeltlager der Demonstranten niederbrannten (WI 23.3.2020, S.91). Im Laufe des Jahres 2020 haben Mitglieder der PMF Aktivisten ermordet oder entführt und mindestens 30 Menschen in Bagdad, Nasriyah und Basra getötet. Auf mehr als 30 weitere wurden Mordanschläge verübt, sie kamen mit Verletzungen davon. Bis zum Ende des Jahres wurden 56 Aktivisten gewaltsam zum Verschwinden gebracht. Diejenigen, die während der Proteste 2019 gewaltsam verschwunden sind, werden weiterhin vermisst (AI 7.4.2021). Anfang Jänner 2021 belegten die USA den Vorsitzenden der PMF-Kommission, Faleh al-Fayyadh, mit Sanktionen, da dieser für die Anordnung und Ausführung der Ermordung friedlicher Demonstranten und der Durchführung einer gewaltsamen Aktion gegen die irakische Demokratie verantwortlich sei (Al Monitor 8.1.2021).
Die PMF sollen, aufgrund guter nachrichtendienstlicher Möglichkeiten, die Fähigkeit haben, jede von ihnen gesuchte Person aufspüren zu können. Politische und wirtschaftliche Gegner werden unabhängig von ihrem konfessionellen oder ethnischen Hintergrund ins Visier genommen. Es wird als unwahrscheinlich angesehen, dass die PMF über die Fähigkeit verfügen, in der Kurdistan Region Irak (KRI) zu operieren. Dementsprechend gehen sie nicht gegen Personen in der KRI vor (DIS/Landinfo 5.11.2018, S.23). Anlässlich der sozialen Proteste zeigten die PMF ihre Fähigkeit, Kritiker zu verfolgen. Beispielsweise können kritische Kommentare in sozialen Medien zur Verfolgung seitens Asa‘ib Ahl al-Haqq, Kata’ib Hezbollah oder der Saraya as-Salam führen, welche im Stande sind, die Personen ausfindig zu machen und sie anschließend zu bedrohen und zu attackieren. Namentlich Kata’ib Hizbollah kann jeden ins Visier nehmen und kennt etwa die Namen aller, die über den internationalen Flughafen einreisen (AQ1 27.5.2021).
Präsident der PMF-Kommission ist - auf dem Papier - Faleh al-Fayyadh. Er hat jedoch keinen großen Mitarbeiterstab und unterliegt häufig den Anweisungen der Mittelsmänner im weiteren Netzwerk der PMF (CH 2.2021, S.7). Inoffizieller Spiritus Rector und strategische Kopf der Volksmobilisierung war Jamal Ebrahimi alias Abu Mahdi al-Muhandis, Vize-Kommandeur der PMF (Zenith 3.1.2020) und zugleich Begründer sowie Anführer der pro-iranischen Kata’ib Hizbollah, welche von den USA als Terrororganisation eingestuft ist (Guardian 3.1.2020; vgl. Wilson Center 27.4.2018). Abu Mahdi Al-Muhandis galt als rechte Hand des iranischen Generalmajors der Revolutionsgarden, Qassem Soleimani. Beide wurden am 3.1.2020 bei einem US-Drohnenangriff in Bagdad getötet (Al Monitor 21.2.2020; vgl. MEMO 21.2.2020). Infolge dessen kam es innerhalb der PMF zu einem Machtkampf zwischen den Fraktionen, die einerseits dem iranischen Obersten Führer Ayatollah Ali Khamenei, andererseits dem irakischen Großayatollah Ali as-Sistani nahe stehen (MEE 16.2.2020). Der iranische Oberste Führer Ayatollah Ali Khamenei ernannte Brigadegeneral Esmail Ghaani als Nachfolger von Soleimani (Al Monitor 21.2.2020). Am 20.2.2020 wurde Abu Fadak Al-Mohammedawi, Kommandeur der Kata'ib Hizbollah, zum neuen stellvertretenden Kommandeur der PMF ernannt (Al Monitor 21.2.2020; vgl. MEMO 21.2.2020). Die Ernennung erfolgte einseitig durch die Vertreter des inneren Zirkels innerhalb der Hashd ash-Sha'bi, deren fünf (pro-iranische) Milizen dem sogenannten "Muhandis-Kern" zugeordnet werden (Warsaw Institute 9.7.2020). Die vier PMF-Fraktionen, die dem schiitischen Kleriker Ayatollah Ali as-Sistani nahe stehen, haben sich gegen die Ernennung Mohammadawis ausgesprochen und alle PMF-Fraktionen aufgefordert, sich in die irakischen Streitkräfte unter dem Oberbefehl des Premierministers zu integrieren (Al Monitor 21.2.2020).Präsident der PMF-Kommission ist - auf dem Papier - Faleh al-Fayyadh. Er hat jedoch keinen großen Mitarbeiterstab und unterliegt häufig den Anweisungen der Mittelsmänner im weiteren Netzwerk der PMF (CH 2.2021, S.7). Inoffizieller Spiritus Rector und strategische Kopf der Volksmobilisierung war Jamal Ebrahimi alias Abu Mahdi al-Muhandis, Vize-Kommandeur der PMF (Zenith 3.1.2020) und zugleich Begründer sowie Anführer der pro-iranischen Kata’ib Hizbollah, welche von den USA als Terrororganisation eingestuft ist (Guardian 3.1.2020; vergleiche Wilson Center 27.4.2018). Abu Mahdi Al-Muhandis galt als rechte Hand des iranischen Generalmajors der Revolutionsgarden, Qassem Soleimani. Beide wurden am 3.1.2020 bei einem US-Drohnenangriff in Bagdad getötet (Al Monitor 21.2.2020; vergleiche MEMO 21.2.2020). Infolge dessen kam es innerhalb der PMF zu einem Machtkampf zwischen den Fraktionen, die einerseits dem iranischen Obersten Führer Ayatollah Ali Khamenei, andererseits dem irakischen Großayatollah Ali as-Sistani nahe stehen (MEE 16.2.2020). Der iranische Oberste Führer Ayatollah Ali Khamenei ernannte Brigadegeneral Esmail Ghaani als Nachfolger von Soleimani (Al Monitor 21.2.2020). Am 20.2.2020 wurde Abu Fadak Al-Mohammedawi, Kommandeur der Kata'ib Hizbollah, zum neuen stellvertretenden Kommandeur der PMF ernannt (Al Monitor 21.2.2020; vergleiche MEMO 21.2.2020). Die Ernennung erfolgte einseitig durch die Vertreter des inneren Zirkels innerhalb der Hashd ash-Sha'bi, deren fünf (pro-iranische) Milizen dem sogenannten "Muhandis-Kern" zugeordnet werden (Warsaw Institute 9.7.2020). Die vier PMF-Fraktionen, die dem schiitischen Kleriker Ayatollah Ali as-Sistani nahe stehen, haben sich gegen die Ernennung Mohammadawis ausgesprochen und alle PMF-Fraktionen aufgefordert, sich in die irakischen Streitkräfte unter dem Oberbefehl des Premierministers zu integrieren (Al Monitor 21.2.2020).
Formal wurde der Loslösungsprozess der vier Atabat- bzw. Schrein-Milizen mit einer Entscheidung des scheidenden Regierungschefs Mahdi am 22.4.2020 eingeleitet, wonach diese Einheiten vom PMF-Kommando getrennt werden und von nun an direkt dem Premierminister verantwortlich sind (Warsaw Institute 9.7.2020; vgl. AAA 23.4.2020, Al Monitor 29.4.2020). Laut Aussagen aus dem Kreis der Schrein-Milizen auf einer Koordinierungskonferenz im Dezember 2020 wollten diese die irakische Regierung unterstützen, sich von Fraktionen und politische Parteien zu trennen, welche die Interessen eines anderen Staates, gemeint ist der Iran, verfolgen (Al Monitor 4.12.2020; vgl. Diyaruna 22.2.2021). Erklärtes Ziel der vier Schrein-Milizen sei auch die Eingrenzung und Isolation der pro-iranischen PMF (Diyaruna 22.2.2021).Formal wurde der Loslösungsprozess der vier Atabat- bzw. Schrein-Milizen mit einer Entscheidung des scheidenden Regierungschefs Mahdi am 22.4.2020 eingeleitet, wonach diese Einheiten vom PMF-Kommando getrennt werden und von nun an direkt dem Premierminister verantwortlich sind (Warsaw Institute 9.7.2020; vergleiche AAA 23.4.2020, Al Monitor 29.4.2020). Laut Aussagen aus dem Kreis der Schrein-Milizen auf einer Koordinierungskonferenz im Dezember 2020 wollten diese die irakische Regierung unterstützen, sich von Fraktionen und politische Parteien zu trennen, welche die Interessen eines anderen Staates, gemeint ist der Iran, verfolgen (Al Monitor 4.12.2020; vergleiche Diyaruna 22.2.2021). Erklärtes Ziel der vier Schrein-Milizen sei auch die Eingrenzung und Isolation der pro-iranischen PMF (Diyaruna 22.2.2021).
Diese fortschreitende Zersplitterung der PMU lässt sich auf viele Faktoren zurückführen. Einer der Hauptgründe ist das Fehlen eines einheitlichen Ziels, das zuvor der Sieg über den IS darstellte. Ein weiterer Katalysator war der Tod von Abu Mahdi al Muhandis, der in der Lage war, die unterschiedlichen Fraktionen zu einen (AIIA 12.1.2021). Und obwohl der Nachfolger Muhandis, Abu Fadak Al-Mohammedawi, enge Beziehungen zu Iran unterhält, gibt es eine breite Opposition gegen seine Führung in seiner eigenen Miliz, Kata'ib Hizbollah, die ihn als den unrechtmäßigen Chef der PMF betrachtet (Manara 10.3.2021). Die neueste Erscheinung, welche als Zeichen einer weiteren Aufsplitterung der PMF gewertet wird, ist das Auftreten mehrerer kleinerer Splittergruppen im Verlaufe des Jahres 2020, die mit größeren, vom Iran unterstützten Gruppierungen verbunden sind, die sich sowohl durch Gewalt gegen Zivilisten als auch gegen Einrichtungen der US-geführten Militärallianz hervortun (AIIA 12.1.2021).
Innerhalb der schiitischen PMF gibt es Formationen, die mit den religiösen Lehrstätten im Irak bzw. den schiitischen religiösen Autoritäten (Marji'iya) verbunden sind (TCF 5.3.2018, S.4), und deshalb auch gelegentlich als Hashd al-Marji'i bezeichnet werden (TCF 5.3.2018, S.4; vgl. ICSR 1.11.2018, S.24). Geläufiger sind die Termini "Schrein"-Milizen bzw. Saraya al-'Atabat (kurz: Atabat) (WI 5.2.2021; vgl. ICSR 1.11.2018, S.24). Prominenter und umstrittener sind die mit dem Iran verbündeten Formationen, die oft als Hashd al-Wala'i bezeichnet werden - wala' ist das arabische Wort für Loyalität - eine Anspielung auf die Loyalität dieser Formationen gegenüber dem iranischen Obersten Führer Ali Khamenei. Die erstgenannten Gruppen sind in der Regel kleiner und wurden nach dem Fall von Mossul im Jahr 2014 als direkte Reaktion auf Sistanis Aufruf zur Massenmobilisierung gegen die Bedrohung durch den IS gebildet. Bei den letztgenannten, stärker auf Iran ausgerichteten Formationen handelt es sich eher um erfahrenere Gruppen mit einer längeren Geschichte paramilitärischer Aktivitäten im Irak und in einigen Fällen auch in Syrien (TCF 5.3.2018, S.3f).Innerhalb der schiitischen PMF gibt es Formationen, die mit den religiösen Lehrstätten im Irak bzw. den schiitischen religiösen Autoritäten (Marji'iya) verbunden sind (TCF 5.3.2018, S.4), und deshalb auch gelegentlich als Hashd al-Marji'i bezeichnet werden (TCF 5.3.2018, S.4; vergleiche ICSR 1.11.2018, S.24). Geläufiger sind die Termini "Schrein"-Milizen bzw. Saraya al-'Atabat (kurz: Atabat) (WI 5.2.2021; vergleiche ICSR 1.11.2018, S.24). Prominenter und umstrittener sind die mit dem Iran verbündeten Formationen, die oft als Hashd al-Wala'i bezeichnet werden - wala' ist das arabische Wort für Loyalität - eine Anspielung auf die Loyalität dieser Formationen gegenüber dem iranischen Obersten Führer Ali Khamenei. Die erstgenannten Gruppen sind in der Regel kleiner und wurden nach dem Fall von Mossul im Jahr 2014 als direkte Reaktion auf Sistanis Aufruf zur Massenmobilisierung gegen die Bedrohung durch den IS gebildet. Bei den letztgenannten, stärker auf Iran ausgerichteten Formationen handelt es sich eher um erfahrenere Gruppen mit einer längeren Geschichte paramilitärischer Aktivitäten im Irak und in einigen Fällen auch in Syrien (TCF 5.3.2018, S.3f).
Pro-iranische Milizen: al-Hashd al-Wala'i / al-Muqawama al-Islamiyya
Das Lager, welches u.a. als al-Hashd al-Wala'i bezeichnet wird, umfasst jene PMF-Formationen, die entweder mit dem Iran verbündet sind oder mit ihm zusammenarbeiten, und die innerhalb der PMF sowohl quantitativ als auch qualitativ die Oberhand haben (EUI 6.2020, S.3). Die vom Iran unterstützten irakischen Milizen bezeichnen sich selbst auch als al-Muqawama al-Islamiyya - der islamische Widerstand - Widerstand vor allem gegen die US-geführten Koalitionstruppen, meist in Form von Raketen- und Sprengstoffangriffen (JS 12.4.2021). Jene PMF (bzw. deren Vertreter), welche im Februar 2020 das Wahlkomitee zur Bestimmung eines neuen stellvertretenden Vorsitzenden nach dem Tode Muhandis bildeten, gelten als die wichtigsten Iran-affinen Milizen. Diese sind: Kata'ib Hizbollah, die Badr-Organisation, Asa'ib Ahl al-Haqq, Kata'ib Sayyid ash-Shuhada und Kata'ib Jund al-Imam (WI 23.3.2020, S.23; vgl. ICG). Hinzu kommen noch Harakat Hizbollah an-Nujaba (Bewegung der Partei Gottes der Noblen) (ICG 30.7.2018, S.3), mit mindestens 1.500 Kämpfern, auch in Syrien aktiv (WI 23.3.2020, S.110, 204) und eine der kampferfahrensten Milizen und stark seitens des Iran gefördert (ITIC 8.1.2020), sowie die Kata’ib Imam Ali (Bataillone des Imam Ali), deren Anführer, Shibl al Zaydi, 2018 von den USA wegen seiner Verbindungen zu den Iranischen Revolutionsgarden als Terrorist eingestuft wurde (LWJ 15.12.2020). Zudem war Kata’ib Imam Ali auch 2021 in Syrien präsent (AAA 22.3.2021). Dazu gesellen sich noch die Saraya Talia al-Khorasani, die auch in Syrien aktiv waren (WI 23.3.2020, S.110, 205; vgl. ICG 30.7.2018, S.27). Einige der pro-iranischen PMF sicherten sich bei den letzten Wahlen auch ihren Einfluss im Parlament. Innerhalb der 2018 gewonnenen Parlamentssitze des Wahlbündnisses "Fatah" sind 22 Abgeordnete der Badr-Organisation zugehörig und 15 dem politischen Flügel der Asai‘b Ahl al-Haqq, Sadiqoun (CH 2.2021, S.21f; vgl. EPIC 5.2020). Das Lager, welches u.a. als al-Hashd al-Wala'i bezeichnet wird, umfasst jene PMF-Formationen, die entweder mit dem Iran verbündet sind oder mit ihm zusammenarbeiten, und die innerhalb der PMF sowohl quantitativ als auch qualitativ die Oberhand haben (EUI 6.2020, S.3). Die vom Iran unterstützten irakischen Milizen bezeichnen sich selbst auch als al-Muqawama al-Islamiyya - der islamische Widerstand - Widerstand vor allem gegen die US-geführten Koalitionstruppen, meist in Form von Raketen- und Sprengstoffangriffen (JS 12.4.2021). Jene PMF (bzw. deren Vertreter), welche im Februar 2020 das Wahlkomitee zur Bestimmung eines neuen stellvertretenden Vorsitzenden nach dem Tode Muhandis bildeten, gelten als die wichtigsten Iran-affinen Milizen. Diese sind: Kata'ib Hizbollah, die Badr-Organisation, Asa'ib Ahl al-Haqq, Kata'ib Sayyid ash-Shuhada und Kata'ib Jund al-Imam (WI 23.3.2020, S.23; vergleiche ICG). Hinzu kommen noch Harakat Hizbollah an-Nujaba (Bewegung der Partei Gottes der Noblen) (ICG 30.7.2018, S.3), mit mindestens 1.500 Kämpfern, auch in Syrien aktiv (WI 23.3.2020, S.110, 204) und eine der kampferfahrensten Milizen und stark seitens des Iran gefördert (ITIC 8.1.2020), sowie die Kata’ib Imam Ali (Bataillone des Imam Ali), deren Anführer, Shibl al Zaydi, 2018 von den USA wegen seiner Verbindungen zu den Iranischen Revolutionsgarden als Terrorist eingestuft wurde (LWJ 15.12.2020). Zudem war Kata’ib Imam Ali auch 2021 in Syrien präsent (AAA 22.3.2021). Dazu gesellen sich noch die Saraya Talia al-Khorasani, die auch in Syrien aktiv waren (WI 23.3.2020, S.110, 205; vergleiche ICG 30.7.2018, S.27). Einige der pro-iranischen PMF sicherten sich bei den letzten Wahlen auch ihren Einfluss im Parlament. Innerhalb der 2018 gewonnenen Parlamentssitze des Wahlbündnisses "Fatah" sind 22 Abgeordnete der Badr-Organisation zugehörig und 15 dem politischen Flügel der Asai‘b Ahl al-Haqq, Sadiqoun (CH 2.2021, S.21f; vergleiche EPIC 5.2020).
Die Badr-Organisation, die mächtigste schiitische Miliz, gilt als Irans ältester Stellvertreter im Irak. Sie wurde 1982 im Iran gegründet, um Saddam Hussein zu bekämpfen, und wurde zunächst vom Korps der Iranischen Revolutionsgarden (IRGC) finanziert, ausgebildet, ausgerüstet und geführt (Soufan 20.3.2020; vgl. Wilson Center 27.4.2018). Nach der US-Invasion im Jahr 2003 kehrte sie in den Irak zurück und wurde in die neue irakische Regierung integriert. Ihre Kräfte wurden zur größten Fraktion innerhalb der staatlichen Sicherheitskräfte, insbesondere der Polizei (Wilson Center 27.4.2018), die wiederum zu einem Instrument der Badr-Organisation erwuchs (SWP 2.7.2021, S.26). Sie nahm an Wahlen teil; ihre Führer wurden in die neue Regierung in Kabinettspositionen aufgenommen. Sie behielt jedoch ihre Miliz bei (Wilson Center 27.4.2018). Sie umfasst rund 20.000 Kämpfer (Soufan 20.3.2020) und unterhält mindestens zehn Brigaden der staatlich finanzierten PMF, möglicherweise sogar 17 (WI 2.9.2021). Die Badr-Organisation wird von Hadi al-Amiri angeführt. Viele Badr-Mitglieder waren oder sind Teil der offiziellen Staatssicherheitsapparate, insbesondere des Innenministeriums und der Bundespolizei (FPRI 19.8.2019). So haben einige Mitglieder der PMF auch Doppelpositionen inne. Abu Dergham al-Maturi, beispielsweise, führte die 5. PMF-Brigade, eine Badr-Brigade, und fungierte gleichzeitig als stellvertretender Kommandeur der Bundespolizei im Innenministerium (CH 2.2021, S.18f). Oder das Badr-Führungsmitglied Qassim al-Araji war Innenminister (2017-2018) und ist nun der nationale Sicherheitsberater. Die Badr ist eine große und komplexe Organisation, die sowohl einen militärischen als auch einen politischen Flügel und viele Unterfraktionen hat. Im Großen und Ganzen hat sich Badr durch seine Wahlerfolge, seine paramilitärische Macht und seine Patronagenetzwerke tief in den irakischen Staat eingebettet. Badr war die Quelle für viele jüngere und radikalere Gruppen, einschließlich Kata'ib Hisbollah. Zwar setzt sich die Badr-Organisation für den Abzug der US-Kampftruppen aus der Region ein, doch hat sie sich im Gegensatz zu den anderen pro-iranischen PMF von Angriffen auf die USA und deren Verbündete öffentlich distanziert. Innerhalb der Muqawama nimmt die Badr-Organisation weiterhin eine wichtige Rolle ein und bleibt gleichzeitig ihren Wurzeln als iranischer Stellvertreter treu, mit weiterhin engen institutionellen und personellen Beziehungen zum IRGC (WI 2.9.2021). Die Badr-Organisation, die mächtigste schiitische Miliz, gilt als Irans ältester Stellvertreter im Irak. Sie wurde 1982 im Iran gegründet, um Saddam Hussein zu bekämpfen, und wurde zunächst vom Korps der Iranischen Revolutionsgarden (IRGC) finanziert, ausgebildet, ausgerüstet und geführt (Soufan 20.3.2020; vergleiche Wilson Center 27.4.2018). Nach der US-Invasion im Jahr 2003 kehrte sie in den Irak zurück und wurde in die neue irakische Regierung integriert. Ihre Kräfte wurden zur größten Fraktion innerhalb der staatlichen Sicherheitskräfte, insbesondere der Polizei (Wilson Center 27.4.2018), die wiederum zu einem Instrument der Badr-Organisation erwuchs (SWP 2.7.2021, S.26). Sie nahm an Wahlen teil; ihre Führer wurden in die neue Regierung in Kabinettspositionen aufgenommen. Sie behielt jedoch ihre Miliz bei (Wilson Center 27.4.2018). Sie umfasst rund 20.000 Kämpfer (Soufan 20.3.2020) und unterhält mindestens zehn Brigaden der staatlich finanzierten PMF, möglicherweise sogar 17 (WI 2.9.2021). Die Badr-Organisation wird von Hadi al-Amiri angeführt. Viele Badr-Mitglieder waren oder sind Teil der offiziellen Staatssicherheitsapparate, insbesondere des Innenministeriums und der Bundespolizei (FPRI 19.8.2019). So haben einige Mitglieder der PMF auch Doppelpositionen inne. Abu Dergham al-Maturi, beispielsweise, führte die 5. PMF-Brigade, eine Badr-Brigade, und fungierte gleichzeitig als stellvertretender Kommandeur der Bundespolizei im Innenministerium (CH 2.2021, S.18f). Oder das Badr-Führungsmitglied Qassim al-Araji war Innenminister (2017-2018) und ist nun der nationale Sicherheitsberater. Die Badr ist eine große und komplexe Organisation, die sowohl einen militärischen als auch einen politischen Flügel und viele Unterfraktionen hat. Im Großen und Ganzen hat sich Badr durch seine Wahlerfolge, seine paramilitärische Macht und seine Patronagenetzwerke tief in den irakischen Staat eingebettet. Badr war die Quelle für viele jüngere und radikalere Gruppen, einschließlich Kata'ib Hisbollah. Zwar setzt sich die Badr-Organisation für den Abzug der US-Kampftruppen aus der Region ein, doch hat sie sich im Gegensatz zu den anderen pro-iranischen PMF von Angriffen auf die USA und deren Verbündete öffentlich distanziert. Innerhalb der Muqawama nimmt die Badr-Organisation weiterhin eine wichtige Rolle ein und bleibt gleichzeitig ihren Wurzeln als iranischer Stellvertreter treu, mit weiterhin engen institutionellen und personellen Beziehungen zum IRGC (WI 2.9.2021).
Die Kata’ib Hizbollah (Brigaden der Partei Gottes) umfassen etwa 3.000 bis 7.000 Kämpfer (Al Arabiya 31.5.2020), anderen Schätzungen zufolge sogar 20.000 (Soufan 20.3.2020). Die Kata'ib Hisbollah haben enge konfessionelle, ideologische und finanzielle Bindungen zum Iran (Al Arabiya 31.5.2020). Keine andere Miliz steht den IRGC näher (Soufan 20.3.2020). Sie sind für zahlreiche Angriffe auf die von den USA geführte Militärallianz verantwortlich und riefen u.a. auch zu Terrorattacken gegen Saudi-Arabien auf. Menschenrechtsorganisationen werfen der Miliz schwere Menschenrechtsverletzungen vor, insbesondere gegen Sunniten (Al Arabiya 31.5.2020). Sie arbeiten intensiv mit der Badr-Organisation und der libanesischen Hizbollah zusammen. Die Miliz wird von den USA seit 2009 als Terrororganisation geführt (Süß 21.8.2017).
Die Asa‘ib Ahl al-Haqq (AAH) (Liga der Rechtschaffen) verfügt über etwa 15.000 Kämpfer (Soufan 20.3.2019). Die AAH ist eine mächtige schiitische Muslim-Miliz, die sich 2007 von Sadrs damaligen Mahdi-Armee abgespalten hat (Clingendael 6.2018; vgl. EPIC 5.2020). Die AAH wurde ursprünglich von den IRGC mit Unterstützung der libanesischen Hisbollah in iranischen Lagern ausgerüstet, finanziert und ausgebildet und war auch in Syrien präsent (Wilson Center 27.4.2018). Die militärische und finanzielle Unterstützung durch die Al-Quds-Einheit der IRGC hält weiterhin an (ITIC 8.1.2020). Sie richtete politische Büros, religiöse Schulen und soziale Dienste ein, vor allem im Süden Iraks und in Bagdad (Wilson Center 27.4.2018). Ihr Anführer, Qais al-Khazali, wurde von den US-Behörden im Irak wegen seiner Rolle bei tödlichen Angriffen auf US-Truppen im Jahr 2007 für fünf Jahre inhaftiert. Er gilt den für die USA als einer der Verantwortlichen für den Anschlag auf die US-Botschaft in Bagdad zu Silvester 2019. Am 3.1.2020 stufte das US-Außenministerium die AAH als terroristische Organisation und Khaz'ali als "Specially Designated Global Terrorist" ein (EPIC 5.2020). Innerhalb der Volksmobilisierung erwarb sich die Organisation den Ruf, politisch-weltanschauliche mit kriminellen Motiven zu verbinden und besonders gewalttätig zu sein. Sie wird für zahlreiche Verbrechen gegen sunnitische Zivilisten verantwortlich gemacht (SWP 2.7.2021, S.25).Die Asa‘ib Ahl al-Haqq (AAH) (Liga der Rechtschaffen) verfügt über etwa 15.000 Kämpfer (Soufan 20.3.2019). Die AAH ist eine mächtige schiitische Muslim-Miliz, die sich 2007 von Sadrs damaligen Mahdi-Armee abgespalten hat (Clingendael 6.2018; vergleiche EPIC 5.2020). Die AAH wurde ursprünglich von den IRGC mit Unterstützung der libanesischen Hisbollah in iranischen Lagern ausgerüstet, finanziert und ausgebildet und war auch in Syrien präsent (Wilson Center 27.4.2018). Die militärische und finanzielle Unterstützung durch die Al-Quds-Einheit der IRGC hält weiterhin an (ITIC 8.1.2020). Sie richtete politische Büros, religiöse Schulen und soziale Dienste ein, vor allem im Süden Iraks und in Bagdad (Wilson Center 27.4.2018). Ihr Anführer, Qais al-Khazali, wurde von den US-Behörden im Irak wegen seiner Rolle bei tödlichen Angriffen auf US-Truppen im Jahr 2007 für fünf Jahre inhaftiert. Er gilt den für die USA als einer der Verantwortlichen für den Anschlag auf die US-Botschaft in Bagdad zu Silvester 2019. Am 3.1.2020 stufte das US-Außenministerium die AAH als terroristische Organisation und Khaz'ali als "Specially Designated Global Terrorist" ein (EPIC 5.2020). Innerhalb der Volksmobilisierung erwarb sich die Organisation den Ruf, politisch-weltanschauliche mit kriminellen Motiven zu verbinden und besonders gewalttätig zu sein. Sie wird für zahlreiche Verbrechen gegen sunnitische Zivilisten verantwortlich gemacht (SWP 2.7.2021, S.25).
Die seit 2020 vermehrt in Erscheinung tretenden pro-iranischen Splittergruppen haben ein zweifelhaftes Maß an Autonomie. Es ist nicht klar, ob es sich bei diesen um unabhängige Gruppen handelt, die von den größeren "Mutter"-Milizen unterstützt werden, oder ob sie lediglich eine Fassade für diese größeren Milizen bilden, um sich den US-Sanktionen durch die Einstufung als terroristische Organisation zu entziehen (AIIA 12.1.2021; vgl. JS 10.3.2021). Sie werden diesbezüglich insbesondere Kata'ib Hizbollah, Asa'ib Ahl al-Haqq, Kata'ib Sayyid ash-Shuhada und der Harakat Hizbollah an-Nujaba zugeordnet (JS 10.3.2021). Ihre Anzahl ist vage und wird auf 10 bis 20 Gruppen geschätzt (Al Arabiya 18.11.2020). Die neuen Splittergruppen treten durch primär zwei unterschiedliche Handlungsweisen in Erscheinung: Zum einen bewaffnete Milizen, die in der Lage sind, Anschläge auf US-Einrichtungen im Irak zu verüben, und zum anderen Straßenbanden, die eine Art sozialen Krieg auf den Straßen Bagdads führen. Zu den Ersteren gehören Usbat al-Tha'ireen (Liga der Revolutionäre) und Ashab al-Kahf (die Gefährten der Höhle), die sich regelmäßig zu Raketen- oder IED-Angriffen auf US-Ziele bekennen (AIIA 12.1.2021). Usbat al-Tha'ireen übernahm beispielsweise die Verantwortung für den Angriff auf Camp Taji im März 2020, bei dem zwei amerikanische Soldaten und ein britischer Soldat getötet wurden (WI 10.4.2020; vgl. Al Arabiya 18.11.2020), während Ashab al-Kahf zahlreiche Angriffe auf Konvois sowie einen Raketenangriff auf die US-Botschaft im November 2020 für sich reklamierte (JS 10.3.2021). Zur zweiten Gruppe gehören Raba Allah/Rab'Allah (das Volk Gottes), Jund Soleimani (die Soldaten Soleimanis) und Jabhat Abu Jadahah (eng. People of the Lighter's Front), die, getragen von stark religiösen Anwandlungen, als Sittenpolizei agieren und das liberalere Leben Bagdads unterdrücken, indem sie beispielsweise Massagesalons angriffen oder Bombenanschläge auf Geschäfte verübten, die Alkohol verkauften (AIIA 12.1.2021; vgl. WI 9.4.2021). Rab'Allah gilt als wichtigste Gruppe. Im Oktober 2020 verübte sie Brandanschläge auf Büros von Fernsehsendern sowie der Demokratischen Partei Kurdistans (KDP). Weiters führte sie Hetzkampagnen gegen Personen aus Politik und Medien durch und drohte ihnen mit Gewalt. Zudem organisierte sie Proteste vor ausländischen Vertretungen (WI 9.4.2021).Die seit 2020 vermehrt in Erscheinung tretenden pro-iranischen Splittergruppen haben ein zweifelhaftes Maß an Autonomie. Es ist nicht klar, ob es sich bei diesen um unabhängige Gruppen handelt, die von den größeren "Mutter"-Milizen unterstützt werden, oder ob sie lediglich eine Fassade für diese größeren Milizen bilden, um sich den US-Sanktionen durch die Einstufung als terroristische Organisation zu entziehen (AIIA 12.1.2021; vergleiche JS 10.3.2021). Sie werden diesbezüglich insbesondere Kata'ib Hizbollah, Asa'ib Ahl al-Haqq, Kata'ib Sayyid ash-Shuhada und der Harakat Hizbollah an-Nujaba zugeordnet (JS 10.3.2021). Ihre Anzahl ist vage und wird auf 10 bis 20 Gruppen geschätzt (Al Arabiya 18.11.2020). Die neuen Splittergruppen treten durch primär zwei unterschiedliche Handlungsweisen in Erscheinung: Zum einen bewaffnete Milizen, die in der Lage sind, Anschläge auf US-Einrichtungen im Irak zu verüben, und zum anderen Straßenbanden, die eine Art sozialen Krieg auf den Straßen Bagdads führen. Zu den Ersteren gehören Usbat al-Tha'ireen (Liga der Revolutionäre) und Ashab al-Kahf (die Gefährten der Höhle), die sich regelmäßig zu Raketen- oder IED-Angriffen auf US-Ziele bekennen (AIIA 12.1.2021). Usbat al-Tha'ireen übernahm beispielsweise die Verantwortung für den Angriff auf Camp Taji im März 2020, bei dem zwei amerikanische Soldaten und ein britischer Soldat getötet wurden (WI 10.4.2020; vergleiche Al Arabiya 18.11.2020), während Ashab al-Kahf zahlreiche Angriffe auf Konvois sowie einen Raketenangriff auf die US-Botschaft im November 2020 für sich reklamierte (JS 10.3.2021). Zur zweiten Gruppe gehören Raba Allah/Rab'Allah (das Volk Gottes), Jund Soleimani (die Soldaten Soleimanis) und Jabhat Abu Jadahah (eng. People of the Lighter's Front), die, getragen von stark religiösen Anwandlungen, als Sittenpolizei agieren und das liberalere Leben Bagdads unterdrücken, indem sie beispielsweise Massagesalons angriffen oder Bombenanschläge auf Geschäfte verübten, die Alkohol verkauften (AIIA 12.1.2021; vergleiche WI 9.4.2021). Rab'Allah gilt als wichtigste Gruppe. Im Oktober 2020 verübte sie Brandanschläge auf Büros von Fernsehsendern sowie der Demokratischen Partei Kurdistans (KDP). Weiters führte sie Hetzkampagnen gegen Personen aus Politik und Medien durch und drohte ihnen mit Gewalt. Zudem organisierte sie Proteste vor ausländischen Vertretungen (WI 9.4.2021).
Iran-kritische Milizen: Atabat / Schrein-Milizen / Hashd al-Marji‘i
Bei den "Schrein"- oder Atabat-Milizen (andere Bezeichnungen: Hashd al-Atabat/ Saraya al-Atabat/ al-Atabat al-Muqadasa) oder auch Hashd al-Marji‘i handelt es sich um paramilitärische Gruppen, die mit den schiitischen Heiligtümern in Najaf und Kerbala verbunden sind, deshalb auch die Bezeichnung "Schrein-Milizen" (ICSR 1.11.2018, S.24; vgl. WI 28.5.2020, Diyaruna 1.3.2021). Liwa Ansar al-Marjaiya, Liwa Ali al-Akbar, Firqat al-Abbas al-Qitaliyah, letztere bekannter unter der Bezeichnung Abbas Kampfdivision (Abbas Combat Division) und Firqat al-Imam Ali al-Qitaliyah haben keine Verbindungen zum Korps der Islamischen Revolutionsgarde (IRGC) des Iran, sondern zu Ayatollah Ali as-Sistani, dem irakischen schiitischen Kleriker, den sie als ihr Vorbild betrachten. Insgesamt verfügen die Atabat über rund 18.000 aktive Soldaten und Zehntausende von Reservisten. Die Abbas Kampfdivision (Firqat al-Abbas) ist die militärisch fähigste der vier Gruppen, gestärkt durch die logistische Ausbildung und die Zusammenarbeit mit dem irakischen Verteidigungsministerium. Mehrere Merkmale unterscheiden die Atabat von den pro-iranischen Einheiten der PMF: Erstens arbeiten sie nur mit nationalen irakischen Institutionen zusammen und dürfen nicht mit IRGC-Kommandeuren oder anderen ausländischen Militärs in Verbindung treten. Zweitens halten sie sich aus der Politik heraus, während die iran-freundlichen Gruppen sogar ihre eigenen politischen Parteien gegründet haben. Drittens betrachten die Atabat-Einheiten die Vereinigten Staaten nicht als Feind, trotz anlassbezogener Verurteilungen von US-Aktionen. Viertens wurden die Atabat nicht der Verletzung von Menschenrechten beschuldigt. Tatsächlich haben sie kein Interesse daran, in den sunnitisch-arabischen Gebieten präsent zu sein, in denen viele solcher Verstöße begangen wurden. Ihr Hauptinteresse gilt den schiitischen heiligen Städten Karbala und Najaf und dem Wüstengebiet, die diese Städte mit Anbar verbindet. Die Atabat wurden auch nicht der Erpressung beschuldigt, im Gegensatz zu den vielen PMF-Gruppen, die solche Taktiken anwenden, um sich selbst zu erhalten, und damit den Unmut der sunnitischen Bevölkerung verschärfen (WI 28.5.2020). Die Schrein-Milizen spielten eine wichtige Rolle bei der Verteilung von Hilfsgütern im Rahmen einer Kampagne von Großayatollah as-Sistani mit dem Namen Maraji'yat al-Takaful (Solidarität der Marji'i) zur wirtschaftlichen Unterstützung der Menschen, die unter der von der Regierung verhängten Ausgangssperre während der COVID-Krise litten (EUI 6.2020, S.3).Bei den "Schrein"- oder Atabat-Milizen (andere Bezeichnungen: Hashd al-Atabat/ Saraya al-Atabat/ al-Atabat al-Muqadasa) oder auch Hashd al-Marji‘i handelt es sich um paramilitärische Gruppen, die mit den schiitischen Heiligtümern in Najaf und Kerbala verbunden sind, deshalb auch die Bezeichnung "Schrein-Milizen" (ICSR 1.11.2018, S.24; vergleiche WI 28.5.2020, Diyaruna 1.3.2021). Liwa Ansar al-Marjaiya, Liwa Ali al-Akbar, Firqat al-Abbas al-Qitaliyah, letztere bekannter unter der Bezeichnung Abbas Kampfdivision (Abbas Combat Division) und Firqat al-Imam Ali al-Qitaliyah haben keine Verbindungen zum Korps der Islamischen Revolutionsgarde (IRGC) des Iran, sondern zu Ayatollah Ali as-Sistani, dem irakischen schiitischen Kleriker, den sie als ihr Vorbild betrachten. Insgesamt verfügen die Atabat über rund 18.000 aktive Soldaten und Zehntausende von Reservisten. Die Abbas Kampfdivision (Firqat al-Abbas) ist die militärisch fähigste der vier Gruppen, gestärkt durch die logistische Ausbildung und die Zusammenarbeit mit dem irakischen Verteidigungsministerium. Mehrere Merkmale unterscheiden die Atabat von den pro-iranischen Einheiten der PMF: Erstens arbeiten sie nur mit nationalen irakischen Institutionen zusammen und dürfen nicht mit IRGC-Kommandeuren oder anderen ausländischen Militärs in Verbindung treten. Zweitens halten sie sich aus der Politik heraus, während die iran-freundlichen Gruppen sogar ihre eigenen politischen Parteien gegründet haben. Drittens betrachten die Atabat-Einheiten die Vereinigten Staaten nicht als Feind, trotz anlassbezogener Verurteilungen von US-Aktionen. Viertens wurden die Atabat nicht der Verletzung von Menschenrechten beschuldigt. Tatsächlich haben sie kein Interesse daran, in den sunnitisch-arabischen Gebieten präsent zu sein, in denen viele solcher Verstöße begangen wurden. Ihr Hauptinteresse gilt den schiitischen heiligen Städten Karbala und Najaf und dem Wüstengebiet, die diese Städte mit Anbar verbindet. Die Atabat wurden auch nicht der Erpressung beschuldigt, im Gegensatz zu den vielen PMF-Gruppen, die solche Taktiken anwenden, um sich selbst zu erhalten, und damit den Unmut der sunnitischen Bevölkerung verschärfen (WI 28.5.2020). Die Schrein-Milizen spielten eine wichtige Rolle bei der Verteilung von Hilfsgütern im Rahmen einer Kampagne von Großayatollah as-Sistani mit dem Namen Maraji'yat al-Takaful (Solidarität der Marji'i) zur wirtschaftlichen Unterstützung der Menschen, die unter der von der Regierung verhängten Ausgangssperre während der COVID-Krise litten (EUI 6.2020, S.3).
Saraya as-Salam / Friedenskompanien
Die Saraya as-Salam mobilisierten sich 2014 aus den Rängen der vormaligen Mahdi-Armee, die dem irakischen Kleriker Muqtada as-Sadr untersteht. Sie verfolgen eine nationalistische Ideologie und eigene politische Ziele (Clingendael 6.2018, S.3). Sadr und seine Anhänger lehnen die pro-Khamenei paramilitärischen Führer und Gruppen entschieden ab. Dennoch bleiben sie Teil der Gesamtstruktur der PMF. Sie sind hinsichtlich einer Integration in die Sicherheitskräfte aufgeschlossen (ICG 30.7.2018, S.3f; vgl. FPRI 19.8.2019). Quellen sprechen von einer Gruppengröße von 50.000, teilweise sogar 100.000 Mann. Ihre Schlagkraft ist jedoch mangels ausreichender finanzieller Ausstattung und militärischer Ausrüstung begrenzt. Dies liegt darin begründet, dass Sadr politische Distanz zu Teheran wahren will, was in einer nicht ganz so großzügigen Unterstützung Irans resultiert (Süß 21.8.2017). Hinsichtlich der im Herbst 2019 aufflammenden Proteste vollzog Muqtada as-Sadr eine zwiespältige Politik. - Schon in der Anfangsphase der Oktober-Demonstrationen 2019 waren Sadristen aktiv an den Demonstrationen beteiligt, und deren Paramilitärs verteidigten andere Demonstranten vor der Gewalt staatlicher und mit dem Iran verbündeter bewaffneter Kräfte. Im Frühjahr 2020 allerdings, nachdem Sadr die Demonstranten wegen ihres Auftretens gegenüber den religiösen Autoritäten tadelte, ihre "Abweichung" vom "richtigen Weg" kritisierte und parallel die bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen Saraya as-Salam und der pro-iranischen Asa'ib Ahl al-Haqq eingestellt wurden, gingen die Sadr-Miliz bzw. seine Anhänger in Bagdad und weiteren Städten im Südirak gewaltsam gegen Demonstranten vor und besetzten Protestlager (FPRI, 3.2020, S.2, 17; vgl. BAMF 5.2020, S.9f, 22).Die Saraya as-Salam mobilisierten sich 2014 aus den Rängen der vormaligen Mahdi-Armee, die dem irakischen Kleriker Muqtada as-Sadr untersteht. Sie verfolgen eine nationalistische Ideologie und eigene politische Ziele (Clingendael 6.2018, S.3). Sadr und seine Anhänger lehnen die pro-Khamenei paramilitärischen Führer und Gruppen entschieden ab. Dennoch bleiben sie Teil der Gesamtstruktur der PMF. Sie sind hinsichtlich einer Integration in die Sicherheitskräfte aufgeschlossen (ICG 30.7.2018, S.3f; vergleiche FPRI 19.8.2019). Quellen sprechen von einer Gruppengröße von 50.000, teilweise sogar 100.000 Mann. Ihre Schlagkraft ist jedoch mangels ausreichender finanzieller Ausstattung und militärischer Ausrüstung begrenzt. Dies liegt darin begründet, dass Sadr politische Distanz zu Teheran wahren will, was in einer nicht ganz so großzügigen Unterstützung Irans resultiert (Süß 21.8.2017). Hinsichtlich der im Herbst 2019 aufflammenden Proteste vollzog Muqtada as-Sadr eine zwiespältige Politik. - Schon in der Anfangsphase der Oktober-Demonstrationen 2019 waren Sadristen aktiv an den Demonstrationen beteiligt, und deren Paramilitärs verteidigten andere Demonstranten vor der Gewalt staatlicher und mit dem Iran verbündeter bewaffneter Kräfte. Im Frühjahr 2020 allerdings, nachdem Sadr die Demonstranten wegen ihres Auftretens gegenüber den religiösen Autoritäten tadelte, ihre "Abweichung" vom "richtigen Weg" kritisierte und parallel die bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen Saraya as-Salam und der pro-iranischen Asa'ib Ahl al-Haqq eingestellt wurden, gingen die Sadr-Miliz bzw. seine Anhänger in Bagdad und weiteren Städten im Südirak gewaltsam gegen Demonstranten vor und besetzten Protestlager (FPRI, 3.2020, S.2, 17; vergleiche BAMF 5.2020, S.9f, 22).
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Kurdische Sicherheitskräfte (Peshmerga) und Nachrichtendienste
Letzte Änderung: 11.08.2022
Die Kurdischen Sicherheitskräfte sind nicht in den Sicherheitsapparat der Zentralregierung eingegliedert (AA 25.10.2021, S.9). Nach der irakischen Verfassung hat die Kurdische Regionalregierung (KRG) das Recht, ihre eigenen Sicherheitskräfte (Polizei und die militärischen Peshmega) sowie jene des Inlandsgeheimdienstes (Asayish) zu unterhalten (USDOS 12.4.2022). Die beiden wichtigsten kurdischen politischen Parteien, die Demokratischen Partei Kurdistans (KDP) und die Patriotischen Union Kurdistans (PUK), unterhalten jeweils einen unabhängigen Sicherheitsapparat (AA 25.10.2021, S.9; vgl. USDOS 12.4.2022). Zusätzlich kontrollieren sie auch getrennt voneinander militärische Einheiten der Peshmerga und der Asayish. Nominell unterstehen sie dem Innenministerium der KRG (USDOS 12.4.2022; vgl. AA 22.1.2021). Die Kurdischen Sicherheitskräfte sind nicht in den Sicherheitsapparat der Zentralregierung eingegliedert (AA 25.10.2021, S.9). Nach der irakischen Verfassung hat die Kurdische Regionalregierung (KRG) das Recht, ihre eigenen Sicherheitskräfte (Polizei und die militärischen Peshmega) sowie jene des Inlandsgeheimdienstes (Asayish) zu unterhalten (USDOS 12.4.2022). Die beiden wichtigsten kurdischen politischen Parteien, die Demokratischen Partei Kurdistans (KDP) und die Patriotischen Union Kurdistans (PUK), unterhalten jeweils einen unabhängigen Sicherheitsapparat (AA 25.10.2021, S.9; vergleiche USDOS 12.4.2022). Zusätzlich kontrollieren sie auch getrennt voneinander militärische Einheiten der Peshmerga und der Asayish. Nominell unterstehen sie dem Innenministerium der KRG (USDOS 12.4.2022; vergleiche AA 22.1.2021).
Die beiden Einheiten, die den Großteil der Peshmerga-Kräfte ausmachen und über 100.000 Mann stark sind, werden von der KDP und PUK kontrolliert. Die Kräfte der Einheit Nr.70 gehören zur PUK und die Kräfte der Einheit Nr.80 werden von der KDP kontrolliert (Rudaw 21.6.2021). Seit 2005 ist die Vereinigung der KDP und PUK-eigenen Peshmerga-Streitkräfte unter dem Peshmerga-Ministerium ein wichtiges innenpolitisches Thema (Rudaw 3.4.2017; vgl. GPPi 3.2018). Mit der territorialen Niederlage des Islamischen Staates (IS) Ende 2017 haben auch die internationalen Koalitionspartner im Rahmen eines 2018 begonnenen Reformprogramms auf die Zusammenlegung der kurdischen Kräfte unter dem Peshmerga-Ministerium gedrängt (Rudaw 21.6.2021). Obwohl es bereits gelungen ist, mehrere bestehende Brigaden effektiv zu vereinen, kämpft das Peshmerga-Ministerium noch darum, alle Peshmerga-Einheiten unter sein Kommando zu bringen (Rudaw 3.4.2017; vgl. GPPi 3.2018). Die KDP und PUK haben seit Ende 2018 Schritte unternommen, um ihre jeweiligen Peshmerga zu vereinigen (BS 23.2.2022, S. 16). Auf Brigade-Ebene werden die Führungspositionen nach einem 50-50-Prinzip verteilt: Brigaden unter der Leitung von KDP-Kommandanten haben PUK-Stellvertreter und umgekehrt. In der Praxis sind die meisten Brigaden jedoch immer noch entlang der Parteigrenzen aufgegliedert (GPPi 3.2018) und die Peshmergaeinheiten auf die jeweiligen politischen Parteien fixiert geblieben (BS 23.2.2022, S. 16).Die beiden Einheiten, die den Großteil der Peshmerga-Kräfte ausmachen und über 100.000 Mann stark sind, werden von der KDP und PUK kontrolliert. Die Kräfte der Einheit Nr.70 gehören zur PUK und die Kräfte der Einheit Nr.80 werden von der KDP kontrolliert (Rudaw 21.6.2021). Seit 2005 ist die Vereinigung der KDP und PUK-eigenen Peshmerga-Streitkräfte unter dem Peshmerga-Ministerium ein wichtiges innenpolitisches Thema (Rudaw 3.4.2017; vergleiche GPPi 3.2018). Mit der territorialen Niederlage des Islamischen Staates (IS) Ende 2017 haben auch die internationalen Koalitionspartner im Rahmen eines 2018 begonnenen Reformprogramms auf die Zusammenlegung der kurdischen Kräfte unter dem Peshmerga-Ministerium gedrängt (Rudaw 21.6.2021). Obwohl es bereits gelungen ist, mehrere bestehende Brigaden effektiv zu vereinen, kämpft das Peshmerga-Ministerium noch darum, alle Peshmerga-Einheiten unter sein Kommando zu bringen (Rudaw 3.4.2017; vergleiche GPPi 3.2018). Die KDP und PUK haben seit Ende 2018 Schritte unternommen, um ihre jeweiligen Peshmerga zu vereinigen (BS 23.2.2022, Sitzung 16). Auf Brigade-Ebene werden die Führungspositionen nach einem 50-50-Prinzip verteilt: Brigaden unter der Leitung von KDP-Kommandanten haben PUK-Stellvertreter und umgekehrt. In der Praxis sind die meisten Brigaden jedoch immer noch entlang der Parteigrenzen aufgegliedert (GPPi 3.2018) und die Peshmergaeinheiten auf die jeweiligen politischen Parteien fixiert geblieben (BS 23.2.2022, Sitzung 16).
Im April 2021 wurde die Einrichtung gemeinsamer Koordinationszentren zum Austausch von Informationen zur Bekämpfung des IS zwischen den Irakischen Sicherheitskräften (ISF) und den Peshmerga-Kräften beschlossen. Diese sollen dazu dienen, die Sicherheitslücken, zwischen deren Einsatzgebieten zu schließen, die vom IS ausgenutzt werden. Die Koordinationszentren befinden sich in Diyala, Kirkuk, Makhmour und Ninewa (Rudaw 23.5.2021).
Im Kampf gegen den IS hatten die Peshmerga über die ursprünglichen Grenzen von 2003 der KRI hinaus Gebiete befreit. Aus diesen zwischen Bagdad und Erbil seit jeher umstrittenen Gebieten hat die irakische Armee die Peshmerga nach Abhaltung des Unabhängigkeitsreferendums im September 2017 größtenteils zurückgedrängt. In weiten Teilen haben die Peshmerga sich kampflos zurückgezogen, es gab jedoch auch teils schwere bewaffnete Auseinandersetzungen mit Opfern auf beiden Seiten (AA 14.10.2020).
Die Sicherheitsdienste der KRI halten in den von ihnen kontrollierten Gebieten bisweilen Verdächtige ohne Haftbefehl fest, insbesondere auf der Grundlage des Antiterrorismusgesetzes. Die schlecht definierten administrativen Grenzen zwischen den kurdischen Gouvernements sowie dem (nicht-kurdischen) Rest des Landes führen zu anhaltender Verwirrung über die Zuständigkeit der Sicherheitskräfte und der Gerichte. Angehörige der Sicherheitskräfte haben dokumentierte Übergriffe begangen (USDOS 12.4.2022).
Quellen:
AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (25.10.2021): Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak (Stand: Oktober 2021), https://www.ecoi.net/en/file/local/2063378/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Republik_Irak_%28Stand_Oktober_2021%29%2C_25.10.2021.pdf, Zugriff 1.12.2021
AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (22.1.2021): Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak (Stand: Januar 2021), https://www.ecoi.net/en/file/local/2057645/Deutschland___Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Republik_Irak_%28Stand_Januar_2021%29%2C_22.01.2021.pdf, Zugriff 3.3.2021
AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (14.10.2020): Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak (Stand: März 2020), https://www.ecoi.net/en/file/local/2040689/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%BCber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Republik_Irak_%28Stand_M%C3%A4rz_2020%29%2C_14.10.2020.pdf, Zugriff 3.3.2021
BS - Bertelsmann Stiftung (23.2.2022): BTI 2022 Country Report Iraq, https://www.ecoi.net/en/file/local/2069660/country_report_2022_IRQ.pdf, Zugriff 17.6.2022
GPPi - Global Public Policy Institute (3.2018): Iraq after ISIL, Sub-State Actors, Local Forces, and the Micro-Politics of Control, https://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/Gaston_Derzsi-Horvath_2018_Iraq_After_ISIL.pdf, Zugriff 7.6.2022
Rudaw (21.6.2021): Coalition ‘very happy’ with Peshmerga reform, Kurdish-Iraqi coordination: colonel, https://www.rudaw.net/english/kurdistan/210620212, Zugriff 21.6.2021
Rudaw (23.5.2021): Peshmerga-Iraq cooperation will ‘close that gap,’ cut off ISIS: Coalition, https://www.rudaw.net/english/middleeast/iraq/230520212, Zugriff 25.8.2021
Rudaw (3.4.2017): Over 150,000 enlisted as Peshmerga troops in Kurdistan Region, official data shows, https://www.rudaw.net/english/kurdistan/03042017, Zugriff 7.6.2022
USDOS - US Department of State [USA] (12.4.2022): 2021 Country Report on Human Rights Practices: Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/2071125.html, Zugriff 7.6.2022
Folter und unmenschliche Behandlung
Letzte Änderung: 22.08.2022
Folter und unmenschliche Behandlung sind laut der irakischen Verfassung ausdrücklich verboten (AA 25.10.2021, S.21; vgl. USDOS 12.4.2022). Im Juli 2011 hat die irakische Regierung die UN-Anti-Folter-Konvention (CAT) unterzeichnet. Folter wird jedoch auch in der jüngsten Zeit von staatlichen Akteuren angewandt, etwa bei Befragungen durch irakische (einschließlich kurdische) Polizei- und andere Sicherheitskräfte (AA 25.10.2021, S.21), oder auch um Geständnisse zu erzwingen (HRW 13.2.2022; vgl. USDOS 12.4.2022, FH 28.2.2022). Gerichte akzeptieren solche Geständnisse als Beweismittel (USDOS 12.4.2022) auch für die Vollstreckung von Todesurteilen. Häftlinge berichten auch über Todesfälle aufgrund von Folter während Verhören (HRW 13.1.2021). Folter und unmenschliche Behandlung sind laut der irakischen Verfassung ausdrücklich verboten (AA 25.10.2021, S.21; vergleiche USDOS 12.4.2022). Im Juli 2011 hat die irakische Regierung die UN-Anti-Folter-Konvention (CAT) unterzeichnet. Folter wird jedoch auch in der jüngsten Zeit von staatlichen Akteuren angewandt, etwa bei Befragungen durch irakische (einschließlich kurdische) Polizei- und andere Sicherheitskräfte (AA 25.10.2021, S.21), oder auch um Geständnisse zu erzwingen (HRW 13.2.2022; vergleiche USDOS 12.4.2022, FH 28.2.2022). Gerichte akzeptieren solche Geständnisse als Beweismittel (USDOS 12.4.2022) auch für die Vollstreckung von Todesurteilen. Häftlinge berichten auch über Todesfälle aufgrund von Folter während Verhören (HRW 13.1.2021).
Weiterhin misshandeln und foltern Angehörige der Sicherheitskräfte, darunter Polizeibeamte, Angehörige des Nationalen Sicherheitsdienstes (NSS), der Volksmobilisierungskräfte (PMF) und der kurdischen Asayish, Personen, insbesondere sunnitische Araber, während Verhaftung, Untersuchungshaft und nach einer Verurteilung. Internationale Menschenrechtsorganisationen dokumentierten Fälle von Folter und Misshandlung in Einrichtungen des Innenministeriums und in geringerem Umfang in Haftanstalten des Verteidigungsministeriums. Ehemalige Gefangene, Häftlinge und Menschenrechtsgruppen berichteten von einer Vielzahl von Folterungen und Misshandlungen. Straffreiheit für Angehörige der Sicherheitskräfte ist ein Problem und erzwungene Geständnisse werden von Gerichten in zahlreichen Fällen als primäre Beweisquelle anerkannt (USDOS 12.4.2022).
Seit Beginn der Massenproteste im Oktober 2019 werden irakische Sicherheitsbehörden und Milizen beschuldigt an Entführungen und Folter gegen die Demonstranten involviert zu sein (GIZ 1.2021a; vgl. UNAMI 23.5.2020). In Basra gingen die Sicherheitskräfte gewaltsam gegen Demonstranten vor, wobei auch einige Kinder bis zur Bewusstlosigkeit geschlagen wurden. Andere Demonstranten waren Misshandlungen ausgesetzt, die Folter gleichkommen könnten (AI 7.4.2021).Seit Beginn der Massenproteste im Oktober 2019 werden irakische Sicherheitsbehörden und Milizen beschuldigt an Entführungen und Folter gegen die Demonstranten involviert zu sein (GIZ 1.2021a; vergleiche UNAMI 23.5.2020). In Basra gingen die Sicherheitskräfte gewaltsam gegen Demonstranten vor, wobei auch einige Kinder bis zur Bewusstlosigkeit geschlagen wurden. Andere Demonstranten waren Misshandlungen ausgesetzt, die Folter gleichkommen könnten (AI 7.4.2021).
Quellen:
AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (25.10.2021): Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak (Stand: Oktober 2021), https://www.ecoi.net/en/file/local/2063378/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Republik_Irak_%28Stand_Oktober_2021%29%2C_25.10.2021.pdf, Zugriff 1.12.2021
AI - Amnesty International (7.4.2021): Amnesty International Report 2020/21; The State of the World's Human Rights; Iraq 2020, https://www.ecoi.net/en/document/2048571.html, Zugriff 10.4.2021
FH - Freedom House (28.2.2022): Freedom in the World 2022 - Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/2068634.html, Zugriff 7.6.2022
GIZ - Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (1.2021a): Irak - Geschichte & Staat, https://www.liportal.de/irak/geschichte-staat/, Zugriff 16.3.2021 [Anm.: Der Link ist nicht mehr abrufbar. Die Daten sind jedoch bei der Staatendokumentation archiviert und einsehbar.]
HRW - Human Rights Watch (13.1.2022): World Report 2022 - Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/2066472.html, Zugriff 21.1.2022
HRW - Human Rights Watch (13.1.2021): World Report 2021 - Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/2043505.html, Zugriff 28.1.2021
UNAMI - United Nations Assistance Mission for Iraq (23.5.2020): Demonstrations in Iraq: 3rd update, Abductions, torture and enforced disappearancesin the context ofongoing demonstrations in Iraq, https://www.ohchr.org/Documents/Countries/IQ/3pdatemayen_1.pdf, Zugriff 16.3.2021
USDOS - US Department of State [USA] (12.4.2022): 2021 Country Report on Human Rights Practices: Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/2071125.html, Zugriff 7.6.2022
Folter und unmenschliche Behandlung in der Kurdistan Region Irak (KRI)
Letzte Änderung: 11.08.2022
Missbräuchliche Verhöre sollen unter bestimmten Bedingungen in einigen Haftanstalten der internen Sicherheitseinheit der Kurdistan Region Irak (KRI), der Asayish, und der Geheimdienste der großen politischen Parteien, der Parastin der Kurdischen Demokratischen Partei (KDP) und der Zanyari der Patriotischen Union Kurdistans (PUK) stattfinden (USDOS 11.3.2020). Berichten zufolge kommt es in Gefängnissen der kurdischen Geheimpolizei (Asayish) in der KRI zur Anwendung von Folterpraktiken gegen Terrorverdächtige (AA 25.10.2021, S.21).
Es gibt Berichte, dass Sicherheitskräfte der KRI verschiedene Formen der Misshandlung, einschließlich Schläge, anwenden. Auch gegen Jugendliche und Frauen mit vermeintlichen IS-Verbindungen (USDOS 11.3.2020).
Die Kurdische Regionalregierung (KRG) verfolgt Vorwürfe von Misshandlungen durch Beamte des Innenministeriums oder durch Asayish nicht einheitlich. Die Hilfsmission der Vereinten Nationen für den Irak (UNAMI) berichtete im August und Dezember 2021, dass in einigen Gefängnissen der KRG grundlegende Standards und Verfahrensgarantien nicht eingehalten wurden und dass die bestehenden Mechanismen zur Entgegennahme von Folterbeschwerden nicht wirksam sind (USDOS 12.4.2022).
Quellen:
AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (25.10.2021): Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak (Stand: Oktober 2021), https://www.ecoi.net/en/file/local/2063378/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Republik_Irak_%28Stand_Oktober_2021%29%2C_25.10.2021.pdf, Zugriff 1.12.2021
USDOS - US Department of State [USA] (12.4.2022): 2021 Country Report on Human Rights Practices: Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/2071125.html, Zugriff 7.6.2022
USDOS - US Department of State [USA] (11.3.2020): Country Report on Human Rights Practices 2019 – Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026340.html, Zugriff 2.2.2021
Korruption
Letzte Änderung: 11.08.2022
Korruption ist nach wie vor ein großes Problem im Irak (FH 28.2.2022; vgl. GIZ 1.2021b). Das Gesetz sieht strafrechtliche Sanktionen für Korruption durch Staatsdiener vor, aber die Regierung setzt das Gesetz nicht immer wirksam um (USDOS 12.4.2022; vgl. FH 3.3.2021). Weniger als 5 % der Korruptionsfälle werden angezeigt (GIZ 1.2021b). Das Justizsystem, das selbst durch Politisierung und Korruption behindert wird, bearbeitet nur einen Bruchteil der Fälle, die von der Integritätskommission, einer von drei Antikorruptionsbehörden, untersucht werden (FH 28.2.2022).Korruption ist nach wie vor ein großes Problem im Irak (FH 28.2.2022; vergleiche GIZ 1.2021b). Das Gesetz sieht strafrechtliche Sanktionen für Korruption durch Staatsdiener vor, aber die Regierung setzt das Gesetz nicht immer wirksam um (USDOS 12.4.2022; vergleiche FH 3.3.2021). Weniger als 5 % der Korruptionsfälle werden angezeigt (GIZ 1.2021b). Das Justizsystem, das selbst durch Politisierung und Korruption behindert wird, bearbeitet nur einen Bruchteil der Fälle, die von der Integritätskommission, einer von drei Antikorruptionsbehörden, untersucht werden (FH 28.2.2022).
Beamte sind häufig ungestraft in korrupte Praktiken verstrickt. Die Untersuchung von Korruption ist nicht frei von politischer Einflussnahme. Die Bemühungen zur Korruptionsbekämpfung wurden durch Mangel an Einigkeit bezüglich der institutionellen Rollen, an politischem Willen und politischem Einfluss, mangelnder Transparenz und durch unklare Rechtsvorschriften und Regulierungsverfahren behindert. Im August 2020 hat Premierminister al-Kadhimi per Verordnung einen ständigen Sonderausschuss zur Untersuchung und strafrechtlichen Verfolgung größerer Korruptionsfälle eingesetzt. Im September 2020 wurden aufgrund der Arbeit des Antikorruptionsausschusses 19 hochrangige Personen verhaftet. Im Oktober 2020 wurden rund 1.000 Beamte entlassen, nachdem sie wegen Vergehen gegen die öffentliche Ordnung, darunter Verschwendung öffentlicher Gelder, Bestechung und Veruntreuung, verurteilt worden waren (USDOS 30.3.2021). Der von Premierminister al-Kadhimi eingesetzte Ständige Sonderausschuss zur Untersuchung von Korruption und bedeutenden Straftaten hat seine Arbeit im Laufe des Jahres 2021 fortgesetzt. Da er von der Antiterroreinheit der Regierung unterstützt wird, welche Haftbefehle und gerichtliche Anordnungen umsetzen kann, werden korrupte Beamte Berichten zufolge unter Druck gesetzt (USDOS 12.4.2022).
Antikorruptions-, Strafverfolgungs- und Justizbeamte sowie Mitglieder der Zivilgesellschaft und der Medien werden wegen ihrer Bemühungen zur Bekämpfung korrupter Praktiken bedroht und eingeschüchtert (USDOS 12.4.2022; vgl. FH 28.2.2022). Sie sind sowohl im föderalen Irak, als auch in der KRI mit Verhaftungen, Verleumdungsklagen und Gewalt konfrontiert (FH 28.2.2022). Korruption war einer der Auslöser für die sogenannten Tishreen-Proteste, die 2019 ausgebrochen sind (FH 28.2.2022).Antikorruptions-, Strafverfolgungs- und Justizbeamte sowie Mitglieder der Zivilgesellschaft und der Medien werden wegen ihrer Bemühungen zur Bekämpfung korrupter Praktiken bedroht und eingeschüchtert (USDOS 12.4.2022; vergleiche FH 28.2.2022). Sie sind sowohl im föderalen Irak, als auch in der KRI mit Verhaftungen, Verleumdungsklagen und Gewalt konfrontiert (FH 28.2.2022). Korruption war einer der Auslöser für die sogenannten Tishreen-Proteste, die 2019 ausgebrochen sind (FH 28.2.2022).
Die Kurdistan Region Irak (KRI) leidet unter ähnlichen Korruptionsproblemen (FH 28.2.2022).
Auf dem Corruption Perceptions Index 2021 von Transparency International wird der Irak mit 23 (von 100) Punkten bewertet (0=highly corrupt, 100=very clean) und nimmt Rang 157 von 180 Staaten ein (TI 25.1.2022).
Quellen:
FH - Freedom House (28.2.2022): Freedom in the World 2022 - Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/2068634.html, Zugriff 7.6.2022
FH - Freedom House (3.3.2021): Freedom in the World 2021 – Iraq, https://www.ecoi.net/en/document/2046520.html, Zugriff 3.3.2021
GIZ - Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (1.2021b): Irak - Wirtschaft & Entwicklung, https://www.liportal.de/irak/wirtschaft-entwicklung/, Zugriff 16.3.2021 [Anm.: Der Link ist nicht mehr abrufbar. Die Daten sind jedoch bei der Staatendokumentation archiviert und einsehbar.]
TI - Transparency International (25.1.2022): Iraq, https://www.transparency.org/en/cpi/2021/index/irq, Zugriff 2.2.2022
USDOS - US Department of State [USA] (12.4.2022): 2021 Country Report on Human Rights Practices: Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/2071125.html, Zugriff 7.6.2022
USDOS - US Department of State [USA] (30.3.2021): 2020 Country Report on Human Rights Practices: Iraq, https://www.ecoi.net/en/document/2048100.html, Zugriff 1.4.2021
Nichtregierungsorganisationen (NGOs) und Menschenrechtsaktivisten
Letzte Änderung: 11.08.2022
Nichtregierungsorganisationen (NGOs) müssen sich registrieren (FH 28.2.2022; vgl. USDOS 12.4.2022). Mit Stand September 2020 waren laut der irakischen Bundesdirektion für Nichtregierungsorganisationen 4.600 NGOs registriert, darunter 168 Niederlassungen ausländischer Organisationen (USDOS 30.3.2021). Nichtregierungsorganisationen (NGOs) müssen sich registrieren (FH 28.2.2022; vergleiche USDOS 12.4.2022). Mit Stand September 2020 waren laut der irakischen Bundesdirektion für Nichtregierungsorganisationen 4.600 NGOs registriert, darunter 168 Niederlassungen ausländischer Organisationen (USDOS 30.3.2021).
Seit 2010 gibt es ein Gesetz zu NGOs, das die Beschränkungen der Auslandsfinanzierung von NGOs lockert, die Ablehnung von Registrierungsanträgen einschränkt, strafrechtliche Sanktionen beseitigt, unbegründete Überprüfungen und Inspektionen untersagt, sowie gerichtliche Kontrollen für die Suspendierung von NGOs schafft (ICNL 9.4.2021). In Bagdad registrierte NGOs können in der KRI tätig werden, aber NGOs, die nur in der KRI registriert sind, können nicht im Rest des Landes tätig werden (USDOS 12.4.2022).
Im Irak sind über 440 NGOs registriert, die sich im Berich der Menschenrechte engagieren. NGOs, die sich für den Schutz der Menschenrechte einsetzen, unterliegen in ihrer Registrierung keinen Einschränkungen. Die schwierige Sicherheitslage und bürokratische Hürden erschweren jedoch die Arbeit vieler NGOs. Sie unterliegen der Kontrolle durch die Behörde für Angelegenheiten der Zivilgesellschaft. Zahlreiche NGOs berichten von bürokratischen und intransparenten Registrierungsverfahren, willkürlichem Einfrieren von Bankkonten sowie unangekündigten und einschüchternden Visitationen durch Ministeriumsvertreter (AA 25.10.2021, S.8).
Nationale und internationale NGOs operieren in den meisten Fällen unter geringer staatlicher Einflussnahme. Es gibt jedoch zahlreiche Berichte darüber, dass Mitarbeiter von Hilfsorganisationen schikaniert, bedroht, verhaftet und in einigen Fällen wegen Terrorismusvorwürfen beschuldigt worden sind (USDOS 12.4.2022). Die Internationale Organisation für die Sicherheit von NGOs verzeichnete im Jahre 2020 20 derartige Vorfälle (USDOS 30.3.2021). 2021 waren es bis Oktober 15 Vorfälle (USDOS 12.4.2022). Rund 700 NGOs wurden wegen diverser Verstöße sanktioniert, etwa weil sie als Deckmantel für politische Parteien dienten oder wegen verdächtiger Vorgänge wider das NGO-Gesetz (USDOS 30.3.2021). Vom Iran unterstützte Milizen haben Aktivisten, Journalisten und Anwälte, die mit der 2019 ins Leben gerufenen Tishreen-Protestbewegung in Verbindung stehen, ermordet, entführt und angegriffen (FH 28.2.2022). Im Dezember 2020 stürmten Kämpfer der Asaib Ahl al-Haq ein Gemeindezentrum des Internationalen Rettungskomitees in Mossul und bedrohten die dort beschäftigten Helfer, woraufhin das Zentrum geschlossen wurde (USDOS 30.3.2021).
Quellen:
AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (25.10.2021): Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak (Stand: Oktober 2021), https://www.ecoi.net/en/file/local/2063378/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Republik_Irak_%28Stand_Oktober_2021%29%2C_25.10.2021.pdf, Zugriff 1.12.2021
FH - Freedom House (28.2.2022): Freedom in the World 2022 - Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/2068634.html, Zugriff 7.6.2022
ICNL - The International Center for Not-for-Profit Law (9.4.2021): Civic Freedom Monitor: Iraq, https://www.icnl.org/resources/civic-freedom-monitor/iraq, Zugriff 21.4.2021
USDOS - US Department of State [USA] (12.4.2022): 2021 Country Report on Human Rights Practices: Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/2071125.html, Zugriff 7.6.2022
USDOS - US Department of State [USA] (30.3.2021): 2020 Country Report on Human Rights Practices: Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048100.html, Zugriff 1.4.2021
Nichtregierungsorganisationen (NGOs) und Menschenrechtsaktivisten in der Kurdistan Region Irak (KRI)
Letzte Änderung: 11.08.2022
In der Kurdistan Region Irak (KRI) müssen sich Nichtregierungsorganisationen (NGOs) registrieren. Diese Registrierungen sind jährlich zu erneuern (FH 28.2.2022).
Seit 2010 gibt es ein Gesetz zu NGOs, das die Beschränkungen der Auslandsfinanzierung von NGOs lockert, die Ablehnung von Registrierungsanträgen einschränkt, strafrechtliche Sanktionen beseitigt, unbegründete Überprüfungen und Inspektionen untersagt, sowie gerichtliche Kontrollen über die Suspendierung von NGOs schafft (ICNL 26.6.2019). In Bagdad registrierte NGOs können in der KRI tätig werden, aber NGOs, die nur in der KRI registriert sind, können nicht im Rest des Landes tätig werden (USDOS 12.4.2022).
Die KRI verfügt über eine aktive Gemeinschaft von meist kurdischen NGOs, viele mit engen Beziehungen zu den politischen Parteien PUK und KDP (USDOS 30.3.2021).
Im Oktober und Dezember 2020 wurden in der KRI Aktivisten verhaftet, weil sie zu Protesten gegen die Regierungsparteien aufgerufen und sich an ihnen beteiligt hatten (FH 3.3.2021).
Quellen:
FH - Freedom House (28.2.2022): Freedom in the World 2022 - Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/2068634.html, Zugriff 7.6.2022
FH - Freedom House (3.3.2021): Freedom in the World 2021 – Iraq, https://www.ecoi.net/en/document/2046520.html, Zugriff 3.3.2021
ICNL - The International Center for Not-for-Profit Law (9.4.2021): Civic Freedom Monitor: Iraq, https://www.icnl.org/resources/civic-freedom-monitor/iraq, Zugriff 21.4.2021
USDOS - US Department of State [USA] (12.4.2022): 2021 Country Report on Human Rights Practices: Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/2071125.html, Zugriff 7.6.2022
Wehrdienst, Rekrutierungen und Wehrdienstverweigerung
Letzte Änderung: 11.08.2022
Im Irak besteht keine Wehrpflicht (AA 25.10.2021, S.12). Männer zwischen 18 und 40 Jahren können sich freiwillig zum Militärdienst melden (CIA 18.1.2021). Seit 2003 wurden keine Personen mit Verbindungen zum alten Regime bei den neuen Sicherheitskräften aufgenommen (AA 22.1.2021). Am 31.8.2021 hat die irakische Regierung die Annahme eines Gesetzesentwurfs zur Wiedereinführung der Wehrpflicht beschlossen. Sollte dieses Gesetz auch vom Parlament angenommen werden, könnte der Irak wieder Wehrpflichtige einziehen (AA 25.10.2021, S.12).
Laut Kapitel 5 des irakischen Militärstrafgesetzes von 2007 ist Desertion in Gefechtssituationen mit bis zu sieben Jahren Haft strafbar. Das Überlaufen zum Feind ist mit dem Tode strafbar (MoD 10.2007). Angehörige des irakischen Militärs, die 2014 desertiert sind, können auf der Grundlage eines Beschlusses des Ministerrates vom Juni 2019 wieder der irakischen Armee beitreten und so einer Strafverfolgung auf der Grundlage des Militärstrafgesetzes entgehen. Regierungsangaben zufolge betrifft dies über 52.000 Soldaten und 2.000 Angehörige von Spezialeinheiten (AA 25.10.2021, S.12).
Die Rekrutierung in die Volksmobilisierungskräfte (PMF) erfolgt ausschließlich auf freiwilliger Basis. Viele schließen sich den PMF aus wirtschaftlichen Gründen an. Desertion von Kämpfern niederer Ränge hätte wahrscheinlich keine Konsequenzen oder Vergeltungsmaßnahmen zur Folge (DIS/Landinfo 5.11.2018; vgl. UK Home Office 1.2021).Die Rekrutierung in die Volksmobilisierungskräfte (PMF) erfolgt ausschließlich auf freiwilliger Basis. Viele schließen sich den PMF aus wirtschaftlichen Gründen an. Desertion von Kämpfern niederer Ränge hätte wahrscheinlich keine Konsequenzen oder Vergeltungsmaßnahmen zur Folge (DIS/Landinfo 5.11.2018; vergleiche UK Home Office 1.2021).
Auch in der Kurdistan Region Irak (KRI) herrscht keine Wehrpflicht (DIS 12.4.2016; vgl. EASO 1.2021). Kurdische Männer und Frauen können sich freiwillig zu den Peshmerga melden (DIS 12.4.2016). Rekruten für die Peshmerga unterzeichnen einen Vertrag für eine bestimmte Dienstzeit, nach dessen Ablauf die Person freiwillig gehen kann (EASO 1.2021 ).Auch in der Kurdistan Region Irak (KRI) herrscht keine Wehrpflicht (DIS 12.4.2016; vergleiche EASO 1.2021). Kurdische Männer und Frauen können sich freiwillig zu den Peshmerga melden (DIS 12.4.2016). Rekruten für die Peshmerga unterzeichnen einen Vertrag für eine bestimmte Dienstzeit, nach dessen Ablauf die Person freiwillig gehen kann (EASO 1.2021 ).
Mehrere Quellen haben festgestellt, dass es für hochrangige Peshmerga schwieriger sein kann, die Armee zu verlassen und dass dies Konsequenzen haben kann. Nicht aber für Peshmerga niederen Ranges (EASO 1.2021). Die Strafe für Desertion von den Peshmerga kann, je nach den Umständen, von der Auflösung des Vertrages bis zur Verurteilung zum Tode reichen (DIS 12.4.2016; vgl. EASO 1.2021). Es wurden jedoch weder vor 2015 noch in neueren Berichten derartige Fälle bekannt (EASO 1.2021).Mehrere Quellen haben festgestellt, dass es für hochrangige Peshmerga schwieriger sein kann, die Armee zu verlassen und dass dies Konsequenzen haben kann. Nicht aber für Peshmerga niederen Ranges (EASO 1.2021). Die Strafe für Desertion von den Peshmerga kann, je nach den Umständen, von der Auflösung des Vertrages bis zur Verurteilung zum Tode reichen (DIS 12.4.2016; vergleiche EASO 1.2021). Es wurden jedoch weder vor 2015 noch in neueren Berichten derartige Fälle bekannt (EASO 1.2021).
Es gibt keine Berichte darüber, dass das Verteidigungsministerium der Zentralregierung Kinder für den Dienst in den Sicherheitsdiensten einberufen oder rekrutiert hat (USDOS 30.3.2021). Die Regierung und die religiösen schiitischen Führer haben Kindern unter 18 Jahren ausdrücklich verboten, im Kampf zu dienen. 2021 gab es einen verifizierten Bericht über die Rekrutierung und den Einsatz eines Kindersoldaten durch die PMF (USDOS 12.4.2022).
Quellen:
AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (25.10.2021): Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak (Stand: Oktober 2021), https://www.ecoi.net/en/file/local/2063378/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Republik_Irak_%28Stand_Oktober_2021%29%2C_25.10.2021.pdf, Zugriff 1.12.2021
AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (22.1.2021): Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak (Stand: Januar 2021), https://www.ecoi.net/en/file/local/2057645/Deutschland___Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Republik_Irak_%28Stand_Januar_2021%29%2C_22.01.2021.pdf , Zugriff 3.3.2021
CIA - Central Intelligence Agency [USA] (18.1.2021): The World Factbook – Iraq, file:///home/co7295/Dokumente/LIB_KI/IRAK/IRAK_LIB_Update_2021/Quellen/CIA%2018.1.2021.html#military-and-security, Zugriff 18.1.2021
DIS - Danish Immigration Service [Dänemark] (12.4.2016): The Kurdistan Region of Iraq (KRI); Access, Possibility of Protection, Security and Humanitarian Situation; Report from fact finding mission to Erbil, the Kurdistan Region of Iraq (KRI) and Beirut, Lebanon, 26 September to 6 October 2015, https://www.ecoi.net/en/file/local/1302021/1226_1460710389_factfindingreportkurdistanregionofiraq11042016.pdf, Zugriff 1.4.2021
DIS/Landinfo - Danish Immigration Service [Dänemark]; Norwegian Country of Origin Information Center [Norwegen] (5.11.2018): Northern Iraq: Security situation and the situation for internally displaced persons (IDPs) in the disputed areas, incl. possibility to enter and access the Kurdistan Region of Iraq (KRI), https://www.ecoi.net/en/file/local/1450541/1226_1542182184_iraq-report-security-idps-and-access-nov2018.pdf, Zugriff 1.4.2021
EASO – European Asylum Support Office (1.2021): Country Guidance: Iraq; Common analysis and guidance note, https://www.ecoi.net/en/file/local/2045437/Country_Guidance_Iraq_2021.pdf, Zugriff 3.3.2021
MoD - Republic of Iraq, Ministry of Defense [Irak] (10.2007): Military Penal Code No. 19 of 2007, https://ihl-databases.icrc.org/applic/ihl/ihl-nat.nsf/implementingLaws.xsp?documentId=9C60EDC34C397A53C1257C080040F111&action=openDocument&xp_countrySelected=IQ&xp_topicSelected=GVAL-992BUA&from=state, Zugriff 18.1.2021
UK Home Office [Großbritannien] (1.2021): Country Policy and Information Note Iraq: Sunni Arabs, https://www.ecoi.net/en/file/local/2043500/Iraq_-_Sunni_Arabs_-_CPIN_-_v3.0_-_January_2021_-_ext.pdf, Zugriff 1.4.2021
USDOS - US Department of State [USA] (12.4.2022): 2021 Country Report on Human Rights Practices: Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/2071125.html, Zugriff 7.6.2022
USDOS - US Department of State [USA] (30.3.2021): 2020 Country Report on Human Rights Practices: Iraq, https://www.ecoi.net/en/document/2048100.html, Zugriff 1.4.2021
Allgemeine Menschenrechtslage
Letzte Änderung: 12.08.2022
Die Verfassung vom 15.10.2005 garantiert demokratische Grundrechte wie Versammlungsfreiheit, Pressefreiheit, Religionsfreiheit (AA 25.10.2021, S.20; vgl. GIZ 1.2021a), Schutz von Minderheiten und Gleichberechtigung. Der Menschenrechtskatalog umfasst auch wirtschaftliche, soziale und kulturelle Menschenrechte wie das Recht auf Arbeit und das Recht auf Bildung (AA 25.10.2021, S.21). Die Verfassungswirklichkeit weicht jedoch vielfach von diesen Prinzipien ab. Unabhängige Institutionen, die stark genug wären, die Einhaltung der Verfassung zu kontrollieren und zu gewährleisten, existieren nicht (GIZ 1.2021a). Die Verfassung vom 15.10.2005 garantiert demokratische Grundrechte wie Versammlungsfreiheit, Pressefreiheit, Religionsfreiheit (AA 25.10.2021, S.20; vergleiche GIZ 1.2021a), Schutz von Minderheiten und Gleichberechtigung. Der Menschenrechtskatalog umfasst auch wirtschaftliche, soziale und kulturelle Menschenrechte wie das Recht auf Arbeit und das Recht auf Bildung (AA 25.10.2021, S.21). Die Verfassungswirklichkeit weicht jedoch vielfach von diesen Prinzipien ab. Unabhängige Institutionen, die stark genug wären, die Einhaltung der Verfassung zu kontrollieren und zu gewährleisten, existieren nicht (GIZ 1.2021a).
Der Irak hat auch wichtige internationale Abkommen zum Schutz der Menschenrechte ratifiziert. Es kommt jedoch weiterhin zu Menschenrechtsverletzungen durch Polizei und andere Sicherheitskräfte (AA 25.10.2021, S.20). Der in der Verfassung festgeschriebene Aufbau von Menschenrechtsinstitutionen kommt weiterhin nur schleppend voran. Das Menschenrechtsministerium wurde 2015 abgeschafft, und das Mandat für die unabhängige Menschenrechtskommission ist am 4.8.2021 ausgelaufen, wobei unklar ist, ob es erneuert wird (AA 25.10.2021, S.21). Im Zuge der Proteste seit Oktober 2019 versucht die Kommission sich unabhängig ein Bild von der Lage zu machen und die Zahlen von Toten und Verletzten zu sammeln, zu verifizieren und zu veröffentlichen, da sich die Regierung einer Veröffentlichung verweigert (AA 22.1.2021).
Zu den wesentlichsten Menschenrechtsfragen im Irak zählen unter anderem: Anschuldigungen bezüglich rechtswidriger Tötungen, Verschwindenlassen, Folter, harte und lebensbedrohliche Haftbedingungen, willkürliche Festnahmen und Inhaftierungen, willkürliche Eingriffe in die Privatsphäre, Einschränkungen der Meinungsfreiheit, einschließlich der Pressefreiheit, Gewalt gegen Journalisten, weit verbreitete Korruption, gesetzliche Einschränkungen der Bewegungsfreiheit von Frauen, erzwungene Rückkehr von Binnenvertriebenen (IDPs), Kriminalisierung und Gewalt gegen LGBTIQ-Personen. Es gibt auch Einschränkungen bei den Arbeitnehmerrechten, einschließlich Einschränkungen bei der Gründung unabhängiger Gewerkschaften (USDOS 12.4.2022). Auch Menschenhandel ist ein Problem, wenngleich die Regierungen des Irak und der Kurdistan Region Irak ihre Bemühungen zur Verhinderung des Menschenhandels verstärkt haben. IDPs sind davon besonders gefährdet (FH 28.2.2022). Es fehlt an Rechenschaftspflicht für Gewalt gegen Frauen und Gewaltverbrechen, die sich gegen Angehörige ethnischer Minderheiten richten (USDOS 12.4.2022). Im Irak kam es 2020 zu einer Reihe von Morden an zivilgesellschaftlichen, politischen und Menschenrechtsaktivisten sowie zu vermehrten Drohungen gegen Journalisten (FCO 8.7.2021).
Internationale und lokale NGOs geben an, dass die Regierung das Anti-Terror-Gesetz weiterhin als Vorwand nutzt, um Personen ohne zeitgerechten Zugang zu einem rechtmäßigen Verfahren festzuhalten (USDOS 12.4.2022). Tausende IDPs, die aus Gebieten geflohen sind, die unter der Kontrolle des Islamischen Staats (IS) standen, wurden von Irakischen Sicherheitskräften (ISF) und Volksmobilisierungskräften (PMF) willkürlich verhaftet und sind nach wie vor verschwunden (AI 7.4.2021).
Die Verfassung und das Gesetz verbieten Enteignungen, außer diese erfolgen im öffentlichen Interesse, was jedoch nie eindeutig definiert wurde, und gegen eine gerechte Entschädigung (USDOS 12.4.2022; vgl. BS 23.2.2022, S.24). Seit den Offensiven des IS im Sommer 2014 sind föderalstaatliche und kurdische Sicherheitskräfte sowie paramilitärische bewaffnete Gruppen (IS und schiitische Milizen) für Angriffe auf Zivilisten verantwortlich, einschließlich der Beschlagnahme und Zerstörung von Privateigentum (BS 23.2.2022, S.24). In den vergangenen Jahren wurden Häuser und Eigentum von mutmaßlichen IS-Angehörigen sowie Mitgliedern religiöser und konfessioneller Minderheiten durch Regierungstruppen und PMF-Milizen konfisziert und besetzt, ohne Kompensationen für die Besitzer (USDOS 12.4.2022).Die Verfassung und das Gesetz verbieten Enteignungen, außer diese erfolgen im öffentlichen Interesse, was jedoch nie eindeutig definiert wurde, und gegen eine gerechte Entschädigung (USDOS 12.4.2022; vergleiche BS 23.2.2022, S.24). Seit den Offensiven des IS im Sommer 2014 sind föderalstaatliche und kurdische Sicherheitskräfte sowie paramilitärische bewaffnete Gruppen (IS und schiitische Milizen) für Angriffe auf Zivilisten verantwortlich, einschließlich der Beschlagnahme und Zerstörung von Privateigentum (BS 23.2.2022, S.24). In den vergangenen Jahren wurden Häuser und Eigentum von mutmaßlichen IS-Angehörigen sowie Mitgliedern religiöser und konfessioneller Minderheiten durch Regierungstruppen und PMF-Milizen konfisziert und besetzt, ohne Kompensationen für die Besitzer (USDOS 12.4.2022).
Die Regierung, einschließlich des Büros des Premierministers, untersucht Vorwürfe über Missbräuche und Gräueltaten, die durch die Irakischen Sicherheitskräfte ISF) begangen wurden, bestraft die Verantwortlichen jedoch selten. Viele hochrangige Regierungsbeamte und Angehörige der Sicherheitskräfte, einschließlich der irakischen Sicherheitskräfte, der Bundespolizei, der Volksmobilisierungskräfte (PMF) und Einheiten der Asayish (interne Sicherheitsdienste der kurdischen Regionalregierung), agieren ungestraft (USDOS 12.4.2022).
Der IS begeht weiterhin schwere Gräueltaten, darunter Tötungen durch Selbstmordattentate und improvisierte Sprengsätze (IEDs). Die Behörden untersuchen IS-Handlungen und verfolgen IS-Mitglieder nach dem Anti-Terrorgesetz von 2005 (USDOS 12.4.2022).
Quellen:
AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (25.10.2021): Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak (Stand: Oktober 2021), https://www.ecoi.net/en/file/local/2063378/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Republik_Irak_%28Stand_Oktober_2021%29%2C_25.10.2021.pdf, Zugriff 1.12.2021
AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (22.1.2021): Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak (Stand: Januar 2021), https://www.ecoi.net/en/file/local/2057645/Deutschland___Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Republik_Irak_%28Stand_Januar_2021%29%2C_22.01.2021.pdf, Zugriff 3.3.2021
AI - Amnesty International (7.4.2021): Amnesty International Report 2020/21; The State of the World's Human Rights; Iraq 2020, https://www.ecoi.net/en/document/2048571.html, Zugriff 10.4.2021
BS - Bertelsmann Stiftung (23.2.2022): BTI 2022 Country Report Iraq, https://www.ecoi.net/en/file/local/2069660/country_report_2022_IRQ.pdf, Zugriff 17.6.2022
FCO - UK Foreign, Commonwealth and Development Office (8.7.2021): Human Rights and Democracy: 2020 Foreign, Commonwealth & Development Office report, https://www.ecoi.net/en/document/2056823.html, Zugriff 14.8.2021
FH - Freedom House (28.2.2022): Freedom in the World 2022 - Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/2068634.html, Zugriff 7.6.2022
GIZ - Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (1.2021a): Geschichte & Staat, https://www.liportal.de/irak/geschichte-staat/, Zugriff 16.3.2021 [Anm.: Der Link ist nicht mehr abrufbar. Die Daten sind jedoch bei der Staatendokumentation archiviert und einsehbar.]
USDOS - US Department of State [USA] (12.4.2022): 2021 Country Report on Human Rights Practices: Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/2071125.html, Zugriff 7.6.2022
USDOS - US Department of State [USA] (2.6.2022): 2021 Report on International Religious Freedom: Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/2073956.html, Zugriff 7.6.2022
Allgemeine Menschenrechtslage in der Kurdistan Region Irak (KRI)
Letzte Änderung: 12.08.2022
Es gibt eine unabhängige kurdische Menschenrechtskommission, die sich aber auf die Dokumentation von Menschenrechtsverletzungen beschränkt. Sie kann selten eine volle Aufklärung oder gar Ahndung von Menschenrechtsverletzungen gewährleisten (AA 25.10.2021, S.21).
Sicherheitskräfte der Kurdischen Regionalregierung (KRG) wie Peshmerga und Asayish verstoßen bisweilen gegen die Gesetze (USDOS 12.4.2022).
Kurdischen Sicherheitskräften werden Gewalt, Drohungen und willkürliche Inhaftierung von Journalisten und Medienvertretern vorgeworfen (USDOS 12.4.2022; vgl. FH 28.2.2022). Es gibt auch Vorwürfe von willkürlichen Verhaftungen, sowie von Missbrauch und Folter von Gefangenen und Häftlingen (USDOS 12.4.2022). Es liegen keine zuverlässigen Statistiken über die Anzahl solcher Vorfälle vor (USDOS 30.3.2021). Peshmerga und Asayish wird vorgeworfen, Vorschriften selektiv umzusetzen, auch aus ethno-konfessionellen Gründen. Die Vorwürfe umfassen auch Erpressung und die Verweigerung einer Rückkehr von Zivilisten in ihre Heimat, insbesondere sunnitischer Araber sowie Angehöriger ethno-konfessioneller Minderheiten (USDOS 12.4.2022).Kurdischen Sicherheitskräften werden Gewalt, Drohungen und willkürliche Inhaftierung von Journalisten und Medienvertretern vorgeworfen (USDOS 12.4.2022; vergleiche FH 28.2.2022). Es gibt auch Vorwürfe von willkürlichen Verhaftungen, sowie von Missbrauch und Folter von Gefangenen und Häftlingen (USDOS 12.4.2022). Es liegen keine zuverlässigen Statistiken über die Anzahl solcher Vorfälle vor (USDOS 30.3.2021). Peshmerga und Asayish wird vorgeworfen, Vorschriften selektiv umzusetzen, auch aus ethno-konfessionellen Gründen. Die Vorwürfe umfassen auch Erpressung und die Verweigerung einer Rückkehr von Zivilisten in ihre Heimat, insbesondere sunnitischer Araber sowie Angehöriger ethno-konfessioneller Minderheiten (USDOS 12.4.2022).
Es besteht quasi Straffreiheit für Regierungsbeamte und Sicherheitskräfte, einschließlich bestimmter Einheiten der kurdischen Sicherheitsdienste, wie der Asayish (USDOS 12.4.2022).
Quellen:
AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (25.10.2021): Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak (Stand: Oktober 2021), https://www.ecoi.net/en/file/local/2063378/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Republik_Irak_%28Stand_Oktober_2021%29%2C_25.10.2021.pdf, Zugriff 1.12.2021
FH - Freedom House (28.2.2022): Freedom in the World 2022 - Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/2068634.html, Zugriff 7.6.2022
USDOS - US Department of State [USA] (12.4.2022): 2021 Country Report on Human Rights Practices: Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/2071125.html, Zugriff 7.6.2022
USDOS - US Department of State [USA] (30.3.2021): 2020 Country Report on Human Rights Practices: Iraq, https://www.ecoi.net/en/document/2048100.html, Zugriff 1.4.2021
Meinungs- und Pressefreiheit
Letzte Änderung: 12.08.2022
Die Verfassung garantiert Meinungs- und Pressefreiheit, solange diese nicht die öffentliche Ordnung und Moral verletzen (AA 25.10.2021, S.10; vgl. FH 28.2.2022, GIZ 1.2021a, USDOS 12.4.2022). Unterstützung für die verbotene Ba‘ath-Partei sowie das Befürworten einer gewaltsamen Änderung der Grenzen des Landes sind jedoch verboten. Einzelpersonen und Medien betreiben Selbstzensur aufgrund der begründeten Furcht vor Repressalien durch die Regierung, politische Parteien, ethnische und konfessionelle Kräfte, terroristische und extremistische Gruppen oder kriminelle Banden. Kontrolle und Zensur der Zentralregierung und der Kurdischen Regionalregierung (KRG) behindern manchmal den Medienbetrieb, was mitunter die Schließung von Medien, Einschränkungen der Berichterstattung und Behinderung von Internetdiensten zur Folge hat. Einzelpersonen können die Regierung öffentlich oder privat kritisieren, jedoch nicht ohne Angst vor Vergeltung. Sicherheitskräfte haben Demonstranten und Aktivisten, die der Zentralregierung kritisch gegenüberstanden, verhaftet bzw. festgenommen (USDOS 12.4.2022).Die Verfassung garantiert Meinungs- und Pressefreiheit, solange diese nicht die öffentliche Ordnung und Moral verletzen (AA 25.10.2021, S.10; vergleiche FH 28.2.2022, GIZ 1.2021a, USDOS 12.4.2022). Unterstützung für die verbotene Ba‘ath-Partei sowie das Befürworten einer gewaltsamen Änderung der Grenzen des Landes sind jedoch verboten. Einzelpersonen und Medien betreiben Selbstzensur aufgrund der begründeten Furcht vor Repressalien durch die Regierung, politische Parteien, ethnische und konfessionelle Kräfte, terroristische und extremistische Gruppen oder kriminelle Banden. Kontrolle und Zensur der Zentralregierung und der Kurdischen Regionalregierung (KRG) behindern manchmal den Medienbetrieb, was mitunter die Schließung von Medien, Einschränkungen der Berichterstattung und Behinderung von Internetdiensten zur Folge hat. Einzelpersonen können die Regierung öffentlich oder privat kritisieren, jedoch nicht ohne Angst vor Vergeltung. Sicherheitskräfte haben Demonstranten und Aktivisten, die der Zentralregierung kritisch gegenüberstanden, verhaftet bzw. festgenommen (USDOS 12.4.2022).
Im Irak existiert eine lebendige, aber wenig professionelle, zumeist die ethnisch-religiösen Lagerbildungen nachzeichnende Medienlandschaft, die sich zudem weitgehend in ökonomischer Abhängigkeit von Personen oder Parteien befindet, die regelmäßig direkten Einfluss auf die Berichterstattung nehmen (AA 25.10.2021, S.10; vgl. FH 3.3.2021). Die meisten der mehreren hundert Printmedien, die im Irak täglich oder wöchentlich erscheinen, sowie dutzende Radio- und Fernsehsender, werden von politischen Parteien stark beeinflusst oder vollständig kontrolliert (USDOS 12.4.2022). Es gibt nur wenige politisch unabhängige Nachrichtenquellen. Journalisten, die sich nicht selbst zensurieren, können mit rechtlichen Konsequenzen oder gewaltsamen Vergeltungsmaßnahmen rechnen (FH 28.2.2022).Im Irak existiert eine lebendige, aber wenig professionelle, zumeist die ethnisch-religiösen Lagerbildungen nachzeichnende Medienlandschaft, die sich zudem weitgehend in ökonomischer Abhängigkeit von Personen oder Parteien befindet, die regelmäßig direkten Einfluss auf die Berichterstattung nehmen (AA 25.10.2021, S.10; vergleiche FH 3.3.2021). Die meisten der mehreren hundert Printmedien, die im Irak täglich oder wöchentlich erscheinen, sowie dutzende Radio- und Fernsehsender, werden von politischen Parteien stark beeinflusst oder vollständig kontrolliert (USDOS 12.4.2022). Es gibt nur wenige politisch unabhängige Nachrichtenquellen. Journalisten, die sich nicht selbst zensurieren, können mit rechtlichen Konsequenzen oder gewaltsamen Vergeltungsmaßnahmen rechnen (FH 28.2.2022).
Medienorganisationen sehen sich als Reaktion auf ihre Berichterstattung Einschränkungen und Behinderungen ausgesetzt (FH 28.2.2022). Einige Medienorganisationen berichteten über Verhaftungen von und Schikanen gegenüber Journalisten sowie darüber, dass die Regierung sie davon abhielt, politisch heikle Themen zu behandeln, darunter Sicherheitsfragen, Korruption und das Unvermögen der Regierung öffentliche Dienstleistungen sicherzustellen (USDOS 30.3.2021). Das "Gesetz zum Schutz von Journalisten" von 2011 hält unter anderem mehrere Kategorien des Straftatbestands der Verleumdung aufrecht, die in ihrem Strafmaß zum Teil unverhältnismäßig hoch sind. Klagen gegen das Gesetz sind anhängig (AA 25.10.2021, S.10).
Irakische Journalisten riskieren ihr Leben, wenn sie über Proteste berichten oder über Korruption recherchieren. Seit Beginn der Massenproteste im Oktober 2019 hat sich die Lage verschlechtert. Journalisten müssen damit rechnen, von nicht identifizierten Milizen schikaniert, entführt, körperlich angegriffen oder sogar getötet zu werden (RSF 2021). Milizen entführen, foltern und ermorden häufig Journalisten wegen ihrer Arbeit (FH 28.2.2022).
Im Lauf des Jahres 2020 wurden mehrere Journalisten wegen ihrer Tätigkeit verhaftet, entführt oder getötet (FH 28.2.2022; vgl USDOS 12.4.2022). Berichten zufolge von Milizen oder Sicherheitskräften (USDOS 12.4.2022).Im Lauf des Jahres 2020 wurden mehrere Journalisten wegen ihrer Tätigkeit verhaftet, entführt oder getötet (FH 28.2.2022; vergleiche USDOS 12.4.2022). Berichten zufolge von Milizen oder Sicherheitskräften (USDOS 12.4.2022).
Das Land nimmt im Straflosigkeitsindex (Zeitraum 2011-2021) des "Committee to Protect Journalists" zudem den weltweit dritten Platz in Bezug auf nicht aufgeklärte Journalistenmorde ein (CPJ 28.10.2021).
Auch Lehrer sind im Irak seit Langem mit der Gefahr von Gewalt oder anderen Auswirkungen konfrontiert, wenn sie Themen unterrichten oder besprechen, die mächtige staatliche oder nicht-staatliche Akteure für verwerflich halten. Politischer Aktivismus von Universitätsstudenten kann zu Schikane oder Einschüchterung führen (FH 28.2.2022). Akademische Freiheit wird durch die Regierung eingeschränkt. Sozialer, religiöser und politischer Druck schränken die Entscheidungsfreiheit in akademischen und kulturellen Angelegenheiten ein. In allen Regionen des Landes versuchen verschiedene Gruppen die Ausübung der formalen Bildung und die Vergabe von akademischen Positionen zu kontrollieren (USDOS 12.4.2022).
Nach Angaben von Reporter ohne Grenzen ist der Irak für Journalisten eines der gefährlichsten Länder der Welt (AA 25.10.2021, S.10). Auf ihrem Index für Pressefreiheit kommt der Irak im Jahr 2021 auf Platz 161 von 180, eine Verschlechterung um einen Platz im Vergleich zum Vorjahr (RSF 2021).
Hinsichtlich des Internetzugangs gibt es offene staatliche Einschränkungen und Berichte (jedoch kein offizielles Eingeständnis), dass die Regierung E-Mail- und Internetkommunikation ohne entsprechende rechtliche Befugnisse überwacht (USDOS 12.4.2022).
Es gibt Fälle von Vergeltungsmaßnahmen aufgrund von Aussagen bzw. Beiträgen in sozialen Medien. Bestimmte Themen, darunter Korruption, und, in etwas geringerem Maße, Kritik am Iran, werden als Tabu angesehen und führten zuweilen zu Verhaftungen, Gehaltskürzungen, Folter oder Strafverfolgung. Nutzer sozialer Medien sowie Blogger wurden wegen Kritik an Behörden mit Verleumdungsklagen konfrontiert (FH 28.2.2022).
Vom Iran unterstützte Milizen haben viele vermeintliche Kritiker bedroht, entführt, gefoltert und ermordet, darunter den bekannten irakischen Analysten Hisham al-Hashimi, der im Juli 2020 erschossen wurde. Mehr als 30 Privatpersonen, die an den Protesten 2019 und 2020 beteiligt waren, darunter mindestens ein Minderjähriger, wurden in den Jahren 2019 und 2020 entführt; ihr Verbleib war zum Jahresende (2020) unbekannt. Viele lautstarke Aktivisten haben das Land verlassen oder sind in die Region Kurdistan umgezogen, da sie um ihr Leben fürchten (FH 3.3.2021). Ahmed Hassan, ein Journalist, der für Al-Forat TV in al-Diwaniya arbeitet, überlebte im Mai 2021 ein Attentat durch maskierte Bewaffnete. Die Journalisten Abbas al-Rifi'i und Ali al-Mikdam wurden im Mai bzw. Juli 2021 von Milizionären entführt, gefoltert, bedroht und dann freigelassen (FH 28.2.2022).
Trotz Einschränkungen nutzen politische Persönlichkeiten und Aktivisten das Internet, um korrupte und ineffektive Politiker zu kritisieren, Demonstranten zu mobilisieren und sich über soziale Medien für Kandidaten zu engagieren bzw. Wahlkampf zu betreiben (USDOS 12.4.2022).
Die Regierung räumt ein, in manchen Gebieten den Internetzugang beschränkt zu haben, angeblich aufgrund von Sicherheitsfragen, wie der Nutzung von Social Media-Plattformen durch den IS (USDOS 30.3.2021). Auch zu Beginn der Demonstrationen im Oktober 2019 wurde der Internetzugang tagelang blockiert. Soziale Medien blieben für mehrere Wochen, bis in den November hinein, gesperrt, bzw. eingeschränkt nutzbar (AA 2.3.2020; vgl. USDOS 30.3.2021).Die Regierung räumt ein, in manchen Gebieten den Internetzugang beschränkt zu haben, angeblich aufgrund von Sicherheitsfragen, wie der Nutzung von Social Media-Plattformen durch den IS (USDOS 30.3.2021). Auch zu Beginn der Demonstrationen im Oktober 2019 wurde der Internetzugang tagelang blockiert. Soziale Medien blieben für mehrere Wochen, bis in den November hinein, gesperrt, bzw. eingeschränkt nutzbar (AA 2.3.2020; vergleiche USDOS 30.3.2021).
Quellen:
AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (25.10.2021): Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak (Stand: Oktober 2021), https://www.ecoi.net/en/file/local/2063378/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Republik_Irak_%28Stand_Oktober_2021%29%2C_25.10.2021.pdf, Zugriff 1.12.2021
AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (2.3.2020): Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak (Stand: März 2020), https://www.ecoi.net/en/file/local/2027997/Deutschland___Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%BCber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Republik_Irak_%28Stand_M%C3%A4rz_2020%29%2C_02.03.2020.pdf, Zugriff 3.3.2021
CPJ - Commitee to Protect Journalists (28.10.2021): Killers of journalists still get away with murder, https://cpj.org/reports/2021/10/killers-of-journalists-still-get-away-with-murder/#index, Zugriff 3.12.2021
FH - Freedom House (28.2.2022): Freedom in the World 2022 - Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/2068634.html, Zugriff 7.6.2022
FH - Freedom House (3.3.2021): Freedom in the World 2021 – Iraq, https://www.ecoi.net/en/document/2046520.html, Zugriff 3.3.2021
GIZ - Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (1.2021a): Irak - Geschichte & Staat, https://www.liportal.de/irak/geschichte-staat/, Zugriff 16.3.2021 [Anm.: Der Link ist nicht mehr abrufbar. Die Daten sind jedoch bei der Staatendokumentation archiviert und einsehbar.]
RSF - Reporters sans frontiers (2021): Iraq, Still dangerous for journalists, https://rsf.org/en/iraq, Zugriff 2.8.2021
USDOS - US Department of State [USA] (12.4.2022): 2021 Country Report on Human Rights Practices: Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/2071125.html, Zugriff 7.6.2022
USDOS - US Department of State [USA] (30.3.2021): 2020 Country Report on Human Rights Practices: Iraq, https://www.ecoi.net/en/document/2048100.html, Zugriff 1.4.2021
Meinungs und Pressefreiheit in der Kurdistan Region Irak (KRI)
Letzte Änderung: 12.08.2022
Eine systematische Einschränkung der freien Meinungsäußerung oder Zensur in digitalen Medien ist in der Kurdistan Region Irak (KRI) nicht bekannt. Die meisten Fernsehsender und Radiostationen in der KRI sind parteipolitisch beeinflusst. Gelegentlich werden oppositionelle Medien in ihrer Tätigkeit beeinträchtigt und vereinzelt kommt es auch zu Verhaftungen von kritischen Journalisten (AA 25.10.2021, S.11).
Politische Meinungsäußerung gegen lokale Behörden kann in der KRI auch willkürliche Verhaftung oder andere Repressalien von staatlicher Seite oder durch Partei-Kräfte auslösen (FH 28.2.2022).
Im Jahr 2020 kam es zu einer Verschärfung des Vorgehens der Behörden der Kurdischen Regionalregierung (KRG) gegen Medien und Journalisten, insbesondere gegen solche, die über Proteste gegen die KRG im Zusammenhang mit wirtschaftlicher Not und Korruption berichteten (FH 3.3.2021). Die Vorwürfe umfassen Schikanen, Schläge, Verhaftungen und Todesdrohungen (USDOS 30.3.2021; vgl. FH 3.3.2021). So wurden Journalisten, die über die regierungsfeindlichen Proteste in der Region Kurdistan berichteten, von den Behörden behindert, bedroht und gefährdet. Auch Demonstranten und Organisatoren von Protesten, sowie Blogger, die COVID-19-Maßnahmen, Korruption und die Nichtauszahlung von Staatsgehältern kritisiert haben, wurden verhaftet (FH 3.3.2021). In einigen Fällen trugen die Angreifer Militär- oder Polizeiuniformen der KRG (USDOS 12.4.2022).Im Jahr 2020 kam es zu einer Verschärfung des Vorgehens der Behörden der Kurdischen Regionalregierung (KRG) gegen Medien und Journalisten, insbesondere gegen solche, die über Proteste gegen die KRG im Zusammenhang mit wirtschaftlicher Not und Korruption berichteten (FH 3.3.2021). Die Vorwürfe umfassen Schikanen, Schläge, Verhaftungen und Todesdrohungen (USDOS 30.3.2021; vergleiche FH 3.3.2021). So wurden Journalisten, die über die regierungsfeindlichen Proteste in der Region Kurdistan berichteten, von den Behörden behindert, bedroht und gefährdet. Auch Demonstranten und Organisatoren von Protesten, sowie Blogger, die COVID-19-Maßnahmen, Korruption und die Nichtauszahlung von Staatsgehältern kritisiert haben, wurden verhaftet (FH 3.3.2021). In einigen Fällen trugen die Angreifer Militär- oder Polizeiuniformen der KRG (USDOS 12.4.2022).
Seit August 2020 wurden schätzungsweise 76 Journalisten, Aktivisten und Lehrer aus der Region Badinan von Sicherheitskräften festgenommen und in Erbil inhaftiert. Den Badinan-Gefangenen wird vorgeworfen, die nationale Sicherheit gefährdet und Spionage betrieben zu haben, da sie Kontakt zu den Konsulaten der USA, Deutschlands und Frankreichs, der Vertretung der Europäischen Union in Bagdad und der irakischen Bundesregierung aufgenommen hatten. Am 12. und 13.7.2021 fanden Gerichtsverhandlungen zu neun Badinan-Aktivisten statt, nachdem sie etwa ein Jahr lang auf ihren Prozess warten mussten. Die Gerichtsverfahren werden als Teil eines Versuchs der Kurdischen Demokratischen Partei (KDP) gesehen, die Meinungsfreiheit in der KRI zu unterdrücken (CPT 3.8.2021).
Im Jahr 2020 wurden mehrere Büros des Medienunternehmens Nalia Radio und Fernsehen (NRT) geschlossen und durchsucht (FH 3.3.2021). Im Dezember 2020 wurde die Sendelizenz des Senders ausgesetzt (FH 3.3.2021; vgl. AA 22.1.2021). NRT hat zuvor über Gewalt während regierungsfeindlicher Proteste berichtet (FH 3.3.2021). Im Jahr 2021 hat ein Gericht in Erbil drei Journalisten und zwei Aktivisten zu sechs Jahren Haft verurteilt wegen "Gefährdung der nationalen Sicherheit der KRI" (HRW 13.1.2022; vgl. MEI 24.2.2021). Vier weitere Aktivisten und Journalisten, die 2020 verhaftet wurden, warteten im Oktober 2021 noch auf ihre Anklagen (HRW 13.1.2022).Im Jahr 2020 wurden mehrere Büros des Medienunternehmens Nalia Radio und Fernsehen (NRT) geschlossen und durchsucht (FH 3.3.2021). Im Dezember 2020 wurde die Sendelizenz des Senders ausgesetzt (FH 3.3.2021; vergleiche AA 22.1.2021). NRT hat zuvor über Gewalt während regierungsfeindlicher Proteste berichtet (FH 3.3.2021). Im Jahr 2021 hat ein Gericht in Erbil drei Journalisten und zwei Aktivisten zu sechs Jahren Haft verurteilt wegen "Gefährdung der nationalen Sicherheit der KRI" (HRW 13.1.2022; vergleiche MEI 24.2.2021). Vier weitere Aktivisten und Journalisten, die 2020 verhaftet wurden, warteten im Oktober 2021 noch auf ihre Anklagen (HRW 13.1.2022).
Auch im Jahr 2021 haben die kurdischen Behörden die Verfolgung von Journalisten verschärft, die über Misswirtschaft, Korruption und regierungsfeindliche Proteste in der Region berichtet haben (FH 28.2.2022). Die kurdischen Behörden nehmen routinemäßig Journalisten rechtswidrig fest und inhaftieren sie. Rechtsbeistand wird verhindert und Verurteilungen erfolgen aufgrund fadenscheiniger Anschuldigungen ohne rechtmäßige Verfahren. Im Februar 2021 verurteilte ein Gericht im von der KDP kontrollierten Erbil drei Journalisten und zwei Aktivisten zu sechs Jahren Gefängnis, weil sie die Behörden in den sozialen Medien kritisiert hatten. KRG-Premierminister Barzani (ein KDP-Führer) behauptete ohne Beweise in einer Pressekonferenz, dass die Inhaftierten keine Journalisten, sondern Spione seien, was die Entscheidung des Richters, sie wegen "Destabilisierung der Sicherheit" in der Region zu verurteilen, beeinflusst haben könnte. Auch in den Gebieten unter der Kontrolle der PUK, wie Sulaymaniyah, werden Journalisten verfolgt und verhaftet (FH 28.2.2022).
Einige KRG-Gerichte wendeten bei Prozessen gegen Journalisten das strengere irakische Strafgesetzbuch anstelle des Pressegesetzes der KRI an. Letzteres schützt das Recht auf freie
Meinungsäußerung stärker und untersagt die Inhaftierung von Journalisten aufgrund ihrer Arbeit (USDOS 12.4.2022). KRG-Behörden wenden z.B. das Gesetz über den Missbrauch elektronischer Geräte anstelle des Pressegesetzes der KRI gegen Journalisten an (USDOS 30.3.2021).
Quellen:
AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (25.10.2021): Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak (Stand: Oktober 2021), https://www.ecoi.net/en/file/local/2063378/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Republik_Irak_%28Stand_Oktober_2021%29%2C_25.10.2021.pdf, Zugriff 1.12.2021
AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (22.1.2021): Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak (Stand: Januar 2021), https://www.ecoi.net/en/file/local/2057645/Deutschland___Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Republik_Irak_%28Stand_Januar_2021%29%2C_22.01.2021.pdf, Zugriff 3.3.2021
CPT - Community Peacemaker Teams (3.8.2021): Trials of the 9 Badinan Activists, https://cptik.org/reports-1/2021/8/2/trials-of-the-9-badinan-activists, Zugriff 7.6.2022
FH - Freedom House (28.2.2022): Freedom in the World 2022 - Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/2068634.html, Zugriff 7.6.2022
FH - Freedom House (3.3.2021): Freedom in the World 2021 – Iraq, https://www.ecoi.net/en/document/2046520.html, Zugriff 3.3.2021
HRW - Human Rights Watch (13.1.2022): World Report 2022 - Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/2066472.html, Zugriff 21.1.2022
MEI - Middle East Institute (24.2.2021): Beyond the elite: Taking protest and public opinion seriously in the Kurdistan Region, https://www.mei.edu/publications/beyond-elite-taking-protest-and-public-opinion-seriously-kurdistan-region, Zugriff 7.6.2022
USDOS - US Department of State [USA] (12.4.2022): 2021 Country Report on Human Rights Practices: Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/2071125.html, Zugriff 7.6.2022
USDOS - US Department of State [USA] (30.3.2021): 2020 Country Report on Human Rights Practices: Iraq, https://www.ecoi.net/en/document/2048100.html, Zugriff 1.4.2021
Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit, Opposition
Versammlungsfreiheit
Letzte Änderung: 12.08.2022
Die Verfassung sieht das Recht auf Versammlung und friedliche Demonstration nach den Regeln des Gesetzes vor (USDOS 12.4.2022; vgl. FH 28.2.2022), allerdings nur unter der Vorgabe, dass nicht gegen die öffentliche Ordnung und Moral verstoßen wird (AA 25.10.2021, S.10; vgl. GIZ 1.2021a). Ein Gesetzesentwurf von 2014 für eine nähere Ausgestaltung der Regelung wurde bislang nicht verabschiedet (AA 25.10.2021, S.10).Die Verfassung sieht das Recht auf Versammlung und friedliche Demonstration nach den Regeln des Gesetzes vor (USDOS 12.4.2022; vergleiche FH 28.2.2022), allerdings nur unter der Vorgabe, dass nicht gegen die öffentliche Ordnung und Moral verstoßen wird (AA 25.10.2021, S.10; vergleiche GIZ 1.2021a). Ein Gesetzesentwurf von 2014 für eine nähere Ausgestaltung der Regelung wurde bislang nicht verabschiedet (AA 25.10.2021, S.10).
Die gesetzlichen Regelungen schreiben vor, dass die Veranstalter sieben Tage vor einer Demonstration um Genehmigung ansuchen und detaillierte Informationen über Veranstalter, Grund des Protests und Teilnehmer einreichen müssen. Die Vorschriften verbieten jegliche Slogans, Schilder, Druckschriften oder Zeichnungen, die Konfessionalismus, Rassismus oder die Segregation der Bürger zum Inhalt haben. Die Vorschriften verbieten auch alles, was gegen die Verfassung oder gegen das Gesetz verstößt; alles, was zu Gewalt, Hass oder Mord ermutigt; und alles, was eine Beleidigung des Islam, der Ehre, der Moral, der Religion, heiliger Gruppen oder irakischer Einrichtungen im Allgemeinen darstellt. Die Behörden erteilen Genehmigungen in der Regel in Übereinstimmung mit diesen Vorschriften. Die Regierung schränkt gelegentlich die friedliche Versammlungsfreiheit ein (USDOS 12.4.2022).
Demonstranten sind der Gefahr von Gewalt oder Verhaftung ausgesetzt (FH 28.2.2022). Als die Demonstrationen ab Oktober 2019 eskalierten, versäumten es die Behörden, die Demonstranten vor Gewalt zu schützen (USDOS 30.3.2021). Sicherheitskräfte gingen teils mit großer Härte gegen Demonstranten vor. Es gibt Berichte über Entführung, Folter und Tötung von Demonstranten, Aktivisten und Journalisten, von denen angenommen wird, dass diese der Einschüchterung der Demonstranten und der Beendigung der Proteste dienen sollten. UNAMI zufolge soll es im Zeitraum 1.10.2019 bis 15.5.2021 zu 81 Tötungsversuchen gegen Protestierende und Aktivisten gekommen sein, davon 32 tatsächliche Tötungen. Seit dem erneuten Ausbruch von Demonstrationen im Sommer 2020 soll es über 150 Fälle von Entführungen und Ermordungen gegeben haben (AA 25.10.2021, S.10).
Im Zuge der sog. Tishreen-Protestbewegung wurden Ausgangssperren und Versammlungsverbote verhängt (FH 28.2.2022; vgl. GIZ 2021a) und Sicherheitskräfte setzten Tränengas und scharfe Munition gegen Demonstranten ein. Bis Mitte Dezember 2021 wurden Hunderte Menschen im Zusammenhang mit Protesten getötet, Dutzende davon durch gezielte Attentate außerhalb von Protestplätzen. Irakische Sicherheitskräfte und pro-iranische Milizen schossen routinemäßig mit scharfer Munition auf Demonstranten. Irakische Beamte und Journalisten berichteten auch, dass Scharfschützen unter dem Kommando von iranisch unterstützten Milizeinheiten mit scharfer Munition von Dächern aus auf Demonstranten schossen und eine Welle von Entführungen von Protestorganisatoren und Aktivisten durchführten. Iranische und irakische Medien, die mit den vom Iran unterstützten Milizen in Verbindung stehen, verbreiteten falsche Berichte über Aktivisten, um diese Angriffe zu rechtfertigen (FH 3.3.2021).Im Zuge der sog. Tishreen-Protestbewegung wurden Ausgangssperren und Versammlungsverbote verhängt (FH 28.2.2022; vergleiche GIZ 2021a) und Sicherheitskräfte setzten Tränengas und scharfe Munition gegen Demonstranten ein. Bis Mitte Dezember 2021 wurden Hunderte Menschen im Zusammenhang mit Protesten getötet, Dutzende davon durch gezielte Attentate außerhalb von Protestplätzen. Irakische Sicherheitskräfte und pro-iranische Milizen schossen routinemäßig mit scharfer Munition auf Demonstranten. Irakische Beamte und Journalisten berichteten auch, dass Scharfschützen unter dem Kommando von iranisch unterstützten Milizeinheiten mit scharfer Munition von Dächern aus auf Demonstranten schossen und eine Welle von Entführungen von Protestorganisatoren und Aktivisten durchführten. Iranische und irakische Medien, die mit den vom Iran unterstützten Milizen in Verbindung stehen, verbreiteten falsche Berichte über Aktivisten, um diese Angriffe zu rechtfertigen (FH 3.3.2021).
Auch 2021 haben irakische Sicherheitskräfte auf Demonstranten geschossen, sie verhaftet und gefoltert. Während die meisten Verhafteten aufgrund des öffentlichen Drucks nach einigen Tagen wieder freigelassen werden, wurden einige zu jahrelangen Haftstrafen verurteilt (FH 28.2.2022).
Im Jänner 2021 griff in Nasiriya, der Hauptstadt des Gouvernements Dhi-Qar, eine Armee-Einheit ein, um Demonstranten vor der Polizei zu schützen. Dabei kam es zu Schusswechseln zwischen den Sicherheitskräften, bei denen ein Polizist getötet wurde (Wing 11.1.2021).
Quellen:
AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (25.10.2021): Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak (Stand: Oktober 2021), https://www.ecoi.net/en/file/local/2063378/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Republik_Irak_%28Stand_Oktober_2021%29%2C_25.10.2021.pdf, Zugriff 1.12.2021
FH - Freedom House (28.2.2022): Freedom in the World 2022 - Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/2068634.html, Zugriff 7.6.2022
FH - Freedom House (3.3.2021): Freedom in the World 2021 – Iraq, https://www.ecoi.net/en/document/2046520.html, Zugriff 3.3.2021
GIZ - Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (1.2021a): Irak - Geschichte & Staat, https://www.liportal.de/irak/geschichte-staat/, Zugriff 16.3.2021 [Anm.: Der Link ist nicht mehr abrufbar. Die Daten sind jedoch bei der Staatendokumentation archiviert und einsehbar.]
USDOS - US Department of State [USA] (12.4.2022): 2021 Country Report on Human Rights Practices: Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/2071125.html, Zugriff 7.6.2022
USDOS - US Department of State [USA] (30.3.2021): 2020 Country Report on Human Rights Practices: Iraq, https://www.ecoi.net/en/document/2048100.html, Zugriff 1.4.2021
Wing, Joel, Musings on Iraq (11.1.2021): Iraqi Army Intervenes To Protect Nasiriya Protesters From Police, http://musingsoniraq.blogspot.com/2021/01/iraqi-army-intervenes-to-protect.html, Zugriff 25.8.2021
Protestbewegung
Letzte Änderung: 02.03.2022
Versorgungsengpässe bei Strom und Wasser sowie die mangelnde Arbeitsbeschaffung und Korruption sind die Gründe für die andauernden Proteste in Iraks großen Städten (GIZ 1.2021a; vgl. DFAT 17.8.2020, ICG 26.7.2021, AI 7.4.2021). Eine weitere Forderung der Demonstranten ist die Abschaffung des Muhasasa-Systems, d. h. der ethnisch-konfessionellen Postenbesetzung in der Regierung und Verwaltung (ICG 26.7.2021). Sie waren außerdem gegen die Einmischung ausländischer Mächte, insbesondere des Iran gerichtet. Bereits von Juli bis September 2018 kam es im Südirak zu Protesten (DFAT 17.8.2020). Versorgungsengpässe bei Strom und Wasser sowie die mangelnde Arbeitsbeschaffung und Korruption sind die Gründe für die andauernden Proteste in Iraks großen Städten (GIZ 1.2021a; vergleiche DFAT 17.8.2020, ICG 26.7.2021, AI 7.4.2021). Eine weitere Forderung der Demonstranten ist die Abschaffung des Muhasasa-Systems, d. h. der ethnisch-konfessionellen Postenbesetzung in der Regierung und Verwaltung (ICG 26.7.2021). Sie waren außerdem gegen die Einmischung ausländischer Mächte, insbesondere des Iran gerichtet. Bereits von Juli bis September 2018 kam es im Südirak zu Protesten (DFAT 17.8.2020).
Im Oktober 2019 begannen landesweite Massenproteste (ICG 26.7.021; vgl. AI 7.4.2021). Diese betrafen vor allem die schiitischen Gebiete des Südirak und Bagdad (DFAT 17.8.2020; vgl. ICG 26.7.2021, AI 7.4.2021). Diese Proteste wurden auch in den ersten Monaten des Jahres 2020 fortgesetzt, bis sie durch den Ausbruch von COVID-19 vorübergehend unterbrochen wurden. Seit Mai 2020 kommt es wieder zu kleineren Demonstrationen, vor allem in den Städten Bagdad, Basra und Nasriyah (AI 7.4.2021).Im Oktober 2019 begannen landesweite Massenproteste (ICG 26.7.021; vergleiche AI 7.4.2021). Diese betrafen vor allem die schiitischen Gebiete des Südirak und Bagdad (DFAT 17.8.2020; vergleiche ICG 26.7.2021, AI 7.4.2021). Diese Proteste wurden auch in den ersten Monaten des Jahres 2020 fortgesetzt, bis sie durch den Ausbruch von COVID-19 vorübergehend unterbrochen wurden. Seit Mai 2020 kommt es wieder zu kleineren Demonstrationen, vor allem in den Städten Bagdad, Basra und Nasriyah (AI 7.4.2021).
Es wurden Ausgangssperren und Versammlungsverbote verhängt (GIZ 1.2021a). Fernsehsender, die über die Proteste berichteten, wurden von bewaffneten Männern überfallen (ICG 27.7.2021). Staatliche Sicherheitskräfte (ISF) und mit dem Iran verbündete Milizen der Volksmobilisierungskräfte (PMF) waren an gewaltsamer Unterdrückung der Proteste beteiligt (DFAT 17.8.2020; vgl. ICG 26.7.2021). Im Zuge der Proteste kam es seit Ende 2019 bis ins Jahr 2020 hinein zu willkürlichen Verhaftungen, gewaltsamem Verschwindenlassen und außergerichtlichen Tötungen von Demonstranten durch ISF und PMF (HRW 13.1.2021). Dutzende Aktivisten wurden im Zuge der Protestbewegung Ziel von Entführungen, Mordversuchen und Morden (MEE 25.7.2021). Mindestens 560 Demonstranten wurden während der Proteste getötet (HRW 13.1.2022). Andere Quellen sprechen von etwa 600 getöteten Demonstranten und über 20.000 Verletzten in den ersten sechs Monaten der Proteste (ICG 26.7.2021). Diese Vorfälle führten zum Rücktritt der Regierung unter Premierminister Adil Abdul al-Mahdi und zur Ernennung eines neuen Premierministers, Mustafa al-Kadhimi, im Mai 2020 (HRW 13.1.2021; vgl. ICG 26.7.2021).Es wurden Ausgangssperren und Versammlungsverbote verhängt (GIZ 1.2021a). Fernsehsender, die über die Proteste berichteten, wurden von bewaffneten Männern überfallen (ICG 27.7.2021). Staatliche Sicherheitskräfte (ISF) und mit dem Iran verbündete Milizen der Volksmobilisierungskräfte (PMF) waren an gewaltsamer Unterdrückung der Proteste beteiligt (DFAT 17.8.2020; vergleiche ICG 26.7.2021). Im Zuge der Proteste kam es seit Ende 2019 bis ins Jahr 2020 hinein zu willkürlichen Verhaftungen, gewaltsamem Verschwindenlassen und außergerichtlichen Tötungen von Demonstranten durch ISF und PMF (HRW 13.1.2021). Dutzende Aktivisten wurden im Zuge der Protestbewegung Ziel von Entführungen, Mordversuchen und Morden (MEE 25.7.2021). Mindestens 560 Demonstranten wurden während der Proteste getötet (HRW 13.1.2022). Andere Quellen sprechen von etwa 600 getöteten Demonstranten und über 20.000 Verletzten in den ersten sechs Monaten der Proteste (ICG 26.7.2021). Diese Vorfälle führten zum Rücktritt der Regierung unter Premierminister Adil Abdul al-Mahdi und zur Ernennung eines neuen Premierministers, Mustafa al-Kadhimi, im Mai 2020 (HRW 13.1.2021; vergleiche ICG 26.7.2021).
Die Demonstranten fordern, dass die Sicherheitskräfte für ihre Übergriffe zur Rechenschaft gezogen werden, einschließlich der Tötung und des gewaltsamen Verschwindenlassens von Demonstranten (AI 7.4.2021). Trotz der anfänglichen, scheinbaren Bereitschaft, einige der gravierendsten Menschenrechtsprobleme des Irak anzugehen, gelang es der Regierung al-Kadhimi nicht, die Übergriffe auf Demonstranten zu beenden (HRW 13.1.2021).
Im Oktober 2019 wurden mehrere hochrangige Militärkommandanten wegen des gewaltsamen Vorgehens gegen Demonstranten von ihren Posten entfernt (FH 3.3.2021). Es wurden jedoch bislang keine hochrangigen Kommandanten strafrechtlich verfolgt. Nach einer Reihe von Tötungen und versuchten Tötungen von Demonstranten in Basra wurden im August 2020 der Polizeichef von Basra und der Direktor für nationale Sicherheit des Gouvernements entlassen. Es wurde jedoch keine Strafverfolgung eingeleitet (HRW 13.1.2021).
Diese Maßnahmen wurden von vielen Irakern als unzureichend abgelehnt und hatten wenig abschreckende Wirkung auf Mitglieder der Sicherheitskräfte, die im Laufe des Jahres zahlreiche Demonstranten tödlich verletzten. Trotz eines öffentlichen Versprechens von Premierminister al-Kadhimi im August 2020, die Verantwortlichen für das Verschwindenlassen und die Ermordungen zu untersuchen und zu bestrafen, befinden sich die Täter weiterhin auf freiem Fuß (FH 3.3.2021). Auch Verhaftungen von Mitgliedern einer "Todesschwadron" im Februar 2021 und von Sicherheitsbeamten im Juli 2021 sind bis Ende 2021 nicht über die Ermittlungsphase hinausgegangen. Keine der Verhaftungen hat zu einer Anklageerhebung geführt (HRW 13.1.2022).
Ein im Mai 2020 eingerichteter Ausschuss zur Untersuchung der Tötung von Demonstranten hat bis Ende 2021 noch keine Ergebnisse öffentlich bekannt gegeben. Im Juli 2020 kündigte die Regierung al-Kadhimi an, die Familien der bei den Protesten Getöteten zu entschädigen. Bis September 2021 hatten die sechs Familien von getöteten Aktivisten, die von HRW kontaktiert wurden, noch keine Entschädigung erhalten (HRW 13.1.2022).
Quellen:
AI - Amnesty International (7.4.2021): Amnesty International Report 2020/21; The State of the World's Human Rights; Iraq 2020, https://www.ecoi.net/en/document/2048571.html, Zugriff 10.4.2021
DFAT - Australian Government - Department of Foreign Affairs and Trade [Australien] (17.8.2020): DFAT Country Information Report Iraq, https://www.ecoi.net/en/file/local/2036511/country-information-report-iraq.pdf, Zugriff 3.3.2021
FH - Freedom House (3.3.2021): Freedom in the World 2021 – Iraq, https://www.ecoi.net/en/document/2046520.html, Zugriff 3.3.2021
GIZ - Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (1.2021a): Irak - Geschichte & Staat, https://www.liportal.de/irak/geschichte-staat/, Zugriff 16.3.2021
HRW - Human Rights Watch (13.1.2022): World Report 2022 - Iraq, https://www.ecoi.net/en/document/2066472.html, Zugriff 16.1.2022
HRW - Human Rights Watch (13.1.2021): World Report 2021 - Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/2043505.html, Zugriff 10.2.2021
ICG - International Crisis Group (26.7.2021): Iraq’s Tishreen Uprising: From Barricades to Ballot Box, https://www.ecoi.net/en/file/local/2056850/223-iraq-tishreen.pdf, Zugriff 2.8.2021
MEE - Middle East Eye (25.7.2021): Iraq: Son of prominent women's rights activist found shot dead near Basra, https://www.middleeasteye.net/news/iraq-son-prominent-iraqi-rights-activist-shot-dead-near-basra, Zugriff 2.8.2021
Versammlungsfreiheit in der Kurdistan Region Irak (KRI)
Letzte Änderung: 12.08.2022
Die im Oktober 2019 begonnenen Demonstrationen gegen die zentralirakische Regierung haben in der Kurdistan Region Irak (KRI) keinen Widerhall in der Bevölkerung gefunden. Solidaritätskundgebungen für Kurden in Nord-Ost-Syrien sowie kleine Demonstrationen mit spezifischen Anliegen, wie beispielsweise von Studenten gegen die zentrale Vergabe von Studienplätzen, verliefen friedlich (AA 25.10.2021, S.10).
Im Mai 2020 gingen Sicherheitskräfte gegen Demonstranten in Dohuk vor, die eine Verbesserung der Lebensbedingungen, ein Ende der Korruption und die Auszahlung nicht gezahlter Staatsgehälter forderten. Sicherheitskräfte sind gewaltsam gegen Demonstranten vorgegangen und haben einige willkürlich verhaftet (FH 3.3.2021; vgl. HRW 13.1.2021).Im Mai 2020 gingen Sicherheitskräfte gegen Demonstranten in Dohuk vor, die eine Verbesserung der Lebensbedingungen, ein Ende der Korruption und die Auszahlung nicht gezahlter Staatsgehälter forderten. Sicherheitskräfte sind gewaltsam gegen Demonstranten vorgegangen und haben einige willkürlich verhaftet (FH 3.3.2021; vergleiche HRW 13.1.2021).
Die Behörden in der KRI nutzten COVID-19-Maßnahmen aus, um Proteste zu verbieten und die Möglichkeiten von Einzelpersonen die Schauplätze von Protesten zu erreichen, einzuschränken (FH 3.3.2021). Unter dem Vorwand, die nationale Sicherheit zu schützen, kam es zu Verhaftungen von Demonstranten und Aktivisten, sowie von Journalisten, die über die Proteste berichteten (AI 15.6.2021).
Die Zahl der Proteste, die teilweise auch gewalttätig waren, haben in Sulaymaniyah, Halabja, aber auch vereinzelt in Dohuk, zugenommen (AA 25.10.2021, S.10). Im Mai 2020 eröffneten Sicherheitskräfte der KRG in Dohuk das Feuer auf Demonstanten und nahmen Demonstranten fest (FH 3.3.2021). Anfang Dezember 2020 wurden bei gewaltsamen Protesten in der KRI, die sich an der Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage und der Nichtauszahlung von Gehältern im öffentlichen Dienst durch die Regierung entzündet hatten, mindestens acht Menschen getötet und Hunderte verletzt. Sieben der Todesfälle sich darauf zurückzuführen, dass Sicherheitskräfte das Feuer auf Demonstranten eröffneten (MEI 24.2.2021). Zwischen März 2020 und April 2021 wurden Berichten zufolge allein im Gouvernement Dohuk, insbesondere in der Region Badinan, über 100 Personen festgenommen. Bis auf 30 Personen wurden die meisten kurz darauf wieder freigelassen. Asayish und Parastin wird im Zusammenhang mit den Verhaftungen das Verschwindenlassen von sechs Personen zur Last gelegt (AI 15.6.2021).
Im Jahr 2021 ist die Zahl der Proteste in der KRI deutlich zurückgegangen. Lokale Aktivisten führen dies darauf zurück, dass die Sicherheitskräfte im Jahr 2020 mit einem erhöhten Maß an Gewalt gegen Demonstranten vorgegangen sind. Kurdische Behörden die sowohl mit der KDP als auch mit der PUK verbunden sind, haben weiterhin friedliche Demonstranten und Journalisten, die über die Proteste berichteten, angegriffen und festgenommen (FH 28.2.2022).
Quellen:
AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (25.10.2021): Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak (Stand: Oktober 2021), https://www.ecoi.net/en/file/local/2063378/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Republik_Irak_%28Stand_Oktober_2021%29%2C_25.10.2021.pdf, Zugriff 1.12.2021
AI - Amnesty International (15.6.2021): Kurdistan region of Iraq: Authorities must end protests-related repression [MDE 14/4233/2021], https://www.ecoi.net/en/file/local/2053869/MDE1442332021ENGLISH.pdf, Zugriff 18.8.2021
FH - Freedom House (28.2.2022): Freedom in the World 2022 - Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/2068634.html, Zugriff 7.6.2022
FH - Freedom House (3.3.2021): Freedom in the World 2021 – Iraq, https://www.ecoi.net/en/document/2046520.html, Zugriff 3.3.2021
HRW - Human Rights Watch (13.1.2021): World Report 2021 - Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/2043505.html, Zugriff 10.2.2021
HRW - Human Rights Watch (13.1.2022): World Report 2022 - Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/2066472.html, Zugriff 7.6.2022
MEI - Middle East Institute (24.2.2021): Beyond the elite: Taking protest and public opinion seriously in the Kurdistan Region, https://www.mei.edu/publications/beyond-elite-taking-protest-and-public-opinion-seriously-kurdistan-region, Zugriff 7.6.2022
Vereinigungsfreiheit / Opposition
Letzte Änderung: 12.08.2022
Die Verfassung garantiert, mit einigen Ausnahmen, das Recht auf Gründung von und Mitgliedschaft in Vereinen und politischen Parteien. Die Regierung respektiert diese Rechte im Allgemeinen. Ausnahmen betreffen das gesetzliche Verbot von Gruppen, die Unterstützung für die Ba‘ath-Partei oder für zionistische Prinzipien bekunden (USDOS 12.4.2022). Iraker können generell ohne staatliche Einmischung Parteien gründen oder ihnen beitreten (FH 28.2.2022). Bei den jüngsten Parlamentswahlen vom 10.10.2021 hatten sich 267 Parteien, von denen 126 bei den Wahlen antraten, und 21 Wahlbündnisse registriert (AA 25.10.2021).
Es liegen keine Erkenntnisse über die gezielte Unterdrückung der außerparlamentarischen politischen Opposition durch staatliche Organe vor. Politische Aktivisten berichten jedoch von Einschüchterungen und Gewalt durch staatliche, nicht-staatliche oder paramilitärische Akteure, die abschrecken sollen, neue politische Bewegungen zu etablieren, und die
freie
Meinungsäußerung teils massiv einschränken (AA 25.10.2021, S. 9f.). Irakische Politiker, die gegen iranische Interessen agieren, werden bedroht (FH 28.2.2022).Es liegen keine Erkenntnisse über die gezielte Unterdrückung der außerparlamentarischen politischen Opposition durch staatliche Organe vor. Politische Aktivisten berichten jedoch von Einschüchterungen und Gewalt durch staatliche, nicht-staatliche oder paramilitärische Akteure, die abschrecken sollen, neue politische Bewegungen zu etablieren, und die
freie
Meinungsäußerung teils massiv einschränken (AA 25.10.2021, Sitzung 9f.). Irakische Politiker, die gegen iranische Interessen agieren, werden bedroht (FH 28.2.2022).
Die Arbeitsgesetze garantieren Arbeitnehmern das Recht auf die Bildung von Gewerkschaften, von Kollektivverhandlungen und auf das Abhalten von Streiks, schützen sie aber nicht vor gewerkschaftsfeindlicher Diskriminierung bis hin zu Entlassungen (FH 28.2.2022; vgl. USDOS 12.4.2022). Es ist verboten Gewerkschaften unabhängig vom staatlichen kontrollierten Generalverband der irakischen Arbeiter zu gründen (USDOS 12.4.2022). Angestellten des öffentlichen Sektors ist es nicht gestattet, sich gewerkschaftlich zu organisieren. Einige Staatsbeamte und private Arbeitgeber entmutigen Gewerkschaftsaktivitäten mit Drohungen, Degradierungen und anderen Abschreckungsmaßnahmen (FH 28.2.2022).Die Arbeitsgesetze garantieren Arbeitnehmern das Recht auf die Bildung von Gewerkschaften, von Kollektivverhandlungen und auf das Abhalten von Streiks, schützen sie aber nicht vor gewerkschaftsfeindlicher Diskriminierung bis hin zu Entlassungen (FH 28.2.2022; vergleiche USDOS 12.4.2022). Es ist verboten Gewerkschaften unabhängig vom staatlichen kontrollierten Generalverband der irakischen Arbeiter zu gründen (USDOS 12.4.2022). Angestellten des öffentlichen Sektors ist es nicht gestattet, sich gewerkschaftlich zu organisieren. Einige Staatsbeamte und private Arbeitgeber entmutigen Gewerkschaftsaktivitäten mit Drohungen, Degradierungen und anderen Abschreckungsmaßnahmen (FH 28.2.2022).
Quellen:
AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (25.10.2021): Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak (Stand: Oktober 2021), https://www.ecoi.net/en/file/local/2063378/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Republik_Irak_%28Stand_Oktober_2021%29%2C_25.10.2021.pdf, Zugriff 1.12.2021
FH - Freedom House (28.2.2022): Freedom in the World 2022 - Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/2068634.html, Zugriff 7.6.2022
USDOS - US Department of State [USA] (12.4.2022): 2021 Country Report on Human Rights Practices: Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/2071125.html, Zugriff 7.6.2022
Vereinigungsfreiheit / Opposition in der Kurdistan Region Irak (KRI)
Letzte Änderung: 12.08.2022
Opposition in der Kurdistan Region Irak (KRI) ist im Raum Erbil und Dohuk kaum existent. Die Kurdische Demokratische Partei (KDP) gilt in weiten Teilen als alternativlos. In der Region um Sulaymaniyah und Halabja haben sich in den vergangenen Jahren zwar Gruppen von der Patriotischen Union Kurdistans (PUK) abgewandt, ohne jedoch politischen Einfluss erlangen zu können (AA 25.10.2021, S. 10).Opposition in der Kurdistan Region Irak (KRI) ist im Raum Erbil und Dohuk kaum existent. Die Kurdische Demokratische Partei (KDP) gilt in weiten Teilen als alternativlos. In der Region um Sulaymaniyah und Halabja haben sich in den vergangenen Jahren zwar Gruppen von der Patriotischen Union Kurdistans (PUK) abgewandt, ohne jedoch politischen Einfluss erlangen zu können (AA 25.10.2021, Sitzung 10).
In den Jahren 2019 und 2020 gingen die Behörden der Kurdischen Regionalregierung (KRG) gegen die Oppositionspartei "Neue Generation" unter Shaswar Abdul Wahid und das ihr angeschlossene Medienunternehmen Nalia Radio und Fernsehen (NRT) vor (FH 3.3.2021). 2019 wurden 80 Parteimitglieder wegen des Vorwurfs der Verleumdung und Beleidigung eines Staatsangestellten festgenommen. Im August und Dezember 2020 wurden vier NRT-Büros unrechtmäßig geschlossen und durchsucht und es wurde die Sendelizenz ausgesetzt (FH 28.2.2022). NRT hatte das ganze Jahr über Gewalt während regierungsfeindlicher Proteste berichtet (FH 3.3.2021). Im Jahr 2021 setzten die Behörden die Unterdrückung der Aktivitäten der Partei "Neue Generation" und von NRT fort (FH 28.2.2022). Die von der KDP-Polizei in Erbil angeforderte Verhaftung des Shaswar Abdul Wahid durch die (PUK-) Polizei in Sulaymaniyah nicht vorgenommen. Er blieb auf freiem Fuß (FH 28.2.2022).
Quellen:
AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (25.10.2021): Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak (Stand: Oktober 2021), https://www.ecoi.net/en/file/local/2063378/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Republik_Irak_%28Stand_Oktober_2021%29%2C_25.10.2021.pdf, Zugriff 1.12.2021
FH - Freedom House (28.2.2022): Freedom in the World 2022 - Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/2068634.html, Zugriff 7.6.2022
FH - Freedom House (3.3.2021): Freedom in the World 2021 – Iraq, https://www.ecoi.net/en/document/2046520.html, Zugriff 16.2.2022
Todesstrafe
Letzte Änderung: 12.08.2022
Die Todesstrafe ist in Artikel 15 der Verfassung auf Grundlage einer von einer zuständigen Justizbehörde erlassenen Entscheidung erlaubt (DFAT 17.8.2020). Sie ist auch im irakischen Strafrecht vorgesehen, wird verhängt und vollstreckt (AA 25.10.2021, S.22). Der Irak ist eines der Länder mit der höchsten Zahl von verhängten Todesstrafen (HRW 13.1.2021). Die Todesstrafe kann bei 48 verschiedenen Delikten, darunter Mord, terroristische und staatsfeindliche Aktivitäten, Hochverrat, Einsatz von chemischen Waffen und Vergewaltigung verhängt werden (AA 25.10.2021, S.22).
Nach dem Antiterrorismusgesetz (2005) kann die Todesstrafe gegen jeden verhängt werden, der terroristische Handlungen begeht, dazu anstiftet, sie plant, finanziert oder unterstützt (DFAT 17.8.2020). Der Großteil der Hinrichtungen erfolgt wegen Terrorismusvorwürfen (AA 25.10.2021, S. 22; vgl. DFAT 17.8.2020). Viele Personen werden im Rahmen der Anti-Terror-Gesetzgebung wegen ihrer IS-Angehörigkeit verurteilt (HRW 13.1.2021). Die Todesstrafe stößt in der Bevölkerung auf breite Akzeptanz (AA 22.1.2021).Nach dem Antiterrorismusgesetz (2005) kann die Todesstrafe gegen jeden verhängt werden, der terroristische Handlungen begeht, dazu anstiftet, sie plant, finanziert oder unterstützt (DFAT 17.8.2020). Der Großteil der Hinrichtungen erfolgt wegen Terrorismusvorwürfen (AA 25.10.2021, Sitzung 22; vergleiche DFAT 17.8.2020). Viele Personen werden im Rahmen der Anti-Terror-Gesetzgebung wegen ihrer IS-Angehörigkeit verurteilt (HRW 13.1.2021). Die Todesstrafe stößt in der Bevölkerung auf breite Akzeptanz (AA 22.1.2021).
Aktuelle Zahlen zu den vollstreckten Hinrichtungen liegen nicht vor (HRW 13.1.2021; vgl. AA 25.10.2021, S.22). Die Behörden berichten diese nicht mehr regelmäßig an die Vereinten Nationen und machen auch auf Nachfrage keine verlässlichen Angaben (AA 25.10.2021, S. 22). Amnesty International zufolge wurden 2020 mindestens 27 Todesurteile ausgesprochen (AI 4.2021). Mindestens 50 Hinrichtungen wurden vollzogen (AI 7.4.2021). 21 dieser Hinrichtungen fanden während einer Massenexekution am 17.11.2020 statt (AI 4.2021; vgl. DW 16.11.2020, HRW 13.1.2021). Unter den Verurteilen waren elf Franzosen und ein Belgier. Bis dahin wurde im Irak noch nie ein ausländisches IS-Mitglied hingerichtet (DW 16.11.2020). Im Jahr 2021 wurden bis September 2021 mindestens 19 Hinrichtungen ausgeführt (HRW 13.1.2022).Aktuelle Zahlen zu den vollstreckten Hinrichtungen liegen nicht vor (HRW 13.1.2021; vergleiche AA 25.10.2021, S.22). Die Behörden berichten diese nicht mehr regelmäßig an die Vereinten Nationen und machen auch auf Nachfrage keine verlässlichen Angaben (AA 25.10.2021, Sitzung 22). Amnesty International zufolge wurden 2020 mindestens 27 Todesurteile ausgesprochen (AI 4.2021). Mindestens 50 Hinrichtungen wurden vollzogen (AI 7.4.2021). 21 dieser Hinrichtungen fanden während einer Massenexekution am 17.11.2020 statt (AI 4.2021; vergleiche DW 16.11.2020, HRW 13.1.2021). Unter den Verurteilen waren elf Franzosen und ein Belgier. Bis dahin wurde im Irak noch nie ein ausländisches IS-Mitglied hingerichtet (DW 16.11.2020). Im Jahr 2021 wurden bis September 2021 mindestens 19 Hinrichtungen ausgeführt (HRW 13.1.2022).
Bisherige Berichte gingen davon aus, dass Ende 2020/Anfang 2021 um die 8.000 Personen zum Tode verurteilt waren und auf ihre Hinrichtungen warteten (AI 4.2021; vgl. AA 25.10.2021, S. 22). Vor allem gegen mutmaßliche IS-Kämpfer werden in fragwürdigen Prozessen zunehmend Todesurteile verhängt und vollstreckt (AA 25.10.2021, S. 22). Laut einer Erklärung des Justizministeriums vom September 2021 halten die Behörden fast 50.000 Personen wegen mutmaßlicher Verbindungen zum Terrorismus fest, von denen über die Hälfte zum Tode verurteilt wurde (HRW 13.1.2022; vgl. BasNews 6.9.2021).Bisherige Berichte gingen davon aus, dass Ende 2020/Anfang 2021 um die 8.000 Personen zum Tode verurteilt waren und auf ihre Hinrichtungen warteten (AI 4.2021; vergleiche AA 25.10.2021, Sitzung 22). Vor allem gegen mutmaßliche IS-Kämpfer werden in fragwürdigen Prozessen zunehmend Todesurteile verhängt und vollstreckt (AA 25.10.2021, Sitzung 22). Laut einer Erklärung des Justizministeriums vom September 2021 halten die Behörden fast 50.000 Personen wegen mutmaßlicher Verbindungen zum Terrorismus fest, von denen über die Hälfte zum Tode verurteilt wurde (HRW 13.1.2022; vergleiche BasNews 6.9.2021).
Das irakische Strafgesetzbuch verbietet das Verhängen der Todesstrafe gegen jugendliche Straftäter, d.h. Minderjährige und Personen im Alter von 18 bis 21 Jahren zum Zeitpunkt der Begehung der mutmaßlichen Straftat sowie gegen schwangere Frauen und Frauen bis zu vier Monaten nach einer Geburt. In diesem Fall wird die Todesstrafe in eine lebenslange Haft umgewandelt (HRC 5.6.2018).
Quellen:
AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (25.10.2021): Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak (Stand: Oktober 2021), https://www.ecoi.net/en/file/local/2063378/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Republik_Irak_%28Stand_Oktober_2021%29%2C_25.10.2021.pdf, Zugriff 1.12.2021
AI - Amnesty International (4.2021): Death Sentences and Executions 2020, https://www.ecoi.net/en/file/local/2049793/ACT5037602021ENGLISH.PDF, Zugriff 2.5.2021
AI - Amnesty International (7.4.2021): Amnesty International Report 2020/21; The State of the World's Human Rights; Iraq 2020, https://www.ecoi.net/en/document/2048571.html, Zugriff 10.4.2021
BasNews (6.9.2021): Nearly 50,000 People in Iraqi Prisons over Suspected Terrorism Links, https://www.basnews.com/en/babat/711221?__cf_chl_jschl_tk__=pmd_9VK9rodKfKZc6zk5EPkVw5XYIukFglG8gsSs5sfG.Lc-1631001194-0-gqNtZGzNAeWjcnBszQi9, Zugriff 21.1.2022
DFAT - Australian Government - Department of Foreign Affairs and Trade [Australien] (17.8.2020): DFAT Country Information Report Iraq, https://www.ecoi.net/en/file/local/2036511/country-information-report-iraq.pdf, Zugriff 3.3.2021
DW - Deutsche Welle (16.11.2020): Irak lässt 21 Todesurteile vollstrecken, https://www.dw.com/de/irak-l%C3%A4sst-21-todesurteile-vollstrecken/a-55619212, Zugriff 13.8.2021
HRC - Human Rights Council (5.6.2018): Report of the Special Rapporteur on extrajudicial, summary or arbitrary executions on her mission to Iraq, https://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/A_HRC_38_44_Add.pdf, Zugriff 3.3.2021
HRW - Human Rights Watch (13.1.2022): World Report 2022 - Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/2066472.html, Zugriff 21.1.2022
HRW - Human Rights Watch (13.1.2021): World Report 2021 - Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/2043505.html, Zugriff 10.2.2021
Todesstrafe in der Kurdistan Region Irak (KRI)
Letzte Änderung: 12.08.2022
In der Kurdistan Region Irak (KRI) wurde die Todesstrafe im Jahr 2008 in einem De-facto-Moratorium ausgesetzt, außer für wesentliche Fälle, wie zur Bekämpfung des Terrorismus (HRW 13.1.2022; vgl. AA 25.10.2021, S. 22). In den Jahren 2015 und 2016 wurde dieses Moratorium zweimal gebrochen, wobei vier Hinrichtungen vorgenommen wurden. Im Jahr 2020 saßen fast 400 zum Tode verurteilte Personen in kurdischen Gefängnissen (AA 25.10.2021, S. 22).In der Kurdistan Region Irak (KRI) wurde die Todesstrafe im Jahr 2008 in einem De-facto-Moratorium ausgesetzt, außer für wesentliche Fälle, wie zur Bekämpfung des Terrorismus (HRW 13.1.2022; vergleiche AA 25.10.2021, Sitzung 22). In den Jahren 2015 und 2016 wurde dieses Moratorium zweimal gebrochen, wobei vier Hinrichtungen vorgenommen wurden. Im Jahr 2020 saßen fast 400 zum Tode verurteilte Personen in kurdischen Gefängnissen (AA 25.10.2021, Sitzung 22).
Berichten zufolge hat die Kurdische Regionalregierung (KRG) damit begonnen, Morde an Frauen, einschließlich Ehrenmorde, als Tötungsdelikte zu verfolgen, was bedeutet, dass die Schuldigen mit Strafen bis hin zur Todesstrafe belegt werden können (DFAT 17.8.2020).
Quellen:
AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (25.10.2021): Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak (Stand: Oktober 2021), https://www.ecoi.net/en/file/local/2063378/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Republik_Irak_%28Stand_Oktober_2021%29%2C_25.10.2021.pdf, Zugriff 1.12.2021
DFAT - Australian Government - Department of Foreign Affairs and Trade [Australien] (17.8.2020): DFAT Country Information Report Iraq, https://www.ecoi.net/en/file/local/2036511/country-information-report-iraq.pdf, Zugriff 3.3.2021
HRW - Human Rights Watch (13.1.2022): World Report 2022 - Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/2066472.html, Zugriff 21.1.2022
Religionsfreiheit
Letzte Änderung: 12.08.2022
Anmerkung: Aufgrund der komplexen Verflechtung religiöser und ethnischer Identitäten ist eine strikte Unterscheidung zwischen rein religiösen Minderheiten und rein ethnischen Minderheiten im Irak oft nur schwer möglich. Um eine willkürliche Trennung zu vermeiden, werden alle Minderheiten, einschließlich derer, bei denen das religiöse Element überwiegt, im Abschnitt "Minderheiten" behandelt.
Die Verfassung erkennt das Recht auf Religions- und Glaubensfreiheit weitgehend an (AA 25.10.2021, S.11; vgl. FH 28.2.2022). Gemäß Artikel 2 Absatz 1 ist der Islam Staatsreligion und eine Hauptquelle der Gesetzgebung (AA 25.10.2021, S.11; vgl. GIZ 1.2021a). Es darf kein Gesetz erlassen werden, das den "erwiesenen Bestimmungen des Islams" widerspricht (RoI 15.10.2005; vgl. USDOS 2.6.2022). In Absatz 2 wird das Recht einer jeden Person auf Religions- und Glaubensfreiheit sowie das Recht auf deren Ausübung garantiert (AA 25.10.2021, S.11). Explizit erwähnt werden in diesem Zusammenhang Christen, Jesiden und Mandäer-Sabäer, jedoch nicht Anhänger anderer Religionen oder Atheisten (RoI 15.10.2005; vgl. USDOS 2.6.2022).Die Verfassung erkennt das Recht auf Religions- und Glaubensfreiheit weitgehend an (AA 25.10.2021, S.11; vergleiche FH 28.2.2022). Gemäß Artikel 2 Absatz 1 ist der Islam Staatsreligion und eine Hauptquelle der Gesetzgebung (AA 25.10.2021, S.11; vergleiche GIZ 1.2021a). Es darf kein Gesetz erlassen werden, das den "erwiesenen Bestimmungen des Islams" widerspricht (RoI 15.10.2005; vergleiche USDOS 2.6.2022). In Absatz 2 wird das Recht einer jeden Person auf Religions- und Glaubensfreiheit sowie das Recht auf deren Ausübung garantiert (AA 25.10.2021, S.11). Explizit erwähnt werden in diesem Zusammenhang Christen, Jesiden und Mandäer-Sabäer, jedoch nicht Anhänger anderer Religionen oder Atheisten (RoI 15.10.2005; vergleiche USDOS 2.6.2022).
Artikel 3 der Verfassung legt ausdrücklich die multiethnische, multireligiöse und multikonfessionelle Ausrichtung des Irak fest, betont aber auch den arabisch-islamischen Charakter des Landes (AA 25.10.2021, S.11; vgl. ROI 15.10.2005). Artikel 43 verpflichtet den Staat zum Schutz der religiösen Stätten (AA 25.10.2021, S.11; vgl. ROI 15.10.2005). Die meisten politischen Führer haben sich nach der Niederlage des Islamischen Staats (IS) für religiösen Pluralismus ausgesprochen, und Minderheiten, die in befreiten Gebieten leben, können ihre Religion seitdem weitgehend frei ausüben (FH 28.2.2022).Artikel 3 der Verfassung legt ausdrücklich die multiethnische, multireligiöse und multikonfessionelle Ausrichtung des Irak fest, betont aber auch den arabisch-islamischen Charakter des Landes (AA 25.10.2021, S.11; vergleiche ROI 15.10.2005). Artikel 43 verpflichtet den Staat zum Schutz der religiösen Stätten (AA 25.10.2021, S.11; vergleiche ROI 15.10.2005). Die meisten politischen Führer haben sich nach der Niederlage des Islamischen Staats (IS) für religiösen Pluralismus ausgesprochen, und Minderheiten, die in befreiten Gebieten leben, können ihre Religion seitdem weitgehend frei ausüben (FH 28.2.2022).
Die folgenden religiösen Gruppen werden durch das Personenstandsgesetz anerkannt: Muslime, chaldäische Christen, assyrische Christen, assyrisch-katholische Christen, syrisch-orthodoxe Christen, syrisch-katholische Christen, armenisch-apostolische Christen, armenisch-katholische Christen, römisch-orthodoxe Christen, römisch-katholische Christen, lateinisch-dominikanische Christen, nationale Protestanten, Anglikaner, evangelisch-protestantische Assyrer, Adventisten, koptisch-orthodoxe Christen, Jesiden, Mandäer-Sabäer und Juden. Die staatliche Anerkennung ermöglicht es den Gruppen, Rechtsvertreter zu bestellen und Rechtsgeschäfte wie den Kauf und Verkauf von Immobilien durchzuführen. Alle anerkannten religiösen Gruppen haben ihre eigenen Personenstandsgerichte, die für die Behandlung von Ehe-, Scheidungs- und Erbschaftsfragen zuständig sind. Laut der Regierung gibt es jedoch kein Personenstandsgericht für Jesiden (USDOS 2.6.2022).
Das Gesetz verbietet die Ausübung des Bahai-Glaubens und der wahhabitischen Strömung des sunnitischen Islams (USDOS 2.6.2022; vgl. USCIRF 4.2021).Das Gesetz verbietet die Ausübung des Bahai-Glaubens und der wahhabitischen Strömung des sunnitischen Islams (USDOS 2.6.2022; vergleiche USCIRF 4.2021).
Mit Einführung eines neuen Personalausweises im Jahr 2015 wurde ein Eintrag, der die Religionszugehörigkeit des Passinhabers deklarierte, dauerhaft abgeschafft (AA 25.10.2021, S.11; vgl. USDOS 2.6.2022). Es wurde allerdings ein Passus in die Bestimmungen aufgenommen, der religiöse Minderheiten diskriminiert. Artikel 26 besagt, dass Kinder eines zum Islam konvertierenden Elternteils automatisch auch als zum Islam konvertiert geführt werden (AA 25.10.2021, S.11). Der Online-Antrag auf einen Personalausweis verlangt nach wie vor die Deklaration der Religionszugehörigkeit, wobei nur Muslim, Christ, Mandäer-Sabäer, Jeside und Jude zur Auswahl stehen. Dabei wird zwischen den verschiedenen Konfessionen des Islams (Shi‘a-Sunni) bzw. den unterschiedlichen Denominationen des Christentums nicht unterschieden. Personen, die anderen Glaubensrichtungen angehören, können nur dann einen Ausweis erhalten, wenn sie sich selbst als Muslim, Jeside, Mandäer-Sabäer, Jude oder Christ deklarieren. Ohne einen amtlichen Personalausweis kann man keine Eheschließung eintragen lassen, seine Kinder nicht in einer öffentlichen Schule anmelden, keinen Reisepass beantragen und auch einige staatliche Dienstleistungen nicht in Anspruch nehmen (USDOS 2.6.2022).Mit Einführung eines neuen Personalausweises im Jahr 2015 wurde ein Eintrag, der die Religionszugehörigkeit des Passinhabers deklarierte, dauerhaft abgeschafft (AA 25.10.2021, S.11; vergleiche USDOS 2.6.2022). Es wurde allerdings ein Passus in die Bestimmungen aufgenommen, der religiöse Minderheiten diskriminiert. Artikel 26 besagt, dass Kinder eines zum Islam konvertierenden Elternteils automatisch auch als zum Islam konvertiert geführt werden (AA 25.10.2021, S.11). Der Online-Antrag auf einen Personalausweis verlangt nach wie vor die Deklaration der Religionszugehörigkeit, wobei nur Muslim, Christ, Mandäer-Sabäer, Jeside und Jude zur Auswahl stehen. Dabei wird zwischen den verschiedenen Konfessionen des Islams (Shi‘a-Sunni) bzw. den unterschiedlichen Denominationen des Christentums nicht unterschieden. Personen, die anderen Glaubensrichtungen angehören, können nur dann einen Ausweis erhalten, wenn sie sich selbst als Muslim, Jeside, Mandäer-Sabäer, Jude oder Christ deklarieren. Ohne einen amtlichen Personalausweis kann man keine Eheschließung eintragen lassen, seine Kinder nicht in einer öffentlichen Schule anmelden, keinen Reisepass beantragen und auch einige staatliche Dienstleistungen nicht in Anspruch nehmen (USDOS 2.6.2022).
Die meisten religiös-ethnischen Minderheiten sind im irakischen Parlament vertreten. Grundlage dazu bildet ein Quotensystem bei der Verteilung der Sitze. Fünf Sitze sind für die christliche Minderheit sowie jeweils ein Sitz für Jesiden, Mandäer-Sabäer, Shabak und Faili Kurden reserviert. Das kurdische Regionalparlament sieht jeweils fünf Sitze für Turkmenen, Chaldäer und assyrische Christen sowie einen für Armenier vor (AA 22.1.2021).
Einschränkungen der Religionsfreiheit sowie Gewalt gegen und Belästigung von Minderheitengruppen durch staatliche Sicherheitskräfte (ISF) sind nach Angaben von Religionsführern und NGOs außerhalb der Kurdistan Region Irak (KRI) nach wie vor weit verbreitet. Internationale und lokale NGOs geben an, dass die Regierung das Anti-Terror-Gesetz weiterhin als Vorwand nutzt, um Personen ohne zeitgerechten Zugang zu einem rechtmäßigen Verfahren festzuhalten (USDOS 2.6.2022).
Es gibt zahlreiche Berichte darüber, dass Regierungstruppen, einschließlich der ISF, der Peshmerga und der Volksmobilisierungskräfte (PMF), die Freizügigkeit innerhalb des Landes unter anderem aus ethnisch-konfessionellen Gründen selektiv einschränken, um z.B. die Einreise von Personengruppen in von ihnen kontrollierte Gebiete zu begrenzen (USDOS 12.4.2022).
Die Behörden der Kurdischen Regionalregierung (KRG) diskriminierten weiterhin Minderheiten, darunter Türken, Araber, Yeziden, Shabak und Christen, in Gebieten, die sowohl von der KRG als auch von der Zentralregierung im Norden des Landes beansprucht werden. Diskriminierung von Minderheiten durch Regierungstruppen, insbesondere durch manche PMF-Gruppen, und andere Milizen, sowie das Vorgehen verbliebener aktiver IS-Kämpfer, hat ethnisch-konfessionelle Spannungen in den umstrittenen Gebieten weiter verschärft. Es kommt weiterhin zu Vertreibungen wegen vermeintlicher IS- Zugehörigkeit. Kurden und Turkmenen, sowie Christen und andere Minderheiten im Westen Ninewas und in der Ninewa-Ebene berichten über willkürliche und unrechtmäßige Verhaftungen durch PMF (USDOS 12.4.2022).
Da Religion, Politik und Ethnizität oft eng miteinander verbunden sind, ist es schwierig festzustellen, wie viele Vorfälle als ausschließlich auf religiöser Identität beruhend zu kategorisieren sind (USDOS 12.4.2022).
Vertreter religiöser Minderheiten berichten, dass die Zentralregierung im Allgemeinen nicht in die religiösen Bräuche der Mitglieder von Minderheitengruppen eingreift und sogar für die Sicherheit von Gotteshäusern und anderen religiösen Stätten, einschließlich Kirchen, Moscheen, Schreinen, religiösen Pilgerstätten und Pilgerrouten, sorgt. Manche Minderheitenvertreter berichten jedoch über Schikanen und Restriktionen durch lokale Behörden. Sie berichten weiterhin über Druck auf ihre Gemeinschaften Landrechte abzugeben, wenn sie sich nicht stärker an islamische Gebote halten (USDOS 2.6.2022).
In der KRI erhalten Religionsgemeinschaften ihre Anerkennung durch die Registrierung beim Ministerium für Stiftungen und religiöse Angelegenheiten (MERA) der KRG. Um sich registrieren zu können, muss eine Gemeinschaft mindestens 150 Anhänger haben, Unterlagen über die Quellen ihrer finanziellen Unterstützung vorlegen und nachweisen, dass sie nicht "anti-islamisch" ist. Acht Glaubensrichtungen sind anerkannt und bei der KRG-MERA registriert: Islam, Christentum, Jesidentum, Judentum, Mandäer-Sabäismus, Zoroastrismus, Yarsanismus und der Bahai-Glaube (USDOS 2.6.2022).
Es gibt keine Gesetze, die eine Heirat zwischen Schiiten und Sunniten verbieten (DFAT 17.8.2020).
[Anm.: Weiterführende Informationen zur Situation einzelner religiöser Minderheiten können dem Kapitel Minderheiten entnommen werden.]
Quellen:
AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (25.10.2021): Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak (Stand: Oktober 2021), https://www.ecoi.net/en/file/local/2063378/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Republik_Irak_%28Stand_Oktober_2021%29%2C_25.10.2021.pdf, Zugriff 1.12.2021
AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (22.1.2021): Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak (Stand: Januar 2021), https://www.ecoi.net/en/file/local/2057645/Deutschland___Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Republik_Irak_%28Stand_Januar_2021%29%2C_22.01.2021.pdf, Zugriff 3.3.2021
DFAT – Australian Government - Department of Foreign Affairs and Trade [Australien] (17.8.2020): DFAT Country Information Report Iraq, https://www.ecoi.net/en/file/local/2036511/country-information-report-iraq.pdf, Zugriff 12.8.2021
FH - Freedom House (28.2.2022): Freedom in the World 2022 - Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/2068634.html, Zugriff 7.6.2022
GIZ - Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (1.2021a): Irak - Geschichte & Staat, https://www.liportal.de/irak/geschichte-staat/, Zugriff 16.3.2021 [Anm.: Der Link ist nicht mehr abrufbar. Die Daten sind jedoch bei der Staatendokumentation archiviert und einsehbar.]
RoI - Republic of Iraq (15.10.2005): Constitution of the Republic of Iraq, http://www.refworld.org/docid/454f50804.html, Zugriff 3.3.2021
USCIRF – US Commission on International Religious Freedom [USA] (4.2021): United States Commission on International Religious Freedom 2021 Annual Report; USCIRF – Recommended for Special Watchlist: Iraq, https://www.ecoi.net/en/file/local/2052974/Iraq+Chapter+AR2021.pdf, Zugriff 2.2.2021
USDOS - US Department of State [USA] (2.6.2022): 2021 Report on International Religious Freedom: Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/2073956.html, Zugriff 7.6.2022
USDOS - US Department of State [USA] (12.4.2022): 2021 Country Report on Human Rights Practices: Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/2071125.html, Zugriff 7.6.2022
Ethnische und religiöse Minderheiten
Letzte Änderung: 12.08.2022
Die genaue ethno-konfessionelle Zusammensetzung der Bevölkerung des Iraks ist unklar, da die letzten Volkszählungen manipulativ waren und beispielsweise nur die Angaben "Araber" und "Kurde" zuließen. Andere Bevölkerungsgruppen wurden so statistisch marginalisiert. Laut Schätzungen teilen sich die Einwohner Iraks folgendermaßen auf: in etwa 75-80 % Araber, 15-20 % Kurden und etwa 5 %, Tendenz fallend, Minderheiten, zu denen unter anderem Assyrer, Armenier, Mandäer/Sabäer und Turkmenen zählen (GIZ 1.2021c).
Die wichtigsten ethno-konfessionellen Gruppierungen sind (arabische) Schiiten, die 60-65 % der Bevölkerung ausmachen und vor allem den Südosten/Süden des Landes bewohnen, (arabische) Sunniten (17-22 %) mit Schwerpunkt im Zentral- und Westirak und die vor allem im Norden des Landes lebenden, überwiegend sunnitischen Kurden (15-20 %) (AA 25.10.2021).
Eine systematische Diskriminierung oder Verfolgung religiöser oder ethnischer Minderheiten durch staatliche Behörden findet nicht statt. Religiöse Minderheiten können im Alltag jedoch gesellschaftliche Diskriminierung erfahren. Übergriffe werden selten strafrechtlich geahndet. Offiziell anerkannte Minderheiten, wie chaldäische und assyrische Christen sowie Jesiden, genießen in der Verfassung verbriefte Minderheitenrechte, sind jedoch im täglichen Leben, insbesondere außerhalb der Kurdistan Region Irak (KRI), oft benachteiligt. Trotz der verfassungsrechtlichen Gleichberechtigung leiden religiöse Minderheiten im Zentralirak faktisch unter weitreichender Diskriminierung. Der irakische Staat, unter der Verwaltung von Bagdad, kann den Schutz der Minderheiten nicht sicherstellen (AA 25.10.2021). Mitglieder bestimmter ethnischer oder religiöser Gruppen erleiden in Gebieten, in denen sie eine Minderheit darstellen, häufig Diskriminierung oder Verfolgung, was viele dazu veranlasst, Sicherheit in anderen Stadtteilen oder Gouvernements zu suchen (FH 28.2.2022). Es gibt Berichte über rechtswidrige Verhaftungen, Erpressung und Entführung von Angehörigen von Minderheiten, wie Kurden, Turkmenen, Christen und anderen, durch Volksmobilisierungskräfte (PMF), in den umstrittenen Gebieten, insbesondere im westlichen Ninewa und in der Ninewa-Ebene (USDOS 12.4.2022).
Die Hauptsiedlungsgebiete der meisten religiösen Minderheiten liegen im Nordirak in den Gebieten, die seit Juni 2014 teilweise unter Kontrolle des Islamischen Staates (IS) standen. Hier kam es zu gezielten Verfolgungen von Jesiden, Mandäer/Sabäern, Kaka‘i, Shabak und Christen. Aus dieser Zeit liegen zahlreiche Berichte über Zwangskonversionen, Versklavung und Menschenhandel, sexuelle Ausbeutung, Folter, Rekrutierung von Kindersoldaten, Massenmord und Massenvertreibungen vor. Auch nach der Befreiung der Gebiete wird die Rückkehr der Bevölkerung durch noch fehlenden Wiederaufbau, eine unzureichende Sicherheitslage, unklare Sicherheitsverantwortlichkeiten sowie durch die Anwesenheit unterschiedlicher Milizen zum Teil erheblich erschwert (AA 25.10.2021).
In der KRI sind Minderheiten weitgehend vor Gewalt und Verfolgung geschützt. Hier haben viele Angehörige von Minderheiten Zuflucht gefunden (AA 25.10.2021). Es gibt jedoch Berichte über die Diskriminierung von Minderheiten (Turkmenen, Arabern, Jesiden, Shabak und Christen) durch KRI-Behörden in den sogenannten "umstrittenen Gebieten" (USDOS 2.6.2022). Darüber hinaus empfinden dort Angehörige von Minderheiten seit Oktober 2017 erneute Unsicherheit aufgrund der Präsenz der irakischen Streitkräfte, der Peschmerga und vor allem der schiitischen Milizen und der Kurdischen Arbeiterpartei (PKK) (AA 25.10.2021).
Im Zusammenhang mit der Rückeroberung von Gebieten aus IS-Hand wurden besonders in den zwischen der Zentralregierung und der KRI "umstrittenen Gebieten" (Gouvernement Kirkuk, sowie Teile von Ninewa, Salah Ad-Din und Diyala) Tendenzen zur gewaltsamen ethnisch-konfessionellen Homogenisierung festgestellt. Die Mission der Vereinten Nationen für den Irak (UNAMI) und Amnesty International haben dokumentiert, wie angestammte Bevölkerungsgruppen vertrieben bzw. Binnenvertriebene an der Rückkehr gehindert wurden. Dabei handelte es sich oft um die sunnitische Bevölkerung, die häufig unter dem Generalverdacht einer Zusammenarbeit mit dem IS steht, aber auch um Angehörige anderer Bevölkerungsgruppen. Beschuldigt werden sowohl kurdische Peshmerga als auch PMF-Milizen und in geringerem Ausmaß auch Armee und Polizei (AA 25.10.2021).
BMI (2016): Atlas - Middle East & North Africa: Religious Groups
BMI (2016): Atlas - Middle East & North Africa: Ethnic Groups
Anmerkung zu beiden Karten:
Die religiös-konfessionelle sowie ethnisch-linguistische Zusammensetzung der irakischen Bevölkerung ist höchst heterogen. Die hier dargebotenen Karten zeigen nur die ungefähre Verteilung der Hauptsiedlungsgebiete religiös-konfessioneller bzw. ethnisch-linguistischer Gruppen und Minderheiten. Insbesondere in Städten kann die Verteilung deutlich von der ländlichen Umgebung abweichen (BMI 2016). Dazu muss hervorgehoben werden, dass ein und dieselbe Gruppe in einer Gegend die Minderheit, in einer anderen jedoch die Mehrheitsbevölkerung stellen kann und umgekehrt (Lattimer EASO 26.4.2017).
Die territoriale Niederlage des sog. IS im Jahr 2017 beendete dessen Kampagne zur Umwälzung der religiösen Demografie des Landes. Dennoch können rund eine Million Iraker, die vom IS vertrieben wurden, nicht in ihre Häuser zurückkehren, sowohl aus Sicherheits- als auch aus wirtschaftlichen Gründen (FH 28.2.2022). Angehörige der PMF verlangen an Kontrollpunkten von IDPs, insbesondere von Angehörigen von religiösen Minderheiten überhöhte Geldbeträge für die Überquerung der Grenze. Alternativ riskieren die Betroffenen in die Lager zurückgeschickt zu werden (USCIRF 4.2021).
Quellen:
AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (25.10.2021): Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak (Stand: Oktober 2021), https://www.ecoi.net/en/file/local/2063378/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Republik_Irak_%28Stand_Oktober_2021%29%2C_25.10.2021.pdf, Zugriff 1.12.2021
BMI - Bundesministerium für Inneres; BMLVS - Bundesministerium für Landesverteidigung und Sport (2016): Atlas: Middle East & North Africa, http://www.ecoi.net/file_upload/90_1487770786_2017-02-bfa-mena-atlas.pdf, Zugriff 15.5.2021
FH - Freedom House (28.2.2022): Freedom in the World 2022 - Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/2068634.html, Zugriff 7.6.2022
GIZ - Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (1.2021c): Irak - Gesellschaft, https://www.liportal.de/irak/gesellschaft/, Zugriff 16.3.2021 [Anm.: Der Link ist nicht mehr abrufbar. Die Daten sind jedoch bei der Staatendokumentation archiviert und einsehbar.]
Lattimer EASO - Lattimer, Mark in EASO - European Asylum Support Office (26.4.2017): Minorities and Vulnerable Groups - EASO COI Meeting Report Iraq: Practical Cooperation Meeting, 25-26 April 2017, Brussels, https://www.ecoi.net/en/file/local/1404903/90_1501570991_easo-2017-07-iraq-meeting-report.pdf, Zugriff 25.8.2021
USCIRF – US Commission on International Religious Freedom [USA] (4.2021): United States Commission on International Religious Freedom 2021 Annual Report; USCIRF – Recommended for Special Watchlist: Iraq, https://www.ecoi.net/en/file/local/2052974/Iraq+Chapter+AR2021.pdf, Zugriff 2.2.2021
USDOS - US Department of State [USA] (2.6.2022): 2021 Report on International Religious Freedom: Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/2073956.html, Zugriff 7.6.2022
USDOS - US Department of State [USA] (12.4.2022): 2021 Country Report on Human Rights Practices: Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/2071125.html, Zugriff 7.6.2022
Sunnitische Araber
Letzte Änderung: 12.08.2022
Die arabisch-sunnitische Minderheit, die über Jahrhunderte die Führungsschicht des Landes bildete, wurde nach der Entmachtung Saddam Husseins 2003, insbesondere in der Regierungszeit von Ex-Ministerpräsident Al-Maliki (2006 bis 2014), aus öffentlichen Positionen gedrängt (AA 25.10.2021).
Oft werden Sunniten einzig aufgrund ihrer Glaubensrichtung als IS-Sympathisanten stigmatisiert oder gar strafrechtlich verfolgt. Auch unbeteiligte Familienangehörige tatsächlicher oder vermeintlicher IS-Anhänger sind davon betroffen (AA 25.10.2021). Berichten zufolge halten die Behörden Ehepartner und andere Familienangehörige von flüchtigen Personen, zumeist sunnitische Araber, die wegen Terrorismusvorwürfen gesucht werden, fest, damit diese sich stellen (USDOS 12.4.2022). Unter Anwendung des Anti-Terror-Gesetzes können Personen ohne ordnungsgemäßes Verfahren inhaftiert werden. Die Behörden berufen sich auf dieses Gesetz, wenn sie junge sunnitische Männer festnehmen, die im Verdacht stehen, Verbindungen zum IS zu haben (USDOS 2.6.2022). Wie in den Vorjahren gibt es auch weiterhin glaubwürdige Berichte darüber, dass Regierungskräfte, einschließlich der Bundespolizei, des Nationalen Sicherheitsdienstes (NSS) und der Volksmobilisierungskräfte (PMF), Personen, insbesondere sunnitische Araber, während der Festnahme, in der Untersuchungshaft und nach der Verurteilung misshandeln und foltern (USDOS 12.4.2022). Einige schiitische Milizen, darunter auch solche, die unter dem Dach der PMF operieren, sind für Angriffe auf sunnitische Zivilisten verantwortlich, mutmaßlich als Vergeltung für IS-Verbrechen an Schiiten (USDOS 2.6.2022).
Im Zuge von Anti-Terror-Operationen, aber auch an Kontrollpunkten, wurden seit 2014 junge, vorwiegend sunnitische Männer festgenommen. Den Sicherheitskräften werden dabei zahlreiche Fälle von Verschwindenlassen zur Last gelegt (AA 25.10.2021). Es gibt zahlreiche Berichte über Festnahmen und die vorübergehende Internierung von überwiegend sunnitisch-arabischen IDPs durch Regierungskräfte, den NSS, PMF, Peshmerga und Asayish (USDOS 12.4.2022).
Über eine Million sunnitische Araber sind vertrieben. Viele von ihnen werden verdächtigt den IS zu unterstützen und fürchten Vergeltungsmaßnahmen, wenn sie in ihre Häuser in den früher vom IS-kontrollierten Gebieten zurückkehren (USCIRF 4.2021). Die kurdischen Behörden haben Tausende von Arabern daran gehindert, in ihre Dörfer im Unterbezirk Rabia und im Bezirk Hamdaniya im Gouvernement Ninewa zurückzukehren, Gebiete, aus denen kurdische Einheiten 2014 den IS vertrieben und dort die territoriale Kontrolle übernommen hatten. Gleichzeitig jedoch erlaubte die KRG kurdischen Dorfbewohnern, in diese Gebiete zurückzukehren (HRW 13.1.2021).
Die PMF setzen ihre Unterdrückungspraktiken in sunnitischen Gebieten fort (BS 23.2.2022). Im August 2020 berichtet ein sunnitischer ehemalige Parlamentsabgeordneter aus Bagdad, dass regierungsnahe PMF sunnitische Bewohner des Bezirks al-Madain am Stadtrand von Bagdad gewaltsam vertreiben und versuchen würden, die Demografie des Bezirks zu verändern. Im September 2020 erklärte ein sunnitischer Parlamentarier aus dem Gouvernement Diyala, dass regierungsnahe schiitische Milizen weiterhin Sunniten in seinem Gouvernement gewaltsam vertreiben würden, was zu einem weitreichenden demografischen Wandel entlang der irakisch-iranischen Grenze führt (USDOS 12.5.2021). Auch 2021 gab es Warnungen über demografische Veränderungen durch die Vertreibung von Sunniten und Christen durch PMF-Kräfte aus den Gouvernements Salah ad-Din, Ninewa und Diyala (USDOS 2.6.2022). In Mossul, Ninewa werden sunnitische Zivilisten von Milizionären der "PMF Babylon" und "Shabak Hashd" wahllos schikaniert, eingeschüchtert und verhaftet. Einige PMF-Fraktionen werden auch für die Massaker von Farhatiyah und Khailaniyah im Jahr 2020 in Salah al-Din bzw. Diyala verantwortlich gemacht (BS 23.2.2022).
Quellen:
AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (25.10.2021): Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak (Stand: Oktober 2021), https://www.ecoi.net/en/file/local/2063378/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Republik_Irak_%28Stand_Oktober_2021%29%2C_25.10.2021.pdf, Zugriff 1.12.2021
BS - Bertelsmann Stiftung (23.2.2022): BTI 2022 Country Report Iraq, https://www.ecoi.net/en/file/local/2069660/country_report_2022_IRQ.pdf, Zugriff 17.6.2022
HRW - Human Rights Watch (13.1.2021): World Report 2021 - Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/2043505.html, Zugriff 28.1.2021
USCIRF – US Commission on International Religious Freedom [USA] (4.2021): United States Commission on International Religious Freedom 2021 Annual Report; USCIRF – Recommended for Special Watchlist: Iraq, https://www.ecoi.net/en/file/local/2052974/Iraq+Chapter+AR2021.pdf, Zugriff 2.2.2021
USDOS - US Department of State [USA] (12.5.2021): 2020 Report on International Religious Freedom: Iraq, https://www.ecoi.net/en/document/2051589.html, Zugriff 15.5.2021
USDOS - US Department of State [USA] (2.6.2022): 2021 Report on International Religious Freedom: Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/2073956.html, Zugriff 7.6.2022
USDOS - US Department of State [USA] (12.4.2022): 2021 Country Report on Human Rights Practices: Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/2071125.html, Zugriff 7.6.2022
Relevante Bevölkerungsgruppen
Frauen
Letzte Änderung: 12.08.2022
In der Verfassung ist die Gleichstellung der Geschlechter festgeschrieben und eine Frauenquote von 25 % im Parlament verankert. In der Kurdischen Region im Irak (KRI) sind es 30 % (AA 25.10.2021; vgl. FH 28.2.2022, USDOS 12.4.2022). Diese formale Repräsentation hat geringe Auswirkungen auf die staatliche Politik gegenüber Frauen, die von politischen Debatten und Führungspositionen üblicherweise ausgeschlossen sind (FH 28.2.2022).In der Verfassung ist die Gleichstellung der Geschlechter festgeschrieben und eine Frauenquote von 25 % im Parlament verankert. In der Kurdischen Region im Irak (KRI) sind es 30 % (AA 25.10.2021; vergleiche FH 28.2.2022, USDOS 12.4.2022). Diese formale Repräsentation hat geringe Auswirkungen auf die staatliche Politik gegenüber Frauen, die von politischen Debatten und Führungspositionen üblicherweise ausgeschlossen sind (FH 28.2.2022).
Der Irak hat 1986 das Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau (CEDAW) ratifiziert. Irakische Gesetze erfüllen jedoch nicht die Anforderungen des Übereinkommens, insbesondere das Personenstandsgesetz und das Strafgesetz (BS 23.2.2022, S.26). Frauen sind auch im Alltag Diskriminierung ausgesetzt, die ihre gleichberechtigte Teilnahme am politischen, sozialen und wirtschaftlichen Leben einschränkt. Sie werden selten in Entscheidungspositionen und andere einflussreiche Positionen ernannt (AA 25.10.2021; vgl. FH 28.2.2022). Die traditionelle Rollenverteilung in der Familie lässt weniger Möglichkeiten für Frauen, sich im Studium oder beruflich weiter zu entwickeln. Dies wird zum Teil aus der religiösen Tradition begründet, aber auch patriarchalische Strukturen sind weit verbreitet (AA 25.10.2021).Der Irak hat 1986 das Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau (CEDAW) ratifiziert. Irakische Gesetze erfüllen jedoch nicht die Anforderungen des Übereinkommens, insbesondere das Personenstandsgesetz und das Strafgesetz (BS 23.2.2022, S.26). Frauen sind auch im Alltag Diskriminierung ausgesetzt, die ihre gleichberechtigte Teilnahme am politischen, sozialen und wirtschaftlichen Leben einschränkt. Sie werden selten in Entscheidungspositionen und andere einflussreiche Positionen ernannt (AA 25.10.2021; vergleiche FH 28.2.2022). Die traditionelle Rollenverteilung in der Familie lässt weniger Möglichkeiten für Frauen, sich im Studium oder beruflich weiter zu entwickeln. Dies wird zum Teil aus der religiösen Tradition begründet, aber auch patriarchalische Strukturen sind weit verbreitet (AA 25.10.2021).
Frauen werden unter mehreren Aspekten der Gesetzgebung ungleich behandelt (AA 25.10.2021; vgl. FH 28.2.2022). Zwar ist laut Artikel 14 und 20 der Verfassung jede Art von Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes verboten. Artikel 41 bestimmt jedoch, dass Iraker Personenstandsangelegenheiten ihrer Religion entsprechend regeln dürfen. Viele Frauen kritisieren diesen Paragrafen als Grundlage für eine Re-Islamisierung des Personenstandsrechts und damit als eine Verschlechterung der Stellung der Frau. Zudem findet auf einfachgesetzlicher Ebene die verfassungsrechtlich garantierte Gleichstellung häufig keine Entsprechung (AA 25.10.2021). Defizite bestehen insbesondere im Familien-, Erb- und Strafrecht sowie im Staatsbürgerschaftsrecht (AA 25.10.2021; vgl. FH 28.2.2022). So können Frauen in Bezug auf das Erbrecht unter Druck geraten, ihre Rechte an männliche Verwandte abzutreten (FH 28.2.2022). Die Stellung der Frau hat sich jedenfalls im Vergleich zur Zeit des Saddam-Regimes teilweise deutlich verschlechtert (AA 25.10.2021; vgl. FIS 22.5.2018). Auch die prekäre Sicherheitslage in Teilen der irakischen Gesellschaft hat negative Auswirkungen auf das Alltagsleben und die politischen Freiheiten der Frauen, insbesondere unter Binnenflüchtlingen (IDPs) (AA 25.10.2021). Die Bewegungsfreiheit von Frauen wird durch gesetzliche Bestimmungen eingeschränkt (FH 28.2.2022). So hindert das Gesetz Frauen beispielsweise daran, ohne die Zustimmung eines männlichen Vormunds oder gesetzlichen Vertreters einen Reisepass zu beantragen (FH 28.2.2022; vgl. USDOS 12.4.2022), oder ein Dokument zur Feststellung des Personenstands zu erhalten, welches für den Zugang zu Beschäftigung, Bildung und einer Reihe von Sozialdiensten erforderlich ist (FH 28.2.2022).Frauen werden unter mehreren Aspekten der Gesetzgebung ungleich behandelt (AA 25.10.2021; vergleiche FH 28.2.2022). Zwar ist laut Artikel 14 und 20 der Verfassung jede Art von Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes verboten. Artikel 41 bestimmt jedoch, dass Iraker Personenstandsangelegenheiten ihrer Religion entsprechend regeln dürfen. Viele Frauen kritisieren diesen Paragrafen als Grundlage für eine Re-Islamisierung des Personenstandsrechts und damit als eine Verschlechterung der Stellung der Frau. Zudem findet auf einfachgesetzlicher Ebene die verfassungsrechtlich garantierte Gleichstellung häufig keine Entsprechung (AA 25.10.2021). Defizite bestehen insbesondere im Familien-, Erb- und Strafrecht sowie im Staatsbürgerschaftsrecht (AA 25.10.2021; vergleiche FH 28.2.2022). So können Frauen in Bezug auf das Erbrecht unter Druck geraten, ihre Rechte an männliche Verwandte abzutreten (FH 28.2.2022). Die Stellung der Frau hat sich jedenfalls im Vergleich zur Zeit des Saddam-Regimes teilweise deutlich verschlechtert (AA 25.10.2021; vergleiche FIS 22.5.2018). Auch die prekäre Sicherheitslage in Teilen der irakischen Gesellschaft hat negative Auswirkungen auf das Alltagsleben und die politischen Freiheiten der Frauen, insbesondere unter Binnenflüchtlingen (IDPs) (AA 25.10.2021). Die Bewegungsfreiheit von Frauen wird durch gesetzliche Bestimmungen eingeschränkt (FH 28.2.2022). So hindert das Gesetz Frauen beispielsweise daran, ohne die Zustimmung eines männlichen Vormunds oder gesetzlichen Vertreters einen Reisepass zu beantragen (FH 28.2.2022; vergleiche USDOS 12.4.2022), oder ein Dokument zur Feststellung des Personenstands zu erhalten, welches für den Zugang zu Beschäftigung, Bildung und einer Reihe von Sozialdiensten erforderlich ist (FH 28.2.2022).
Frauen werden am Arbeitsmarkt diskriminiert. Die Regierung al-Kadhimis hat zwar eine Untersuchungskommission eingesetzt, die solche Fälle untersuchen und die Täter vor Gericht bringen soll, bisher jedoch ohne konkrete Ergebnisse (BS 23.2.2022, S.14). Die geschätzte Erwerbsquote von Frauen liegt bei etwa 11,5 % (Stand 2019) (WB 29.1.2021a). Die geschätzte Arbeitslosigkeit bei Frauen, die an der Arbeitswelt teilhaben, liegt laut Weltbank bei etwa 30,6 % (Stand 2019) (WB 29.1.2021b). Der Unterstützungsmission der Vereinten Nationen im Irak zufolge liegt sie bei 13 % (UNIraq 2021). Die Jugendarbeitslosigkeit bei Frauen und Mädchen im Alter zwischen 15 und 24 Jahren wird auf etwa 63,3 % geschätzt (Stand 2017) (CIA 15.6.2021). Frauen, die nicht an der irakischen Arbeitswelt teilhaben, sind einem erhöhten Armutsrisiko ausgesetzt, selbst wenn sie in der informellen Wirtschaft mit Arbeiten wie Nähen oder Kunsthandwerk beschäftigt sind (Frontine 12.11.2019). Die genauen Zahlen unterscheiden sich je nach Statistik und Erhebungsmethode (FIS 22.5.2018).
Frauen und Mädchen sind im Bildungssystem deutlich benachteiligt und haben noch immer einen schlechteren Bildungszugang als Buben und Männer (GIZ 1.2021c). Frauen wird überproportional der Zugang zu Bildung verwehrt (AA 25.10.2021). Im Alter von zwölf Jahren aufwärts sind Mädchen stärker von Analphabetismus betroffen als Buben (GIZ 1.2021c). Etwa 79,9 % der Frauen im Alter von über 15 Jahren können lesen und schreiben (Stand 2017) (UNESCO 2021; vgl. WB 9.2020). In der Altersgruppe der 15 bis 24-jährigen Mädchen und Frauen liegt die Rate bei 92,1 % (Stand 2017) (UNESCO 2021). In ländlichen Gebieten ist die Einschulungsrate bei Mädchen (rund 77 %) weit niedriger als jene der Buben (rund 90 %). Je höher die Bildungsstufe ist, desto geringer ist der Anteil an Mädchen. Häufig lehnen die Familien eine weiterführende Schule für die Mädchen ab oder ziehen eine frühe Ehe für sie vor (GIZ 1.2021c).Frauen und Mädchen sind im Bildungssystem deutlich benachteiligt und haben noch immer einen schlechteren Bildungszugang als Buben und Männer (GIZ 1.2021c). Frauen wird überproportional der Zugang zu Bildung verwehrt (AA 25.10.2021). Im Alter von zwölf Jahren aufwärts sind Mädchen stärker von Analphabetismus betroffen als Buben (GIZ 1.2021c). Etwa 79,9 % der Frauen im Alter von über 15 Jahren können lesen und schreiben (Stand 2017) (UNESCO 2021; vergleiche WB 9.2020). In der Altersgruppe der 15 bis 24-jährigen Mädchen und Frauen liegt die Rate bei 92,1 % (Stand 2017) (UNESCO 2021). In ländlichen Gebieten ist die Einschulungsrate bei Mädchen (rund 77 %) weit niedriger als jene der Buben (rund 90 %). Je höher die Bildungsstufe ist, desto geringer ist der Anteil an Mädchen. Häufig lehnen die Familien eine weiterführende Schule für die Mädchen ab oder ziehen eine frühe Ehe für sie vor (GIZ 1.2021c).
Quellen:
AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (25.10.2021): Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak (Stand: Oktober 2021), https://www.ecoi.net/en/file/local/2063378/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Republik_Irak_%28Stand_Oktober_2021%29%2C_25.10.2021.pdf, Zugriff 1.12.2021
BS - Bertelsmann Stiftung (23.2.2022): BTI 2022 Country Report Iraq, https://www.ecoi.net/en/file/local/2069660/country_report_2022_IRQ.pdf, Zugriff 17.6.2022
CIA - Central Intelligence Agency (15.6.2021): The World Factbook – Iraq, https://www.cia.gov/the-world-factbook/countries/iraq/, Zugriff 20.6.2021
FH - Freedom House (28.2.2022): Freedom in the World 2022 - Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/2068634.html, Zugriff 7.6.2022
FIS - Finnisch Immigration Service [Finnland] (22.5.2018): Overview of the status of women living without a safety net in Iraq, https://coi.easo.europa.eu/administration/finland/Plib/Report_Women_Iraq_Migri_CIS.pdf, Zugriff 14.1.2021
Frontline (12.11.2019): How Conflict in Iraq Has Made Women and Girls More Vulnerable, https://www.pbs.org/wgbh/frontline/article/how-conflict-in-iraq-has-made-women-and-girls-more-vulnerable/, Zugriff 1.4.2021
GIZ - Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (1.2021c): Irak - Gesellschaft, https://www.liportal.de/irak/gesellschaft/, Zugriff 16.3.2021 [Anm.: Der Link ist nicht mehr abrufbar. Die Daten sind jedoch bei der Staatendokumentation archiviert und einsehbar.]
UNESCO - United Nations Educational, Scientific and Cultural Organization (2021): Iraq, Education and Literacy, http://uis.unesco.org/en/country/iq, Zugriff 1.4.2021
UNIraq (2021): Country Profile, http://www.uniraq.com/index.php?option=com_k2&view=item&layout=item&id=941&Itemid=472&lang=en, Zugriff 18.3.2021
USDOS - US Department of State [USA] (12.4.2022): 2021 Country Report on Human Rights Practices: Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/2071125.html, Zugriff 7.6.2022
WB - World Bank (29.1.2021a): Labor force participation rate, female (% of female population ages 15+) (modeled ILO estimate), https://data.worldbank.org/indicator/SL.TLF.CACT.FE.ZS?locations=IQ, Zugriff 1.4.2021
WB - World Bank (29.1.2021b): Unemployment, female (% of female labor force) (modeled ILO estimate) - Iraq, https://data.worldbank.org/indicator/SL.UEM.TOTL.FE.ZS?locations=IQ, Zugriff 1.4.2021
WB - World Bank (9.2020): Literacy rate, adult female (% of females ages 15 and above) - Iraq, https://data.worldbank.org/indicator/SE.ADT.LITR.FE.ZS?end=2017&locations=IQ&start=2017&view=bar, Zugriff 1.4.2021
Häusliche Gewalt, sexuelle und geschlechtsspezifische Gewalt
Letzte Änderung: 22.08.2022
Häusliche Gewalt ist weiterhin ein allgegenwärtiges Problem (USDOS 30.3.2021; vgl. HRW 13.1.2021, BS 23.2.2022). Im Jahr 2020 kam es zu einem sprunghaften Anstieg der Fälle von häuslicher Gewalt (FH 28.2.2022). Meldungen über Vergewaltigung, häusliche Gewalt, Misshandlung in der Ehe, Verbrennunng und Selbstverbrennung, Selbstverletzung aufgrund von Misshandlung in der Ehe, sexuelle Belästigung von Minderjährigen und Selbstmord aufgrund der zunehmenden Spannungen in den Haushalten sind während der COVID-19 Pandemie angestiegen. Laut der föderalen Polizei hat häusliche Gewalt um fast 20 % zugenommen (USDOS 12.4.2022).Häusliche Gewalt ist weiterhin ein allgegenwärtiges Problem (USDOS 30.3.2021; vergleiche HRW 13.1.2021, BS 23.2.2022). Im Jahr 2020 kam es zu einem sprunghaften Anstieg der Fälle von häuslicher Gewalt (FH 28.2.2022). Meldungen über Vergewaltigung, häusliche Gewalt, Misshandlung in der Ehe, Verbrennunng und Selbstverbrennung, Selbstverletzung aufgrund von Misshandlung in der Ehe, sexuelle Belästigung von Minderjährigen und Selbstmord aufgrund der zunehmenden Spannungen in den Haushalten sind während der COVID-19 Pandemie angestiegen. Laut der föderalen Polizei hat häusliche Gewalt um fast 20 % zugenommen (USDOS 12.4.2022).
Auch Tötung von Frauen und Mädchen durch ihre Familien und Ehemänner wurden 2021 verzeichnet (HRW 13.1.2022). Das irakische Strafgesetz enthält zwar Bestimmungen zur Kriminalisierung von Körperverletzung, aber nach Artikel 41, Absatz 1 des Strafgesetzbuches hat der Ehemann das Recht, seine Frau, sowie seine Kinder innerhalb der durch Gesetz oder Gewohnheit vorgeschriebenen Grenzen zu disziplinieren (HRW 13.1.2022; vgl. USDOS 12.4.2022). Diese Grenzen sind recht vage definiert, sodass verschiedene Arten von Gewalt als rechtmäßig interpretiert werden können (FIS 22.5.2018). Nach Artikel 128, Absatz 1 des Strafgesetzbuches können Straftaten, die aufgrund der Ehre oder vom Opfer provoziert begangen wurden, ungestraft bleiben, bzw. kann in solchen Fällen die Strafe gemildert werden (FIS 22.5.2018; vgl. HRW 13.1.2022, USDOS 12.4.2022). Täter, die Gemeinschaft, aber auch Opfer selbst sehen häusliche Gewalt oft als normal und rechtfertigen sie aus kulturellen und religiösen Gründen. Frauen tendieren dazu, häusliche Gewalt aus Scham oder Angst vor Konsequenzen nicht zu melden, manchmal auch, um den Täter zu schützen. Viele Frauen haben kein Vertrauen in die Polizei und halten den von ihr gebotenen Schutz für nicht angemessen (FIS 22.5.2018).Auch Tötung von Frauen und Mädchen durch ihre Familien und Ehemänner wurden 2021 verzeichnet (HRW 13.1.2022). Das irakische Strafgesetz enthält zwar Bestimmungen zur Kriminalisierung von Körperverletzung, aber nach Artikel 41, Absatz 1 des Strafgesetzbuches hat der Ehemann das Recht, seine Frau, sowie seine Kinder innerhalb der durch Gesetz oder Gewohnheit vorgeschriebenen Grenzen zu disziplinieren (HRW 13.1.2022; vergleiche USDOS 12.4.2022). Diese Grenzen sind recht vage definiert, sodass verschiedene Arten von Gewalt als rechtmäßig interpretiert werden können (FIS 22.5.2018). Nach Artikel 128, Absatz 1 des Strafgesetzbuches können Straftaten, die aufgrund der Ehre oder vom Opfer provoziert begangen wurden, ungestraft bleiben, bzw. kann in solchen Fällen die Strafe gemildert werden (FIS 22.5.2018; vergleiche HRW 13.1.2022, USDOS 12.4.2022). Täter, die Gemeinschaft, aber auch Opfer selbst sehen häusliche Gewalt oft als normal und rechtfertigen sie aus kulturellen und religiösen Gründen. Frauen tendieren dazu, häusliche Gewalt aus Scham oder Angst vor Konsequenzen nicht zu melden, manchmal auch, um den Täter zu schützen. Viele Frauen haben kein Vertrauen in die Polizei und halten den von ihr gebotenen Schutz für nicht angemessen (FIS 22.5.2018).
Während sexuelle Übergriffe, wie z. B. Vergewaltigung, sowohl gegen Frauen als auch gegen Männer strafbar sind, sieht Artikel 398 des irakischen Strafgesetzbuches vor, dass Anklagen aufgrund von Vergewaltigung fallen gelassen werden können, wenn der Angreifer das Opfer heiratet (USDOS 12.4.2022; vgl. FH 28.2.2022, UNSC 30.3.2021, StC 25.6.2021). Dies gilt sowohl im Irak als auch in der Kurdistan Region Irak (KRI) (StC 25.6.2021). Eine Bestimmung verhindert hierbei eine Scheidung innerhalb der ersten drei Ehejahre (USDOS 12.4.2022). Dies trifft auch zu, wenn das Opfer minderjährig ist (FIS 22.5.2018). Vergewaltigung innerhalb der Ehe stellt keine Straftat dar (USDOS 12.4.2022; vgl. FH 28.2.2022). Es gab keine zuverlässigen Schätzungen über die Häufigkeit von Vergewaltigungen oder Informationen über die Effektivität der staatlichen Durchsetzung des Gesetzes (USDOS 12.4.2022). Berichten zufolge sind besonders binnenvertriebene Frauen und Mädchen, insbesondere solche, die mit dem IS in Verbindung gebracht werden, sexueller und geschlechtsspezifischer Gewalt ausgesetzt (EMHRM 6.2021).Während sexuelle Übergriffe, wie z. B. Vergewaltigung, sowohl gegen Frauen als auch gegen Männer strafbar sind, sieht Artikel 398 des irakischen Strafgesetzbuches vor, dass Anklagen aufgrund von Vergewaltigung fallen gelassen werden können, wenn der Angreifer das Opfer heiratet (USDOS 12.4.2022; vergleiche FH 28.2.2022, UNSC 30.3.2021, StC 25.6.2021). Dies gilt sowohl im Irak als auch in der Kurdistan Region Irak (KRI) (StC 25.6.2021). Eine Bestimmung verhindert hierbei eine Scheidung innerhalb der ersten drei Ehejahre (USDOS 12.4.2022). Dies trifft auch zu, wenn das Opfer minderjährig ist (FIS 22.5.2018). Vergewaltigung innerhalb der Ehe stellt keine Straftat dar (USDOS 12.4.2022; vergleiche FH 28.2.2022). Es gab keine zuverlässigen Schätzungen über die Häufigkeit von Vergewaltigungen oder Informationen über die Effektivität der staatlichen Durchsetzung des Gesetzes (USDOS 12.4.2022). Berichten zufolge sind besonders binnenvertriebene Frauen und Mädchen, insbesondere solche, die mit dem IS in Verbindung gebracht werden, sexueller und geschlechtsspezifischer Gewalt ausgesetzt (EMHRM 6.2021).
Der Irak hat zwar eine nationale Strategie gegen Gewalt gegen Frauen und Mädchen angenommen, die Verabschiedung eines Gesetzesentwurfs zum Schutz vor häuslicher Gewalt steht jedoch noch aus (UNFPA 2020). Bemühungen des irakischen Parlaments, einen Gesetzesentwurf gegen häusliche Gewalt zu verabschieden, sind seit 2019 ins Stocken geraten (HRW 13.1.2022). Die erneuten Bemühungen irakischer Frauenrechtsorganisationen, das Parlament zur Verabschiedung eines Gesetzes zum Verbot geschlechtsspezifischer Gewalt zu bewegen, blieben erfolglos (FH 28.2.2022). Entsprechende parlamentarische Bemühungen zur Verabschiedung eines Gesetzentwurfs gegen häusliche Gewalt sind seit 2019 ins Stocken geraten (HRW 13.1.2022).
Fälle von sexueller und geschlechtsspezifischer Gewalt bleiben weitgehend ungemeldet. Gründe dafür sind fehlender Zugang zu gerichtlichen oder administrativen Mechanismen, Angst vor Stigmatisierung und Repressalien (EMHRM 6.2021; vgl. UNSC 30.3.2021) sowie fehlende strafrechtliche Verantwortung der Täter und Schutzmechanismen für Opfer (EMHRM 6.2021). Auch Angehörige der irakischen Sicherheitskräfte haben Frauen in den von ihnen kontrollierten Lagern, wie z. B. in Ninewa, belästigt und sexuell missbraucht. 2020 wurden 30 Fälle von konfliktbezogener sexueller Gewalt durch bewaffnete Akteure, hauptsächlich gegen Frauen verzeichnet, einer gegen einen inhaftierten Mann (UNSC 30.3.2021). In der KRI ist die Zahl der Frauenmorde gestiegen. In den ersten beiden Monaten des Jahres 2022 wurden in der KRI elf Frauen getötet, die meisten von ihnen durch Schüsse. 2021 waren es 45 Frauen, 2020 waren es 25 Frauen (France 24 20.3.2022).Fälle von sexueller und geschlechtsspezifischer Gewalt bleiben weitgehend ungemeldet. Gründe dafür sind fehlender Zugang zu gerichtlichen oder administrativen Mechanismen, Angst vor Stigmatisierung und Repressalien (EMHRM 6.2021; vergleiche UNSC 30.3.2021) sowie fehlende strafrechtliche Verantwortung der Täter und Schutzmechanismen für Opfer (EMHRM 6.2021). Auch Angehörige der irakischen Sicherheitskräfte haben Frauen in den von ihnen kontrollierten Lagern, wie z. B. in Ninewa, belästigt und sexuell missbraucht. 2020 wurden 30 Fälle von konfliktbezogener sexueller Gewalt durch bewaffnete Akteure, hauptsächlich gegen Frauen verzeichnet, einer gegen einen inhaftierten Mann (UNSC 30.3.2021). In der KRI ist die Zahl der Frauenmorde gestiegen. In den ersten beiden Monaten des Jahres 2022 wurden in der KRI elf Frauen getötet, die meisten von ihnen durch Schüsse. 2021 waren es 45 Frauen, 2020 waren es 25 Frauen (France 24 20.3.2022).
Frauen, die infolge einer Vergewaltigung Kinder geboren haben, haben Probleme für ihre Kinder Identitätspapiere zu erhalten und damit einhergehend Zugang zu Dienstleistungen (UNSC 30.3.2021).
Obwohl der IS ein System organisierter Vergewaltigungen, sexueller Sklaverei und Zwangsheirat von jesidischen Frauen und Mädchen und anderen Minderheiten etablierte, wurde kein IS-Mitglied wegen dieser spezifischen Verbrechen strafrechtlich verfolgt oder verurteilt (HRW 13.1.2022). Im Zuge des IS-Vormarsches auf Sinjar sollen über 5.000 jesidische Frauen und Mädchen verschleppt worden sein, von denen Hunderte später als Trophäen an IS-Kämpfer übergeben oder nach Syrien verkauft wurden. Diese Frauen wurden anschließend oftmals von ihren Familien aus Gründen der Tradition verstoßen oder sie wurden gezwungen, die aus den Zwangsehen entstandenen Kinder zu verstoßen (AA 25.10.2021).
Quellen:
AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (25.10.2021): Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak (Stand: Oktober 2021), https://www.ecoi.net/en/file/local/2063378/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Republik_Irak_%28Stand_Oktober_2021%29%2C_25.10.2021.pdf, Zugriff 1.12.2021
BS - Bertelsmann Stiftung (23.2.2022): BTI 2022 Country Report Iraq, https://www.ecoi.net/en/file/local/2069660/country_report_2022_IRQ.pdf, Zugriff 17.6.2022
EMHRM - Euro-Mediterranean Human Rights Monitor (6.2021): Exiled At Home: Internal displacement resulted from the armed conflict in Iraq and its humanitarian consequences, https://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/IraqReportEN.pdf, Zugriff 1.7.2021
FH - Freedom House (28.2.2022): Freedom in the World 2022 - Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/2068634.html, Zugriff 7.6.2022
FIS - Finnisch Immigration Service [Finnland] (22.5.2018): Overview of the status of women living without a safety net in Iraq, https://coi.easo.europa.eu/administration/finland/Plib/Report_Women_Iraq_Migri_CIS.pdf, Zugriff 14.1.2021
France 24 (20.3.2022): Deadly attacks on women rise sharply in Iraqi Kurdistan, https://www.france24.com/en/live-news/20220320-deadly-attacks-on-women-rise-sharply-in-iraqi-kurdistan, Zugriff 7.6.2022
HRW - Human Rights Watch (13.1.2022): World Report 2022 - Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/2066472.html, Zugriff 21.1.2022
HRW - Human Rights Watch (13.1.2021): World Report 2021 - Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/2043505.html, Zugriff 10.2.2021
StC - Save the Children (25.6.2021): Married by exception: Child marriage policies in the Middle East and North Africa, https://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/married_by_exception.pdf, Zugriff 28.6.2021
UNFPA - United Nations Population Fund (2020): The National Strategy to Combat Violence against Women and Girls 2018-2030, https://iraq.unfpa.org/sites/default/files/pub-pdf/the_national_strategy_to_combat_violence_against_women_and_girls_2018-2030.pdf, Zugriff 1.4.2021
UNSC - UN Security Council (30.3.2021): Conflict-related sexual violence; Report of the Secretary-General [S/2021/312], https://www.ecoi.net/en/file/local/2049397/S_2021_312_E.pdf, Zugriff 1.4.2021
USDOS - US Department of State [USA] (12.4.2022): 2021 Country Report on Human Rights Practices: Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/2071125.html, Zugriff 7.6.2022
USDOS - US Department of State [USA] (30.3.2021): 2020 Country Report on Human Rights Practices: Iraq, https://www.ecoi.net/en/document/2048100.html, Zugriff 1.4.2021
Schutzmaßnahmen, Schutzeinrichtungen, Frauenhäuser
Letzte Änderung: 12.08.2022
Das Innenministerium unterhält 16 Familienschutzeinheiten im ganzen Land, die dafür bestimmt sind, häusliche Streitigkeiten zu lösen und sichere Zufluchtsorte für Opfer sexueller oder geschlechtsspezifischer Gewalt zu schaffen. Diese Einheiten tendieren jedoch dazu, der Familienversöhnung Vorrang vor dem Opferschutz einzuräumen und verfügen nicht über die Fähigkeit, Opfer zu unterstützen. NGOs zufolge meiden es Opfer häuslicher Gewalt, sich an die Familienschutzeinheiten zu wenden, weil sie vermuten, dass die Polizei ihre Familien über ihre Aussage informieren würde. Einige Stammesführer im Süden des Irak haben Berichten zufolge ihren Stammesmitgliedern verboten, sich an Familienschutzeinheiten der Polizei zu wenden (USDOS 12.4.2022).
Die meisten Familienschutzeinheiten unterhalten keine Schutzräumlichkeiten für Opfer häuslicher Gewalt (USDOS 12.4.2022). NGOs ist es nicht explizit verboten, Schutzhäuser zu betreiben. Per Gesetz muss der Betrieb von Schutzhäusern durch das Arbeits- und Sozialministerium genehmigt werden. NGOs wurde ein solcher Betrieb jedoch nicht erlaubt (USDOS 11.3.2020). Manche NGOs betreiben daher inoffizielle Schutzhäuser unter der Gefahr strafrechtlicher Verfolgung (USDOS 11.3.2020; vgl. Al Jazeera 12.2.2021). So betreibt die Organisation für die Freiheit der Frauen im Irak mehrere Frauenhäuser in Bagdad. Im Jahr 2020 hat die Regierung ein gerichtliches Auflösungsverfahren gegen die Organisation eingeleitet. Ihr wird die Spaltung von Familien, die Ausbeutung von Frauen und Fluchthilfe vorgeworfen (Al Jazeera 12.2.2021). UNFPA unterstützt fünf Frauenhäuser im gesamten Irak, davon eines in Bagdad, mit einem Aufnahmevermögen von 80 Personen in zehn Schlafräumen sowie einem Beratungsraum und einem Raum für psychosoziale Unterstützung (UNFPA 20.2.2019). Aufgrund von Druck durch die Gemeinschaften, die Frauenhäuser häufig als Bordelle ansehen, werden diese regelmäßig durch das Ministerium geschlossen, um später an anderer Örtlichkeit wieder eröffnet zu werden. Manchmal werden Schutzhäuser Ziel von Gewalt. (USDOS 11.3.2020).Die meisten Familienschutzeinheiten unterhalten keine Schutzräumlichkeiten für Opfer häuslicher Gewalt (USDOS 12.4.2022). NGOs ist es nicht explizit verboten, Schutzhäuser zu betreiben. Per Gesetz muss der Betrieb von Schutzhäusern durch das Arbeits- und Sozialministerium genehmigt werden. NGOs wurde ein solcher Betrieb jedoch nicht erlaubt (USDOS 11.3.2020). Manche NGOs betreiben daher inoffizielle Schutzhäuser unter der Gefahr strafrechtlicher Verfolgung (USDOS 11.3.2020; vergleiche Al Jazeera 12.2.2021). So betreibt die Organisation für die Freiheit der Frauen im Irak mehrere Frauenhäuser in Bagdad. Im Jahr 2020 hat die Regierung ein gerichtliches Auflösungsverfahren gegen die Organisation eingeleitet. Ihr wird die Spaltung von Familien, die Ausbeutung von Frauen und Fluchthilfe vorgeworfen (Al Jazeera 12.2.2021). UNFPA unterstützt fünf Frauenhäuser im gesamten Irak, davon eines in Bagdad, mit einem Aufnahmevermögen von 80 Personen in zehn Schlafräumen sowie einem Beratungsraum und einem Raum für psychosoziale Unterstützung (UNFPA 20.2.2019). Aufgrund von Druck durch die Gemeinschaften, die Frauenhäuser häufig als Bordelle ansehen, werden diese regelmäßig durch das Ministerium geschlossen, um später an anderer Örtlichkeit wieder eröffnet zu werden. Manchmal werden Schutzhäuser Ziel von Gewalt. (USDOS 11.3.2020).
Die Regierung hat am 1.3.2021 das Gesetz über weibliche Überlebende von IS-Verbrechen (Jesidinnen, Turkmeninnen, Christinnen und Shabak) erlassen (UNSC 3.8.2021; vgl. DW 26.3.2021, HRW 13.1.2022, OHCHR 21.4.2021). Das Gesetz sieht eine Entschädigung für die Überlebenden von IS-Verbrechen und Maßnahmen zu ihrer Rehabilitierung und Wiedereingliederung in die Gesellschaft sowie zur Verhinderung solcher Verbrechen in der Zukunft vor (HRW 13.1.2022; vgl. OHCHR 21.4.2021). Das neue Gesetz sieht vor, dass der Irak den Opfern ein monatliches Stipendium, Wohngrundstücke oder kostenlosen Wohnraum (DW 26.3.2021; vgl. OHCHR 21.4.2021) sowie psychologische Unterstützung gewährt (DW 26.3.2021). Überlebende von IS-Angriffen werden außerdem bei der Einstellung von 2% aller Stellen im öffentlichen Sektor bevorzugt (DW 26.3.2021; vgl. OHCHR 21.4.2021). Im Mai 2021 hat der Ministerrat eine Generaldirektion für die Angelegenheiten der jesidischen Überlebenden eingerichtet, die dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales untersteht, und ernannte eine jesidische Juristin zur Generaldirektorin (UNSC 3.8.2021). Im September 2021 verabschiedete das Parlament die notwendigen Verordnungen zur Umsetzung des Gesetzes, aber bis November waren kaum Fortschritte bei der Anwendung des Gesetzes erzielt worden (HRW 13.1.2022).Die Regierung hat am 1.3.2021 das Gesetz über weibliche Überlebende von IS-Verbrechen (Jesidinnen, Turkmeninnen, Christinnen und Shabak) erlassen (UNSC 3.8.2021; vergleiche DW 26.3.2021, HRW 13.1.2022, OHCHR 21.4.2021). Das Gesetz sieht eine Entschädigung für die Überlebenden von IS-Verbrechen und Maßnahmen zu ihrer Rehabilitierung und Wiedereingliederung in die Gesellschaft sowie zur Verhinderung solcher Verbrechen in der Zukunft vor (HRW 13.1.2022; vergleiche OHCHR 21.4.2021). Das neue Gesetz sieht vor, dass der Irak den Opfern ein monatliches Stipendium, Wohngrundstücke oder kostenlosen Wohnraum (DW 26.3.2021; vergleiche OHCHR 21.4.2021) sowie psychologische Unterstützung gewährt (DW 26.3.2021). Überlebende von IS-Angriffen werden außerdem bei der Einstellung von 2% aller Stellen im öffentlichen Sektor bevorzugt (DW 26.3.2021; vergleiche OHCHR 21.4.2021). Im Mai 2021 hat der Ministerrat eine Generaldirektion für die Angelegenheiten der jesidischen Überlebenden eingerichtet, die dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales untersteht, und ernannte eine jesidische Juristin zur Generaldirektorin (UNSC 3.8.2021). Im September 2021 verabschiedete das Parlament die notwendigen Verordnungen zur Umsetzung des Gesetzes, aber bis November waren kaum Fortschritte bei der Anwendung des Gesetzes erzielt worden (HRW 13.1.2022).
Kurdistan Region Irak (KRI)
Im Jahr 2011 wurde vom kurdischen Regionalparlament Gesetz Nr. 8 zur Bekämpfung von häuslicher Gewalt erlassen (PKI 21.6.2011). Häusliche Gewalt, einschließlich physischer und psychischer Misshandlung, Gewaltandrohung und Vergewaltigung in der Ehe stehen unter Strafe, und die Behörden setzen das Gesetz um (USDOS 12.4.2022). Die Richtlinien werden in der Praxis jedoch nicht durchgängig umgesetzt (AA 25.10.2021). Es gibt eine spezielle Polizeieinheit zur Untersuchung von Fällen geschlechtsspezifischer Gewalt und ein Familienversöhnungskomitee innerhalb des Justizsystems. Lokale NGOs berichten jedoch, dass diese Programme bei der Bekämpfung von geschlechtsspezifischer Gewalt nicht effektiv sind (USDOS 12.4.2022). Die kurdische Regionalregierung hat ihre Anstrengungen zum Schutz von Frauen verstärkt. So wurden im Innenministerium vier Abteilungen zum Schutz von weiblichen Opfern von (familiärer) Gewalt sowie vier staatliche Frauenhäuser eingerichtet. Zwei weitere werden von NGOs betrieben (AA 25.10.2021; vgl. USDOS 12.4.2022). Die staatlichen Frauenhäuser werden vom Arbeits- und Sozialministerium betrieben (USDOS 12.4.2022), bzw. vom Direktorat für die Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen. Um dort aufgenommen zu werden, benötigen Frauen grundsätzlich einen Gerichtsbeschluss. In dringenden Fällen kann eine Frau jedoch direkt das Frauenhaus betreten, wobei ein Gerichtsbeschluss nachträglich beantragt werden muss. Die Frauen in den Frauenhäusern dürfen die Schutzeinrichtungen nicht ohne Gerichtsbeschluss verlassen. Familienangehörige dürfen die Frauen auch ohne deren Zustimmung sehen (UK Home Office 3.2021).Im Jahr 2011 wurde vom kurdischen Regionalparlament Gesetz Nr. 8 zur Bekämpfung von häuslicher Gewalt erlassen (PKI 21.6.2011). Häusliche Gewalt, einschließlich physischer und psychischer Misshandlung, Gewaltandrohung und Vergewaltigung in der Ehe stehen unter Strafe, und die Behörden setzen das Gesetz um (USDOS 12.4.2022). Die Richtlinien werden in der Praxis jedoch nicht durchgängig umgesetzt (AA 25.10.2021). Es gibt eine spezielle Polizeieinheit zur Untersuchung von Fällen geschlechtsspezifischer Gewalt und ein Familienversöhnungskomitee innerhalb des Justizsystems. Lokale NGOs berichten jedoch, dass diese Programme bei der Bekämpfung von geschlechtsspezifischer Gewalt nicht effektiv sind (USDOS 12.4.2022). Die kurdische Regionalregierung hat ihre Anstrengungen zum Schutz von Frauen verstärkt. So wurden im Innenministerium vier Abteilungen zum Schutz von weiblichen Opfern von (familiärer) Gewalt sowie vier staatliche Frauenhäuser eingerichtet. Zwei weitere werden von NGOs betrieben (AA 25.10.2021; vergleiche USDOS 12.4.2022). Die staatlichen Frauenhäuser werden vom Arbeits- und Sozialministerium betrieben (USDOS 12.4.2022), bzw. vom Direktorat für die Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen. Um dort aufgenommen zu werden, benötigen Frauen grundsätzlich einen Gerichtsbeschluss. In dringenden Fällen kann eine Frau jedoch direkt das Frauenhaus betreten, wobei ein Gerichtsbeschluss nachträglich beantragt werden muss. Die Frauen in den Frauenhäusern dürfen die Schutzeinrichtungen nicht ohne Gerichtsbeschluss verlassen. Familienangehörige dürfen die Frauen auch ohne deren Zustimmung sehen (UK Home Office 3.2021).
Die vier behördlichen kurdischen Frauenhäuser befinden sich in Dohuk, Erbil, Sulaymaniyah und Germian und werden von UNFPA unterstützt (UNFPA 2019). Es gibt jedenfalls nur eine begrenzte Anzahl an Plätzen (USDOS 12.4.2022) mit Kapazitäten von 20 bis 40 Plätzen (UNFPA 2019; vgl. UK Home Office 3.2021). Psychologische und therapeutische Dienste für betroffene Frauen sind unzureichend. NGOs spielen bei der Bereitstellung von Dienstleistungen, einschließlich Rechtshilfe für Opfer häuslicher Gewalt, eine wichtige Rolle. Die Behörden setzen auf Familienversöhnung (USDOS 12.4.2022). Die vier behördlichen kurdischen Frauenhäuser befinden sich in Dohuk, Erbil, Sulaymaniyah und Germian und werden von UNFPA unterstützt (UNFPA 2019). Es gibt jedenfalls nur eine begrenzte Anzahl an Plätzen (USDOS 12.4.2022) mit Kapazitäten von 20 bis 40 Plätzen (UNFPA 2019; vergleiche UK Home Office 3.2021). Psychologische und therapeutische Dienste für betroffene Frauen sind unzureichend. NGOs spielen bei der Bereitstellung von Dienstleistungen, einschließlich Rechtshilfe für Opfer häuslicher Gewalt, eine wichtige Rolle. Die Behörden setzen auf Familienversöhnung (USDOS 12.4.2022).
Vereinzelt werden Frauen "zum eigenen Schutz" inhaftiert. Einige Frauen werden mangels Notunterkünften obdachlos (USDOS 11.3.2020). Anstatt Rechtsmittel einzulegen, vermittelten die Behörden häufig zwischen betroffenen Frauen und ihren Familien, damit die Frauen in ihre Häuser zurückkehren können. Abgesehen von einer Eheschließung oder der Rückkehr zu ihren Familien, was häufig zu einer weiteren Bestrafung durch die Familie oder die Gemeinschaft führt, gibt es für die in den Frauenhäusern untergebrachten Frauen nur wenige Alternativen (USDOS 12.4.2022).
Quellen:
AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (25.10.2021): Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak (Stand: Oktober 2021), https://www.ecoi.net/en/file/local/2063378/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Republik_Irak_%28Stand_Oktober_2021%29%2C_25.10.2021.pdf, Zugriff 1.12.2021
Al Jazeera (12.2.2021): Iraqi women struggle to escape abuse as domestic violence rises, https://www.aljazeera.com/features/2021/2/12/iraqi-women-struggle-to-escape-abuse-as-domestic-violence-rises, Zugriff 3.3.2021
DW - Deutsche Welle (26.3.2021): Iraq's Yazidis warn of ongoing threats from extremists, https://www.dw.com/en/iraq-yazidi-law-warning/a-56993162, Zugriff 15.5.2021
HRW - Human Rights Watch (13.1.2022): World Report 2022 - Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/2066472.html, Zugriff 21.1.2022
OHCHR - Office of the High Commissioner for Human Rights (21.4.2021): Iraq: UN expert welcomes law to aid ISIL atrocity survivors, but more needs to be done for children born from rape, https://www.ohchr.org/EN/NewsEvents/Pages/DisplayNews.aspx?NewsID=27018&LangID=E, Zugriff 22.1.2022
PKI - The Parliament of Kurdistan – Iraq [Irak] (21.6.2011): Act No. 8 from 2011, The Act of Combating Domestic Violence in Kurdistan Region-Iraq, http://www.ekrg.org/files/pdf/combat_domestic_violence_english.pdf, Zugriff 1.4.2021
UK Home Office [UK] (3.2021): Country Policy and Information Note Iraq: ‘Honour’ crimes, https://www.ecoi.net/en/file/local/2048206/Iraq_-_Honour_Crimes_-_CPIN_-_v2.0_-_March_2021_-_EXT.pdf, Zugriff 1.4.2021
UNFPA - United Nations Population Fund (2019): UNFPA-Supported Women Shelters - Offering Women a Second Chance, https://iraq.unfpa.org/sites/default/files/resource-pdf/Women%20shelters%3B%20Giving%20survivors%20a%20second%20chance.pdf, Zugriff 3.3.2021
UNFPA - United Nations Population Fund (20.2.2019): The First Lady of Iraq and the UN SRSG visit the UNFPA-Supported Women Shelter in Baghdad, https://iraq.unfpa.org/en/news/first-lady-iraq-and-un-srsg-visit-unfpa-supported-women-shelter-baghdad, Zugriff 3.3.2021
UNSC - UN Security Council (3.8.2021): Implementation of resolution 2576 (2021); Report of the Secretary-General [S/2021/700], https://www.ecoi.net/en/file/local/2058500/S_2021_700_E.pdf, Zugriff 15.5.2021
USDOS - US Department of State [USA] (12.4.2022): 2021 Country Report on Human Rights Practices: Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/2071125.html, Zugriff 7.6.2022
USDOS - US Department of State [USA] (30.3.2021): 2020 Country Report on Human Rights Practices: Iraq, https://www.ecoi.net/en/document/2048100.html, Zugriff 1.4.2021
USDOS - US Department of State [USA] (11.3.2020): Country Report on Human Rights Practices 2019 – Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026340.html, Zugriff 2.2.2021
Zwangsehen, Kinderehen, temporäre Ehen, Blutgeld-Ehe (Fasliya)
Letzte Änderung: 12.08.2022
Zwangs- und Kinderehen sind weit verbreitet, insbesondere im Zusammenhang mit Vertreibung und Armut (FH 28.2.2022; vgl. AA 14.10.2020). Traditionelle Formen von arrangierten, frühen und erzwungenen Ehen sind besonders unter der überwiegend ungebildeten ländlichen und der Stammesbevölkerung vertreten (UK Home Office 3.2021). Rund 24 % der Frauen werden als Mädchen vor ihrem 18. Lebensjahr verheiratet (AA 25.10.2021; vgl. FH 28.2.2022). Zwangs- und Kinderehen sind weit verbreitet, insbesondere im Zusammenhang mit Vertreibung und Armut (FH 28.2.2022; vergleiche AA 14.10.2020). Traditionelle Formen von arrangierten, frühen und erzwungenen Ehen sind besonders unter der überwiegend ungebildeten ländlichen und der Stammesbevölkerung vertreten (UK Home Office 3.2021). Rund 24 % der Frauen werden als Mädchen vor ihrem 18. Lebensjahr verheiratet (AA 25.10.2021; vergleiche FH 28.2.2022).
Das gesetzliche Mindestalter für eine Eheschließung beträgt mit elterlicher Erlaubnis 15 Jahre, ohne Erlaubnis 18 Jahre (USDOS 12.4.2022; vgl. FH 28.2.2022). Berichten zufolge unternimmt die Regierung jedoch wenig Anstrengungen, um dieses Gesetz durchzusetzen. Traditionelle Zwangsverheiratungen von Mädchen, Kinderehen und sogenannte Ehen auf Zeit (zawaj al-mut‘a) finden im ganzen Land statt (USDOS 12.4.2022). Zwangs-Kinderehen werden als passive Bewältigungsmechanismen für vertriebene, in Armut lebende Familien mit nachteiligen Lebensumständen eingesetzt (EMHRM 6.2021). Das Gesetz stellt Zwangsverheiratungen unter Strafe, macht aber vollzogene Zwangsverheiratungen nicht automatisch ungültig (USDOS 12.4.2022). Das gesetzliche Mindestalter für eine Eheschließung beträgt mit elterlicher Erlaubnis 15 Jahre, ohne Erlaubnis 18 Jahre (USDOS 12.4.2022; vergleiche FH 28.2.2022). Berichten zufolge unternimmt die Regierung jedoch wenig Anstrengungen, um dieses Gesetz durchzusetzen. Traditionelle Zwangsverheiratungen von Mädchen, Kinderehen und sogenannte Ehen auf Zeit (zawaj al-mut‘a) finden im ganzen Land statt (USDOS 12.4.2022). Zwangs-Kinderehen werden als passive Bewältigungsmechanismen für vertriebene, in Armut lebende Familien mit nachteiligen Lebensumständen eingesetzt (EMHRM 6.2021). Das Gesetz stellt Zwangsverheiratungen unter Strafe, macht aber vollzogene Zwangsverheiratungen nicht automatisch ungültig (USDOS 12.4.2022).
Ehen auf Zeit oder sogenannte Vergnügungs-Ehen sind ein Problem im Irak (StC 25.6.2021). Ehe auf Zeit ist eine im zwölferschiitischen Islam erlaubte Möglichkeit auf religiös gebilligten Geschlechtsverkehr. Im sunnitischen Islam sind diese Ehen nicht erlaubt, auch wenn manche sunnitische Geistliche eine ähnliche Form der Ehe auf Zeit, misyar, gestatten (BBC 4.10.2019). Dabei werden junge Mädchen und Frauen für kurze Zeit mit älteren Männern verheiratet (StC 25.6.2021). Zwangsehen und Ehen auf Zeit werden benutzt, um Frauen und Mädchen innerhalb des Irak zum Zweck der sexuellen Ausbeutung zu verkaufen (OHCHR 11.11.2019; vgl. USDOS 12.4.2022). Dabei zahlt ein Mann der Familie der Betroffenen eine Mitgift für die Erlaubnis, sie für einen bestimmten Zeitraum zu heiraten. Besonders junge Frauen, die durch den Konflikt mit dem IS verwitwet oder verwaist sind, werden für diese Art der Ausbeutung als anfällig angesehen (USDOS 30.3.2021). Viele Frauen und Mädchen sind durch Flucht und Verfolgung besonders gefährdet. Es gibt vermehrt Berichte, dass Mädchen in Flüchtlingslagern zur Heirat gezwungen werden. Dies geschieht entweder, um ihnen ein vermeintlich besseres Leben zu ermöglichen, oder um ihre Familien finanziell zu unterstützen. Häufig werden die Ehen nach kurzer Zeit wieder annulliert, mit verheerenden Folgen für die betroffenen Mädchen (AA 22.1.2021).Ehen auf Zeit oder sogenannte Vergnügungs-Ehen sind ein Problem im Irak (StC 25.6.2021). Ehe auf Zeit ist eine im zwölferschiitischen Islam erlaubte Möglichkeit auf religiös gebilligten Geschlechtsverkehr. Im sunnitischen Islam sind diese Ehen nicht erlaubt, auch wenn manche sunnitische Geistliche eine ähnliche Form der Ehe auf Zeit, misyar, gestatten (BBC 4.10.2019). Dabei werden junge Mädchen und Frauen für kurze Zeit mit älteren Männern verheiratet (StC 25.6.2021). Zwangsehen und Ehen auf Zeit werden benutzt, um Frauen und Mädchen innerhalb des Irak zum Zweck der sexuellen Ausbeutung zu verkaufen (OHCHR 11.11.2019; vergleiche USDOS 12.4.2022). Dabei zahlt ein Mann der Familie der Betroffenen eine Mitgift für die Erlaubnis, sie für einen bestimmten Zeitraum zu heiraten. Besonders junge Frauen, die durch den Konflikt mit dem IS verwitwet oder verwaist sind, werden für diese Art der Ausbeutung als anfällig angesehen (USDOS 30.3.2021). Viele Frauen und Mädchen sind durch Flucht und Verfolgung besonders gefährdet. Es gibt vermehrt Berichte, dass Mädchen in Flüchtlingslagern zur Heirat gezwungen werden. Dies geschieht entweder, um ihnen ein vermeintlich besseres Leben zu ermöglichen, oder um ihre Familien finanziell zu unterstützen. Häufig werden die Ehen nach kurzer Zeit wieder annulliert, mit verheerenden Folgen für die betroffenen Mädchen (AA 22.1.2021).
Fasliya bezeichnet eine traditionelle Stammespraxis zur Schlichtung von Konflikten, bei der Frauen eines Stammes mit Männern eines verfeindeten Stammes als Entschädigung für Mord bzw. für die Verletzung von Mitgliedern des anderen Stammes verheiratet werden (USDOS 12.4.2022; vgl. Musawah 11.2019). Dies geschieht ohne die Zustimmung der betreffenden Frauen (Musawah 11.2019). Ende der 1950er Jahre wurde die Blutgeld-Ehe gesetzlich verboten (Al-Monitor 18.6.2015). Es kommt jedoch nach wie vor zu Blutgeld-Ehen zur Beilegung von Stammeskonflikten (UK Home Office 3.2021; vgl. USDOS 12.4.2022). Diese Tradition wird besonders in Gebieten fortgesetzt, in denen der Einfluss der Stämme größer als der staatlicher Institutionen ist. Großayatollah as-Sistani fordert ein Ende dieser Praxis (USDOS 12.4.2022).Fasliya bezeichnet eine traditionelle Stammespraxis zur Schlichtung von Konflikten, bei der Frauen eines Stammes mit Männern eines verfeindeten Stammes als Entschädigung für Mord bzw. für die Verletzung von Mitgliedern des anderen Stammes verheiratet werden (USDOS 12.4.2022; vergleiche Musawah 11.2019). Dies geschieht ohne die Zustimmung der betreffenden Frauen (Musawah 11.2019). Ende der 1950er Jahre wurde die Blutgeld-Ehe gesetzlich verboten (Al-Monitor 18.6.2015). Es kommt jedoch nach wie vor zu Blutgeld-Ehen zur Beilegung von Stammeskonflikten (UK Home Office 3.2021; vergleiche USDOS 12.4.2022). Diese Tradition wird besonders in Gebieten fortgesetzt, in denen der Einfluss der Stämme größer als der staatlicher Institutionen ist. Großayatollah as-Sistani fordert ein Ende dieser Praxis (USDOS 12.4.2022).
Im Jahr 2011 hat das kurdische Regionalparlament mit Gesetzt Nr. 8 ein Gesetz zur Bekämpfung von häuslicher Gewalt erlassen, das auch die Zwangsehe, die Kinderehe und die Blutgeld-Ehe unter Strafe stellt (PKI 21.6.2011). Das gesetzliche Mindestalter für eine Eheschließung mit elterlicher Erlaubnis beträgt in der Kurdistan Region Irak (KRI) 16 Jahre, ohne Erlaubnis 18 Jahre (USDOS 12.4.2022).
Nach Angaben des Hohen Rates für Frauenangelegenheiten der Kurdischen Regionalregierung (KRG) tragen Flüchtlinge und IDPs in der KRI zu einer zunehmenden Zahl an Kinderehen und Polygamie bei. Die KRG hat die Polizei und Beamte des Büros zur Bekämpfung häuslicher Gewalt beauftragt, Eltern davon abzuhalten, ihre Kinder zwangssweise zu verheiraten und führt Aufklärungskampagnen zur Bekämpfung sexueller Gewalt durch (USDOS 12.4.2022). Das Gesetz der KRG stellt Zwangsheirat unter Strafe und setzt vollzogene Zwangsehen aus, macht sie aber nicht automatisch ungültig (USDOS 12.4.2022). Der kurdische Hohen Rat für Frauenangelegenheiten hat mit Unterstützung von UNFPA einen Plan zur Verringerung der Kinderheirat entwickelt, der sich auf Aufklärung konzentriert (StC 25.6.2021).
Quellen:
AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (25.10.2021): Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak (Stand: Oktober 2021), https://www.ecoi.net/en/file/local/2063378/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Republik_Irak_%28Stand_Oktober_2021%29%2C_25.10.2021.pdf, Zugriff 1.12.2021
AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (22.1.2021): Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak (Stand: Januar 2021), https://www.ecoi.net/en/file/local/2057645/Deutschland___Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Republik_Irak_%28Stand_Januar_2021%29%2C_22.01.2021.pdf, Zugriff 3.3.2021
AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (14.10.2020): Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak (Stand: März 2020), https://www.ecoi.net/en/file/local/2040689/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%BCber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Republik_Irak_%28Stand_M%C3%A4rz_2020%29%2C_14.10.2020.pdf, Zugriff 3.3.2021
Al-Monitor (18.6.2015): Blood money marriage makes comeback in Iraq, https://www.al-monitor.com/pulse/originals/2015/06/iraq-tribes-women-blood-money-marriage-dispute-settlement.html, Zugriff 3.3.2021
BBC News (4.10.2019): The teenager married too many times to count, https://www.bbc.co.uk/news/extra/iuKTEGjKgS/teenage_iraq_brides, Zugriff 3.3.2021
EMHRM - Euro-Mediterranean Human Rights Monitor (6.2021): Exiled At Home: Internal displacement resulted from the armed conflict in Iraq and its humanitarian consequences, https://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/IraqReportEN.pdf, Zugriff 1.7.2021
FH - Freedom House (28.2.2022): Freedom in the World 2022 - Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/2068634.html, Zugriff 7.6.2022
Musawah, publiziert durch CEDAW - UN Committee on the Elimination of Discrimination Against Women (11.2019): Thematic Report on Article 16, Muslim Family Law and Muslim Women's Rights in Iraq; 74th CEDAW Session, https://tbinternet.ohchr.org/Treaties/CEDAW/Shared Documents/IRQ/INT_CEDAW_CSS_IRQ_37333_E.docx, Zugriff 1.4.2021
OHCHR - Office of the High Commissioner for Human Rights (11.11.2019): UN women’s rights experts issue findings on Andorra, Bosnia and Herzegovina, Cambodia, Iraq, Kazakhstan, Lithuania, and Seychelles, https://www.ohchr.org/EN/NewsEvents/Pages/DisplayNews.aspx?NewsID=25277&LangID=E, Zugriff 1.4.2021
PKI - The Parliament of Kurdistan – Iraq [Irak] (21.6.2011): Act No. 8 from 2011, The Act of Combating Domestic Violence in Kurdistan Region-Iraq, http://www.ekrg.org/files/pdf/combat_domestic_violence_english.pdf, Zugriff 1.4.2021
StC - Save the Children (25.6.2021): Married by exception: Child marriage policies in the Middle East and North Africa, https://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/married_by_exception.pdf, Zugriff 28.6.2021
UK Home Office [UK] (3.2021): Country Policy and Information Note Iraq: ‘Honour’ crimes, https://www.ecoi.net/en/file/local/2048206/Iraq_-_Honour_Crimes_-_CPIN_-_v2.0_-_March_2021_-_EXT.pdf, Zugriff 1.4.2021
USDOS - US Department of State [USA] (12.4.2022): 2021 Country Report on Human Rights Practices: Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/2071125.html, Zugriff 7.6.2022
Ehrenverbrechen an Frauen
Letzte Änderung: 12.08.2022
Als Ehrenverbrechen werden Praktiken beschrieben, die zur Verhaltenskontrolle innerhalb von Familien oder sozialen Gruppen eingesetzt werden, um wahrgenommene kulturelle und religiöse Überzeugungen und/oder die Ehre zu schützen (CPS o.D.). Ehrenverbrechen können auftreten, wenn die Täter der Meinung sind, dass eine Person die Familie und/oder die Gemeinschaft beschämt hat, indem diese ihren Ehrenkodex gebrochen hat (CPS o.D.), bzw. "Schande" über die Familie oder den Stamm gebracht hat. Ehrenverbrechen werden oft in Form von Mord begangen, obwohl sie auch andere Arten der Gewalt umfassen können, wie z.B. körperliche Misshandlung, Einsperren, Einschränkung der Bewegungsfreiheit, Entzug von Bildung, Zwangsverheiratung, erzwungener Selbstmord und öffentliche Schändung bzw. "Entehrung" (MRG 11.2015). Die Familien- und die individuelle Ehre wird ausschließlich von Männern gehalten und kann verloren oder wiedergewonnen werden. Frauen dagegen können nur eine Quelle der Familien- oder individuellen "Schande" sein, und können nicht aktiv Ehre in ihre Familie oder ihren Stamm bringen (TCF 7.11.2019).
Ehrendelikte werden überwiegend von männlichen Familienmitgliedern gegen weibliche Familienmitglieder verübt, obwohl gelegentlich auch Männer Opfer solcher Gewalt werden können. Ehrenverbrechen werden meist begangen, nachdem eine Frau eines der folgenden Dinge getan hat bzw. dessen verdächtigt wird: Freundschaft oder voreheliche Beziehung mit einem Mann; Weigerung, einen von der Familie ausgewählten Mann zu heiraten; Heirat gegen den Willen der Familie; Ehebruch; Opfer einer Vergewaltigung oder Entführung geworden zu sein. Solche Verletzungen der Ehre werden als unverzeihlich angesehen. In den meisten Fällen wird die Tötung der Frau, manchmal auch die des Mannes, als der einzige Weg gesehen, die Ehrverletzung zu sühnen (MRG 11.2015).
Ehrenmorde bleiben auch weiterhin ein ernstes Problem im ganzen Land (USDOS 12.4.2022; vgl. EASO 1.2021, AA 25.10.2021). Ehrenverbrechen kommen in allen Teilen des Landes vor und beschränken sich nicht auf bestimmte ethnische oder religiöse Gruppen (EASO 1.2021). Das Ausmaß der Ehrenmorde ist aufgrund einer hohen Dunkelziffer nicht bekannt (UK Home Office 3.2021). UNAMI berichtete 2018, dass jedes Jahr mehrere hundert Frauen durch Ehrenmorde sterben. Einige Familien sollen Ehrenmorde so arrangiert haben, dass sie wie Selbstmord aussehen (UK Home Office 3.2021; vgl. USDOS 12.4.2022). Obwohl einige Gemeinschaften Dekrete erlassen und Schritte unternommen haben, um Frauen von der vermeintlichen Schuld freizusprechen, die mit ihrer sexuellen Ausbeutung durch IS-Kämpfer verbunden ist, bleiben Ehrenmorde ein Risiko (USDOS 12.4.2022). Ehrenmorde bleiben auch weiterhin ein ernstes Problem im ganzen Land (USDOS 12.4.2022; vergleiche EASO 1.2021, AA 25.10.2021). Ehrenverbrechen kommen in allen Teilen des Landes vor und beschränken sich nicht auf bestimmte ethnische oder religiöse Gruppen (EASO 1.2021). Das Ausmaß der Ehrenmorde ist aufgrund einer hohen Dunkelziffer nicht bekannt (UK Home Office 3.2021). UNAMI berichtete 2018, dass jedes Jahr mehrere hundert Frauen durch Ehrenmorde sterben. Einige Familien sollen Ehrenmorde so arrangiert haben, dass sie wie Selbstmord aussehen (UK Home Office 3.2021; vergleiche USDOS 12.4.2022). Obwohl einige Gemeinschaften Dekrete erlassen und Schritte unternommen haben, um Frauen von der vermeintlichen Schuld freizusprechen, die mit ihrer sexuellen Ausbeutung durch IS-Kämpfer verbunden ist, bleiben Ehrenmorde ein Risiko (USDOS 12.4.2022).
Das Strafgesetzbuch des Irak sieht für Gewalttaten aus "ehrenhaften Motiven", inklusive Ehrenmorde, milde, reduzierte Strafen vor (FH 28.2.2022; vgl. HRW 13.1.2022, StC 25.6.2021, AA 25.10.2021). In Fällen von Gewalt gegen Frauen erlaubt das irakische Recht zudem den Grund der "Ehre" als rechtmäßige Verteidigung. Wenn ein Mann des Mordes an einer Frau angeklagt wird, die er getötet haben soll, weil sie des Ehebruchs verdächtigt worden war, begrenzt das Gesetz seine mögliche Strafe auf maximal drei Jahre Gefängnis (USDOS 12.4.2022). Strafen für Ehrenverbrechen sind selten (FH 28.2.2022; vgl. EASO 1.2021).Das Strafgesetzbuch des Irak sieht für Gewalttaten aus "ehrenhaften Motiven", inklusive Ehrenmorde, milde, reduzierte Strafen vor (FH 28.2.2022; vergleiche HRW 13.1.2022, StC 25.6.2021, AA 25.10.2021). In Fällen von Gewalt gegen Frauen erlaubt das irakische Recht zudem den Grund der "Ehre" als rechtmäßige Verteidigung. Wenn ein Mann des Mordes an einer Frau angeklagt wird, die er getötet haben soll, weil sie des Ehebruchs verdächtigt worden war, begrenzt das Gesetz seine mögliche Strafe auf maximal drei Jahre Gefängnis (USDOS 12.4.2022). Strafen für Ehrenverbrechen sind selten (FH 28.2.2022; vergleiche EASO 1.2021).
In der Kurdistan Region Irak (KRI) wurden "Ehrenmorde" durch eine Abänderung des irakischen Strafrechts im Jahr 2015 anderen Morden strafrechtlich gleichgestellt. In einigen gesellschaftlichen Gruppen gilt der "Ehrenmord" aber immer noch als rechtfertigbar (AA 25.10.2021). Offizielle Daten der Kurdischen Regionalregierung (KRG) nennen in der KRI 50 Ehrenmorde im Jahr 2017, 46 im Jahr 2018 und 120 im Jahr 2019 (BS 23.2.2022, S.14). Die Generaldirektion für die Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen des Innenministeriums der Kurdischen Regionalregierung (KRG) hat für 2021 bis September 19 Fälle von Ehrenmord bestätigt (USDOS 12.4.2022). Im übrigen Irak werden Tötungen in der Familie von den Behörden nur unzureichend gemeldet, weshalb es keine genauen Daten über geschlechtsspezifische Gewalt gibt. Beobachter gehen jedoch davon aus, dass die Situation für Frauen im föderalen Irak schlechter ist als in der KRI (BS 23.2.2022, S.14).
Quellen:
AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (25.10.2021): Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak (Stand: Oktober 2021), https://www.ecoi.net/en/file/local/2063378/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Republik_Irak_%28Stand_Oktober_2021%29%2C_25.10.2021.pdf, Zugriff 1.12.2021
BS - Bertelsmann Stiftung (23.2.2022): BTI 2022 Country Report Iraq, https://www.ecoi.net/en/file/local/2069660/country_report_2022_IRQ.pdf, Zugriff 17.6.2022
CPS - The Crown Prosecution Service [UK] (o.D.): Honour Based Violence and Forced Marriage, https://www.cps.gov.uk/publication/honour-based-violence-and-forced-marriage, Zugriff 1.4.2021
EASO – European Asylum Support Office (1.2021): Country Guidance: Iraq; Common analysis and guidance note, https://www.ecoi.net/en/file/local/2045437/Country_Guidance_Iraq_2021.pdf, Zugriff 3.3.2021
FH - Freedom House (28.2.2022): Freedom in the World 2022 - Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/2068634.html, Zugriff 7.6.2022
HRW - Human Rights Watch (13.1.2022): World Report 2022 - Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/2066472.html, Zugriff 7.6.2022
MADRE, The Organization of Women’s Freedom in Iraq (OWFI), Human RightsandGender Justice Clinic (HRGJ) (2020): Seeking Accountability for Gender Based Violence and Human Rights Violations In Iraq, https://tbinternet.ohchr.org/Treaties/CAT/Shared%20Documents/IRQ/INT_CAT_ICO_IRQ_42514_E.pdf, Zugriff 1.4.2021
MRG - Minority Rights Group (11.2015): The Lost Women of Iraq: Family-based violence during armed conflict, https://minorityrights.org/wp-content/uploads/2015/11/MRG-report-A4_OCTOBER-2015_WEB.pdf, Zugriff 1.4.2021
StC - Save the Children (25.6.2021): Married by exception: Child marriage policies in the Middle East and North Africa, https://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/married_by_exception.pdf, Zugriff 28.6.2021
TCF - The Century Foundation (7.11.2019): Tribal Justice in a Fragile Iraq, https://tcf.org/content/report/tribal-justice-fragile-iraq/?agreed=1, Zugriff 2.2.2021
UK Home Office [UK] (3.2021): Country Policy and Information Note Iraq: ‘Honour’ crimes, https://www.ecoi.net/en/file/local/2048206/Iraq_-_Honour_Crimes_-_CPIN_-_v2.0_-_March_2021_-_EXT.pdf, Zugriff 1.4.2021
UNHRC - UN Human Rights Council (5.6.2018): Report of the Special Rapporteur on extrajudicial, summary or arbitrary executions on her mission to Iraq, https://www.refworld.org/docid/5b7ad39d4.html, Zugriff 1.4.2021
USDOS - US Department of State [USA] (12.4.2022): 2021 Country Report on Human Rights Practices: Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/2071125.html, Zugriff 7.6.2022
Genitalverstümmelung (FGM – Female Genital Mutilation)
Letzte Änderung: 12.08.2022
Das Thema der Genitalverstümmelung von Mädchen und Frauen im Irak war lange Zeit ein Tabu, über das kaum gesprochen wurde (UK Home Office 2.2020; vgl. MRG 11.2015). Erst als durch Studien die alarmierend hohe FGM-Rate im kurdischen Norden aufgezeigt wurde, hat sich dies geändert (MRG 11.2015). Seit 2011 stellt ein Gesetz in der Kurdistan Region Irak (KRI) die Genitalverstümmelung unter Strafe (AA 25.10.2021; vgl. PKI 21.6.2011). Die UNO arbeitet mit Regierungsinstitutionen und lokalen NGOs zusammen, um FGM durch Sensibilisierungskampagnen zu verhindern (UNICEF 6.2.2019). FGM ist in der KRI weit verbreitet (BS 23.2.2022, S.15). NGOs berichten, dass die Praxis weiter betrieben wird, vor allem in ländlichen Gebieten, insbesondere in Erbil und Sulaymaniyah, sowie in Kirkuk (USDOS 12.4.2022; vgl. DFAT 17.8.2020). Eine Umfrage aus dem Jahr 2016 ergab, dass fast 45 % der befragten Frauen in der KRI FGM ausgesetzt waren, (DFAT 17.8.2020). In Erbil waren 2018 etwa 50,1 % der Frauen vom FGM betroffen, in Sulaymaniyah waren es 45,1 %. In Dohuk hingegen nur etwa 3,1% (UNICEF 6.12.2018; vgl. BMC 1.4.2021). Auch unter IDPs wird FGM noch praktiziert (DFAT 17.8.2020). Allerdings geht die FGM-Rate kontinuierlich zurück (USDOS 12.4.2022; vgl. BMC 1.4.2021). Außerhalb der KRI ist FGM nicht üblich (USDOS 12.4.2022; vgl. BS 23.2.2022, S.15).Das Thema der Genitalverstümmelung von Mädchen und Frauen im Irak war lange Zeit ein Tabu, über das kaum gesprochen wurde (UK Home Office 2.2020; vergleiche MRG 11.2015). Erst als durch Studien die alarmierend hohe FGM-Rate im kurdischen Norden aufgezeigt wurde, hat sich dies geändert (MRG 11.2015). Seit 2011 stellt ein Gesetz in der Kurdistan Region Irak (KRI) die Genitalverstümmelung unter Strafe (AA 25.10.2021; vergleiche PKI 21.6.2011). Die UNO arbeitet mit Regierungsinstitutionen und lokalen NGOs zusammen, um FGM durch Sensibilisierungskampagnen zu verhindern (UNICEF 6.2.2019). FGM ist in der KRI weit verbreitet (BS 23.2.2022, S.15). NGOs berichten, dass die Praxis weiter betrieben wird, vor allem in ländlichen Gebieten, insbesondere in Erbil und Sulaymaniyah, sowie in Kirkuk (USDOS 12.4.2022; vergleiche DFAT 17.8.2020). Eine Umfrage aus dem Jahr 2016 ergab, dass fast 45 % der befragten Frauen in der KRI FGM ausgesetzt waren, (DFAT 17.8.2020). In Erbil waren 2018 etwa 50,1 % der Frauen vom FGM betroffen, in Sulaymaniyah waren es 45,1 %. In Dohuk hingegen nur etwa 3,1% (UNICEF 6.12.2018; vergleiche BMC 1.4.2021). Auch unter IDPs wird FGM noch praktiziert (DFAT 17.8.2020). Allerdings geht die FGM-Rate kontinuierlich zurück (USDOS 12.4.2022; vergleiche BMC 1.4.2021). Außerhalb der KRI ist FGM nicht üblich (USDOS 12.4.2022; vergleiche BS 23.2.2022, S.15).
Einer Untersuchung aus 2018 zufolge wurden etwa 7,4 % der irakischen Frauen im Alter von 15 bis 49 Jahren einer FGM unterzogen. In der KRI waren es 37,5 %, im Zentral- und Südirak hingegen nur 0,4 %. Bei Mädchen im Alter von 0 bis 14 Jahren ist der Prozentsatz mittlerweile auf 1 % gesunken, bzw. auf 3 % in der KRI (UNICEF 6.12.2018).
Außerhalb der KRI gibt es bisher keine staatlichen Anstrengungen zur Bekämpfung von FGM. Dabei gibt es laut einer Studie in Kirkuk auch Betroffene in der arabischen und turkmenischen Bevölkerung, wenn auch in geringerem Ausmaß (AA 25.10.2021).
Quellen:
AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (25.10.2021): Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak (Stand: Oktober 2021), https://www.ecoi.net/en/file/local/2063378/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Republik_Irak_%28Stand_Oktober_2021%29%2C_25.10.2021.pdf, Zugriff 1.12.2021
BMC Women's Health (1.4.2021): Changes in the prevalence and trends of female genital mutilation in Iraqi Kurdistan Region between 2011 and 2018, https://bmcwomenshealth.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12905-021-01282-9, Zugriff 10.4.2021
BS - Bertelsmann Stiftung (23.2.2022): BTI 2022 Country Report Iraq, https://www.ecoi.net/en/file/local/2069660/country_report_2022_IRQ.pdf, Zugriff 17.6.2022
DFAT - Australian Government - Department of Foreign Affairs and Trade [Australien] (17.8.2020): DFAT Country Information Report Iraq, https://www.ecoi.net/en/file/local/2036511/country-information-report-iraq.pdf, Zugriff 3.3.2021
MRG - Minority Rights Group (11.2015): The Lost Women of Iraq: Family-based violence during armed conflict, https://minorityrights.org/wp-content/uploads/2015/11/MRG-report-A4_OCTOBER-2015_WEB.pdf, Zugriff 1.4.2021
PKI - The Parliament of Kurdistan – Iraq [Irak] (21.6.2011): Act No. 8 from 2011, The Act of Combating Domestic Violence in Kurdistan Region-Iraq, http://www.ekrg.org/files/pdf/combat_domestic_violence_english.pdf, Zugriff 1.4.2021
UK Home Office [UK] (2.2020): Country Policy and Information Note Iraq: Blood feuds, https://www.ecoi.net/en/file/local/2025236/Iraq_-_Blood_Feuds_-_CPIN_v2.0_-_Feb_2020_-_EXT__004_.pdf, Zugriff 1.4.2021
UNICEF - United Nations International Children's Emergency Fund (6.2.2019): Protecting Girls in Iraq from Female Genital Mutilation, https://www.unicef.org/iraq/press-releases/protecting-girls-iraq-female-genital-mutilation, Zugriff 1.4.2021
UNICEF - United Nations International Children's Emergency Fund (6.12.2018): 2018 Muliple Indicator Cluster Survey (MICS6) Briefing, https://www.unicef.org/iraq/media/481/file/MICS6.pdf, Zugriff 1.4.2021
USDOS - US Department of State [USA] (12.4.2022): 2021 Country Report on Human Rights Practices: Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/2071125.html, Zugriff 7.6.2022
Weibliche Familienoberhäupter: Witwen, Geschiedene, alleinstehende Frauen
Letzte Änderung: 12.08.2022
Etwa 10 % aller irakischen Haushalte werden von einem weiblichen Haushaltsvorstand geführt (DFAT 17.8.2020; vgl. REACH 2.6.2021). Etwa 80 % dieser weiblichen Haushaltsvorstände sind Witwen, Geschiedene, getrennt Lebende oder pflegen kranke Ehepartner. Sie sind aufgrund des niedrigeren Gesamteinkommens tendenziell stärker von Armut und Ernährungsunsicherheit betroffen und sind besonders benachteiligt, was den Zugang zu Bildung, Beschäftigung und angemessener Unterkunft angeht. Nach Angaben internationaler Organisationen sind nur 2 % der weiblichen Haushaltsvorstände erwerbstätig und haben ein festes Gehalt, während weitere 6 % informell arbeiten und kein regelmäßiges Einkommen haben (DFAT 17.8.2020). Etwa 10 % aller irakischen Haushalte werden von einem weiblichen Haushaltsvorstand geführt (DFAT 17.8.2020; vergleiche REACH 2.6.2021). Etwa 80 % dieser weiblichen Haushaltsvorstände sind Witwen, Geschiedene, getrennt Lebende oder pflegen kranke Ehepartner. Sie sind aufgrund des niedrigeren Gesamteinkommens tendenziell stärker von Armut und Ernährungsunsicherheit betroffen und sind besonders benachteiligt, was den Zugang zu Bildung, Beschäftigung und angemessener Unterkunft angeht. Nach Angaben internationaler Organisationen sind nur 2 % der weiblichen Haushaltsvorstände erwerbstätig und haben ein festes Gehalt, während weitere 6 % informell arbeiten und kein regelmäßiges Einkommen haben (DFAT 17.8.2020).
Einer Studie von IOM zufolge bleiben Haushalte mit weiblichem Haushaltsvorstand länger binnenvertrieben (IDPs) als Haushalte mit einem männlichen Haushaltsvorstand. Rund 70 % der weiblich geführten Haushalte waren IDPs (IOM 23.9.2020). Weiblich geführte Haushalte haben nicht unbedingt Zugang zu Finanzanlagen, Sozialleistungen oder dem öffentlichen Verteilungssystem (PDS) (FIS 22.5.2018). Nur etwa 10 % der Haushalten mit weiblichem Haushaltsvorstand erhalten Hilfe als Vertriebene (IOM 23.9.2020). Viele sind auf Unterstützung durch ihre Familien (FIS 22.5.2018; vgl. IOM 23.9.2020), Behörden und NGOs angewiesen (FIS 22.5.2018). Soziale Netzwerke, Familie, Nachbarn und Freunde sind für das Wohlergehen und Überleben entscheidend. Bei fast 75 % der untersuchten Haushalte handelt es sich um Witwen. Wenn der Tod des Ehemannes dokumentiert ist, kann die Familie die staatliche Sozialhilfe für Witwen und Waisen sowie, wenn dieser eine staatliche Stelle innehatte, die Rente des Ehemannes in Anspruch nehmen. Frauen mit niedrigem Bildungsniveau und funktionale Analphabeten (41 %) finden es eine Herausforderung, sich in bürokratischen Systemen zurechtzufinden, insbesondere im Fall von Vertreibung (IOM 23.9.2020).Einer Studie von IOM zufolge bleiben Haushalte mit weiblichem Haushaltsvorstand länger binnenvertrieben (IDPs) als Haushalte mit einem männlichen Haushaltsvorstand. Rund 70 % der weiblich geführten Haushalte waren IDPs (IOM 23.9.2020). Weiblich geführte Haushalte haben nicht unbedingt Zugang zu Finanzanlagen, Sozialleistungen oder dem öffentlichen Verteilungssystem (PDS) (FIS 22.5.2018). Nur etwa 10 % der Haushalten mit weiblichem Haushaltsvorstand erhalten Hilfe als Vertriebene (IOM 23.9.2020). Viele sind auf Unterstützung durch ihre Familien (FIS 22.5.2018; vergleiche IOM 23.9.2020), Behörden und NGOs angewiesen (FIS 22.5.2018). Soziale Netzwerke, Familie, Nachbarn und Freunde sind für das Wohlergehen und Überleben entscheidend. Bei fast 75 % der untersuchten Haushalte handelt es sich um Witwen. Wenn der Tod des Ehemannes dokumentiert ist, kann die Familie die staatliche Sozialhilfe für Witwen und Waisen sowie, wenn dieser eine staatliche Stelle innehatte, die Rente des Ehemannes in Anspruch nehmen. Frauen mit niedrigem Bildungsniveau und funktionale Analphabeten (41 %) finden es eine Herausforderung, sich in bürokratischen Systemen zurechtzufinden, insbesondere im Fall von Vertreibung (IOM 23.9.2020).
Es gibt unterschiedliche Angaben über den Anteil der berufstätigen weiblichen Haushaltsvorstände: Einer Quelle zufolge sind nur 2 % der weiblichen Haushaltsvorstände erwerbstätig und haben ein festes Gehalt, während weitere 6 % informell arbeiten und kein regelmäßiges Einkommen haben (DFAT 17.8.2020). Einer anderen Quelle zufolge sind etwa 13,5 % der weiblichen Haushaltsvorstände berufstätig. Rund 12,8 % haben sich aus dem Berufsleben zurückgezogen. 67,7 % sind als Hausfrauen tätig. 1,4 % sind auf Arbeitssuche, weitere 4,6 %, sind aus diversen Gründen nicht berufstätig (Arbeitsunfähigkeit aufgrund einer Krankheit, Studenten und Arbeitslose, die nicht auf Arbeitssuche sind) (IOM 23.9.2020).
Um ihre Grundbedürfnisse decken zu können, reduzieren viele Haushalte Lebensmittel und andere Ausgaben. Außerdem leihen sie Geld von Familie und Freunden. Fast 70 % der weiblichen Haushaltsvorstände geben an, für ihre Grundbedürfnisse sorgen zu können, wenn sie bei den Lebensmitteln und anderen Ausgaben Abstriche machen (IOM 23.9.2020).
Alleinstehende Frauen und Witwen haben oft Schwierigkeiten, ihre Kinder registrieren zu lassen, was dazu führt, dass den Kindern staatliche Leistungen, wie Bildung, Lebensmittelbeihilfen und Zugang zum Gesundheitswesen verweigert werden, obwohl die Behörden in den meisten Fällen Geburtsurkunden nach der Registrierung der Geburt durch die Ministerien für Gesundheit und Inneres ausgestellt haben. Diese Registrierung ist Berichten zufolge ein langwieriger und bisweilen komplizierter Prozess (USDOS 12.4.2022).
Berichten zufolge wurden Frauen von Arbeitgebern durch Zwangsehen und die Androhung von Scheidungen zu unfreiwilliger Hausarbeit gezwungen. Frauen, die aus solchen Ehen flohen oder, deren Ehemänner sich von ihnen scheiden ließen, sind sozialer Stigmatisierung und einer erhöhten Anfälligkeit für prekäre Arbeitssituationen, wie Zwangsarbeit ausgesetzt. Weibliche Binnenvertriebene (IDPs), alleinstehende Frauen und Witwen sind besonders anfällig für wirtschaftliche Ausbeutung und diskriminierende Beschäftigungsbedingungen (USDOS 12.4.2022).
Männer können sich einseitig von ihren Ehefrauen scheiden lassen, während Frauen nur aus bestimmten Gründen Scheidungsverfahren einleiten können, wie z.B. die Inhaftierung des Mannes für mehr als drei Jahre, Impotenz oder Unfruchtbarkeit des Mannes (OECD 12.2018; vgl. HRW 25.2.2018), die Abwesenheit des Mannes für mehr als zwei Jahre, oder wenn der Ehemann für vier oder mehr Jahre als vermisst gilt (HRW 25.2.2018). Darüber hinaus haben sowohl Männer als auch Frauen das Recht, aus Gründen wie Untreue, Glücksspiel im Ehehaus oder Gewalt in einer Weise, die das Eheleben unmöglich macht, die Trennung zu verlangen. Frauen können zusätzlich eine „Khula“-Scheidung beantragen, bei der sie ihre Brautgabe zurückgeben und jede zukünftige finanzielle Unterstützung verlieren (OECD 12.2018). 2018 wurde ein Anstieg von Scheidungsanträgen, insbesondere durch Frauen verzeichnet. Obwohl nicht verfolgt wurde, ob es sich dabei um IS-bezogene Scheidungen handelte, wurde insbesondere in sunnitischen Regionen unter vormaliger IS-Herrschaft, wie Anbar und Ninewa, ein Anstieg verzeichnet (NBC 5.7.2018). Das gesellschaftliche Klima gegenüber Geschiedenen ist nicht offen repressiv. Üblicherweise werden geschiedene Frauen in die eigene Familie reintegriert. Sie müssen jedoch damit rechnen, schlechter bezahlte Arbeitsstellen annehmen zu müssen oder als Zweit- oder Drittfrau in Mehrehen erneut verheiratet zu werden. Im Rahmen einer Ehescheidung wird das Sorgerecht für Kinder ganz überwiegend den Vätern (und ihren Familien) zugesprochen (AA 25.10.2021). Nach anderen Angaben bleibt eine Scheidung im Irak weiterhin mit starkem sozialem Stigma verbunden (FIS 22.5.2018).Männer können sich einseitig von ihren Ehefrauen scheiden lassen, während Frauen nur aus bestimmten Gründen Scheidungsverfahren einleiten können, wie z.B. die Inhaftierung des Mannes für mehr als drei Jahre, Impotenz oder Unfruchtbarkeit des Mannes (OECD 12.2018; vergleiche HRW 25.2.2018), die Abwesenheit des Mannes für mehr als zwei Jahre, oder wenn der Ehemann für vier oder mehr Jahre als vermisst gilt (HRW 25.2.2018). Darüber hinaus haben sowohl Männer als auch Frauen das Recht, aus Gründen wie Untreue, Glücksspiel im Ehehaus oder Gewalt in einer Weise, die das Eheleben unmöglich macht, die Trennung zu verlangen. Frauen können zusätzlich eine „Khula“-Scheidung beantragen, bei der sie ihre Brautgabe zurückgeben und jede zukünftige finanzielle Unterstützung verlieren (OECD 12.2018). 2018 wurde ein Anstieg von Scheidungsanträgen, insbesondere durch Frauen verzeichnet. Obwohl nicht verfolgt wurde, ob es sich dabei um IS-bezogene Scheidungen handelte, wurde insbesondere in sunnitischen Regionen unter vormaliger IS-Herrschaft, wie Anbar und Ninewa, ein Anstieg verzeichnet (NBC 5.7.2018). Das gesellschaftliche Klima gegenüber Geschiedenen ist nicht offen repressiv. Üblicherweise werden geschiedene Frauen in die eigene Familie reintegriert. Sie müssen jedoch damit rechnen, schlechter bezahlte Arbeitsstellen annehmen zu müssen oder als Zweit- oder Drittfrau in Mehrehen erneut verheiratet zu werden. Im Rahmen einer Ehescheidung wird das Sorgerecht für Kinder ganz überwiegend den Vätern (und ihren Familien) zugesprochen (AA 25.10.2021). Nach anderen Angaben bleibt eine Scheidung im Irak weiterhin mit starkem sozialem Stigma verbunden (FIS 22.5.2018).
Quellen:
AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (25.10.2021): Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak (Stand: Oktober 2021), https://www.ecoi.net/en/file/local/2063378/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Republik_Irak_%28Stand_Oktober_2021%29%2C_25.10.2021.pdf, Zugriff 1.12.2021
DFAT - Australian Government - Department of Foreign Affairs and Trade [Australien] (17.8.2020): DFAT Country Information Report Iraq, https://www.ecoi.net/en/file/local/2036511/country-information-report-iraq.pdf, Zugriff 3.3.2021
FIS - Finnish Immigration Service [Finnland] (22.5.2018): Overview of the status of women living without a safety net in Iraq, https://coi.easo.europa.eu/administration/finland/Plib/Report_Women_Iraq_Migri_CIS.pdf, Zugriff 5.8.2021
HRW - Human Rights Watch (25.2.2018): Iraq: Families of Alleged ISIS Members Denied IDs, https://www.ecoi.net/de/dokument/1425202.html, Zugriff 5.8.2021
IOM - International Organization for Migration (23.9.2020): IOM Iraq Access to Durable Solutions Among IDPs in Iraq- Experiences of Female Headed-Households, file:///home/co7295/Downloads/IOM%20Iraq%20Access%20to%20Durable%20Solutions%20Among%20IDPs%20in%20Iraq-%20Experiences%20of%20Female%20Headed-Households.pdf, Zugriff 25.5.2021
OECD - Organisation for Economic Co-operation and Development (12.2018): SIGI - Social Institutions & Gender Index 2019 - Iraq, https://www.genderindex.org/wp-content/uploads/files/datasheets/2019/IQ.pdf, Zugriff 5.8.2021
REACH Initiative (2.6.2021): Iraq: Multi-Cluster Needs Assessment - Key Findings for Iraq, https://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/REACH_IRQ_MCNA-Inter-sectoral-Factsheet_December2020.pdf, Zugriff 8.6.2021
USDOS - US Department of State [USA] (12.4.2022): 2021 Country Report on Human Rights Practices: Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/2071125.html, Zugriff 7.6.2022
Verwestlichung, westlicher bzw. nicht-konservativer Lebensstil
Letzte Änderung: 12.08.2022
Sowohl Männer als auch Frauen stehen unter Druck, sich an konservative Normen zu halten, was das persönliche Erscheinungsbild betrifft (FH 3.3.2021). Personen, die als nicht konform mit den lokalen sozialen und kulturellen Normen angesehen werden, weil sie ein "westliches" Verhalten an den Tag legen, sind Drohungen und Angriffen von Einzelpersonen aus der Gesellschaft sowie von Milizen ausgesetzt. Volksmobilisierungskräfte (PMF) haben es auf Personen abgesehen, die Anzeichen für eine Abweichung von ihrer Auslegung der schiitischen Normen zeigen, manchmal mit Unterstützung der schiitischen Gemeinschaft (EASO 1.2021). Vor allem im schiitisch geprägten Südirak werden auch nicht gesetzlich vorgeschriebene islamische Regeln, z.B. Kopftuchzwang an Schulen und Universitäten, stärker durchgesetzt. Frauen werden unter Druck gesetzt, ihre Freizügigkeit und Teilnahme am öffentlichen Leben einzuschränken (AA 25.10.2021). Einige Muslime bedrohen weiterhin Frauen und Mädchen, unabhängig von ihrer Religionszugehörigkeit, wenn sich diese weigern, den Hijab zu tragen, bzw. wenn sie sich in westlicher Kleidung kleiden oder sich nicht an strenge Interpretationen islamischer Normen für das Verhalten in der Öffentlichkeit halten (USDOS 2.6.2022; vgl. DFAT 17.8.2020). Nicht-schiitische Muslime und nicht-muslimische Frauen berichten, dass sie sich gesellschaftlich unter Druck gesetzt fühlen, bspw. während des heiligen Monats Muharram, insbesondere während Ashura, den Hijab und schwarze Kleidung zu tragen, um Belästigungen zu vermeiden (DFAT 17.8.2020). Im Jahr 2018 gab es einige Morde an Frauen aus der Schönheits- und Modebranche, die in der Öffentlichkeit standen. Die Angreifer blieben unbekannt, aber die Regierung machte extremistische Gruppen für die Morde verantwortlich (FH 3.3.2021). Sowohl Männer als auch Frauen stehen unter Druck, sich an konservative Normen zu halten, was das persönliche Erscheinungsbild betrifft (FH 3.3.2021). Personen, die als nicht konform mit den lokalen sozialen und kulturellen Normen angesehen werden, weil sie ein "westliches" Verhalten an den Tag legen, sind Drohungen und Angriffen von Einzelpersonen aus der Gesellschaft sowie von Milizen ausgesetzt. Volksmobilisierungskräfte (PMF) haben es auf Personen abgesehen, die Anzeichen für eine Abweichung von ihrer Auslegung der schiitischen Normen zeigen, manchmal mit Unterstützung der schiitischen Gemeinschaft (EASO 1.2021). Vor allem im schiitisch geprägten Südirak werden auch nicht gesetzlich vorgeschriebene islamische Regeln, z.B. Kopftuchzwang an Schulen und Universitäten, stärker durchgesetzt. Frauen werden unter Druck gesetzt, ihre Freizügigkeit und Teilnahme am öffentlichen Leben einzuschränken (AA 25.10.2021). Einige Muslime bedrohen weiterhin Frauen und Mädchen, unabhängig von ihrer Religionszugehörigkeit, wenn sich diese weigern, den Hijab zu tragen, bzw. wenn sie sich in westlicher Kleidung kleiden oder sich nicht an strenge Interpretationen islamischer Normen für das Verhalten in der Öffentlichkeit halten (USDOS 2.6.2022; vergleiche DFAT 17.8.2020). Nicht-schiitische Muslime und nicht-muslimische Frauen berichten, dass sie sich gesellschaftlich unter Druck gesetzt fühlen, bspw. während des heiligen Monats Muharram, insbesondere während Ashura, den Hijab und schwarze Kleidung zu tragen, um Belästigungen zu vermeiden (DFAT 17.8.2020). Im Jahr 2018 gab es einige Morde an Frauen aus der Schönheits- und Modebranche, die in der Öffentlichkeit standen. Die Angreifer blieben unbekannt, aber die Regierung machte extremistische Gruppen für die Morde verantwortlich (FH 3.3.2021).
Für Frauen außerhalb des Hauses zu arbeiten, wird in weiten Teilen der Gesellschaft als inakzeptabel angesehen.
Berufe
, wie die Arbeit in Geschäften, Restaurants oder in den Medien, wurden als etwas Schändliches angesehen. Gleiches gilt für die Teilnahme an lokaler und nationaler Politik (IWPR 8.3.2021). So wurden weibliche Aktivisten, die an den Protesten teilnahmen, in politischen Kampagnen als promiskuitiv verunglimpft (ICG 26.7.2021). Entsprechend sprach sich as-Sadr im Februar 2020 für eine Geschlechtertrennung auf den öffentlichen Plätzen aus (ICG 26.7.2021; vgl. AIIA 1.4.2020). Im Zuge des darauffolgenden Frauenmarsches am 13.2.2020 wurden weibliche Demonstranten mit Tränengas angegriffen, bedroht, attackiert, entführt und in einigen Fällen getötet (AIIA 1.4.2020). Im August 2020 verübten Unbekannte eine Reihe von Attentaten auf regierungskritische Demonstranten. Die gewalttätigsten Angriffe ereigneten sich im Gouvernement Basra und führten zur Tötung von drei Aktivisten und zwei Zivilisten (MEMO 17.9.2020).Für Frauen außerhalb des Hauses zu arbeiten, wird in weiten Teilen der Gesellschaft als inakzeptabel angesehen.
Berufe, wie die Arbeit in Geschäften, Restaurants oder in den Medien, wurden als etwas Schändliches angesehen. Gleiches gilt für die Teilnahme an lokaler und nationaler Politik (IWPR 8.3.2021). So wurden weibliche Aktivisten, die an den Protesten teilnahmen, in politischen Kampagnen als promiskuitiv verunglimpft (ICG 26.7.2021). Entsprechend sprach sich as-Sadr im Februar 2020 für eine Geschlechtertrennung auf den öffentlichen Plätzen aus (ICG 26.7.2021; vergleiche AIIA 1.4.2020). Im Zuge des darauffolgenden Frauenmarsches am 13.2.2020 wurden weibliche Demonstranten mit Tränengas angegriffen, bedroht, attackiert, entführt und in einigen Fällen getötet (AIIA 1.4.2020). Im August 2020 verübten Unbekannte eine Reihe von Attentaten auf regierungskritische Demonstranten. Die gewalttätigsten Angriffe ereigneten sich im Gouvernement Basra und führten zur Tötung von drei Aktivisten und zwei Zivilisten (MEMO 17.9.2020).
Quellen:
AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (25.10.2021): Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak (Stand: Oktober 2021), https://www.ecoi.net/en/file/local/2063378/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Republik_Irak_%28Stand_Oktober_2021%29%2C_25.10.2021.pdf, Zugriff 1.12.2021
AIIA - Australian Institute of International Affairs (1.4.2020): The Pink and Purple Protest: Iraqi Women Invert the Gender Game, https://www.internationalaffairs.org.au/australianoutlook/the-pink-and-purple-protest-iraqi-women-invert-the-gender-game/, Zugriff 15.5.2021
DFAT - Australian Government - Department of Foreign Affairs and Trade [Australien] (17.8.2020): DFAT Country Information Report Iraq, https://www.ecoi.net/en/file/local/2036511/country-information-report-iraq.pdf, Zugriff 3.3.2021
EASO – European Asylum Support Office (1.2021): Country Guidance: Iraq; Common analysis and guidance note, https://www.ecoi.net/en/file/local/2045437/Country_Guidance_Iraq_2021.pdf, Zugriff 3.3.2021
FH - Freedom House (3.3.2021): Freedom in the World 2021 – Iraq, https://www.ecoi.net/en/document/2046520.html, Zugriff 3.3.2021
ICG - International Crisis Group (26.7.2021): Iraq’s Tishreen Uprising: From Barricades to Ballot Box, https://www.ecoi.net/en/file/local/2056850/223-iraq-tishreen.pdf, Zugriff 2.8.2021
IWPR - Institute for War & Peace Reporting (8.3.2021): Iraq: Justice for Survivors as Activists Overturn Taboos, https://iwpr.net/global-voices/iraq-justice-survivors-activists-overturn-taboos, Zugriff 15.5.2021
MEMO - Middle East Monitor (17.9.2020): Iraq: Female activist and family slaughtered in Baghdad, https://www.middleeastmonitor.com/20200917-iraq-female-activist-and-family-slaughtered-in-baghdad/, Zugriff 15.5.2021
USDOS - US Department of State [USA] (2.6.2022): 2021 Report on International Religious Freedom: Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/2073956.html, Zugriff 7.6.2022
Kinder
Letzte Änderung: 12.08.2022
Artikel 29 und 30 der irakischen Verfassung enthalten Kinderschutzrechte. Der Irak ist dem Zusatzprotokoll zur UN-Kinderrechtskonvention zum Schutz von Kindern in bewaffneten Konflikten beigetreten (AA 25.10.2021). Nach Artikel 41, Absatz 1 des Strafgesetzbuches haben Eltern das Recht, ihre Kinder innerhalb der durch Gesetz oder Gewohnheit vorgeschriebenen Grenzen zu disziplinieren (HRW 13.1.2022).
Kinder sind einerseits in überproportionaler Weise von der schwierigen humanitären Lage, andererseits durch Gewaltakte gegen sie selbst oder gegen Familienmitglieder stark betroffen (AA 25.10.2021). Laut UNICEF machen Kinder fast die Hälfte der durch den Konflikt vertriebenen Iraker aus (USDOS 12.4.2022).
Vor der COVID-19-Krise lebte laut UNICEF eines von fünf Kindern in Armut (AA 25.10.2021). Einem Bericht für das Jahr 2021 zufolge leben 38 % aller irakischer Kinder in Armut (USDOS 12.4.2022). Über 1,16 Millionen Kinder im Alter von unter fünf Jahren waren unterernährt (AA 25.10.2021). Ende 2020 lag die Zahl der Kinder im Irak, die humanitäre Hilfe benötigen, bei 1,89 Millionen (UNICEF 20.1.2021).
Nach dem Gesetz ist der Vater der Vormund seiner Kinder, aber auch einer geschiedenen Mutter kann das Sorgerecht für ihre Kinder bis zum Alter von zehn Jahren zugesprochen werden, verlängerbar durch ein Gericht bis zum Alter von 15 Jahren, wobei die Kinder zu diesem Zeitpunkt wählen können, bei welchem Elternteil sie leben möchten (USDOS 12.4.2022). Das irakische Familienrecht unterscheidet zwischen zwei Arten der Vormundschaft (wilaya und wasiya), sowie der Pflege bzw. Sorge (hanada). Dem Vater kommt immer die Vormundschaft (wilaya) zu. Wenn dieser nicht mehr lebt, dem Großvater bzw. nach Entscheidung eines Shari‘a-Gerichts einem anderen männlichen Verwandten. Nur ein Mann kann demnach wali sein. Die Fürsorgeberechtigung (hanada), d.h. die Verantwortung für die Erziehung, Sicherheit und Betreuung eines Kindes, kommt im Falle einer Scheidung der Mutter zu. D.h. die Kinder leben bei der Mutter, im Falle von Knaben bis zum 13. Lebensjahr und im Falle von Mädchen bis zum 15. Lebensjahr (Migrationsverket 15.8.2018).
Im Falle einer Nichtregistrierung der Geburt eines Kindes werden diesem staatliche Leistungen, wie Bildung, Lebensmittelbeihilfe und Gesundheitsversorgung vorenthalten. Alleinstehende Frauen und Witwen hatten oft Probleme bei der Registrierung ihrer Kinder. Kinder, die nicht die irakische Staatsbürgerschaft besitzen, haben ebenfalls keinen Anspruch auf staatliche Leistungen. Humanitäre Organisationen berichten von einem weitverbreiteten Problem bezüglich Kindern, die im Gebiet des Islamischen Staates (IS) geboren worden sind und keine von der Regierung ausgestellte Geburtsurkunden erhalten. Etwa 15.000 Kinder sind davon betroffen (USDOS 12.4.2022).
Gewalt gegen Kinder/Minderjährige
Gewalt gegen Kinder bleibt ein großes Problem, aber aktuelle, zuverlässige Statistiken über das Ausmaß des Problems sind nicht verfügbar (USDOS 12.4.2022). Berichten zufolge verkaufen Menschenhändlernetze irakische Kinder zur kommerziellen sexuellen Ausbeutung. Letztere erfolgt im In- und Ausland (USDOS 1.7.2021). Verbrecherbanden sollen Kinder zwingen, im Irak zu betteln (USDOS 1.7.2021; vgl. FH 28.2.2022). Sie werden auch gezwungen Drogen zu verkaufen (USDOS 1.7.2021). Ebenso ist Kinderprostitution ein Problem, insbesondere unter Flüchtlingen. Aufgrund der Strafmündigkeit ab einem Alter von neun Jahren im Irak, bzw. elf Jahren in der Kurdistan Region Irak (KRI), behandeln die Behörden sexuell ausgebeutete Kinder oft wie Kriminelle und nicht wie Opfer (USDOS 30.3.2021).Gewalt gegen Kinder bleibt ein großes Problem, aber aktuelle, zuverlässige Statistiken über das Ausmaß des Problems sind nicht verfügbar (USDOS 12.4.2022). Berichten zufolge verkaufen Menschenhändlernetze irakische Kinder zur kommerziellen sexuellen Ausbeutung. Letztere erfolgt im In- und Ausland (USDOS 1.7.2021). Verbrecherbanden sollen Kinder zwingen, im Irak zu betteln (USDOS 1.7.2021; vergleiche FH 28.2.2022). Sie werden auch gezwungen Drogen zu verkaufen (USDOS 1.7.2021). Ebenso ist Kinderprostitution ein Problem, insbesondere unter Flüchtlingen. Aufgrund der Strafmündigkeit ab einem Alter von neun Jahren im Irak, bzw. elf Jahren in der Kurdistan Region Irak (KRI), behandeln die Behörden sexuell ausgebeutete Kinder oft wie Kriminelle und nicht wie Opfer (USDOS 30.3.2021).
Kinderarbeit
Die Verfassung und das Gesetz verbieten die schwersten Formen von Kinderarbeit (USDOS 12.4.2022; vgl. AA 21.1.2021). In den Gebieten, die unter die Zuständigkeit der Zentralregierung fallen, beträgt das Mindestbeschäftigungsalter 15 Jahre. Das Arbeitsgesetz begrenzt für Personen unter 18 Jahren die tägliche Arbeitszeit auf sieben Stunden und verbietet Arbeiten, die der Gesundheit, Sicherheit oder Moral schaden können. Dieses Gesetz gilt jedoch nicht für Jugendliche, die in Familienbetrieben arbeiten, die ausschließlich Waren für den Hausgebrauch herstellen. Es gibt daher Berichte über Kinder, die in Familienbetrieben gefährliche Arbeiten verrichten. Kinderarbeit, auch in ihren schlimmsten Formen, wie erzwungenes Betteln und kommerzielle sexuelle Ausbeutung, manchmal als Folge von Menschenhandel, kommt im ganzen Land vor (USDOS 12.4.2022). Trotz des Verbotes der Kinderarbeit arbeiten etwa 500.000 Kinder vorrangig in der Landwirtschaft oder im Straßenverkauf. Armut begünstigt Kindesentführungen und Kinderhandel (AA 21.1.2021).Die Verfassung und das Gesetz verbieten die schwersten Formen von Kinderarbeit (USDOS 12.4.2022; vergleiche AA 21.1.2021). In den Gebieten, die unter die Zuständigkeit der Zentralregierung fallen, beträgt das Mindestbeschäftigungsalter 15 Jahre. Das Arbeitsgesetz begrenzt für Personen unter 18 Jahren die tägliche Arbeitszeit auf sieben Stunden und verbietet Arbeiten, die der Gesundheit, Sicherheit oder Moral schaden können. Dieses Gesetz gilt jedoch nicht für Jugendliche, die in Familienbetrieben arbeiten, die ausschließlich Waren für den Hausgebrauch herstellen. Es gibt daher Berichte über Kinder, die in Familienbetrieben gefährliche Arbeiten verrichten. Kinderarbeit, auch in ihren schlimmsten Formen, wie erzwungenes Betteln und kommerzielle sexuelle Ausbeutung, manchmal als Folge von Menschenhandel, kommt im ganzen Land vor (USDOS 12.4.2022). Trotz des Verbotes der Kinderarbeit arbeiten etwa 500.000 Kinder vorrangig in der Landwirtschaft oder im Straßenverkauf. Armut begünstigt Kindesentführungen und Kinderhandel (AA 21.1.2021).
Das Ministerium für Arbeit und Soziales der kurdischen Regionalregierung (KRG) schätzt, dass mehrere hundert Kinder in der KRI arbeiten, oft als Straßenverkäufer oder Bettler, was sie besonders gefährdet. Das Ministerium betrieb eine 24-Stunden-Hotline zur Meldung von Arbeitsmissbrauch, einschließlich Kinderarbeit, bei der monatlich etwa 200 Anrufe eingingen (USDOS 12.4.2022).
Strafverfolgung von Kindern/Minderjährigen
Die Strafmündigkeit im Irak in den Gebieten unter der Verwaltung der Zentralregierung beträgt neun Jahre und elf Jahre in der Kurdischen Region im Irak (KRI) (USDOS 12.4.2022; vgl. HRW 13.1.2022).Die Strafmündigkeit im Irak in den Gebieten unter der Verwaltung der Zentralregierung beträgt neun Jahre und elf Jahre in der Kurdischen Region im Irak (KRI) (USDOS 12.4.2022; vergleiche HRW 13.1.2022).
Laut Berichten der Vereinten Nationen sind zahlreiche Jugendliche wegen Terrorismusvorwürfen angeklagt oder verurteilt (AA 21.1.2021; vgl. HRW 13.1.2022). Bei einigen von ihnen handelt es sich um ehemalige Opfer von Zwangsrekrutierungen (USDOS 1.7.2021). Es mangelt nach wie vor an Jugendstrafanstalten. Das Internationale Komitee des Roten Kreuzes (IKRK) berichtet jedoch, dass jugendliche Häftlinge mittlerweile vorwiegend von erwachsenen Straftätern getrennt inhaftiert werden (AA 21.1.2021). Einem Bericht des IHRCKR zufolge sind außerdem bspw. über 50 Minderjährige gemeinsam mit ihren Müttern in der Erziehungsanstalt für Frauen und Kinder in Erbil untergebracht (USDOS 30.3.2021), Laut Berichten der Vereinten Nationen sind zahlreiche Jugendliche wegen Terrorismusvorwürfen angeklagt oder verurteilt (AA 21.1.2021; vergleiche HRW 13.1.2022). Bei einigen von ihnen handelt es sich um ehemalige Opfer von Zwangsrekrutierungen (USDOS 1.7.2021). Es mangelt nach wie vor an Jugendstrafanstalten. Das Internationale Komitee des Roten Kreuzes (IKRK) berichtet jedoch, dass jugendliche Häftlinge mittlerweile vorwiegend von erwachsenen Straftätern getrennt inhaftiert werden (AA 21.1.2021). Einem Bericht des IHRCKR zufolge sind außerdem bspw. über 50 Minderjährige gemeinsam mit ihren Müttern in der Erziehungsanstalt für Frauen und Kinder in Erbil untergebracht (USDOS 30.3.2021),
Kindersoldaten, Rekrutierung von Kindern/Minderjährigen
Die Regierung und schiitische religiöse Führer verbieten Kindern unter 18 Jahren ausdrücklich den Kriegsdienst. Es gibt keine Berichte, wonach Kinder von staatlicher Seite zum Dienst in den Sicherheitskräften einberufen oder rekrutiert werden (USDOS 12.4.2022).
Rekrutierung von Kindern ist ein Problem (FH 28.2.2022). Kinder sind nach wie vor anfällig für Zwangsrekrutierung und den Einsatz durch diverse bewaffnete Gruppen, die im Irak operieren. Dazu zählen der IS, Milizen der Volksmobilisierungskräfte (PMF), Stammesmilizen, die Kurdische Arbeiterpartei (PKK) und andere vom Iran unterstützte Milizen (USDOS 1.7.2021). 2021 gab es jedoch einen bestätigten Bericht über den Einsatz eines Kindersoldaten durch PMF (USDOS 12.4.2022).
Es gibt Berichte, wonach der IS in den vergangenen Jahren Kinder als Soldaten eingesetzt hat (AA 21.1.2021; vgl. USDOS 12.4.2022), ebenso als menschliche Schutzschilde, Informanten, Bombenbauer, Henker und Selbstmordattentäter (USDOS 1.7.2021). Unter anderem aufgrund der territorialen Niederlage des IS liegen für das Jahr 2021 nur wenige Informationen über den Einsatz von Kindern durch den IS vor (USDOS 12.4.2022).Es gibt Berichte, wonach der IS in den vergangenen Jahren Kinder als Soldaten eingesetzt hat (AA 21.1.2021; vergleiche USDOS 12.4.2022), ebenso als menschliche Schutzschilde, Informanten, Bombenbauer, Henker und Selbstmordattentäter (USDOS 1.7.2021). Unter anderem aufgrund der territorialen Niederlage des IS liegen für das Jahr 2021 nur wenige Informationen über den Einsatz von Kindern durch den IS vor (USDOS 12.4.2022).
Mehrere Quellen berichten, dass die PKK und die Volksschutzeinheiten (YPG), die in der KRI und in Sinjar, Ninewa operieren, weiterhin Kinder rekrutieren und einsetzen. Im Jahr 2021 berichtete eine nicht verifizierte Quelle, dass die PKK Dutzende von Kindern rekrutiert habe, um sie auf den Kampf vorzubereiten, darunter auch Kinder aus Kirkuk (USDOS 1.7.2021).
[Anm.: Informationen zu Kinderehen können dem Kapitel Zwangsehen, Kinderehen, temporäre Ehen, Blutgeld-Ehe (Fasliya) entnommen werden, Informationen zu Kindern, die unter dem IS geboren sind finden sich in Kapitel (Mutmaßliche) IS-Mitglieder, IS-Sympatisanten und IS-Familien (Dawa‘esh).]
Quellen:
AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (25.10.2021): Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak (Stand: Oktober 2021), https://www.ecoi.net/en/file/local/2063378/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Republik_Irak_%28Stand_Oktober_2021%29%2C_25.10.2021.pdf, Zugriff 1.12.2021
FH - Freedom House (28.2.2022): Freedom in the World 2022 - Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/2068634.html, Zugriff 7.6.2022
HRW - Human Rights Watch (13.1.2022): World Report 2022 - Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/2066472.html, Zugriff 7.6.2022
Migrationsverket [Schweden] (15.8.2018): Irak - familjerätt och vårdnad, https://www.ecoi.net/en/file/local/1442095/4792_1535708243_180815601.pdf, Zugriff 25.8.2021
UNICEF - UN Children's Fund, Central Statistical Organization (20.1.2021): Iraq Humanitarian Situation Report (IDP Crisis): End-Year 2020, https://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/UNICEF%20Iraq%20Humanitarian%20Situation%20Report%20%28IDP%20Crisis%29%20-%20End-Year%202020.pdf, Zugriff 25.8.2021
UNICEF - UN Children's Fund, Central Statistical Organization, Kurdistan Region Statistical Office (2.2019): 2018 Multiple Indicator Cluster Survey, Survey Findings Report, https://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/English_7.pdf, Zugriff 5.8.2021
USDOS - US Department of State [USA] (12.4.2022): 2021 Country Report on Human Rights Practices: Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/2071125.html, Zugriff 7.6.2022
USDOS - US Department of State [USA] (30.3.2021): 2020 Country Report on Human Rights Practices: Iraq, https://www.ecoi.net/en/document/2048100.html, Zugriff 1.4.2021
USDOS – US Department of State [USA] (1.7.2021): 2021 Trafficking in Persons Report: Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/2055124.html , Zugriff 25.8.2021
Bildungszugang
Letzte Änderung: 12.08.2022
Die irakischen Bildungseinrichtungen unterstehen dem Bildungsministerium in Bagdad, welches durch Direktorate in allen Gouvernements vertreten ist (GIZ 1.2021c). Die Grundschulbildung für Kinder mit irakischer Staatsbürgerschaft in den ersten sechs Schuljahren verpflichtend und wird für diese kostenfrei angeboten (USDOS 12.4.2022). Es existieren vier Schulstufen: Die nicht verpflichtende Vorschule, die verpflichtende Grundschule (Alter 6-11 Jahre), die Sekundarausbildung und die Hochschulausbildung (GIZ 1.2021c).
In der Kurdischen Region im Irak (KRI) ist ein eigenes, der Kurdischen Regionalregierung (KRG) unterstehendes Bildungsministerium zuständig. Der Lehrplan in der KRI ähnelt dem zentralirakischen Lehrplan weitgehend, es wird jedoch großteils auf Kurdisch gelehrt (GIZ 1.2021c). Schulpflicht besteht hier bis zum Alter von 15 Jahren. Auch sie ist kostenlos (USDOS 12.4.2022). Neben den staatlichen Schulen gibt es auch private, meist mit ausländischer Beteiligung aufgebaute Schulen (GIZ 1.2021c).
Eine flächendeckende Sicherung der Grundbildung konnte nicht gewährleistet werden (GIZ 1.2021c). Die Sicherheitslage, das Einquartieren von Binnenvertriebenen in Schulgebäuden und eine große Zahl zerstörter Schulen verhinderten, und verhindern mancherorts den Schulbesuch, sodass die Alphabetisierungsrate seit 2003 drastisch gefallen ist, besonders in ländlichen Gebieten (AA 25.10.2021). Nach Angaben von UNESCO auf 85,6 % (AA 25.10.2021; vgl. BS 23.2.2022), laut dem irakischen Planungsministerium auf 87 %. Zum Unterschied dazu sind in der KRI fast alle Menschen des Lesens und Schreibens mächtig (AA 25.10.2021). Laut UNESCO waren 2017 79,9 % der Frauen und 91,2 % der Männer über 15 Jahre des Lesens und Schreibens mächtig (AA 25.10.2021; vgl. BS 23.2.2022). Nach Angaben des Planungsministeriums von Januar 2020 liegt die Alphabetisierungsrate von Frauen bei 83 % im Vergleich zu 92 % bei den Männern (AA 25.10.2021). Eine flächendeckende Sicherung der Grundbildung konnte nicht gewährleistet werden (GIZ 1.2021c). Die Sicherheitslage, das Einquartieren von Binnenvertriebenen in Schulgebäuden und eine große Zahl zerstörter Schulen verhinderten, und verhindern mancherorts den Schulbesuch, sodass die Alphabetisierungsrate seit 2003 drastisch gefallen ist, besonders in ländlichen Gebieten (AA 25.10.2021). Nach Angaben von UNESCO auf 85,6 % (AA 25.10.2021; vergleiche BS 23.2.2022), laut dem irakischen Planungsministerium auf 87 %. Zum Unterschied dazu sind in der KRI fast alle Menschen des Lesens und Schreibens mächtig (AA 25.10.2021). Laut UNESCO waren 2017 79,9 % der Frauen und 91,2 % der Männer über 15 Jahre des Lesens und Schreibens mächtig (AA 25.10.2021; vergleiche BS 23.2.2022). Nach Angaben des Planungsministeriums von Januar 2020 liegt die Alphabetisierungsrate von Frauen bei 83 % im Vergleich zu 92 % bei den Männern (AA 25.10.2021).
Laut Schätzungen sind etwa 22 % der Erwachsenen nie zur Schule gegangen. Während mehr als 90 % der Kinder eine Grundschule besuchen, fällt die Schülerzahl in der Altersklasse 15 bis 17 unter die Hälfte (GIZ 1.2021c). Ein gleichberechtigter Zugang von Mädchen zu Bildung bleibt eine Herausforderung, insbesondere in ländlichen und unsicheren Gebieten (USDOS 12.4.2022). Es gibt eine Benachteiligung von Mädchen im Bildungssystem, die nach wie vor einen schlechteren Zugang zu Bildung haben. So sind Mädchen im Alter ab zwölf Jahren doppelt so stark von Analphabetismus betroffen wie Buben (GIZ 1.2021c). Auf dem Land fällt die Einschulungsrate von Mädchen (77 %) weit niedriger aus als die von Buben (90 %). Je höher die Bildungsstufe, desto weniger Mädchen sind vertreten. Häufig lehnen die Familien eine weiterführende Schule für die Mädchen ab oder ziehen eine frühe Ehe für sie vor (GIZ 1.2021c; vgl. UN OCHA 2019). Tausende von Kindern ohne Ausweispapiere werden von den Behörden weiterhin daran gehindert staatliche Schulen zu besuchen, darunter auch staatliche Schulen in Vertriebenenlagern (HRW 13.1.2022).Laut Schätzungen sind etwa 22 % der Erwachsenen nie zur Schule gegangen. Während mehr als 90 % der Kinder eine Grundschule besuchen, fällt die Schülerzahl in der Altersklasse 15 bis 17 unter die Hälfte (GIZ 1.2021c). Ein gleichberechtigter Zugang von Mädchen zu Bildung bleibt eine Herausforderung, insbesondere in ländlichen und unsicheren Gebieten (USDOS 12.4.2022). Es gibt eine Benachteiligung von Mädchen im Bildungssystem, die nach wie vor einen schlechteren Zugang zu Bildung haben. So sind Mädchen im Alter ab zwölf Jahren doppelt so stark von Analphabetismus betroffen wie Buben (GIZ 1.2021c). Auf dem Land fällt die Einschulungsrate von Mädchen (77 %) weit niedriger aus als die von Buben (90 %). Je höher die Bildungsstufe, desto weniger Mädchen sind vertreten. Häufig lehnen die Familien eine weiterführende Schule für die Mädchen ab oder ziehen eine frühe Ehe für sie vor (GIZ 1.2021c; vergleiche UN OCHA 2019). Tausende von Kindern ohne Ausweispapiere werden von den Behörden weiterhin daran gehindert staatliche Schulen zu besuchen, darunter auch staatliche Schulen in Vertriebenenlagern (HRW 13.1.2022).
Die Einschulungsquoten von Mädchen sind auf allen Bildungsebenen gestiegen, liegen aber immer noch unter denen der Buben. Mädchen brechen die Ausbildung tendenziell häufiger ab als Buben (BS 23.2.2022). Eine 2018 durchgeführte Umfrage zur Situation von Kindern im Irak hat ergeben, dass 91,6 % der Kinder im Irak in der Grundschule eingeschrieben sind (92,7 % der Buben, 90,4 % der Mädchen). Im Zentralirak sind dies 90,8 % (92,2 % der Buben, 89,3 % der Mädchen), in der KRI sind es 96 % (95,8 % der Buben, 96,2 % der Mädchen). Der Anteil der Kinder aus urbanen Gebieten, die eine Grundschule besuchen, ist dabei mit 93 % höher als jener in ruralen Gebieten mit 88,6%. Entsprechend sinkt auch der Anteil der Buben von 93,8 % auf 90,5 % und der der Mädchen von 92,2 % auf 86,7%. Der Anteil der Kinder, die die untere Sekundarstufe (Unterstufe) besuchen liegt bei 57,5 %, wobei der Anteil von Buben und Mädchen gleich ist. Im Zentralirak sind dies 55,6 % (56,5 % der Buben, 54,7 % der Mädchen), in der KRI sind es 67,1 % (63,1 % der Buben, 70,6 % der Mädchen). Auch hier ist der Anteil der Kinder aus urbanen Gebieten mit 64,5 % (63,7 % der Buben, 65,2% der Mädchen) höher als der in ruralen Gebieten mit 43,8 % (45,2 % der Buben, 42,4 % der Mädchen). Der Anteil der Kinder, die die obere Sekundarstufe (Oberstufe) besuchen, liegt bei 24,2 % (31 % der Buben, 35,3 % der Mädchen. Im Zentralirak sind dies 28,8 % (28,0 % der Buben, 29,7 % der Mädchen), in der KRI sind es 52 % (44,4 % der Buben, 60,7 % der Mädchen). Auch hier ist der Anteil der Kinder aus urbanen Gebieten mit 37 % (34,4 % der Buben, 39,6 % der Mädchen) höher als der in ruralen Gebieten mit 24,9 % (24,1 % der Buben, 25,7 % der Mädchen) (UNICEF 2.2019). Aktuelle, verlässliche Statistiken über Einschreibungen, Anwesenheit oder Abschlüsse sind nicht verfügbar (USDOS 30.3.2021).
Einer Umfrage von 2021 zufolge, die in Bagdad, Basra und Mossul durchgeführt wurde, geben 65 % der Befragten an, dass ihre Kinder zur Schule gehen können, während die Kinder von 24 % nicht zur Schule gehen. Während 72 % der von Männern geführten Haushalte angeben, dass ihre Kinder zur Schule gehen können, sind es bei den von Frauen geführten Haushalten nur 56%. Auch regional gibt es erhebliche Unterschiede in Bezug auf den Schulbesuch: In Mossul liegt die Quote bei 82 %, in Basra bei 74% und in Bagdad bei 56%. Was die ethnischen Gruppen betrifft, so gehen die Kinder von 67 % der Araber und 61 % der Kurden zur Schule. 57 % der Christen geben an, dass sie ihre Kinder zur Schule schicken können, ebenso wie 74 % der schiitischen und 68% der sunnitischen Muslime. 92 % der Kinder derjenigen, die mehr als 700.000 IQD verdienen, gehen zur Schule, aber nur 63 % derjenigen, die weniger verdienen (BFA, IRFAD 2021).
70 % der Befragten geben an, dass ihre Kinder eine öffentliche Schule besuchen, während nur 16 % eine Privatschule besuchen. Regional gesehen besuchen 82 % der Kinder in Mossul, 78 % in Basra und 62 % in Bagdad eine öffentliche Schule, während 18 % in Mossul, 22 % in Basra und 14 % in Bagdad eine Privatschule besuchen. Während die Quote bei den öffentlichen Schulen ähnlich hoch ist, besuchen 19 % der kurdischen Kinder eine Privatschule, gegenüber 9% der arabischen Kinder. Auch die religiösen Gruppen weisen unterschiedliche Muster auf: Öffentliche Schulen werden von 61 % der Kinder von Christen, 84 % der Kinder von schiitischen Muslimen und 73 % der Kinder von sunnitischen Muslimen besucht. Privatschulen werden von 26 % der Kinder von Christen, 9% der Kinder von sunnitischen Muslimen und 15 % der Kinder von sunnitischen Muslimen besucht. 30 % der Kinder von Personen mit einem Einkommen von mehr als 700.000 IQD besuchen eine Privatschule, aber nur 13 % der Kinder von Personen mit einem geringeren Einkommen. 39 % der Befragten geben an, weniger als 70.000 IQD pro Kind für die Schule zu zahlen, während nur 4 % zwischen 150.000 und 300.000 IQD zahlen. In Bagdad zahlen 34 % weniger als 70.000 IQD, ebenso 39 % in Basra und 54 % in Mosul; nur in Bagdad zahlen einige der Befragten (7 %) zwischen 150.000 und 300.000 IQD. 56 % der Kurden zahlen weniger als 70.000 IQD pro Kind und Monat, gegenüber 35 % der Araber. Was die religiösen Gruppen betrifft, so geben 54 % der sunnitischen Muslime an, weniger als 70.000 pro Monat zu zahlen, ebenso wie 30 % der Christen und 32 % der schiitischen Muslime (BFA, IRFAD 2021).
60 % der Befragten geben an, dass ihre Kinder keinen Zugang zur Hochschulbildung haben, während dieser für 31 % der Befragten gegeben ist. Von den weiblich geführten Haushalten haben nur 25 % der Befragten Hochschulzugang, wärend es 37 % bei männlich geführten Haushalten sind. Regionale Unterschiede zeigen, dass in Basra 83 % keinen Zugang haben, ebenso wie 77 % in Mossul, aber nur 42 % in Bagdad. 65 % der Kurden geben an, dass sie keinen Zugang zur Hochschulbildung haben, während 58 % der Araber keinen Zugang haben. Der fehlende Zugang ist fast gleichmäßig auf die Konfessionen verteilt: 60 % der Christen, 64 % der schiitischen Muslime und 64 % der sunnitischen Muslime. Hinsichtlich eines Zugangs zu höherer Bildung hat die Befragung ergeben, dass 58 % derjenigen, die mehr als 700.000 IQD verdienen, gegenüber 34 % derjenigen, die weniger als 700.000 IQD verdienen (BFA, IRFAD 2021).
Aufgrund der COVID-19-Pandemie waren die Schulen in den von Bagdad kontrollierten Gebieten von März bis November 2020 geschlossen, in der KRI von März 2020 bis zum Ende des Schuljahres (HRW 13.1.2021).
Wegen der COVID-19-Pandemie blieben die Schulen bis zum Ende des Schuljahres 2020-21 geschlossen, sodass mehr als zehn Millionen Schüler nicht zur Schule gehen konnten. UNICEF unterstützte das Bildungsministerium bei der Übertragung von Unterricht über das Bildungsfernsehen und digitale Plattformen. Der Zugang der Kinder zu alternativen Lernplattformen über das Internet und das Fernsehen wurde jedoch durch die begrenzte Konnektivität und Verfügbarkeit digitaler Geräte sowie durch den Mangel an Strom behindert. Außerdem hat das Bildungsministerium keine Richtlinien für die Durchführung von Fernunterricht herausgegeben (USDOS 12.4.2022). Schulen wurden vom irakischen Bildungsministerium angewiesen, den Lehrbetrieb aus der Ferne fortzusetzen, einschließlich der Ablegung von Prüfungen. In den Abschlussjahrgängen müssen die Schüler ihre Prüfungen jedoch in Anwesenheit ablegen. Einige Schulen haben hybride Unterrichtsmodelle eingerichtet, bei denen die Schüler an 2-3 Tagen pro Woche den Unterricht in Anwesenheit besuchen konnten. Ab Mai 2021 wurden jedoch alle Schulen wieder auf Fernstudien umgestellt (IOM 18.6.2021). Familien, die durch den IS-Konflikt vertrieben wurden, sind am meisten durch die Schulschließungen betroffen, da die meisten von ihnen keinen Zugang zu digitalen Lernmöglichkeiten haben (HRW 13.1.2021). Ebenso stehen Familien mit geringem Einkommen oder aus entlegenen Gebieten hinsichtlich eines Fernstudiums vor einem Hindernis, aufgrund der Erfordernis an eine stabile Internetleitung und an ein adäquates Equipment zu kommen (IOM 18.6.2021).
Quellen:
AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (25.10.2021): Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak (Stand: Oktober 2021), https://www.ecoi.net/en/file/local/2063378/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Republik_Irak_%28Stand_Oktober_2021%29%2C_25.10.2021.pdf, Zugriff 1.12.2021
BFA Staatendokumentation (Autor), IRFAD - Iraqi Foundation for Analysis and Development (Autor) (2021): Dossier Iraq; Socio-Economic Survey 2021, https://www.ecoi.net/en/file/local/2062611/IRAQ+-+Socio-Economic+Survey+2021.pdf, Zugriff 29.11.2021
BS - Bertelsmann Stiftung (23.2.2022): BTI 2022 Country Report Iraq, https://www.ecoi.net/en/file/local/2069660/country_report_2022_IRQ.pdf, Zugriff 17.6.2022
GIZ - Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (1.2021c): Irak - Gesellschaft, https://www.liportal.de/irak/gesellschaft/, Zugriff 16.3.2021 [Anm.: Der Link ist nicht mehr abrufbar. Die Daten sind jedoch bei der Staatendokumentation archiviert und abrufbar]
HRW - Human Rights Watch (13.1.2022): World Report 2022 - Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/2066472.html, Zugriff 7.6.2022
HRW - Human Rights Watch (13.1.2021): World Report 2021 - Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/2043505.html, Zugriff 10.2.2021
IOM - International Organization for Migration (18.6.2021): Information on the socio-economic situation in the light of COVID-19 in Iraq and in the Kurdish Region, requested by the Austrian Federal Office for Immigration and Asylum, Zugriff 21.6.2021
UNICEF - UN Children's Fund, Central Statistical Organization (20.1.2021): Iraq Humanitarian Situation Report (IDP Crisis): End-Year 2020, https://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/UNICEF%20Iraq%20Humanitarian%20Situation%20Report%20%28IDP%20Crisis%29%20-%20End-Year%202020.pdf, Zugriff 25.8.2021
UNICEF - UN Children's Fund, Central Statistical Organization, Kurdistan Region Statistical Office (2.2019): 2018 Multiple Indicator Cluster Survey, Survey Findings Report, https://mics.unicef.org/files?job=W1siZiIsIjIwMTkvMDMvMDEvMTkvMjMvMTgvNTg5L0VuZ2xpc2gucGRmIl1d&sha=aea1de7cc6f6ec09, Zugriff 5.8.2021
UN OCHA (2019): Iraq - Education Cluster Strategy, https://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/1_Education-Cluster-Strategy-Iraq-2019-2019_02_10.pdf, Zugriff 16.3.2021
USDOS - US Department of State [USA] (12.4.2022): 2021 Country Report on Human Rights Practices: Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/2071125.html, Zugriff 7.6.2022
USDOS - US Department of State [USA] (30.3.2021): 2020 Country Report on Human Rights Practices: Iraq, https://www.ecoi.net/en/document/2048100.html, Zugriff 1.4.2021
Bewegungsfreiheit
Letzte Änderung: 16.08.2022
Die irakische Verfassung und andere nationale Rechtsinstrumente erkennen das Recht aller Bürger auf Freizügigkeit, Reise- und Aufenthaltsfreiheit im ganzen Land an. Die Regierung respektiert das Recht auf Bewegungsfreiheit jedoch nicht konsequent. In einigen Fällen beschränken die Behörden die Bewegungsfreiheit von IDPs und verbieten Bewohnern von IDP-Lagern, ohne eine Genehmigung das Lager zu verlassen. Das Gesetz erlaubt es den Sicherheitskräften, als Reaktion auf Sicherheitsbedrohungen und Angriffe, die Bewegungsfreiheit im Land einzuschränken, Ausgangssperren zu verhängen, Gebiete abzuriegeln und zu durchsuchen (USDOS 12.4.2022).
In vielen Teilen des Landes, die von der Kontrolle durch den Islamischen Staat (IS) befreit wurden, kam es zu Bewegungseinschränkungen für Zivilisten, darunter sunnitische Araber sowie ethnische und religiöse Minderheiten, aufgrund von Kontrollpunkten von Sicherheitskräften (ISF, PMF, Peshmerga) (USDOS 12.4.2022). Checkpoints unterliegen oft undurchschaubaren Regeln verschiedenster Gruppierungen (NYT 2.4.2018). Der IS richtet falsche Checkpoints an Straßen zur Hauptstadt ein, um Zivilisten zu entführen bzw. Angriffe auf Sicherheitskräfte und Zivilisten zu verüben (AI 26.2.2019; vgl. Zeidel/al-Hashimis 6.2019). Kämpfer des IS haben ihre Entführungsaktivitäten in den zwischen der kurdischen und irakischen Regierung umstrittenen Gebieten verstärkt (Rudaw 1.2.2020). So wurden beispielsweise Anfang 2020 bei zwei Vorfällen in den umstrittenen Gebieten von Diyala und Salah ad-Din, in der Garmiyan Region, mehrere Zivilisten an IS-Checkpoints entführt (Rudaw 1.2.2020; vgl. K24 31.1.2020, K24 2.2.2020). Die Garmiyan-Verwaltung ist eine inoffizielle Provinz der Kurdistan Region Irak (KRI), die die drei Distrikte Kalar, Kifri und Chamchamal umfasst. Regionale kurdische Peshmerga- und Asayish-Kräfte sind für die Sicherheit in Garmiyan zuständig, während nationale irakische Kräfte die Region im Süden und Westen kontrollieren (K24 2.2.2020).In vielen Teilen des Landes, die von der Kontrolle durch den Islamischen Staat (IS) befreit wurden, kam es zu Bewegungseinschränkungen für Zivilisten, darunter sunnitische Araber sowie ethnische und religiöse Minderheiten, aufgrund von Kontrollpunkten von Sicherheitskräften (ISF, PMF, Peshmerga) (USDOS 12.4.2022). Checkpoints unterliegen oft undurchschaubaren Regeln verschiedenster Gruppierungen (NYT 2.4.2018). Der IS richtet falsche Checkpoints an Straßen zur Hauptstadt ein, um Zivilisten zu entführen bzw. Angriffe auf Sicherheitskräfte und Zivilisten zu verüben (AI 26.2.2019; vergleiche Zeidel/al-Hashimis 6.2019). Kämpfer des IS haben ihre Entführungsaktivitäten in den zwischen der kurdischen und irakischen Regierung umstrittenen Gebieten verstärkt (Rudaw 1.2.2020). So wurden beispielsweise Anfang 2020 bei zwei Vorfällen in den umstrittenen Gebieten von Diyala und Salah ad-Din, in der Garmiyan Region, mehrere Zivilisten an IS-Checkpoints entführt (Rudaw 1.2.2020; vergleiche K24 31.1.2020, K24 2.2.2020). Die Garmiyan-Verwaltung ist eine inoffizielle Provinz der Kurdistan Region Irak (KRI), die die drei Distrikte Kalar, Kifri und Chamchamal umfasst. Regionale kurdische Peshmerga- und Asayish-Kräfte sind für die Sicherheit in Garmiyan zuständig, während nationale irakische Kräfte die Region im Süden und Westen kontrollieren (K24 2.2.2020).
Der offizielle Wohnort wird durch die Aufenthaltskarte ausgewiesen. Bei einem Umzug muss eine neue Aufenthaltskarte beschafft werden, ebenso bei einer Rückkehr in die Heimatregion, sollte die ursprüngliche Bescheinigung fehlen (FIS 17.6.2019). Es gab zahlreiche Berichte, dass Sicherheitskräfte (ISF, Peshmerga, PMF) aus ethno-konfessionellen Gründen Bestimmungen, welche Aufenthaltsgenehmigungen vorschreiben, selektiv umgesetzt haben, um die Einreise von Personen in befreite Gebiete unter ihrer Kontrolle zu beschränken (USDOS 12.4.2022).
Angesichts der massiven Vertreibung von Menschen aufgrund der IS-Expansion und der anschließenden Militäroperationen gegen den IS zwischen 2014 und 2017 führten viele lokale Behörden strenge Einreise- und Aufenthaltsbeschränkungen ein, darunter unter anderem Bürgschafts-Anforderungen und in einigen Gebieten nahezu vollständige Einreiseverbote für Personen, die aus ehemals vom IS kontrollierten oder konfliktbehafteten Gebieten geflohen sind, insbesondere sunnitische Araber, einschließlich Personen, die aus einem Drittland in den Irak zurückkehren. Die Zugangs- und Aufenthaltsbedingungen sind nicht immer klar definiert und/oder die Umsetzung kann je nach Sicherheitslage variieren oder sich ändern. Bürgschafts-Anforderungen sind in der Regel weder gesetzlich verankert, noch werden sie offiziell bekannt gegeben (UNHCR 11.1.2021). Die Bewegungsfreiheit verbesserte sich etwas, nachdem die vom sog. IS kontrollierten Gebiete wieder unter staatliche Kontrolle gebracht wurden (FH 28.2.2022).
Nach dem Ausbruch der COVID-19-Pandemie im März 2020 führten die Behörden auf nationaler und regionaler Ebene eine Reihe von Beschränkungen ein, darunter auch für die interne Bewegungsfreiheit (UNHCR 11.1.2021. So war etwa die Bewegungsfreiheit in den großen Städten und zwischen den einzelnen Gouvernements zum Teil stark eingeschränkt (GIZ 1.2021a). Die Vorgehensweise der lokalen Behörden bei der Durchsetzung dieser Beschränkungen war in den einzelnen Gouvernements unterschiedlich. Die meisten Beschränkungen wurden ab August 2020 wieder aufgehoben (UNHCR 11.1.2021).
Die Regierung verlangt von Bürgern unter 18 Jahren, die das Land verlassen wollen, eine Ausreisegenehmigung. Diese Vorschrift wird jedoch nicht konsequent durchgesetzt (USDOS 12.4.2022). Eine Einreise in den Irak ist mit einem gültigen und von der irakischen Regierung anerkannten irakischen nationalen Reisepass möglich. Die irakische Botschaft stellt zudem Passersatzpapiere an irakische Staatsangehörige zur einmaligen Einreise in den Irak aus. Iraker mit gültigem Reisepass genießen Reisefreiheit und können die Landesgrenzen problemlos passieren (AA 25.10.2021).
Der Irak hat fünf internationale Flughäfen: Bagdad, Najaf, Basra, Erbil und Sulaymaniyah (Anadolu 23.7.2020). Der internationale Flughafen von Mossul ist seit 2014 geschlossen, nachdem der IS die Stadt im Juni 2014 eingenommen hatte. Der Flughafen ist beschädigt und muss noch renoviert werden (Kirkuk Now 4.2.2020).
Der Irak verfügt über ein Straßennetz von etwa 45.000 km Länge. Etwa 80 % der Straßen sind asphaltiert. Allerdings ist es schwierig, den Zustand der Straßen zu ermitteln. Explosionen und der Verkehr großer Mengen gepanzerter Fahrzeuge kann diese in Mitleidenschaft gezogen haben (Driver Abroad o.D.).
Die wichtigste Straße im Irak ist die Autobahn (Freeway) 1, die von Basra über Nasiriyah, Al Diwaniyah, Al Hillah, Bagdad, Fallujah, Habbaniyah, Ramadi nach Ar Rutba in Anbar und weiter nach Syrien und Jordanien führt. Andere wichtige Straßen sind:
Fernstraße 1: von Bagdad über Taji, Samarra, Tikrit und Mossul nach Syrien
Fernstraße 2: von Bagdad über Baqubah, Al Khalis, Kirkuk, Erbil, Mossul, Dohuk und Zakhu in die Türkei
Fernstraße 3: von Bagdad über Baqubah und Erbil in den Iran
Fernstraße 4: von Kirkuk über Sulaymaniyah, Darbinadikhan und Jalaulah nach As Sa'Diyah
Fernstraße 5: von Baqubah über Muqdadiyah, As Sa'Diyah und Khanaqin in den Iran
Fernstraße 6: von Bagdad über Al Kut und Al Amarah nach Basra
Fernstraße 7: von Al Kut über Ash Shatrah nach Nasiriyah.
Fernstraße 8: von Bagdad über Al Hillah, Al-Qadisiyyah, As Samawah, Nasiriyah und Basra nach Kuwait.
Fernstraße 9: von Karbala über Al-Najaf nach Al-Qadisiyyah.
Fernstraße 10: von Ar Rutbah nach Jordanien.
Fernstraße 11: von Bagdad über Al Fallujah, Al Ramadi und Ar Rutbah nach Syrien.
Fernstraße 12: von Al Ramadi über Hit, Haditha und Al-Karābilah nach Syrien (Driver Abroad o.D.) Die Sicherheitslage auf allen Strecken ist unvorhersehbar und kann sich schnell ändern. In den von den Sicherheitskräften kontrollierten Gebieten gibt es zahlreiche Kontrollpunkte. Die Fahrt auf vielen Straßen zwischen den Städten erfordert eine strenge Sicherheitsüberprüfung. In den umstrittenen Gebieten, in denen die Sicherheit nicht gewährleistet ist, dürfen nur Fahrzeuge aus dem jeweiligen Gouvernorat die Straßen befahren. Autos mit Nummernschildern aus einem anderen Gouvernement benötigen eine Sicherheitsgenehmigung (Driver Abroad o.D.).
In der Kurdischen Region im Irak (KRI) ist die Situation im Allgemeinen besser als im Rest des Landes. Im Norden der KRI gab es jedoch auch terroristische Zwischenfälle und Luftangriffe (Driver Abroad o.D.). Die meisten Straßen in der KRI wurden nicht nach modernen Betriebs- und Sicherheitsstandards gebaut und befinden sich aufgrund unzureichender Sicherheitsmaßnahmen häufig in einem schlechten Zustand. Seit Anfang 2014 hat sich die Wirtschaftskrise in der Region auch negativ auf die Straßen ausgewirkt. Die kurdische Regionalregierung (KRG) stoppte fast alle Straßenbau- und Instandhaltungsprojekte. Infolgedessen ist die Zahl der Unfälle gestiegen (Mohammed, Jaff, Schrock 9.2019).
Quellen:
AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (25.10.2021): Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak (Stand: Oktober 2021), https://www.ecoi.net/en/file/local/2063378/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Republik_Irak_%28Stand_Oktober_2021%29%2C_25.10.2021.pdf, Zugriff 1.12.2021
AI - Amnesty International (26.2.2019): Human rights in the Middle East and North Africa: Review of 2018 - Iraq [MDE 14/9901/2019], https://www.ecoi.net/en/file/local/2003674/MDE1499012019ENGLISH.pdf, Zugriff 16.3.2021
Anadolu Agency (23.7.2020): Iraq resumes international flights after 4 months, https://www.aa.com.tr/en/latest-on-coronavirus-outbreak/iraq-resumes-international-flights-after-4-months/1920149, Zugriff 24.1.2022
Driver Abroad (o.D.): Iraq; Iraq Car Rental and Driving in Iraq (and Kurdistan), https://driverabroad.com/countries/driving-in-the-middle-east/iraq/, Zugriff 2.2.2022
FH - Freedom House (28.2.2022): Freedom in the World 2022 - Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/2068634.html, Zugriff 7.6.2022
FIS - Finnish Migrations Service [Finnland] (17.6.2019): Irak: Tiendonhankintamatka Bagdadiin Helmikuussa 2019 Paluut Kotialueille (Entisille ISIS-Alueille); Ajankohtaista Irakilaisista Asiakirjoista, https://migri.fi/documents/5202425/5914056/Irak+Tiedonhankintamatka+Bagdadiin+helmikuussa+2019+Paluut+kotialueille+%28entisille+ISIS-alueille%29%3B+ajankohtaista+irakilaisista+asiakirjoista.pdf/c5019f7f-e3f7-981b-7cea-3edc1303aa78/Irak+Tiedonhankintamatka+Bagdadiin+helmikuussa+2019+Paluut+kotialueille+%28entisille+ISIS-alueille%29%3B+ajankohtaista+irakilaisista+asiakirjoista.pdf, Zugriff 13.3.2020
GIZ - Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (1.2021a): Irak - Geschichte & Staat, https://www.liportal.de/irak/geschichte-staat/, Zugriff 16.3.2021 [Anm.: Der Link ist nicht mehr abrufbar. Die Daten sind jedoch bei der Staatendokumentation archiviert und einsehbar.]
Mohammed, Hemin, Jaff, Dilshad, Schrock, Steven (9.2019): Transportation Research Interdisciplinary Perspectives, Volume 2; The challenges impeding traffic safety improvements in the Kurdistan Region of Iraq, https://reader.elsevier.com/reader/sd/pii/S2590198219300296?token=8B9F8F6D10BAF3B527B05D08378207F80CD3513ED73540326BD7AFC36FF9CCBAE6810B1B2FA6E9EA8A6113D610064780&originRegion=eu-west-1&originCreation=20220209104814, Zugriff 2.2.2022
Kirkuk Now (4.2.2020): Mosul International Airport closed for six years, https://kirkuknow.com/en/news/61385, Zugriff 24.1.2022
K24 - Kurdistan 24 (31.1.2020): ISIS kidnaps 7 civilians at fake checkpoint in Kurdistan’s Garmiyan region, https://www.kurdistan24.net/en/story/21800-ISIS-kidnaps-7-civilians-at-fake-checkpoint-in-Kurdistan%E2%80%99s-Garmiyan-region, Zugriff 16.3.2021
K24 - Kurdistan 24 (2.2.2020): ISIS abducts two brothers at fake checkpoint in Garmiyan, https://www.kurdistan24.net/en/story/21816-ISIS-abducts-two-brothers-at-fake-checkpoint-in-Garmiyan, Zugriff 16.3.2021
NYT - New York Times, The (2.4.2018): In Iraq, I Found Checkpoints as Endless as the Whims of Armed Men, https://www.nytimes.com/2018/04/02/magazine/iraq-sinjar-checkpoints-militias.html, Zugriff 13.3.2020 NYT - New York Times, The (2.4.2018): In Iraq, römisch eins Found Checkpoints as Endless as the Whims of Armed Men, https://www.nytimes.com/2018/04/02/magazine/iraq-sinjar-checkpoints-militias.html, Zugriff 13.3.2020
Rudaw (1.2.2020): ISIS kidnaps 9 civilians in two nights in disputed areas of Diyala, Saladin provinces, https://www.rudaw.net/english/middleeast/iraq/010220201, Zugriff 16.3.2021
UNHCR - UN High Commissioner for Refugees (11.1.2021): Relevant Country of Origin Information to Assist with the Application of UNHCR’s Country Guidance on Iraq; Ability of Persons Originating from Formerly ISIS-Held or Conflict-Affected Areas to Legally Access and Remain in Proposed Areas of Internal Relocation, https://www.ecoi.net/en/file/local/2043432/5ffc243b4.pdf, Zugriff 1.3.2021
USDOS - US Department of State [USA] (12.4.2022): 2021 Country Report on Human Rights Practices: Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/2071125.html, Zugriff 7.6.2022
Zeidel, Ronan/ al-Hashimis, Hisham in: Terrorism Research Initiative (6.2019): A Phoenix Rising from the Ashes? Daesh after its Territorial Losses in Iraq and Syria, https://www.jstor.org/stable/26681907, Zugriff 3.3.2021
Einreise und Einwanderung in den föderalen Irak
Letzte Änderung: 16.08.2022
Die Regierung in Bagdad verlangt von Bürgern, die das Land verlassen, eine Ausreisegenehmigung. Diese Vorschrift wird jedoch nicht konsequent durchgesetzt (USDOS 12.4.2022). Eine Einreise in den Irak ist mit einem gültigen und von der irakischen Regierung anerkannten irakischen Reisepass möglich. Die irakische Botschaft stellt zudem Passersatzpapiere an irakische Staatsangehörige zur einmaligen Einreise in den Irak aus. Iraker mit gültigem Reisepass genießen Reisefreiheit und können die Landesgrenzen problemlos passieren (AA 25.10.2021).
Es gibt keine Bürgschaftsanforderungen für die (zeitlich befristete) Einreise in die Gouvernements Babil, Bagdad, Basra, Dhi-Qar, Diyala, Kerbala, Kirkuk, Missan, Muthanna, Najaf, Qadisiyah und Wassit. Bürgschaftsanforderungen für die Einreise in die Gouvernements Missan und Muthanna wurden 2020 aufgehoben (UNHCR 11.1.2021). Lokale PMF-Gruppen verhinderten in gewissen Gebieten die Rückkehr von Binnenvertriebenen, beispielsweise nach Salah ad-Din oder von Christen in mehrere Städte in der Ninewa-Ebene, darunter Bartalla und Qaraqosh (USDOS 12.4.2022).
Für die dauerhafte Niederlassung in den verschiedenen Gouvernements existieren für Personen aus den vormals vom IS kontrollierten Gebieten, insbesondere für sunnitische Araber, einschließlich Personen, die aus einem Drittland in den Irak zurückkehren, unterschiedliche Regelungen. Für eine Ansiedlung in Bagdad werden zwei Bürgen aus der Nachbarschaft benötigt, in der die Person wohnen möchte, sowie ein Unterstützungsschreiben des lokalen Mukhtar (Anm.: etwa Dorf-, Gemeindevorsteher). Für die Ansiedlung in Diyala, sowie in den südlichen Gouvernements Babil, Basra, Dhi-Qar, Kerbala, Missan, Muthanna, Najaf, Qadisiyah und Wassit sind ein Bürge und ein Unterstützungsschreiben des lokalen Mukhtar erforderlich. Ausnahmen stellen der nördliche Bezirks Muqdadiyah, der Unterbezirk Saadiyah im Bezirk Khanaqin, sowie der Norden des Unterbezriks Al-Udhim im Bezirk Khalis dar, in denen Unterstützungsschreiben des lokalen Mukhtar, des nationalen Sicherheitsdiensts (National Security Service, NSS) und des Nachrichtendienstes notwendig sind. Für die Ansiedlung in der Stadt Kirkuk wird ein Unterstützungsschreiben des lokalen Mukhtar benötigt (UNHCR 11.1.2021).Für die dauerhafte Niederlassung in den verschiedenen Gouvernements existieren für Personen aus den vormals vom IS kontrollierten Gebieten, insbesondere für sunnitische Araber, einschließlich Personen, die aus einem Drittland in den Irak zurückkehren, unterschiedliche Regelungen. Für eine Ansiedlung in Bagdad werden zwei Bürgen aus der Nachbarschaft benötigt, in der die Person wohnen möchte, sowie ein Unterstützungsschreiben des lokalen Mukhtar Anmerkung, etwa Dorf-, Gemeindevorsteher). Für die Ansiedlung in Diyala, sowie in den südlichen Gouvernements Babil, Basra, Dhi-Qar, Kerbala, Missan, Muthanna, Najaf, Qadisiyah und Wassit sind ein Bürge und ein Unterstützungsschreiben des lokalen Mukhtar erforderlich. Ausnahmen stellen der nördliche Bezirks Muqdadiyah, der Unterbezirk Saadiyah im Bezirk Khanaqin, sowie der Norden des Unterbezriks Al-Udhim im Bezirk Khalis dar, in denen Unterstützungsschreiben des lokalen Mukhtar, des nationalen Sicherheitsdiensts (National Security Service, NSS) und des Nachrichtendienstes notwendig sind. Für die Ansiedlung in der Stadt Kirkuk wird ein Unterstützungsschreiben des lokalen Mukhtar benötigt (UNHCR 11.1.2021).
Quellen:
AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (25.10.2021): Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak (Stand: Oktober 2021), https://www.ecoi.net/en/file/local/2063378/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Republik_Irak_%28Stand_Oktober_2021%29%2C_25.10.2021.pdf, Zugriff 1.12.2021
USDOS - US Department of State [USA] (12.4.2022): 2021 Country Report on Human Rights Practices: Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/2071125.html, Zugriff 7.6.2022
UNHCR - UN High Commissioner for Refugees (11.1.2021): Relevant Country of Origin Information to Assist with the Application of UNHCR’s Country Guidance on Iraq; Ability of Persons Originating from Formerly ISIS-Held or Conflict-Affected Areas to Legally Access and Remain in Proposed Areas of Internal Relocation, https://www.ecoi.net/en/file/local/2043432/5ffc243b4.pdf, Zugriff 1.3.2021
Einreise und Einwanderung in die Kurdistan Region Irak (KRI)
Letzte Änderung: 16.08.2022
Die Kurdistan Region Irak (KRI) schränkt die Bewegungsfreiheit in den von ihr verwalteten Gebieten für Nicht-Einheimische ein (USDOS 12.4.2022). Es wird für die Einreise in die Gouvernements Dohuk, Erbil und Sulaymaniyah, zwecks Aufenthalt von bis zu 30 Tagen, kein Bürge benötigt (UNHCR 11.1.2021). Bürger, die aus dem Zentral- oder Südirak in die KRI einreisen (egal welcher ethno-religiösen Gruppe sie angehören - auch Kurden) müssen Checkpoints passieren und Personen- und Fahrzeugkontrollen über sich ergehen lassen. Checkpoints werden manchmal für längere Zeit geschlossen (USDOS 12.4.2022). Beamte hindern Personen, die ihrer Meinung nach ein Sicherheitsrisiko darstellen könnten, an der Einreise in die Region. Die Einreise ist für Männer oft schwieriger, insbesondere für arabische Männer, die ohne Familie reisen (USDOS 30.3.2021).
Inner-irakische Migration aus dem föderalen Irak in die KRI ist grundsätzlich möglich. Durch ein Registrierungsverfahren wird der Zuzug (Niederlassung) jedoch kontrolliert (AA 25.10.2021). Wer sich dauerhaft niederlassen möchte, muss sich bei der kurdischen Geheimpolizei (Asayish-Behörde) des jeweiligen Distrikts anmelden (AA 25.10.2021; vgl. UNHRC 11.1.2021). Eine Sicherheitsfreigabe durch die Asayish ist dabei in allen Regionen der KRI notwendig. Eine zusätzliche Anforderung für alleinstehende arabische und turkmenische Männer ist, dass sie eine feste Anstellung und ein Unterstützungsschreiben ihres Arbeitgebers vorweisen müssen. Nur in Dohuk muss eine Person in Begleitung des Bürgen, der die Einreise ermöglicht, vorstellig werden, um eine Aufenthaltsgenehmigung zu erhalten. Für eine Niederlassung in Erbil oder Sulaymaniyah wird keine Bürgschaft verlangt (UNHCR 11.1.2021). Die Aufenthaltsgenehmigung ist, in der Regel, einjährig erneuerbar, abgesehen von Dohuk, wo die Aufenthaltsgenehmigung nur bis zu sechs Monate gültig ist (UNHCR 11.1.2021; vgl. USDOS 12.4.2022). Personen ohne feste Anstellung erhalten jedoch nur eine einmonatige, erneuerbare Genehmigung. Auch alleinstehende arabische und turkmenische Männer erhalten generell nur eine monatlich erneuerbare Aufenthaltsgenehmigung. Unter Vorlage des Nachweises einer regulären Beschäftigung und eines Unterstützungsschreibens ihres Arbeitgebers können sie auch eine einjährige Aufenthaltsgenehmigung beantragen (UNHCR 11.1.2021). Informationen über die Anzahl der Anträge und Ablehnungen werden nicht veröffentlicht (AA 25.10.2021). Inner-irakische Migration aus dem föderalen Irak in die KRI ist grundsätzlich möglich. Durch ein Registrierungsverfahren wird der Zuzug (Niederlassung) jedoch kontrolliert (AA 25.10.2021). Wer sich dauerhaft niederlassen möchte, muss sich bei der kurdischen Geheimpolizei (Asayish-Behörde) des jeweiligen Distrikts anmelden (AA 25.10.2021; vergleiche UNHRC 11.1.2021). Eine Sicherheitsfreigabe durch die Asayish ist dabei in allen Regionen der KRI notwendig. Eine zusätzliche Anforderung für alleinstehende arabische und turkmenische Männer ist, dass sie eine feste Anstellung und ein Unterstützungsschreiben ihres Arbeitgebers vorweisen müssen. Nur in Dohuk muss eine Person in Begleitung des Bürgen, der die Einreise ermöglicht, vorstellig werden, um eine Aufenthaltsgenehmigung zu erhalten. Für eine Niederlassung in Erbil oder Sulaymaniyah wird keine Bürgschaft verlangt (UNHCR 11.1.2021). Die Aufenthaltsgenehmigung ist, in der Regel, einjährig erneuerbar, abgesehen von Dohuk, wo die Aufenthaltsgenehmigung nur bis zu sechs Monate gültig ist (UNHCR 11.1.2021; vergleiche USDOS 12.4.2022). Personen ohne feste Anstellung erhalten jedoch nur eine einmonatige, erneuerbare Genehmigung. Auch alleinstehende arabische und turkmenische Männer erhalten generell nur eine monatlich erneuerbare Aufenthaltsgenehmigung. Unter Vorlage des Nachweises einer regulären Beschäftigung und eines Unterstützungsschreibens ihres Arbeitgebers können sie auch eine einjährige Aufenthaltsgenehmigung beantragen (UNHCR 11.1.2021). Informationen über die Anzahl der Anträge und Ablehnungen werden nicht veröffentlicht (AA 25.10.2021).
Die kurdischen Behörden wenden Beschränkungen regional unterschiedlich streng an. Die Wiedereinreise von IDPs und Flüchtlingen wird - je nach ethno-religiösem Hintergrund und Rückkehrgebiet - mehr oder weniger restriktiv gehandhabt (USDOS 30.3.2021). Die kurdischen Behörden haben Tausende von Arabern daran gehindert, in ihre Dörfer im Unterbezirk Rabia und im Bezirk Hamdaniya im Gouvernement Ninewa zurückzukehren, Gebiete, aus denen kurdische Einheiten 2014 den IS vertrieben und die territoriale Kontrolle übernommen hatten. Gleichzeitig jedoch erlaubte die KRG kurdischen Dorfbewohnern, in diese Gebiete zurückzukehren (HRW 13.1.2022).
Quellen:
AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (25.10.2021): Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak (Stand: Oktober 2021), https://www.ecoi.net/en/file/local/2063378/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Republik_Irak_%28Stand_Oktober_2021%29%2C_25.10.2021.pdf, Zugriff 1.12.2021
HRW - Human Rights Watch (13.1.2022): World Report 2022 - Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/2066472.html, Zugriff 7.6.2022
UNHCR - UN High Commissioner for Refugees (11.1.2021): Relevant Country of Origin Information to Assist with the Application of UNHCR’s Country Guidance on Iraq; Ability of Persons Originating from Formerly ISIS-Held or Conflict-Affected Areas to Legally Access and Remain in Proposed Areas of Internal Relocation, https://www.ecoi.net/en/file/local/2043432/5ffc243b4.pdf, Zugriff 1.3.2021
USDOS - US Department of State [USA] (12.4.2022): 2021 Country Report on Human Rights Practices: Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/2071125.html, Zugriff 7.6.2022
USDOS - US Department of State [USA] (30.3.2021): 2020 Country Report on Human Rights Practices: Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048100.html, Zugriff 1.4.2021
USDOS - US Department of State [USA] (11.3.2020): Country Report on Human Rights Practices 2019 – Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026340.html, Zugriff 2.2.2021
Grundversorgung und Wirtschaft
Letzte Änderung: 22.08.2022
Der Staat kann die Grundversorgung der Bürger nicht kontinuierlich und in allen Landesteilen gewährleisten. Einige Städte und Siedlungen sind weitgehend zerstört. Die Stabilisierungsbemühungen und der Wiederaufbau durch die irakische Regierung werden intensiv vom United Nations Development Programme (UNDP) und internationalen Gebern unterstützt (AA 25.10.2021). Wiederaufbauprogramme liefen vor der Corona-Krise vorsichtig an (GIZ 1.2021b).
Nach Angaben der Weltbank (2018) leben 70 % der Iraker in Städten. Die Lebensbedingungen von einem großen Teil der städtischen Bevölkerung ist prekär, ohne ausreichenden Zugang zu grundlegenden öffentlichen Dienstleistungen. Die über Jahrzehnte durch internationale Isolation und Krieg vernachlässigte Infrastruktur ist sanierungsbedürftig (AA 25.10.2021).
Versorgungsengpässe bei Strom und Wasser sowie die mangelnde Arbeitsbeschaffung sind die Gründe für die andauernden Proteste in Iraks großen Städten (GIZ 1.2021b). Die Versorgungslage für die irakische Wohnbevölkerung stellt sich, je nach Region, sehr unterschiedlich dar. Die Knappheit an Strom und sauberem Trinkwasser hat 2018 zu mehreren, zum Teil gewalttätigen Protesten im Süden geführt (GIZ 1.2021d).
Wirtschaftslage
Der Irak ist eines der am stärksten vom Öl abhängigen Länder der Welt. In den letzten zehn Jahren machten die Öleinnahmen mehr als 99 % der Ausfuhren, 85 % des Staatshaushalts und 42 % des Bruttoinlandsprodukts (BIP) aus. Diese übermäßige Abhängigkeit vom Öl setzt das Land makroökonomischer Volatilität aus (WB 1.6.2022). Die größtenteils staatlich geführte Wirtschaft Iraks wird vom Ölsektor dominiert (Fanack 5.6.2020). Dieser erwirtschaftet rund 90 % der Staatseinnahmen (AA 25.10.2021; vgl. GIZ 1.2021b). Abseits des Ölsektors besitzt der Irak kaum eigene Industrie. Hauptarbeitgeber ist der Staat (AA 25.10.2021). Der Irak ist eines der am stärksten vom Öl abhängigen Länder der Welt. In den letzten zehn Jahren machten die Öleinnahmen mehr als 99 % der Ausfuhren, 85 % des Staatshaushalts und 42 % des Bruttoinlandsprodukts (BIP) aus. Diese übermäßige Abhängigkeit vom Öl setzt das Land makroökonomischer Volatilität aus (WB 1.6.2022). Die größtenteils staatlich geführte Wirtschaft Iraks wird vom Ölsektor dominiert (Fanack 5.6.2020). Dieser erwirtschaftet rund 90 % der Staatseinnahmen (AA 25.10.2021; vergleiche GIZ 1.2021b). Abseits des Ölsektors besitzt der Irak kaum eigene Industrie. Hauptarbeitgeber ist der Staat (AA 25.10.2021).
Die seit 2020 sinkenden Ölpreise und die Auswirkungen der COVID-19-Pandemie haben sich negativ auf die Wirtschaftsentwicklung niedergeschlagen, die wirtschaftlichen Probleme des Iraks verstärkt und zwei Jahre der stetigen Erholung zunichte gemacht (WB 5.4.2021; vgl. GIZ 1.2021b). Der Ölpreis fiel im April 2020 auf einen Tiefststand von 13,8 US-Dollar (Wing 2.6.2021). Im Zuge dessen haben sich auch die bestehenden wirtschaftlichen und sozialen Schwachstellen vertieft und den öffentlichen Unmut, der bereits vor COVID-19 bestand, noch verstärkt. Die Fähigkeit der irakischen Regierung ein Konjunkturpaket für eine Wirtschaft zu schnüren, die in hohem Maße von Ölexporten abhängig ist, um Wachstum und Einnahmen zu erzielen, wird durch den fehlenden fiskalischen Spielraum eingeschränkt. Infolgedessen hat das Land die größte Schrumpfung seiner Wirtschaft seit 2003 erlebt (WB 5.4.2021). Die Prognosen der ökonomischen Entwicklung im Irak sind schlechter denn je (GIZ 1.2021b). Die wirtschaftlichen Aussichten des Irak hängen von der weiteren Entwicklung der COVID-19-Pandemie, den globalen Aussichten am Ölmarkt und von der Umsetzung von Reformen ab (WB 5.4.2021). Die Wirtschaft erholt sich allmählich von den Öl- und COVID-19-Schocks im Jahr 2020. Das reale BIP dürfte 2021 um 1,3 % gestiegen sein, nachdem es 2020 um 11,3 % geschrumpft war. Die Trendwende auf den Ölmärkten hat die mittelfristigen Wirtschaftsaussichten des Irak deutlich verbessert. Für das Jahr 2022 wird nun ein Gesamtwachstum von 8,9 % prognostiziert. Die jüngsten geopolitischen Spannungen im Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine machen die Risiken für die irakische Wirtschaft deutlich. Während weitere Ölpreissteigerungen die Haushaltsbilanz des Irak verbessern würden, werden steigende Lebensmittelpreise und Störungen bei den Agrarimporten die bereits bestehenden Armutstrends verschärfen und die Risiken für die Ernährungssicherheit erhöhen. Der Konflikt birgt auch Risiken für die irakische Rohölproduktion, wenn die Tätigkeit russischer Ölgesellschaften im Irak durch die internationalen Sanktionen gegen Russland beeinträchtigt wird (WB 1.6.2022).Die seit 2020 sinkenden Ölpreise und die Auswirkungen der COVID-19-Pandemie haben sich negativ auf die Wirtschaftsentwicklung niedergeschlagen, die wirtschaftlichen Probleme des Iraks verstärkt und zwei Jahre der stetigen Erholung zunichte gemacht (WB 5.4.2021; vergleiche GIZ 1.2021b). Der Ölpreis fiel im April 2020 auf einen Tiefststand von 13,8 US-Dollar (Wing 2.6.2021). Im Zuge dessen haben sich auch die bestehenden wirtschaftlichen und sozialen Schwachstellen vertieft und den öffentlichen Unmut, der bereits vor COVID-19 bestand, noch verstärkt. Die Fähigkeit der irakischen Regierung ein Konjunkturpaket für eine Wirtschaft zu schnüren, die in hohem Maße von Ölexporten abhängig ist, um Wachstum und Einnahmen zu erzielen, wird durch den fehlenden fiskalischen Spielraum eingeschränkt. Infolgedessen hat das Land die größte Schrumpfung seiner Wirtschaft seit 2003 erlebt (WB 5.4.2021). Die Prognosen der ökonomischen Entwicklung im Irak sind schlechter denn je (GIZ 1.2021b). Die wirtschaftlichen Aussichten des Irak hängen von der weiteren Entwicklung der COVID-19-Pandemie, den globalen Aussichten am Ölmarkt und von der Umsetzung von Reformen ab (WB 5.4.2021). Die Wirtschaft erholt sich allmählich von den Öl- und COVID-19-Schocks im Jahr 2020. Das reale BIP dürfte 2021 um 1,3 % gestiegen sein, nachdem es 2020 um 11,3 % geschrumpft war. Die Trendwende auf den Ölmärkten hat die mittelfristigen Wirtschaftsaussichten des Irak deutlich verbessert. Für das Jahr 2022 wird nun ein Gesamtwachstum von 8,9 % prognostiziert. Die jüngsten geopolitischen Spannungen im Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine machen die Risiken für die irakische Wirtschaft deutlich. Während weitere Ölpreissteigerungen die Haushaltsbilanz des Irak verbessern würden, werden steigende Lebensmittelpreise und Störungen bei den Agrarimporten die bereits bestehenden Armutstrends verschärfen und die Risiken für die Ernährungssicherheit erhöhen. Der Konflikt birgt auch Risiken für die irakische Rohölproduktion, wenn die Tätigkeit russischer Ölgesellschaften im Irak durch die internationalen Sanktionen gegen Russland beeinträchtigt wird (WB 1.6.2022).
Ein wichtiger Faktor für die Landwirtschaft, vor allem im Süden des Irak, sind die Umweltzerstörung und der Klimawandel. Abnehmende Niederschläge, höhere Temperaturen und flussaufwärts gelegene Staudämme in der Türkei und im Iran haben den Wasserfluss im Euphrat und Tigris Becken verringert, in dem die Gouvernements Basra, Dhi Qar und Missan liegen. Die Verringerung des Wasserflusses hat Auswirkungen auf den Zugang zu Wasser, der für den Anbau von Pflanzen entscheidend ist (Altai 14.6.2021).
Die Arbeitslosenquote im Irak stieg von 12,76 % im Jahr 2019 auf 13,74 % im Jahr 2020 (TE 2021). Im Januar 2021 lag die Arbeitslosenquote im Irak um mehr als 10 % über dem Niveau von 12,7 % vor der COVID-19-Pandemie (WB 1.6.2022). Laut Schätzung der Vereinten Nationen beträgt die Arbeitslosenquote 11 %, bei Jugendlichen unter 24 Jahren ist sie doppelt so hoch und liegt bei 22,8 %. Unter den IDPs sind fast 24 % arbeitslos oder unterbeschäftigt (im Vergleich zu 18 % im Landesdurchschnitt) (GIZ 1.2021b). Verschiedene Quellen geben, mit Verweis auf Regierungsquellen, Arbeitslosenquoten im Land zwischen 13,8 % und 40% an (ACCORD 28.9.2021). Darüber hinaus ist fast ein Viertel der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter nicht ausgelastet, also entweder arbeitslos oder unterbeschäftigt. Bei Frauen, die am Arbeitsmarkt teilnehmen, ist die Wahrscheinlichkeit höher, dass sie arbeitslos, unter- oder teilzeitbeschäftigt sind (ILO 2021). Besonders hoch ist die Arbeitslosigkeit bei IDPs, die in Lagern leben, wo 29 % der Haushalte angaben, dass mindestens ein Mitglied arbeitslos ist und aktiv nach Arbeit sucht. Bei IDPs, die außerhalb von Lagern leben, sind es 22 % und 18 % bei Rückkehrern (OCHA 2.2021). Die Arbeitslosigkeit unter Vertriebenen, Rückkehrern, arbeitssuchenden Frauen, Selbstständigen aus der Zeit vor der Pandemie und informell Beschäftigten ist weiterhin hoch (WB 1.6.2022).
Die Arbeitsmarktbeteiligung im Irak war mit 48,7 % im Jahr 2019 bereits vor der Ausbreitung des COVID-19-Virus eine der niedrigsten der Welt (IOM 18.6.2021; vgl. ILO 2021). Der wirtschaftliche Abschwung im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie hat die Beschäftigungsmöglichkeiten deutlich reduziert und die Löhne gesenkt (IOM 18.6.2021). Die Weltbank schätzt den Anteil der Arbeitssuchenden unter 24-Jährigen auf ca. 32 %. Die Arbeitsmarktbeteiligung der Frauen liegt wesentlich unter dem Durchschnitt der MENA-Region (GIZ 1.2021b). Je nach Quelle liegt sie bei rund 12 % (DFAT 17.8.2020), bzw. wird sie auf rund 20 % geschätzt (ILO 2021). Die Frauenarbeitslosigkeit liegt bei etwa 29,7 % (DFAT 17.8.2020). Die Arbeitsmarktbeteiligung im Irak war mit 48,7 % im Jahr 2019 bereits vor der Ausbreitung des COVID-19-Virus eine der niedrigsten der Welt (IOM 18.6.2021; vergleiche ILO 2021). Der wirtschaftliche Abschwung im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie hat die Beschäftigungsmöglichkeiten deutlich reduziert und die Löhne gesenkt (IOM 18.6.2021). Die Weltbank schätzt den Anteil der Arbeitssuchenden unter 24-Jährigen auf ca. 32 %. Die Arbeitsmarktbeteiligung der Frauen liegt wesentlich unter dem Durchschnitt der MENA-Region (GIZ 1.2021b). Je nach Quelle liegt sie bei rund 12 % (DFAT 17.8.2020), bzw. wird sie auf rund 20 % geschätzt (ILO 2021). Die Frauenarbeitslosigkeit liegt bei etwa 29,7 % (DFAT 17.8.2020).
Einer Umfrage von 2021 in Bagdad, Basra und Mossul zufolge sind etwa 34 % der Stadtbewohner ständig erwerbstätig, 38 % nur gelegentlich und 25 % sind arbeitslos. 12 % der Männer und 40 % der Frauen geben an, arbeitslos zu sein. Die Arbeitslosigkeit betrifft vor allem die 16- bis 18-Jährigen (48 %). 27 % der Einwohner im Alter von 19 bis 25 Jahren und 17 % im Alter von 26 bis 35 Jahren haben keine Arbeit. Während 30 % der Araber arbeitslos sind, sind es nur 10 % der Kurden. Was die Religionszugehörigkeit betrifft, so sind 19 % der Christen, 25 % der schiitischen und 30 % der sunnitischen Muslime arbeitslos. Während 75 % der kontinuierlich Beschäftigten mehr als 700.000 IQD verdienen, verdienen 62 % der Befragten, die nur gelegentlich arbeiten, weniger als 700.000 IQD (BFA, IRFAD 2021).
26 % der Befragten arbeiten Vollzeit, 30 % Teilzeit, 10 % haben mehrere Teilzeitstellen, 15 % sind Tagelöhner und 12 % Saisonarbeiter. Interessanterweise ist das Geschlechtergefälle bei der Vollzeitbeschäftigung (24 % der Frauen und 28 % der Männer) viel geringer als bei der Teilzeitbeschäftigung (35 % der Männer und 23 % der Frauen). Von den Kurden geben 29 % an, eine Vollzeitbeschäftigung zu haben, 43 % gehen einer Saison- oder Tagelohnarbeit nach. 22 % der Araber haben eine Vollzeitstelle und 45 % eine oder mehrere Teilzeitstellen. Was die Religionsgemeinschaften betrifft, so haben 20 % der sunnitischen Muslime eine Vollzeitstelle, während 50 % eine oder mehrere Teilzeitstellen haben. Von den schiitischen Muslimen geben 29 % an, eine Vollzeitbeschäftigung zu haben, und 20 % sind als Tagelöhner tätig. 33 % der Christen haben eine Vollzeitbeschäftigung, aber auch 20 % gehen einer Tagelöhnertätigkeit nach. 51 % derjenigen, die eine Teilzeitbeschäftigung oder Tagelohnarbeit ausüben, verdienen weniger als 700.000 IQD, während 57 % derjenigen, die Vollzeit arbeiten, mehr als 700.000 IQD verdienen (BFA, IRFAD 2021).
Einer Befragung vom Februar 2021 zufolge liegt das Durchschnittsgehalt für Fachkräfte im Irak bei 384 USD (~561.180 IQD), das für ungelernte Arbeiter bei 215 USD (~314.200 IQD). Es zeigt sich dabei ein deutlicher Unterschied im Lohnniveau zwischen den vom Islamischen Staat (IS) zurückeroberten Gebieten und jenen, die nicht durch den IS besetzt waren. Für Fachkräfte liegt das Durchschnittsgehalt in den zurückeroberten Gebieten bei 289 USD (~422.350 IQD) und in Gebieten, die nicht vom Konflikt betroffen waren, bei 460 USD (~672.250 IQD). Für ungelernten Arbeitskräften betragen die Durchschnittslöhne in den zurückeroberten Gebieten 158 USD (~230.900 IQD) und in Gebieten die nicht vom Konflikt betroffen waren 263 USD (~384.350 IQD) (BFA, IRFAD 2021).
Die Armutsrate ist infolge der Wirtschaftskrise bis Juli 2020 auf ca. 30 % angestiegen (AA 25.10.2021; vgl. ILO 2021), Laut Weltbank lag sie Anfang 2021 bei 22,5 % (WB 5.4.2021). Dabei ist die Armutsrate in ländlichen Gebieten deutlich höher als in städtischen (ILO 2021). Aufgrund der COVID-19-Pandemie hatte die irakische Regierung Schwierigkeiten, die Gehälter der sechs Millionen Staatsbediensteten zu zahlen, und Millionen von Menschen, die im privaten und informellen Sektor arbeiten, haben ihre Beschäftigung und ihre Lebensgrundlage verloren. Nach Schätzungen von UNICEF und der Weltbankgruppe fielen im Jahr 2020 schätzungsweise 4,5 Millionen Iraker unter die Armutsgrenze von 1,90 US-Dollar pro Tag (IOM 18.6.2021). Einhergehend mit dem neuerlichen Ansteigen der Ölpreise wird auch eine Reduktion der Armutsrate um 7 bis 14 % erwartet (WB 5.4.2021).Die Armutsrate ist infolge der Wirtschaftskrise bis Juli 2020 auf ca. 30 % angestiegen (AA 25.10.2021; vergleiche ILO 2021), Laut Weltbank lag sie Anfang 2021 bei 22,5 % (WB 5.4.2021). Dabei ist die Armutsrate in ländlichen Gebieten deutlich höher als in städtischen (ILO 2021). Aufgrund der COVID-19-Pandemie hatte die irakische Regierung Schwierigkeiten, die Gehälter der sechs Millionen Staatsbediensteten zu zahlen, und Millionen von Menschen, die im privaten und informellen Sektor arbeiten, haben ihre Beschäftigung und ihre Lebensgrundlage verloren. Nach Schätzungen von UNICEF und der Weltbankgruppe fielen im Jahr 2020 schätzungsweise 4,5 Millionen Iraker unter die Armutsgrenze von 1,90 US-Dollar pro Tag (IOM 18.6.2021). Einhergehend mit dem neuerlichen Ansteigen der Ölpreise wird auch eine Reduktion der Armutsrate um 7 bis 14 % erwartet (WB 5.4.2021).
Die Löhne liegen zwischen 200 und 2.500 USD (163,8 und 2.047,45 EUR), je nach Qualifikation und Ausbildung. Für ungelernte Arbeitskräfte liegt das Lohnniveau etwa zwischen 200 und 400 USD (163,8 und327,59 EUR) pro Monat (IOM 18.6.2021). Dem oben zitierten Befragung zufolge verdienen 56 % der Befragten weniger als 600.000 IQD (360 EUR) und nur 5 % zwischen 1.000.000 und 3.000.000 IQD (600 bis 1800 EUR). In der Einkommensgruppe unter IQD 600.000 sind 58 % Frauen und 55 % Männer, in der Gruppe mit einem Einkommen zwischen 1.000.000 und 3.000.000 IQD sind 7 % Männer und nur 2 % Frauen. Die regionalen Daten zeigen, dass in Bagdad 54 % weniger als 600.000 IQD verdienen und nur 1,5 % zwischen 1.000.000 und 3.000.000 IQD. In Basra haben 61 % ein Einkommen unter 600.000 IQD und 9 % verdienen zwischen 1.000.000 und 3.000.000 IQD. In Mossul verdienen 56 % weniger als 600.000 IQD, während 10 % zwischen 1.000.000 und 3.000.000 IQD liegen. 55 % der arabischen Befragten verdienen weniger als 600.000 IQD, während 5 % zwischen 1.000.000 und 3.000.000 IQD verdienen. Von den kurdischen Befragten verdienen 54 % unter 600.000 IQD und 3 % zwischen 1.000.000 und 3.000.000 IQD. Nach Religionszugehörigkeit verdienen 61 % der Christen, 50 % der schiitischen Muslime und 59 % der sunnitischen Muslime weniger als 600.000 IQD (BFA, IRFAD 2021).
Nahrungsmittelversorgung
Der Irak ist in hohem Maße von Nahrungsmittelimporten (schätzungsweise 50 % des Nahrungsmittelbedarfs) abhängig (FAO 30.6.2020). Grundnahrungsmittel sind in allen Gouvernements verfügbar (IOM 18.6.2021).
Aufgrund von Panikkäufen im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie kam es in den letzten beiden Märzwochen 2020 zu einem vorübergehenden Preisanstieg für Lebensmittel. Strenge Preiskontrollmaßnahmen der Regierung führten ab April 2020 zuerst zu einer Stabilisierung der Preise und ab Mai 2020 wieder zu einer Normalisierung (FAO 30.6.2020). Die lokalen Märkte haben sich in allen Gouvernements als widerstandsfähig angesichts der Pandemie bewährt (OCHA 2.2021).
Vor der Covid-19-Krise war eines von fünf Kindern unter fünf Jahren unterernährt. 3,3 Millionen Kinder sind laut UNICEF immer noch auf humanitäre Unterstützung angewiesen (AA 25.10.2021). Etwa 4,1 Millionen Iraker benötigen humanitäre Hilfe (FAO 11.6.2021).
Alle Iraker, die als Familie registriert sind und über ein monatliches Einkommen von höchstens 1.000.000 IQD (558,14 EUR) verfügen, haben Anspruch auf Zugang zum Public Distribution System (PDS) (IOM 18.6.2021; vgl. USDOS 12.4.2022). Das PDS ist ein universelles Lebensmittelsubventionsprogramm der Regierung, das als Sozialschutzprogramm kostenlose Lebensmittel subventioniert oder verteilt (WB 2.2020). Formal erfordert die Registrierung für das PDS die irakische Staatsbürgerschaft sowie die Anerkennung als "Familie", die durch einen rechtsgültigen Ehevertrag oder eine Verwandtschaft ersten Grades (Eltern, Kinder) erreicht wird. Alleinstehende Rückkehrer können sich bei ihren Verwandten ersten Grades registrieren lassen, z.B. bei ihrer Mutter oder ihrem Vater. Sollten alleinstehende Rückkehrer keine Familienangehörigen haben, bei denen sie sich anmelden können, erhalten sie keine PDS-Unterstützung (IOM 18.6.2021). Die angeschlagene finanzielle Lage des Irak wirkt sich auch auf das PDS aus (WB 5.4.2021), insbesondere der niedrige Ölpreis schränkt die Mittel ein (USDOS 30.3.2021). In den vorangegangenen zwei Jahren hat die Regierung nur Mehl verteilt, aber keine anderen Waren wie Speiseöl oder Zucker. Ein Vorschlag der Regierung, die PDS-Nahrungsmittelverteilung durch Bargeldzahlungen (IQD 17.000, ca. 12 $ pro Person) zu ersetzen, wurde angesichts der anhaltenden Sicherheits- und wirtschaftlichen Instabilitäten noch nicht umgesetzt (BS 23.2.2022, S.26). Der Anteil der Haushalte, der im Rahmen des PDS Überweisungen erhalten hat, ist um etwa 8 % gesunken. Der Verlust von Haushaltseinkommen und Sozialhilfe hat die Anfälligkeit für Ernährungsunsicherheit erhöht (WB 5.4.2021).Alle Iraker, die als Familie registriert sind und über ein monatliches Einkommen von höchstens 1.000.000 IQD (558,14 EUR) verfügen, haben Anspruch auf Zugang zum Public Distribution System (PDS) (IOM 18.6.2021; vergleiche USDOS 12.4.2022). Das PDS ist ein universelles Lebensmittelsubventionsprogramm der Regierung, das als Sozialschutzprogramm kostenlose Lebensmittel subventioniert oder verteilt (WB 2.2020). Formal erfordert die Registrierung für das PDS die irakische Staatsbürgerschaft sowie die Anerkennung als "Familie", die durch einen rechtsgültigen Ehevertrag oder eine Verwandtschaft ersten Grades (Eltern, Kinder) erreicht wird. Alleinstehende Rückkehrer können sich bei ihren Verwandten ersten Grades registrieren lassen, z.B. bei ihrer Mutter oder ihrem Vater. Sollten alleinstehende Rückkehrer keine Familienangehörigen haben, bei denen sie sich anmelden können, erhalten sie keine PDS-Unterstützung (IOM 18.6.2021). Die angeschlagene finanzielle Lage des Irak wirkt sich auch auf das PDS aus (WB 5.4.2021), insbesondere der niedrige Ölpreis schränkt die Mittel ein (USDOS 30.3.2021). In den vorangegangenen zwei Jahren hat die Regierung nur Mehl verteilt, aber keine anderen Waren wie Speiseöl oder Zucker. Ein Vorschlag der Regierung, die PDS-Nahrungsmittelverteilung durch Bargeldzahlungen (IQD 17.000, ca. 12 $ pro Person) zu ersetzen, wurde angesichts der anhaltenden Sicherheits- und wirtschaftlichen Instabilitäten noch nicht umgesetzt (BS 23.2.2022, S.26). Der Anteil der Haushalte, der im Rahmen des PDS Überweisungen erhalten hat, ist um etwa 8 % gesunken. Der Verlust von Haushaltseinkommen und Sozialhilfe hat die Anfälligkeit für Ernährungsunsicherheit erhöht (WB 5.4.2021).
Das Programm wird von den Behörden jedoch nur sporadisch und unregelmäßig umgesetzt, mit begrenztem Zugang in den wiedereroberten Gebieten. Die Behörden verteilen nicht jeden Monat alle Waren, und nicht in jedem Gouvernement haben alle Binnenvertriebenen (IDPs) Zugang zum PDS. Es wird berichtet, dass IDPs den Zugang zum PDS verloren haben, aufgrund der Voraussetzung, dass Bürger nur an ihrem registrierten Wohnort PDS-Rationen und andere Dienstleistungen beantragen können (USDOS 12.4.2022).
62 % der Befragten einer Umfrage von 2021 sind in der Lage oder schaffen es gerade noch, sich und ihre Familie ausreichend mit Lebensmitteln zu versorgen. 34 % schaffen dies kaum oder gar nicht. 55 % der Frauen geben an, dass sie in der Lage, oder gerade noch in der Lage sind, sich mit Lebensmitteln zu versorgen, im Gegensatz zu 70 % der Männer. Die regionalen Antwortmuster zeigen, dass in Bagdad 59 % in der Lage oder gerade noch in der Lage sind, für Nahrungsmittel zu sorgen, ebenso wie 63 % in Basra und 69 % in Mossul. Insbesondere die 16- bis 18-Jährigen (56 %) geben an, nicht oder kaum in der Lage zu sein, sich selbst mit Lebensmitteln zu versorgen. Die ethnische Zugehörigkeit zeigt, dass 62 % der Araber und 58 % der Kurden nicht oder kaum in der Lage sind, sich selbst oder ihre Familien zu versorgen. Die Religionszugehörigkeit zeigt, dass 63 % der Christen, 62 % der schiitischen Muslime und 66 % der sunnitischen Muslime in der Lage, oder gerade noch in der Lage sind, sich ausreichend mit Lebensmitteln zu versorgen. Sogar 73 % derjenigen, die weniger als 700.000 IQD verdienen, sind in der Lage, sich selbst zu versorgen, oder schaffen es gerade noch (BFA, IRFAD 2021).
54 % der Befragten sind in der Lage oder schaffen es gerade noch, sich mit grundlegenden Konsumgütern zu versorgen, während 42 % dies nicht tun. Während 61 % der Männer angeben, dass sie in der Lage sind, sich und ihre Familie zu versorgen, gelingt dies 49 % der Frauen kaum oder gar nicht. Regional ergibt sich ein unterschiedliches Bild: In Bagdad sind 53 % in der Lage, für ihren Lebensunterhalt zu sorgen, ebenso wie 60 % in Mossul, während 49 % in Basra kaum oder gar nicht dazu in der Lage sind (in Basra schaffen es 32 % überhaupt nicht). Vor allem Jugendliche (71 %) im Alter von 16 bis 18 Jahren geben an, dass sie nicht in der Lage sind, für ihren Lebensunterhalt zu sorgen, während die 19- bis 25-Jährigen (56 %) und die Gruppe der 26- bis 35-Jährigen (63 %) es schaffen bzw. gerade noch dazu in der Lage sind. 51 % der Araber geben an, dass sie in der Lage sind, sich mit grundlegenden Konsumgütern zu versorgen, oder es gerade so schaffen, ebenso wie 53 % der Kurden. Was die religiösen Gruppen betrifft, so geben 58 % der Christen, 53 % der schiitischen Muslime und 57 % der sunnitischen Muslime an, dass sie in der Lage sind, für ihren Lebensunterhalt zu sorgen, oder es gerade noch schaffen. Von denjenigen, die weniger als 700.000 IQD verdienen, sind 57 % in der Lage, sich mit grundlegenden Konsumgütern zu versorgen, bzw. gerade noch (BFA, IRFAD 2021).
Aufgrund der Dürre kam es 2021 zu Ernteausfällen im Gouvernement Ninewa, sodass das Landwirtschaftsministerium (MoA) im April 2021 den Transport von Weizen und Gerste zwischen der KRI und dem Rest des Landes einschränkte, mit Ausnahme des Transfers in die Lagerhäuser des MoA, um Spekulanten und Schmuggler einzudämmen (FAO 11.6.2021).
Wasserversorgung
Die Hauptwasserquellen des Irak sind der Euphrat und der Tigris, die 98 % des Oberflächenwassers des Landes liefern (AGSIW 27.8.2021). Etwa 70 % des irakischen Wassers haben ihren Ursprung in Gebieten außerhalb des Landes (GRI 24.11.2019). Beide Flüsse entspringen in der Türkei, während der Euphrat durch Syrien fließt und einige Nebenflüsse durch den Iran fließen (AGSIW 27.8.2021). Der Wasserfluss aus diesen Ländern wurde durch Staudammprojekte stark, um etwa 80 % reduziert (GRI 24.11.2019; vgl. AGSIW 27.8.2021). Das verbleibende Wasser wird zu einem großen Teil für die Landwirtschaft genutzt, die rund 13 der 38 Millionen Einwohner des Landes ernährt (GRI 24.11.2019). 2019 berichtete die Internationale Organisation für Migration der Vereinten Nationen (IOM), dass 21.314 Iraker in den südlichen und zentralen Gouvernements des Irak aufgrund von Trinkwassermangel vertrieben wurden. Spannungen zwischen den Stämmen um Wasser nehmen zu. Der Wassermangel in den südlichen Gouvernements wie Missan und Dhi-Qar und die immer wiederkehrenden Dürreperioden sind bereits die Hauptursache für lokale Konflikte (AGSIW 27.8.2021). Da die Niederschlagsperiode 2020/2021 die zweit niedrigste seit 40 Jahren war, kam es zu einer Verringerung der Wassermenge im Tigris und Euphrat um 29 % bzw. 73 % (UNICEF 29.8.2021).Die Hauptwasserquellen des Irak sind der Euphrat und der Tigris, die 98 % des Oberflächenwassers des Landes liefern (AGSIW 27.8.2021). Etwa 70 % des irakischen Wassers haben ihren Ursprung in Gebieten außerhalb des Landes (GRI 24.11.2019). Beide Flüsse entspringen in der Türkei, während der Euphrat durch Syrien fließt und einige Nebenflüsse durch den Iran fließen (AGSIW 27.8.2021). Der Wasserfluss aus diesen Ländern wurde durch Staudammprojekte stark, um etwa 80 % reduziert (GRI 24.11.2019; vergleiche AGSIW 27.8.2021). Das verbleibende Wasser wird zu einem großen Teil für die Landwirtschaft genutzt, die rund 13 der 38 Millionen Einwohner des Landes ernährt (GRI 24.11.2019). 2019 berichtete die Internationale Organisation für Migration der Vereinten Nationen (IOM), dass 21.314 Iraker in den südlichen und zentralen Gouvernements des Irak aufgrund von Trinkwassermangel vertrieben wurden. Spannungen zwischen den Stämmen um Wasser nehmen zu. Der Wassermangel in den südlichen Gouvernements wie Missan und Dhi-Qar und die immer wiederkehrenden Dürreperioden sind bereits die Hauptursache für lokale Konflikte (AGSIW 27.8.2021). Da die Niederschlagsperiode 2020/2021 die zweit niedrigste seit 40 Jahren war, kam es zu einer Verringerung der Wassermenge im Tigris und Euphrat um 29 % bzw. 73 % (UNICEF 29.8.2021).
Trinkwasser ist in allen Gouvernements verfügbar (IOM 18.6.2021). Fast drei von fünf Kindern im Irak haben jedoch keinen Zugang zu einer sicheren Wasserversorgung, und weniger als die Hälfte aller Schulen im Land haben Zugang zu einer grundlegenden Wasserversorgung (UNICEF 29.8.2021). Die Wasserversorgung im Irak wird durch marode und teilweise im Krieg zerstörte Leitungen in Mitleidenschaft gezogen. Dies führt zu hohen Transportverlusten und Seuchengefahr. Im gesamten Land verfügt heute nur etwa die Hälfte der Bevölkerung über Zugang zu sauberem Wasser. (Industrie)abfälle führen zusätzlich zu Verschmutzung (AA 25.10.2021).
Einer Umfrage von 2021 in Bagdad, Basra und Mossul zufolge geben insgesamt 60 % der Befragten an, immer Zugang zu sauberem Trinkwasser zu haben, 27 % manchmal, 12 % selten oder nie. Frauen scheinen weniger Zugang zu haben als Männer: 16 % haben selten oder nie Zugang, im Gegensatz zu 9 % der Männer. Regional gesehen ist der Zugang am niedrigsten in Mossul, wo 23 % selten oder nie Zugang haben, während 12 % in Basra und 7 % in Bagdad Zugang haben. 70 % der Kurden geben an, manchmal oder immer Zugang zu sauberem Trinkwasser zu haben, ebenso wie 57 % der Araber. Was die Religionsgemeinschaften betrifft, so haben 54 % der Christen, 65 % der schiitischen Muslime und 62 % der sunnitischen Muslime immer Zugang zu sauberem Trinkwasser. Auch bei den Einkommensverhältnissen gibt es Unterschiede: 91 % derjenigen, die mehr als 700.000 IQD verdienen, haben immer Zugang zu sauberem Trinkwasser, aber nur 59 % derjenigen, die weniger verdienen (BFA, IRFAD 2021).
Stromversorgung
Die Stromversorgung des Irak ist im Vergleich zu der Zeit vor 2003 schlecht (AA 25.10.2021). Die meisten irakischen Städte haben keine 24-Stunden-Stromversorgung (DW 8.7.2021). Die Stromversorgung deckt nur etwa 60 % der Nachfrage ab, wobei etwa 20 % der Bevölkerung überhaupt keinen Zugang zu Elektrizität haben. Die verfügbare Kapazität variiert je nach Gebiet und Jahreszeit (Fanack 2020). Besonders in den Sommermonaten wird die Versorgungslage strapaziert (DW 8.7.2021). Selbst in Bagdad ist die öffentliche Stromversorgung vor allem in den Sommermonaten häufig unterbrochen (AA 25.10.2021).
Das irakische Stromnetz verliert bei der Stromübertragung zwischen 40 und 50 %. Dieser Verlust hat sowohl technische Gründe, z.B. beschädigte, unzureichend funktionierende oder veraltete Stromübertragungsanlagen, als auch nichttechnische Gründe wie Diebstahl oder Manipulation. So wird zum Beispiel dem IS vorgeworfen Strommasten sabotiert zu haben (DW 8.7.2021). Der IS hat im Jahr 2021 vermehrt das irakische Stromnetz angegriffen, indem er wiederholt Strommasten gesprengt hat (Wing 6.9.2021; vgl. Anadolu 2.7.2021). Allein im August 2021 wurden Masten in Bagdad, Babil, Diyala, Kirkuk, Ninewa und Salah ad-Din sabotiert (Wing 6.9.2021). Sabotageakte werden in jüngster Zeit zunehmend an Umspannwerken in Städten verübt und zielen auch auf die Trinkwasserversorgung, die Wasseraufbereitung und auf den Krankenhausbetrieb ab (VOA 14.8.2021). Am 2.7.2021 kam es zu einem stundenlangen, landesweiten Stromausfall (Anadolu 2.7.2021; vgl. BBC 2.7.2021). Nur die KRI war davon nicht betroffen (BBC 2.7.2021). Häufige Stromausfälle führen zu Protesten. Mitte 2021 haben wütende Iraker Kraftwerke in Bagdad und Diyala gestürmt. Ende Juni 2021 ist der irakische Elektrizitätsminister, Majed Mahdi Hantoush, zurückgetreten (DW 8.7.2021).Das irakische Stromnetz verliert bei der Stromübertragung zwischen 40 und 50 %. Dieser Verlust hat sowohl technische Gründe, z.B. beschädigte, unzureichend funktionierende oder veraltete Stromübertragungsanlagen, als auch nichttechnische Gründe wie Diebstahl oder Manipulation. So wird zum Beispiel dem IS vorgeworfen Strommasten sabotiert zu haben (DW 8.7.2021). Der IS hat im Jahr 2021 vermehrt das irakische Stromnetz angegriffen, indem er wiederholt Strommasten gesprengt hat (Wing 6.9.2021; vergleiche Anadolu 2.7.2021). Allein im August 2021 wurden Masten in Bagdad, Babil, Diyala, Kirkuk, Ninewa und Salah ad-Din sabotiert (Wing 6.9.2021). Sabotageakte werden in jüngster Zeit zunehmend an Umspannwerken in Städten verübt und zielen auch auf die Trinkwasserversorgung, die Wasseraufbereitung und auf den Krankenhausbetrieb ab (VOA 14.8.2021). Am 2.7.2021 kam es zu einem stundenlangen, landesweiten Stromausfall (Anadolu 2.7.2021; vergleiche BBC 2.7.2021). Nur die KRI war davon nicht betroffen (BBC 2.7.2021). Häufige Stromausfälle führen zu Protesten. Mitte 2021 haben wütende Iraker Kraftwerke in Bagdad und Diyala gestürmt. Ende Juni 2021 ist der irakische Elektrizitätsminister, Majed Mahdi Hantoush, zurückgetreten (DW 8.7.2021).
Einer Umfrage von 2021 in Bagdad, Basra und Mossul zufolge haben 30 % der Befragten immer Strom zur Verfügung, 31 % manchmal, 34 % meistens und 5 % nie. Von denjenigen, die mehr als 700.000 IQD verdienen, haben 63 % immer Strom zur Verfügung, während dies nur für 22 % der Wenigerverdienergilt (BFA, IRFAD 2021).
Unterkunft
Einer Umfrage von 2021 in Bagdad, Basra und Mossul zufolge leben 52 % aller Befragten bei ihren Eltern oder Schwiegereltern, während 43 % in einer eigenen Wohnung leben. In Bagdad leben 51 % in einer eigenen Wohnung, während in Basra 55 % und in Mosul 64 % bei ihren Eltern oder Schwiegereltern wohnen. Von den Kurden leben 50 % in einer eigenen Wohnung, während 53 % der Araber bei ihren Eltern oder Schwiegereltern leben. 58 % der Christen leben in einer eigenen Wohnung, während 55 % der schiitischen Muslime und 53 % der sunnitischen Muslime bei ihren Eltern oder Schwiegereltern leben. Interessanterweise hat das Einkommensniveau keinen Einfluss auf die Wohnsituation: Von denjenigen, die mehr als 700.000 IQD verdienen, leben 52 % in einer eigenen Wohnung, von denen, die weniger verdienen, 51 % (BFA, IRFAD 2021).
Von den Befragten leben 66 % in einem Haus und 29 % in einer Wohnung. In Bagdad leben 67 % in einem Haus, in Basra 61 % und in Mosul 68 %. 65 % der Araber und 60 % der Kurden geben an, in einem Haus zu leben. Was die Religionszugehörigkeit betrifft, so leben 63 % der Christen, 67 % der schiitischen Muslime und 71 % der sunnitischen Muslime in einem Haus. Von denjenigen, die mehr als 700.000 IQD verdienen, leben 77 % in einem Haus, während 59 % derjenigen, die weniger verdienen, in einem Haus leben (BFA, IRFAD 2021).
Von allen Befragten haben über 70 % ein Dach, Fenster, Türen und einen Fernseher in ihrer Wohnung; über 60 % geben an, fließendes Wasser, eine Toilette mit Wasserspülung und ein Bad/eine Dusche zu haben, und über 50 % verfügen über einen Herd und einen Internetanschluss. Nur 46 % haben einen Kühlschrank und 28 % eine Heizung. Das Einkommen (derjenigen, die mehr als und weniger als 700.000 IQD verdienen) ist ausschlaggebend für den Besitz eines Fernsehers (89 % vs. 71 %), eines Bades/einer Dusche (71 % vs. 61 %), eines Internetanschlusses (79 % vs. 47 %) und einer Heizung (43 % vs. 27 %). 52 % der Befragten gaben an, dass ihre Wohnung/ihr Haus ihnen gehört, während 38 % angaben, dass sie gemietet sind. Der Anteil der Hausbesitzer ist in Mosul mit 67 % am höchsten, gefolgt von 59 % in Basra und 42 % in Bagdad. 53 % der Kurden geben an, eine Wohnung oder ein Haus zu besitzen, ebenso wie 45 % der Araber. Was die Religionszugehörigkeit angeht, so besitzen 60 % der Christen, 54 % der schiitischen Muslime und 48 % der sunnitischen Muslime eine Wohnung oder ein Haus. Von denjenigen, die mehr als 700.000 IQD verdienen, besitzen 75 % eine Wohnung, während es bei denjenigen, die weniger verdienen, nur 43 % sind. Von allen Befragten zahlen 24 % weniger als 250.000 IQD pro Monat für ihre Wohnung, 25 % zwischen 250.001 und 500.000 IQD, 3 % zwischen 500.001 und 999.999 IQD und 1 % mehr als 1.000.000 IQD. 48 % der Befragten haben auf diese Frage nicht geantwortet. 50 % der Befragten leben in einer Wohnung mit mehr als 100 m², 43 % haben 60-100 m² zur Verfügung und 7 % 20-60 m². In der Einkommensgruppe über 700.000 IQD leben 66 % in einer Wohnung, die größer als 100 m² ist, während 47 % der Befragten, die weniger als diesen Betrag verdienen, in einer Wohnung leben. 56 % teilen ihre Wohnung mit 4-5 Mitbewohnern, während 16 % mit 1-3 Personen und 28 % mit 6-8 Personen zusammenleben (BFA, IRFAD 2021).
Quellen:
AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (25.10.2021): Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak (Stand: Oktober 2021), https://www.ecoi.net/en/file/local/2063378/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Republik_Irak_%28Stand_Oktober_2021%29%2C_25.10.2021.pdf, Zugriff 1.12.2021
ACCORD - Austrian Centre for Country of Origin and Asylum Research and Documentation (28.9.2021): Anfragebeantwortung zum Irak: Kirkuk: Arbeitsmarktlage [a‑11674-2], https://www.ecoi.net/en/document/2061064.html, Zugriff 1.10.2021
AGSIW - The Arab Gulf States Institute bin Washington (27.8.2021): Iraq’s Water Crisis: An Existential But Unheeded Threat, https://agsiw.org/iraqs-water-crisis-an-existential-but-unheeded-threat/, Zugriff 1.9.2021
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Anadolu Agency (2.7.2021): العراق.. إعادة تشغيل كامل منظومة الكهرباء بعد توقفها لساعات [Irak.. Neustart des gesamten Stromsystems nach stundenlangem Stillstand], https://www.aa.com.tr/ar/%D8%A7%D9%84%D8%AF%D9%88%D9%84-%D8%A7%D9%84%D8%B9%D8%B1%D8%A8%D9%8A%D8%A9/%D8%A7%D9%84%D8%B9%D8%B1%D8%A7%D9%82-%D8%A5%D8%B9%D8%A7%D8%AF%D8%A9-%D8%AA%D8%B4%D8%BA%D9%8A%D9%84-%D9%83%D8%A7%D9%85%D9%84-%D9%85%D9%86%D8%B8%D9%88%D9%85%D8%A9-%D8%A7%D9%84%D9%83%D9%87%D8%B1%D8%A8%D8%A7%D8%A1-%D8%A8%D8%B9%D8%AF-%D8%AA%D9%88%D9%82%D9%81%D9%87%D8%A7-%D9%84%D8%B3%D8%A7%D8%B9%D8%A7%D8%AA/2292230, Zugriff 30.8.2021
BBC News (2.7.2021): انقطاع الكهرباء في العراق: #ماكو_كهرباء يتصدر وسوم العراق تعبيرا عن معاناة الشعب مع الحر [Stromausfälle im Irak: Mako_ Electricity führt die Schlagzeilen des Irak an und drückt das Leid der Menschen mit der Hitze aus], https://www.bbc.com/arabic/trending-57698908, Zugriff 30.8.2021
BFA Staatendokumentation (Autor), IRFAD - Iraqi Foundation for Analysis and Development (Autor) (2021): Dossier Iraq; Socio-Economic Survey 2021, https://www.ecoi.net/en/file/local/2062611/IRAQ+-+Socio-Economic+Survey+2021.pdf, Zugriff 29.11.2021
BS - Bertelsmann Stiftung (23.2.2022): BTI 2022 Country Report Iraq, https://www.ecoi.net/en/file/local/2069660/country_report_2022_IRQ.pdf, Zugriff 17.6.2022
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WB - World Bank, The (1.6.2022): The World Bank In Iraq, https://www.worldbank.org/en/country/iraq/overview, Zugriff 17.8.2022
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WB - World Bank, The (2.2020): Iraq’s Universal Public Distribution System, Utilization and Impacts During Displacement, https://documents1.worldbank.org/curated/en/239031582135436157/pdf/Iraqs-Universal-Public-Distribution-System-Utilization-and-Impacts-During-Displacement.pdf, Zugriff 14.10.2021
Wing, Joel, Musings on Iraq (6.9.2021): Islamic State’s Summer Offensive In Iraq Ends In August, http://musingsoniraq.blogspot.com/2021/09/islamic-states-summer-offensive-in-iraq.html, Zugriff 7.9.2021
Wing, Joel, Musings on Iraq (2.6.2021): Iraq’s Oil Revenues Continue To Climb In May 2021, https://musingsoniraq.blogspot.com/2021/06/iraqs-oil-revenues-continue-to-climb-in.html, Zugriff 6.6.2021
Grundversorgung und Wirtschaft in Bagdad und im Südirak
Letzte Änderung: 22.08.2022
Bagdad
Bagdad ist das Zentrum des irakischen Wirtschafts-, Handels-, Banken- und Finanzsektors. Bagdad ist ebenso ein wichtiges Zentrum für die Erdölindustrie (NCCI 12.2015; vgl. EASO 9.2020). Bis auf die Schwerindustrie ist ein großer Teil der irakischen Produktion in Bagdad angesiedelt. Die Regierung ist dabei der wichtigste Arbeitgeber in der Stadt (EASO 9.2020). Einige Sektoren waren besonders betroffen von Auswirkungen der COVID-19-Pandemie, darunter das Transportwesen, das Baugewerbe, die Lebensmittelindustrie, das Bildungswesen, der Tourismus, die Geflügel- und Fischzucht, sowie der Einzelhandel, insbesondere für Bekleidung. Die meisten Frauen sind in den Bereichen Nähen, Friseurhandwerk, Unterricht und Einzelhandel tätig, die alle von Auswirkungen der COVID-19- Pandemie negativ beeinflusst wurden (IOM 9.2021a). Bagdad ist das Zentrum des irakischen Wirtschafts-, Handels-, Banken- und Finanzsektors. Bagdad ist ebenso ein wichtiges Zentrum für die Erdölindustrie (NCCI 12.2015; vergleiche EASO 9.2020). Bis auf die Schwerindustrie ist ein großer Teil der irakischen Produktion in Bagdad angesiedelt. Die Regierung ist dabei der wichtigste Arbeitgeber in der Stadt (EASO 9.2020). Einige Sektoren waren besonders betroffen von Auswirkungen der COVID-19-Pandemie, darunter das Transportwesen, das Baugewerbe, die Lebensmittelindustrie, das Bildungswesen, der Tourismus, die Geflügel- und Fischzucht, sowie der Einzelhandel, insbesondere für Bekleidung. Die meisten Frauen sind in den Bereichen Nähen, Friseurhandwerk, Unterricht und Einzelhandel tätig, die alle von Auswirkungen der COVID-19- Pandemie negativ beeinflusst wurden (IOM 9.2021a).
Laut einer Befragung im Distrikt Mahmoudiya vom Februar 2021 liegen die derzeitigen Durchschnittsgehälter für Fachkräfte bei 264 USD (~385.813 IQD) und reichen von 170 bis 540 USD (~248.440 bis 789.160 IQD). Etwa die Hälfte der befragten Arbeitgeber gab jedoch an, keine Fachkräfte zu beschäftigen, obwohl dies in der Vergangenheit der Fall war, und zahlten ihnen ein Durchschnittsgehalt von 291 USD (~425.270 IQD) (IOM 9.2021a).
Im Jahr 2016 lag die Arbeitslosenquote in Bagdad zwischen 6 % und 10 %. Für 2017 betrug sie 9,3 %. Unter jungen Menschen im Alter von 15 bis 24 Jahren wird die Arbeitslosigkeit im Jahr 2016 mit 18,6 % und für 2017 mit 5-7 % beziffert (EASO 9.2020). Im Jahr 2018 war über 1 % der Bevölkerung von akuter Armut betroffen und 4 % waren armutsgefährdet (OPHI 10.9.2020; vgl. EASO 9.2020). Einer Umfrage von 2021 zufolge gehen 28 % der Befragten einer Vollbeschäftigung nach, während 17 % angeben arbeitslos zu sein (BFA, IRFAD 2021).Im Jahr 2016 lag die Arbeitslosenquote in Bagdad zwischen 6 % und 10 %. Für 2017 betrug sie 9,3 %. Unter jungen Menschen im Alter von 15 bis 24 Jahren wird die Arbeitslosigkeit im Jahr 2016 mit 18,6 % und für 2017 mit 5-7 % beziffert (EASO 9.2020). Im Jahr 2018 war über 1 % der Bevölkerung von akuter Armut betroffen und 4 % waren armutsgefährdet (OPHI 10.9.2020; vergleiche EASO 9.2020). Einer Umfrage von 2021 zufolge gehen 28 % der Befragten einer Vollbeschäftigung nach, während 17 % angeben arbeitslos zu sein (BFA, IRFAD 2021).
Etwa 6,39 % der Bevölkerung Bagdads (rund 456.500 Personen) sind unzureichend ernährt. Für rund 0,46 % (rund 32.600 Personen) ist die Deckung des Nahrungsmittelbedarfs kritisch (WFP 9.2021). Bei der Verfügbarkeit von Lebensmitteln und anderen Waren hat Bagdad im Zuge einer Untersuchung vom Juli 2020 zehn von zehn möglichen Punkten erhalten [Anm.: Verfügbarkeit ist hier nicht gleichzusetzen mit Leistbarkeit] (WB, WFP, FAO, IFAD 9.2020).
Im Jahr 2017 lag der Anteil der Bevölkerung mit Trinkwasserversorgung in Bagdad bei 86,9 % (CSO 2018a). 2019 war für etwa 70 % der Einwohner Bagdads ständige Verfügbarkeit von Trinkwasser gegeben, während 30 % nur unregelmäßigen Zugang zu Trinkwasser hatten (WFP 2019). Mitte Juli 2021 wurde die Wasserversorgung in Karkh, im Westen Bagdads durch einen Sabotageakt an Strommasten in Tarmiya, die die Pumpstation versorgen, unterbrochen (Swissinfo 17.7.2021). Auch Mitte August 2021 wurde durch einen Anschlag auf einen Strommasten in Tarmiya, der die dortige Pumpstation mit Energie versorgte, die Trinkwasserversorgung für mehrere Millionen Bewohner im Westen der Stadt Bagdad unterbrochen (AN 14.8.2021).
Die öffentliche Stromversorgung ist in Bagdad vor allem in den Sommermonaten häufig unterbrochen (AA 25.10.2021). Stromausfälle führen häufig zu Protesten. Mitte 2021 haben wütende Iraker Kraftwerke in Bagdad gestürmt (DW 8.7.2021). Seit Beginn des Sommers 2021 häufen sich Angriffe auf das irakische Stromnetz, das ohnehin bereits mit schweren Stromengpässen zu kämpfen hat. Diese Angriffe werden von den Behörden terroristischen Kräften oder dem IS zugeschrieben (AN 14.8.2021).
Einer Umfrage von 2021 zufolge gaben 21 % der Befragten Personen in Bagdad an, immer Strom zur Verfügung zu haben, 41 % manchmal, 34 % meistens und 4 % nie (BFA, IRFAD 2021).
Babil
Die COVID-19 Pandemie hat einige Sektoren besonders betroffen, darunter den Handel (Großhandel, Einzelhandel, kleine Geschäfte), das Gastgewerbe, den Tourismus, das Transportwesen, den Dienstleistungssektor, die Industrie und den Agrarsektor (insbesondere Milchwirtschaft und Gemüseanbau) (IOM 9.2021b).
Einer Befragung von Februar bis März 2021 im Distrikt al-Musayyab in Babil zufolge liegen die Durchschnittseinkommen bei etwa 200 USD (~292.280 IQD) (IOM 9.2021b).
Im Jahr 2018 waren etwa 1,68 % der Bevölkerung des Gouvernements Babil von akuter Armut betroffen und 8,03 % waren armutsgefährdet (OPHI 10.9.2020).
Etwa 10,61 % der Bevölkerung Babils (rund 214.200 Personen) leiden unter unzureichender Ernährung. Für rund 16,67 % (rund 336.500 Personen) ist die Deckung des Nahrungsmittelbedarfs kritisch (WFP 9.2021). Bei der Verfügbarkeit von Lebensmitteln und anderen Waren hat Babil im Zuge einer Untersuchung vom Juli 2020 zehn von zehn möglichen Punkten erhalten (WB, WFP, FAO, IFAD 9.2020).
Im Jahr 2017 lag der Anteil der Bevölkerung mit Trinkwasserversorgung in Babil bei 68,1 % (CSO 2018b).
Basra
Basra ist eines der Gouvernements mit den größten Ölreserven im Irak. Die Ölproduktion macht 90 % des BIP des Gouvernements aus (Altai 14.6.2021). Im Jahr 2019 machten die Ölexporte aus Basra rund 98 % der Einnahmen der Bundesregierung aus (LSE 2.4.2020). Einige Sektoren wurden von der COVID-19-Pandemie besonders betroffen, darunter das private Bildungswesen, der Tourismus, Restaurants, Cafés, der Handel mit Elektrogeräten, das Baugewerbe, der Dienstleistungssektor und die Industrie im Allgemeinen. Frauen sind besonders in der privaten Bildung und im Dienstleistungssektor beschäftigt (IOM 9.2021c).
Die Landwirtschaft in Basra wird durch Wassermangel beeinträchtigt, verursacht durch flussaufwärts gelegene Dämme in der Türkei und im Iran, die verschlechterte Qualität von Süßwasserquellen, insbesondere durch Versalzung aufgrund von eindringendem Meerwasser, sowie durch die Umweltverschmutzung. Dies hat viele Landbewohner, die von der Landwirtschaft leben, dazu veranlasst, ihre Häuser zu verlassen und in andere ländliche Orte oder Städte zu ziehen (Altai 14.6.2021).
Die Erwerbsquote in Basra ist von 44 % im Jahr 2016 auf 41,5 % im Jahr 2017 gefallen. Auch die Arbeitslosenrate ist gefallen, von 12,4 % im Jahr 2016 auf 7,6 % im Jahr 2017 (CSO 2018a). Im Jahr 2018 waren etwa 2,25 % der Bevölkerung des Gouvernements Basra von akuter Armut betroffen und 8,79 % waren armutsgefährdet (OPHI 10.9.2020; vgl. EASO 9.2020). Einer Umfrage von 2021 zufolge gehen 20 % der Befragten in Basra einer Vollbeschäftigung nach, während 39 % angeben arbeitslos zu sein (BFA, IRFAD 2021).Die Erwerbsquote in Basra ist von 44 % im Jahr 2016 auf 41,5 % im Jahr 2017 gefallen. Auch die Arbeitslosenrate ist gefallen, von 12,4 % im Jahr 2016 auf 7,6 % im Jahr 2017 (CSO 2018a). Im Jahr 2018 waren etwa 2,25 % der Bevölkerung des Gouvernements Basra von akuter Armut betroffen und 8,79 % waren armutsgefährdet (OPHI 10.9.2020; vergleiche EASO 9.2020). Einer Umfrage von 2021 zufolge gehen 20 % der Befragten in Basra einer Vollbeschäftigung nach, während 39 % angeben arbeitslos zu sein (BFA, IRFAD 2021).
Laut einer Befragung im Distrikt Qurna vom Februar 2021 liegen die derzeitigen Durchschnittsgehälter für Fachkräfte bei 302 USD (~441.350 IQD) und reichen von 100 bis über 500 USD (~146.140 bis 730.710 IQD). Etwa die Hälfte der befragten Arbeitgeber gab an, auch ungelernte Arbeiter zu beschäftigen. Diese erhalten einen Durchschnittslohn von 265 USD (~387.270), zwischen 100 und 600 USD (~146.140 bis 876.850 IQD) (IOM 9.2021c).
Das Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen (WFP) nennt 2021 Basra als eines von fünf irakischen Gouvernements mit hoher Ernährungsunsicherheit (WFP 1.2021). Etwa 1,82 % der Bevölkerung Basras (rund 53.300 Personen) ist unzureichend ernährt. Für rund 0,91 % (rund 26.600 Personen) ist die Deckung des Nahrungsmittelbedarfs kritisch (WFP 9.2021). Trotzdem hat Basra laut einer Untersuchung vom Juli 2020 bei der Verfügbarkeit von Lebensmitteln und anderen Waren zehn von zehn möglichen Punkten erhalten [Anm.: Verfügbarkeit ist hier nicht gleichzusetzen mit Leistbarkeit] (WB, WFP, FAO, IFAD 9.2020).
Im Jahr 2017 lag der Anteil der Bevölkerung mit Trinkwasserversorgung in Basra bei 90 % (CSO 2018c). In der Hafenstadt Basra wird die Wasserversorgung in den Sommermonaten immer wieder kritisch. Insbesondere 2018 litt die Stadt unter einer Wasserkrise. Über 100.000 registrierte Fälle von Magen-Darm-Erkrankungen waren auf die schlechte Wasserqualität zurückzuführen (AA 25.10.2021).
Einer Umfrage von 2021 zufolge gaben 29 % der Befragten Personen in Basra an, immer Strom zur Verfügung zu haben, 24 % manchmal, 44 % meistens und 3 % nie (BFA, IRFAD 2021).
Dhi-Qar
Laut einer Befragung im Distrikt Suq Al-Shoyokh vom Februar 2021 sind die Durchschnittsgehälter für Fachkräfte aufgrund der Auswirkungen der COVID-19-Pandemie von 424 USD (~619.640 IQD) um 58 USD gesunken (auf 366 USD, ~534.880 IQD). Bei ungelernten Arbeitskräften ist das Durchschnittsgehalt von 268 USD (~391.660 IQD) im Februar 2020 auf 250 USD (~365.350 IQD) gesunken. Im Durchschnitt haben Arbeitgeber 73 % ihrer Beschäftigten gehalten (IOM 9.2021d). Rund 1,25 % der Bevölkerung des Gouvernements Dhi Qar waren 2018 von akuter Armut betroffen, 3,48 % waren armutsgefährdet (OPHI 10.9.2020).
Die Landwirtschaft in Dhi-Qar ist beeinträchtigt durch Wassermangel, verursacht durch flussaufwärts gelegene Aufstauungen in der Türkei und im Iran, sowie durch Umweltverschmutzung. Dies hat viele Landbewohner, die von der Landwirtschaft leben, dazu veranlasst, ihre Häuser zu verlassen und in andere ländliche Orte oder Städte zu ziehen (Altai 14.6.2021).
Das Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen (WFP) nennt Dhi Qar als eines von fünf irakischen Gouvernements mit hoher Ernährungsunsicherheit (WFP 1.2021). Für rund 5 % der Bevölkerung Dhi Qars (rund 108.300 Personen) ist die Deckung des Nahrungsmittelbedarfs kritisch (WFP 9.2021). Trotzdem hat Dhi Qar laut einer Untersuchung vom Juli 2020 bei der Verfügbarkeit von Lebensmitteln und anderen Waren zehn von zehn möglichen Punkten erhalten [Anm.: Verfügbarkeit ist hier nicht gleichzusetzen mit Leistbarkeit] (WB, WFP, FAO, IFAD 9.2020).
Im Jahr 2017 lag der Anteil der Bevölkerung mit Trinkwasserversorgung in Dhi Qar bei 72,9 % (CSO 2018d; vgl. ACCORD 23.8.2021). Eine unregelmäßige Stromversorgung von Wasseraufbereitungsanlagen hat die Wasserversorgung in Dhi Qar im Lauf der Jahre 2020 und 2021 mehrfach negativ beeinflusst. Die Trinkwasserversorgung mehrer Städte wurde wiederholt unterbrochen, so auch im Juni und Juli 2021. Die Einwohner mehrerer Städte wie der Provinz-Hauptstadt Nasiriyah, sowie Al-Dawiya, Al-Shatra und Al-Gharaf wurden wiederholt aufgerufen ihren Wasserverbrauch zu reduzieren. Ein Sabotageakt an einer Wasserleitung hat im Februar 2021 zu einem totalen Ausfall der Trinkwasserversorgung für den Distrikt Al-Batha geführt (ACCORD 23.8.2021). Im Jahr 2017 lag der Anteil der Bevölkerung mit Trinkwasserversorgung in Dhi Qar bei 72,9 % (CSO 2018d; vergleiche ACCORD 23.8.2021). Eine unregelmäßige Stromversorgung von Wasseraufbereitungsanlagen hat die Wasserversorgung in Dhi Qar im Lauf der Jahre 2020 und 2021 mehrfach negativ beeinflusst. Die Trinkwasserversorgung mehrer Städte wurde wiederholt unterbrochen, so auch im Juni und Juli 2021. Die Einwohner mehrerer Städte wie der Provinz-Hauptstadt Nasiriyah, sowie Al-Dawiya, Al-Shatra und Al-Gharaf wurden wiederholt aufgerufen ihren Wasserverbrauch zu reduzieren. Ein Sabotageakt an einer Wasserleitung hat im Februar 2021 zu einem totalen Ausfall der Trinkwasserversorgung für den Distrikt Al-Batha geführt (ACCORD 23.8.2021).
Kerbala
Die Arbeitslosigkeit in Kerbala wurde von den Befragten im Distrikt Kerbala im Februar 2021 im Rahmen einer IOM-Studie als "extrem" hoch bezeichnet. Einige Berufssparten sind besonders von der COVID-19-Pandemie betroffen, darunter der Handel (Großhandel, Einzelhandel und kleine Geschäfte), das Gastgewerbe, der Tourismus, das Transportwesen, der Dienstleistungssektor, die Industrie im Allgemeinen und insbesondere die Milchwirtschaft sowie der Gemüseanbau im Agrarsektor (IOM 9.2021e).
In Kerbala ist eine reguläre Beschäftigung im privaten Sektor häufiger als Tagelöhnerei (Altai 14.6.2021). Das Durchschnittsgehalt für Fachkräfte wird mit 134 USD (~195.830 IQD) angeben, das für ungelernte Arbeitskräfte mit 100 USD (~146.140 IQD) (IOM 9.2021e).
Im Jahr 2018 waren etwa 1,72 % der Bevölkerung des Gouvernements von akuter Armut betroffen und 4,7 % waren armutsgefährdet (OPHI 10.9.2020).
In Kerbala sind statistisch gesehen keine Bevölkerungsanteile von Nahrungsmittelknappheit betroffen (WFP 9.2021). Bei der Verfügbarkeit von Lebensmitteln und anderen Waren hat Kerbala im Zuge einer Untersuchung vom Juli 2020 zehn von zehn möglichen Punkten erhalten [Anm.: Verfügbarkeit ist hier nicht gleichzusetzen mit Leistbarkeit] (WB, WFP, FAO, IFAD 9.2020).
Wegen wiederholter Stromausfälle haben im Juli 2020 Demonstranten ein Kraftwerk in Kerbala lahmgelegt (Anadolu 19.7.2020). Im August 2021 wurden Stromleitungen im Zentrum von Kerbala mit Sprengsätzen getroffen, die zwei Türme beschädigten (Al Monitor 18.8.2021).
Im Jahr 2017 lag der Anteil der Bevölkerung mit Trinkwasserversorgung in Kerbala bei 92,7 % (CSO 2018e).
Missan
Missan ist neben Basra das Gouvernement mit den größten Ölreserven im Irak. Die Ölproduktion macht 50 % des BIP von Missan aus. Nur etwa 18 % der Ackerfläche in Missan wird landwirtschaftlich genutzt. Die Landwirtschaft in Missan wird durch Wassermangel, verursacht unter anderem durch Staudämme in der Türkei und im Iran, sowie durch Umweltverschmutzung beeinträchtigt. Dies hat viele Landbewohner, die von der Landwirtschaft leben, dazu veranlasst, ihre Häuser zu verlassen und in andere ländliche Orte oder Städte zu ziehen (Altai 14.6.2021).
Laut einer Befragung im Distrikt Amara vom Februar 2021 hat die COVID-19-Pandemie alle Sektoren, außer dem medizinischen (Apotheken, Kliniken) beeinträchtigt. Die meisten Arbeitgeber haben die Zahl ihrer Angestellten und die ausgezahlten Gehälter reduziert (IOM 9.2021f).
Die derzeitigen Durchschnittslöhne für Facharbeiter liegen bei 253 USD (~369.740 IQD) und reichen von 70 bis 750 USD (~102.300 bis 1.096.060 IQD). Die Löhne von ungelernten Arbeitern liegen im Durchschnitt bei 166 USD (~242.590 IQD). Vor den Auswirkungen der COVID-19 Pandemie lagen sie bei 258 USD (~377.040 IQD). Viele Jugendliche sind als Tagelöhner im Baugewerbe. Die Tagessätze liegen bei 17 USD (~24.840 IQD), bzw. 50 USD (~73.070 IQD) für Facharbeiter. Bei Kleinunternehmen liegen die Tagessätze bei nur 7 USD (~10.230 IQD) (IOM 9.2021f).
Frauen arbeiten in der Regel in bestimmten Sektoren, die meist auf ihre Geschlechterrolle abgestimmt sind, im Lebensmittelsektor (Herstellung von Süßwaren), im Textilsektor (Näherei und Schneiderei), im Dienstleistungssektor (Friseur-, Schönheitssalons) sowie im Handel (Bekleidung). Frauen leisten auch einen Beitrag zur Land- und Viehwirtschaft, einschließlich Viehzucht, Milchwirtschaft und Honigproduktion (IOM 9.2021f).
Im Jahr 2018 waren etwa 3,04 % der Bevölkerung des Gouvernements von akuter Armut betroffen und 10,57 % waren armutsgefährdet (OPHI 10.9.2020).
Für rund 22,73 % der Bevölkerung Missans (rund 263.500 Personen) ist die Deckung des Nahrungsmittelbedarfs kritisch (WFP 9.2021). Bei der Verfügbarkeit von Lebensmitteln und anderen Waren hat Missan im Zuge einer Untersuchung vom Juli 2020 zehn von zehn möglichen Punkten erhalten [Anm.: Verfügbarkeit ist hier nicht gleichzusetzen mit Leistbarkeit] (WB, WFP, FAO, IFAD 9.2020).
Im Jahr 2017 lag der Anteil der Bevölkerung mit Trinkwasserversorgung in Missan bei 91,1 % (CSO 2018f).
Muthanna
In Muthanna ist Tagelöhnerei häufiger anzutreffen als reguläre Beschäftigung im privaten Sektor (Altai 14.6.2021).
Im Jahr 2018 waren etwa 1,72 % der Bevölkerung des Gouvernements von akuter Armut betroffen und 3,25 % waren armutsgefährdet (OPHI 10.9.2020).
Etwa 6,45 % der Bevölkerung Muthannas (rund 55.400 Personen) verfügt über unzureichenden Zugang zu Nahrungsmitteln. Für rund 19,35 % (rund 166.100 Personen) ist die Deckung des Nahrungsmittelbedarfs kritisch (WFP 9.2021). Bei der Verfügbarkeit von Lebensmitteln und anderen Waren hat Muthanna im Zuge einer Untersuchung vom Juli 2020 zehn von zehn möglichen Punkten erhalten [Anm.: Verfügbarkeit ist hier nicht gleichzusetzen mit Leistbarkeit] (WB, WFP, FAO, IFAD 9.2020).
Im Jahr 2017 lag der Anteil der Bevölkerung mit Trinkwasserversorgung in Muthanna bei 76,4 % (CSO 2018g).
Najaf
Einer Befragung vom Februar 2021 im Kufa Distrikt zufolge liegen die Durchschnittsgehälter für Facharbeiter bei 231 USD (~337.590 IQD) und reichen von 136 bis 680 USD (~198.750 bis 993.760 IQD). Für ungelernte Arbeiter wird der Durchschnittslohn auf 183 USD geschätzt. Arbeitgeber haben im Vergleich zu vor der COVID-19-Pandemie etwa 90 % ihrer Arbeitskräfte gehalten (IOM 9.2021g).
Im Jahr 2018 waren etwa 4,39 % der Bevölkerung des Gouvernements von akuter Armut betroffen und 9,78 % waren armutsgefährdet (OPHI 10.9.2020). Statistisch gesehen sind in Najaf keine Bevölkerungsanteile von Nahrungsmittelknappheit betroffen (WFP 9.2021). Bei der Verfügbarkeit von Lebensmitteln und anderen Waren hat Najaf im Zuge einer Untersuchung vom Juli 2020 zehn von zehn möglichen Punkten erhalten [Anm.: Verfügbarkeit ist hier nicht gleichzusetzen mit Leistbarkeit] (WB, WFP, FAO, IFAD 9.2020).
Im Jahr 2017 lag der Anteil der Bevölkerung mit Trinkwasserversorgung in Najaf bei 93,4 % (CSO 2018h). Im Juli 2020 waren einige Gebiete des Gouvernements von einer Wasserknappheit betroffen, namentlich einige Viertel in den Städten Kufa und Najaf. Die Probleme wurden von der Wasserdirektion von Najaf auf die Stromversorgung zurückgeführt. Stromausfälle bei den Wasserwerken von Kufa und dem zentralen Wasserwerk von Najaf haben die Wasserversorgung beeinträchtigt (Al-Sumaria, 25.7.2020). Auch für den Sommer 2021 hat die Wasserdirektion von Najaf Trinkwassermangel vorausgesagt. Bei einem Bedarf von 25.000 Kubikmetern könnten nur 18.000m³ Trinkwasser gefördert werden (Al-Ahad 4.6.2021). Im August 2021 beklagten die Bewohner von al-Sahawi im Sub-Distrikt Abbasiya, gelegen im Distrikt al-Kufa, einen anderthalb monatigen Trinkwassermangel. Für insgesamt 50 von der Trinkwasserversorgung abgeschnittene Häuser erfolgte die Wasserversorgung letztlich durch Tankwägen (Rudaw 14.8.2021).
Mitte September 2021 kam es im Najaf zu einem Stromausfall, der das gesamte Gouvernement betroffen hat. Auch die Notversorgung für Krankenhäuser und Wasserprojekte war betroffen. Die Stromversorgung konnte schrittweise wiederhergestellt werden (NINA 19.9.2021; vgl. Al-Ahad 19.9.2021).Mitte September 2021 kam es im Najaf zu einem Stromausfall, der das gesamte Gouvernement betroffen hat. Auch die Notversorgung für Krankenhäuser und Wasserprojekte war betroffen. Die Stromversorgung konnte schrittweise wiederhergestellt werden (NINA 19.9.2021; vergleiche Al-Ahad 19.9.2021).
Qadisiyah
Im Jahr 2018 waren etwa 1,16 % der Bevölkerung des Gouvernements von akuter Armut betroffen, 9,23 % waren armutsgefährdet (OPHI 10.9.2020). Statistisch gesehen sind keine Bevölkerungsanteile von Nahrungsmittelknappheit betroffen (WFP 9.2021). Bei der Verfügbarkeit von Lebensmitteln und anderen Waren hat Qadisiyah im Zuge einer Untersuchung vom Juli 2020 zehn von zehn möglichen Punkten erhalten [Anm.: Verfügbarkeit ist hier nicht gleichzusetzen mit Leistbarkeit] (WB, WFP, FAO, IFAD 9.2020).
Im Jahr 2017 lag der Anteil der Bevölkerung mit Trinkwasserversorgung bei 72,9 % (CSO 2018i).
Wassit
Die Erwerbsquote in Wassit ist von 44,9 % im Jahr 2016 auf 39,5 % im Jahr 2017 gefallen. Auch die Arbeitslosenrate ist gefallen, von 10,8 % im Jahr 2016 auf 8,7 % im Jahr 2017 (CSO 2018b). Im Jahr 2018 waren etwa 1,49 % der Bevölkerung des Gouvernements von akuter Armut betroffen und 11,77 % waren armutsgefährdet (OPHI 10.9.2020).
Etwa 4,35 % der Bevölkerung Wassits (rund 58.300 Personen) sind unzureichend ernährt. Für rund 8,7 % (rund 116.700 Personen) ist die Deckung des Nahrungsmittelbedarfs kritisch (WFP 9.2021). In einer Umfrage vom Mai 2020 zufolge gaben 5-10 % der befragten Personen unzureichende Nahrungsaufnahme an (WB, WFP, FAO, IFAD 2.7.2020). Trotzdem hat Wassit laut einer Untersuchung vom Juli 2020 bei der Verfügbarkeit von Lebensmitteln und anderen Waren zehn von zehn möglichen Punkten erhalten [Anm.: Verfügbarkeit ist hier nicht gleichzusetzen mit Leistbarkeit] (WB, WFP, FAO, IFAD 9.2020).
Im Jahr 2017 lag der Anteil der Bevölkerung mit Trinkwasserversorgung in Wassit bei 80 % (CSO 2018j; vgl. ACCORD 9.8.2021).Im Jahr 2017 lag der Anteil der Bevölkerung mit Trinkwasserversorgung in Wassit bei 80 % (CSO 2018j; vergleiche ACCORD 9.8.2021).
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ACCORD - Austrian Centre for Country of Origin and Asylum Research and Documentation (9.8.2021): Anfragebeantwortung zum Irak: Wassit: Aktuelle sozioökonomische Lage (Nahrungsmittel, Trinkwasser, Wohnungsmarkt (Wohnung für fünf- oder siebenköpfige Familie), Schulen (Probleme beim Zugang), Gesundheitsversorgung (Probleme beim Zugang)) [a-11633-1], https://www.ecoi.net/de/dokument/2058035.html, Zugriff 25.8.2021
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Grundversorgung und Wirtschaft in der Kurdistan Region Irak (KRI)
Letzte Änderung: 16.08.2022
Wirtschaftslage
Wie im gesamten Land ist auch in der Kurdistan Region Irak (KRI) das Erdöl die Haupteinnahmequelle und trägt fast 80% zum BIP der Region bei. Die Landwirtschaft macht etwa 10% des BIP aus, der Tourismus 4% und Dienstleistungen und sonstige Industrie 6%. Öl macht auch bis zu 90% der Exporte aus der Region aus (IRIS 5.2021). Die Kurdische Regionalregierung (KRG) kann für ihren aufgeblähten öffentlichen Sektor und die Ölindustrie nicht zahlen. Die KRG hat Gehaltszahlungen mehrfach verzögert und im Mai 2021 eine Gehaltskürzung von 21% angekündigt. Darüber hinaus hat sie mehrfach die Zahlungen verpasst. Eine Studie der Vereinten Nationen hat ergeben, dass diese Probleme zu einem Rückgang des monatlichen Familieneinkommens in Kurdistan von 31% führten, höher als im Rest des Landes (Wing 9.6.2021).
Die Arbeitslosenrate in der KRI wird für das Jahr 2018 auf 9% geschätzt. Dabei lag im Jahr 2017 die Arbeitslosigkeit bei Männern bei 8,1% im Vergleich zu 20,1% bei Frauen (KRSO 2021). Die Arbeitsmarktbeteiligung wird in der KRI auf etwa 40% geschätzt (ILO 2021).
Nahrungsmittelversorgung
Grundnahrungsmittel sind in allen Gouvernements verfügbar. Das Lebensmittelrationierungsprogramm (PDS) des irakischen Handelsministeriums ist noch nicht abgeschlossen (IOM 18.6.2021). Ungünstige Niederschlagsmengen haben 2021 die Getreideproduktion im Nordirak und auch in der KRI beeinträchtigt. Die Ernte soll rund 50% unter jener im Jahr 2020 liegen (FAO 11.6.2021).
Wasserversorgung
In der KRI herrscht wegen einer Dürre, im Zusammenspiel mit Staudämmen im Iran, Wasserknappheit. Die KRG hat deswegen zusätzliche 1,7 Millionen Dollar (2,5 Mrd IQD) für Trinkwasser bereitgestellt (Rudaw 5.8.2021; vgl. Rudaw 4.7.2021). Grundsätzlich ist Trinkwasser in allen Gouvernements verfügbar (IOM 18.6.2021).In der KRI herrscht wegen einer Dürre, im Zusammenspiel mit Staudämmen im Iran, Wasserknappheit. Die KRG hat deswegen zusätzliche 1,7 Millionen Dollar (2,5 Mrd IQD) für Trinkwasser bereitgestellt (Rudaw 5.8.2021; vergleiche Rudaw 4.7.2021). Grundsätzlich ist Trinkwasser in allen Gouvernements verfügbar (IOM 18.6.2021).
Stromversorgung
Die Stromversorgung erfolgt durch Betrieb eigener Kraftwerke (AA 14.10.2020). Der Großteil des Stroms wird durch die Verbrennung fossiler Brennstoffe erzeugt. Etwa 9% des Stroms werden aus Wasserkraft gewonnen (Rudaw 18.9.2021).
Die Stromversorgung unterliegt erheblichen Schwankungen (AA 14.10.2020). Sie ist nur für bis zu 20 Stunden pro Tag gegeben (AA 14.10.2020; vgl. K24 15.5.2021). Im Sommer 2021 konnten die drei kurdischen Gouvernements Erbil, Dohuk und Sulaymaniyah nur etwa zwölf Stunden lang Strom am Tag liefern. Darüber hinaus werden Generatoren verwendet, die jedoch nicht den gesamten Bedarf abdecken können (Anadolu 8.7.2021). Insbesondere im Sommer und im Winter ist der Strombedarf wegen Klimatisierung bzw. Heizung höher (AA 14.10.2020). Nach Angaben des KRG-Ministeriums für Elektrizität beträgt der Strombedarf im Sommer mindestens 4.500 MW (Rudaw 3.7.2021). Es werden jedoch nur bis zu 3.500 MW Strom produziert (K24 15.5.2021). Die Kraftwerke laufen jedoch vor allem wegen Brennstoffmangel nicht mit voller Kapazität (Rudaw 3.7.2021). Die KRG plant die Steigerung der Stromversorgung durch die Implementierung mehrerer Energieprojekte (K24 15.5.2021). Die Stromversorgung unterliegt erheblichen Schwankungen (AA 14.10.2020). Sie ist nur für bis zu 20 Stunden pro Tag gegeben (AA 14.10.2020; vergleiche K24 15.5.2021). Im Sommer 2021 konnten die drei kurdischen Gouvernements Erbil, Dohuk und Sulaymaniyah nur etwa zwölf Stunden lang Strom am Tag liefern. Darüber hinaus werden Generatoren verwendet, die jedoch nicht den gesamten Bedarf abdecken können (Anadolu 8.7.2021). Insbesondere im Sommer und im Winter ist der Strombedarf wegen Klimatisierung bzw. Heizung höher (AA 14.10.2020). Nach Angaben des KRG-Ministeriums für Elektrizität beträgt der Strombedarf im Sommer mindestens 4.500 MW (Rudaw 3.7.2021). Es werden jedoch nur bis zu 3.500 MW Strom produziert (K24 15.5.2021). Die Kraftwerke laufen jedoch vor allem wegen Brennstoffmangel nicht mit voller Kapazität (Rudaw 3.7.2021). Die KRG plant die Steigerung der Stromversorgung durch die Implementierung mehrerer Energieprojekte (K24 15.5.2021).
Erbil
Einer Umfrage zufolge gehen 29% der befragten Personen in Erbil einer formellen Beschäftigung nach, 28% einer informellen und 42% gingen keiner Beschäftigung nach. Als Gründe für Arbeitslosigkeit werden ein Mangel an Startkapital, der Lockdown aufgrund von COVID-19 (22%) und ein Mangel an verfügbaren Jobs genannt (DRC 4.2020). Die Arbeitslosenrate wird für das Jahr 2017 auf 9,2% geschätzt (KRSO 2021). Die Arbeitsmarktbeteiligung lag 2018 bei 65,9% bei den Männern und 14,8% bei den Frauen (IOM 7.2018; vgl. EASO 9.2020). Laut einer Umfrage von Februar 2021 im Distrikt Khabat liegt das Durchschnittsgehalt für Fachkräfte bei 244 USD (~356.590 IQD). Der Lohn für ungelernte Arbeiter reicht von 34 bis 500 USD (~49.690 bis 730.710 IQD), wobei der Durchschnitt bei 168 USD liegt (~245.520 IQD). Etwa 10% der Frauen sind berufstätig (IOM 9.2021w). Im Distrikt Makhmur mussten viele Arbeitgeber aufgrund der COVID-19-Pandemie vorübergehend schließen. Nach der Wiedereröffnung fiel die Nachfrage geringer aus und Arbeitgeber haben etwa 73% der Beschäftigten gehalten. Das Durchschnittsgehalt für Fachkräfte ist im Vergleich zu vor COVID-19 um etwa 20 USD gesunken von 335 USD (~489.570 IQD) auf 315 (~460.350 IQD). Bei ungelernten Arbeitskräften ist der Durchschnittslohn jedoch gestiegen, von 159 USD (~232.360 IQD) auf 171 USD (~249.900 IQD) (IOM 9.2021x).Einer Umfrage zufolge gehen 29% der befragten Personen in Erbil einer formellen Beschäftigung nach, 28% einer informellen und 42% gingen keiner Beschäftigung nach. Als Gründe für Arbeitslosigkeit werden ein Mangel an Startkapital, der Lockdown aufgrund von COVID-19 (22%) und ein Mangel an verfügbaren Jobs genannt (DRC 4.2020). Die Arbeitslosenrate wird für das Jahr 2017 auf 9,2% geschätzt (KRSO 2021). Die Arbeitsmarktbeteiligung lag 2018 bei 65,9% bei den Männern und 14,8% bei den Frauen (IOM 7.2018; vergleiche EASO 9.2020). Laut einer Umfrage von Februar 2021 im Distrikt Khabat liegt das Durchschnittsgehalt für Fachkräfte bei 244 USD (~356.590 IQD). Der Lohn für ungelernte Arbeiter reicht von 34 bis 500 USD (~49.690 bis 730.710 IQD), wobei der Durchschnitt bei 168 USD liegt (~245.520 IQD). Etwa 10% der Frauen sind berufstätig (IOM 9.2021w). Im Distrikt Makhmur mussten viele Arbeitgeber aufgrund der COVID-19-Pandemie vorübergehend schließen. Nach der Wiedereröffnung fiel die Nachfrage geringer aus und Arbeitgeber haben etwa 73% der Beschäftigten gehalten. Das Durchschnittsgehalt für Fachkräfte ist im Vergleich zu vor COVID-19 um etwa 20 USD gesunken von 335 USD (~489.570 IQD) auf 315 (~460.350 IQD). Bei ungelernten Arbeitskräften ist der Durchschnittslohn jedoch gestiegen, von 159 USD (~232.360 IQD) auf 171 USD (~249.900 IQD) (IOM 9.2021x).
Im Jahr 2018 waren etwa 5,32% der Bevölkerung des Gouvernements Erbil armutsgefährdet (OPHI 10.9.2020). Einer anderen Quelle zufolge betrug die Armutsrate im Jahr 2018 6,7% (KRSO 2021). Etwa 2,63% der Bevölkerung Erbils (rund 128.700 Personen) sind unzureichend ernährt. Für rund 3,3% (rund 77.200 Personen) ist die Deckung des Nahrungsmittelbedarfs kritisch (WFP 9.2021). Bei der Verfügbarkeit von Lebensmitteln und anderen Waren hat Erbil im Zuge einer Untersuchung vom Juli 2020 zehn von zehn möglichen Punkten erhalten (WB, WFP, FAO, IFAD 9.2020).
Das Gouvernement Erbil und insbesondere die Stadt Erbil sind wegen der Dürre des Sommers 2021 besonders hart von Wasserknappheit betroffen (Rudaw 4.7.2021). Der Zab-Fluss und das Brunnenwasser der Stadt Erbil sind durch die Dürre beeinträchtigt, weswegen Trinkwasser seit Juli 2021 knapp ist. Die Bewohner sind gezwungen, abgefülltes Wasser zu kaufen. Eine Tankfüllung kostet über 50 Dollar (~72.970 IQD) und reicht für höchstens eine Woche. Das durchschnittliche Monatseinkommen eines Haushalts in der KRI liegt nach Angaben von NRT bei weniger als 250 Dollar (~364.870 IQD) pro Monat (Al Monitor 12.8.2021). Wasserknappheit tritt jedes Jahr erneut auf (Al Monitor 29.7.2021).
In Erbil herrscht Stromknappheit (Rudaw 4.7.2021). Stromausfälle beeinträchtigen auch die Wasserversorgung in Erbil (Al-Monitor 29.7.2021).
Dohuk
Die Arbeitslosenrate in Dohuk wird für das Jahr 2017 auf 13,8% geschätzt (KRSO 2021). Einer Umfrage vom Februar 2021 im Distrikt Zakho zufolge ist die Beschäftigungsquote aufgrund der COVID-19-Pandemie zurückgegangen, welche auch Auswirkungen auf das Durchschnittsgehalt hat. So ist das Durchschnittsgehalt für Fachkräfte von 418 USD (~610.870 IQD) auf 356 USD (~520.260 IQD) gefallen. Ungelernte Arbeitnehmer verdienten hingegen unverändert durchschnittlich 254 USD (~371.200 IQD).
Im Jahr 2018 waren etwa 0,98% der Bevölkerung des Gouvernements Dohuk von akuter Armut betroffen und 2,95% waren armutsgefährdet (OPHI 10.9.2020). Einer anderen Quelle zufolge betrug die Armutsrate im Jahr 2018 8,6% (KRSO 2021). Etwa 5,49% der Bevölkerung Dohuks (rund 330.900 Personen) hat unzureichende Nahrungsaufnahme. Für rund 34,33% (rund 615.700 Personen) ist die Deckung des Nahrungsmittelbedarfs kritisch (WFP 9.2021). Bei der Verfügbarkeit von Lebensmitteln und anderen Waren hat Dohuk im Zuge einer Untersuchung vom Juli 2020 zehn von zehn möglichen Punkten erhalten (WB, WFP, FAO, IFAD 9.2020).
Die Wasserversorgung im Gouvernement Dohuk ist stabilisiert und Flüchtlinge, Binnenvertriebene und die Bevölkerung in den Aufnahmegemeinden haben Zugang zu sauberem Trinkwasser (GIZ 2021)
Aufgrund von Stromversorgungsproblemen hat die Regierung des Gouvernements eine Vereinbarung mit dem Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen (UNDP) unterzeichnet, um einen Solarenergiepark zu errichten (Al Monitor 20.2.2020). Bewohner des Deralok Sub-Distrikt berichten, dass sie nur etwa zehn bis zwölf Stunden Energie aus dem nationalen Stromnetz erhalten (Rudaw 3.7.2021)..
Sulaymaniyah
Schlechte Infrastruktur und Korruption behindern die wirtschaftliche Entwicklung des Gouvernements Sulaymaniyah (IOM 9.2021). Die Arbeitslosenrate in Sulaymaniyah wird für das Jahr 2017 auf 9,4% geschätzt (KRSO 2021). Im Jahr 2018 waren etwa 0,28% der Bevölkerung von akuter Armut betroffen und 2,69% waren armutsgefährdet (OPHI 10.9.2020). Einer anderen Quelle zufolge betrug die Armutsrate im Jahr 2018 4,46% (KRSO 2021).
Einer Umfrage vom Februar 2021 im Distrikt Halabja zufolge liegen die Durchschnittsgehälter für Facharbeiter bei 273 USD (~398.440 IQD) und reichen von 82 USD bis über 600 USD (~119.680 bis 875.690 IQD). Die Durchschnittslöhne für ungelernte Arbeitskräfte waren vor COVID-19 mit 290 USD (~423.250 IQD) höher und liegen nach den letzten Schätzungen der Arbeitgeber derzeit bei etwa 221 USD (~322.550 IQD). Allerdings gab nur die Hälfte der Arbeitgeber an, ungelernte Arbeitskräfte zu beschäftigen (IOM 9.2021). Im Distrikt Kalar verdienen Fachkräfte durchschnittlich 396 USD (~539.260 IQD) und reichen von etwa 100 USD bis 1000 USD (~146.140 bis 1.461.410 IQD). Mehr als zwei Drittel der Arbeitgeber gaben an, auch ungelernte Arbeitskräfte zu beschäftigen, die im Durchschnitt 241 USD (~352.200 IQD) erhielten, wobei die Löhne zwischen 100 und 600 USD (~146.140 bis 876.850 IQD) lagen (IOM 9.2021A).
Für je etwa 15,2% der Bevölkerung (rund 30.000 Personen) ist die Nahrungsaufnahme unzureichend, bzw. ist die Deckung des Nahrungsmittelbedarfs kritisch (WFP 9.2021). Bei der Verfügbarkeit von Lebensmitteln und anderen Waren hat Sulaymaniyah im Zuge einer Untersuchung vom Juli 2020 zehn von zehn möglichen Punkten erhalten (WB, WFP, FAO, IFAD 9.2020).
Der Fluss Chami Rokhana im Süden der Sulaymaniyahs ist aufgrund der Dürre und wegen iranischer Dammbauten ausgedrocknet (Rudaw 5.8.2021). Vertreter der Gesundheitsbehörden warnen davor, dass durch die Wasserknappheit Krankheiten, die durch verunreinigtes Wasser verursacht werden, zunehmen könnten (K24 10.6.2021).
Im Jahr 2020 wurde laut der Generaldirektion für Elektrizitätsversorgung in Sulaymaniyah täglich Strom für 20 Stunden geliefert. Auch für 2021 wurde diese Menge anvisiert, jedoch sorgte rückgängiger Wasserstand dafür, dass die Kraftwerke am Dukan-Damm und in Darbandikhan nicht wie bisher Energie produzieren konnten (Shafaq 20.5.2021).
Quellen:
AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (14.10.2020): Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak (Stand: März 2020), https://www.ecoi.net/en/file/local/2040689/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%BCber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Republik_Irak_%28Stand_M%C3%A4rz_2020%29%2C_14.10.2020.pdf, Zugriff 3.3.2021
Al Monitor (12.8.2021): Water protests erupt in Kurdistan Region of Iraq, https://www.al-monitor.com/originals/2021/08/water-protests-erupt-kurdistan-region-iraq, Zugriff 19.8.2021
Al Monitor (29.7.2021): Iraqi Kurdistan water crisis blamed on climate and Iran, https://www.al-monitor.com/originals/2021/07/iraqi-kurdistan-water-crisis-blamed-climate-and-iran, Zugriff 29.9.2021
Al Monitor (20.2.2020): New solar park to ease Iraqi governorate's power shortage, https://www.al-monitor.com/originals/2020/02/solar-energy-park-shines-light-on-duhoks-electricity-woes.html, Zugriff 29.9.2021
Anadolu Agency (8.7.2021): Oil-rich Iraq grapples with power outages for 30 years, https://www.aa.com.tr/en/middle-east/oil-rich-iraq-grapples-with-power-outages-for-30-years/2297835, Zugriff 29.9.2021
EASO – European Asylum Support Office (9.2020): Iraq; Key socio-economic indicators; For Baghdad, Basra and Erbil, https://www.ecoi.net/en/file/local/2037976/2020_09_EASO_COI_Report_Iraq_Key_socio_economic_indicators_Baghdad_Basra_Erbil.pdf, Zugriff 25.8.2021
FAO - Food and Agriculture Organization of the United Nations (11.6.2021): GIEWS Country Brief, The Republic of Iraq, https://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/IRQ_13.pdf, Zugriff 15.8.2021
GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (2021): Control over water and wastewater, https://www.giz.de/en/worldwide/52838.html, Zugriff 29.9.2021 [Anm.: Der Link ist nicht mehr abrufbar. Die Daten sind jedoch bei der Staatendokumentation archiviert und einsehbar.]
IOM - International Organization for Migration Iraq (9.2021z): Labour Market Assessment, Halabja District, Sulaymaniyah Gouvernorate, https://iraq.iom.int/files/Halabja%20District,%20Sulaymaniyah%20Governorate_0.pdf, Zugriff 1.10.2021
IOM - International Organization for Migration Iraq (9.2021a): Labour Market Assessment, Kalar District, Sulaymaniyah Governorate, https://iraq.iom.int/files/Kalar%20District,%20Sulaymaniyah%20Governorate.pdf, Zugriff 1.10.2021
IOM - International Organization for Migration (18.6.2021): Information on the socio-economic situation in the light of COVID-19 in Iraq and in the Kurdish Region, requested by the Austrian Federal Office for Immigration and Asylum, Zugriff 21.6.2021
IOM - International Organization for Migration (7.2018): Demographic Survey, Kurdistan Region of Iraq, https://iraq.iom.int/files/KRSO_IOM_UNFPA_Demographic_Survey_Kurdistan_Region_of_Iraq.pdf , Zugriff 25.8.2011
ILO - International Labour Organization (2021): Promoting decent work in Iraq, https://www.ilo.org/beirut/countries/iraq/WCMS_433682/lang--en/index.htm, Zugriff 1.9.2021
K24 - Kurdistan 24 (10.6.2021): Sulaimani warns of surge in waterborne illness as region feels drought effects, https://www.kurdistan24.net/en/story/24717-Sulaimani-warns-of-surge-in-waterborne-illness-as-region-feels-drought-effects, Zugriff 29.9.2021
K24 - Kurdistan 24 (15.5.2021): KRG launching energy projects to increase electricity supply, https://www.kurdistan24.net/en/story/24511-KRG-launching-energy-projects-to-increase-electricity-supply, Zugriff 29.9.2021
KRSO - Kurdistan Region Statistics Office, Ministry of Planning, Kurdistan Regional Governement (2021): Indicators, http://www.krso.net/default.aspx?page=article&id=899&l=1, Zugriff 25.8.2021
Rudaw (18.9.2021): Solar pilot project powers Erbil’s Mergasor village, https://www.rudaw.net/english/kurdistan/18092021, Zugriff 29.9.2021
Rudaw (5.8.2021): A Sulaimani river is drying up, https://www.rudaw.net/english/kurdistan/05082021, Zugriff 29.9.2021
Rudaw (4.7.2021): Erbil province hit hardest by water crisis: governor, https://www.rudaw.net/english/kurdistan/04072021, Zugriff 29.8.2021
Rudaw (3.7.2021): Deralok hydropower plant to be online by end of the year, https://www.rudaw.net/english/kurdistan/03072021, Zugriff 29.9.2021
Shafaq News (20.5.2021): Electric power decline in the Region due to the decrease in two major water dams, https://shafaq.com/en/Kurdistan/Electric-power-decline-in-the-Region-due-to-the-decrease-in-two-major-water-dams, Zugriff 29.9.2021
WB, WFP, FAO, IFAD - World Bank (WB), World Food Programme (WFP), Food and Agriculture Organization of the United Nations (FAO), International Fund for Agricultural Development (IFAD) (9.2020): Food Security in Iraq - Impact of COVID-19, with a Special Feature on Digital Innovation, https://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/Iraq%20Food%20Security%20Report%20August%202020%20-%20Arabic.pdf, Zugriff 1.10.2021
WB - World Bank (5.4.2021): Republic of Iraq, https://pubdocs.worldbank.org/en/527001554825517687/mpo-irq.pdf, Zugriff 10.4.2021
WFP - World Food Programme (9.2021): Hunger Map Live, Iraq https://hungermap.wfp.org/, Zugriff 27.9.2021
Wing, Joel, Musings on Iraq (9.6.2021): Iraq’s Kurdistan Can’t Pay Its Bills, https://musingsoniraq.blogspot.com/2021/06/iraqs-kurdistan-cant-pay-its-bills.html, Zugriff 10.6.2021
Medizinische Versorgung
Letzte Änderung: 22.08.2022
Der Gesundheitssektor im Irak hat unter den Kriegen, den Sanktionen, der Korruption und den mangelnden Investitionen gelitten. Mithilfe der Vereinten Nationen und ausländischer Hilfsorganisationen kann meist nur das Nötigste gesichert werden (GIZ 1.2021b).
Das Gesundheitswesen besteht aus einem privaten und einem öffentlichen Sektor (IOM 1.4.2019). Öffentliche Krankenhäuser berechnen niedrigere Kosten für Untersuchungen und Medikamente als der private Sektor. Allerdings sind nicht alle medizinischen Leistungen in öffentlichen Einrichtungen verfügbar und von geringerer Qualität als jene im privaten Sektor. Vor allem in größeren Städten und für spezialisierte Behandlungen kann es zu langen Wartezeiten kommen. Die Qualität der Gesundheitsversorgung hängt stark davon ab, ob die Gesundheitsinfrastruktur seit dem jüngsten bewaffneten Konflikt wiederhergestellt wurde, und ob Ärzte und Krankenschwestern zurückgekehrt sind (IOM 18.6.2021).
Eine Umfrage deutet darauf hin, dass im Jahr 2020, infolge der COVID-Krise, die Zahl der Rückkehrerhaushalte, die mehr als 20 % ihrer monatlichen Gesamtausgaben für Gesundheit oder Medikamente ausgeben, stark auf 38 % gestiegen ist (gegenüber 7 % im Jahr 2019) (IOM 18.6.2021).
Staatliche wie private Krankenhäuser sind fast ausschließlich in den irakischen Städten zu finden. Dort ist die Dichte an praktizierenden Ärzten, an privaten und staatlichen Kliniken um ein Vielfaches größer. Gleiches gilt für Apotheken und medizinische Labore. Bei der Inanspruchnahme privatärztlicher Leistungen muss zunächst eine Art Praxisgebühr bezahlt werden. Diese beläuft sich in der Regel zwischen 15.000 und 20.000 IQD (Anm.: ca. 12-16 EUR). Für spezielle Untersuchungen und Laboranalysen sind zusätzliche Kosten zu veranschlagen. Außerdem müssen Medikamente, die man direkt vom Arzt bekommt, gleich vor Ort bezahlt werden. In den staatlichen Zentren zur Erstversorgung entfällt zwar in der Regel die Praxisgebühr, jedoch nicht die Kosten für eventuelle Zusatzleistungen. Darunter fallen etwa Röntgen- oder Ultraschalluntersuchungen (GIZ 1.2021d). Medizinische Kosten und Gesundheitsleistungen werden im Irak nicht von einer Krankenversicherung übernommen (IOM 18.6.2021). Staatliche wie private Krankenhäuser sind fast ausschließlich in den irakischen Städten zu finden. Dort ist die Dichte an praktizierenden Ärzten, an privaten und staatlichen Kliniken um ein Vielfaches größer. Gleiches gilt für Apotheken und medizinische Labore. Bei der Inanspruchnahme privatärztlicher Leistungen muss zunächst eine Art Praxisgebühr bezahlt werden. Diese beläuft sich in der Regel zwischen 15.000 und 20.000 IQD Anmerkung, ca. 12-16 EUR). Für spezielle Untersuchungen und Laboranalysen sind zusätzliche Kosten zu veranschlagen. Außerdem müssen Medikamente, die man direkt vom Arzt bekommt, gleich vor Ort bezahlt werden. In den staatlichen Zentren zur Erstversorgung entfällt zwar in der Regel die Praxisgebühr, jedoch nicht die Kosten für eventuelle Zusatzleistungen. Darunter fallen etwa Röntgen- oder Ultraschalluntersuchungen (GIZ 1.2021d). Medizinische Kosten und Gesundheitsleistungen werden im Irak nicht von einer Krankenversicherung übernommen (IOM 18.6.2021).
Insgesamt bleibt die medizinische Versorgungssituation angespannt (AA 25.10.2021). Auf dem Land kann es bei gravierenden Krankheitsbildern problematisch werden. Die Erstversorgung ist hier grundsätzlich gegeben; allerdings gilt die Faustregel: Je kleiner und abgeschiedener das Dorf, umso schwieriger die medizinische Versorgung (GIZ 1.2021d). In Bagdad arbeiten viele Krankenhäuser nur mit deutlich eingeschränkter Kapazität. Die Ärzte und das Krankenhauspersonal gelten generell als qualifiziert, viele haben aber aus Angst vor Entführung oder Repression das Land verlassen. Korruption ist verbreitet. Die für die Grundversorgung der Bevölkerung besonders wichtigen örtlichen Gesundheitszentren (ca. 2.000 im gesamten Land) sind entweder geschlossen oder wegen baulicher, personeller und Ausrüstungsmängel nicht in der Lage, die medizinische Grundversorgung sicherzustellen (AA 25.10.2021). Laut Weltgesundheitsorganisation ist die primäre Gesundheitsversorgung nicht in der Lage, effektiv und effizient auf die komplexen und wachsenden Gesundheitsbedürfnisse der irakischen Bevölkerung zu reagieren (WHO o.D.).
Es gibt im Irak 1.146 primäre Gesundheitszentren, die von Mitarbeitern der mittleren Ebene geleitet werden und 1.185, die von Ärzten geleitet werden. Des Weiteren gibt es im Irak 229 allgemeine und spezialisierte Krankenhäuser, darunter 61 Lehrkrankenhäuser (WHO o.D.). Im Zuge der COVID-19 Krise hat die Regierung einen spürbaren Bedarf an medizinischer Ausrüstung festgestellt. Die Regierung hat Initiativen ergriffen, um die Verfügbarkeit von Gesichtsmasken und Handdesinfektionsmitteln zu erhöhen sowie Krankenhäuser mit mehr Sauerstofftanks und Notaufnahmen auszustatten. Im April 2021 hat die Regierung eine COVID-19-Unterstützung für abgelegene Gebiete initiiert, die Arztbesuche in abgelegenen Orten, die Verteilung von Medikamenten und die Bereitstellung kostenloser medizinischer Beratung umfasst. Daten über konkrete Initiativen und die Wirksamkeit der Maßnahmen sind jedoch nicht verfügbar (IOM 18.6.2021).
In einer Umfrage im Jahr 2021, in den Städten Bagdad, Basra und Mossul, geben 33 % der Befragten an, immer Zugang zu einem Arzt (Allgemeinmediziner) zu haben, während 58 % einen begrenzten oder stark eingeschränkten Zugang haben. 53 % der Befragten in Mossul haben nur eingeschränkten oder stark eingeschränkten Zugang zu einem Allgemeinmediziner, ebenso wie 60 % in Basra und 59 % in Bagdad. 50 % der Kurden gegenüber 30 % der Araber geben an, immer Zugang zu einem Arzt zu haben. Was die Religionszugehörigkeit betrifft, so haben 46 % der schiitischen Muslime immer Zugang zu einem Arzt, während dies nur 28 % der sunnitischen Muslime und 25 % der Christen tun. Bei den Einkommensverhältnissen ist ein erheblicher Unterschied festzustellen: 91 % derjenigen, die mehr als 700.000 IQD verdienen, haben immer Zugang zu einem Allgemeinmediziner, während nur 20 % derjenigen, die weniger als 700.000 IQD verdienen, Zugang haben (BFA, IRFAD 2021).
Von allen Befragten haben 32 % immer Zugang zu einem Zahnarzt, 52 % haben begrenzten oder stark eingeschränkten Zugang und 14 % keinen Zugang. Auf regionaler Ebene haben 55 % in Mossul, 63 % in Basra und 43 % in Bagdad begrenzten oder stark eingeschränkten Zugang zu einem Zahnarzt; 21 % in Bagdad haben keinen Zugang. 45 % der Kurden gegenüber 28 % der Araber geben an, immer Zugang zu einem Zahnarzt zu haben (25 % der Kurden haben keinen Zugang). 39 % der schiitischen Muslime, 27 % der sunnitischen Muslime und 39 % der Christen haben immer Zugang zu einem Zahnarzt (keinen Zugang haben 12 % der schiitischen Muslime, 15 % der sunnitischen Muslime und 19 % der Christen). Auch bei den Einkommensverhältnissen ist der Zugang unterschiedlich: 77 % derjenigen, die mehr als 700.000 IQD verdienen, haben immer Zugang zu einem Zahnarzt, während nur 22 % derjenigen, die weniger als 700.000 IQD verdienen, dies tun (BFA, IRFAD 2021).
Insgesamt haben 29 % immer und 57 % eingeschränkt oder stark eingeschränkt Zugang zu einem Facharzt (z.B. Gynäkologe, Kinderarzt usw.), wenn dieser benötigt wird. 59 % der Frauen und 57 % der Männer haben einen begrenzten oder stark eingeschränkten Zugang zu einem Facharzt. In Mossul geben 40 % an, immer Zugang zu einem Facharzt zu haben, während dies nur 20 % in Basra und 28 % in Bagdad tun. Von den Kurden haben 43 % immer Zugang zu einem Facharzt, gegenüber 26 % der Araber. Was die Religionszugehörigkeit betrifft, so geben 38 % der schiitischen Muslime an, immer Zugang zu einem Facharzt zu haben, während dies 27 % der sunnitischen Muslime und 25 % der Christen tun. 70 % derjenigen, die mehr als 700.000 IQD verdienen, haben immer Zugang zu einem Facharzt. Bei Wenigerverdiener sind es nur 20 % (BFA, IRFAD 2021).
In allen untersuchten Städten haben 30 % der Befragten immer Zugang zu Krankenhäusern, um sich bei Bedarf behandeln oder operieren zu lassen, 54 % haben einen eingeschränkten oder stark eingeschränkten Zugang und 13 % keinen Zugang. Von den männlichen Befragten haben 32 % immer Zugang, während 17 % überhaupt keinen Zugang haben; von den weiblichen Befragten haben 27 % immer Zugang, während 10 % überhaupt keinen Zugang haben. 53 % der Einwohner von Mossul, 63 % von Basra und 49 % von Bagdad haben nur begrenzten oder stark eingeschränkten Zugang zu Krankenhäusern. 45 % der Kurden haben immer Zugang zu Krankenhäusern, während 20 % überhaupt keinen Zugang haben. Von den Arabern haben 26 % immer Zugang, während 14 % keinen Zugang haben. Von den sunnitischen Muslimen geben 30 % an, immer Zugang zu Krankenhäusern zu haben (16 % haben keinen Zugang), ebenso wie 38 % der schiitischen Muslime (13 % haben keinen Zugang) und 21 % der Christen (16 % haben keinen Zugang). In der Einkommensgruppe über 700.000 IQD haben 68 % immer Zugang zu Krankenhäusern, während von denjenigen, die weniger verdienen, nur 20 % Zugang haben (und 16 % haben keinen Zugang) (BFA, IRFAD 2021).
36 % aller Befragten haben alle, 36 % kaum die notwendigen Hygieneartikel, während 28 % kaum oder gar nicht über diese Artikel verfügen. Vor allem Frauen mangelt es an den notwendigen Hygieneartikeln, 34 % haben sie kaum oder gar nicht, gegenüber 23 % der Männer. Die Verfügbarkeit scheint in Bagdad am höchsten zu sein, wo 80 % angeben, kaum oder alle notwendigen Hygieneartikel zu besitzen, ebenso wie 67 % in Mossul und 60 % in Basra. 75 % der 26- bis 36-Jährigen geben an, kaum oder alle notwendigen Hygieneartikel zu besitzen, während 73 % der 19- bis 25-Jährigen und 58 % der 16- bis 18-Jährigen dies tun. 31 % der Araber, aber nur 15 % der Kurden geben an, dass sie kaum oder gar nicht über die notwendigen Hygieneartikel verfügen. Was die Religionszugehörigkeit betrifft, so verfügen 30 % der Christen, 31 % der schiitischen Muslime und 27 % der sunnitischen Muslime kaum oder gar nicht über die erforderlichen Hygieneartikel. 66 % derjenigen, die mehr als 700.000 IQD verdienen, haben alle notwendigen Hygieneartikel, während 32 % derjenigen, die weniger als 700.000 IQD verdienen, diese besitzen (BFA, IRFAD 2021).
44 % der Befragten geben an, dass sie immer Zugang zu Impfungen haben, während 51 % nur begrenzten oder stark eingeschränkten Zugang zu Impfungen im Allgemeinen haben. Zu den COVID-19-Impfungen haben 55 % der Befragten immer Zugang, während 40 % nur begrenzten oder stark eingeschränkten Zugang haben. Auf regionaler Ebene haben 35 % der Befragten in Bagdad, 55 % in Basra und 52 % in Mossul immer Zugang zu Impfungen, während 59 % in Mossul, 61 % in Basra und 51 % in Bagdad angeben, vollen Zugang zu COVID-19-Impfungen zu haben. 50 % der Kurden und 43 % der Araber haben immer Zugang zu Impfungen, während 80 % der Kurden und 51 % der Araber immer Zugang zu COVID-19-Impfungen haben. Was die Religionszugehörigkeit betrifft, so haben 55 % der schiitischen Muslime, 37 % der sunnitischen Muslime und 39 % der Christen uneingeschränkten Zugang zu Impfungen; uneingeschränkter Zugang zu COVID-19-Impfungen wird von 70 % der schiitischen Muslime, 46 % der sunnitischen Muslime und 55 % der Christen angegeben. Das Einkommensniveau ist ausschlaggebend für den kontinuierlichen Zugang zu Impfungen: Von denjenigen, die mehr als 700.000 IQD verdienen, haben 86 % immer Zugang zu Impfungen und 91 % zu COVID-19-Impfungen, während von denjenigen, die weniger verdienen, nur 34 % immer Zugang zu Impfungen und 52 % zu COVID-19-Impfungen haben (BFA, IRFAD 2021).
Anfang des Jahres 2020, mit Beginn der COVID-19-Pandemie stellten die medizinischen Fakultäten und Gesundheitseinrichtungen die meisten ihrer zur Verfügung gestellten Dienste ein und verlagerten sich auf die Untersuchung des Virus und seiner Auswirkungen auf die Gesellschaft. Im September 2020 nahm der öffentliche Gesundheitssektor seine Arbeit und Dienstleistungen wieder auf, mit neuen Regelungen, wie dem Zugang zu Krankenhäusern nur nach Terminvereinbarung, Rotationsschichten des medizinischen Personals, längeren erforderlichen Wartezeiten und strengeren Hygienemaßnahmen. Im Jahr 2021 bieten sowohl der öffentliche als auch der private Gesundheitssektor ihre Arbeit beinahe wieder normal an, jedoch mit hohen Vorsichtsmaßnahmen gegen die Ausbreitung von COVID-19, wie vom irakischen Gesundheitsministerium (MoH) angewiesen (IOM 18.6.2021). Das Gesundheitsministerium wandte sich angesichts der Auswirkungen der COVID-19-Pandemie auf den öffentlichen Gesundheitssektor an private Einrichtungen, um die Regierung bei der Krisenbewältigung zu unterstützen. So nutzte die Regierung beispielsweise das Andalus Hospital and Specialized Cancer Treatment Center in Bagdad, das einem irakischen Pathologen gehört (BS 23.2.2022, S.25).
Aufgrund der COVID-19-Pandemie steht die Bereitstellung grundlegender Gesundheitsdienste unter Druck. Familien haben nicht im gleichen Maße wie 2019 Zugang zu grundlegenden Diensten, einschließlich Impfungen und Gesundheitsfürsorge für Mutter und Kind. Schätzungsweise 300.000 Kinder laufen Gefahr, nicht geimpft zu werden, was zu Masernausbrüchen oder der Rückkehr von Polio führen könnte (UN OCHA 2021).
Die große Zahl von Flüchtlingen und IDPs belastet das Gesundheitssystem zusätzlich (AA 25.10.2021).
Quellen:
AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (25.10.2021): Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak (Stand: Oktober 2021), https://www.ecoi.net/en/file/local/2063378/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Republik_Irak_%28Stand_Oktober_2021%29%2C_25.10.2021.pdf, Zugriff 1.12.2021
BFA Staatendokumentation (Autor), IRFAD - Iraqi Foundation for Analysis and Development (Autor) (2021): Dossier Iraq; Socio-Economic Survey 2021, https://www.ecoi.net/en/file/local/2062611/IRAQ+-+Socio-Economic+Survey+2021.pdf, Zugriff 29.11.2021
BS - Bertelsmann Stiftung (23.2.2022): BTI 2022 Country Report Iraq, https://www.ecoi.net/en/file/local/2069660/country_report_2022_IRQ.pdf, Zugriff 17.6.2022
GIZ - Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (1.2021b): Wirtschaft & Entwicklung, https://www.liportal.de/irak/wirtschaft-entwicklung/, Zugriff 16.3.2021 [Anm.: Der Link ist nicht mehr abrufbar. Die Daten sind jedoch bei der Staatendokumentation archiviert und einsehbar.]
GIZ - Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (1.2021d): Alltag, https://www.liportal.de/irak/alltag/, Zugriff 16.3.2021 [Anm.: Der Link ist nicht mehr abrufbar. Die Daten sind jedoch bei der Staatendokumentation archiviert und einsehbar.]
IOM - International Organization for Migration (18.6.2021): Information on the socio-economic situation in the light of COVID-19 in Iraq and in the Kurdish Region, requested by the Austrian Federal Office for Immigration and Asylum, Zugriff 21.6.2021
IOM - Internationale Organisation für Migration (1.4.2019): Länderinformationsblatt Irak (Country Fact Sheet 2018), https://milo.bamf.de/milop/livelink.exe/fetch/2000/702450/698578/704870/698617/18363939/Irak_%2D_Country_Fact_Sheet_2018%2C_deutsch.pdf?nodeid=20101157&vernum=-2, Zugriff 15.8.2021
UN OCHA – United Nations Office for the Coordination of Humanitarian Affairs (2021): Global Humanitarian Overview 2021, Iraq, https://gho.unocha.org/iraq, Zugriff 25.8.2021
WHO - World Health Organization (o.D.): Iraq: Primary Health Care, http://www.emro.who.int/irq/programmes/primary-health-care.html, Zugriff 3.3.2021
Medizinische Versorgung in der Kurdistan Region Irak (KRI)
Letzte Änderung: 16.08.2022
Das öffentliche Gesundheitssystem in der Kurdistan Region Irak (KRI) wird durch das Gesundheitsministerium (MoH) in Erbil verwaltet. Es gibt fünf Gesundheitsdirektionen (DoH) des MoH, eine in Dohuk, eine in Erbil und drei in Sulaymaniyah: das Slemani DoH, das Germian DoH und das Rania DoH. Unter jeder der Direktionen gibt es Gesundheitssektoren auf Distriktebene. Finanziert wird das öffentliche Gesundheitssystem durch eine Haushaltszuweisung der Kurdischen Regionalregierung (KRG), aus der die Gehälter der im öffentlichen Sektor tätigen medizinischen Fachkräfte, sowie Medikamente, Verbrauchsmaterialien und Investitionen in die Infrastruktur des Gesundheitswesens, wie Gebäude und Geräte bezahlt werden. Dabei ist die KRG von Zahlungen der irakischen Zentralregierung in Bagdad abhängig, die 17 % ihres Budgets ausmachten (MedCOI 8.2020).
Gesundheitsdienste werden hauptsächlich durch den öffentlichen Sektor angeboten, wobei auch der private Sektor und Nichtregierungsorganisationen nach und nach ihre Gesundheitseinrichtungen aufbauen (MedCOI 8.2020).
Die Gesundheitsversorgung in der KRI ist dreigeteilt. Primäre Gesundheitsversorgung wird durch Hauptzentren der primären Gesundheitsversorgung (PHC) sowie PHC-Unterzentren bereitgestellt. Im Jahr 2017 gab es in der KRI 548 PHCs. Diese sind mit mindestens einem Allgemeinmediziner besetzt und bieten eine medizinische Grundversorgung. Die meisten der PHCs versorgen mehr als 10.000 Personen. PHC-Unterzentren verfügen hingegen nicht über einen Arzt und ihre Leistungen sind in der Regel eingeschränkter. Sie stellen grundlegende Medikamente zur Verfügung und versorgen in der Regel etwa 2.000 Personen. Krankenhäuser bieten sekundäre und tertiäre Versorgung. Im Jahr 2017 gab es in der KRI 19 öffentliche und sieben private Krankenhäuser im Gouvernement Dohuk, 24 öffentliche und 19 private Krankenhäuser im Gouvernement Erbil sowie 33 öffentliche und 16 private Krankenhäuser im Gouvernement Sulaymaniyah (MedCOI 8.2020).
Die meisten Menschen leben in einem Umkreis von 30 Minuten um ein Zentrum der PHC, und die Gesamtzahl und Art der Gesundheitseinrichtungen (d.h. Krankenhäuser und PHCs) sind im weltweiten Vergleich ausreichend, jedoch ist die geografische Verteilung der angebotenen Leistungen, des Personals und der Ausstattung ungleichmäßig. In mehreren PHCs waren Labor- oder andere Geräte zwar vorhanden, aber nicht funktionsfähig, oder das PHC hatte keinen geschulten Nutzer für diese. Die KRG ist dabei Gesundheitsinformationssysteme (HIS) und Evidenz für die Entscheidungsfindung zu verbessern, um damit auch die Behandlung zu verbessern und den Fortschritt hin zu einer universellen Gesundheitsversorgung zu beschleunigen (MedCOI 8.2020).
Die staatliche medizinische Versorgung in der KRI ist kostenlos bzw. sehr kostengünstig, allerdings qualitativ schlecht und mit langen Wartezeiten verbunden (AA 25.10.2021; vgl. IOM 18.6.2021). Private Krankenhäuser, auch auf hohem medizinischem Niveau, sind kostspielig und sind nur für die obere Mittelschicht leistbar (AA 25.10.2021). Es gibt keine privaten Krankenversicherungen, sodass Zahlungen in privaten Einrichtungen aus eigener Tasche bezahlt werden müssen (MedCOI 8.2020).Die staatliche medizinische Versorgung in der KRI ist kostenlos bzw. sehr kostengünstig, allerdings qualitativ schlecht und mit langen Wartezeiten verbunden (AA 25.10.2021; vergleiche IOM 18.6.2021). Private Krankenhäuser, auch auf hohem medizinischem Niveau, sind kostspielig und sind nur für die obere Mittelschicht leistbar (AA 25.10.2021). Es gibt keine privaten Krankenversicherungen, sodass Zahlungen in privaten Einrichtungen aus eigener Tasche bezahlt werden müssen (MedCOI 8.2020).
Quellen:
AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (25.10.2021): Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak (Stand: Oktober 2021), https://www.ecoi.net/en/file/local/2063378/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Republik_Irak_%28Stand_Oktober_2021%29%2C_25.10.2021.pdf, Zugriff 1.12.2021
IOM - International Organization for Migration (18.6.2021): Information on the socio-economic situation in the light of COVID-19 in Iraq and in the Kurdish Region, requested by the Austrian Federal Office for Immigration and Asylum, Zugriff 21.6.2021
MedCOI - Medical Country of Origin Information (8.2020): Country Fact Sheet, Access to Healthcare: Iraq-Kurdistan, Zugriff 3.3.2021
Rückkehr
Letzte Änderung: 16.08.2022
Die freiwillige Rückkehrbewegung irakischer Flüchtlinge aus anderen Staaten befindet sich, im Vergleich zu anderen Herkunftsstaaten, auf einem relativ hohen Niveau. Die Sicherheit von Rückkehrern ist von einer Vielzahl von Faktoren abhängig, unter anderem von ihrer ethnischen und konfessionellen Zugehörigkeit, ihrer politischen Orientierung und den Verhältnissen vor Ort (AA 25.10.2021).
Einer Studie von 2021 zufolge sind soziale Netzwerke wichtige Erleichterer oder Hemmer einer Wiedereingliederung. Die meisten Studienteilnehmer waren sich darin einig, dass ein starkes soziales Netz ein Schlüsselfaktor für eine erfolgreiche Wiedereingliederung ist und berichteten von einem positiven Einfluss der Netzwerke nach ihrer Rückkehr, es gab jedoch auch Berichte von eher negativen Empfängen (FIS, ERRIN 2021).
Rückkehrer berichten über psychosoziale Bedürfnisse vor, während und nach einer Rückkehr. Dabei stehen psychosoziale Dienste weitgehend nicht oder kaum zur Verfügung. Ein Faktor ist Angst vor einer Stigmatisierung durch die Familie, nicht jedoch die Stigmatisierung selbst. 90 % der Studienteilnehmer berichteten, dass sie von ihrer Familie und ihren Freunden freudig empfangen wurden (FIS, ERRIN 2021).
Während die Forschungsteilnehmer nur wenige Probleme beim formalen Zugang zu Bildung und Gesundheitsfürsorge meldeten, beeinträchtigen Anpassungsschwierigkeiten und Qualitätsbarrieren ihre Fähigkeit, diese Dienste in Anspruch zu nehmen (FIS, ERRIN 2021).
Reintegration und Sicherheit werden durch Schutz, Stabilisierung, Rechtsstaatlichkeit und sozialen Zusammenhalt beeinflusst. An vielen Orten bleiben auch nach der Niederlage des sog. Islamischen Staates (IS) Quellen der Gewalt bestehen, die Rückkehrer betreffen können. In einigen Fällen kann Gewalt sogar durch die tatsächliche Rückkehr verschiedener Bevölkerungsgruppen an einen bestimmten Ort geschürt werden. Gewaltrisiken bleiben anhaltende Angriffe des IS oder anderer bewaffneter Gruppen, aber auch soziale Konflikte in Form von ethnisch-konfessionellen oder stammesbedingten Spannungen und Gewalt, darunter auch Racheakte. Auch politische Konkurrenz spielt bei diesem Risiko eine Rolle, da verschiedene Sicherheitsakteure in der fragmentierten Sicherheitskonfiguration nach dem Konflikt im Irak um territoriale Vorherrschaft ringen (IOM 2021).
Eine Untersuchung von 2020, zu der fast 7.000 Binnenvertriebene und 2.700 Rückkehrer befragt wurden, hat ergeben, dass die Zahl der Rückkehrerhaushalte, die mehr als 20 % ihrer monatlichen Gesamtausgaben für Gesundheit oder Medikamente ausgeben, im Jahr 2020 stark, auf 38 % gestiegen ist (im Vergleich zu 7 % im Jahr 2019) (IOM 18.6.2021). Einer Studie von 2021 zufolge, sehen sich Rückkehrer nach ihrer Rückkehr mit Barrieren für den Lebensunterhalt konfrontiert, die zwar nicht unbedingt ein Hindernis für die Wiedereingliederung darstellen, aber eine Ursache für eine erneute Abwanderung sind (FIS, ERRIN 2021).
Hinsichtlich der Beschäftigung berichteten etwa 12 % der befragten Rückkehrerhaushalte von vorübergehender und 1% von dauerhafter COVID-19-bedingter Arbeitslosigkeit. In der Kurdistan Region Irak (KRI) waren mehrere Distrikte im Gouvernement Erbil besonders von COVID-19-bedingter Arbeitslosigkeit betroffen. 71 % der IDP- und Rückkehrerhaushalte im Distrikt Rawanduz meldeten vorübergehende oder dauerhafte Arbeitslosigkeit aufgrund von COVID-19, im Distrkt Shaqlawa waren es 56 %. Im Gouvernement Sulaymaniyah war der Distrikt Dokan mit 52% am stärksten betroffen. Im föderalen Irak war der Distrikt Al-Kut im Gouvernement Wassit am stärksten von COVID-19-bedingter Arbeitslosigkeit betroffen. 56 % seiner IDP- und Rückkehrerhaushalte meldeten vorübergehende oder dauerhafte Arbeitslosigkeit aufgrund von COVID-19 (IOM 18.6.2021).
Im Jahr 2020 hatten 59 % der Rückkehrer ein durchschnittliches Monatseinkommen von weniger als 480.000 Irakischen Dinar (IQD) (~267,90 EUR) (im Vergleich zu 55 % im Jahr 2019 und 71 % im Jahr 2018). Bei Rückkehrerhaushalten, die von alleinstehenden Frauen geführten wurden, lag der Anteil sogar bei 79 %. In der KRI waren die Haushaltseinkommen von Binnenvertriebenen- und Rückkehrerhaushalten im Jahr 2020 besonders niedrig: In den Bezirken Chamchamal, Halabcha, Rania und und Dokan im Gouvernement Sulaymaniyah und im Bezirk Koysinjag im Gouvernement Erbil hatten im Berichtszeitraum der MCNA-VIII-Erhebung (Juli - September 2021) zwischen 92 % und 93 % der Rückkehrerhaushalte ein Monatseinkommen von weniger als 480.000 IQD (IOM 18.6.2021).
Die lange Zeit sehr angespannte Lage auf dem Wohnungsmarkt wird zusehends besser, jedoch gibt es sehr viel mehr Kauf- als Mietangebote. In der Zeit nach Saddam Hussein sind die Besitzverhältnisse von Immobilien zuweilen noch ungeklärt. Nicht jeder Vermieter besitzt auch eine ausreichende Legitimation zur Vermietung (GIZ 1.2021d).
Um die Rückkehr von Flüchtlingen in die Herkunftsgebiete zu erleichtern, fianziert das UNDP die Umsetzung von Projekten zur Wiederherstellung der Infrastruktur, der Existenzgrundlagen und des sozialen Zusammenhalts in Anbar, Diyala, Kirkuk, Ninewa und Salah ad-Din. Darüber hinaus führte das Programm der Vereinten Nationen für Won- und Siedlungswesen (UN-Habitat) Schnellbewertungen von zerstörten Häusern in Gebieten von Ninewa durch und unterstützte 2.190 Familien, deren Häuser zerstört wurden, bei der Registrierung von Entschädigungsansprüchen. UN-Habitat stellte weiterhin Wohnberechtigungsscheine für jesidische Rückkehrer in Sinjar aus (UNSC 3.8.2021).
Es gibt mehrere Organisationen, die Unterstützung bei der Wiedereingliederung anbieten, darunter ETTC (Europäisches Technologie- und Ausbildungszentrum), IOM (Internationale Organisation für Migration) und GMAC (Deutsche Zentrum für Jobs, Migration und Reintegration). Ebenso gibt es mehrere NGOs, die bedürftigen Menschen finanzielle und administrative Unterstützung bereitstellen sowie Institutionen, die Darlehen für Rückkehrer anbieten. Beispielsweise Bright Future Institution in Erbil, die Al-Thiqa Bank, CHF International/Vitas Iraq, die National Bank of Iraq, die Al-Rasheed Bank und die Byblos Bank (IOM 18.6.2021).
In der KRI gibt es mehr junge Menschen, die sich nach ihrer Rückkehr organisieren. Eine Fortführung dieser Tendenzen wird aber ganz wesentlich davon abhängen, ob sich die wirtschaftliche Lage in der KRI kurz- und mittelfristig verbessern wird (AA 25.10.2021).
Quellen:
AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (25.10.2021): Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak (Stand: Oktober 2021), https://www.ecoi.net/en/file/local/2063378/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Republik_Irak_%28Stand_Oktober_2021%29%2C_25.10.2021.pdf, Zugriff 1.12.2021
FIS - Finnish Immigration Service; ERRIN – European Return and Reintegration Network (2021): Sustainable Reintegration in Iraq, https://returnnetwork.eu/wp-content/uploads/2021/08/ERRIN-Sustainable-Reintegration-in-Iraq_shortened.pdf, Zugriff 18.2.2022
GIZ - Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (1.2021d): Irak - Alltag, https://www.liportal.de/irak/alltag/, Zugriff 16.3.2021 [Anm.: Der Link ist nicht mehr abrufbar. Die Daten sind jedoch bei der Staatendokumentation archiviert und einsehbar.]
IOM - International Organization for Migration (18.6.2021): Information on the socio-economic situation in the light of COVID-19 in Iraq and in the Kurdish Region, requested by the Austrian Federal Office for Immigration and Asylum, Zugriff 21.6.2021
IOM - International Organization for Migration (2021): Home Again? Categorising Obstacles to Returnee Reintegration in Iraq, https://iraq.iom.int/files/IOM%20Iraq%20Home%20Again%2C%20Categorising%20Obstacles%20to%20Returnee%20Reintegration%20in%20Iraq.pdf, Zugriff 13.3.2021
UNSC - UN Security Council (3.8.2021): Implementation of resolution 2576 (2021); Report of the Secretary-General [S/2021/700], https://www.ecoi.net/en/file/local/2058500/S_2021_700_E.pdf, Zugriff 15.5.2021
Staatsbürgerschaft und Dokumente
Letzte Änderung: 16.08.2022
Artikel 18 der irakischen Verfassung besagt, dass jede Person, die zumindest über einen irakischen Elternteil verfügt, die Staatsbürgerschaft erhält und somit Anspruch auf Ausweispapiere hat (Irakische Nationalversammlung 15.10.2005; vgl. USDOS 12.4.2022). Dies wird in Artikel 3 des irakischen Staatsbürgerschaftsgesetzes von 2006 bestätigt, jedoch wird in Artikel 4 darauf hingewiesen, dass Personen, die außerhalb des Iraks von einer irakischen Mutter geboren werden und deren Vater entweder unbekannt oder staatenlos ist, vom Minister für die irakischen Staatsbürgerschaft in Betracht gezogen werden können. Dies geschieht, wenn sich die besagte Person innerhalb eines Jahres nach ihrer Vollmündigkeit für die irakische Staatsbürgerschaft entscheidet. Wenn dies aus schwierigen Gründen unmöglich ist, kann die Person trotzdem noch um die irakische Staatsbürgerschaft ansuchen. In jedem Fall muss der Antragsteller zum Zeitpunkt seiner Bewerbung aber im Irak ansässig sein (Irakische Nationalversammlung 7.3.2006). Eine Doppelstaatsbürgerschaft ist gemäß Artikel 10 des Staatsbürgerschaftsgesetzes No.26/2006, möglich (RoI MoFA 2021b).Artikel 18 der irakischen Verfassung besagt, dass jede Person, die zumindest über einen irakischen Elternteil verfügt, die Staatsbürgerschaft erhält und somit Anspruch auf Ausweispapiere hat (Irakische Nationalversammlung 15.10.2005; vergleiche USDOS 12.4.2022). Dies wird in Artikel 3 des irakischen Staatsbürgerschaftsgesetzes von 2006 bestätigt, jedoch wird in Artikel 4 darauf hingewiesen, dass Personen, die außerhalb des Iraks von einer irakischen Mutter geboren werden und deren Vater entweder unbekannt oder staatenlos ist, vom Minister für die irakischen Staatsbürgerschaft in Betracht gezogen werden können. Dies geschieht, wenn sich die besagte Person innerhalb eines Jahres nach ihrer Vollmündigkeit für die irakische Staatsbürgerschaft entscheidet. Wenn dies aus schwierigen Gründen unmöglich ist, kann die Person trotzdem noch um die irakische Staatsbürgerschaft ansuchen. In jedem Fall muss der Antragsteller zum Zeitpunkt seiner Bewerbung aber im Irak ansässig sein (Irakische Nationalversammlung 7.3.2006). Eine Doppelstaatsbürgerschaft ist gemäß Artikel 10 des Staatsbürgerschaftsgesetzes No.26/2006, möglich (RoI MoFA 2021b).
Für die Ausstellung einer Geburtsurkunde für ein im Ausland geborenes Kind ist eine Registrierung bei der Konsularabteilung einer irakischen Botschaft notwendig. Der Vater der Kindes muss in der Konsularabteilung der Botschaft anwesend sein. Im Fall seines Ablebens ist der Ehevertrag ein erforderliches Dokument, um die Vaterschaft des Kindes zu belegen. Innerhalb von zwei Monaten nach dem Geburtstermin muss eine beglaubigte Geburtsbestätigung von der zuständigen Behörde des Landes, in dem die Geburt erfolgte, vorgelegt werden. Bei Verspätung ist eine Gebühr für die verzögerte Registrierung in Höhe von 10.000 irakischen Dinar (IQD) [Anm.: 5,69 € (Stand April.2021)] zu bezahlen (RoI MoFA 2021a).
Laut dem irakischen Passgesetz kann jede Person über 18 Jahren, unabhängig von ihrem Geschlecht und ohne Erlaubnis des Vormunds einen Pass erhalten (Irakisches Innenministerium 2017). Ein Personalausweis wird etwa für den Zugang zu öffentlichen Dienstleistungen wie Nahrungsmittelhilfe, Gesundheitsversorgung, Beschäftigung, Bildung und Wohnen benötigt (USDOS 12.4.2022; vgl. FIS 17.6.2019). Er wird auch für die Beantragung anderer amtlicher Dokumente, wie den Reisepass, benötigt (FIS 17.6.2019). Im Oktober 2015 ist ein neues nationales Ausweisgesetz in Kraft getreten. Laut diesem soll ein neuer biometrischer Personalausweis vier Karten ersetzen: den alten Personalausweis, den Staatsangehörigkeitsnachweis, den Aufenthaltsnachweis und den Lebensmittelausweis. Seit der Jahreswende 2015/2016 werden die neuen Ausweise sukzessive ausgestellt, bisher mehr als zehn Millionen (FIS 17.6.2019). In den seit 2016 ausgestellten Personalausweisen ist die Religionszugehörigkeit des Inhabers nicht mehr vermerkt, obwohl bei der Online-Beantragung immer noch nach dieser Information gefragt wird, und ein Datenchip auf dem Ausweis weiterhin Angaben zur Religion enthält (USDOS 2.6.2022). Viele Iraker besitzen nach wie vor ihren alten Personalausweis und den erforderlichen Staatsbürgerschaftsnachweis. Zwar haben die alten Ausweise kein Ablaufdatum, doch werden sie laut irakischen Behörden im Jahr 2024 ihre Gültigkeit verlieren. Die alten Ausweise werden dabei nach wie vor an Orten ausgegeben, an denen die notwendigen Gegebenheiten für die Ausstellung der neuen Dokumente nicht vorhanden sind. Da Ausweise in der Regel nur an den Orten der Aufenthaltsmeldung ausgestellt werden, benötigen IDPs häufig die Hilfe anderer, um zumindest an einen alten Ausweis zu kommen (FIS 17.6.2019).Laut dem irakischen Passgesetz kann jede Person über 18 Jahren, unabhängig von ihrem Geschlecht und ohne Erlaubnis des Vormunds einen Pass erhalten (Irakisches Innenministerium 2017). Ein Personalausweis wird etwa für den Zugang zu öffentlichen Dienstleistungen wie Nahrungsmittelhilfe, Gesundheitsversorgung, Beschäftigung, Bildung und Wohnen benötigt (USDOS 12.4.2022; vergleiche FIS 17.6.2019). Er wird auch für die Beantragung anderer amtlicher Dokumente, wie den Reisepass, benötigt (FIS 17.6.2019). Im Oktober 2015 ist ein neues nationales Ausweisgesetz in Kraft getreten. Laut diesem soll ein neuer biometrischer Personalausweis vier Karten ersetzen: den alten Personalausweis, den Staatsangehörigkeitsnachweis, den Aufenthaltsnachweis und den Lebensmittelausweis. Seit der Jahreswende 2015/2016 werden die neuen Ausweise sukzessive ausgestellt, bisher mehr als zehn Millionen (FIS 17.6.2019). In den seit 2016 ausgestellten Personalausweisen ist die Religionszugehörigkeit des Inhabers nicht mehr vermerkt, obwohl bei der Online-Beantragung immer noch nach dieser Information gefragt wird, und ein Datenchip auf dem Ausweis weiterhin Angaben zur Religion enthält (USDOS 2.6.2022). Viele Iraker besitzen nach wie vor ihren alten Personalausweis und den erforderlichen Staatsbürgerschaftsnachweis. Zwar haben die alten Ausweise kein Ablaufdatum, doch werden sie laut irakischen Behörden im Jahr 2024 ihre Gültigkeit verlieren. Die alten Ausweise werden dabei nach wie vor an Orten ausgegeben, an denen die notwendigen Gegebenheiten für die Ausstellung der neuen Dokumente nicht vorhanden sind. Da Ausweise in der Regel nur an den Orten der Aufenthaltsmeldung ausgestellt werden, benötigen IDPs häufig die Hilfe anderer, um zumindest an einen alten Ausweis zu kommen (FIS 17.6.2019).
Jedoch können Frauen ohne die Zustimmung eines männlichen Vormunds oder gesetzlichen Vertreters weder einen Reisepass beantragen (USDOS 12.4.2022; vgl. FH 28.2.2022) noch einen Personalausweis bekommen (USDOS 12.4.2022).Jedoch können Frauen ohne die Zustimmung eines männlichen Vormunds oder gesetzlichen Vertreters weder einen Reisepass beantragen (USDOS 12.4.2022; vergleiche FH 28.2.2022) noch einen Personalausweis bekommen (USDOS 12.4.2022).
Auch 2021 wurden Personen, denen ein Naheverhältnis zum Islamischen Staat (IS) vorgeworfen wurde, eine Sicherheitsfreigabe, wichtige Identifikationskarten und andere zivile Papiere vorenthalten (HRW 13.1.2022). Der IS konfiszierte und zerstörte routinemäßig zivile und andere staatlich ausgestellte Dokumente und stellte stattdessen eigene Dokumente aus, die vom irakischen Staat nicht anerkannt werden, z.B. Heiratsurkunden (CCiC 1.4.2021; vgl. NRC 4.2019). Viele Familien haben ihre Dokumente während der Kämpfe verloren oder sie wurden von Sicherheitskräften konfisziert - entweder nachdem sie aus den vom IS kontrollierten Gebieten geflohen waren oder als sie in den Lagern für Binnenvertriebene (IDPs) ankamen. Fehlende Sicherheitsfreigaben hindern Familien daran, zivile Dokumente zu erhalten oder zu erneuern. Bis heute fehlen schätzungsweise 37.980 Irakern, die in Binnenvertriebenenlagern leben, diverse zivile Dokumente (CCiC 1.4.2021).Auch 2021 wurden Personen, denen ein Naheverhältnis zum Islamischen Staat (IS) vorgeworfen wurde, eine Sicherheitsfreigabe, wichtige Identifikationskarten und andere zivile Papiere vorenthalten (HRW 13.1.2022). Der IS konfiszierte und zerstörte routinemäßig zivile und andere staatlich ausgestellte Dokumente und stellte stattdessen eigene Dokumente aus, die vom irakischen Staat nicht anerkannt werden, z.B. Heiratsurkunden (CCiC 1.4.2021; vergleiche NRC 4.2019). Viele Familien haben ihre Dokumente während der Kämpfe verloren oder sie wurden von Sicherheitskräften konfisziert - entweder nachdem sie aus den vom IS kontrollierten Gebieten geflohen waren oder als sie in den Lagern für Binnenvertriebene (IDPs) ankamen. Fehlende Sicherheitsfreigaben hindern Familien daran, zivile Dokumente zu erhalten oder zu erneuern. Bis heute fehlen schätzungsweise 37.980 Irakern, die in Binnenvertriebenenlagern leben, diverse zivile Dokumente (CCiC 1.4.2021).
Jedes Dokument, ob als Totalfälschung oder als echte Urkunde mit unrichtigem Inhalt, ist gegen Bezahlung zu beschaffen. Auch gefälschte Beglaubigungsstempel des irakischen Außenministeriums sind in Umlauf. Zudem kann nicht von einer verlässlichen Vorbeglaubigungskette ausgegangen werden (AA 25.10.2021).
Quellen:
AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (25.10.2021): Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak (Stand: Oktober 2021), https://www.ecoi.net/en/file/local/2063378/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Republik_Irak_%28Stand_Oktober_2021%29%2C_25.10.2021.pdf, Zugriff 1.12.2021
CCiC - Center for Civilians in Conflict (1.4.2021): Ignoring Iraq’s Most Vulnerable: The Plight of Displaced Persons, https://civiliansinconflict.org/wp-content/uploads/2021/04/CIVIC_Iraq_Report_Final-Web.pdf, Zugriff 8.6.2021
FH - Freedom House (28.2.2022): Freedom in the World 2022 - Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/2068634.html, Zugriff 7.6.2022
FIS - Finnish Immigration Service [Finnland] (17.6.2019): Irak: Tiendonhankintamatka Bagdadiin Helmikuussa 2019 Paluut Kotialueille (Entisille ISIS-Alueille); Ajankohtaista Irakilaisista Asiakirjoista, https://migri.fi/documents/5202425/5914056/Irak+Tiedonhankintamatka+Bagdadiin+helmikuussa+2019+Paluut+kotialueille+%28entisille+ISIS-alueille%29%3B+ajankohtaista+irakilaisista+asiakirjoista.pdf/c5019f7f-e3f7-981b-7cea-3edc1303aa78/Irak+Tiedonhankintamatka+Bagdadiin+helmikuussa+2019+Paluut+kotialueille+%28entisille+ISIS-alueille%29%3B+ajankohtaista+irakilaisista+asiakirjoista.pdf, Zugriff 13.3.2020
HRW - Human Rights Watch (13.1.2022): World Report 2022 - Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/2066472.html, Zugriff 7.6.2022
Irakische Nationalversammlung [Irak] (9.9.2015): Iraq: Passports Law (2015), inoffizielle englische Übersetzung, https://www.refworld.org/docid/5c755e247.html, Zugriff 10.2.2021
Irakische Nationalversammlung [Irak] (7.3.2006): Iraqi Nationality Law, Law 26 of 2006,inoffizielle englische Übersetzung, https://www.refworld.org/docid/4b1e364c2.html, Zugriff 10.2.2021
Irakische Nationalversammlung [Irak] (15.10.2005): Constitution of the Republic of Iraq, inoffizielle englische Übersetzung, http://www.refworld.org/topic,50ffbce524d,50ffbce525c,454f50804,0,,LEGISLATION,IRQ.html, Zugriff 10.2.2021
NRC - Norwegian Refugee Council [Norwegen] (4.2019): Barriers from birth: Undocumented children in Iraq sentenced to a life on the margins, https://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/barriers-from-birth---report.pdf, 1.4.2021
RoI MoFA - Republic of Iraq, Ministry of Foreign Affairs [Irak] (2021a): Birth Certificate, https://www.mofa.gov.iq/birth-certificate, Zugriff 3.3.2021
RoI MoFA - Republic of Iraq, Ministry of Foreign Affairs [Irak] (2021b): Passport Issuance, https://www.mofa.gov.iq/passport-issuance, Zugriff 8.6.2021
USDOS - US Department of State [USA] (2.6.2022): 2021 Report on International Religious Freedom: Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/2073956.html, Zugriff 7.6.2022
USDOS - US Department of State [USA] (12.4.2022): 2021 Country Report on Human Rights Practices: Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/2071125.html, Zugriff 7.6.2022
1.5. Zur Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten des BF1:
Die Voraussetzungen, welche im Falle des BF1 zur Zuerkennung bzw. in weiterer Folge Verlängerung des Status des subsidiär Schutzberechtigten geführt hatten, liegen nicht mehr vor.
Der BF1 wird im Falle seiner Rückkehr in den Irak mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keiner wie auch immer gearteten existenziellen Bedrohung ausgesetzt sein. Weder wird ihm die Lebensgrundlage gänzlich entzogen, noch besteht für ihn die reale Gefahr einer ernsthaften Bedrohung seines Lebens oder seiner Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes.
1.6. Zur Aberkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten der BF2, der BF3 und des BF4:
Auch hinsichtlich der BF2 und der nunmehr bereits volljährigen BF3 liegen die Voraussetzungen, welche zur Zuerkennung bzw. in weiterer Folge zur Verlängerung des Status der subsidiär Schutzberechtigen geführten hatten, grundsätzlich nicht mehr vor.
Die BF2 und die BF3 würden im Falle ihrer Rückkehr in den Irak mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keiner wie auch immer gearteten existenziellen Bedrohung ausgesetzt sein. Weder wird ihnen die Lebensgrundlage gänzlich entzogen, noch besteht für sie die reale Gefahr einer ernsthaften Bedrohung seines Lebens oder seiner Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes.
Aufgrund der besonderen Vulnerabilität des noch unmündig minderjährigen Beschwerdeführers (BF4) kann zum gegenwärtigen Zeitpunkt jedoch nicht ausgeschlossen werden, dass dieser im Falle seiner Rückkehr in den Irak möglicherweise Opfer der sicherheitsrelevanten Vorfälle in Bagdad sowie anderen Gouvernements des Irak werden würde oder er im Falle seiner Rückkehr in den Irak in eine existenzbedrohende Notlage geraten würde.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurde Beweis erhoben durch Einsichtnahme in die vom Bundesamt vorgelegten Verfahrensakten unter zentraler Zugrundelegung der niederschriftlichen Angaben des BF1 und der BF2 und der im Gefolge ihrer Einvernahmen in Vorlage gebrachten Unterlagen, sowie des Inhaltes der gegenständlichen Beschwerde, ferner durch Vernehmung des BF1 und der BF2 in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht, Außenstelle Innsbruck, am 26.02.2019, sowie der Außenstelle Graz am 04.07.2022 und ihren Angaben in der schriftlichen Stellungnahme vom 06.04.2022. Das Bundesverwaltungsgericht nahm weiters Einsicht in die vom Bundesverwaltungsgericht in das Verfahren eingebrachten Erkenntnisquellen betreffend die allgemeine Lage im Herkunftsstaat, die den Beschwerdeführern zur Kenntnis gebracht wurden. Dabei handelt es sich um folgende Anfragebeantwortungen, Berichte und Artikel:
- Aktuelles Länderinformationsblatt der Staatendokumentation des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, https://www.ecoi.net/de/laender/irak/coi-cms, vom 02.03.2022;
- International Protection Considerations with Regard to People Fleeing the Republic of Iraq, https://www.refworld.org;
- EASO COI Reports, https://easo.europa.eu/news-events/easo-publishers-coi-report-iraq-security-situation-and-information-civilians-killed, mit weiterführenden Links ua. zu
- Iraq Security situation (supplement) – Iraq Body Count – civilian deaths
- EASO COI Report: Iraq – Actors of Protection
- EASO COI Report: Iraq – Key socio-economic indicators
- EASO COI Report: Iraq – Internal mobility
- EASO COI Report: Iraq – Targeting of individuals
- EASO COI Report: Iraq – Security situation report, Oktober 2020, https://bvwg-dms.cna.at/otcs/cs.exe/fetch/44174311/44300368/48052239/10_2020_EASO_COI_Report_Iraq_Security_situation_0.pdf?nodeid=51291225&vernum=-2;
- EASO COI Report: Iraq –Common analysis and guidance note, https://www.ecoi.net/en/file/local/2045437/Country_Guidance_Iraq_2021.pdf;
- Kurzübersicht über Vorfälle aus dem Armed Conflict Location & Event Data Project (ACLED) zu den Jahren 2019, 2020 und 2021:
- https://www.ecoi.net/en/file/local/2031969/2019yIraq_de.pdf
- https://www.ecoi.net/en/file/local/2031975/2020q1Iraq_en.pdf
- https://www.ecoi.net/en/file/local/2065648/2021q3Iraq_de.pdf
- Schiitische Milizen
- Themendossier zu schiitischen Milizen, ACCORD – Austrian Centre for Country of Origin & Asylum Research and Documentation: „ecoi.net-Themendossier zum Irak: Schiitische Milizen“, Dokument #2028772 - ecoi.net;
- Bericht der European Union Agency for Asylum „Iraq – Targeting of Individuals, Country of Origin Information Report“ aus Jänner 2022; https://bvwg-dms.cna.at/otcs/cs.exe/fetch/-44174311/44300368/48052239/-/EUAA_COI__Report__Iraq__Targeting_of__individuals___01_2022.pdf?nodeid=65154787&vernum=-2;
- Karte zu Binnenvertriebenen: Refugee/IDP Population Dashboard aus Febraur 2022; https://www.ecoi.net/en/file/local/2068420/Refugee+and+IDP+Population+Dashboard+Feb+2022.pdf;
- Country Policiy and Information Note Iraq: Medical and healthcare provision, UK Home Office, Iraq; https://assets.publishing.service.gov.uk/government/uploads/system/uploads/attachment_data/file/953512/Iraq_-_Medical_and_healthcare_provision_-_v2.0_-_January_2021_-_ext.pdf;
Anzumerken ist, dass das Bundesverwaltungsgericht dem gegenständlichen Verfahren die aktuellste Version (Version 6) der Länderinformationen der Staatendokumentation zum Irak aus dem COI-CMS mit Stand 22.08.2022 zugrunde gelegt hat. Diesbezüglich wird auch festgehalten, dass sich in Bezug auf die Beschwerdeführer, ihre konkrete Situation und der in den aktuellen Länderberichten dokumentierten allgemeinen Lage im Irak seit der mündlichen Verhandlung am 04.07.2022 bzw. der Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme vom 14.03.2022, mit welchen den Beschwerdeführern das Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zum Irak mit Stand 02.03.2022 übermittelt wurde, keine relevanten Änderungen ergeben haben, die in Bezug auf die Rechtsposition der beiden Parteien zu berücksichtigen gewesen wären.
2.2. Der eingangs angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unbestrittenen Inhalt der vorgelegten Verfahrensakten der belangten Behörde, die ein mängelfreies und ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt hat.
Die darüber hinausgehenden Feststellungen zur Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit der Beschwerdeführer beruhen auf den in den angefochtenen Bescheiden jeweils getroffenen Feststellungen, denen bisher nicht entgegengetreten wurde und die insofern unstrittig blieben sowie auf den diesbezüglich auch im gegenständlichen Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gemachten Angaben.
Das Bundesverwaltungsgericht nahm weiters hinsichtlich der Beschwerdeführer Einsicht in das Fremdenregister, das Strafregister, das Zentrale Melderegister sowie in ihre Grundversorgungs- und Sozialversicherungsdaten und holte die aktenkundigen Auszüge ein.
Die Angaben der BF2 zur beabsichtigten bzw. bereits beantragten Scheidung vom Ehemann in der mündlichen Beschwerdeverhandlung erweisen sich als wenig glaubwürdig, vage und zudem unsubstanziiert. Trotz entsprechender Aufforderung durch die erkennende Richterin war die BF2 auch in der nachträglich eingeräumten Frist zur Vorlage entsprechender Dokumente nicht in der Lage, einen Nachweis dafür vorzulegen, dass sie tatsächlich eine Scheidung beantragt hätte oder zumindest ernsthaft betreiben würde. Sofern mit der letzten Urkundenvorlage (vgl. dazu OZ 13 BF1) eine Kopie der letzten Seite eines offensichtlich gerichtlichen Protokolls zur Geschäftszahl XXXX vorgelegt wurde, woraus die Mitteilung hervorgeht, dass eine Unterhaltsklage in den USA im Sinne des § 6 Z 4 Wiener Mindestsicherungsgesetz sowohl aussichtlos, unzumutbar und auch mit unverhältnismäßigen Kostenrisiken verbunden ist, muss festgehalten werden, dass aus diesem Satz bzw. dieser Seite weder das zuständige Gericht noch die betroffenen Personen hervorgehen. Es finden sich auf dieser Seite keinerlei Angaben, die einen nachvollziehbaren Rückschluss darauf zulassen würden, dass konkret die BF2 (oder auch allenfalls der BF1) sich bei einem erkennbaren Bezirksgericht diesbezüglich wegen aushaftender Unterhaltszahlungen des in den Vereinigten Staaten von Amerika lebenden bzw. aufhaltenden Ehemannes (Vaters) erkundigt oder rechtliche Schritte eingeleitet hätten. Entsprechende Feststellungen konnten daher nicht getroffen werden. Zwar haben die Beschwerdeführer offensichtlich noch versucht, über die Stellung eines Visum-Antrages in die Vereinigten Staaten zu reisen, dieser Antrag wurde jedoch wegen des noch anhängigen Asylverfahrens des Ehemannes/Vaters der Beschwerdeführer in den Vereinigten Staaten und der sich daraus ergebenden Nichterfüllung der erforderlichen Voraussetzungen abgewiesen. Die Angaben der BF2 zur beabsichtigten bzw. bereits beantragten Scheidung vom Ehemann in der mündlichen Beschwerdeverhandlung erweisen sich als wenig glaubwürdig, vage und zudem unsubstanziiert. Trotz entsprechender Aufforderung durch die erkennende Richterin war die BF2 auch in der nachträglich eingeräumten Frist zur Vorlage entsprechender Dokumente nicht in der Lage, einen Nachweis dafür vorzulegen, dass sie tatsächlich eine Scheidung beantragt hätte oder zumindest ernsthaft betreiben würde. Sofern mit der letzten Urkundenvorlage vergleiche dazu OZ 13 BF1) eine Kopie der letzten Seite eines offensichtlich gerichtlichen Protokolls zur Geschäftszahl römisch 40 vorgelegt wurde, woraus die Mitteilung hervorgeht, dass eine Unterhaltsklage in den USA im Sinne des Paragraph 6, Ziffer 4, Wiener Mindestsicherungsgesetz sowohl aussichtlos, unzumutbar und auch mit unverhältnismäßigen Kostenrisiken verbunden ist, muss festgehalten werden, dass aus diesem Satz bzw. dieser Seite weder das zuständige Gericht noch die betroffenen Personen hervorgehen. Es finden sich auf dieser Seite keinerlei Angaben, die einen nachvollziehbaren Rückschluss darauf zulassen würden, dass konkret die BF2 (oder auch allenfalls der BF1) sich bei einem erkennbaren Bezirksgericht diesbezüglich wegen aushaftender Unterhaltszahlungen des in den Vereinigten Staaten von Amerika lebenden bzw. aufhaltenden Ehemannes (Vaters) erkundigt oder rechtliche Schritte eingeleitet hätten. Entsprechende Feststellungen konnten daher nicht getroffen werden. Zwar haben die Beschwerdeführer offensichtlich noch versucht, über die Stellung eines Visum-Antrages in die Vereinigten Staaten zu reisen, dieser Antrag wurde jedoch wegen des noch anhängigen Asylverfahrens des Ehemannes/Vaters der Beschwerdeführer in den Vereinigten Staaten und der sich daraus ergebenden Nichterfüllung der erforderlichen Voraussetzungen abgewiesen.
Insgesamt hat sich vor allem BF2 damit als persönlich unglaubwürdig dargestellt und erscheinen die Einwände des Bundesamtes im Hinblick auf eine mögliche Familienzusammenführung und mögliche Unterhaltszahlungen des Ehegatten bzw. Vaters vor allem vor diesem Hintergrund nachvollziehbar. Allerdings sind auch keine greifbaren Hinweise auf eine aufrechte Beziehung bzw. mögliche Unterhaltsleistungen hervorgekommen, die dahingehende Feststellungen begründet hätten. In Anbetracht der seit 2015 verstrichenen Zeit und des Umstandes, dass sich der Ehemann/Vater der Beschwerdeführer offenbar nach wie vor in den Vereinigten Staaten von Amerika aufhält, scheint es zudem nachvollziehbar, dass bei einer Trennung von knapp sieben Jahren eine Entfremdung und ein Auseinanderleben stattgefunden hat, die zu einer Reduzierung oder Einstellung des persönlichen Kontakts geführt haben. Mangels gegenteiliger und tragfähiger Anhaltspunkte kann auch nicht festgestellt werden, dass der Ehemann/Vater der Beschwerdeführer diese während ihres Aufenthalts in Österreich bisher finanziell unterstützt hätte.
Dass nicht festgestellt werden konnte, dass die die Schwester der BF2/Tante des BF1, die drei Onkel väterlicherseits des BF1 und auch der Vater der BF2 verstorben wären oder tatsächlich nicht mehr in Bagdad leben würden, ergibt sich daraus, dass die Beschwerdeführer noch vor dem Bundesverwaltungsgericht im Februar 2019 und vor dem Bundesamt im Dezember 2019 angaben, diese Angehörigen würden nach wie vor im Irak leben, dort erwerbstätig sein und, dass zu diesen regelmäßig wöchentlicher Kontakt bestünde. Es ist für das erkennende Gericht nicht nachvollziehbar, dass plötzlich innerhalb von einem Zeitraum von etwas über 18 Monaten alle drei Onkel väterlicherseits des BF1 verstorben sein sollten, zumal dazu weder der BF1 noch die BF2 im Rahmen der mündlichen Beschwerdeverhandlung am 04.07.2022 konkrete Angaben machen konnten. Sofern der BF1 weiters in dieser Verhandlung vorbrachte, die Tante mütterlicherseits (also die Schwester seiner Mutter, der BF2) wäre ebenfalls verstorben, ist darauf zu verweisen, dass seine Mutter in derselben Verhandlung angab, die Schwester wäre nach dem Tod der Mutter der BF2 in die Türkei gezogen. Beiden Angaben kann daher kein Glauben geschenkt werden und ist davon auszugehen, dass die Tante/Schwester nach wie vor in Bagdad lebt, zumal zum Vater der BF2/Großvater des BF1 im Wesentlichen gar keine Angaben gemacht werden konnten und schon zuvor in den vorangehenden Verfahren vorgebracht wurde, die Tante/Schwester würde sich um die Eltern der BF2 kümmern.
Insgesamt erwecken die Beschwerdeführer den Eindruck, dass sie infolge der in den angefochtenen Bescheiden vom Bundesamt getroffenen Ausführungen, sie könnten aufgrund der vorhandenen verwandtschaftlichen Verbindungen in Bagdad eine Unterstützung im Fall der Rückkehr erhalten, sodass ihnen (unter anderem deshalb) auch der Status der subsidiär Schutzberechtigten abzuerkennen gewesen sei, im gegenständlichen Verfahren dazu keine wahrheitsgetreuen Angaben mehr machten und durch die allgemeine Aussage sowohl des BF1 als auch der BF2, sie hätten plötzlich – ohne konkrete Gründe dafür nennen zu können – gar keinen Kontakt mehr zu ihren Verwandten in Bagdad (bzw. wären diese nunmehr fast alle verstorben) versuchten, einen für sie günstigen Sachverhalt, nämlich fehlende familiäre Anbindung bzw. ein fehlendes soziales Netz im Herkunftsstaat, zu konstruieren. Insofern kann auch insbesondere dem BF1 kein Glauben geschenkt werden, wenn er in der mündlichen Verhandlung am 04.07.2022 bzw. bereits in den zuvor eingelangten schriftlichen Stellungnahmen vorbringt, er hätte mit seinen verbliebenden Angehörigen im Irak seit etwa Anfang 2020 keinen Kontakt mehr gehabt, insbesondere auch deshalb, weil die BF2 in derselben Verhandlung angab, sie hätte vom Tod ihrer Mutter im März 2021 von ihrer Schwester erfahren. Vor dem Hintergrund, dass insbesondere der BF1 sowohl in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 26.02.2019 betreffend das Beschwerdeverfahren über die Abweisung der Anträge der Familie auf internationalen Schutz bezogen auf die Zuerkennung des Status der Asylberechtigten als auch in seiner niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesamt am 17.12.2019 noch angab, er habe mit der Familie und auch dem Vater in den Vereinigten Staaten regelmäßig Kontakt über WhatsApp und Telefon (vgl. etwa AS 309 BF1; AS 175 BF11), kann den Beschwerdeführern weder geglaubt werden, dass sie keine (maßgeblichen) Verwandten mehr im Irak (Bagdad) hätten, noch, dass sie zu diesen plötzlich keinerlei Kontakt mehr pflegen würden. Insgesamt erwecken die Beschwerdeführer den Eindruck, dass sie infolge der in den angefochtenen Bescheiden vom Bundesamt getroffenen Ausführungen, sie könnten aufgrund der vorhandenen verwandtschaftlichen Verbindungen in Bagdad eine Unterstützung im Fall der Rückkehr erhalten, sodass ihnen (unter anderem deshalb) auch der Status der subsidiär Schutzberechtigten abzuerkennen gewesen sei, im gegenständlichen Verfahren dazu keine wahrheitsgetreuen Angaben mehr machten und durch die allgemeine Aussage sowohl des BF1 als auch der BF2, sie hätten plötzlich – ohne konkrete Gründe dafür nennen zu können – gar keinen Kontakt mehr zu ihren Verwandten in Bagdad (bzw. wären diese nunmehr fast alle verstorben) versuchten, einen für sie günstigen Sachverhalt, nämlich fehlende familiäre Anbindung bzw. ein fehlendes soziales Netz im Herkunftsstaat, zu konstruieren. Insofern kann auch insbesondere dem BF1 kein Glauben geschenkt werden, wenn er in der mündlichen Verhandlung am 04.07.2022 bzw. bereits in den zuvor eingelangten schriftlichen Stellungnahmen vorbringt, er hätte mit seinen verbliebenden Angehörigen im Irak seit etwa Anfang 2020 keinen Kontakt mehr gehabt, insbesondere auch deshalb, weil die BF2 in derselben Verhandlung angab, sie hätte vom Tod ihrer Mutter im März 2021 von ihrer Schwester erfahren. Vor dem Hintergrund, dass insbesondere der BF1 sowohl in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 26.02.2019 betreffend das Beschwerdeverfahren über die Abweisung der Anträge der Familie auf internationalen Schutz bezogen auf die Zuerkennung des Status der Asylberechtigten als auch in seiner niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesamt am 17.12.2019 noch angab, er habe mit der Familie und auch dem Vater in den Vereinigten Staaten regelmäßig Kontakt über WhatsApp und Telefon vergleiche etwa AS 309 BF1; AS 175 BF11), kann den Beschwerdeführern weder geglaubt werden, dass sie keine (maßgeblichen) Verwandten mehr im Irak (Bagdad) hätten, noch, dass sie zu diesen plötzlich keinerlei Kontakt mehr pflegen würden.
Der Umstand, dass nicht festgestellt werden konnte, welche konkreten Medikamente die BF2 einnimmt oder benötigt, ergibt sich daraus, dass die BF2 ihre Diabetes-Erkrankung erstmals in der mündlichen Beschwerdeverhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 04.07.2022 geltend gemacht hat, obwohl sie bereits im Februar und Dezember 2019 jeweils auch zu ihrem Gesundheitszustand vor dem Bundesverwaltungsgericht und dem Bundesamt befragt wurde und dort jeweils angab, gesund zu sein (vgl. Niederschrift Bundesamt vom 17.12.2019, AS 177 BF2; Verhandlungsprotokoll Bundesverwaltungsgericht vom 26.02.2019, AS 279 BF2) und trotz entsprechender Aufforderung in der mündlichen Verhandlung, entsprechende Befunde vorzulegen, nur eine ärztliche Bestätigung über das Vorliegen der Erkrankung vorlegte. Aus dieser geht jedoch nicht hervor, welche Medikamente die BF2 konkret und in welcher Häufigkeit benötigt, sodass derartige Feststellungen nicht getroffen werden konnten. Darüber hinaus ergibt sich aus den in der mündlichen Verhandlung am 04.07.2022 diesbezüglich erörterten Länderinformationen, das Diabetes mellitus im Irak, konkret auch in Bagdad, behandelbar ist und hat die BF2 diesbezüglich auch keine (substanziierten) Einwendungen erhoben.Der Umstand, dass nicht festgestellt werden konnte, welche konkreten Medikamente die BF2 einnimmt oder benötigt, ergibt sich daraus, dass die BF2 ihre Diabetes-Erkrankung erstmals in der mündlichen Beschwerdeverhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 04.07.2022 geltend gemacht hat, obwohl sie bereits im Februar und Dezember 2019 jeweils auch zu ihrem Gesundheitszustand vor dem Bundesverwaltungsgericht und dem Bundesamt befragt wurde und dort jeweils angab, gesund zu sein vergleiche Niederschrift Bundesamt vom 17.12.2019, AS 177 BF2; Verhandlungsprotokoll Bundesverwaltungsgericht vom 26.02.2019, AS 279 BF2) und trotz entsprechender Aufforderung in der mündlichen Verhandlung, entsprechende Befunde vorzulegen, nur eine ärztliche Bestätigung über das Vorliegen der Erkrankung vorlegte. Aus dieser geht jedoch nicht hervor, welche Medikamente die BF2 konkret und in welcher Häufigkeit benötigt, sodass derartige Feststellungen nicht getroffen werden konnten. Darüber hinaus ergibt sich aus den in der mündlichen Verhandlung am 04.07.2022 diesbezüglich erörterten Länderinformationen, das Diabetes mellitus im Irak, konkret auch in Bagdad, behandelbar ist und hat die BF2 diesbezüglich auch keine (substanziierten) Einwendungen erhoben.
Im Zuge des gegenständlichen Verfahrens wurde auch keinerlei Vorbringen dahingehend erstattet, dass die Beschwerdeführer hinsichtlich einer potenziellen Infektion mit dem Corona-Virus einer Risikogruppe angehören würden oder warum sonst davon auszugehen wäre, dass konkret die Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr mit einer Gesundheitsgefährdung zu rechnen hätten, zumal sie selbst – abgesehen von der BF2 – keinerlei aktuelle Erkrankungen vorgebracht haben. Zur Diabetes-Erkrankung der BF2, welche der gegenständlichen Entscheidung trotz des diesbezüglich unsubstanziierten Vorbringens bzw. der wenig aussagekräftigen ärztlichen Bestätigung zugrunde gelegt wurde, ist diesbezüglich festzuhalten, dass Diabetes mellitus gemäß § 2 Z 8 der geltenden COVID-19-Risiko-Gruppe Verordnung, BGBl. II. Nr. 203/2020, zwar grundsätzlich eine Zuordnung zur COVID-19-Risikogruppe rechtfertigt, dies jedoch nur dann, wenn ein Typ I mit regelmäßig erhöhtem HBA1c von über 7,5 % (lit. a leg. cit.), ein Typ II mit regelmäßig erhöhtem HBA1c von über 8,5 % (lit. b leg. cit.) oder Typ I oder II mit Endorganschäden (lit. c leg. cit.) vorliegt. Der Aufforderung des Gerichtes, entsprechend aussagekräftige medizinische Unterlagen und Befunde der BF2 vorzulegen, wurde nicht entsprochen. Eine Beurteilung, ob die BF2 möglicherweise der COVID-19-Risikogruppe zuzurechnen ist, ist daher nicht möglich. Es kann auch nicht erkannt werden, weshalb die Beschwerdeführer durch eine Rückkehr in den Irak einem höheren Risiko ausgesetzt sein sollten, an COVID-19 zu erkranken, als in Österreich. Im Zuge des gegenständlichen Verfahrens wurde auch keinerlei Vorbringen dahingehend erstattet, dass die Beschwerdeführer hinsichtlich einer potenziellen Infektion mit dem Corona-Virus einer Risikogruppe angehören würden oder warum sonst davon auszugehen wäre, dass konkret die Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr mit einer Gesundheitsgefährdung zu rechnen hätten, zumal sie selbst – abgesehen von der BF2 – keinerlei aktuelle Erkrankungen vorgebracht haben. Zur Diabetes-Erkrankung der BF2, welche der gegenständlichen Entscheidung trotz des diesbezüglich unsubstanziierten Vorbringens bzw. der wenig aussagekräftigen ärztlichen Bestätigung zugrunde gelegt wurde, ist diesbezüglich festzuhalten, dass Diabetes mellitus gemäß Paragraph 2, Ziffer 8, der geltenden COVID-19-Risiko-Gruppe Verordnung, Bundesgesetzblatt römisch II. Nr. 203 aus 2020,, zwar grundsätzlich eine Zuordnung zur COVID-19-Risikogruppe rechtfertigt, dies jedoch nur dann, wenn ein Typ römisch eins mit regelmäßig erhöhtem HBA1c von über 7,5 % (Litera a, leg. cit.), ein Typ römisch II mit regelmäßig erhöhtem HBA1c von über 8,5 % (Litera b, leg. cit.) oder Typ römisch eins oder römisch II mit Endorganschäden (Litera c, leg. cit.) vorliegt. Der Aufforderung des Gerichtes, entsprechend aussagekräftige medizinische Unterlagen und Befunde der BF2 vorzulegen, wurde nicht entsprochen. Eine Beurteilung, ob die BF2 möglicherweise der COVID-19-Risikogruppe zuzurechnen ist, ist daher nicht möglich. Es kann auch nicht erkannt werden, weshalb die Beschwerdeführer durch eine Rückkehr in den Irak einem höheren Risiko ausgesetzt sein sollten, an COVID-19 zu erkranken, als in Österreich.
Die übrigen Feststellungen zu den Lebensumständen sowie den familiären Bindungen der Beschwerdeführer ergeben sich aus den im Verwaltungs- bzw. Gerichtsakt einliegenden Beweismitteln und insbesondere den im gesamten Verfahren von den Beschwerdeführern gemachten eigenen Angaben, welche jeweils in Klammer zitiert und weder von den Beschwerdeführern noch vom Bundesamt bestritten wurden, sowie den entsprechenden Feststellungen im angefochtenen Bescheid.
2.3. Zur Lage im Herkunftsstaat:
Die getroffenen Feststellungen zur allgemeinen Lage im Herkunftsstaat, insbesondere zur Sicherheitslage in Bagdad und der Kurdistan Region im Irak (KRI), der Grundversorgungs- und Wirtschaftslage sowie zu den Einreise- und Aufenthaltsbedingungen im Falle einer Rückkehr, ergeben sich aus den vom Bundesverwaltungsgericht herangezogenen herkunftsstaatsbezogenen Erkenntnisquellen, wie unter 2.1. aufgelistet, welche den Beschwerdeführern mit Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme bzw. gemeinsam mit der Ladung zur mündlichen Verhandlung zur Kenntnisnahme und allfälliger Stellungnahme übermittelt wurden.
Zur Sicherstellung der notwendigen Ausgewogenheit in der Darstellung wurden Berichte verschiedenster allgemein anerkannter Institutionen sowie aktuelle Medienberichte berücksichtigt. In Anbetracht der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie des Umstandes, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild zeichnen, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.
Die Beschwerdeführer sind den vom Bundesverwaltungsgericht übermittelten Berichten nicht entgegengetreten.
2.4. Zur Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten des BF1, der BF2 und der nunmehr volljährigen BF3:
2.4.1. Fallgegenständlich wurde dem BF1 mit Bescheid des Bundesamtes vom 17.12.2016 und der BF2 sowie der BF3 jeweils mit Bescheid vom 13.12.2016 der Status der subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt und die befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigte zuletzt mit Bescheid vom 04.12.2017 bis zum 12.12.2019 (BF2 und BF3) bzw. bis zum 16.12.2019 (BF1) verlängert.
Das Bundesverwaltungsgericht gelangt aufgrund des erhobenen Sachverhaltes zum Ergebnis, dass die Voraussetzungen, welche im Falle der volljährigen Beschwerdeführer ursprünglich zur Zuerkennung bzw. in weiterer Folge zur Verlängerung ihres Status als subsidiär Schutzberechtigte geführt hatten, nunmehr nicht mehr vorliegen:
Auf Grundlage der festgestellten, aktuellen Länderberichte ergibt sich insgesamt eine deutliche Entspannung der Sicherheitslage und der allgemeinen Lage im Irak. Es ist nach der weitgehenden Ausschaltung des IS und der Etablierung erster Schritte einer politisch wie ethnisch ausgewogenen Regierung von einem Konsolidierungsprozess der Ordnung auszugehen, sodass die allgemeine Lage, die Sicherheitslage aber auch die humanitäre und wirtschaftliche Lage im Irak zum Entscheidungszeitpunkt nicht mehr mit der Situation zwischen 2013 und 2018 vergleichbar ist.
Ein Abgleich der in den Bescheiden vom Dezember 2016 getroffenen Feststellungen bzw. zum Zeitpunkt der Verlängerung der Aufenthaltsberechtigungen vorherrschenden Lage im Irak im Dezember 2017 mit der gegenständlich festgestellten Lage im Herkunftsstaat der Beschwerdeführer, insbesondere im Hinblick auf die zivilen Opferzahlen, veranschaulicht bereits für sich betrachtet eine erhebliche Verbesserung der Sicherheitslage im betreffenden Zeitraum. Unter Verweis auf die entsprechenden Ausführungen in den Länderberichten ist die Zahl der im Irak durch Gewalt ums Leben gekommenen Personen zwischen 2017 und 2019 drastisch gesunken. Waren 2014 noch etwa 20.200 und 2015 noch etwa 17.500 zivile Gewaltopfer zu beklagen, so ist diese Zahl im Jahr 2019 auf rund 2.300 Gewaltopfer gesunken. Im Jahr 2020 gab es nach vorläufigen Schätzungen noch 908, im Jahr 2021 geschätzte 669 und bis Juli 2022 insgesamt 371 zivile Todesopfer im Irak, was auf eine deutliche Verbesserung der Sicherheitslage hinweist.
2.4.2. In Bagdad – der Herkunftsregion der Beschwerdeführer, wo sie auch den überwiegenden Teil ihres Lebens verbracht haben – kommt es nach wie vor zu Anschlägen des IS bzw. zu Anschlägen pro-iranischer schiitischer Milizen, jedoch überwiegend auf politische oder militärische Ziele (insbesondere auf Versorgungskonvois oder Militärbasen der US-Streitkräfte), wobei durchaus auch Zivilisten zu Schaden kommen können.
Im Dezember 2021 wurden drei Vorfälle ohne Opfer verzeichnet, die pro-iranischen Milizen zugeschrieben werden. Bei zweien handelte es sich um IED-Angriffe auf US-Versorgungskonvois, bei einem um Raketenbeschuss auf die Grüne Zone. Im Dezember 2021 wurden acht Proteste verzeichnet, von denen sechs friedlich blieben, während zwei gewalttätig verliefen, ohne jedoch Opfer zu fordern. Im Jänner 2022 wurden 22 sicherheitsrelevante Vorfälle mit drei Toten und 13 Verletzten verzeichnet. Sechs dieser Vorfälle werden dem IS zugeschrieben. Es kam zu Zwischenfällen in Tarmiya und Taji, sowie zu einem Bombenanschlag im südlichen Madain. Für 16 Vorfälle werden pro-iranische Milizen verantwortlich gemacht. Dazu zählten sechs IED-Angriffe auf Versorgungskonvois der USA, eine weitere IED konnte entschärft werden. Mehrere Raketen und Drohnenangriffe im Lauf des Monats werden pro-iranischen Milizen zugeschrieben: Am 03.01.2022 wurden bewaffnete Drohnen nahe dem Internationalen Flughafen Bagdad abgeschossen. Am 05.01.2022 wurde die US-Basis Camp Victory nahe dem Internationalen Flughafen Bagdad von Raketen getroffen. Am 28.01.2022 schlugen Raketen am Internationalen Flughafen Bagdad ein. Des Weiteren wurden bei Raketenbeschuss der Green Zone, neben dem Gelände der US-Botschaft auch eine Schule getroffen, wobei eine Frau und zwei Kinder verletzt wurden. Im Jänner 2022 kam es auch zu mehreren Vorfällen politischer Gewalt durch pro-iranische Gruppen. Es wird angenommen, dass diese Druck auf Muqtada as-Sadr und seine Verbündeten ausüben, damit der sogenannte Koordinationsrahmen (CF), dem alle wichtigen [pro-iranischen] schiitischen Parteien außer der as-Sadrs angehören, in die neue Regierung aufgenommen werden. Es kam zu einem Bombenanschlag auf das Büro der Kurdischen Demokratischen Partei (KDP) in Bagdad, zu einem Angriff mit einem Molotow-Cocktail auf ein Gebäude von as-Sadrs Partei, zu einem Mordanschlag auf einen KDP-Funktionär, sowie zu Granatenangriffen auf Gebäude der sunnitischen Parteien Taqqadum und Azm in Bagdad. Schließlich wurden auch zwei kurdische Banken in der Hauptstadt bombardiert. Proteste, von denen im Jänner 2022 in Bagdad sieben verzeichnet wurden, blieben friedlich. Im April 2022 wurden sieben sicherheitsrelevante Vorfälle mit zwei Toten und vier Verletzten registriert. Vier werden dem IS zugeschrieben, drei pro-iranischen Milizen, darunter ein IED Angriff auf einen Versorgungskonvoi der USA. Im Mai 2022 wurden fünf sicherheitsrelevante Vorfälle mit einem Verletzten verzeichnet, von denen vier dem IS und einer pro-iranischen Milizen zugeschrieben werden. Im Juni 2022 wurden zwei sicherheitsrelevante Vorfälle ohne Opfer verzeichnet, wobei je einer dem IS und pro-iranischen Milizen zugeschrieben wird.
Die Zahl der vom IS verübten Anschläge ist im Jahr 2021 zurückgegangen. Im Jahr 2021 waren es zum Stand Dezember 2021 durchschnittlich 87 Anschläge und 149 Tote pro Monat im gesamten Irak.
Eine Einreise in den Irak ist mit einem gültigen und von der irakischen Regierung anerkannten irakischen Reisepass möglich. Die irakische Botschaft stellt zudem Passersatzpapiere an irakische Staatsangehörige zur einmaligen Einreise in den Irak aus. Iraker mit gültigem Reisepass genießen Reisefreiheit und können die Landesgrenzen problemlos passieren. Es gibt keine Bürgschaftsanforderungen für die (zeitlich befristete) Einreise in das Gouvernement Bagdad. Für die dauerhafte Niederlassung in den verschiedenen Gouvernements existieren für Personen aus den vormals vom IS kontrollierten Gebieten, insbesondere für sunnitische Araber, einschließlich Personen, die aus einem Drittland in den Irak zurückkehren, unterschiedliche Regelungen. Für eine Ansiedlung in Bagdad werden zwei Bürgen aus der Nachbarschaft benötigt, in der die Person wohnen möchte, sowie ein Unterstützungsschreiben des lokalen Mukhtar (Anm.: etwa Dorf-, Gemeindevorsteher). Eine Einreise in den Irak ist mit einem gültigen und von der irakischen Regierung anerkannten irakischen Reisepass möglich. Die irakische Botschaft stellt zudem Passersatzpapiere an irakische Staatsangehörige zur einmaligen Einreise in den Irak aus. Iraker mit gültigem Reisepass genießen Reisefreiheit und können die Landesgrenzen problemlos passieren. Es gibt keine Bürgschaftsanforderungen für die (zeitlich befristete) Einreise in das Gouvernement Bagdad. Für die dauerhafte Niederlassung in den verschiedenen Gouvernements existieren für Personen aus den vormals vom IS kontrollierten Gebieten, insbesondere für sunnitische Araber, einschließlich Personen, die aus einem Drittland in den Irak zurückkehren, unterschiedliche Regelungen. Für eine Ansiedlung in Bagdad werden zwei Bürgen aus der Nachbarschaft benötigt, in der die Person wohnen möchte, sowie ein Unterstützungsschreiben des lokalen Mukhtar Anmerkung, etwa Dorf-, Gemeindevorsteher).
Bagdad ist das Zentrum des irakischen Wirtschafts-, Handels-, Banken- und Finanzsektors. Bagdad ist ebenso ein wichtiges Zentrum für die Erdölindustrie. Bis auf die Schwerindustrie ist ein großer Teil der irakischen Produktion in Bagdad angesiedelt. Die Regierung ist dabei der wichtigste Arbeitgeber in der Stadt. Einige Sektoren waren besonders betroffen von Auswirkungen der COVID-19-Pandemie, darunter das Transportwesen, das Baugewerbe, die Lebensmittelindustrie, das Bildungswesen, der Tourismus, die Geflügel- und Fischzucht, sowie der Einzelhandel, insbesondere für Bekleidung. Die meisten Frauen sind in den Bereichen Nähen, Friseurhandwerk, Unterricht und Einzelhandel tätig, die alle von Auswirkungen der COVID-19- Pandemie negativ beeinflusst wurden. Laut einer Befragung im Distrikt Mahmoudiya vom Februar 2021 liegen die derzeitigen Durchschnittsgehälter für Fachkräfte bei 264 USD (~385.813 IQD) und reichen von 170 bis 540 USD (~248.440 bis 789.160 IQD). Etwa die Hälfte der befragten Arbeitgeber gab jedoch an, keine Fachkräfte zu beschäftigen, obwohl dies in der Vergangenheit der Fall war, und zahlten ihnen ein Durchschnittsgehalt von 291 USD (~425.270 IQD). Im Jahr 2016 lag die Arbeitslosenquote in Bagdad zwischen 6% und 10%. Für 2017 betrug sie 9,3%. Unter jungen Menschen im Alter von 15 bis 24 Jahren wird die Arbeitslosigkeit im Jahr 2016 mit 18,6 % und für 2017 mit 5-7% beziffert. Im Jahr 2018 war über 1% der Bevölkerung von akuter Armut betroffen und 4% waren armutsgefährdet. Einer Umfrage von 2021 zufolge gehen 28% der Befragten einer Vollbeschäftigung nach, während 17% angeben arbeitslos zu sein. Etwa 6,39% der Bevölkerung Bagdads (rund 456.500 Personen) sind unzureichend ernährt. Für rund 0,46% (rund 32.600 Personen) ist die Deckung des Nahrungsmittelbedarfs kritisch. Bei der Verfügbarkeit von Lebensmitteln und anderen Waren hat Bagdad im Zuge einer Untersuchung vom Juli 2020 zehn von zehn möglichen Punkten erhalten [Anm.: Verfügbarkeit ist hier nicht gleichzusetzen mit Leistbarkeit]. Im Jahr 2017 lag der Anteil der Bevölkerung mit Trinkwasserversorgung in Bagdad bei 86,9%. 2019 war für etwa 70% der Einwohner Bagdads ständige Verfügbarkeit von Trinkwasser gegeben, während 30% nur unregelmäßigen Zugang zu Trinkwasser hatten. Mitte Juli 2021 wurde die Wasserversorgung in Karkh, im Westen Bagdads durch einen Sabotageakt an Strommasten in Tarmiya, die die Pumpstation versorgen, unterbrochen. Auch Mitte August 2021 wurde durch einen Anschlag auf einen Strommasten in Tarmiya, der die dortige Pumpstation mit Energie versorgte, die Trinkwasserversorgung für mehrere Millionen Bewohner im Westen der Stadt Bagdad unterbrochen. Die öffentliche Stromversorgung ist in Bagdad vor allem in den Sommermonaten häufig unterbrochen. Stromausfälle führen häufig zu Protesten. Mitte 2021 haben wütende Iraker Kraftwerke in Bagdad gestürmt. Seit Beginn des Sommers 2021 häufen sich Angriffe auf das irakische Stromnetz, das ohnehin bereits mit schweren Stromengpässen zu kämpfen hat. Diese Angriffe werden von den Behörden terroristischen Kräften oder dem IS zugeschrieben. Einer Umfrage von 2021 zufolge gaben 21% der Befragten Personen in Bagdad an, immer Strom zur Verfügung zu haben, 41% manchmal, 34% meistens und 4% nie.
2.4.3. Zur allgemeinen Lage von Frauen im Irak ergibt sich zusammengefasst, dass diese im Alltag Diskriminierung ausgesetzt sind, die ihre gleichberechtigte Teilnahme am politischen, sozialen und wirtschaftlichen Leben einschränkt.
Das gesellschaftliche Klima gegenüber Geschiedenen ist nicht offen repressiv. Üblicherweise werden geschiedene Frauen in die eigene Familie reintegriert. Sie müssen jedoch damit rechnen, schlechter bezahlte Arbeitsstellen annehmen zu müssen oder als Zweit- oder Drittfrau in Mehrehen erneut verheiratet zu werden. Nach anderen Angaben bleibt eine Scheidung im Irak weiterhin mit starkem sozialem Stigma verbunden.
Das Europäische Unterstützungsbüro für Asylfragen (EASO) berichtet im Jänner 2021, dass es im Irak für Frauen im Allgemeinen nicht akzeptiert und als unangemessen gesehen wird, allein zu leben. Alleinlebende Frauen sind einem erhöhten Risiko von Gewalt ausgesetzt.
Es ist üblich, dass geschiedene Frauen in die Obhut ihrer Familien zurückkehren; verwitwete Frauen können von ihrer eigenen Familie oder von ihren Schwiegereltern aufgenommen werden. In diesen Fällen werden männliche Verwandte als Vormund eingesetzt. Frauen, die von ihrer Familie verstoßen wurden und kein soziales Unterstützungsnetz haben, haben es schwerer. Darüber hinaus unterscheidet sich die Situation alleinstehender Frauen, die sich selbst versorgen können, weil sie eine Arbeit haben, von der Situation arbeitsloser und/oder ungebildeter Frauen.
Frauen in Haushalten mit weiblichem Haushaltsvorstand, geschiedene Frauen und Witwen befinden sich in einer wirtschaftlich schwächeren Position, können Belästigungen ausgesetzt sein und Schwierigkeiten haben, Arbeit zu finden, vor allem, wenn ihnen der Schutz durch einen männlichen Verwandten und die notwendigen Verbindungen fehlen, um eine Beschäftigung zu finden und unterhaltsberechtigte Kinder zu versorgen. Darüber hinaus können geschiedene Frauen, die zu ihren Familien zurückkehren, aufgrund ihres Status Missbrauch und Stigmatisierung ausgesetzt sein.
Im Detail wird auf die entsprechenden Länderfeststellungen verwiesen.
2.4.4. Grundnahrungsmittel sind in allen Gouvernements verfügbar. Alle Iraker, die als Familie registriert sind und über ein monatliches Einkommen von höchstens 1.000.000 IQD (558,14 EUR) verfügen, haben Anspruch auf Zugang zum Public Distribution System (PDS). Das PDS ist ein universelles Lebensmittelsubventionsprogramm der Regierung, das als Sozialschutzprogramm kostenlose Lebensmittel subventioniert oder verteilt. Formal erfordert die Registrierung für das PDS die irakische Staatsbürgerschaft sowie die Anerkennung als "Familie", die durch einen rechtsgültigen Ehevertrag oder eine Verwandtschaft ersten Grades (Eltern, Kinder) erreicht wird. Alleinstehende Rückkehrer können sich bei ihren Verwandten ersten Grades registrieren lassen, z.B. bei ihrer Mutter oder ihrem Vater. Sollten alleinstehende Rückkehrer keine Familienangehörigen haben, bei denen sie sich anmelden können, erhalten sie keine PDS-Unterstützung. Die angeschlagene finanzielle Lage des Irak wirkt sich auch auf das PDS aus, insbesondere der niedrige Ölpreis schränkt die Mittel ein. In den vorangegangenen zwei Jahren hat die Regierung nur Mehl verteilt, aber keine anderen Waren wie Speiseöl oder Zucker. Ein Vorschlag der Regierung, die PDS-Nahrungsmittelverteilung durch Bargeldzahlungen (IQD 17.000, ca. 12 $ pro Person) zu ersetzen, wurde angesichts der anhaltenden Sicherheits- und wirtschaftlichen Instabilitäten noch nicht umgesetzt. Der Anteil der Haushalte, der im Rahmen des PDS Überweisungen erhalten hat, ist um etwa 8 % gesunken. Der Verlust von Haushaltseinkommen und Sozialhilfe hat die Anfälligkeit für Ernährungsunsicherheit erhöht. 62 % der Befragten einer Umfrage von 2021 sind in der Lage oder schaffen es gerade noch, sich und ihre Familie ausreichend mit Lebensmitteln zu versorgen. 34 % schaffen dies kaum oder gar nicht. 55 % der Frauen geben an, dass sie in der Lage, oder gerade noch in der Lage sind, sich mit Lebensmitteln zu versorgen, im Gegensatz zu 70 % der Männer. Die regionalen Antwortmuster zeigen, dass in Bagdad 59 % in der Lage oder gerade noch in der Lage sind, für Nahrungsmittel zu sorgen. Trinkwasser ist in allen Gouvernements verfügbar trotz grundsätzlich im Irak herrschender Wasserknappheit verfügbar. Die Stromversorgung erfolgt durch Betrieb eigener Kraftwerke. Die Stromversorgung unterliegt erheblichen Schwankungen und steht nicht 24-Stunden am Tag zur Verfügung. Die Stromversorgung deckt nur etwa 60 % der Nachfrage ab, wobei 20 % der Bevölkerung überhaupt keinen Zugang zu Elektrizität haben. Selbst in Bagdad ist die öffentliche Stromversorgung vor allem in den Sommermonaten häufig unterbrochen.
2.4.5. Die freiwillige Rückkehrbewegung irakischer Flüchtlinge aus anderen Staaten befindet sich, im Vergleich zu anderen Herkunftsstaaten, auf einem relativ hohen Niveau. Die Sicherheit von Rückkehrern ist von einer Vielzahl von Faktoren abhängig, unter anderem von ihrer ethnischen und konfessionellen Zugehörigkeit, ihrer politischen Orientierung und den Verhältnissen vor Ort. Im Detail wird auf die entsprechenden Länderfeststellungen verwiesen.
2.4.5. Insgesamt erscheint die Sicherheitslage insbesondere in Bagdad, wohin die Beschwerdeführer voraussichtlich zurückkehren würden, vergleichsweise besser als in vielen anderen Teilen des Irak. Eine seitens des IS ausgehende nachhaltige Gefahr für die Beeinträchtigung der Sicherheit dieser Gouvernements ist vor dem Hintergrund der einschlägigen, aktuellen Länderberichte nicht ersichtlich.
Aus dem EASO-Bericht vom Jänner 2021, Country Guidance: Iraq – Common analysis and guidance note (https://www.ecoi.net/de/dokument/2045437.html, S 134 ff; Zugriff 30.08.2022) ergibt sich bezogen auf das Gouvernement Bagdad zudem zusammengefasst, dass willkürliche Gewalt in Bagdad zwar vorkommt, jedoch nicht auf einem besonders hohen Niveau, und dementsprechend ein höheres Maß an individuellen Umständen erforderlich ist, um vom Vorliegen stichhaltiger Gründe ausgehen zu können, dass eine Zivilperson im Fall der Rückkehr nach Bagdad einem ernsthaften Risikos der Bedrohung ihres Lebens oder ihrer Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts ausgesetzt wäre.
Es liegt gegenständlich somit keine maßgebliche Wahrscheinlichkeit vor, dass die volljährigen Beschwerdeführer im Falle ihrer Rückkehr in den Irak (konkret nach Bagdad) Opfer von terroristischen Anschlägen oder kriminellen Aktivitäten bzw. als Zivilist im Rahmen eines innerstaatlichen oder internationalen Konflikts werden würde.
Wenngleich es sich bei der BF2 um eine getrennt von ihrem Ehemann lebende Frau handelt und die BF3 gerade erst volljährig geworden ist, wurden im gesamten Verfahren auch diesbezüglich keine besonderes risikoerhöhenden Umstände substantiiert vorgebracht, zumal – wie das Bundesamt auch nachvollziehbar ausgeführt hat – im gegenständlichen Fall begründet davon ausgegangen werden kann, dass der BF1 als erwachsener Mann das Familienoberhaupt darstellen würde und im konkreten Fall daher nicht davon auszugehen ist, dass es sich bei der BF2 um eine alleinstehende Frau als weiblichen Haushaltvorstand ohne jegliche männliche Bezugsperson handeln würde.
Ferner ist, wie bereits dargelegt, auch davon auszugehen, dass die Beschwerdeführer nach wie vor bestehenden familiäre Anknüpfungspunkte und Unterstützungsmöglichkeiten durch Familienangehörige in Bagdad haben. Das Fluchtvorbringen der Beschwerdeführer wurde im Hinblick auf die Gefahr einer individuellen Verfolgung ihrer Person, insbesondere jener des BF1, im Irak mit rechtskräftigem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes abgewiesen.
Aus einer Zusammenschau der Quellen ergibt sich eine Sicherheitslage in Bagdad, die es Personen wie den volljährigen Beschwerdeführern erlaubt, dort relativ unbehelligt zu leben, ohne zwingend damit rechnen zu müssen, Opfer von Verfolgung, willkürlicher Gewalt oder kriegerischen Auseinandersetzungen zu werden.
Beim BF1 handelt es sich um einen gesunden, erwerbsfähigen jungen Mann mit Berufserfahrung in Österreich in unterschiedlichen Beschäftigungen (etwa als Security-Mitarbeiter oder Lagerarbeiter). Er hat zudem im Irak schon während seiner Schulzeit in der Autowerkstatt seines Vaters mitgearbeitet und in Österreich an einer internationalen irakischen Schule die irakische Matura nachgeholt. Die BF2 ist abgesehen von ihrer Diabetes-Erkrankung ebenfalls gesund und arbeitsfähig, wie auch die nunmehr volljährige BF3.
Die Beschwerdeführer gehören der Volksgruppe der Araber sunnitisch-moslemischen Glaubens an und haben den überwiegenden Teil ihres Lebens im Irak verbracht. Arabisch ist ihre Muttersprache. Sie verfügen in Bagdad noch über familiäre Bindungen in Form des Vaters, eines Bruders und einer Schwester der BF2 sowie von drei Onkeln väterlicherseits des BF1. Der Vater der BF2 ist zumindest 2019 noch erwerbstätig gewesen, betreibt ein Café und sichert damit den Lebensunterhalt der Familie in Bagdad. Der Onkel lebt von den Einkünften aus der Vermietung seiner Immobilien. Der Ehemann/Vater der Beschwerdeführer lebt in den USA. Es sind keine glaubhaften Gründe hervorgekommen, weshalb die Beschwerdeführer nicht bei ihren Familienangehörigen in Bagdad Unterstützung – zumindest für eine Phase der ersten Orientierung am Arbeitsmarkt etwa durch die Erteilung einer Bürgschaft oder bei der Suche nach einer Unterkunft bzw. Erwerbstätigkeit – erfahren sollten. Es ist davon auszugehen, dass sich die Beschwerdeführer bei ihren Angehörigen in Bagdad ansiedeln könnten, wenn sie das wünschen.
Aber selbst wenn die Beschwerdeführer von den Familienangehörigen in Bagdad keine Unterstützung erfahren sollten, ergibt sich aus den Länderberichten, dass ihnen in Bagdad sowohl Grundversorgung als sowie diverse Unterstützungsprogramme zur Verfügung stehen.
Im konkreten Fall ist auch hervorzugeben, dass die weiblichen Beschwerdeführerinnen mit einem männlichen Verwandten, nämlich BF1, zurückkehren würden.
Davon abgesehen, ist aus den Länderberichten zwar abzuleiten, dass es für Frauen im Irak aus gesellschaftlichen Gründen mitunter schwierig sein kann, eine Arbeit aufzunehmen, wiewohl sich aus den Berichten auch ableiten lässt, dass dies grundsätzlich möglich ist. So ist in diesem Zusammenhang etwa auf öffentlich zugängliche Quellen oder Artikel (z.B. über „Die neuen Freiheiten von Bagdad“ der Deutschen Welle) zu verweisen, denen zu entnehmen ist, dass auch Frauen im Irak, gerade in Bagdad, eine Beschäftigung möglich ist. Gründe dafür, dass gerade den Beschwerdeführerinnen die Aufnahme einer Arbeit nicht möglich oder zumutbar wäre, kamen im Verfahren nicht hervor. Dass BF3 lieber studieren möchte, wie sie im Zuge der mündlichen Verhandlung vermittelte, hat hierbei außer Betracht zu bleiben. Nur ergänzend sei dazu noch angemerkt, dass Frauen im Irak auch Bildungeinrichtungen inklusive Hochschulen und Universitäten grundsätzlich offenstehen. Es ist jedenfalls nicht Aufgabe des Asylrechtes, Zugang zu Bildungseinrichtungen zu ermöglichen, die im Herkunftsland aus finanziellen Grüden nicht offen stehen würden.
Ganz allgemein ist in Bezug auf Frauenrechte auch auszuführen, dass – wenngleich im Irak speziell in Bezug auf Frauenrechte ein sehr großes Gefälle existiert – aus den Berichten auch nicht ersichtlich ist, dass sich die Situation für Frauen in Bagdad seit dem Jahr 2015, als die Beschwerdeführer den Irak verließen, grundlegend verschlechtert hätte; im Gegenteil: den allgemein über das Internet einsehbaren Bilder über das Stadtbild von Bagdad und anderen auf öffentlich zugänglichen Quellen und Artikel (z.B. über „Die neuen Freiheiten von Bagdad“ der Deutschen Welle) lassen auch darauf schließen, dass die Situation für Frauen in Bagdad im Wandel begriffen ist.
Insgesamt ist im konkret vorliegenden Fall aufgrund der zu beachtenden familiären und persönlichen Situation der erwachsenen Beschwerdeführer nicht zu befürchten, dass diese im Fall ihrer Rückkehr in Bedrängnis oder in eine Notlage geraten würden.
Die Beschwerdeführer haben zudem nur völlig unsubstantiiert eine Rückkehrgefährdung im Hinblick auf ihren sunnitischen Glauben bzw. seine Zugehörigkeit zur arabischen Volksgruppe vorgebracht, aber jegliches (exilpolitisches) Engagement oder sonst eine konkrete Bedrohung im Fall der Rückkehr verneint. Der Vollständigkeit halber ist an dieser Stelle festzuhalten, dass aus den einschlägigen Länderberichten – ungeachtet etwaiger konfessioneller Spannungen – auch keine systematische Verfolgung sämtlicher Angehöriger der sunnitischen Minderheit im Irak, welche mit einem Anteil von ca. 35% bis 40% der Gesamtbevölkerung die größte Gruppe der Minderheiten des Irak darstellen und in allen Gesellschaftsbereichen als auch in der Politik vertreten sind, bzw. von sunnitischen Arabern, nicht hervorgeht.
Sohin war die Feststellung zu treffen, dass die erwachsenen Beschwerdeführer im Falle ihrer Rückkehr in den Irak keiner ernsthaften Bedrohung ihres Lebens oder ihrer Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes ausgesetzt sein werden. Auch besteht angesichts des Umstandes, dass es sich bei ihnen um grundsätzlich gesunde und erwerbsfähige Menschen handelt, welche zudem über ein familiäres Netzwerk im Irak verfügen, nicht die reale Gefahr, dass ihnen ihre Lebensgrundlage gänzlich entzogen wird oder sie in eine ausweglose oder existenzbedrohende Lage geraten.
Auch ergeben sich angesichts der aktuellen COVID-19 Pandemie keinerlei Rückführungshindernisse in Bezug auf die Beschwerdeführer. Dass sie derzeit an einer COVID-19-Infektion leiden oder im Hinblick auf eine etwaige Vorerkrankung zu einer vulnerablen Personengruppe gehören würden (siehe dazu die Ausführungen unter Punkt 2.2. hinsichtlich der BF2), wurde nicht vorgebracht. In Anbetracht der weltweiten Pandemie kann auch nicht festgestellt werden, dass eine Ansteckungsgefahr im Irak größer wäre als in Österreich. Es fehlt daher an den geforderten außergewöhnlichen Umständen iSd Art. 3 EMRK.Auch ergeben sich angesichts der aktuellen COVID-19 Pandemie keinerlei Rückführungshindernisse in Bezug auf die Beschwerdeführer. Dass sie derzeit an einer COVID-19-Infektion leiden oder im Hinblick auf eine etwaige Vorerkrankung zu einer vulnerablen Personengruppe gehören würden (siehe dazu die Ausführungen unter Punkt 2.2. hinsichtlich der BF2), wurde nicht vorgebracht. In Anbetracht der weltweiten Pandemie kann auch nicht festgestellt werden, dass eine Ansteckungsgefahr im Irak größer wäre als in Österreich. Es fehlt daher an den geforderten außergewöhnlichen Umständen iSd Artikel 3, EMRK.
Aus den obenstehenden Erwägungen war festzustellen, dass die Voraussetzungen, welche im Falle der volljährigen Beschwerdeführer zur Zuerkennung bzw. in weiterer Folge Verlängerung des Status des subsidiär Schutzberechtigten geführt hatten, nicht mehr vorliegen.
2.5. Zur Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten des unmündig minderjährigen BF4:
Im gegenständlichen Fall wurde der BF2 der Status der subsidiär Schutzberechtigten wegen der allgemeinen Sicherheits- und Versorgungslage im Irak, konkret in Bagdad, zuerkannt. Ohne nähere Prüfung wurde auch der (damals noch minderjährigen) BF3 und dem minderjährigen BF4 gemäß § 8 iVm § 34 AsylG im Familienverfahren der Status von subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt und in weiterer Folge auch einmal verlängert, ohne, dass sich das Bundesamt jedoch konkret mit der Lage minderjähriger Kinder im Irak oder deren besonderer Vulnerabilität auseinandergesetzt hätte. Auch im Rahmen des gegenständlichen Verfahrens hat das Bundesamt dies verabsäumt.Im gegenständlichen Fall wurde der BF2 der Status der subsidiär Schutzberechtigten wegen der allgemeinen Sicherheits- und Versorgungslage im Irak, konkret in Bagdad, zuerkannt. Ohne nähere Prüfung wurde auch der (damals noch minderjährigen) BF3 und dem minderjährigen BF4 gemäß Paragraph 8, in Verbindung mit Paragraph 34, AsylG im Familienverfahren der Status von subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt und in weiterer Folge auch einmal verlängert, ohne, dass sich das Bundesamt jedoch konkret mit der Lage minderjähriger Kinder im Irak oder deren besonderer Vulnerabilität auseinandergesetzt hätte. Auch im Rahmen des gegenständlichen Verfahrens hat das Bundesamt dies verabsäumt.
Zu Kindern ergibt sich aus den Länderberichten zum Irak insgesamt, dass Kinder in überproportionaler Weise von der schwierigen humanitären Lage, andererseits durch Gewaltakte gegen sich selbst oder gegen Familienmitglieder stark betroffen sind. Im Detail wird auf die diebezüglichen Länderfeststellungen verwiesen.
In diesem Zusammenhang ist auch auf die Judikatur des Verfassungsgerichtshofes zu verweisen. Zu E-15-19/2021-19 vom 29.04.2021 wurde etwa im Falle einer fünfköpfigen Familie mit drei Minderjährigen und zwei erwerbsfähigen Erwachsenen, welche über eine Wohnmöglichkeit und Verwandte in Bagdad verfügten, ein abweisliches Erkenntnis des Bundesverwaltungsgericht im Wesentlichen mit der Begründung behoben, dass aus den vom Bundesverwaltungsgericht herangezogenen Länderberichten hervorgehe, dass speziell Kinder weiterhin Opfer kriegerischer Auseinandersetzungen und auf der einen Seite in überproportionaler Weise von der schwierigen humanitären Lage sowie auf der anderen Seite durch Gewaltakte gegen sie bzw. deren Familienmitglieder stark betroffen seien.
Vor diesem Hintergrund kann auch im Fall des minderjährigen BF4 nicht festgestellt werden, dass dieser im Falle einer Rückkehr in den Irak, konkret nach Bagdad, einer ernsthaften Gefahr seines Lebens oder seiner Unversehrtheit nicht ausgesetzt wäre. Die Lage in Bezug auf Kinder, wie in den Länderfeststellungen dargestellt, hat sich im Vergleich zu der im Zeitpunkt der Zuerkennung bzw. der Verlängerung des Status des subsidiär Schutzberechtigten vorherrschenden Lage auch nicht maßgeblich verändert, sodass diese Voraussetzungen nach wie vor vorliegen.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Zu Spruchteil A.1.):
3.1.1. Zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides des BF1:3.1.1. Zu Spruchpunkt römisch eins. des angefochtenen Bescheides des BF1:
Gemäß § 9 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden der Status eines subsidiär Schutzberechtigten von Amts wegen mit Bescheid abzuerkennen, wenn die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8 Abs. 1) nicht oder nicht mehr vorliegen (Z 1); er den Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen in einem anderen Staat hat (Z 2) oder er die Staatsangehörigkeit eines anderen Staates erlangt hat und eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen neuen Herkunftsstaat keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention oder für ihn als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde (Z 3).Gemäß Paragraph 9, Absatz eins, AsylG 2005 ist einem Fremden der Status eines subsidiär Schutzberechtigten von Amts wegen mit Bescheid abzuerkennen, wenn die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten (Paragraph 8, Absatz eins,) nicht oder nicht mehr vorliegen (Ziffer eins,); er den Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen in einem anderen Staat hat (Ziffer 2,) oder er die Staatsangehörigkeit eines anderen Staates erlangt hat und eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen neuen Herkunftsstaat keine reale Gefahr einer Verletzung von Artikel 2, EMRK, Artikel 3, EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention oder für ihn als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde (Ziffer 3,).
Der Tatbestand des § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005, auf welchen sich das BFA in seiner rechtlichen Würdigung stützt und wonach einem Fremden der Status eines subsidiär Schutzberechtigten von Amts wegen mit Bescheid abzuerkennen ist, wenn die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht oder nicht mehr vorliegen, findet in Art. 16 iVm Art. 19 der Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29.4.2004 über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen (Statusrichtlinie; im Folgenden StatusRL) Deckung.Der Tatbestand des Paragraph 9, Absatz eins, Ziffer eins, AsylG 2005, auf welchen sich das BFA in seiner rechtlichen Würdigung stützt und wonach einem Fremden der Status eines subsidiär Schutzberechtigten von Amts wegen mit Bescheid abzuerkennen ist, wenn die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht oder nicht mehr vorliegen, findet in Artikel 16, in Verbindung mit Artikel 19, der Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29.4.2004 über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen (Statusrichtlinie; im Folgenden StatusRL) Deckung.
Im Rahmen der Prüfung des Einzelfalls ist die Frage zu beantworten, ob einem Fremden im Falle der Abschiebung in seinen Herkunftsstaat ein - über eine bloße Möglichkeit hinausgehendes - "real risk" einer gegen Art 3 EMRK verstoßenden Behandlung droht (vgl. VwGH 28.06.2011, 2008/01/0102; 06.11.2018, Ra 2018/01/0106 mwH). Im Sinne einer mit der StatusRL konformen Auslegung des § 8 Abs. 1 AsylG 2005 ist subsidiärer Schutz nur zu gewähren, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme vorliegen, dass der Fremde bei seiner Rückkehr in sein Herkunftsland tatsächlich Gefahr liefe, eine der drei in Art. 15 der StatusRL definierten Arten eines ernsthaften Schadens (Todesstrafe oder Hinrichtung [lit. a], Folter, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung des Beschwerdeführers im Herkunftsstaat [lit. b] und ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts [lit. c]) zu erleiden (VwGH 06.11.2018, Ra 2018/01/0106 mit Verweis auf die dort zitierte Rechtsprechung des EuGH).Im Rahmen der Prüfung des Einzelfalls ist die Frage zu beantworten, ob einem Fremden im Falle der Abschiebung in seinen Herkunftsstaat ein - über eine bloße Möglichkeit hinausgehendes - "real risk" einer gegen Artikel 3, EMRK verstoßenden Behandlung droht vergleiche VwGH 28.06.2011, 2008/01/0102; 06.11.2018, Ra 2018/01/0106 mwH). Im Sinne einer mit der StatusRL konformen Auslegung des Paragraph 8, Absatz eins, AsylG 2005 ist subsidiärer Schutz nur zu gewähren, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme vorliegen, dass der Fremde bei seiner Rückkehr in sein Herkunftsland tatsächlich Gefahr liefe, eine der drei in Artikel 15, der StatusRL definierten Arten eines ernsthaften Schadens (Todesstrafe oder Hinrichtung [lit. a], Folter, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung des Beschwerdeführers im Herkunftsstaat [lit. b] und ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts [lit. c]) zu erleiden (VwGH 06.11.2018, Ra 2018/01/0106 mit Verweis auf die dort zitierte Rechtsprechung des EuGH).
Gemäß Art. 16 Abs. 1 StatusRL ist ein Drittstaatsangehöriger oder ein Staatenloser nicht mehr subsidiär Schutzberechtigter, wenn die Umstände, die zur Zuerkennung des subsidiären Schutzes geführt haben, nicht mehr bestehen oder sich in einem Maße verändert haben, dass ein solcher Schutz nicht mehr erforderlich ist. Gemäß Art. 16 Abs. 2 StatusRL berücksichtigen die Mitgliedstaaten bei Anwendungen des Abs. 1, ob sich die Umstände so wesentlich und nicht nur vorübergehend verändert haben, dass die Person, die Anspruch auf subsidiären Schutz hat, nicht länger Gefahr läuft, einen ernsthaften Schaden zu erleiden.Gemäß Artikel 16, Absatz eins, StatusRL ist ein Drittstaatsangehöriger oder ein Staatenloser nicht mehr subsidiär Schutzberechtigter, wenn die Umstände, die zur Zuerkennung des subsidiären Schutzes geführt haben, nicht mehr bestehen oder sich in einem Maße verändert haben, dass ein solcher Schutz nicht mehr erforderlich ist. Gemäß Artikel 16, Absatz 2, StatusRL berücksichtigen die Mitgliedstaaten bei Anwendungen des Absatz eins,, ob sich die Umstände so wesentlich und nicht nur vorübergehend verändert haben, dass die Person, die Anspruch auf subsidiären Schutz hat, nicht länger Gefahr läuft, einen ernsthaften Schaden zu erleiden.
Im gegenständlichen Fall wurde dem BF1 der Status des subsidiär Schutzberechtigten aufgrund der im Zeitraum von 2015 bis 2018 vorherrschenden, allgemein volatilen Sicherheitslage im Irak zuerkannt, wobei sich das Bundesamt – wie den betreffenden, im gegenständlichen Akt enthaltenen Bescheiden zu entnehmen ist – hierbei auf die zum jeweiligen Zeitpunkt aktuellen Länderberichte gestützt hat. Zwischenzeitlich haben sich jedoch – wie in der Beweiswürdigung dargelegt – die Umstände derart maßgeblich und nachhaltig verändert, dass der BF1 nicht mehr Gefahr läuft, im Falle einer Rückführung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einen ernsthaften Schaden zu erleiden.
Das Bundesverwaltungsgericht verkennt nicht, dass die Sicherheitslage in Teilen des Irak nach wie vor prekär ist. Allerdings entspannt sich die allgemeine als auch die Sicherheitslage im Land zusehends. Die Sicherheitslage in Bagdad ist zudem (insbesondere im Vergleich mit anderen Regionen vor allem im Zentralirak) verhältnismäßig stabil und durch eine derart geringe Anzahl ziviler Gewaltopfer gekennzeichnet, dass davon nicht mehr davon ausgegangen werden kann, dass für eine Zivilperson eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts besteht, wenngleich die Umstände des jeweiligen Einzelfalles naturgemäß stets zu berücksichtigen sind.
Risikoerhöhende Umstände im Hinblick auf die Person des BF1 sind im Verfahren nicht hervorgekommen und hat weder er selbst ein substantiiertes Vorbringen dahingehend erstattet, noch kann aus den Feststellungen zur Lage im Irak und im Besonderen in Bagdad abgeleitet werden, dass er alleine schon aufgrund seiner bloßen Anwesenheit mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einer individuellen Gefährdung durch Anschlagskriminalität oder bürgerkriegsähnliche Zustände ausgesetzt wäre.
Auch ist mit Blick auf seine persönliche Situation nicht zu erkennen, dass er im Falle seiner Abschiebung in eine ausweglose Lebenssituation geraten und real Gefahr laufen würde, eine Verletzung seiner durch Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der durch die Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention geschützten Rechte zu erleiden (vgl. hierzu grundlegend VwGH 16.07.2003, Zl. 2003/01/0059), hat er doch selbst nicht ausreichend konkret vorgebracht, dass ihm im Falle einer Rückführung in den Irak jegliche Existenzgrundlage fehlen würde und er in Ansehung existenzieller Grundbedürfnisse (wie etwa Versorgung mit Lebensmitteln oder einer Unterkunft) einer lebensbedrohenden Situation ausgesetzt wäre. Im Hinblick auf eine etwaige Rückkehrgefährdung verwies er im Beschwerdeverfahren primär erneut auf sein Fluchtvorbringen, welches bereits mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 15.04.2019 rechtskräftig negativ entschiedenen Asylverfahren zugrunde gelegt und hierbei für nicht glaubhaft befunden wurde, sowie auf die allgemeine und Sicherheitslage im Irak, ohne jedoch einen wie auch immer gearteten Bezug seiner Person dazu herzustellen oder darzulegen, weshalb gerade er – wo er den Irak bereits im Oktober 2015 verlassen hat – durch seine bloße Anwesenheit im Irak von diesen persönlich konkret betroffen sei geschweige denn der Gefahr ausgesetzt sei, aufgrund dieser selbst Opfer von willkürlicher Gewalt zu werden.Auch ist mit Blick auf seine persönliche Situation nicht zu erkennen, dass er im Falle seiner Abschiebung in eine ausweglose Lebenssituation geraten und real Gefahr laufen würde, eine Verletzung seiner durch Artikel 2, EMRK, Artikel 3, EMRK oder der durch die Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention geschützten Rechte zu erleiden vergleiche hierzu grundlegend VwGH 16.07.2003, Zl. 2003/01/0059), hat er doch selbst nicht ausreichend konkret vorgebracht, dass ihm im Falle einer Rückführung in den Irak jegliche Existenzgrundlage fehlen würde und er in Ansehung existenzieller Grundbedürfnisse (wie etwa Versorgung mit Lebensmitteln oder einer Unterkunft) einer lebensbedrohenden Situation ausgesetzt wäre. Im Hinblick auf eine etwaige Rückkehrgefährdung verwies er im Beschwerdeverfahren primär erneut auf sein Fluchtvorbringen, welches bereits mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 15.04.2019 rechtskräftig negativ entschiedenen Asylverfahren zugrunde gelegt und hierbei für nicht glaubhaft befunden wurde, sowie auf die allgemeine und Sicherheitslage im Irak, ohne jedoch einen wie auch immer gearteten Bezug seiner Person dazu herzustellen oder darzulegen, weshalb gerade er – wo er den Irak bereits im Oktober 2015 verlassen hat – durch seine bloße Anwesenheit im Irak von diesen persönlich konkret betroffen sei geschweige denn der Gefahr ausgesetzt sei, aufgrund dieser selbst Opfer von willkürlicher Gewalt zu werden.
Eine die physische Existenz nur unzureichend sichernde Versorgungssituation im Herkunftsstaat, die im Einzelfall eine Verletzung der durch Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechte darstellen würde (vgl. VwGH 21.08.2001, 2000/01/0443; 13.11.2001, 2000/01/0453; 18.07.2003, 2003/01/0059), liegt sohin nicht vor.Eine die physische Existenz nur unzureichend sichernde Versorgungssituation im Herkunftsstaat, die im Einzelfall eine Verletzung der durch Artikel 3, EMRK gewährleisteten Rechte darstellen würde vergleiche VwGH 21.08.2001, 2000/01/0443; 13.11.2001, 2000/01/0453; 18.07.2003, 2003/01/0059), liegt sohin nicht vor.
Auch ergeben sich angesichts der aktuellen COVID-19 Pandemie keinerlei Rückführungshindernisse im Hinblick auf den Beschwerdeführer.
Da somit die Voraussetzungen für Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten vorliegen, war die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides gemäß
§ 28 Abs. 2 VwGVG als unbegründet abzuweisen.Da somit die Voraussetzungen für Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten vorliegen, war die Beschwerde gegen Spruchpunkt römisch eins. des angefochtenen Bescheides gemäß
§ 28 Absatz 2, VwGVG als unbegründet abzuweisen.
3.1.2. Zu den Spruchpunkten II. und III. des angefochtenen Bescheides des BF1:3.1.2. Zu den Spruchpunkten römisch II. und römisch III. des angefochtenen Bescheides des BF1:
Die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten ist gemäße § 9 Abs. 4 AsylG 2005 mit dem Entzug der Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter zu verbinden. Der Fremde hat nach Rechtskraft der Aberkennung Karten, die den Status des subsidiär Schutzberechtigten bestätigen, der Behörde zurückzustellen.Die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten ist gemäße Paragraph 9, Absatz 4, AsylG 2005 mit dem Entzug der Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter zu verbinden. Der Fremde hat nach Rechtskraft der Aberkennung Karten, die den Status des subsidiär Schutzberechtigten bestätigen, der Behörde zurückzustellen.
Nachdem die gesetzlichen Voraussetzungen für die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten erfüllt sind, erweist sich die Beschwerde insoweit als unbegründet, sodass sie auch hinsichtlich Spruchpunkt II. und III. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG abzuweisen war.Nachdem die gesetzlichen Voraussetzungen für die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten erfüllt sind, erweist sich die Beschwerde insoweit als unbegründet, sodass sie auch hinsichtlich Spruchpunkt römisch II. und römisch III. des angefochtenen Bescheides gemäß Paragraph 28, Absatz 2, VwGVG abzuweisen war.
3.1.3. Zu Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides des BF1:3.1.3. Zu Spruchpunkt römisch IV. des angefochtenen Bescheides des BF1:
Gemäß § 58 Abs. 1 AsylG 2005 hat das Bundesamt die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 („Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“) von Amts wegen zu prüfen, wenn der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird (Z 2) oder wenn ein Fremder sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt (Z 5). Gemäß § 58 Abs. 2 AsylG 2005 hat das Bundesamt einen Aufenthaltstitel gemäß § 55 AsylG 2005 („Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK“) von Amts wegen zu erteilen, wenn eine Rückkehrentscheidung auf Grund des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG auf Dauer für unzulässig erklärt wird. Das Bundesamt hat über das Ergebnis der von Amts wegen erfolgten Prüfung der Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55 und 57 im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen (§ 58 Abs. 3 AsylG 2005). Auch wenn der Gesetzgeber das Bundesamt im Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung zur Prüfung und spruchmäßigen Erledigung der Voraussetzungen der §§ 55 und 57 AsylG 2005 von Amts wegen, dh auch ohne dahingehenden Antrag des Beschwerdeführers, verpflichtet, ist die Frage der Erteilung eines solchen Titels auch ohne vorhergehenden Antrag im Beschwerdeverfahren gegen den negativen Bescheid durchsetzbar und daher Gegenstand der Sachentscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. VwGH 28.01.2015, Ra 2014/20/0121).Gemäß Paragraph 58, Absatz eins, AsylG 2005 hat das Bundesamt die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß Paragraph 57, AsylG 2005 („Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“) von Amts wegen zu prüfen, wenn der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird (Ziffer 2,) oder wenn ein Fremder sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt (Ziffer 5,). Gemäß Paragraph 58, Absatz 2, AsylG 2005 hat das Bundesamt einen Aufenthaltstitel gemäß Paragraph 55, AsylG 2005 („Aufenthaltstitel aus Gründen des Artikel 8, EMRK“) von Amts wegen zu erteilen, wenn eine Rückkehrentscheidung auf Grund des Paragraph 9, Absatz eins bis 3 BFA-VG auf Dauer für unzulässig erklärt wird. Das Bundesamt hat über das Ergebnis der von Amts wegen erfolgten Prüfung der Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß Paragraphen 55 und 57 im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen (Paragraph 58, Absatz 3, AsylG 2005). Auch wenn der Gesetzgeber das Bundesamt im Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung zur Prüfung und spruchmäßigen Erledigung der Voraussetzungen der Paragraphen 55 und 57 AsylG 2005 von Amts wegen, dh auch ohne dahingehenden Antrag des Beschwerdeführers, verpflichtet, ist die Frage der Erteilung eines solchen Titels auch ohne vorhergehenden Antrag im Beschwerdeverfahren gegen den negativen Bescheid durchsetzbar und daher Gegenstand der Sachentscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vergleiche VwGH 28.01.2015, Ra 2014/20/0121).
Indizien dafür, dass der BF1 einen Sachverhalt verwirklicht, bei dem ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 zu erteilen wäre, sind weder vorgebracht worden, noch hervorgekommen. Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, sodass sie hinsichtlich Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG abzuweisen war.Indizien dafür, dass der BF1 einen Sachverhalt verwirklicht, bei dem ihm ein Aufenthaltstitel gemäß Paragraph 57, AsylG 2005 zu erteilen wäre, sind weder vorgebracht worden, noch hervorgekommen. Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, sodass sie hinsichtlich Spruchpunkt römisch IV. des angefochtenen Bescheides gemäß Paragraph 28, Absatz 2, VwGVG abzuweisen war.
3.1.4. Zu Spruchpunkt V. des angefochtenen Bescheides des BF1 (Rückkehrentscheidung):3.1.4. Zu Spruchpunkt römisch fünf. des angefochtenen Bescheides des BF1 (Rückkehrentscheidung):
Gemäß § 52 Abs. 2 Z 4 FPG hat das BFA gegen einen Drittstaatsangehörigen unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Gemäß Paragraph 52, Absatz 2, Ziffer 4, FPG hat das BFA gegen einen Drittstaatsangehörigen unter einem (Paragraph 10, AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt.
Gemäß § 10 Abs. 1 Z 5 AsylG 2005 ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz (dem AsylG 2005) mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird und von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird.Gemäß Paragraph 10, Absatz eins, Ziffer 5, AsylG 2005 ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz (dem AsylG 2005) mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird und von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß Paragraph 57, nicht erteilt wird.
Gemäß § 58 Abs. 2 AsylG 2005 hat das Bundesamt einen Aufenthaltstitel gemäß § 55 AsylG 2005 von Amts wegen zu erteilen, wenn eine Rückkehrentscheidung rechtskräftig auf Dauer unzulässig erklärt wurde. Es ist daher zu prüfen, ob eine Rückkehrentscheidung auf Basis des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG für unzulässig zu erklären ist.Gemäß Paragraph 58, Absatz 2, AsylG 2005 hat das Bundesamt einen Aufenthaltstitel gemäß Paragraph 55, AsylG 2005 von Amts wegen zu erteilen, wenn eine Rückkehrentscheidung rechtskräftig auf Dauer unzulässig erklärt wurde. Es ist daher zu prüfen, ob eine Rückkehrentscheidung auf Basis des Paragraph 9, Absatz eins bis 3 BFA-VG für unzulässig zu erklären ist.
Der mit „Schutz des Privat- und Familienlebens“ betitelte § 9 BFA-VG lautet:Der mit „Schutz des Privat- und Familienlebens“ betitelte Paragraph 9, BFA-VG lautet:
„§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.„§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß Paragraph 52, FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß Paragraph 61, FPG, eine Ausweisung gemäß Paragraph 66, FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß Paragraph 67, FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Artikel 8, Absatz 2, EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.
(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:
1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,
2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,
3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,
4. der Grad der Integration,
5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,
6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,
7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,
8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,
9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Artikel 8, EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:
1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,
2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,
3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,
4. der Grad der Integration,
5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,
6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,
7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,
8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,
9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.
(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß Paragraph 52, FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Absatz eins, auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß Paragraph 52, FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß Paragraph 52, FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (Paragraph 45, oder Paragraphen 51, ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 100 aus 2005,) verfügen, unzulässig wäre.
(Anm.: Abs. 4 aufgehoben durch Art. 4 Z 5, BGBl. I Nr. 56/2018)Anmerkung, Absatz 4, aufgehoben durch Artikel 4, Ziffer 5,, Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 56 aus 2018,)
(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits fünf Jahre, aber noch nicht acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf mangels eigener Mittel zu seinem Unterhalt, mangels ausreichenden Krankenversicherungsschutzes, mangels eigener Unterkunft oder wegen der Möglichkeit der finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft eine Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 Abs. 4 iVm 53 FPG nicht erlassen werden. Dies gilt allerdings nur, wenn der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, die Mittel zu seinem Unterhalt und seinen Krankenversicherungsschutz durch Einsatz eigener Kräfte zu sichern oder eine andere eigene Unterkunft beizubringen, und dies nicht aussichtslos scheint.(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits fünf Jahre, aber noch nicht acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf mangels eigener Mittel zu seinem Unterhalt, mangels ausreichenden Krankenversicherungsschutzes, mangels eigener Unterkunft oder wegen der Möglichkeit der finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft eine Rückkehrentscheidung gemäß Paragraphen 52, Absatz 4, in Verbindung mit 53 FPG nicht erlassen werden. Dies gilt allerdings nur, wenn der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, die Mittel zu seinem Unterhalt und seinen Krankenversicherungsschutz durch Einsatz eigener Kräfte zu sichern oder eine andere eigene Unterkunft beizubringen, und dies nicht aussichtslos scheint.
(6) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 4 FPG nur mehr erlassen werden, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 FPG vorliegen. § 73 Strafgesetzbuch (StGB), BGBl. Nr. 60/1974 gilt.“(6) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf eine Rückkehrentscheidung gemäß Paragraph 52, Absatz 4, FPG nur mehr erlassen werden, wenn die Voraussetzungen gemäß Paragraph 53, Absatz 3, FPG vorliegen. Paragraph 73, Strafgesetzbuch (StGB), Bundesgesetzblatt Nr. 60 aus 1974, gilt.“
Bei der Setzung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme kann ein ungerechtfertigter Eingriff in das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens des Fremden nach Art. 8 Abs. 1 EMRK vorliegen. Daher muss überprüft werden, ob sie einen Eingriff und in weiterer Folge eine Verletzung des Rechts des Beschwerdeführers auf Achtung seines Privat- und Familienlebens in Österreich darstellt.Bei der Setzung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme kann ein ungerechtfertigter Eingriff in das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens des Fremden nach Artikel 8, Absatz eins, EMRK vorliegen. Daher muss überprüft werden, ob sie einen Eingriff und in weiterer Folge eine Verletzung des Rechts des Beschwerdeführers auf Achtung seines Privat- und Familienlebens in Österreich darstellt.
Das Recht auf Achtung des Familienlebens nach Art. 8 EMRK schützt das Zusammenleben der Familie. Es umfasst jedenfalls alle durch Blutsverwandtschaft, Eheschließung oder Adoption verbundenen Familienmitglieder, die effektiv zusammenleben; das Verhältnis zwischen Eltern und minderjährigen Kindern auch dann, wenn es kein Zusammenleben gibt (VfSlg. 16928/2003).Das Recht auf Achtung des Familienlebens nach Artikel 8, EMRK schützt das Zusammenleben der Familie. Es umfasst jedenfalls alle durch Blutsverwandtschaft, Eheschließung oder Adoption verbundenen Familienmitglieder, die effektiv zusammenleben; das Verhältnis zwischen Eltern und minderjährigen Kindern auch dann, wenn es kein Zusammenleben gibt (VfSlg. 16928/2003).
Eine familiäre Beziehung unter Erwachsenen fällt nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte nur dann unter den Schutz des Art. 8 Abs. 1 EMRK, wenn zusätzliche Merkmale der Abhängigkeit hinzutreten, die über die üblichen Bindungen hinausgehen (vgl. dazu auch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 09. Juni 2006, B 1277/04, unter Hinweis auf die Judikatur des EGMR; des Weiteren auch das Erkenntnis des VwGH vom 26.01.2006, Zl. 2002/20/0423 und die darauf aufbauende Folgejudikatur, etwa die Erkenntnisse vom 08.06.2006, Zl. 2003/01/0600, vom 22.08.2006, Zl. 2004/01/0220 und vom 29.03.2007, Zl. 2005/20/0040, vom 26.06.2007, Zl. 2007/01/0479).Eine familiäre Beziehung unter Erwachsenen fällt nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte nur dann unter den Schutz des Artikel 8, Absatz eins, EMRK, wenn zusätzliche Merkmale der Abhängigkeit hinzutreten, die über die üblichen Bindungen hinausgehen vergleiche dazu auch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 09. Juni 2006, B 1277/04, unter Hinweis auf die Judikatur des EGMR; des Weiteren auch das Erkenntnis des VwGH vom 26.01.2006, Zl. 2002/20/0423 und die darauf aufbauende Folgejudikatur, etwa die Erkenntnisse vom 08.06.2006, Zl. 2003/01/0600, vom 22.08.2006, Zl. 2004/01/0220 und vom 29.03.2007, Zl. 2005/20/0040, vom 26.06.2007, Zl. 2007/01/0479).
Die Beziehung der bereits volljährigen Kinder zu den Eltern ist vor allem dann als Familienleben zu qualifizieren, wenn jene auch nach Eintritt der Volljährigkeit im Haushalt der Eltern weiterleben, ohne dass sich ihr Naheverhältnis zu den Eltern wesentlich ändert (Chvosta, Die Ausweisung von Asylwerbern und Art. 8 MRK, ÖJZ 2007/74, 860 unter Hinweis auf Wiederin in Korinek/Holoubek, Österreichisches Bundesverfassungsrecht, Art. 8 EMRK Rz 76). Alle anderen verwandtschaftlichen Beziehungen (zB zwischen Enkel und Großeltern, erwachsenen Geschwistern [vgl. VwGH 22.08.2006, Zl. 2004/01/0220, mwN; 25.4.2008, Zl. 2007/20/0720 bis 0723-8], Cousinen [VwGH 15.01.1999, Zl. 97/21/0778; 26.6.2007, Zl. 2007/01/0479], Onkeln bzw. Tanten und Neffen bzw. Nichten) sind nur dann als Familienleben geschützt, wenn eine "hinreichend starke Nahebeziehung" besteht. Nach Ansicht der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts ist für diese Wertung insbesondere die Intensität und Dauer des Zusammenlebens von Bedeutung (vgl. VfSlg 17.457/2005). Dabei werden vor allem das Zusammenleben und die gegenseitige Unterhaltsgewährung zur Annahme eines Familienlebens iSd Art. 8 EMRK führen, soweit nicht besondere Abhängigkeitsverhältnisse, wie die Pflege eines behinderten oder kranken Verwandten, vorliegen.Die Beziehung der bereits volljährigen Kinder zu den Eltern ist vor allem dann als Familienleben zu qualifizieren, wenn jene auch nach Eintritt der Volljährigkeit im Haushalt der Eltern weiterleben, ohne dass sich ihr Naheverhältnis zu den Eltern wesentlich ändert (Chvosta, Die Ausweisung von Asylwerbern und Artikel 8, MRK, ÖJZ 2007/74, 860 unter Hinweis auf Wiederin in Korinek/Holoubek, Österreichisches Bundesverfassungsrecht, Artikel 8, EMRK Rz 76). Alle anderen verwandtschaftlichen Beziehungen (zB zwischen Enkel und Großeltern, erwachsenen Geschwistern [vgl. VwGH 22.08.2006, Zl. 2004/01/0220, mwN; 25.4.2008, Zl. 2007/20/0720 bis 0723-8], Cousinen [VwGH 15.01.1999, Zl. 97/21/0778; 26.6.2007, Zl. 2007/01/0479], Onkeln bzw. Tanten und Neffen bzw. Nichten) sind nur dann als Familienleben geschützt, wenn eine "hinreichend starke Nahebeziehung" besteht. Nach Ansicht der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts ist für diese Wertung insbesondere die Intensität und Dauer des Zusammenlebens von Bedeutung vergleiche VfSlg 17.457/2005). Dabei werden vor allem das Zusammenleben und die gegenseitige Unterhaltsgewährung zur Annahme eines Familienlebens iSd Artikel 8, EMRK führen, soweit nicht besondere Abhängigkeitsverhältnisse, wie die Pflege eines behinderten oder kranken Verwandten, vorliegen.
Sohin ist zu prüfen, ob eine Rückkehrentscheidung einen unzulässigen Eingriff in das Recht des BF1 auf ein Privat- und Familienleben iSd Art. 8 EMRK in Österreich darstellt.Sohin ist zu prüfen, ob eine Rückkehrentscheidung einen unzulässigen Eingriff in das Recht des BF1 auf ein Privat- und Familienleben iSd Artikel 8, EMRK in Österreich darstellt.
Der Abwägung der öffentlichen Interessen gegenüber den Interessen eines Fremden an einem Verbleib in Österreich in dem Sinne, ob dieser Eingriff im Sinn des Art 8 Abs. 2 EMRK notwendig und verhältnismäßig ist, ist voranzustellen, dass die Rückkehrentscheidung jedenfalls der innerstaatlichen Rechtslage nach einen gesetzlich zulässigen Eingriff darstellt.Der Abwägung der öffentlichen Interessen gegenüber den Interessen eines Fremden an einem Verbleib in Österreich in dem Sinne, ob dieser Eingriff im Sinn des Artikel 8, Absatz 2, EMRK notwendig und verhältnismäßig ist, ist voranzustellen, dass die Rückkehrentscheidung jedenfalls der innerstaatlichen Rechtslage nach einen gesetzlich zulässigen Eingriff darstellt.
Nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte im Fall Moustaquim ist eine Maßnahme dann in einer demokratischen Gesellschaft notwendig, wenn sie einem dringenden sozialen Bedürfnis entspricht und zum verfolgten legitimen Ziel verhältnismäßig ist. Das bedeutet, dass die Interessen des Staates, insbesondere unter Berücksichtigung der Souveränität hinsichtlich der Einwanderungs- und Niederlassungspolitik, gegen jene des Berufungswerbers abzuwägen sind (EGMR U 18.02.1991, Moustaquim gegen Belgien, Nr. 12313/86).
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte geht davon aus, dass die Konvention kein Recht auf Aufenthalt in einem bestimmten Staat garantiert. Die Konventionsstaaten sind nach völkerrechtlichen Bestimmungen berechtigt, Einreise, Ausweisung und Aufenthalt von Fremden ihrer Kontrolle zu unterwerfen, soweit ihre vertraglichen Verpflichtungen dem nicht entgegenstehen (EGRM U 30.10.1991, Vilvarajah u.a. gegen Vereinigtes Königreich, Nr. 13163/87).
Hinsichtlich der Abwägung der öffentlichen Interessen mit jenen des Berufungswerbers ist der Verfassungsgerichtshof der Auffassung, dass Asylwerber und sonstige Fremde nicht schlechthin gleichzusetzen sind. Asylwerber hätten regelmäßig ohne Geltendmachung von Asylgründen keine rechtliche Möglichkeit, legal nach Österreich einzureisen. Soweit die Einreise nicht ohnehin unter Umgehung der Grenzkontrolle oder mit einem Touristenvisum stattgefunden hat, ist Asylwerbern der Aufenthalt bloß erlaubt, weil sie einen Asylantrag gestellt und Asylgründe geltend gemacht haben. Sie dürfen zwar bis zur Erlassung einer durchsetzbaren Entscheidung weder zurückgewiesen, zurückgeschoben noch abgeschoben werden, ein über diesen faktischen Abschiebeschutz hinausgehendes Aufenthaltsrecht erlangen Asylwerber jedoch lediglich bei Zulassung ihres Asylverfahrens sowie bis zum rechtskräftigen Abschluss oder bis zur Einstellung des Verfahrens. Der Gesetzgeber beabsichtigt durch die zwingend vorgesehene Ausweisung von Asylwerbern eine über die Dauer des Asylverfahrens hinausgehende Aufenthaltsverfestigung im Inland von Personen, die sich bisher bloß auf Grund ihrer Asylantragstellung im Inland aufhalten durften, zu verhindern. Es kann dem Gesetzgeber nicht entgegengetreten werden, wenn er auf Grund dieser Besonderheit Asylwerber und andere Fremde unterschiedlich behandelt (VfSlg. 17.516/2005).
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat fallbezogen unterschiedliche Kriterien herausgearbeitet, die bei einer solchen Interessenabwägung zu beachten sind und als Ergebnis einer Gesamtbetrachtung dazu führen können, dass Art 8 EMRK einer Ausweisung entgegensteht (zur Maßgeblichkeit dieser Kriterien vgl. VfSlg. 18.223/2007).Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat fallbezogen unterschiedliche Kriterien herausgearbeitet, die bei einer solchen Interessenabwägung zu beachten sind und als Ergebnis einer Gesamtbetrachtung dazu führen können, dass Artikel 8, EMRK einer Ausweisung entgegensteht (zur Maßgeblichkeit dieser Kriterien vergleiche VfSlg. 18.223/2007).
Er hat etwa die Aufenthaltsdauer, die der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte keine fixen zeitlichen Vorgaben knüpft (EGMR U 31.1.2006, Rodrigues da Silva und Hoogkamer gegen die Niederlande, Nr. 50435/99; U 16.9.2004, M. C. G. gegen Deutschland, Nr. 11.103/03), das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens (EGMR GK 28.05.1985, Abdulaziz, Cabales und Balkandali gegen Vereinigtes Königreich, Nrn. 9214/80, 9473/81, 9474/81; U 20.6.2002, Al-Nashif gegen Bulgarien, Nr. 50.963/99) und dessen Intensität (EGMR U 02.08.2001, Boultif gegen Schweiz, Nr. 54.273/00), die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, den Grad der Integration des Fremden, der sich in intensiven Bindungen zu Verwandten und Freunden, der Selbsterhaltungsfähigkeit, der Schulausbildung, der Berufsausbildung, der Teilnahme am sozialen Leben, der Beschäftigung und ähnlichen Umständen manifestiert (vgl. EGMR U 04.10.2001, Adam gegen Deutschland, Nr. 43.359/98; GK 09.10.2003, Slivenko gegen Lettland, Nr. 48321/99; vgl. VwGH 5.7.2005, Zl. 2004/21/0124; 11.10.2005, Zl. 2002/21/0124), die Bindungen zum Heimatstaat, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, aber auch Verstöße gegen das Einwanderungsrecht und Erfordernisse der öffentlichen Ordnung (EGMR U 11.04.2006, Useinov gegen Niederlande Nr. 61292/00) für maßgeblich erachtet.Er hat etwa die Aufenthaltsdauer, die der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte keine fixen zeitlichen Vorgaben knüpft (EGMR U 31.1.2006, Rodrigues da Silva und Hoogkamer gegen die Niederlande, Nr. 50435/99; U 16.9.2004, M. C. G. gegen Deutschland, Nr. 11.103/03), das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens (EGMR GK 28.05.1985, Abdulaziz, Cabales und Balkandali gegen Vereinigtes Königreich, Nrn. 9214/80, 9473/81, 9474/81; U 20.6.2002, Al-Nashif gegen Bulgarien, Nr. 50.963/99) und dessen Intensität (EGMR U 02.08.2001, Boultif gegen Schweiz, Nr. 54.273/00), die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, den Grad der Integration des Fremden, der sich in intensiven Bindungen zu Verwandten und Freunden, der Selbsterhaltungsfähigkeit, der Schulausbildung, der Berufsausbildung, der Teilnahme am sozialen Leben, der Beschäftigung und ähnlichen Umständen manifestiert vergleiche EGMR U 04.10.2001, Adam gegen Deutschland, Nr. 43.359/98; GK 09.10.2003, Slivenko gegen Lettland, Nr. 48321/99; vergleiche VwGH 5.7.2005, Zl. 2004/21/0124; 11.10.2005, Zl. 2002/21/0124), die Bindungen zum Heimatstaat, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, aber auch Verstöße gegen das Einwanderungsrecht und Erfordernisse der öffentlichen Ordnung (EGMR U 11.04.2006, Useinov gegen Niederlande Nr. 61292/00) für maßgeblich erachtet.
Auch die Frage, ob das Privat- und Familienleben in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren – was bei einem bloß vorläufigen Aufenthaltsrecht während des Asylverfahrens jedenfalls als gegeben angenommen werden kann – ist bei der Abwägung in Betracht zu ziehen (EGMR U 24.11.1998, Mitchell gegen Vereinigtes Königreich, Nr. 40.447/98; U 05.09.2000, Solomon gegen die Niederlande, Nr. 44.328/98; 31.1.2006, U 31.01.2006, Rodrigues da Silva und Hoogkamer gegen die Niederlande, Nr. 50435/99).
Bereits vor Inkrafttreten des nunmehrigen § 9 Abs. 2 BFA-VG entwickelten die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts in den Erkenntnissen VfSlg. 18.224/2007 und VwGH 17.12.2007, Zl. 2006/01/0216 unter ausdrücklichen Bezug auf die Judikatur des EGMR nachstehende Leitlinien, welche im Rahmen der Interessensabwägung gem. Art. 8 Abs. 2 EMRK zu berücksichtigen sind. Nach der mittlerweile ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ist bei der Beurteilung, ob im Falle der Erlassung einer Rückkehrentscheidung in das durch Art. 8 MRK geschützte Privat- und Familienleben des oder der Fremden eingegriffen wird, ist eine gewichtende Abwägung des öffentlichen Interesses an einer Aufenthaltsbeendigung mit den gegenläufigen privaten und familiären Interessen in Form einer Gesamtbetrachtung vorzunehmen, die auf alle Umstände des Einzelfalls Bedacht nimmt (VwGH 28.04.2014, Ra 2014/18/0146-0149, mwN). Maßgeblich sind dabei die Aufenthaltsdauer, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens und dessen Intensität sowie die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, weiters der Grad der Integration des Fremden, der sich in intensiven Bindungen zu Verwandten und Freunden, der Selbsterhaltungsfähigkeit, der Schulausbildung, der Berufsausbildung, der Teilnahme am sozialen Leben, der Beschäftigung und ähnlichen Umständen manifestiert sowie die Bindungen zum Heimatstaat (VwGH 13.06.2016, Ra 2015/01/0255). Ferner sind nach der eingangs zitieren Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte sowie dies Verfassungsgerichtshofs die strafgerichtliche Unbescholtenheit aber auch Verstöße gegen das Einwanderungsrecht sowie Erfordernisse der öffentlichen Ordnung und schließlich die Frage, ob das Privat- und Familienleben in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, bei der Abwägung in Betracht zu ziehen.Bereits vor Inkrafttreten des nunmehrigen Paragraph 9, Absatz 2, BFA-VG entwickelten die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts in den Erkenntnissen VfSlg. 18.224/2007 und VwGH 17.12.2007, Zl. 2006/01/0216 unter ausdrücklichen Bezug auf die Judikatur des EGMR nachstehende Leitlinien, welche im Rahmen der Interessensabwägung gem. Artikel 8, Absatz 2, EMRK zu berücksichtigen sind. Nach der mittlerweile ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ist bei der Beurteilung, ob im Falle der Erlassung einer Rückkehrentscheidung in das durch Artikel 8, MRK geschützte Privat- und Familienleben des oder der Fremden eingegriffen wird, ist eine gewichtende Abwägung des öffentlichen Interesses an einer Aufenthaltsbeendigung mit den gegenläufigen privaten und familiären Interessen in Form einer Gesamtbetrachtung vorzunehmen, die auf alle Umstände des Einzelfalls Bedacht nimmt (VwGH 28.04.2014, Ra 2014/18/0146-0149, mwN). Maßgeblich sind dabei die Aufenthaltsdauer, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens und dessen Intensität sowie die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, weiters der Grad der Integration des Fremden, der sich in intensiven Bindungen zu Verwandten und Freunden, der Selbsterhaltungsfähigkeit, der Schulausbildung, der Berufsausbildung, der Teilnahme am sozialen Leben, der Beschäftigung und ähnlichen Umständen manifestiert sowie die Bindungen zum Heimatstaat (VwGH 13.06.2016, Ra 2015/01/0255). Ferner sind nach der eingangs zitieren Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte sowie dies Verfassungsgerichtshofs die strafgerichtliche Unbescholtenheit aber auch Verstöße gegen das Einwanderungsrecht sowie Erfordernisse der öffentlichen Ordnung und schließlich die Frage, ob das Privat- und Familienleben in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, bei der Abwägung in Betracht zu ziehen.
Der Verfassungsgerichtshof hat sich bereits im Erkenntnis VfSlg. 19.203/2010 eingehend mit der Frage auseinandergesetzt, unter welchen Umständen davon ausgegangen werden kann, dass das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstanden ist, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthalts bewusst waren. Der Verfassungsgerichtshof stellt dazu fest, dass das Gewicht der Integration nicht allein deshalb als gemindert erachtet werden darf, weil ein stets unsicherer Aufenthalt des Betroffenen zugrunde liege, so dass eine Verletzung des Art. 8 EMRK durch die Ausweisung ausgeschlossen sei. Vielmehr müsse die handelnde Behörde sich dessen bewusst sein, dass es in der Verantwortung des Staates liegt, Voraussetzungen zu schaffen, um Verfahren effizient führen zu können und damit einhergehend prüfen, ob keine schuldhafte Verzögerungen eingetreten sind, die in der Sphäre des Betroffenen liegen (vgl. auch VfSlg. 19.357/2011). Der Verfassungsgerichtshof hat sich bereits im Erkenntnis VfSlg. 19.203/2010 eingehend mit der Frage auseinandergesetzt, unter welchen Umständen davon ausgegangen werden kann, dass das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstanden ist, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthalts bewusst waren. Der Verfassungsgerichtshof stellt dazu fest, dass das Gewicht der Integration nicht allein deshalb als gemindert erachtet werden darf, weil ein stets unsicherer Aufenthalt des Betroffenen zugrunde liege, so dass eine Verletzung des Artikel 8, EMRK durch die Ausweisung ausgeschlossen sei. Vielmehr müsse die handelnde Behörde sich dessen bewusst sein, dass es in der Verantwortung des Staates liegt, Voraussetzungen zu schaffen, um Verfahren effizient führen zu können und damit einhergehend prüfen, ob keine schuldhafte Verzögerungen eingetreten sind, die in der Sphäre des Betroffenen liegen vergleiche auch VfSlg. 19.357/2011).
Bei der Abwägung der Interessen ist auch zu berücksichtigen, dass es dem BF1 bei der asylrechtlichen Ausweisung nicht verwehrt ist, bei Erfüllung der allgemeinen aufenthaltsrechtlichen Regelungen wieder in das Bundesgebiet zurückzukehren. Die Schaffung eines Ordnungssystems, mit dem die Einreise und der Aufenthalt von Fremden geregelt werden, ist auch im Lichte der Entwicklungen auf europäischer Ebene notwendig. Dem öffentlichen Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Bestimmungen kommt im Interesse des Schutzes der öffentlichen Ordnung nach Art 8 Abs. 2 EMRK daher ein hoher Stellenwert zu (VfSlg. 18.223/2007; VwGH 16.01.2001, Zl. 2000/18/0251). Bei der Abwägung der Interessen ist auch zu berücksichtigen, dass es dem BF1 bei der asylrechtlichen Ausweisung nicht verwehrt ist, bei Erfüllung der allgemeinen aufenthaltsrechtlichen Regelungen wieder in das Bundesgebiet zurückzukehren. Die Schaffung eines Ordnungssystems, mit dem die Einreise und der Aufenthalt von Fremden geregelt werden, ist auch im Lichte der Entwicklungen auf europäischer Ebene notwendig. Dem öffentlichen Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Bestimmungen kommt im Interesse des Schutzes der öffentlichen Ordnung nach Artikel 8, Absatz 2, EMRK daher ein hoher Stellenwert zu (VfSlg. 18.223/2007; VwGH 16.01.2001, Zl. 2000/18/0251).
In Abwägung der gemäß Art. 8 EMRK maßgeblichen Umstände in Ansehung des BF1 ergibt sich für den gegenständlichen Fall Folgendes:In Abwägung der gemäß Artikel 8, EMRK maßgeblichen Umstände in Ansehung des BF1 ergibt sich für den gegenständlichen Fall Folgendes:
- Aufenthaltsdauer, Rechtmäßigkeit des Aufenthalts
Die Einreise des BF1 in das Gebiet der Europäischen Union und in weiterer Folge nach Österreich ist nicht rechtmäßig erfolgt. Sein Aufenthalt stützte sich erst auf § 13 AsylG und seit 17.12.2016 auf die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten, der im Dezember 2017 einmal bis Dezember 2019 verlängert und ihm mit gegenständlicher Entscheidung aberkannt wird. Die Einreise des BF1 in das Gebiet der Europäischen Union und in weiterer Folge nach Österreich ist nicht rechtmäßig erfolgt. Sein Aufenthalt stützte sich erst auf Paragraph 13, AsylG und seit 17.12.2016 auf die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten, der im Dezember 2017 einmal bis Dezember 2019 verlängert und ihm mit gegenständlicher Entscheidung aberkannt wird.
Der BF1 hält sich somit seit 05.10.2015, somit seit über sechseinhalb Jahren, ununterbrochen ebenso rechtmäßig im Bundesgebiet auf.
Ein sonstiger Aufenthaltstitel ist nicht ersichtlich und wurde auch kein auf andere Bundesgesetze gestütztes Aufenthaltsrecht behauptet.
- tatsächliches Bestehen eines Familienlebens
Der BF1 reiste gemeinsam mit seiner Mutter (BF2), seiner damals noch minderjährigen Schwester (BF3) und dem minderjährigen Bruder (BF4) in das Bundesgebiet ein und lebte mit diesen hier rund eineinhalb Jahre im gemeinsamen Haushalt. Seit März 2017 besteht kein gemeinsamer Haushalt mehr. Der BF1 hat regelmäßig Kontakt mit seiner Mutter und seinen Geschwistern. Von einem Abhängigkeitsverhältnis iSd. Art. 8 EMRK kann gegenständlich jedoch nicht ausgegangen werden, zumal die BF2 selbst Grundversorgungs- bzw. Mindestsicherungsleistungen bezieht und nicht hervorgekommen ist, dass der BF1 die Mutter und die Geschwister maßgeblich mit seinen Einkünften aus Erwerbstätigkeit unterstützen würde.Der BF1 reiste gemeinsam mit seiner Mutter (BF2), seiner damals noch minderjährigen Schwester (BF3) und dem minderjährigen Bruder (BF4) in das Bundesgebiet ein und lebte mit diesen hier rund eineinhalb Jahre im gemeinsamen Haushalt. Seit März 2017 besteht kein gemeinsamer Haushalt mehr. Der BF1 hat regelmäßig Kontakt mit seiner Mutter und seinen Geschwistern. Von einem Abhängigkeitsverhältnis iSd. Artikel 8, EMRK kann gegenständlich jedoch nicht ausgegangen werden, zumal die BF2 selbst Grundversorgungs- bzw. Mindestsicherungsleistungen bezieht und nicht hervorgekommen ist, dass der BF1 die Mutter und die Geschwister maßgeblich mit seinen Einkünften aus Erwerbstätigkeit unterstützen würde.
Es liegt daher kein schützenswertes Familienleben des BF1 zu seiner Mutter und seinen Geschwistern vor. Die Beziehung zu den Familienangehörigen des BF1 ist aber jedenfalls bei seinem schützenswerten Privatleben iSd. Art. 8 EMRK zu berücksichtigen. Es liegt daher kein schützenswertes Familienleben des BF1 zu seiner Mutter und seinen Geschwistern vor. Die Beziehung zu den Familienangehörigen des BF1 ist aber jedenfalls bei seinem schützenswerten Privatleben iSd. Artikel 8, EMRK zu berücksichtigen.
Der BF1 lebt zudem zum Entscheidungszeitpunkt weder in einer Lebensgemeinschaft noch einer familienähnlichen Beziehung. Abgesehen von seiner Mutter und den beiden Geschwistern, denen – wie unter Punkt 3.2. noch ausgeführt wird – in Österreich weiterhin der Status subsidiär Schutzberechtigter zukommt, hat der BF1 in Österreich keine weiteren familiären Bindungen.
- Schutzwürdigkeit des Privatlebens
Der BF1 begründeten sein Privatleben überwiegend während des aufrechten Status als subsidiär Schutzberechtigter. Es musste ihm jedoch bewusst sein, dass es sich dabei jeweils nur um befristete Aufenthaltsberechtigungen handelt und der Fortbestand seines Status wesentlich von der veränderlichen Lage im Herkunftsstaat beeinflusst werden kann.
Im gegenständlichen Fall ist jedoch auch zu berücksichtigen, dass dem BF1 der Status als subsidiär Schutzberechtigter bereits einmal vom Bundesamt verlängert wurde.
In Anbetracht der inzwischen langen Aufenthaltsdauer des BF1, dies überwiegend aufgrund des Status als subsidiär Schutzberechtigter, ist aber auch von einer erhöhten Schutzwürdigkeit seines Privatlebens im Verhältnis zu Beschwerdeführern, deren ursprünglicher Antrag auf internationalen Schutz schon abgewiesen wurde, auszugehen.
Seine Mutter und seine beiden Geschwister (B2 bis BF4) sind aufgrund der Stattgabe ihrer jeweiligen Beschwerden gegen die Aberkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten und Verlängerung ihrer Aufenthaltsberechtigungen als subsidiär Schutzberechtigte Erkenntnis vom heutigen Tag (siehe dazu Punkt 3.2.) in Österreich weiterhin aufenthaltsberechtigt. Darüber hinaus handelt es sich bei der Mutter und den beiden Geschwistern um die Kernfamilie des BF1, im Irak verfügt er nur mehr über weiter entfernte Verwandte.
- Grad der Integration
Zwar wurde der Verhandlung eine Dolmetscherin beigezogen, jedoch wurden dem BF1 auch Fragen gestellt, die nicht übersetzt wurden und war er in der Lage, diese Fragen zu verstehen und auch auf Deutsch zu beantworten. Aus der Bestätigung des ÖIF vom Jänner 2022 geht zudem hervor, dass das Sprachniveau des BF1 auf B2 eingestuft werde. Ein Integrationsprüfungszeugnis auf Niveau B2, wie vom BF1 in der mündlichen Verhandlung am 04.07.2022 angekündigt, wurde bis dato jedoch noch nicht vorgelegt.
Der BF1 verfügt somit zwar über keine bestandene Integrationsprüfung, jedoch über ein vor dem 01.10.2017 bestandene ÖIF-Deutschsprachprüfung auf Niveau A2. Weiters auch über ein Deutschzertifikat auf Niveau B1 aus dem Jahr 2018.
Er hat weiters in Österreich eine Schule besucht, die irakische Matura in Österreich nachgeholt und ist seit Dezember 2020 ohne wesentliche Unterbrechung sozialversichert erwerbstätig. Er bezieht seit Dezember 2020 keine Grundversorgungsleistungen mehr, arbeitet als Security-Mitarbeiter und verdient dabei netto monatlich zwischen EUR 1.452,04 und EUR 3.139,76 (Sonderzahlungsmonat). Er kann seinen Aufenthalt im Bundesgebiet aus Eigenem finanzieren.
Er hat in Österreich mehrere Kurse, wie etwa einen ECDL-Kurs von Juli bis September 2019, eine Englisch-Prüfung im April 2019, einen Werte- und Orientierungskurs (April 2018) besucht. Er hat ein Sicherheitsmodul der Polizei für die Teilnehmer im Juli 2018 als Dolmetscher übersetzt.
- strafrechtliche Unbescholtenheit
BF1 ist strafrechtlich unbescholten.
- Bindungen zum Herkunftsstaat
BF1 hat den überwiegenden Teil seines bisherigen Lebens im Irak verbracht. Er wurde dort sozialisiert und spricht die Mehrheitssprache Arabisch auf muttersprachlichem Niveau.
Im Verfahren kam hervor, dass im Herkunftsstaat familiäre Anknüpfungspunkte bestehen und ist auch davon auszugehen, dass ein gewisser Freundes- und/oder Bekanntenkreis zumindest noch existiert, da nichts darauf hindeutet, dass der BF1 vor seiner Ausreise in seinem Herkunftsstaat in völliger sozialer Isolation gelebt hätte.
Der Vater des BF1 lebt jedoch in den USA. Seine Kernfamilie, nämlich seine Mutter und seine weiteren Geschwister werden sich aufgrund der Verlängerung ihres Status als subsidiär Schutzberechtigte weiterhin in Österreich aufhalten. Die Kernfamilie des BF1 befindet sich daher jedenfalls auf absehbare Zeit im Bundesgebiet und nicht im Irak.
Es deutet jedoch nichts darauf hin, dass es dem BF1 im Falle einer Rückkehr in den Herkunftsstaat nicht möglich wäre, sich in die dortige Gesellschaft erneut zu integrieren.
- - Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl- Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts
Der BF1 reiste zwar im Oktober 2015 gemeinsam mit seiner Mutter und seinen beiden Geschwistern rechtswidrig in das Bundesgebiet ein, stellte jedoch gleich am 05.10.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz, der zugelassen und dem in der Folge hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten auch Berechtigung zukam. Der BF1 hält sich seither rechtmäßig im Bundesgebiet auf. Abgesehen von der rechtswidrigen Einreise, welche vor dem Hintergrund des berechtigten Antrages auf internationalen Schutz jedoch in ihrer Bedeutung zurücktreten muss, hat der BF1 bisher nicht gegen die öffentliche Ordnung, insbesondre auch nicht im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts verstoßen.
- die Frage, ob das Privat- und Familienleben zu einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren
Dem volljährigen BF1 musste trotz Gewährung des Status des subsidiär Schutzberechtigten bewusst sein, dass die Aufenthaltsdauer nur befristet ausgesprochen wurde und sein weiterer Aufenthalt im Bundesgebiet wesentlich von den Entwicklungen der allgemeinen Lage im Herkunftsstaat sowie auch im persönlichen Umfeld des BF1 abhängt. Dennoch wurde dem BF1 die Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter vom Bundesamt einmal verlängert und kann ihm nicht vorgehalten werden, dass er sich während seines rechtmäßigen Aufenthalts im Bundesgebiet um eine maßgebliche Integration bemüht hat.
- Verfahrensdauer
Es ist im Rahmen einer Gesamtschau zwar festzuhalten, dass eine raschere Erledigung des gegenständlichen Verfahrens bei Vorhandensein entsprechender Ressourcen denkbar ist, dennoch ist die zeitliche Dauer des Verfahrens nur ein Aspekt unter vielen. Für den BF1 spricht jedenfalls, dass die Verfahrensdauer nicht von ihm zu vertreten ist.
- Auswirkungen der allgemeinen Lage im Irak
Der Verwaltungsgerichtshof geht in seiner ständigen Rechtsprechung davon aus, dass dem Art. 8 EMRK innewohnenden Recht auf das Privat- und Familienleben auch ein Recht auf körperliche Unversehrtheit abzuleiten ist (vgl. etwa Erk. d. VwGH vom 28.6.2016, Ra 2015/21/0199-8). Vor diesem Hintergrund ist die Zulässigkeit von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen im Lichte des Art. 8 EMRK auch vor dem Hintergrund der Lage im Herkunftsstaat, welche die Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr vorfinden, zu prüfen, wobei bereits an dieser Stelle Art. 8 EMRK –anders als Art. 3 leg. cit.- einen Eingriffsvorbehalt kennt.Der Verwaltungsgerichtshof geht in seiner ständigen Rechtsprechung davon aus, dass dem Artikel 8, EMRK innewohnenden Recht auf das Privat- und Familienleben auch ein Recht auf körperliche Unversehrtheit abzuleiten ist vergleiche etwa Erk. d. VwGH vom 28.6.2016, Ra 2015/21/0199-8). Vor diesem Hintergrund ist die Zulässigkeit von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen im Lichte des Artikel 8, EMRK auch vor dem Hintergrund der Lage im Herkunftsstaat, welche die Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr vorfinden, zu prüfen, wobei bereits an dieser Stelle Artikel 8, EMRK –anders als Artikel 3, leg. cit.- einen Eingriffsvorbehalt kennt.
Im gegenständlichen Verfahren ergaben sich jedoch keine Hinweise auf einen aus diesem Blickwinkel relevanten Sachverhalt.
- Schlussfolgerungen
Nach Maßgabe einer Interessensabwägung im Sinne des § 9 BFA-VG ist in diesem nicht verallgemeinerungsfähigen Einzelfall, vor allem aufgrund des ursprünglich erteilten und bereits einmal verlängerten Status als subsidiär Schutzberechtigten und dem damit in Verbindung stehenden rechtmäßigen Aufenthalt des BF1 im Bundesgebiet, dem fortgesetzt ermöglichten Aufenthalt seiner Mutter und seiner Geschwister (daher seiner Kernfamilie) in Österreich, dem Umstand, dass die Verfahrensdauer vom BF1 nicht zu vertreten ist, er maßgebliche Deutschkenntnisse erworben hat, über eineinhalb Jahren sozialversichert erwerbstätig und selbsterhaltungsfähig ist, er sich auch sonst um Integration bemüht hat, insgesamt von einem Überwiegen der persönlichen Interessen des BF1 an einem Verbleib im Bundesgebiet gegenüber den öffentlichen Interessen an der Beendigung des Aufenthalts im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK auszugehen.Nach Maßgabe einer Interessensabwägung im Sinne des Paragraph 9, BFA-VG ist in diesem nicht verallgemeinerungsfähigen Einzelfall, vor allem aufgrund des ursprünglich erteilten und bereits einmal verlängerten Status als subsidiär Schutzberechtigten und dem damit in Verbindung stehenden rechtmäßigen Aufenthalt des BF1 im Bundesgebiet, dem fortgesetzt ermöglichten Aufenthalt seiner Mutter und seiner Geschwister (daher seiner Kernfamilie) in Österreich, dem Umstand, dass die Verfahrensdauer vom BF1 nicht zu vertreten ist, er maßgebliche Deutschkenntnisse erworben hat, über eineinhalb Jahren sozialversichert erwerbstätig und selbsterhaltungsfähig ist, er sich auch sonst um Integration bemüht hat, insgesamt von einem Überwiegen der persönlichen Interessen des BF1 an einem Verbleib im Bundesgebiet gegenüber den öffentlichen Interessen an der Beendigung des Aufenthalts im Sinne des Artikel 8, Absatz 2, EMRK auszugehen.
Eine Rückkehrentscheidung erweist sich daher gemäß § 9 BFA-VG hinsichtlich des BF1 als unzulässig.Eine Rückkehrentscheidung erweist sich daher gemäß Paragraph 9, BFA-VG hinsichtlich des BF1 als unzulässig.
Gemäß § 58 Abs. 2 AsylG 2005 ist die Erteilung eines Aufenthaltstitels von Amts wegen zu prüfen, wenn eine Rückkehrentscheidung aufgrund des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG auf Dauer unzulässig erklärt wird.Gemäß Paragraph 58, Absatz 2, AsylG 2005 ist die Erteilung eines Aufenthaltstitels von Amts wegen zu prüfen, wenn eine Rückkehrentscheidung aufgrund des Paragraph 9, Absatz eins bis 3 BFA-VG auf Dauer unzulässig erklärt wird.
Der mit „Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK“ betitelte § 55 AsylG lautet:Der mit „Aufenthaltstitel aus Gründen des Artikel 8, EMRK“ betitelte Paragraph 55, AsylG lautet:
„§ 55. (1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine „Aufenthaltsberechtigung plus“ zu erteilen, wenn
1. dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist und
2. der Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I Nr. 68/2017, erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (§ 5 Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG), BGBl. Nr. 189/1955) erreicht wird.„§ 55. (1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine „Aufenthaltsberechtigung plus“ zu erteilen, wenn
1. dies gemäß Paragraph 9, Absatz 2, BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Artikel 8, EMRK geboten ist und
2. der Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß Paragraph 9, Integrationsgesetz (IntG), Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 68 aus 2017,, erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (Paragraph 5, Absatz 2, Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG), Bundesgesetzblatt Nr. 189 aus 1955,) erreicht wird.
(2) Liegt nur die Voraussetzung des Abs. 1 Z 1 vor, ist eine „Aufenthaltsberechtigung“ zu erteilen.“(2) Liegt nur die Voraussetzung des Absatz eins, Ziffer eins, vor, ist eine „Aufenthaltsberechtigung“ zu erteilen.“
Der mit „Modul 1 der Integrationsvereinbarung“ betitelte § 9 IntG idgF BGBl. I Nr. 42/2020 lautet auszugsweise:Der mit „Modul 1 der Integrationsvereinbarung“ betitelte Paragraph 9, IntG idgF Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 42 aus 2020, lautet auszugsweise:
„§ 9. (1) Drittstaatsangehörige (§ 2 Abs. 1 Z 6 NAG) sind mit erstmaliger Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 8 Abs. 1 Z 1, 2, 4, 5, 6, 8, 9 oder 10 NAG zur Erfüllung des Moduls 1 der Integrationsvereinbarung verpflichtet. Diese Pflicht ist dem Drittstaatsangehörigen nachweislich zur Kenntnis zu bringen.„§ 9. (1) Drittstaatsangehörige (Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 6, NAG) sind mit erstmaliger Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß Paragraph 8, Absatz eins, Ziffer eins,, 2, 4, 5, 6, 8, 9 oder 10 NAG zur Erfüllung des Moduls 1 der Integrationsvereinbarung verpflichtet. Diese Pflicht ist dem Drittstaatsangehörigen nachweislich zur Kenntnis zu bringen.
(2) Der Erfüllungspflicht gemäß Abs. 1 haben Drittstaatsangehörige binnen zwei Jahren ab erstmaliger Erteilung des Aufenthaltstitels gemäß § 8 Abs. 1 Z 1, 2, 4, 5, 6, 8, 9 oder 10 NAG nachzukommen. Unter Bedachtnahme auf die persönlichen Lebensumstände des Drittstaatsangehörigen kann der Zeitraum der Erfüllungspflicht auf Antrag mit Bescheid verlängert werden. Diese Verlängerung darf die Dauer von jeweils zwölf Monaten nicht überschreiten; sie hemmt den Lauf der Fristen nach § 14.(2) Der Erfüllungspflicht gemäß Absatz eins, haben Drittstaatsangehörige binnen zwei Jahren ab erstmaliger Erteilung des Aufenthaltstitels gemäß Paragraph 8, Absatz eins, Ziffer eins,, 2, 4, 5, 6, 8, 9 oder 10 NAG nachzukommen. Unter Bedachtnahme auf die persönlichen Lebensumstände des Drittstaatsangehörigen kann der Zeitraum der Erfüllungspflicht auf Antrag mit Bescheid verlängert werden. Diese Verlängerung darf die Dauer von jeweils zwölf Monaten nicht überschreiten; sie hemmt den Lauf der Fristen nach Paragraph 14,
(2a) Fällt das Ende der Erfüllungspflicht gemäß Abs. 1 in die Zeit von 22. März 2020 bis 30. Juni 2020, verlängert sich der Zeitraum der Erfüllungspflicht nach Abs. 2 bis zum 31. Oktober 2020; diese Verlängerung hemmt den Lauf der Fristen nach § 14.(2a) Fällt das Ende der Erfüllungspflicht gemäß Absatz eins, in die Zeit von 22. März 2020 bis 30. Juni 2020, verlängert sich der Zeitraum der Erfüllungspflicht nach Absatz 2 bis zum 31. Oktober 2020; diese Verlängerung hemmt den Lauf der Fristen nach Paragraph 14,
(3) Für die Dauer von fünf Jahren ab Ablauf der Gültigkeit des zuletzt erteilten Aufenthaltstitels gemäß § 8 Abs. 1 Z 1, 2, 4, 5, 6, 8, 9 oder 10 NAG werden bereits konsumierte Zeiten der Erfüllungspflicht auf den Zeitraum der Erfüllungspflicht gemäß Abs. 2 angerechnet.(3) Für die Dauer von fünf Jahren ab Ablauf der Gültigkeit des zuletzt erteilten Aufenthaltstitels gemäß Paragraph 8, Absatz eins, Ziffer eins,, 2, 4, 5, 6, 8, 9 oder 10 NAG werden bereits konsumierte Zeiten der Erfüllungspflicht auf den Zeitraum der Erfüllungspflicht gemäß Absatz 2, angerechnet.
(4) Das Modul 1 der Integrationsvereinbarung ist erfüllt, wenn der Drittstaatsangehörige
1. einen Nachweis des Österreichischen Integrationsfonds über die erfolgreiche Absolvierung der Integrationsprüfung gemäß § 11 vorlegt,(4) Das Modul 1 der Integrationsvereinbarung ist erfüllt, wenn der Drittstaatsangehörige
1. einen Nachweis des Österreichischen Integrationsfonds über die erfolgreiche Absolvierung der Integrationsprüfung gemäß Paragraph 11, vorlegt,
(Anm.: Z 2 aufgehoben durch Art. III Z 15, BGBl. I Nr. 41/2019)
3. über einen Schulabschluss verfügt, der der allgemeinen Universitätsreife im Sinne des § 64 Abs. 1 Universitätsgesetz 2002, BGBl. I Nr. 120/2002, oder einemAnmerkung, Ziffer 2, aufgehoben durch Art. römisch III Ziffer 15,, Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 41 aus 2019,)
3. über einen Schulabschluss verfügt, der der allgemeinen Universitätsreife im Sinne des Paragraph 64, Absatz eins, Universitätsgesetz 2002, Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 120 aus 2002,, oder einem
Abschluss einer berufsbildenden mittleren Schule entspricht,
4. einen Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot – Karte“ gemäß § 41 Abs. 1 oder 2 NAG besitzt oder
5. als Inhaber eines Aufenthaltstitels „Niederlassungsbewilligung – Künstler“ gemäß § 43a NAG eine künstlerische Tätigkeit in einer der unter § 2 Abs. 1 Z 1 bis 3 Kunstförderungsgesetz, BGBl. I Nr. 146/1988, genannten Kunstsparte ausübt; bei Zweifeln über das Vorliegen einer solchen Tätigkeit ist eine diesbezügliche Stellungnahme des zuständigen Bundesministers einzuholen.Abschluss einer berufsbildenden mittleren Schule entspricht,
4. einen Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot – Karte“ gemäß Paragraph 41, Absatz eins, oder 2 NAG besitzt oder
5. als Inhaber eines Aufenthaltstitels „Niederlassungsbewilligung – Künstler“ gemäß Paragraph 43 a, NAG eine künstlerische Tätigkeit in einer der unter Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer eins bis 3 Kunstförderungsgesetz, Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 146 aus 1988,, genannten Kunstsparte ausübt; bei Zweifeln über das Vorliegen einer solchen Tätigkeit ist eine diesbezügliche Stellungnahme des zuständigen Bundesministers einzuholen.
Die Erfüllung des Moduls 2 (§ 10) beinhaltet das Modul 1.Die Erfüllung des Moduls 2 (Paragraph 10,) beinhaltet das Modul 1.
(5) Ausgenommen von der Erfüllungspflicht gemäß Abs. 1 sind Drittstaatsangehörige,
1. die zum Ende des Zeitraums der Erfüllungspflicht (Abs. 2) unmündig sein werden;(5) Ausgenommen von der Erfüllungspflicht gemäß Absatz eins, sind Drittstaatsangehörige,
1. die zum Ende des Zeitraums der Erfüllungspflicht (Absatz 2,) unmündig sein werden;
[…]“
Die Übergangsbestimmung des § 81 Abs. 36 NAG lautet:Die Übergangsbestimmung des Paragraph 81, Absatz 36, NAG lautet:
„Das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 IntG gilt als erfüllt, wenn Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 14a in der Fassung vor dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 68/2017 vor dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 68/2017 erfüllt haben oder von der Erfüllung ausgenommen waren.“„Das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß Paragraph 9, IntG gilt als erfüllt, wenn Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß Paragraph 14 a, in der Fassung vor dem Bundesgesetz Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 68 aus 2017, vor dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des Bundesgesetzes Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 68 aus 2017, erfüllt haben oder von der Erfüllung ausgenommen waren.“
Das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 68/2017 trat mit 01.10.2017 in Kraft.Das Bundesgesetz Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 68 aus 2017, trat mit 01.10.2017 in Kraft.
Fallbezogen ergibt sich daraus:
Der BF1 verfügt über eine am 10.08.2017 bestandene Deutsch-Sprachprüfung des ÖIF auf Sprachniveau A2. Entsprechend der Übergangsbestimmungen des § 81 Abs. 36 NAG iVm dem ehemaligen § 14a NAG erfüllt BF1 somit die Voraussetzungen des Modul 1 der Integrationsvereinbarung.Der BF1 verfügt über eine am 10.08.2017 bestandene Deutsch-Sprachprüfung des ÖIF auf Sprachniveau A2. Entsprechend der Übergangsbestimmungen des Paragraph 81, Absatz 36, NAG in Verbindung mit dem ehemaligen Paragraph 14 a, NAG erfüllt BF1 somit die Voraussetzungen des Modul 1 der Integrationsvereinbarung.
Weiters übt der BF1 zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit aus, mit deren Einkommen er die monatliche Geringfügigkeitsgrenze nach § 5 Abs. 2 ASVG erreicht.Weiters übt der BF1 zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit aus, mit deren Einkommen er die monatliche Geringfügigkeitsgrenze nach Paragraph 5, Absatz 2, ASVG erreicht.
Der BF1 erfüllt somit sowohl die Voraussetzungen nach § 55 Abs. 1 Z 1 als auch Z 2 AsylG. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden und ihm eine „Aufenthaltsberechtigung plus“ zu erteilen. Der BF1 erfüllt somit sowohl die Voraussetzungen nach Paragraph 55, Absatz eins, Ziffer eins, als auch Ziffer 2, AsylG. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden und ihm eine „Aufenthaltsberechtigung plus“ zu erteilen.
3.1.5. Behebung der der Feststellung über die Zulässigkeit der Abschiebung und Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkte VI. und VII. des angefochtenen Bescheides):3.1.5. Behebung der der Feststellung über die Zulässigkeit der Abschiebung und Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkte römisch VI. und römisch VII. des angefochtenen Bescheides):
Da die Rückkehrentscheidungen auf Dauer für unzulässig erklärt wurden, waren die genannten Spruchpunkte zu beheben.
3.2. Zu Spruchteil A.2.):
3.2.1. Zur Aberkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten hinsichtlich der BF2, der BF3 und des minderjährigen BF4:
Gemäß § 9 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden der Status eines subsidiär Schutzberechtigten von Amts wegen mit Bescheid abzuerkennen, wenn die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8 Abs. 1) nicht oder nicht mehr vorliegen (Z 1); er den Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen in einem anderen Staat hat (Z 2) oder er die Staatsangehörigkeit eines anderen Staates erlangt hat und eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen neuen Herkunftsstaat keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention oder für ihn als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde (Z 3).Gemäß Paragraph 9, Absatz eins, AsylG 2005 ist einem Fremden der Status eines subsidiär Schutzberechtigten von Amts wegen mit Bescheid abzuerkennen, wenn die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten (Paragraph 8, Absatz eins,) nicht oder nicht mehr vorliegen (Ziffer eins,); er den Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen in einem anderen Staat hat (Ziffer 2,) oder er die Staatsangehörigkeit eines anderen Staates erlangt hat und eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen neuen Herkunftsstaat keine reale Gefahr einer Verletzung von Artikel 2, EMRK, Artikel 3, EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention oder für ihn als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde (Ziffer 3,).
Der Tatbestand des § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005, auf welchen sich das BFA in seiner rechtlichen Würdigung stützt und wonach einem Fremden der Status eines subsidiär Schutzberechtigten von Amts wegen mit Bescheid abzuerkennen ist, wenn die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht oder nicht mehr vorliegen, findet in Art. 16 iVm Art. 19 der Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29.4.2004 über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen (Statusrichtlinie; im Folgenden StatusRL) Deckung.Der Tatbestand des Paragraph 9, Absatz eins, Ziffer eins, AsylG 2005, auf welchen sich das BFA in seiner rechtlichen Würdigung stützt und wonach einem Fremden der Status eines subsidiär Schutzberechtigten von Amts wegen mit Bescheid abzuerkennen ist, wenn die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht oder nicht mehr vorliegen, findet in Artikel 16, in Verbindung mit Artikel 19, der Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29.4.2004 über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen (Statusrichtlinie; im Folgenden StatusRL) Deckung.
Im Rahmen der Prüfung des Einzelfalls ist die Frage zu beantworten, ob einem Fremden im Falle der Abschiebung in seinen Herkunftsstaat ein - über eine bloße Möglichkeit hinausgehendes - "real risk" einer gegen Art 3 EMRK verstoßenden Behandlung droht (vgl. VwGH 28.06.2011, 2008/01/0102; 06.11.2018, Ra 2018/01/0106 mwH). Im Sinne einer mit der StatusRL konformen Auslegung des § 8 Abs. 1 AsylG 2005 ist subsidiärer Schutz nur zu gewähren, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme vorliegen, dass der Fremde bei seiner Rückkehr in sein Herkunftsland tatsächlich Gefahr liefe, eine der drei in Art. 15 der StatusRL definierten Arten eines ernsthaften Schadens (Todesstrafe oder Hinrichtung [lit. a], Folter, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung des Beschwerdeführers im Herkunftsstaat [lit. b] und ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts [lit. c]) zu erleiden (VwGH 06.11.2018, Ra 2018/01/0106 mit Verweis auf die dort zitierte Rechtsprechung des EuGH).Im Rahmen der Prüfung des Einzelfalls ist die Frage zu beantworten, ob einem Fremden im Falle der Abschiebung in seinen Herkunftsstaat ein - über eine bloße Möglichkeit hinausgehendes - "real risk" einer gegen Artikel 3, EMRK verstoßenden Behandlung droht vergleiche VwGH 28.06.2011, 2008/01/0102; 06.11.2018, Ra 2018/01/0106 mwH). Im Sinne einer mit der StatusRL konformen Auslegung des Paragraph 8, Absatz eins, AsylG 2005 ist subsidiärer Schutz nur zu gewähren, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme vorliegen, dass der Fremde bei seiner Rückkehr in sein Herkunftsland tatsächlich Gefahr liefe, eine der drei in Artikel 15, der StatusRL definierten Arten eines ernsthaften Schadens (Todesstrafe oder Hinrichtung [lit. a], Folter, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung des Beschwerdeführers im Herkunftsstaat [lit. b] und ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts [lit. c]) zu erleiden (VwGH 06.11.2018, Ra 2018/01/0106 mit Verweis auf die dort zitierte Rechtsprechung des EuGH).
Gemäß Art. 16 Abs. 1 StatusRL ist ein Drittstaatsangehöriger oder ein Staatenloser nicht mehr subsidiär Schutzberechtigter, wenn die Umstände, die zur Zuerkennung des subsidiären Schutzes geführt haben, nicht mehr bestehen oder sich in einem Maße verändert haben, dass ein solcher Schutz nicht mehr erforderlich ist. Gemäß Art. 16 Abs. 2 StatusRL berücksichtigen die Mitgliedstaaten bei Anwendungen des Abs. 1, ob sich die Umstände so wesentlich und nicht nur vorübergehend verändert haben, dass die Person, die Anspruch auf subsidiären Schutz hat, nicht länger Gefahr läuft, einen ernsthaften Schaden zu erleiden.Gemäß Artikel 16, Absatz eins, StatusRL ist ein Drittstaatsangehöriger oder ein Staatenloser nicht mehr subsidiär Schutzberechtigter, wenn die Umstände, die zur Zuerkennung des subsidiären Schutzes geführt haben, nicht mehr bestehen oder sich in einem Maße verändert haben, dass ein solcher Schutz nicht mehr erforderlich ist. Gemäß Artikel 16, Absatz 2, StatusRL berücksichtigen die Mitgliedstaaten bei Anwendungen des Absatz eins,, ob sich die Umstände so wesentlich und nicht nur vorübergehend verändert haben, dass die Person, die Anspruch auf subsidiären Schutz hat, nicht länger Gefahr läuft, einen ernsthaften Schaden zu erleiden.
Im gegenständlichen Fall wurde der BF2 der Status der subsidiär Schutzberechtigten wegen der allgemeinen Sicherheits- und Versorgungslage im Irak, konkret in Bagdad, zuerkannt. Ohne nähere Prüfung wurde auch der (damals noch) minderjährigen BF3 und dem minderjährigen BF4 gemäß § 8 iVm § 34 AsylG im Familienverfahren der Status von subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt und in weiterer Folge auch einmal verlängert.Im gegenständlichen Fall wurde der BF2 der Status der subsidiär Schutzberechtigten wegen der allgemeinen Sicherheits- und Versorgungslage im Irak, konkret in Bagdad, zuerkannt. Ohne nähere Prüfung wurde auch der (damals noch) minderjährigen BF3 und dem minderjährigen BF4 gemäß Paragraph 8, in Verbindung mit Paragraph 34, AsylG im Familienverfahren der Status von subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt und in weiterer Folge auch einmal verlängert.
Hinsichtlich der BF2 und der inzwischen volljährigen BF3 haben sich vor dem Hintergrund der nach wie vor bestehenden familiären Anknüpfungsprunkte und Unterstützungsmöglichkeiten durch ihre Familienangehörigen in Bagdad in Zusammenschau mit der sich aus den aktuellen Länderberichten zum Irak ergebenden allgemeinen Sicherheits- und Versorgungslage insbesondere in Bagdad zum Entscheidungszeitpunkt keine besonders risikoerhöhenden Umstände im Verfahren ergeben und kann weder aus dem Vorbringen im Verfahren noch aus den Feststellungen zur allgemeinen Lage im Irak (insbesondere in Bagdad) abgeleitet werden, dass sie alleine schon aufgrund ihrer bloßen Anwesenheit mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einer individuellen Gefährdung durch Anschlagskriminalität, geschlechterspezifischen Kriminalität oder bürgerkriegsähnlichen Zuständen ausgesetzt wären. Auf die diesbezüglichen beweiswürdigenden Erwägungen wird an dieser Stelle verwiesen.
Auch ist mit Blick auf ihre persönliche Situation nicht zu erkennen, dass die BF2 und die BF3 im Falle ihrer Abschiebung in eine ausweglose Lebenssituation geraten und real Gefahr laufen würden, eine Verletzung seiner durch Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der durch die Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention geschützten Rechte zu erleiden (vgl. hierzu grundlegend VwGH 16.07.2003, Zl. 2003/01/0059), haben sie doch selbst nicht ausreichend konkret vorgebracht, dass ihnen im Falle einer Rückführung in den Irak jegliche Existenzgrundlage fehlen würde und sie in Ansehung existenzieller Grundbedürfnisse (wie etwa Versorgung mit Lebensmitteln oder einer Unterkunft) einer lebensbedrohenden Situation ausgesetzt wären. Im Hinblick auf eine etwaige Rückkehrgefährdung verwies die BF2 im Beschwerdeverfahren primär erneut auf das Fluchtvorbringen der Beschwerdeführer, welches jedoch bereits dem mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 15.04.2019 rechtskräftig negativ entschiedenen Asylverfahren zugrunde gelegt und als nicht glaubhaft bzw. nicht asylrelevant beurteilt wurde.Auch ist mit Blick auf ihre persönliche Situation nicht zu erkennen, dass die BF2 und die BF3 im Falle ihrer Abschiebung in eine ausweglose Lebenssituation geraten und real Gefahr laufen würden, eine Verletzung seiner durch Artikel 2, EMRK, Artikel 3, EMRK oder der durch die Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention geschützten Rechte zu erleiden vergleiche hierzu grundlegend VwGH 16.07.2003, Zl. 2003/01/0059), haben sie doch selbst nicht ausreichend konkret vorgebracht, dass ihnen im Falle einer Rückführung in den Irak jegliche Existenzgrundlage fehlen würde und sie in Ansehung existenzieller Grundbedürfnisse (wie etwa Versorgung mit Lebensmitteln oder einer Unterkunft) einer lebensbedrohenden Situation ausgesetzt wären. Im Hinblick auf eine etwaige Rückkehrgefährdung verwies die BF2 im Beschwerdeverfahren primär erneut auf das Fluchtvorbringen der Beschwerdeführer, welches jedoch bereits dem mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 15.04.2019 rechtskräftig negativ entschiedenen Asylverfahren zugrunde gelegt und als nicht glaubhaft bzw. nicht asylrelevant beurteilt wurde.
Das Bundesamt hat es im gegenständlichen Fall aber verabsäumt, sich konkret mit der besonderen Vulnerabilität des noch unmündig minderjährigen BF4, der diesbezüglichen Lage im Irak und der diesbezüglichen höchstgerichtlichen Judikatur auseinanderzusetzen:
In Bezug auf die Zuerkennung von internationalem Schutz hat der Verfassungsgerichtshof inzwischen wiederholt ausgesprochen, dass bei der Behandlung von Anträgen auf internationalen Schutz von Minderjährigen, unabhängig davon, ob diese unbegleitet sind oder gemeinsam mit ihren Eltern oder anderen Angehörigen leben, zur Beurteilung der Sicherheitslage einschlägige Herkunftsländerinformationen, in die auch die Erfahrungen in Bezug auf Kinder Eingang finden, bei entsprechend schlechter, volatiler allgemeiner Sicherheitslage jedenfalls erforderlich sind (vgl. UNHCR-Richtlinien zum Internationalen Schutz: Asylanträge von Kindern im Zusammenhang mit Artikeln 1 A 2 und 1 F des Abkommens von 1951 bzw. des Protokolls von 1967 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, 22.12.2009, Rz 74). Bei Vorliegen entsprechender Anhaltspunkte in den Herkunftsländerinformationen hat sich das Bundesverwaltungsgericht ausdrücklich mit der Situation von Minderjährigen auseinanderzusetzen (vgl. etwa VfGH 23.09.2019, E 512-517/2019 und VfGH 24.02.2020, E 3683-3686/2019-8 mwN; zuletzt VwGH vom 07.01.2021, Ra 2020/18/0139 ua).In Bezug auf die Zuerkennung von internationalem Schutz hat der Verfassungsgerichtshof inzwischen wiederholt ausgesprochen, dass bei der Behandlung von Anträgen auf internationalen Schutz von Minderjährigen, unabhängig davon, ob diese unbegleitet sind oder gemeinsam mit ihren Eltern oder anderen Angehörigen leben, zur Beurteilung der Sicherheitslage einschlägige Herkunftsländerinformationen, in die auch die Erfahrungen in Bezug auf Kinder Eingang finden, bei entsprechend schlechter, volatiler allgemeiner Sicherheitslage jedenfalls erforderlich sind vergleiche UNHCR-Richtlinien zum Internationalen Schutz: Asylanträge von Kindern im Zusammenhang mit Artikeln 1 A 2 und 1 F des Abkommens von 1951 bzw. des Protokolls von 1967 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, 22.12.2009, Rz 74). Bei Vorliegen entsprechender Anhaltspunkte in den Herkunftsländerinformationen hat sich das Bundesverwaltungsgericht ausdrücklich mit der Situation von Minderjährigen auseinanderzusetzen vergleiche etwa VfGH 23.09.2019, E 512-517/2019 und VfGH 24.02.2020, E 3683-3686/2019-8 mwN; zuletzt VwGH vom 07.01.2021, Ra 2020/18/0139 ua).
Vor dem Hintergrund der ständigen Judikatur des VfGH (im Speziellen zu Bagdad siehe etwa E 15-19/2021-19) und der eingesehenen Länderberichte kann aufgrund der allgemeinen Sicherheitslage und der besonderen Vulnerabilität des unmündig minderjährigen BF4 nicht ausgeschlossen werden, dass dieser im Falle einer Rückkehr in den Irak, konkret nach Bagdad, nach wie vor der realen Gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne des Art. 3 EMRK ausgesetzt wären oder eine Rückkehr für ihn als Zivilpersonen eine ernsthafte Gefährdung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. Aufgrund der aktuellen Gesamtsituation im Irak kann im gegenständlichen Fall auch nicht von einer innerstaatlichen Fluchtalternative ausgegangen werden, zumal die Beschwerdeführer nur in Bagdad über familiäre Bindungen verfügen und im übrigen Irak keine familiären Verbindungen festgestellt werden konnten. Vor dem Hintergrund der ständigen Judikatur des VfGH (im Speziellen zu Bagdad siehe etwa E 15-19/2021-19) und der eingesehenen Länderberichte kann aufgrund der allgemeinen Sicherheitslage und der besonderen Vulnerabilität des unmündig minderjährigen BF4 nicht ausgeschlossen werden, dass dieser im Falle einer Rückkehr in den Irak, konkret nach Bagdad, nach wie vor der realen Gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne des Artikel 3, EMRK ausgesetzt wären oder eine Rückkehr für ihn als Zivilpersonen eine ernsthafte Gefährdung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. Aufgrund der aktuellen Gesamtsituation im Irak kann im gegenständlichen Fall auch nicht von einer innerstaatlichen Fluchtalternative ausgegangen werden, zumal die Beschwerdeführer nur in Bagdad über familiäre Bindungen verfügen und im übrigen Irak keine familiären Verbindungen festgestellt werden konnten.
Insgesamt hat sich hinsichtlich des minderjährigen BF4 somit keine relevante Änderung der Sachlage im Irak bzw. seiner persönlichen Umstände iSd. § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG ergeben, sodass die Voraussetzungen für die Aberkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten jedenfalls hinsichtlich des minderjährigen BF4 und damit auch hinsichtlich der BF2 und der BF3 (Familienverfahren iSd § 34 AsylG) nicht vorliegen.Insgesamt hat sich hinsichtlich des minderjährigen BF4 somit keine relevante Änderung der Sachlage im Irak bzw. seiner persönlichen Umstände iSd. Paragraph 9, Absatz eins, Ziffer eins, AsylG ergeben, sodass die Voraussetzungen für die Aberkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten jedenfalls hinsichtlich des minderjährigen BF4 und damit auch hinsichtlich der BF2 und der BF3 (Familienverfahren iSd Paragraph 34, AsylG) nicht vorliegen.
Sonstige Aberkennungsgründe gemäß § 9 AsylG sind nicht hervorgekommen. Sonstige Aberkennungsgründe gemäß Paragraph 9, AsylG sind nicht hervorgekommen.
3.2.2. Der Beschwerde der BF2 bis BF4 war daher stattzugeben und Spruchpunkt III. der angefochtenen Bescheide spruchgemäß dahingehend abzuändern, dass den Anträgen der Beschwerdeführer vom 29.10.2019 auf Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 Abs. 4 AsylG stattgeben und ihnen eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigte für die Dauer von zwei Jahren ab Rechtskraft der verfahrensgegenständlichen Entscheidung erteilt wird (vgl. dazu VwGH vom 17.12.2019, Ra 2019/18/0281).3.2.2. Der Beschwerde der BF2 bis BF4 war daher stattzugeben und Spruchpunkt römisch III. der angefochtenen Bescheide spruchgemäß dahingehend abzuändern, dass den Anträgen der Beschwerdeführer vom 29.10.2019 auf Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung gemäß Paragraph 8, Absatz 4, AsylG stattgeben und ihnen eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigte für die Dauer von zwei Jahren ab Rechtskraft der verfahrensgegenständlichen Entscheidung erteilt wird vergleiche dazu VwGH vom 17.12.2019, Ra 2019/18/0281).
Da den BF2 bis BF4 mit diesem Erkenntnis in Folge der Behebung von Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides weiterhin der Status der subsidiär Schutzberechtigten zukommt, verlieren auch die vom Bundesamt getroffenen Aussprüche in den Spruchpunkten I., II., sowie IV. bis VIII. ihre rechtliche Grundlage, weshalb diese (ebenfalls) ersatzlos aufzuheben waren.Da den BF2 bis BF4 mit diesem Erkenntnis in Folge der Behebung von Spruchpunkt römisch III. des angefochtenen Bescheides weiterhin der Status der subsidiär Schutzberechtigten zukommt, verlieren auch die vom Bundesamt getroffenen Aussprüche in den Spruchpunkten römisch eins., römisch II., sowie römisch IV. bis römisch VIII. ihre rechtliche Grundlage, weshalb diese (ebenfalls) ersatzlos aufzuheben waren.
Zu Spruchteil B.1. und B.2.): Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.Gemäß Paragraph 25 a, Absatz eins, VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen, oben zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, des Verfassungsgerichtshofes und des EGMR zu Fragen des subsidiären Schutzes, zur Überschreitung der Eingriffsschwelle des Art. 3 EMRK, zu Fragen des Art. 8 EMRK und zu § 9 AsylG ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfragen vor. Das Bundesverwaltungsgericht hat sich bei allen erheblichen Rechtsfragen an der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, des Verfassungsgerichtshofes und des EGMR orientiert und hat diese – soweit erforderlich – auch zitiert.Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen, oben zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, des Verfassungsgerichtshofes und des EGMR zu Fragen des subsidiären Schutzes, zur Überschreitung der Eingriffsschwelle des Artikel 3, EMRK, zu Fragen des Artikel 8, EMRK und zu Paragraph 9, AsylG ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfragen vor. Das Bundesverwaltungsgericht hat sich bei allen erheblichen Rechtsfragen an der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, des Verfassungsgerichtshofes und des EGMR orientiert und hat diese – soweit erforderlich – auch zitiert.