Begründung:
Die am 23. 8. 1987 geborene Klägerin erhielt im Jahr 2003 nach dem Tod ihres Vaters einen Pflichtteil von 64.000 EUR. Nach Beratung bei zwei Banken über mögliche Veranlagungsformen beantragte die Mutter der Klägerin die pflegschaftsgerichtliche Genehmigung für die Veranlagung von 39.000 EUR in eine Erlebensversicherung, von 21.900 EUR in ein Vermögenssparbuch und für den Einbehalt von 3.090 EUR zur Deckung der Erbschaftssteuer. Der Rechtspfleger des zuständigen Pflegschaftsgerichts hatte bei einem darauffolgenden Gespräch mit der Klägerin und deren Mutter den Eindruck, dass eine bestmögliche Rendite gewünscht werde. Er wies deshalb darauf hin, dass man eine Beimischung von I*****-Aktien prüfen könne, dafür käme eine pflegschaftsgerichtliche Genehmigung in Frage. Dem Rechtspfleger stand dabei eine Kopie eines Privatgutachtens des Dkfm. W***** zur Verfügung, wonach Aktien der I***** AG derzeit zur Veranlagung von Mündelgeld geeignet seien, sofern die Veranlagung im Rahmen eines sinnvollen Portfoliomixes erfolgt. Der Rechtspfleger bezog sich auf dieses Gutachten. Für die Überlegungen der Mutter der Klägerin, einen Teilbetrag in diese Aktien zu veranlagen, war der Hinweis des Rechtspflegers ursächlich; zuvor hatte sie an eine solche Veranlagung gar nicht gedacht. Sie griff den Hinweis des Rechtspflegers auf und beantragte nach Rücksprache mit der Bank die pflegschaftsgerichtliche Genehmigung für die Veranlagung von 39.000 EUR in eine Erlebensversicherung, von 11.910 EUR in ein Vermögenssparbuch und von 10.000 EUR in I*****-Aktien sowie für den Einbehalt von 3.090 EUR zur Deckung der Erbschaftssteuer. Mit Beschluss vom 24. 3. 2004 wurde diese Veranlagung vom Pflegschaftsgericht antragsgemäß genehmigt. Ohne Hinweis des Rechtspflegers hätte die Mutter der Klägerin eine Veranlagung in eine Lebensversicherung und in ein Sparbuch gewählt.
Nach Eintritt der Volljährigkeit der Klägerin im Jahr 2005 wurde die gerichtliche Sperre des Vermögens, aufgehoben. Der Kurs der I*****-Aktie, der in der Folgezeit nicht unterschritten wurde, lag an diesem Tag bei rund 8 EUR. Ab Jänner 2008 fiel der Kurs kurzfristig unter den Anschaffungspreis von 6,44 EUR, ab 21. 8. 2008 fiel er nachhaltig darunter. Die Klägerin entschloss sich nach Erreichen der Volljährigkeit, die Aktien zu behalten, weil sich die Kurse seit Anschaffung positiv entwickelt hatten und weil sie wegen der gerichtlichen Genehmigung der Veranlagung dieses Aktiendepot als sichere Veranlagungsform verstand. Sie beobachtete die Kursentwicklung nur fallweise (etwa ein- bis zweimal im Monat, wobei die Intervalle nicht näher feststellbar sind). Als die Kurse unter den Anschaffungspreis fielen, wartete sie die weitere Entwicklung ab, um nicht verlustbringend zu verkaufen. Durch die Veranlagung in I*****-Aktien anstelle eines Sparbuchs hat die Klägerin einen Schaden von 6.520,59 EUR erlitten. Am 2. 8. 2013 verkaufte die Klägerin die Aktien.
Gestützt auf die Bestimmungen des Amtshaftungsgesetzes begehrte die Klägerin zuletzt den Ersatz eines ihr nach dem Verkauf der I*****-Aktien entstandenen Schadens von 7.109,41 EUR. Das Pflegschaftsgericht hätte diese Aktien nicht empfehlen dürfen, es hätte auch die pflegschaftsgerichtliche Genehmigung dieser Veranlagung nicht erteilten dürfen.
Die Beklagte wandte ein, dass § 230e ABGB in der damals geltenden Fassung nur dem Schutz des Mündelvermögens bis zum Erreichen der Volljährigkeit gedient habe, nicht jedoch der Sicherung während der Folgezeit. Es bestehe daher kein Rechtswidrigkeitszusammenhang zwischen einer allfälligen Normverletzung bei der pflegschaftsgerichtlichen Bewilligung der Vermögensveranlagung und dem erst nach Volljährigkeit eingetretenen Schaden. Bis zum Eintreten der Volljährigkeit bzw der Aufhebung der Sperre des Wertpapierdepots sei für die Klägerin durch die von ihr kritisierte Anlage eine erhebliche Vermehrung ihres Vermögens erzielt worden.
Das Erstgericht erkannte die Beklagte schuldig, der Klägerin 6.520,59 EUR samt Zinsen zu zahlen, und wies ein Mehrbegehren von 588,82 EUR samt Zinsen ab. Das Pflegschaftsgericht habe die Schutznorm des § 230e ABGB in der damals gültigen Fassung verletzt, da die gesetzlich angeordnete Anhörung eines einschlägigen Sachverständigen nicht durch die Einsichtnahme in ein Privatgutachten ersetzt werden könne. Nach der Rechtsprechung zur pflichtwidrigen Anlageberatung entstehe der (Primär-)Schaden bereits dadurch, dass ein „falsches“, weil unsicheres, Papier erworben werde. Ab dem Verkauf der Papiere könne der Geschädigte einen Geldersatzanspruch stellen, weil sich ab diesen Zeitpunkt der rechnerische Schaden endgültig beziffern lasse. Dem Anleger könne vom Schädiger der Einwand der Verletzung der Schadensminderungspflicht entgegengehalten werden, wenn der Geschädigte den Verkauf sorgfaltswidrig zu einem ungünstigen Zeitpunkt vornimmt. Das Behalten der Wertpapiere durch die Klägerin über einen längeren Zeitraum nach Eintritt der Volljährigkeit könne allerdings einen Verschuldensvorwurf nicht begründen. Vielmehr liege eine in solchen Fällen typische Schadensfortwirkung vor.
Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und erklärte die ordentliche Revision für zulässig. Es sei nicht mehr strittig, dass den Organen der Beklagten ein verschuldeter Verstoß gegen § 230e ABGB vorzuwerfen und die begangene Pflichtwidrigkeit auch für den eingetretenen Schaden kausal gewesen sei. Entgegen der Auffassung der Beklagten sei allerdings auch der Rechtswidrigkeitzusammenhang gegeben. § 230e ABGB in der damals gültigen Fassung sei ein Schutzgesetz zugunsten des Mündels (gewesen). Dieses solle vor dem Erwerb von Veranlagungen bewahrt werden, die nicht dem Gebot einer sicheren (und zugleich möglichst fruchtbringenden) Anlage entsprechen. Aufgrund der Schutzgesetzverletzung sei für die damals Minderjährige statt der mündelsicheren risikolosen Veranlagung eine risikoträchtige Veranlagung „erworben“ worden. Der Schaden sei damit bereits zum Zeitpunkt der gerichtlichen Genehmigung dieser Veranlagung eingetreten. Es könne nicht zweifelhaft sein, dass für diesen Zeitpunkt der Rechtswidrigkeitszusammenhang zu bejahen sei, habe doch die damals minderjährige Klägerin zum geschützten Personenkreis gezählt. Dass sie mit Eintritt der Volljährigkeit aus diesem Personenkreis herausgefallen sei, ändere nichts am Zusammenhang zwischen Normzweck und Schadenseintritt in Gestalt des genehmigten Erwerbs nicht mündelsicher risikoreicher Wertpapiere. Auf sonstige Einwände komme die Beklagte im Berufungsverfahren nicht mehr zurück. Die Revision sei zulässig, weil sich der Oberste Gerichtshof bislang mit der Rechtsfrage zur Reichweite des Schutzzwecks der Normen über mündelsichere Veranlagung, insbesondere auf Personen nach Erreichen der Volljährigkeit, noch nicht befasst habe.