Bundesverwaltungsgericht (BVwG)

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Entscheidungstext W218 2123265-1

Dokumenttyp

Entscheidungstext

Entscheidungsart

Erkenntnis

Geschäftszahl

W218 2123265-1

Entscheidungsdatum

22.12.2016

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
B-VG Art.133 Abs4
  1. B-VG Art. 133 heute
  2. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2019 bis 24.05.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 138/2017
  3. B-VG Art. 133 gültig ab 01.01.2019 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 22/2018
  4. B-VG Art. 133 gültig von 25.05.2018 bis 31.12.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 22/2018
  5. B-VG Art. 133 gültig von 01.08.2014 bis 24.05.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 164/2013
  6. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2014 bis 31.07.2014 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 51/2012
  7. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2004 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 100/2003
  8. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.1975 bis 31.12.2003 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 444/1974
  9. B-VG Art. 133 gültig von 25.12.1946 bis 31.12.1974 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 211/1946
  10. B-VG Art. 133 gültig von 19.12.1945 bis 24.12.1946 zuletzt geändert durch StGBl. Nr. 4/1945
  11. B-VG Art. 133 gültig von 03.01.1930 bis 30.06.1934

Spruch

W218 2123265-1/19E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Benedikta TAURER über die Beschwerde von römisch 40 , geb. römisch 40 , StA. Afghanistan, vertreten durch Caritas Burgenland, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Burgenland vom römisch 40 , Zl. römisch 40 , wegen Paragraph 3, AsylG nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 12.09.2016 und am 21.09.2016, zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

römisch eins. Verfahrensgang:

1. Die Beschwerdeführerin, eine Staatsangehörige Afghanistans, reiste mit ihrem Bruder und dessen Ehefrau illegal in Österreich ein und stellte am römisch 40 einen Antrag auf internationalen Schutz.

2. In der Erstbefragung vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes gab die Beschwerdeführerin zu ihrem Fluchtgrund an, dass sie selbst keine eigenen Fluchtgründe hätte, jedoch von den Problemen ihres Bruders betroffen sei, da sie bei ihm gelebt hätte und unverheiratet sei. Ihr Bruder hätte dem afghanischen Militär gedient und sei von den Taliban bedroht worden.

3. Im Rahmen einer niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 03.11.2015 gab die Beschwerdeführerin unter anderem an, dass sie an Epilepsie leide, aber deswegen in Behandlung sei, sie sei bereits in Afghanistan in Behandlung gewesen. Ansonsten gab sie zusammengefasst an, dass sie aufgrund der Probleme ihres Bruders geflohen sei und ohne seine Unterstützung in Afghanistan nicht überleben hätte können.

4. Mit dem angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz gemäß Paragraph 3, Absatz eins, in Verbindung mit Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 13, AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt römisch eins.) abgewiesen. Gemäß Paragraph 8, Absatz eins, AsylG wurde ihr der Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan (Spruchpunkt römisch II.) zuerkannt und ihr eine befristete Aufenthaltsberechtigung erteilt.

5. Gegen diesen ordnungsgemäß zugestellten Bescheid erhob die Beschwerdeführerin gegen Spruchpunkt römisch eins fristgerecht Beschwerde. Darin wurde zusammengefasst ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin in ihrem Heimatland aufgrund ihrer psychischen bzw. neurologischen Erkrankung stigmatisiert sei. In ihrem Heimatland hätte ihr Bruder, der selbst mit seiner Frau Asylwerber sein, für sie gesorgt, dies könne er aber aufgrund seiner Probleme in seinem Heimatland nicht mehr und sei sie daher einer Gefährdungssituation zuhause ausgesetzt. Sie sei eine Frau mit westlichem Lebensstil und einer neurologischen Erkrankung, die zudem der Gefahr der Zwangsverheiratung ausgesetzt sei und daher einen Nachfluchtgrund geltende mache.

6. Am 03.12.2014 kam es zu einer tätlichen Auseinandersetzung zwischen der Beschwerdeführerin und ihrem Bruder sowie dessen Ehefrau. In Folge wurde die Anzeige zurückgezogen und die Geschwister in unterschiedlichen Betreuungseinheiten untergebracht.

7. Das Bundesverwaltungsgericht hat über die eingebrachte Beschwerde am 12.09.2016 eine öffentliche, mündliche Verhandlung durchgeführt. Am gleichen Tag fand die Verhandlung zu dem Asylantrag des Bruders zu römisch 40 statt. Im Zuge dieser Verhandlung wurde Beweis erhoben durch Parteienvernehmung der Beschwerdeführerin und Zeugeneinvernahme ihres Bruders römisch 40 . Am 21.09.2016 wurde die Verhandlung fortgesetzt.

römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die Beschwerdeführerin ist afghanische Staatsangehörige, gehört der Volksgruppe der Paschtunen und dem moslemisch/schiitischen Glauben an. Die Identität der Beschwerdeführerin steht aufgrund der vorgelegten Tazkira fest.

Die Beschwerdeführerin reiste gemeinsam mit ihrem Bruder und dessen Ehefrau illegal in Österreich ein und stellte am römisch 40 einen Antrag auf internationalen Schutz. Mit Bescheid vom römisch 40 wurde ihr der Status einer subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt.

Die Beschwerdeführerin ist in Afghanistan weder vorbestraft noch wurde sie dort jemals inhaftiert und hatte auch mit den Behörden des Herkunftsstaates weder auf Grund ihres Religionsbekenntnisses oder ihrer Volksgruppenzugehörigkeit noch sonst irgendwelche Probleme. Die Beschwerdeführerin war nie politisch tätig und gehörte nie einer politischen Partei an. Sie hat eine schulische Ausbildung erhalten. Die Beschwerdeführerin konnte nicht glaubhaft darlegen, ihren Herkunftsstaat aufgrund einer asylrelevanten gezielten Verfolgung verlassen zu haben. Sie konnte auch keinen Nachfluchtgrund glaubhaft machen.

Dass ihr Verfolgung aufgrund ihrer Krankheit oder - angeblichen - westlichen Orientierung droht, konnte ebensowenig wie eine drohende Zwangsverheiratung glaubhaft gemacht werden. Die Beschwerdeführerin war und wäre im Herkunftsstaat allein aufgrund ihres Geschlechts ebenfalls keiner asylrelevanten Verfolgung ausgesetzt.

Die Beschwerdeführerin unterliegt aufgrund ihrer Volksgruppenzugehörigkeit oder ihrer Konfession keiner asylrelevanten Verfolgung, ein diesbezügliches Vorbringen wurde auch nicht erstattet.

Zur relevanten Situation in Afghanistan:

Hinsichtlich der relevanten Situation in Afghanistan wird zunächst prinzipiell auf die Länderfeststellungen der belangten Behörde zu Afghanistan vergleiche Seite 133 bis 170 des erstinstanzlichen Bescheides) verwiesen. Bis zum Entscheidungsdatum sind dem Bundesverwaltungsgericht keine entscheidungsmaßgeblichen Änderungen der Ländersituation bekannt geworden.

Insbesondere zur allgemeinen Sicherheitslage, zur Sicherheitslage in Kabul und der regionalen Sicherheitslage im Süden und Südosten des Landes, zur Grundversorgung und zur Situation von Rückkehrern wird ergänzend Folgendes festgestellt:

Nach zweijährigen Verhandlungen unterzeichneten Vertreter von Hekmatjars Hezb-i-Islami und der Regierung von Präsident Aschraf Ghani am 22.9.2015 (Die Zeit 22.9.2016), einen provisorischen Friedensvertrag (NZZ 23.9.2016). Danach unterschrieb Präsident Ghani den Vertrag in einer Zeremonie im Präsidentenpalast in Kabul. Hekmatjar war per Video von einem unbekannten Ort aus der Zeremonie zugeschaltet, von wo aus er das Papier ebenfalls unterzeichnete (DW 29.9.2016; vergleiche auch: NYT 29.9.2016). Hekmatjar steht als Terrorist noch auf mehreren schwarzen Listen, unter anderem jener der USA (DW 29.9.2016).

Das Abkommen sichert der Hezb-e Islami Immunität für "vergangene politische und militärische" Taten zu. Dafür verpflichtet sich die Gruppe alle militärischen Aktivitäten einzustellen (DW 29.9.2016). Einen Tag nach Unterzeichnung des Friedensabkommen zwischen der Hezb-e Islami und der Regierung, erklärte die Hezb-e Islami in einer Stellungnahme eine Waffenruhe. Die Stellungnahme beinhaltete auch, dass beide Seiten eine Waffenruhe unter diesem Abkommen einzuhalten haben (The Express Tribune 30.9.2016).

Der als "Schlächter von Kabul" bekannte Milizenführer, Gulbuddin Hekmatyar, rief "alle regierungsfeindlichen Kräfte" dazu auf, mit der Regierung in einen "Dialog" zu treten und ihre Ziele "mit friedlichen Mitteln weiterzuverfolgen" (DW 29.9.2016; vergleiche auch: Die Zeit 22.9.2016). Für den im Exil lebende Hekmatyar ebnet dieser Deal den Weg für ein mögliches potentielles politisches Comeback - trotz seiner mit Kriegsverbrechen behafteten Vergangenheit (The Express Tribune 30.9.2016). Es wird erwartet, dass, sobald internationale Sanktionen aufgehoben sind, Hekmatyar nach 20 Jahren aus dem Exil wieder nach Afghanistan zurückkehren wird. Die Hezb-e Islami steht bei den Vereinten Nationen auf der Liste terroristischer Organisationen. Von den USA wurde Hekmatyar im Jahr 2003 zum "internationalen Terroristen" erklärt (NYT 29.9.2016).

Menschenrechtsaktivist/innen kritisieren, dass das Friedensabkommen Hekmatjar Schutz vor Strafverfolgung gewährt. Andere Beobachter/innen werten den Vertrag dagegen als wichtigen Schritt hin zu einer Friedenslösung für Afghanistan. Die vom Westen unterstützte afghanische Regierung versucht seit Jahren, auch einen Frieden mit den Taliban auszuhandeln, die für die meisten Angriffe am Hindukusch verantwortlich sind (DW 29.9.2016).

Hintergrundinformation

Als Anführer der großen Mujahedin-Rebellengruppe Hezb-e Islami war Hekmatyar im Widerstand gegen die sowjetische Besatzung Afghanistans in den achtziger Jahren zu Einfluss gelangt und erhielt, wie andere Kriegsfürsten, dabei auch internationale Unterstützung (USA, Pakistan, Saudi Arabien) (NZZ 23.6.2016; vergleiche auch: DW 29.9.2016). Nach dem Sturz des kommunistischen Regimes in Kabul wurde Hekmatyar 1993 kurzzeitig sogar afghanischer Ministerpräsident, wechselte im Bürgerkrieg der neunziger Jahre aber die Seiten und belagerte mit seinen Truppen Kabul (NZZ 23.6.2016). Er wird dabei für den Tod Tausender Zivilisten verantwortlich gemacht. Wegen der rücksichtslosen Bombardierung ziviler Wohngebiete und anderer schwerer Verstöße gegen das Kriegsrecht gilt er vielerorts als Kriegsverbrecher (NZZ 23.6.2016; vergleiche auch: The Express Tribune 30.9.2016 und DW 29.9.2016). Die UNO und die USA verhängten Sanktionen gegen ihn (NZZ 23.6.2016).

Quellen:

  • Strichaufzählung
    Die Zeit (22.9.2016): Kabul schließt Friedensabkommen mit berüchtigtem Milizenführer Hekmatjar, http://www.zeit.de/news/2016-09/22/afghanistan-kabul-schliesst-friedensabkommen-mit-beruechtigtem-milizenfuehrer-hekmatjar-22113008, Zugriff 5.10.2016

  • Strichaufzählung
    DW - Deutsche Welle (29.9.2016): Friedensabkommen in Afghanistan unterzeichnet,
http://www.dw.com/de/friedensabkommen-in-afghanistan-unterzeichnet/a-35923949, Zugriff 5.10.2016

  • Strichaufzählung
    NYT - The New York Times (29.9.2016): Afghan President, Insurgent Warlord Sign Peace Agreement,
http://www.nytimes.com/aponline/2016/09/29/world/asia/ap-as-afghanistan-peace-agreement.html?_r=0; Zugriff 5.10.2016

  • Strichaufzählung
    NZZ - Neue Züricher Zeitung (23.9.2016): Geist aus der Vergangenheit treibt Kabul um,
http://www.nzz.ch/international/asien-und-pazifik/friedensabkommen-mit-altem-kriegsfuerst-geist-aus-der-vergangenheit-treibt-kabul-um-ld.118440, Zugriff 5.10.2016

  • Strichaufzählung
    The Express Tribune (30.9.2016): Afghanistan's Hizb-e-Islami declares ceasefire after peace deal, http://tribune.com.pk/story/1191258/afghanistans-hizb-e-islami-declares-ceasefire-peace-deal/, Zugriff 5.10.2016

Sicherheitslage

Die allgemeine Sicherheitslage hat sich seit der Verkündung der Wahlergebnisse ein wenig stabilisiert. Für afghanische Verhältnisse kann man sogar von einer Verbesserung sprechen. Solange sich die neue Regierung aber noch nicht formiert hat und die Ministerien noch nicht neu besetzt sind, kann davon ausgegangen werden, dass radikale Gruppierungen nach wie vor durch Anschläge, speziell gegen Regierung und ISAF (International Security Assistance Force), die Lage destabilisieren wollen, um die Handlungsunfähigkeit der Regierung unter Beweis zu stellen (Liaison Officer to Ministry of Interior of GIROA 10.11.2014).

Die Motive der Gruppierungen in Afghanistan sind einerseits politisch/religiös, andererseits rein wirtschaftlich bedingt. Die Maßnahmen der neuen Regierung wurden von der Zivilbevölkerung positiv aufgenommen. Es ist daher davon auszugehen, dass Gruppierungen, die die Handlungsunfähigkeit der Regierung unter Beweis stellen wollen, diesen Winter vermehrt Aktionen setzen werden. Mit nächstem Jahr wird auch ISAF in RSM (Resolut Support Mission) umfunktioniert und auf internationaler Seite eine massive Truppenreduktion eingeleitet. Auch das kann noch einmal zu einer Verschärfung der Lage führen. Sollte die Masse der Bevölkerung nicht ausreichend informiert werden, wird von radikalen Gruppen versucht werden, die planmäßige Reduktion der Truppen als Rückzug auf Grund des massiven Drucks gegen die IC (International Coalition) zu verkaufen. Trotzdem ist die Anzahl der Anschläge im Gesamten leicht rückgängig, ihre "Qualität" hat aber zugenommen (Liaison Officer to Ministry of Interior of GIROA 10.11.2014).

Die afghanischen Sicherheitskräfte konnten mit Hilfe der NATO den verstärkten Aktivitäten der Taliban, aber auch von al-Qaida und Islamischem Staat, standhalten (SCR 1.9.2016). Laut dem Vizechef der NATO-Mission "Resolute Support" funktionieren die afghanischen Kräfte, in Einklang mit ihrem offensiven Schlachtplan und positiven Entwicklungen, dieses Jahr besser als letztes Jahr (USDOD 25.8.2016).

Aufgrund intensiver Talibanoperationen war die Sicherheitslage auch weiterhin volatil. Während des Berichtszeitraumes (20.5. - 15.8.2016) konzentrierten sich die Taliban darauf, die Regierungskontrolle in Schlüsseldistrikten der Provinzen Baghlan, Kunduz, Takhar, Faryab, Jawzjan und Uruzgan zu bekämpfen, in dem sie versuchten Bezirksverwaltungszentren einzunehmen und Versorgungsrouten zu unterbrechen. In den Monaten Mai und Juli erhöhte sich die Anzahl der bewaffneten Angriffe um 14,7% im Vergleich zu den drei Monaten davor und war ferner um 24% höher als im Vergleichszeitraum des Jahres 2015 (GASC 7.9.2016).

Berichtszeitraum 20.5.2016 bis 15.8.2016

68,1% der landesweiten sicherheitsrelevanten Vorfälle konzentrierten sich auf die südlichen, südöstlichen und östlichen Regionen. Regierungsfeindliche Elemente versuchten weiterhin, durch Bedrohungen, Entführungen und gezielten Tötungen ihren Einfluss zu verstärken. Im Berichtszeitraum wurden 268 Mordanschläge registriert, davon sind 40 gescheitert. Dies bedeutet einen Rückgang von 6,2% gegenüber dem Vergleichszeitraum im Jahr 2015. Zusätzlich wurden landesweit 109 Entführungen, im Berichtszeitraum registriert. Selbstmordangriffe sind im Gegensatz zum Vergleichszeitraum des Jahres 2015 von 26 auf 17 zurückgegangen (GASC 7.9.2016).

Zwischen 20.5. und 15.8.2016 registrierten die Vereinten Nationen landesweit 5.996 sicherheitsrelevante Vorfälle. Dies bedeutet eine Erhöhung von 4,7% gegenüber dem Vergleichszeitraum des Jahres 2015 und einen Rückgang von 3,6% gegenüber dem Vergleichszeitraum des Jahres 2014. In Einklang mit bisherigen Trends, waren bewaffnete Auseinandersetzungen mit 62,6% für einen Großteil der sicherheitsrelevanten Vorfälle verantwortlich, gefolgt von Vorfällen mit improvisierten Sprengkörpern, welche 17,3% ausmachten (GASC 7.9.2016).

High-profile Angriffe in Kabul

Im Berichtszeitraum kam es zu zwei High-Profile Angriffen in Kabul (GASC 7.9.2016; vergleiche auch: BBC News 23.7.2016, Reuters 1.8.2016).

Sicherheitsoperationen

Mindestens 27 Taliban, darunter drei lokale Führer der Gruppe, wurden im Rahmen von Befreiungsoperationen in der Provinz Badakhshan getötet. Ebenso wurden 32 weitere Aufständische verwundet und 12 Dörfer von Aufständischen befreit (Khaama Press 3.8.2016).

Mindestens 36 IS-Kämpfer wurden, im Zuge der Militäroperation "Qahr Silab" im Distrikt Achin in der Provinz Nangarhar im Osten Afghanistans, durch afghanische Sicherheitskräfte getötet (India Live Today 30.7.2016).

Mindestens 300 Anhänger des IS wurden seit Beginn einer weiteren großen Militäroperation im Osten Afghanistans getötet. Ein Sprecher des Verteidigungsministeriums bestätigte ebenso, dass etwa 100 weitere Anhänger verletzt wurden. Er führte weiter aus, dass die Operationen anhalten (Khaama Press 27.7.2016).

Im Juni führten Sicherheitskräfte Operationen in den Provinzen Nangarhar, Paktika, Ghazni, Kandahar, Uruzgan, Baghlan, Balkh, Jawzjan, Faryab, Kunduz und Helmand durch (BAMF 13.6.2016).

Im Rahmen weiterer Operationen wurden ebenfalls Taliban, darunter hochrangige Mitglieder wie Schattengouverneure (Khaama Press 2.8.2016) und Kommandanten, getötet (Xinhua 19.7.2016; Xinhua 17.8.2016). Auch Anhänger (Khaama Press 27.7.2016) und Anführer des IS (Xinhua 26.7.2016; vergleiche auch: GASC 7.9.2016) waren unter den Opfern.

Sicherheitskräfte

Die afghanischen Sicherheitskräfte haben ihre Luftkapazitäten erweitert (GASC 7.9.2016).

Die derzeit 8.400 US-Soldaten bleiben bis Ende Jänner 2017 im Land. Die NATO-Mission hat gegenwärtig insgesamt eine Truppenstärke von 13.000 Mann (SCR 1.9.2016; vergleiche auch: GASC 7.9.2016). Die neuen Einsatzregeln der US-Truppen erlauben mehr direkte Unterstützung der afghanischen Sicherheitskräfte, auch werden die Luftangriffe erweitert (GASC 7.9.2016).

Berichten zufolge sind die Verluste der Sicherheitskräfte seit Juni 2016 gestiegen. Zusätzlich ist die Zahl natürlicher Abgänge hoch. Zwar wurden die Rekrutierungsziele erreicht, doch die Quote der Wiederverpflichtungen ist niedrig und muss erhöht werden um Verluste und Desertionen aufzuwiegen (GASC 7.9.2016). Derzeit werden 3.000 - 4.000 Soldaten monatlich ausgebildet (USDOD 11.2.2016).

Regierungsfeindliche Gruppierungen

Regierungsfeindliche Elemente waren für 60% der zivilen Opfer im ersten Halbjahr 2016 verantwortlich (966 Tote und 2.116 Verletzte). Dies deutet eine Zunahme von 11% gegenüber dem Vergleichszeitraum des Jahres 2015 an (UNAMA 7.2016).

Taliban

Nach einem leichten Rückgang während des Ramadans (7.6. - 6.7.2016) nahm die Talibanoffensive nach dem 19.7.2016 wieder Fahrt auf: die Bezirksverwaltungszentren von Khanashin und Sangin in Helmand; Qush Tepa in Jawzjan; Dahanai Ghuri in Baghlan; Dasht-e Archi, Khanabad und Qala-i-Zal in Kunduz und Khwaja Ghar in Takhar konnten kurzfristig erobert werden. Obwohl die nationalen afghanischen Verteidigungs- und Sicherheitskräfte die Kontrolle über die meisten Distriktzentren zurück erobern konnten, waren diese Orte weiterhin signifikantem Druck ausgesetzt - speziell im Süden und Nordosten (GASC 7.9.2016).

Viele der Landgewinne der Taliban dauern zwar nur kurz, da Sicherheitskräfte Gebiete zurückerobern. Dennoch haben die Taliban ihre Kontrolle über die Provinzen ausgeweitet (BAMF 22.8.2016).

Die afghanischen Taliban sind dem ISKP feindlich gesinnt (Nikkei Asia Review 31.8.2016).

IS/ISIS/ISKP/ISIL-KP/Daesh

Es scheint als ob der Einfluss des Islamischen Staates in Afghanistan unter Druck geraten ist. Der IS-Ableger, der sich selbst "Islamischer Staat in der Provinz Khorasan" (ISIL-KP) nennt, hat mit signifikanten Territorialverlusten zu kämpfen, was ihn zu einer Änderung der Taktik gezwungen hat. Die Kämpfer waren gezwungen sich auf wenige Distrikte in der östlichen Provinz Nangarhar zu beschränken. Zum anderen sucht die Gruppe nun vornehmlich "weiche" Ziele, wie z.B. das Selbstmordattentat auf friedlich demonstrierende Hazara im Juli 2016 in Kabul zeigt (Nikkei Asia Review 31.8.2016).

Unterstützt von internationalen militärischen Kräften, haben die afghanischen Sicherheitskräfte ihre Boden- und Luftoperationen gegen den ISIL-KP in der Provinz Nangarhar verstärkt. Diese Operationen führten zu signifikanten Opfern unter den ISIL-KP Kämpfern, inklusive dem Tod ihres Führers Hafiz Saeed Khan im Juli 2016. Es wurde berichtet, dass manch vertriebener Kämpfer in die Provinz Kunar gegangen ist (GASC 7.9.2016).

Quellen:

  • Strichaufzählung
    BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (22.8.2016):
    Briefing Notes vom 22.08.2016,
http://www.ecoi.net/file_upload/4765_1471934292_deutschland-bundesamt-fuer-migration-und-fluechtlinge-briefing-notes-22-08-2016-deutsch.pdf, Zugriff 15.9.2016

  • Strichaufzählung
    BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (13.6.2016):
Briefing Notes vom 13.06.2016,
http://www.ecoi.net/file_upload/4765_1465826992_1-deutschland-bundesamt-fuer-migration-und-fluechtlinge-briefing-notes-13-06-2016-deutsch.pdf, Zugriff 15.9.2016

  • Strichaufzählung
    BBC News - British Broadcasting Corporation (23.7.2016): Kabul explosion: IS 'claims attack on Hazara protest', http://www.bbc.com/news/world-asia-36874570, Zugriff 15.9.2016

  • Strichaufzählung
    GASC - General Assembly Security Council (7.9.2016): The situation in Afghanistan and its implications for international peace and security,
http://www.un.org/en/ga/search/view_doc.asp?symbol=S/2016/768, Zugriff 15.9.2016

  • Strichaufzählung
    India Live Today (30.7.2016): 36 IS militants killed by Afghan security forces during a military operation in eastern Afghanistan, http://www.indialivetoday.com/36-is-militants-killed-by-afghan-security-forces-during-a-military-operation-in-eastern-afghanistan/16675.html, Zugriff 15.9.2016

  • Strichaufzählung
    Khaama Press (3.8.2016): Key Taliban leaders among 27 killed in Badakhshan clearing ops,
http://www.khaama.com/key-taliban-leaders-among-27-killed-in-badakhshan-clearing-ops-01635, Zugriff 15.9.2016

  • Strichaufzählung
    Khaama Press (2.8.2016): Taliban shadow governor and war commander killed in Helmand,
http://www.khaama.com/taliban-shadow-governor-and-war-commander-killed-in-helmand-01627, Zugriff 16.9.2016

  • Strichaufzählung
    Khaama Press (27.7.2016): Nearly 300 ISIS militants killed in Nangarhar operations, MoD claims, http://www.khaama.com/nearly-300-isis-militants-killed-in-nangarhar-operations-mod-claims-01586, Zugriff 15.9.2016

  • Strichaufzählung
    Khaama Press (20.5.2016): US to maintain 9,800 troops in Afghanistan through most of 2016: Kerry, http://www.khaama.com/us-to-maintain-9800-troops-in-afghanistan-through-most-of-2016-kerry-01003, Zugriff 15.9.2016

  • Strichaufzählung
    Nikkei Asia Review (31.8.2016): Islamic State under pressure in Afghanistan,
http://asia.nikkei.com/Politics-Economy/International-Relations/Islamic-State-under-pressure-in-Afghanistan, Zugriff 15.9.2016

  • Strichaufzählung
    Reuters (1.8.2016): Taliban claim Kabul bomb attack on compound used by foreigners,
http://www.reuters.com/article/us-afghanistan-blast-idUSKCN10B0WA, Zugriff 15.9.2016

  • Strichaufzählung
    SCR - Security Council Report (1.9.2016): September 2016 Monthly Forecast,
http://www.securitycouncilreport.org/monthly-forecast/2016-09/afghanistan_18.php, Zugriff 16.9.2016

  • Strichaufzählung
    The Long War Journal (7.7.2016): Obama backtracks on Afghanistan withdrawal, cites 'precarious' security situation, http://www.longwarjournal.org/archives/2016/07/obama-backtracks-on-afghanistan-withdrawal-cites-precarious-security-situation.php, Zugriff 15.9.2016

  • Strichaufzählung
    UNAMA (7.2016): Afghanistan Midyear Report 2016 Protection Of Civilians In Armed Conflict,
https://unama.unmissions.org/sites/default/files/protection_of_civilians_in_armed_conflict_midyear_report_2016_final.pdf, Zugriff 15.9.2016

  • Strichaufzählung
    USDOD - United States Department of Defense (25.8.2016): Resolute Support Spokesman: Afghan Security Forces on Positive Trajectory, http://www.defense.gov/News/Article/Article/926626/resolute-support-spokesman-afghan-security-forces-on-positive-trajectory, Zugriff 16.9.2016

  • Strichaufzählung
    USDOD - United States Department of Defense (11.2.2016): Afghan Forces Need to Develop 4 Capabilities, General Says, http://www.defense.gov/News/Article/Article/654745/afghan-forces-need-to-develop-4-capabilities-general-says, Zugriff 16.9.2016

  • Strichaufzählung
    Xinhua (17.8.2016): Taliban key commander among 19 killed in N. Afghanistan,
http://news.xinhuanet.com/english/2016-08/17/c_135608208.htm, Zugriff 16.9.2016

  • Strichaufzählung
    Xinhua (12.8.2016): IS regional leader killed in U.S.-Afghan operation: envoy,
http://news.xinhuanet.com/english/2016-08/12/c_135590892.htm, Zugriff 16.9.2016

  • Strichaufzählung
    Xinhua (26.7.2016): Afghan forces kill IS local leader in eastern province,
http://news.xinhuanet.com/english/2016-07/26/c_135541305.htm, Zugriff 16.9.2016

Xinhua (19.7.2016): Key Taliban commander among eight killed in Sitzung Afghanistan,

http://news.xinhuanet.com/english/2016-07/19/c_135525005.htm, Zugriff 16.9.2016

Die Sicherheitslage war geprägt durch anhaltende und intensive bewaffnete Auseinandersetzungen. Die bewaffneten Zusammenstöße sind in den ersten vier Monaten des Jahres 2016, im Gegensatz zum Vergleichszeitraum 2015, um 14% gestiegen. Auch in den einzelnen Monaten ist im Vergleich mit den vorhergegangenen Jahren ein Anstieg zu verzeichnen (GASC 10.6.2016).

Berichtszeitraum 16.2.2016 bis 19.5.2016

Im April 2016 wurde von der höchsten Zahl gewalttätiger Zusammenstöße seit Juni 2014 berichtet. Dennoch ist die Zahl sicherheitsrelevanter Vorfälle zurückgegangen. Im Berichtszeitraum wurden 6.122 sicherheitsrelevanter Vorfälle registriert, was einen Rückgang von 3% zum Vergleichszeitraum im Jahr 2015 andeutet. Dies wird hauptsächlich auf einen Reduzierung der Vorfälle zurückgeführt, die IEDs (Unkonventionelle Spreng- und Brandvorrichtung) beinhalten. Die südlichen, südöstlichen und östlichen Regionen, waren auch weiterhin jene Regionen in welcher die Mehrzahl sicherheitsrelevanter Vorfälle registriert wurde (68,5%). In Einklang mit den bisherigen Trends waren bewaffnete Konfrontationen die Hauptursache für einen Großteil sicherheitsrelevanter Vorfälle (64%), gefolgt von IEDs (17,4%). Ein Rückgang gezielter Tötungen (163 Tötungen), inklusive fehlgeschlagener Versuche, konnte im Berichtszeitraum verzeichnet werden. Dies machte eine Reduzierung von 37% gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres aus. Insgesamt wurde von 15 Selbstmordattentaten - gegenüber 29 im Vergleichszeitraum 2015 - berichtet. High-profile Vorfälle beinhalteten Angriffe auf das indische Konsulat in Jalalabad im März 2016, sowie einen Angriff auf die Residenz des amtierenden NDS-Direktors in Kabul, sowie zwei weitere gezielte Tötungen von hochrangigen Militärkommandanten in den Provinzen Kandahar und Logar durch die Taliban (GASC 10.6.2016).

Militärische Auseinandersetzungen

Es kommt auch weiterhin zu Kampfhandlungen, Überfällen und Anschlägen. Dennoch starteten die afghanischen Sicherheitskräfte Operationen Im Juni 2016 in den Provinzen Nangarhar, Paktika, Ghazni, Kandahar, Uruzgan, Baghlan, Balkh, Jawzjan, Faryab, Kunduz und Helmand (BAMF 13.6.2016).

ANDSF - Afghan National Defence and Security Forces

Ein hochrangiger U.S. amerikanischer Sicherheitsbeamter berichtete, dass die afghanischen Sicherheitskräfte in diesem Jahr erstmals sowohl die Führung als auch die Verantwortung für die Sicherheit des Landes übernommen hatten. Sie sahen sich mit einem zu allem entschlossenen Feind konfrontiert, der auch weiterhin vehement versucht, die afghanischen Sicherheitskräfte zum Scheitern zu bringen. Dies sei allerdings nicht gelungen. Die Afghanen wären gemäß dem Sicherheitsbeamten äußerst fähige Soldaten, auch wenn sie noch ein wenig Unterstützung benötigen werden, um komplexe operative Fähigkeiten, wie Luftfahrt und Logistik, zu entwickeln. Fakt ist, dass sie unter Beweis gestellt haben, für die Sicherheit des Landes sorgen zu können. Die konventionellen afghanischen Kräfte besteht aus fähigen Soldaten, die in der Lage sind, regelmäßig aufeinander abgestimmte Militäroperationen durchzuführen, ohne dabei auf die Hilfe der Koalitionskräfte zurückzugreifen (USDOD 2.3.2016).

Regierungsfeindliche Gruppierungen

Hezb-e Islami

Es konnten Fortschritte in Richtung eines Friedensprozess mit der Hezb-e Islami Gulbuddin gemacht werden (GASC 10.6.2016). Es wurde berichtet, dass die afghanische Regierung und die Hezb-e Islami einem Entwurf für ein Friedensabkommen zugestimmt haben. In diesem Abkommen enthaltene Bedingungen sind, dass die Regierung den Mitgliedern der Hezb-e Islami Amnestie gewährt und Gespräche mit der UN führt, um die Organisation von der schwarzen Liste zu entfernen (BBC 18.5.2016). Die Organisation wird der Regierung zwar nicht beitreten, soll dennoch als offizielle Partei anerkannt werden und in wichtige politische Entscheidungen eingebunden werden (BBC 18.5.2016; vergleiche Reuters 18.5.2016). Der Entwurf beinhaltete außerdem von den afghanischen Behörden Gefangene Mitglieder der Hezb-e Islami frei zu lassen (Reuters 18.5.2016).

IS/ISIS/Daesh

In der Provinz Nangarhar kamen bei Kämpfen zwischen dem IS und afghanischen Sicherheitskräften mehr als 135 Rebellen und mindestens zwölf Angehörige der Sicherheitskräfte ums Leben. Die zweitägigen Kämpfe begannen am 24.6.2016, als Hunderte von IS-Kämpfern einen Posten der Sicherheitskräfte im Distrikt Kot angegriffen (BAMF 27.6.2016).

Taliban

Nachdem im Juni 2015 die ersten Friedensgespräche mit der afghanischen Regierung (BBC 26.5.2016), sowie ein Monat davor auch weiblichen afghanischen Vertreterinnen in Oslo, Norwegen Gespräche mit den Taliban durchgeführt haben [Nur wenige Informationen über Fortschritte dieser Besprechungen, in die mehrere Frauen involviert waren, wurden öffentlich gemacht] (BBC 6.6.2015), haben weitere Gespräche mit der Bewegung zu keinem Fortschritt geführt (BBC 26.5.2016; vergleiche GASC 10.6.2016).

Die Angriffszahlen stiegen nach Beginn der Frühlingsoffensive ("Operation Omari") der Taliban an. Die Taliban schworen Großangriffe auf "feindliche Positionen", gemeinsam mit taktischen Angriffen und gezielten Tötungen auf militärische Kommandanten. Im Gegensatz zu den vorherigen Jahren, bedrohte die Bewegung nicht ausdrücklich zivile Regierungsbeamte. Seit Beginn der Offensive haben die Taliban 36 Angriffe auf administrative Distriktzentren verübt, inklusive eines orchestrierten Vorstoßes auf Kunduz. Die afghanischen Verteidigungs- und Sicherheitskräfte haben einen Großteil dieser Angriffe abgewiesen (GASC 10.6.2016).

Sowohl die afghanische Regierung, als auch Mitglieder der Taliban haben im Mai 2016, den Tod des Taliban-Führers Mullah Mansoor bestätigt, der bei einem Angriff durch Drohnen in der pakistanischen Provinz Belutschistan getötet wurde (The Guardian 22.6.2016). Als Nachfolger wurde sein Vize Mullah Haibatullah Akhundzada, ein prominenter Rechtsgelehrter, nominiert (The Guardian 25.5.2016).

Andere Gruppierungen

Andere bewaffnete Gruppierungen haben eine kleine Präsenz auf afghanischem Territorium, inklusive der IMU (Islamic Movement of Uzbekistan) im Norden und dem ISIL-KP (Islamic State in Iraq and the Levant-Khorasan Province) im Osten. Ferner führten Operationen der ANSDF, unterstützt durch militärische Luftangriffe, zu einer Reduzierung der Präsenz des ISIL-KP in Nangarhar. Die Gruppe war außerdem dem Druck der Taliban ausgesetzt (GASC 10.6.2016).

Drogenanbau

UNODC berichtet in dessen Report, dass der Bruttowert der Opiate in Afghanistan um 45% geschrumpft ist, aber weiterhin 7% des BIP (im Gegensatz zu 13% im Jahr 2014) ausmacht. Diese signifikante Schrumpfung ist auf eine substantielle Reduzierung der Opiumkultivierung und -produktion, sowie einem Rückgang des durchschnittlichen Ab-Hof-Preises für getrocknetes Opium im Jahr 2015, zurückzuführen (GASC 10.6.2016).

Beispielweise bauen 800 Bauern im Rahmen eines Projektes der Welthungerhilfe in drei Bezirken der Provinz Nangarhar schon seit Jahren Rosen statt Opium an - ein Versuch, der größten Opiummaschinerie der Welt Einhalt zu gebieten. Rund 3.000 Tonnen Blüten werden von den Bauern zur Destille gebracht. Im Schnitt ergibt das 100 Liter Rosenöl und - weil das kostbar ist - für die Bauern jährlich 500 bis 1.000 Dollar. Das Projekt, erdacht schon 2004 von der Welthungerhilfe und seit 2015 weitgehend in afghanischer Hand, ist eines der wenigen Opiumersatz-Projekte, die überlebt haben. Viele andere sind - oft wegen naiver und viel zu ungeduldiger Planung - gescheitert (Kleine Zeitung 26.6.2016; vergleiche Welthungerhilfe o.D.).

Quellen:

  • Strichaufzählung
    BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (27.6.2016):
    Briefing Notes. Per E-Mail.

  • Strichaufzählung
    BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (13.6.2016):
    Briefing Notes. Per E-Mail.

  • Strichaufzählung
    BBC (26.5.2016): Who are the Taliban?, http://www.bbc.com/news/world-south-asia-11451718, Zugriff 30.6.2016

  • Strichaufzählung
    BBC (18.5.2016): Afghanistan signs draft deal with militant Hekmatyar, http://www.bbc.com/news/world-asia-36326691, Zugriff 29.6.2016

  • Strichaufzählung
    BBC (6.6.2015): Afghan women hold historic talks with the Taliban, http://www.bbc.com/news/world-asia-33035268, Zugriff 30.6.2016

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    GASC - General Assembly Security Council (10.6.2016): The situation in Afghanistan and its implications for international peace and security,
https://unama.unmissions.org/sites/default/files/n1616020.pdf, Zugriff 29.6.2016

  • Strichaufzählung
    Kleine Zeitung (26.6.2016): Rosenöl statt Heroin: Zarter Neustart in Afghanistan,
http://www.kleinezeitung.at/k/lebensart/5034053/Rosenol-statt-Heroin_Zarter-Neustart-in-Afghanistan, Zugriff 30.6.2016

  • Strichaufzählung
    Reuters (18.5.2016): Afghanistan signs draft accord with militant leader,
http://www.reuters.com/article/us-afghanistan-hekmatyar-idUSKCN0Y91FR, Zugriff 29.6.2016

  • Strichaufzählung
    The Guardian (25.5.2016): Afghan Taliban appoint Mullah Haibatullah Akhundzada as new leader, https://www.theguardian.com/world/2016/may/25/taliban-new-leader-death-confirm-mullah-mansoor-haibatullah-akhundzada, Zugriff 29.6.2016

  • Strichaufzählung
    The Guardian (22.5.2016): US drone strike in Pakistan kills Taliban leader Mullah Mansoor,
https://www.theguardian.com/world/2016/may/21/us-airstrike-taliban-leader-mullah-akhtar-mansoor, Zugriff 29.6.2016

  • Strichaufzählung
    USDOD - United States Department of Defense (2.3.2016):
Afghanistan's Security Forces Making Progress, Centcom Chief Says, http://www.defense.gov/News-Article-View/Article/684146/afghanistans-security-forces-making-progress-centcom-chief-says, Zugriff 30.6.2016

  • Strichaufzählung
    Welthungerhilfe (o.D.): Rosen für die Zukunft Afghanistans, http://www.welthungerhilfe.de/informieren/projekte/projektberichte/afghanistan/afghanistan-rosen-als-alternative.html, Zugriff 30.6.2016

Sicherheitslage in Kabul

Wann immer man von der Sicherheitslage spricht, meint man die größeren Städte sowie das Gebiet in einem Radius von max. 3 km um diese Städte (Liaison Officer to Ministry of Interior of GIROA 14.11.2014).

Kabul

Die Provinz Kabul ist die Hauptstadt von Afghanistan und deren Provinzhauptstadt ist Kabul Stadt. Sie grenzt im Nordwesten an die Provinz Parwan, im Nordosten an Kapisa, im Osten an Laghman, Nangarhar im Südosten, Logar im Süden und (Maidan)Wardak im Südwesten. Kabul ist mit den Provinzen Kandahar, Herat und Mazar durch die Ringstraße verbunden. Auch ist die Stadt mit Peshawar in Pakistan durch die Kabul-Torkham Autobahn verbunden. Die Stadt hat 22 Stadtgemeinden und 14 administrative Einheiten (Pajhwok o.D.z).

Im Zeitraum 1.1. - 31.8.2015 wurden in der Provinz Kabul insgesamt 352 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert (EASO 21.1.2016).

Provinzhauptstadt der Provinz Kabul und gleichzeitig Hauptstadt von Afghanistan ist Kabul Stadt. Die Provinz Kabul grenzt im Nordwesten an die Provinz Parwan, im Nordosten an Kapisa, im Osten an Laghman, Nangarhar im Südosten, Logar im Süden und (Maidan)Wardak im Südwesten. Kabul ist mit den Provinzen Kandahar, Herat und Mazar durch die sogenannte Ringstraße und mit Peshawar in Pakistan durch die Kabul-Torkham Autobahn verbunden. Die Stadt hat 22 Stadtgemeinden und 14 administrative Einheiten (Pajhwok o.D.z). Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf 4.372.977 geschätzt (UN OCHA 26.8.2015).

Im Gegensatz zu den ländlichen Teilen Afghanistans, in denen das Gewaltniveau meist von jahreszeitenbedingter Witterung abhängt (erhöhte Angriffszahlen in den Sommermonaten), hängt die Sicherheitslage in Kabul stark von den politischen Entwicklungen innerhalb Afghanistans und internationalen Beziehungen ab (EI o.D.).

Die Sicherheitsumgebung in Kabul ist momentan extrem herausfordernd, Koordinierte Angriffe auf Regierungsgebäude und auf ausländische Organisationen, ist auf einem Niveau, wie zuletzt im November 2014 beobachtet wurde. Die allgemeine Gewalt, Selbstmordattentate, Autobomben und magnetisch angebrachte IEDs (improvised explosive devices) befinden sich im Großen und Ganzen auf dem Niveau von 2014. Dieses Gewaltniveau wird scheinbar von einer größeren Strategie extremistischer Gruppen vorangetrieben (EI o.D.). Die afghanische Regierung behält die Kontrolle über Kabul, größere Transitrouten, Provinzhauptstädte und fast alle Distriktzentren (USDOD 12.2015). Innerhalb Kabuls gibt es verschiedene Viertel mit unterschiedlichen Sicherheitslagen (Liaison Officer to Ministry of Interior of GIROA 14.11.2014).

Von Jänner bis November 2015, wurden 28 hochrangige Angriffe in Kabul durchgeführt. Dies bedeutet eine Steigerung von 27% gegenüber dem Vergleichseitraum 2014. Diese Angriffe erreichen ein Hauptziel der Taliban, nämlich mediale Aufmerksamkeit, und gleichzeitig die Verbreitung eines Gefühls der Unsicherheit (USDOD 12.2015).

Traditionell erfüllen Angriffe auf die Stadt Kabul zwei Zwecke:

Erstens, physisch die Macht der afghanischen Regierung zu schwächen. Dies geschieht üblicherweise durch die Ermordung von Beamten und Zerstörung von Versorgungswegen. Zweitens, Propagandasiege durch Angriffe in Kabul. Aus demselben Grund werden internationale Organisationen (die einen ähnlichen Propagandawert für Aufständischenorganisationen haben) regelmäßig angegriffen. Oftmals dann, wenn es zu schwer war wichtige Regierungs- oder NATO-Gebäude erfolgreich zu infiltrieren. Während die Sicherheitskräfte sich fortwährend verbessern und ihre Fähigkeiten, solchen Angriffen entgegenzuwirken, entwickeln, ist es eher unwahrscheinlich, dass eine unterschwellige Bedrohung, insbesondere innerhalb der zentralen Kabuler Distrikte, in naher Zukunft gänzlich ausgeschlossen werden kann (EI o.D.).

Ministerien sind bevorzugte Ziele von Raketenbeschuß, Sprengsätzen oder Selbstmordanschlägen (Liaison Officer to Ministry of Interior of GIROA 14.11.2014; vergleiche UNAMA 8.2015). Hier steht die mediale Wirkung im Vordergrund. Die Anstrengungen der Sicherheitskräfte zeigen allerdings langsam Wirkung (Liaison Officer to Ministry of Interior of GIROA 14.11.2014).

Nach einer erhöhten Anzahl von Angriffen und Störungen im Sommer - vorläufige Daten zeigen im Jahr 2015 eine nennenswerte Steigerung zum Vergleichszeitraum 2014 in Bezug auf Selbstmordattentate und allgemeine Aufständischenaktivitäten in der Stadt Kabul. Allgemein wurde erwartet, dass die Gewalt mit Beginn des Winters 2015 abnehmen würde. Winterliche Gegebenheiten schränken allgemein die Bewegung extremistischer Gruppen am Boden ein, wodurch weniger Kämpfer und weniger Kampfmittel nach Kabul Stadt kommen. Ungeachtet dessen existiert weiterhin ein Potential für unerwartete Talibanangriffe. Auch das IS-Phänomen könnte das Risikoprofil innerhalb der Hauptstadt 2016 erweitern, jedoch müssen diese Gruppen ihre Effektivität innerhalb der Hauptstadt erst nachweisen. IS-Zweige treten derzeit mehr in interne Fehden mit den Taliban und anderen extremistischen Fraktionen, in Gebieten wie dem ländlichen Nangarhar, Farah und Zabul in Erscheinung, anstatt durch gezielte Angriffe auf internationale Organisationen (EI o.D.).

Die Stadt Kabul zieht auch weiterhin eine signifikante Zahl an Binnenvertriebenen an. Mindestens 3.000 Familien benötigen Hilfe (UN GASC 10.12.2015).

Quellen:

  • Strichaufzählung
    EASO - European Asylum Support Office (21.1.2016): EASO Country of Origin Information Report AfghanistanSecurity Situation, https://easo.europa.eu/wp-content/uploads/EASO-COI-Afghanistan_Security_Situation-BZ0416001ENN_FV1.pdf, Zugriff 21.1.2016

  • Strichaufzählung
    EASO - European Asylum Support Office (1.2015): EASO Country of Origin Information Report Afghanistan, https://easo.europa.eu/wp-content/uploads/Afghanistan-security-situation.pdf, Zugriff 8.1.2016

  • Strichaufzählung
    EI - Edinburgh International (o.D.): Kabul Security Analysis:
    2015-2016 Forecast,
http://edinburghint.com/insidetrack/kabul-security-analysis-2015-2016-forecast/#, Zugriff 8.1.2016

  • Strichaufzählung
    Liaison Officer to Ministry of Interior of GIROA (14.11.2014):
Sicherheitslage, per Mail.

  • Strichaufzählung
    NYT - The New York Times (1.10.2014): Taliban Stage Attacks on Day After Afghanistan and U.S. Sign Security Deal, http://www.nytimes.com/2014/10/02/world/asia/taliban-afghanistan-kabul-suicide-attacks.html, Zugriff 27.10.2014

  • Strichaufzählung
    Pajhwok (o.D.z): Kabul province background profile, http://www.elections.pajhwok.com/en/content/kabul-province-background-profile, Zugriff 23.10.2014

  • Strichaufzählung
    WP - Washington Post (20.10.2014): A (fighting) season to remember in Afghanistan,
http://www.washingtonpost.com/blogs/monkey-cage/wp/2014/10/20/a-fighting-season-to-remember-in-afghanistan/, Zugriff 23.10.2014

  • Strichaufzählung
    UNAMA - United Nations Assistance Mission in Afghanistan (8.2015):
Midyear report 2015 protection of civilians in armed conflict, http://unama.unmissions.org/Portals/UNAMA/human%20rights/2015/PoC%20Report%202015/UNAMA%20Protection%20of%20Civilians%20in%20Armed%20Conflict%20Midyear%20Report%202015_FINAL_%205%20August.pdf, Zugriff 18.11.2015

  • Strichaufzählung
    UN GASC - UN General Assembly Secretary-General (10.12.2015): The situation in Afghanistan and its implications for international peace and security,
http://www.un.org/en/ga/search/view_doc.asp?symbol=S/2015/942, Zugriff 4.1.2016

  • Strichaufzählung
    UN GASC - UN General Assembly Secretary-General (1.9.2015): The situation in Afghanistan and its implications for international peace and security,
http://unama.unmissions.org/Portals/UNAMA/SG%20Reports/SG_Report_September_2015.pdf , Zugriff 17.11.2015

  • Strichaufzählung
    USDOD - Department of Defense (12.2015): Enhancing Security and Stability in Afghanistan,
http://www.defense.gov/Portals/1/Documents/pubs/1225_Report_Dec_2015_-_Final_20151210.pdf, Zugriff 8.1.2016

  • Strichaufzählung
    Vertrauliche Quelle - eine internationale Organisation, die in Afghanistan ansässig ist (15.9.2015): Informationen zu den Provinzen Afghanistans. Per Mail, liegt bei der Staatendokumentation auf

  • Strichaufzählung
    UN OCHA - United Nation Office for the Coordination of Humanitarian Affairs (26.8.2015): Afghanistan : Population Estimate for 2015,
https://www.humanitarianresponse.info/en/system/files/documents/files/afg_mm_population_aug2015_a3.pdf, Zugriff 17.11.2015

Logar

Im Zeitraum 1.1. - 31.8.2015 wurden in der Provinz Logar, 243 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert (EASO 21.1.2016).

Logar hat sechs Distrikte (Mohammad Agha, Sarkh, Kharwar, Baraki Barak, Khwaki und Azrah) und eine Provinzhautstadt: Pole Alam. Kabul liegt im Norden der Provinz Logar, Paktia im Süden, Nangarhar im Osten und die Provinz (Maidan) Wardak im Westen. Ein Streifen der Provinz Ghazni berührt ebenfalls Logar. Stämme der Pashtunen, Tadschiken und Hazara leben in der Provinz (Pajhwok o.D.t). Die Bevölkerungszahl wird auf 392.045 geschätzt (UN OCHA 26.8.2015).

Logar zählt zu den relativ volatilen Provinzen Afghanistans, wo regierungsfeindliche bewaffnete Aufständischengruppen offen in verschiedenen Bezirken operieren (Khaama Press 13.8.2015; vergleiche Khaama Press 20.7.2015; vergleiche Khaama Press 23.2.2015; vergleiche Vertrauliche 15.9.2015). Seit dem Jahr 2014 ist eine reduzierte US-Präsenz gegeben. Durch die Provinz führt eine sogenannte "Aufständischen-Autobahn" von Pakistan nach Kabul, das ist ein ungeschütztes, acht Kilometer langes Stück afghanisch-pakistanische Grenze im Bezirk Azra (Vertrauliche Quelle 15.9.2015).

Drei Bezirke sind am meisten von Aufständischen betroffen: Kharwar, Charkh und Baraki Barak. Hinzu kommt, dass seit dem Jahr 2005 ein größerer Anteil ausländischer Kämpfer zu verzeichnen ist. Mit dem Sicherheitsplan aus dem Jahr 2013, konnten die afghanischen Sicherheitskräfte die Sicherheitslage in den zentralen Distrikten verbessern. Ebenso gelang es ihnen in Randbezirke (z.B. Azar (2013) oder seit kurzem auch Charkh und Kharwar) vorzudringen. Die Frühjahrsoffensive des Jahres 2014 hat aber gezeigt, dass sich die Aktivitäten regierungsfeindlicher Elemente auf zentrale Distrikte fokussieren. Die Kabul-Gardez Autobahn war in den letzten Jahren ein weiterer Fokus ihrer Bemühungen (Vertrauliche Quelle 15.9.2015).

In der Provinz wurden militärische Operationen durchgeführt, um manche Gegenden von Aufständischen zu befreien (Khaama Press 22.12.2015; Press TV 21.10.2015; Tolonews 18.9.2015; vergleiche Fars News 18.9.2015)

Allgemeine Menschenrechtslage

Die Menschenrechtssituation in Afghanistan verbessert sich weiter, allerdings langsam. Die universellen Menschenrechte sind in der afghanischen Verfassung verankert, aber bei weitem noch nicht vollständig verwirklicht. Insbesondere die Lage der Frauen bleibt in der konservativ-islamischen Gesellschaft schwierig (AA 31.3.2014).

Menschenrechtsprobleme halten an, von Beobachtern wurden die inadäquate Ausbildung und fehlendes Einfühlvermögen der Sicherheitskräfte kritisiert. Menschrechtsorganisationen kritisierten die begrenzte Rechenschaft, die für Sicherheitsbehörden gilt, im Speziellen für die Afghan Local Police (ALP), obwohl das Innenministerium Ende 2012 Maßnahmen umsetzte, um die Rechenschaft der ALP zu steigern. Zum Beispiel arbeitet das Innenministerium mit dem Internationalen Komitee des Roten Kreuzes (ICRC) zusammen, um die Menschenrechtsausbildung für ALP Rekruten zu auszuweiten (USDOS 27.2.2014).

Von der Öffentlichkeit als eine effektive Menschenrechtskörperschaft gepriesen, befand sich die AIHRC von Dezember 2011 bis Juni 2013 im Schwebezustand, weil Präsident Karzai viele ihrer vakanten Posten nicht besetzte (HRW 21.1.2014).

Quellen:

  • Strichaufzählung
    AA - Auswärtiges Amt (31.3.2014): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan

  • Strichaufzählung
    HRW - Human Rights Watch (21.1.2014): World Report 2014 - Afghanistan,
http://www.hrw.org/world-report/2014/country-chapters/afghanistan?page=2, Zugriff 29.9.2014

  • Strichaufzählung
    USDOS - US Department of State (19.4.2013): Country Report on Human Rights Practices 2012 - Afghanistan, http://www.state.gov/j/drl/rls/hrrpt/humanrightsreport/index.htm#wrapper, Zugriff 7.7.2014

Bewegungsfreiheit

Das Gesetz erlaubt interne Bewegungsfreiheit, Auslandsreisen, Emigration und Rückkehr, aber die Regierung schränkte die Bewegung der BürgerInnen gelegentlich aus Sicherheitsgründen ein [Anm.: siehe dazu auch Artikel 39 der afghanischen Verfassung] (USDOS 27.2.2014; vergleiche Max Planck Institute 27.1.2004).

In manchen Teilen des Landes ist fehlende Sicherheit die größte Bewegungseinschränkung. In manchen Teilen machen Gewalt von Aufständischen, Landminen und Unkonventionelle Spreng- oder Brandvorrichtungen (IEDs) das Reisen besonders gefährlich, speziell in der Nacht (USDOS 27.2.2014).

Quellen:

  • Strichaufzählung
    Max Planck Institute (27.1.2004): Die Verfassung der Islamischen Republik Afghanistan,
http://www.mpipriv.de/files/pdf4/verfassung_2004_deutsch_mpil_webseite.pdf, Zugriff 11.9.2014

  • Strichaufzählung
    USDOS - US Department of State (27.2.2014): Country Report on Human Rights Practices 2013 - Afghanistan, http://www.state.gov/j/drl/rls/hrrpt/humanrightsreport/index.htm#wrapper, Zugriff 7.7.2014

Verkehrswesen

Das Verkehrswesen in Afghanistan ist eigentlich recht gut. Es gibt einige angemessene Busverbindungen in die wichtigsten Großstädte. Die Kernfrage bleibt nach wie vor die Sicherheit. Busverbindungen existieren auf der Kabul/Herat Straße nach Kandahar; Ausländern ist es nicht erlaubt in den Bus einzusteigen. Es gibt aber Ausnahmen - in der Verbindung Mazar-e Sharif nach Kabul, war es erlaubt ohne das Fragen gestellt wurden. In den Provinzen Balkh, Samangan und Panjshir konnte ein Taxi gemietet werden. Die Taximietung ist eine gute Option da man sein Fahrziel frei wählen kann und die Fahrer wissen, wie man es sicher erreichen kann. Gleichzeitig ist es auch relativ kostengünstig (Uncharted Backpacker 3.2016).

Binnenflüchtlinge (IDPs) und Flüchtlinge

Interne Bevölkerungsbewegungen steigen an, hauptsächlich wegen militärischer Operationen, aber auch wegen Naturkatastrophen und irregulärer Arbeitsbedingungen (USDOS 27.7.2014).

Ende Juni 2014 waren, laut UNHCR, 683.301 Personen internvertrieben. Zum Zeitpunkt des Berichtes im Juli kamen zustzlich noch 18.608 dazu. Womit zum Zeitpunkt des Berichtes im Juli die Zahl der IDPs auf 701.909 stieg (UNHCR 7.2014). Die Zahl der neu hinzugekommenen Binnenvertriebenen für 2013 wird mit 124.000 angegeben. Zunehmende Kämpfe werden als Ursache für den Anstieg der IDP-Zahlen gesehen. Fast die Hälfte der Neuvertriebenen floh aufgrund von militärischen Operationen und Unsicherheit in der südlichen Provinz Helmand (IDMC 5.2014)

Vertreibung ist in vielen Provinzen ein Problem. Die höchste Zahl an IDPs wurde im Westen gemessen und führte den anhaltenden Trend der vergangenen Monate weiter. Grund dafür ist im Allgemeinen der bewaffnete Konflikt, aber auch die sich verschlechternde Sicherheitslage und Einschüchterung durch regierungsfeindliche Gruppen. In fast allen Fällen, gaben IDPs an, dass ihre größte Sorge der Zugang zu einer Lebensgrundlage und Arbeit war. Auch Zugang zu Trinkwasser und Nahrung wurde angegeben (UNHCR 4.2014).

In Afghanistan haben IDPs aus urbanen Gebieten und zurückgekehrte Flüchtlinge in Städten wie Kabul, Herat und Jalalabad, ungenehmigte Siedlungen auf öffentlichem Grund errichtet. Ohne Kündigungsschutz, Rechtshilfe, Kompensation und alternativen Wohnmöglichkeiten, sind viele dem Risiko der Zwangsräumung, Obdachlosigkeit und steigender Vulnerabiltät ausgesetzt (IDMC 5.2014).

Im November 2013 hat das afghanische Kabinett eine nationale Grundsatzspolitik bezüglich Binnenvertreibung (National Policy on Internal Displacement - IDP Policy) angenommen, die den Begriff IDP definiert und dessen Recht auf eine dauerhafte Lösung des Problems anerkennt (IDMC 5.2014; vergleiche IDMC 2.2014). Dies beinhaltet: das Recht der IDPs und rückkehrender Flüchtlinge auf adequate Unterbringung in städtischen Gegenden (darunter Maßnahmen bezüglich Zwangsräumung und Kündigungsschutz); das Problem informeller Siedlungen wird ebenso benannt, wie das Recht der IDPs gemäß afghanischer Verfassung, sich in jedem Teil des Landes niederzulassen und die Verantwortung der nationalen, Provinz-, Bezirks- und Kommunalenbehörden (IDMC 2.2014).

Quellen:

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    IDMC - Internal Displacement Monitoring Centre (5.2014): Global Overview 2014,
http://www.internal-displacement.org/assets/publications/2014/201405-global-overview-2014-en.pdf, Zugriff 12.9.2014

  • Strichaufzählung
    IDMC - Internal Displacement Monitoring Centre (2.2014): Still at risk,
http://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/Still%20at%20risk.pdf, Zugriff 22.9.2014

  • Strichaufzählung
    UNHCR - UN High Commissioner for Refugees (6.2014):
Conflict-induced Internal Displacement - Monthly Update, June 2014, http://www.refworld.org/docid/53d601d24.html, Zugriff 8.10.2014]

  • Strichaufzählung
    UNHCR- United Nations High Commissioner for Refugees (4.2014):
Conflict-induced Internal Displacement - Monthly Update, http://www.refworld.org/docid/5385882b4.html, Zugriff 12.9.2014

  • Strichaufzählung
    UNHCR- United Nations High Commissioner for Refugees (7.2014):
Conflict-Induced Internal Displacement - Monthly Update, http://unhcr.af/UploadDocs/DocumentLibrary/July.2014_IDP_Report_635439485339293664.pdf, Zugriff 12.9.2014

  • Strichaufzählung
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Frauen

Während sich die Situation der Frauen seit dem Ende der Taliban-Herrschaft erheblich verbessert hat, bleibt die vollumfängliche Realisierung ihrer Rechte innerhalb der konservativ-islamischen afghanischen Gesellschaft schwierig. Die konkrete Situation von Frauen kann sich allerdings je nach regionalem und sozialem Hintergrund stark unterscheiden (AA 6.11.2015). Es steht außer Frage, dass ein gewisser Fortschritt gemacht wurde, gemeinsam mit Verbesserungen in Richtung Gleichheit. Jedoch waren die Verbesserungen diesbezüglich bescheidener, als ursprünglich erhofft (BFA Staatendokumentation 3.2014).

Gewalt und Diskriminierung gegen Frauen waren auch weiterhin gegeben, teils aufgrund des Wiederauflebens der Tailban und teils aufgrund des großen Einflusses religiöser Traditionalisten. Im November 2014 teilte Präsident Ghani den Mitgliedern der unabhängigen afghanischen Menschenrechtskommission (Afghanistan Independent Human Rights Commission - AIHRC) mit, dass sie die Performance seiner Regierung hinsichtlich Menschenrechtsreformen beobachten können und er versprach, Frauenrechte zu fördern. Frauen, die danach streben sich ins öffentliche Leben einzubringen, werden oftmals als "sittenwidrig" verurteilt und gezielt eingeschüchtert, belästigt und es wird ihnen Gewalt angedroht. Nichtsdestotrotz hat Rula Ghani, die Frau des Präsidenten, eine sichtbare Rolle während der Kampagne geführt. Drei Frauen wurden für das Kabinett der Einheitsregierung mit 27 Mitgliedern vorgeschlagen. Zwei der drei nominierten Frauen wurden vom CEO Abdullah ausgewählt und eine vom Präsidenten (USCIRF 30.4.2015). Die Ehefrau des Präsidenten ist eine libanesische Christin (NZZ 8.7.2014).

Artikel 22 der afghanischen Verfassung besagt, dass jegliche Form von Benachteiligung oder Bevorzugung unter den Bürgern Afghanistan verboten ist. Die Bürger Afghanistans, sowohl Frauen als auch Männer, haben vor dem Gesetz gleiche Rechte und Pflichten (Max Planck Institut 27.1.2004). Ein Meilenstein in dieser Hinsicht wurde durch die Errichtung des afghanischen Ministeriums für Frauenangelegenheiten (MoWA) im Jahr 2001 erreicht (BFA Staatendokumentation 3.2014).

Die politische Partizipation von Frauen ist in ihren Grundstrukturen rechtlich verankert und hat sich auf diesem Wege deutlich verbessert. So sieht die afghanische Verfassung Frauenquoten für das Zweikammerparlament vor (AA 6.11.2015): Für Frauen sind per Verfassung 68 der 249 Sitze im Unterhaus reserviert (USDOS 25.6.2015). Bei den Parlamentswahlen im Jahr 2010 wurden 69 Frauen gewählt, eine mehr als die Quote vorsieht. Etwa 400 Frauen bewarben sich für die Sitze, was in etwa 16% aller Kandidat/innen ausmacht (CRS 12.1.2015). Ein Drittel der 102 Sitze im Oberhaus werden vom Präsidenten vergeben (USDOS 25.6.2015); 17 dieser Sitze sind für Frauen vorgesehen. Derzeit haben Frauen insgesamt 28 Sitze inne (CRS 12.1.2015).

Die im September 2015 von Präsident Ghani initiierten Wahlreformen sehen Frauenquoten von 25 Prozent für Provinz- und Distriktratswahlen vor; zudem sind mindestens zwei von sieben Sitzen in der einflussreichen Wahlkommission (Independent Election Commission) für Frauen vorgesehen. Die afghanische Regierung hat derzeit 4 Ministerinnen (von insgesamt 25 Ministern) (AA 6.11.2015).

Bildung

Afghanistan illustriert, wie ein Land, das aus einem jahrzehntelangen Krieg heraustritt und in einem andauernden Stadium des Konflikts ist, einen Willen besitzt - gemeinsam mit Gebern - Bildung Priorität einzuräumen. Es ist eine Erfolgsgeschichte in der Verbesserung von Zugang und Teilnahme an Bildung - auch für Mädchen (Education for Development 7.7.2015). Denn Bildung für Frauen ist ein Recht, das den Frauen nach dem Fall der Taliban im Jahr 2001 eingeräumt wurde (BFA Staatendokumentation 3.2014). Zum Beispiel hat das afghanische Bildungsministerium gemeinsam mit USAID und anderen Gebern, mehr als 13.000 Schulen errichtet (USAID 28.9.2015; vergleiche USAID 7.2014).

In Bezug auf Vorheriger SuchbegrifffreieNächster Suchbegriff und verpflichtende Bildung besagt Artikel 4 des afghanischen Bildungsgesetzes, das mittlere (elementare) Bildung in Afghanistan verpflichtend ist. Artikel 43 der afghanischen Verfassung besagt, dass alle afghanischen Staatsbürger das Recht auf Bildung haben (BFA Staatendokumentation 3.2014; vergleiche Max Planck Institut 27.1.2004). Weiters ist der Staat verpflichtet, zur gleichmäßigen Verbreitung der Bildung in ganz Afghanistan und zur Sicherung der obligatorischen mittleren Schulbildung effektive Programme zu entwickeln und zu verwirklichen (Max Planck Institut 27.1.2004; vergleiche BFA Staatendokumentation 3.2014).

Im Jahr 2013 betrug die Zahl aller Schüler, die in unterschiedlichen Arten formaler Bildung eingeschrieben waren etwa 8,35 Millionen, davon waren 39% weiblich. Im Jahr 2013 betrug die Zahl der Lehrer/innen 187.000 - davon 32% Frauen. Etwa 72% aller Lehrer sind weiblich, im Primärbereich sind es 17,4%. In vier Provinzen gab es 5% Lehrerinnen und in 80 der 364 Bezirke gab es gar keine Lehrerinnen (Education for Development 7.7.2015). In ländlichen Gegenden ist die Alphabetenrate dreimal niedriger als in urbanen Gebieten (BFA Staatendokumentation 3.2014).

Berufstätigkeit

Obwohl Frauen in einer patriarchalen Gesellschaft wesentliche Fortschritte gemacht haben, sind sie noch immer Strömungen des islamischen Konservativismus und einer Missbilligung durch das Herausfordern traditioneller Geschlechterrollen ausgesetzt (BFA Staatendokumentation 3.2014). In Afghanistan ist die Mobilität von Frauen ohne männliche Erlaubnis oder Begleitung durch soziale Traditionen eingeschränkt. Unbegleitete Frauen sind gemeinhin nicht gesellschaftlich akzeptiert (USDOS 25.6.2015; vergleiche AA 16.11.2015; BFA Staatendokumentation 2.7.2014). Speziell in den ländlichen Gebieten ist die Mobilität außerhalb des Hauses aus kulturellen Gründen limitiert. Daher sind Frauen hauptsächlich in häusliche Aktivitäten involviert. Frauen, die im Haushalt oder der Landwirtschaft arbeiten, beteiligen sich unbezahlt am wirtschaftlichen Wohl des Haushalts. Die Betreuung von Nutztieren ist in Afghanistan traditionell Frauensache. Es existieren regionale Unterschiede vor allem zwischen Stadt und Land, wo ein Großteil der Bevölkerung bezahlt und unbezahlt im Haushalt arbeitet (BFA Staatendokumentation 3.2014). Gleichzeitig ist es für viele Frauen immer noch sehr schwierig, außerhalb des Bildungs- und Gesundheitssektors Vorheriger SuchbegriffBerufe zu ergreifen. Oft scheitern Frauen schon an den schwierigen Transportmöglichkeiten und eingeschränkter Bewegungsfreiheit ohne männliche Begleitung (AA 6.11.2015).

Viele Frauen haben sich in bedeutenden Positionen in den verschiedenen Bereichen von nationaler Wichtigkeit entwickelt, dazu zählen Politik, Wirtschaft und die Zivilgesellschaft. Der weibliche Raum für Führung bleibt eingeschränkt, von Gebern abhängig und ist hauptsächlich in den Städten vertreten. Frauen sind im Privatsektor unterrepräsentiert und haben keine aktive Rolle in der Wirtschaftsproduktion. Unsicherheit, Belästigung, Immobilität, religiöser Extremismus und Korruption sind verbreitet. Begriffe wie zum Beispiel Geschlechtergleichheit werden auch weiterhin missverstanden. Frauen in Führungspositionen werden als bloß symbolisch betrachtet, werden politisch mangelhaft unterstützt, haben schwach ausgebildete Entscheidungs- und Durchsetzungskompetenzen und mangelnden Zugang zu personellen und finanziellen Mitteln (USIP 9.2015). Etwa 24.1% der Regierungsmitarbeiter/innen waren im Jahr 2013 Frauen, im Vergleichszeitraum 2012 waren es 21,1%. Arbeitende Frauen waren, Berichten zufolge, Schwierigkeiten ausgesetzt: sexuelle Belästigung, fehlende Transport- und Kinderbetreuungsmöglichkeiten. Benachteiligungen bei Lohnauszahlungen existieren im Privatsektor. Journalistinnen, Sozialarbeiterinnen und Polizistinnen berichteten davon, bedroht und misshandelt zu werden (USDOS 25.6.2015).

Frauen in den afghanischen Sicherheitskräften

Polizei und Militär sind Bereiche, in denen die Arbeit von Frauen besonders die traditionellen Geschlechterrollen Afghanistans herausfordert. Der Fall des Taliban-Regimes brachte, wenn auch geringer als zu Beginn erwartet, wesentliche Änderungen für Frauen mit sich. So begannen Frauen etwa wieder zu arbeiten (BFA Staatendokumentation 26.3.2014). Das Innenministerium bemüht sich um die Einstellung von mehr Polizistinnen, allerdings wird gerade im Sicherheitssektor immer wieder über Gewalt gegen Frauen berichtet. Die afghanische Regierung hat sich bei der Verbesserung der Arbeitsbedingungen von Frauen ehrgeizige Ziele gesetzt und plant u. a. in der ersten Jahreshälfte 2016 ein Anti-Diskriminierungspaket für Frauen im öffentlichen Sektor zu verabschieden (AA 6.11.2015).

Die Rekrutierungsprogramme führten bereits zu einer zwar langsamen, aber stetigen Steigerung der Zahl der Mitarbeiterinnen in der ANP. Im Jahr 2005 waren von 53.400 ANP-Angehörigen noch 180 Frauen (BFA Staatendokumentation 26.3.2014). Insgesamt gab es mit Stand Juli 2014 2.074 Polizistinnen (USDOS 25.6.2015).

Obwohl die Chance im Kampf eingesetzt zu werden gering ist, werden die Frauen ausgebildet, um verschiedene Tätigkeiten in der Armee zu übernehmen. Speziell, wenn es um invasive Sicherheitsdurchsuchungen in privaten Häusern geht, sind viele Afghanen entspannter, wenn die Dursuchung von einer Frau durchgeführt wird, besonders wenn es um die Leibesvisitation einer Frau in einer Burqa geht (BFA Staatendokumentation 26.3.2014).

Strafverfolgung und Unterstützung

Obwohl weibliche Partizipation am öffentlichen Leben in Afghanistan seit dem Sturz der Taliban im Jahr 2001 drastisch gestiegen ist, sind die Fortschritte in manchen Bereichen, wie zum Beispiel dem Gesetz, langsam (IWPR 3.12.2015).

Afghanistan verpflichtet sich in seiner Verfassung durch die Ratifizierung internationaler Konventionen und durch nationale Gesetze, die Gleichberechtigung und Rechte der Frauen zu achten und zu stärken. In der Praxis mangelt es jedoch oftmals an der praktischen Umsetzung dieser Rechte (AA 6.11.2015). Viele Frauen sind sich ihrer in der Verfassung garantierten und auch gewisser vom Islam vorgegebenen Rechte nicht bewusst. Eine Verteidigung ihrer Rechte ist in einem Land, in dem die Justiz stark konservativ-traditionell geprägt und überwiegend von männlichen Richtern oder traditionellen Stammesstrukturen bestimmt wird, nur in eingeschränktem Maße möglich (AA 6.11.2015; vergleiche USDOS 25.6.2015 und The Guardian 11.5.2015). Staatliche Akteure aller drei Gewalten sind häufig nicht in der Lage oder auf Grund tradierter Wertevorstellungen nicht gewillt, Frauenrechte zu schützen. Gesetze zum Schutz und Förderung der Rechte von Frauen werden nur langsam umgesetzt. Das Personenstandsgesetz enthält diskriminierende Vorschriften für Frauen, insbesondere in Bezug auf Heirat, Erbschaft und Beschränkung der Bewegungsfreiheit (AA 6.11.2015)

Im Justiz- und Polizeisektor bleiben Frauen weiterhin unterrepräsentiert. So stellen Richterinnen nur etwa 15 % der Richterschaft. Im Juli 2015 scheiterte der Versuch des Präsidenten, eine Richterin am Obersten Gerichtshof einzusetzen, an der Bestätigung der Kandidatin durch das Parlament (AA 6.11.2015).

Viele Gewaltfälle gelangen nicht vor Gericht, sondern werden durch Mediation oder Verweis auf traditionelle Streitbeilegungsformen (Schuren und Jirgas) verhandelt (AA 16.11.2015; vergleiche The Guardian 11.5.2015). Traditionelle Streitbeilegung führt oft dazu, dass Frauen ihre Rechte sowohl im Strafrecht als auch im zivilrechtlichen Bereich wie z.B. im Erbrecht nicht gesetzeskonform zugesprochen werden. Viele Frauen werden darauf verwiesen, den "Familienfrieden" durch Rückkehr zu ihrem Ehemann wiederherzustellen (AA 6.11.2015).

Gleichzeitig führt aber eine erhöhte Sensibilisierung auf Seiten der afghanischen Polizei und Justiz zu einer sich langsam, aber stetig verbessernden Lage der Frauen in Afghanistan. Insbesondere die Schaffung auf Frauen spezialisierte Staatsanwaltschaften in einigen Provinzen hatte positive Auswirkungen (AA 16.11.2015; vergleiche USDOS 25.6.2015):

Die erste EVAW-Einheit (Violence Against Women) wurde im Jahre 2010 durch die afghanische Generalstaatsanwaltschaft initiiert und hat ihren Sitz in Kabul (USDOS 25.6.2015; vergleiche BFA Staatendokumentation 2.7.2014). Die Generalstaatsanwaltschaft erhöhte auch weiterhin die Anzahl der EVAW-Einheiten, die, mit Stand August 2014, mittlerweile in 18 Provinzen existieren. In anderen Provinzen wurden durch die Generalstaatsanwaltschaft den Staatsanwälten Fälle zur Behandlung weitergeleitet. Landesweit sind 283 Ermittler der sogenannten "Female Response Unit" in 33 der 34 Provinzen aktiv (USDOS 25.6.2015). Diese sind zum Großteil mit Polizistinnen besetzt, die Gewalt und Verbrechen gegen Frauen, Kinder und Familien behandeln. Polizistinnen sind darauf trainiert Opfern häuslicher Gewalt zu helfen, jedoch werden sie durch Vorschriften behindert, die verlangen, dass man warten muss, bis sich das Opfer von selbst meldet. Frauen in der afghanischen Polizei und in zivilen Positionen im Innenministerium bieten Vermittlung und Ressourcen zur zukünftigen Vermeidung von häuslicher Gewalt an (USDOS 25.6.2015; vergleiche BFA Staatendokumentation 2.7.2014).

Das Gesetz zur Eliminierung von Gewalt gegen Frauen (EVAW - law) und Kontroversen

Die Streitigkeiten in Bezug auf das Gesetz zur Eliminierung von Gewalt gegen Frauen (Elimination of Violence Against Women - EVAW) unterstreichen, was für ein Drahtseilakt die Verbesserung der rechtlichen Situation von Frauen in Afghanistan ist. Verabschiedet im Jahr 2009, ist es das erste Gesetz, das Gewalt gegen Frauen kriminalisiert (BFA Staatendokumentation 2.7.2014).

Das EVAW-Gesetz führt zum ersten Mal "Vergewaltigung" als kriminelles Vergehen im afghanischen Gesetz ein (BFA Staatendokumentation 2.7.2014; vergleiche USDOS 25.6.2015). Es kriminalisiert Gewalt gegen Frauen, inklusive Vergewaltigung, Körperverletzung oder Verprügelung, Zwangsverheiratung bzw. Kinderheirat, Erniedrigung, Einschüchterung und Entzug des Erbes, jedoch war die Umsetzung eingeschränkt. Im Falle von Vergewaltigung sieht das Gesetz eine Haftstrafe von 16-20 Jahren vor. Sollte die Vergewaltigung mit dem Tod eines Opfers enden, sieht das Gesetz die Todesstrafe vor. Der Straftatbestand der Vergewaltigung beinhaltet nicht Vergewaltigung in der Ehe. Das Gesetz wurde nicht weitgehend verstanden und manche öffentliche und religiöse Gemeinschaften erachteten es als unislamisch (USDOS 26.5.2015).

Der politische Wille das Gesetz umzusetzen und demzufolge seine tatsächliche Anwendung ist jedoch begrenzt. Genauso wie seine allgemeine Bekanntheit, obwohl sich die unabhängige afghanische Menschenrechtskommission (Afghanistan Independent Human Rights Commission - AIHRC), einzelne Gesetzesvollzugsorgane und die Zivilgesellschaft bemühen, diese zu steigern. Teile der Öffentlichkeit und religiöser Kreise erachten das Gesetz nämlich als unislamisch. Somit ist seine erfolgreiche und korrekte Umsetzung auch weiterhin mangelhaft (USDOS 25.6.2015). Laut Angaben von Human Rights Watch, war die Umsetzung des Gesetzes durch die ehemalige afghanische Regierung mangelhaft (HRW 23.3.2015). Eine Erklärung von Frauenrechtsaktivistinnen hierfür ist das Fehlen sozialer Legitimität. EVAW wurde nie vom afghanischen Parlament abgesegnet, sondern durch ein Präsidialdekret bewilligt. Laut Artikel 79 der Verfassung von 2004 ist das statthaft (ein Präsidialdekret ist rechtmäßig, außer es wird vom Parlament ausdrücklich abgelehnt). Auch viele andere Gesetze wurden bereits auf diesem Wege erlassen und sind weiterhin in Kraft (BFA Staatendokumentation 2.7.2014; vergleiche USDOS 25.6.2015). Eine Verabschiedung des EVAW-Gesetzes durch beide Parlamentskammern steht weiterhin aus (AA 16.11.2015). Ferner wird die Abwesenheit von Polizistinnen in der afghanischen Nationalpolizei als Erschwernis gesehen, um das EVAW-Gesetz zu forcieren (HRW 23.3.2015). Wenn rechtliche Behörden sich des EVAW-Gesetzes und dessen Umsetzung jedoch bewusst waren, war es Frauen in manchen Fällen möglich angemessene Hilfe zu erhalten (USDOS 25.6.2015).

Im Juni 2015 repräsentierte die afghanische Regierung einen Nationalen Aktionsplan für die Jahre 2015 - 2022, der die Implementierung der UN Resolution 1325 betrifft (HRW 12.1.2016; vergleiche MfA 30.6.2015). Der Nationale Aktionsplan ist ein Mechanismus, der von vielen Ländern genutzt wird, um die Einhaltung im Sinne der Resolution 1325 zu fördern (HRW 12.1.2016). Übergeordnete Ziele der Resolution 1325 (aus dem Jahr 2000) des UN-Sicherheitsrats, sind die aktive Einbindung von Frauen in allen Phasen der Konfliktprävention und Konfliktbewältigung sowie der Schutz von Frauen und Mädchen vor sexueller Gewalt und Vergewaltigung in bewaffneten Konflikten (AA 18.9.2015; vergleiche UNSC 2000).

Gewalt an Frauen: Vergewaltigung, Ehrenverbrechen und Zwangsverheiratung

Sexualisierte und geschlechtsspezifische Gewalt ist weit verbreitet. Gewalttaten gegen Frauen und Mädchen finden zu über 90% innerhalb der Familienstrukturen statt (AA 6.11.2015). Die AIHRC berichtet, dass mit Stand 1. August 2014, 1.250 Fälle von Gewalt an Frauen gemeldet wurden (USDOS 25.6.2015). Weitestgehend besteht Einigkeit darüber, dass die gestiegenen Zahlen im Wesentlichen darauf zurückzuführen sind, dass solche Straftaten vermehrt angezeigt werden. Die Erkenntnisse sind gleichzeitig bezeichnend für die immer noch mangelhafte Befassung der staatlichen Strafverfolgungsbehörden:

nur 11,5% der Fälle wurden durch die formelle Justiz entschieden. 41% der Fälle wurden durch Mediation gelöst. Darunter fallen jedoch auch die Fälle (48%), in denen die Vorkommnisse von der Geschädigten nicht weiterverfolgt wurden (AA 6.11.2015).

Die AIHRC zeigte sich besorgt über die traditionelle und kulturelle Gewalt, wie Kinder- und Zwangsheirat, die Praxis des Frauenaustausches zur Konfliktschlichtung (baad), Zwangsisolation und Ehrenmorde, die auch weiterhin im Aufstieg begriffen zu sein scheinen. Es ist schwierig exakte Statistiken zu der Verbreitung von Gewalt an Frauen zu erhalten (USDOS 25.6.2015).

Ehrenmorde

Ehrenmorde werden an Frauen von einem - typischerweise männlichen - Familien- oder Stammesmitglied verübt (BFA Staatendokumentation 2.7.2014). Mädchen unter 18 Jahren sind auch weiterhin dem Risiko eines Ehrenmordes ausgesetzt, wenn eine außereheliche sexuelle Beziehung angenommen wird, bei "davonlaufen" vor Zwangsverheiratung oder Opfer eines sexuellen Übergriffs zu werden. (USDOS 25.6.2015).

Die AIHRC gab im November 2013 bekannt, in den vorangegangen zwei Jahren 240 Ehrenmorde registriert zu haben (BFA Staatendokumentation 2.7.2014; vergleiche USDOS 25.6.2015). Die AIHRC gab in ihrem Bericht aus dem Jahre 2013 auch an, dass die Anzahl an Ehrenmorden und sexuellen Übergriffen sich in fast allen Teilen des Landes erhöht hat. Laut diesem Bericht werden 91% der Fälle, die an die AIHRC herangetragen werden, innerhalb eines Jahres an das Justizsystem weitergeleitet. Von diesen Fällen erachtete die AIHRC, dass die legalen Vorgehensweisen in 65% der Fälle "erfolgreich" waren (USDOS 25.6.2015).

Legales Heiratsalter:

Das Zivilgesetz Afghanistans definiert für Mädchen 16 Jahre und für Burschen 18 Jahre als das legale Mindestalter für Vermählungen (BFA Staatendokumentation 2.7.2014; vergleiche USDOS 25.6.2015). Ein Mädchen, welches jünger als 16 Jahre ist, kann mit der Zustimmung ihres Vaters oder eines zuständigen Gerichtes heiraten. Die Vermählung von Mädchen unter 15 Jahren ist jedoch unzulässig (BFA Staatendokumentation 2.7.2014). Nichtsdestotrotz ist Kinderheirat in Afghanistan weiterhin üblich (BFA Staatendokumentation 2.7.2014; vergleiche USDOS 25.6.2015).

Als letzten Ausweg, in Reaktion auf gegen Frauen gerichtete Gewalt und traditionelle Praktiken, laufen Frauen entweder von zu Hause weg (BFA Staatendokumentation 2.7.2014), oder verbrennen sich in drastischen Fällen sogar selbst (USDOS 25.6.2015; vergleiche BFA Staatendokumentation 2.7.2014). Darüber hinaus geschieht es immer wieder, dass Frauen, die entweder eine Straftat zur Anzeige bringen oder aber von der Familie aus Gründen der "Ehrenrettung" angezeigt werden, wegen sog. Sittenverbrechen wie z.B. "zina" (außerehelicher Geschlechtsverkehr) im Fall einer Vergewaltigung verhaftet oder wegen "Von-zu-Hause-Weglaufens" (kein Straftatbestand, aber oft als Versuch der "zina" gewertet) inhaftiert werden (AA6.11.2015).

Frauenhäuser

Frauen auf der Suche nach Hilfe in Fällen von häuslicher Gewalt, müssen dies oft außerhalb ihres Heimes und ihrer Gemeinschaft tun (BFA Staatendokumentation 2.7.2014). USDOS zählt 28 formelle Frauenhäuser (USDOS 25.6.2015). Frauen, denen es nicht möglich war mit ihren Familien wieder vereint zu werden oder wiederheiratet zu werden, waren dazu gezwungen für unbestimmte Zeit im Frauenhaus zu bleiben, da "unbegleitete" Frauen allgemein in der Gesellschaft nicht akzeptiert werden (USDOS 25.6.2015; vergleiche AA 6.11.2015). Für diese erste "Generation" von Frauen, die sich seit Ende der Taliban-Herrschaft in den Schutzeinrichtungen eingefunden haben, hat man in Afghanistan bisher keine Lösung gefunden. Generell ist in Afghanistan das Prinzip eines individuellen Lebens weitgehend unbekannt. Auch unverheiratete Erwachsene leben in der Regel im Familienverband (6.11.2015).

Die Schwierigkeit für eine nachhaltige Lösungsfindung für Frauen war der soziale Vorbehalt gegen Frauenhäuser, nämlich der Glaube, dass das "Weglaufen von zu Hause" eine ernsthafte Zuwiderhandlung gegen gesellschaftliche Sitten sei. Des Weiteren wurden Frauen, die vergewaltigt wurden, von der Gesellschaft als Ehebrecherinnen angesehen (USDOS 25.6.2015).

Es gibt Berichte, dass das MoWA, aber auch NGOs, versuchen Ehen für Frauen zu arrangiern, die nicht zu ihren Familien zurückkehren konnten (USDOS 25.6.2015).

Medizinische Versorgung - Gynäkologie

Das Recht auf Familienplanung wird noch von recht wenigen Frauen genutzt. Auch wenn der weit überwiegende Teil der afghanischen Frauen Kenntnisse über Verhütungsmethoden hat, so nutzen jedoch nur etwa 22% (überwiegend in den Städten und gebildetere Schichten) die entsprechenden Möglichkeiten. Viele Frauen gebären Kinder bereits in sehr jungem Alter (AA 6.11.2015).

Weibliche Genitalverstümmelung ist in Afghanistan nicht üblich (AA 6.11.2015) und ist kulturell nicht akzeptiert (USDOS 25.6.2015).

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    WB - The World Bank (2015): Afghanistan, http://datatopics.worldbank.org/gender/country/afghanistan, Zugriff 5.11.2015

Behandlung nach Rückkehr

In den letzten zehn Jahren sind im Rahmen der freiwiliigen Rückkehr durch UNHCR 3.5 Millionen afghanische Flüchtlinge zurückgekehrt. Insegesamt sind 5.8 Millionen Afghaninnen und Afghanen aus verschiedenen Teilen der Welt nach Afghanistan zurückgekehrt (DW 19.10.2015). USDOS berichtet, dass in den Jahren von 2002 bis 2014, Finanzierungen verwendet wurden um Transportkosten und anfängliche Notwendigkeit bei Rückkehr, für mehr als 4.7 Millionen zur Verfügung zu stellen (SIGAR 8.2015; vergleiche AA 2.3.2015). Somit hat eine große Zahl der afghanischen Bevölkerung einen Flüchtlingshintergrund (AA 2.3.2015). Im Jahr 2015 sind 50.000 afghanische Flüchtlinge aus Pakistan im Rahmen des Programms der freiwilligen Rückkehr nach Afghanistan zurückgekehrt (DW 19.10.2015).

Im Vergleich zum Vorjahr ist die Zahl der Rückkehrer aus Iran und Pakistan stark gestiegen. 2014 lag die Zahl der Rückkehrer bei knapp 17.000, davon über 12.000 aus PAK. Bis Ende Oktober 2015 sind im laufenden Jahr fast 56.000 zurückgekehrt, davon über 53.000 aus Pakistan. Zwei Drittel der Rückkehrer siedeln sich in fünf Provinzen an: Kabul, Nangarhar, Kunduz, Logar und Baghlan (AA 16.11.2015). Laut UNHCR-Afghanistan kehrten im Jahr 2014 insgesamt 17.000 Menschen freiwillig nach Afghanistan zurück (UNHCR 29.10.2015). Die Kapazität der Regierung Rückkehrer/innen aufzunehmen war auch weiterhin niedrig. Die Zahl der Rückkehrer/innen während des Jahres 2014 verringerte sich aufgrund von Unsicherheiten in Bezug auf die Sicherheitslage im Rahmen der Post-Transitionszeitraumes und aufgrund des Auslaufens der proof of Residence Card (PoR Card) für afghanische Flüchtlinge in Pakistan (USDOS 25.6.2015). In Pakistan werden etwa 1.5 Millionen afghanische Flüchtlinge, die im Besitz einer PoR Card sind von UNHCR unterstüzt (BFA Staatendokumentation 9.2015).

Die afghanische Regierung kooperierte auch weiterhin mit UNHCR, der Internationalen Organisation für Migration (IOM), sowie anderen humanitären Organisationen, um intern vertrieben Personen, Flüchtlingen, Rückkehrer/innen und andern Menschen Schutz und Unterstützung zur Verfügung zu stellen. Regierungsunterstützung für vulnerable Personen, inklusive Rückkehrer/innen aus Pakistan und Iran, war gering, mit einer anhaltenden Abhängigkeit von der internationalen Gemeinschaft. Die Reintegration von Rückkehrer/innen war schwierig.Rückkehrerinnen und Rückkehr hatten angeblich gleichwertigen Zugang zu Gesundheits-, Bildungs- und anderen Leistungen, obwohl manche Gemeinden, die für Rückkehrer/innen vorgesehen waren, angaben, dass eingeschränkter Zugang zu Transport und Straßen zu größeren, besser etablierten Dörfern und städtischen Zentren fehlte. Dies erschwerte den Zugang zu Dienstleistungen und wirtschaftlichen Möglichkeiten (USDOS 25.6.2015).

In Iran und Pakistan halten sich derzeit noch ca. 3 Millionen afghanische Flüchtlinge auf. Dazu kommen nicht registrierte Afghanen, die von der iranischen Regierung jedoch nicht als Flüchtlinge anerkannt sind. Insbesondere von iranischer Seite, in Teilen auch von Pakistan, werden sie gelegentlich als politisches Druckmittel gegenüber Afghanistan ins Feld geführt. Gleichzeitig gelten die Flüchtlinge auch als günstige Arbeitskräfte. In Afghanistan wird zwischen Rückkehrern aus den Nachbarstaaten Iran und Pakistan (die größte Gruppe afghanischer Flüchtlinge) und freiwilliger Rückkehr oder Abschiebung aus v.a. westlichen Staaten unterschieden. Für Rückkehrer aus den genannten Nachbarländern leistet UNHCR in der ersten Zeit Unterstützung. Bei der Anschlussunterstützung bestehen Probleme in der Koordinierung zwischen humanitären Akteuren und Organisationen der Entwicklungszusammenarbeit, so dass Hilfe nicht immer dort ankommt, wo Rückkehrer sich niedergelassen haben (AA 2.3.2015; vergleiche AA 16.11.2015).

Die Schweiz, Australien, Iran, Norwegen, Pakistan, Dänemark, Frankreich, die Niederlande und Schweden haben mit Afghanistan und dem UNHCR sog. Drei-Parteien-Abkommen zur Regelung der freiwilligen Rückkehr von afghanischen Flüchtlingen in ihr Heimatland geschlossen. Die Abkommen sehen u.a. die Übernahme von Reisekosten, Wiedereingliederungshilfe und Unterstützungsmaßnahmen für besonders schutzbedürftige Flüchtlinge vor. Von Großbritannien, Frankreich, Italien, Dänemark, Norwegen, Schweden und Australien ist bekannt, dass diese Länder abgelehnte Asylbewerber afghanischer Herkunft nach Afghanistan abschieben. Von Norwegen ist bekannt, dass auch Familien mit minderjährigen Kindern abgeschoben werden. Einige Länder arbeiten eng mit IOM in Afghanistan zusammen, insbesondere auch, um die Reintegration zu erleichtern. IOM bietet psychologische Betreuung, Unterstützung bei Reiseformalitäten, Ankunft in Kabul und Begleitung der Reintegration einschließlich Unterstützung bei der Arbeitsplatzsuche an (AA 2.3.2015; vergleiche AA 16.11.2015).

Eine Diskriminierung oder Strafverfolgung aufgrund exilpolitischer Aktivitäten nach Rückkehr aus dem Ausland ist nicht anzunehmen. Auch einige Führungsfiguren der RNE sind aus dem Exil zurückgekehrt, um Ämter bin hin zum Ministerrang zu übernehmen. Präsident Ashraf Ghani selbst verbrachte die Zeit der Bürgerkriege und der Taliban-Herrschaft in den 1990er Jahren weitgehend im pakistanischen und US-amerikanischen Exil (AA 16.11.2015).

Quellen:

  • Strichaufzählung
    AA - Auswärtiges Amt (16.11.2015): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan

  • Strichaufzählung
    AA - Auswärtiges Amt (2.3.2015): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan

  • Strichaufzählung
    BFA Staatendokumentation (9.2015): FFM Bericht Pakistan, http://www.bfa.gv.at/files/berichte/PAKI_FFM%20Report_2015_09.pdf, Zugriff 30.10.2015

  • Strichaufzählung
    DW - Deutsche Welle (19.10.2015): Funds shortage may trigger Afghan refugee exodus, says UNHCR, http://www.dw.com/en/funds-shortage-may-trigger-afghan-refugee-exodus-says-unhcr/a-18790962, Zugriff 29.10.2015

  • Strichaufzählung
    SIGAR - Special Inspector General for Afghanistan Reconstruction (8.2015): Afghan Refugees and Returnees: Corruption and Lack of Afghan Ministerial Capacity Have Prevented Implementation of a Long-term Refugee StrategySIGAR 15-83-AR/, https://www.sigar.mil/pdf/audits/SIGAR-15-83-AR.pdf, Zugriff 29.10.2015

  • Strichaufzählung
    UNHCR - United Nations High Commissioner For Refugees (29.10.2015): Afghan returness, Per E-Mail.

  • Strichaufzählung
    USDOS - US Department of State (25.6.2015): Country Report on Human Rights Practices 2014 - Afghanistan, http://www.state.gov/j/drl/rls/hrrpt/humanrightsreport/index.htm?year=2014&dlid=236632, Zugriff 13.10.2015

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen der Beschwerdeführerin ergeben sich aus dem Gerichtsakt, dem vorliegenden Verwaltungsakt des Bundesamtes und den diesbezüglich glaubhaften Angaben der Beschwerdeführerin im Verlauf des Verfahrens.

Die Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten ergibt sich aus der unstrittigen Aktenlage.

Die Beschwerdeführerin stützte sich ursprünglich in der ersten Einvernahme und bei der Erstbefragung hauptsächlich auf das Vorbringen, dass ihr Bruder Probleme zuhause gehabt hätte. Zuhause konnte sie nicht für sich selbst aufgrund ihrer Krankheit sorgen und war auf ihren Bruder angewiesen und auf die Verwandten. Dass sie die erforderliche Unterstützung von der Familie (im weiteren Sinn) erhielt, ergibt sich aus ihrem eigenen glaubhaften Vorbringen auch in der mündlichen Verhandlung. Dass sie (asylrelevante) Probleme aufgrund ihrer Krankheit in ihrem Heimatland hatte, konnte sie nicht glaubhaft vermitteln. Nachvollziehbar ist, dass es nicht einfach war, da sie an Epilepsie leidet, allerdings wurde sie deswegen ganz offensichtlich nicht stigmatisiert, denn sie konnte in die Schule gehen und wurde auch ärztlich behandelt. Daraus ergibt sich, dass die Familie ihr Leiden als Krankheit erkannte und bereit war, sie mit ärztlicher Hilfe und Medikamenten zu unterstützen. Eine Stigmatisierung bzw. gar eine asylrelevante Verfolgung durch die Gesellschaft kann daher ausgeschlossen werden.

In der Beschwerde brachte die Beschwerdeführerin vor, dass sie der Gefahr der potentiellen Zwangsverheiratung unterliegt. In der erstinstanzlichen Einvernahme gibt die Beschwerdeführerin an, dass ihr älterer Bruder sie zwangsverheiraten hätte können und dass sie viele Frauen gesehen hätte, die zwangsverheiratet worden wären. Diese Angaben waren sehr allgemein gehalten und vage und in keiner Weise auf ihre persönliche Situation bezogen. In der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht führt sie dazu aus, dass in Afghanistan grundsätzlich die Frauen zwangsverheiratet würden und ihr Cousin bereits eine Zwangsverheiratung arrangiert hätte. Sie hätte den künftigen Ehemann nicht gekannt. Auf den Vorhalt, dass sie zu dem damaligen Zeitpunkt bereits 30 Jahre alt gewesen wäre und zudem krank sei, antwortete sie Folgendes (Schreibfehler im Original): "Mein Onkel hatte bereits in früher Zeit, meinen Vater um seinen Erbanteil meines Großvaters betrogen und es bestand immer schon ein gewisse Feindschaft zwischen unseren Familien. Mein großer Bruder hatte meinen Cousin gebeten, sich meiner Heirat anzunehmen und zwischen den Heiratswerbern für mich eine Entscheidung zu treffen. Es gab einige, die in meinem Alter waren, doch sie alle lehnte er ab, er hatte vor, mich einem Heiratswerber zu versprechen bzw. mit irgendwem eine Vereinbarung zu treffen, damit dieser mich heiratet und in weiterer Folge würde er mich bei sich behalten und mich im Geheimen "zur Frau nehmen". Er hatte zwar Frau und Kinder und ich war sozusagen, die Bedienstete. Sein Plan war es jedoch mich dort zu behalten, damit er mich für sich haben konnte und nebenbei auch noch etwas verdiente."

Diesem Vorbringen fehlt die Schlüssigkeit und Glaubhaftigkeit per se, denn dass eine über 30jährige, kranke Frau zuerst verheiratet werden soll um sodann als "Bedienstete" im Hause behalten zu werden, entbehrt auch für afghanische Verhältnisse jeglicher Nachvollziehbarkeit. Auf den Vorhalt, dass sie dies in ihrer ersten Einvernahme nicht geltend gemacht hätte, antwortete sie: "Ich durfte damals nicht weiterreden, weil der Dolmetscher mich ständig unterbrach und meinte, es sei nicht notwendig. Außerdem hatte ich auch erwähnt, dass es für eine ledige Frau in meinem Alter sehr schwierig sei, in Afghanistan zu leben, denn es würde schließlich in eine Zwangsheirat enden. Ich habe es sogar mit diesen Worten gesagt:

"Dass ein Tier in Österreich es besser hätte, als jemand in meiner Situation in Afghanistan." Frauen werden in Afghanistan weit schlimmer behandelt, als die Tiere im Vergleich. Im Vergleich leben die Tiere hier mit mehr Rechten und Zuwendungen als Frauen in Afghanistan."

Dass die Situation afghanischer Frauen im Verhältnis zu österreichischen Frauen eine andere ist, ist unbestritten, dazu wird allerdings angemerkt, dass die Beschwerdeführerin aus einer gebildeten Familie stammt, die ihre Töchter in die Schule schickten und auch ihr Bruder eine gebildete Frau heiratete, die sogar arbeiten ging, es ist daher offensichtlich, dass die Beschwerdeführerin aus einer Familie stammt, die Frauen - für afghanische Verhältnisse - auch mit Respekt behandeln und in der Frauen nicht per se besonders schlecht behandelt werden.

Der Bruder gab zu der Situation konkret befragt an, dass er nichts davon wusste, dass seine Schwester zwangsverheiratet werden sollte und dass das in seiner Familie nicht üblich sei. Grundsätzlich war es so, dass er sich um sie kümmerte und er die Familie ernährte, bei seiner Flucht hatte er ihr angeboten, sie mitzunehmen und dafür noch einen extra Kredit aufgenommen. Auf explizite Frage der Beschwerdeführerin - Vertreterin gab er an, dass in Afghanistan Zwangsverheiratungen möglich seien, es in seiner Familie aber nicht vorkomme.

Dazu wird angemerkt, dass es zweifellos in Afghanistan zu Zwangsverheiratungen kommt, im konkreten Fall eine solche Bedrohung aber nicht nachgewiesen werden konnte. Auch dem Vorbringen der Beschwerdeführerin, dass sie der Willkür ihres Onkels ausgeliefert gewesen wäre, kann nicht gefolgt werden, da grundsätzlich der Eindruck entstand, dass der Bruder die Verantwortung und die Zahlungen für seine Schwester übernommen hat. Es erscheint auch aus diesem Grund äußerst unwahrscheinlich, dass eine Zwangsverheiratung "hinter seinem Rücken" stattfinden hätte sollen. Nach afghanischer Tradition war er daher der Familienerhalter und das Oberhaupt der Familie, dies obwohl er nicht der Familienälteste war.

Dass es in Österreich in Folge zu Konflikten zwischen dem Bruder - vor allem dessen Ehefrau - und der Beschwerdeführerin kam, ist unbestritten, kann aber nicht zu dem Rückschluss führen, dass er seine Schwester in Afghanistan zwangsverheiratet hätte. Wenn ihm nichts am Wohlergehen seiner Schwester gelegen wäre, hätte er sie wohl kaum auf die "Flucht" mitgenommen, sondern sie in der Obhut seines Onkels gelassen.

Zu dem Vorbringen in der Beschwerde, dass die Beschwerdeführerin auch aufgrund ihres "westlich orientierten" Lebensstiles in Österreich einen Nachfluchtgrund hätte und deswegen einer asylrelevanten Verfolgung unterliege, wird angemerkt, dass die Beschwerdeführerin unverschleiert zu der Verhandlung erschien, aber ansonsten keine weiteren diesbezüglichen Feststellungen - schon alleine aufgrund des kurzen Aufenthaltes - getroffen werden können. Da die Beschwerdeführerin in Kabul aufgewachsen ist und auch dort in die Schule gegangen ist, ist anzunehmen, dass sie schon alleine aufgrund des hohen Bildungsstandards nicht gezwungen wurde das Haus "komplett verhüllt" zu verlassen. Der von der Beschwerdeführerin in Österreich gepflegte Kleidungsstil verstößt jedenfalls nicht in einer solchen Form gegen die sozialen Normen in Afghanistan, dass er bereits eine (asylrelevante) Verfolgung auslösen würde. Eine vorübergehende intensivere Verhüllung zur Vermeidung einer etwaigen sozialen Ausgrenzung wäre der Beschwerdeführerin im Übrigen zumutbar. Es konnte auch nicht glaubhaft dargelegt werden, dass die Erstbeschwerdeführerin während ihres kurzen Aufenthalts in Österreich eine Lebensweise angenommen hätte, die einen deutlichen und nachhaltigen Bruch mit den allgemein verbreiteten gesellschaftlichen Werten in Afghanistan darstellen würde.

Angemerkt wird dazu noch, dass auch die Ehefrau des Bruders ohne Verhüllung zu der Verhandlung ihres Ehemannes erschienen ist und daher anzunehmen ist, dass es in dieser Familie durchaus problemlos war, wenn Frauen sich nicht vollständig verhüllten. Insgesamt - auch in Zusammenschau mit dem Auftreten des Bruders und dessen Ehefrau - konnte nicht der Eindruck vermittelt werden, dass Frauen in dieser Familie besonders unterdrückt worden seien.

In einer Zusammenschau beider Verhandlungen sowie der Verhandlung des Bruders und dessen Ehefrau kann nicht von einer asylrelevanten Verfolgung ausgegangen werden und werden die Behauptung der drohenden Zwangsverheiratung sowie der Verfolgung auf Grund einer allfälligen "westlichen Orientierung" als reine Schutzbehauptungen gewertet.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß Paragraph 6, BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß Paragraph 17, VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Artikel 130, Absatz eins, B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der Paragraphen eins bis 5 sowie des römisch IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, Bundesgesetzblatt Nr. 194 aus 1961,, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, Bundesgesetzblatt Nr. 173 aus 1950,, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, Bundesgesetzblatt Nr. 29 aus 1984,, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Zu A)

Zur Beschwerde gegen Spruchpunkt römisch eins. des angefochtenen Bescheides:

Gemäß Paragraph 3, Absatz eins, AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Asylantrag gestellt hat, soweit der Antrag nicht gemäß Paragraphen 4,, 4a oder 5 AsylG 2005 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung iSd Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, GFK droht vergleiche auch die Verfolgungsdefinition in Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 11, AsylG 2005, die auf Artikel 9, der Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29. April 2004 über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes, ABl. 2004 Nr. L 304/12 [Statusrichtlinie] verweist). Damit will der Gesetzgeber an die Gesamtheit der aufeinander bezogenen Elemente des Flüchtlingsbegriffs der GFK anknüpfen (VwGH 24.3.2011, 2008/23/1443). Gemäß Paragraph 3, Absatz 3, AsylG 2005 ist der Asylantrag bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abzuweisen, wenn dem Fremden eine innerstaatliche Fluchtalternative (Paragraph 11, AsylG 2005) offen steht oder wenn er einen Asylausschlussgrund (Paragraph 6, AsylG 2005) gesetzt hat.

Flüchtling iSd Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, GFK in der Fassung des Artikel eins, Absatz 2, des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge Bundesgesetzblatt 78 aus 1974,) - deren Bestimmungen gemäß Paragraph 74, AsylG 2005 unberührt bleiben - ist, wer sich "aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren." vergleiche VfSlg. 19.086/2010; VfGH 12.6.2010, U 613/10).

Zentraler Aspekt dieses Flüchtlingsbegriffs der GFK ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Wohlbegründet kann eine Furcht nur dann sein, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers und unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist vergleiche zB VwGH 22.12.1999, 99/01/0334; 21.12.2000, 2000/01/0131; 25.1.2001, 2001/20/0011; 17.3.2009, 2007/19/0459; 28.5.2009, 2008/19/1031). Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation (aus Konventionsgründen) fürchten würde vergleiche VwGH 19.12.2007, 2006/20/0771; 17.3.2009, 2007/19/0459; 28.5.2009, 2008/19/1031; 6.11.2009, 2008/19/0012). Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht; die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH 21.12.2000, 2000/01/0131; 25.1.2001, 2001/20/0011; 28.5.2009, 2008/19/1031. Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in einem der Gründe haben, welche Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, GFK nennt (VwGH 9.9.1993, 93/01/0284; 15.3.2001, 99/20/0128; 23.11.2006, 2005/20/0551); sie muss Ursache dafür sein, dass sich der Asylwerber außerhalb seines Heimatlandes bzw. des Landes seines vorigen Aufenthaltes befindet.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vergleiche VwGH 28.3.1995, 95/19/0041; 27.6.1995, 94/20/0836; 23.7.1999, 99/20/0208; 21.9.2000, 99/20/0373; 26.2.2002, 99/20/0509 mwN; 12.9.2002, 99/20/0505; 17.9.2003, 2001/20/0177; 28.10.2009, 2006/01/0793; 23.2.2011, 2011/23/0064) ist eine Verfolgungshandlung nicht nur dann relevant, wenn sie unmittelbar von staatlichen Organen (aus Gründen der GFK) gesetzt worden ist, sondern auch dann, wenn der Staat nicht gewillt oder nicht in der Lage ist, Handlungen mit Verfolgungscharakter zu unterbinden, die nicht von staatlichen Stellen ausgehen, sofern diese Handlungen - würden sie von staatlichen Organen gesetzt - asylrelevant wären. Eine von dritter Seite ausgehende Verfolgung kann nur dann zur Asylgewährung führen, wenn sie von staatlichen Stellen infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt nicht abgewandt werden kann (VwGH 22.3.2000, 99/01/0256 mwN).

Von einer mangelnden Schutzfähigkeit des Staates kann nicht bereits dann gesprochen werden, wenn der Staat nicht in der Lage ist, seine Bürger gegen jedwede Übergriffe Dritter präventiv zu schützen (VwGH 13.11.2008, 2006/01/0191; 28.10.2009, 2006/01/0793¿19.11.2010, 2007/19/0203; 23.2.2011, 2011/23/0064; 24.3.2011, 2008/23/1101). Für die Frage, ob eine ausreichend funktionierende Staatsgewalt besteht - unter dem Fehlen einer solchen ist nicht "zu verstehen, dass die mangelnde Schutzfähigkeit zur Voraussetzung hat, dass überhaupt keine Staatsgewalt besteht" (VwGH 22.3.2000, 99/01/0256) -, kommt es darauf an, ob jemand, der von dritter Seite (aus den in der GFK genannten Gründen) verfolgt wird, trotz staatlichem Schutz einen - asylrelevante Intensität erreichenden - Nachteil aus dieser Verfolgung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit zu erwarten hat vergleiche VwGH 22.3.2000, 99/01/0256 im Anschluss an Goodwin-Gill, The Refugee in International Law2 [1996] 73; weiters VwGH 26.2.2002, 99/20/0509 mwN; 20.9.2004, 2001/20/0430; 17.10.2006, 2006/20/0120; 13.11.2008, 2006/01/0191; 28.10.2009, 2006/01/0793; 19.11.2010, 2007/19/0203; 23.2.2011, 2011/23/0064; 24.3.2011, 2008/23/1101). Für einen Verfolgten macht es nämlich keinen Unterschied, ob er auf Grund staatlicher Verfolgung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einen Nachteil zu erwarten hat oder ob ihm dieser Nachteil mit derselben Wahrscheinlichkeit auf Grund einer Verfolgung droht, die von anderen ausgeht und die vom Staat nicht ausreichend verhindert werden kann. In diesem Sinne ist die oben verwendete Formulierung zu verstehen, dass der Herkunftsstaat "nicht gewillt oder nicht in der Lage" sei, Schutz zu gewähren (VwGH 26.2.2002, 99/20/0509). In beiden Fällen ist es dem Verfolgten nicht möglich bzw. im Hinblick auf seine wohlbegründete Furcht nicht zumutbar, sich des Schutzes seines Heimatlandes zu bedienen vergleiche VwGH 22.3.2000, 99/01/0256; 13.11.2008, 2006/01/0191; 28.10.2009, 2006/01/0793; 19.11.2010, 2007/19/0203; 23.2.2011, 2011/23/0064; 24.3.2011, 2008/23/1101).

Im gegenständlichen Fall sind nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes die dargestellten Voraussetzungen, nämlich eine "begründete Furcht vor Verfolgung" im Sinne von Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, der GFK, nicht gegeben. Da es der Beschwerdeführerin nicht gelungen ist, asylrelevante Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention in ihrem Herkunftsstaat glaubhaft darzutun, war der Antrag auf internationalen Schutz der Beschwerdeführerin gem. Paragraph 3, AsylG 2005 abzuweisen. Erachtet nämlich die zur Entscheidung über einen Asylantrag zuständige Instanz - wie im gegenständlichen Fall - im Rahmen der Beweiswürdigung die Angaben des Asylwerbers grundsätzlich als unwahr, dann können die von ihm behaupteten Fluchtgründe nicht als Feststellung der rechtlichen Beurteilung zugrunde gelegt werden und es ist auch deren Eignung zur Glaubhaftmachung wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung nicht näher zu beurteilen (VwGH 09.05.1996, Zl.95/20/0380).

Wie in der Beweiswürdigung des verfahrensgegenständlichen Erkenntnisses dargetan, ergibt sich der Schluss auf die Unglaubhaftigkeit der Beschwerdeführerin in Bezug auf ihre Fluchtgründe aus einer Gesamtschau ihrer Angaben im Verfahren, insbesondere aber auch aufgrund des Verlaufes und des Eindrucks in der mündlichen Beschwerdeverhandlung vor dem Bundesverwaltungsgerich.

Im Verfahren haben sich auch sonst keine Anhaltspunkte ergeben, die eine Verfolgung aus asylrelevanten Gründen im Herkunftsstaat für maßgeblich wahrscheinlich erscheinen ließen:

Die allgemeine Lage in Afghanistan ist nicht dergestalt, dass bereits jedem, der sich dort aufhält, der Status eines Asylberechtigten zuerkannt werden müsste vergleiche etwa AsylGH 07.06.2011, C1 411.358-1/2010/15E, sowie den diesbezüglichen Beschluss des VfGH vom 19.09.2011, Zahl U 1500/11-6 u.v.a.) und wurde Derartiges seitens des Beschwerdeführers auch nicht behauptet.

Auch aus der wirtschaftlich schlechten Lage in Afghanistan lässt sich für die Beschwerdeführerin eine Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten nicht herleiten: Eine allgemeine desolate wirtschaftliche und soziale Situation stellt nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes keinen hinreichenden Grund für eine Asylgewährung dar vergleiche etwa VwGH vom 14.3.1995, 94/20/0798; 17.6.1993, 92/01/1081). Wirtschaftliche Benachteiligungen können nur dann asylrelevant sein, wenn sie jegliche Existenzgrundlage entziehen vergleiche etwa VwGH 9.5.1996, 95/20/0161; 30.4.1997, 95/01/0529, 8.9.1999, 98/01/0614). Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Judikatur erkennt, reicht auch der Verlust (oder die Schwierigkeit der Beschaffung) eines Arbeitsplatzes nicht aus, eine Asylgewährung zu begründen, solange damit nicht eine ernsthafte Bedrohung der Lebensgrundlage verbunden ist (VwGH 19.06.1997, 95/20/0482; vergleiche 28.05.1994, 94/20/0034). Aber selbst für den Fall des Entzugs der Existenzgrundlage ist eine Asylrelevanz nur dann anzunehmen, wenn dieser Entzug mit einem in der GFK genannten Anknüpfungspunkt - nämlich der Rasse, der Religion, der Nationalität, der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung - zusammenhängt, was im vorliegenden Fall zu verneinen ist.

Da es der Beschwerdeführerin nicht gelungen ist, asylrelevante Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention in ihrem Herkunftsstaat glaubhaft darzutun, war der Antrag auf internationalen Schutz der Beschwerdeführerin gem. Paragraph 3, AsylG 2005 abzuweisen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß Paragraph 25 a, Absatz eins, VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab vergleiche die oben im Rahmen der rechtlichen Beurteilung zu Spruchteil A angeführten zahlreichen Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes), noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Das Bundesverwaltungsgericht kann sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.

Schlagworte

Glaubwürdigkeit, mangelnde Asylrelevanz, private Verfolgung,
Zwangsehe

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2016:W218.2123265.1.00

Zuletzt aktualisiert am

20.01.2017

Dokumentnummer

BVWGT_20161222_W218_2123265_1_00

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