Bundesverwaltungsgericht (BVwG)

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Entscheidungstext W217 2122497-1

Dokumenttyp

Entscheidungstext

Entscheidungsart

Erkenntnis

Geschäftszahl

W217 2122497-1

Entscheidungsdatum

24.11.2016

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §3 Abs5
AsylG 2005 §34 Abs2
B-VG Art.133 Abs4
  1. AsylG 2005 § 34 heute
  2. AsylG 2005 § 34 gültig von 01.11.2017 bis 31.10.2017 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 84/2017
  3. AsylG 2005 § 34 gültig ab 01.11.2017 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 145/2017
  4. AsylG 2005 § 34 gültig von 01.01.2014 bis 31.10.2017 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 87/2012
  5. AsylG 2005 § 34 gültig von 01.01.2010 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 135/2009
  6. AsylG 2005 § 34 gültig von 01.01.2010 bis 31.12.2009 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 122/2009
  7. AsylG 2005 § 34 gültig von 01.04.2009 bis 31.12.2009 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 29/2009
  8. AsylG 2005 § 34 gültig von 01.07.2008 bis 31.03.2009 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 4/2008
  9. AsylG 2005 § 34 gültig von 01.01.2006 bis 30.06.2008
  1. B-VG Art. 133 heute
  2. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2019 bis 24.05.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 138/2017
  3. B-VG Art. 133 gültig ab 01.01.2019 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 22/2018
  4. B-VG Art. 133 gültig von 25.05.2018 bis 31.12.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 22/2018
  5. B-VG Art. 133 gültig von 01.08.2014 bis 24.05.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 164/2013
  6. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2014 bis 31.07.2014 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 51/2012
  7. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.2004 bis 31.12.2013 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 100/2003
  8. B-VG Art. 133 gültig von 01.01.1975 bis 31.12.2003 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 444/1974
  9. B-VG Art. 133 gültig von 25.12.1946 bis 31.12.1974 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 211/1946
  10. B-VG Art. 133 gültig von 19.12.1945 bis 24.12.1946 zuletzt geändert durch StGBl. Nr. 4/1945
  11. B-VG Art. 133 gültig von 03.01.1930 bis 30.06.1934

Spruch

W217 2122505-1/9E

W217 2122497-1/9E

W217 2122503-1/9E

W217 2122499-1/9E

W217 2122507-1/9E

W217 2122501-1/9E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Julia STIEFELMEYER als Einzelrichterin über die Beschwerde der römisch 40 , geb. römisch 40 , StA: Afghanistan, vertreten durch ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, Wattgasse 48/3. Stock, 1170 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 14.01.2016, Zl. römisch 40 , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 15.11.2016 zu Recht erkannt:

A)

Dem Antrag der römisch 40 auf internationalen Schutz vom 08.09.2015 wird stattgegeben und römisch 40 gemäß Paragraph 3, Absatz eins, AsylG 2005 idgF der Status der Asylberechtigten zuerkannt. Gemäß Paragraph 3, Absatz 5, AsylG 2005 idgF wird festgestellt, dass römisch 40 damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

B)

Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Julia STIEFELMEYER als Einzelrichterin über die Beschwerde des römisch 40 , geb. römisch 40 , StA: Afghanistan, vertreten durch ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, Wattgasse 48/3. Stock, 1170 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 14.01.2016, Zl. römisch 40 , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 15.11.2016 zu Recht erkannt:

A)

Dem Antrag des römisch 40 auf internationalen Schutz vom 08.09.2015 wird stattgegeben und römisch 40 gemäß Paragraph 3, Absatz eins, AsylG 2005 in Verbindung mit Paragraph 34, Absatz 2, AsylG 2005 idgF der Status des Asylberechtigten zuerkannt. Gemäß Paragraph 3, Absatz 5, AsylG 2005 idgF wird festgestellt, dass römisch 40 damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

B)

Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Julia STIEFELMEYER als Einzelrichterin über die Beschwerde des römisch 40 , alias römisch 40 , geb. römisch 40 , StA: Afghanistan, vertreten durch römisch 40 , diese vertreten durch ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, Wattgasse 48/3. Stock, 1170 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 14.01.2016, Zl. römisch 40 , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 15.11.2016 zu Recht erkannt:

A)

Dem Antrag des römisch 40 , alias römisch 40 , auf internationalen Schutz vom 08.09.2015 wird stattgegeben und römisch 40 , alias römisch 40 , gemäß Paragraph 3, Absatz eins, AsylG 2005 in Verbindung mit Paragraph 34, Absatz 2, AsylG 2005 idgF der Status des Asylberechtigten zuerkannt. Gemäß Paragraph 3, Absatz 5, AsylG 2005 idgF wird festgestellt, dass römisch 40 , alias römisch 40 , damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

B)

Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Julia STIEFELMEYER als Einzelrichterin über die Beschwerde des römisch 40 , geb. römisch 40 , alias römisch 40 , StA: Afghanistan, vertreten durch römisch 40 , diese vertreten durch ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, Wattgasse 48/3. Stock, 1170 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 14.01.2016, Zl. römisch 40 , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 15.11.2016 zu Recht erkannt:

A)

Dem Antrag des römisch 40 auf internationalen Schutz vom 08.09.2015 wird stattgegeben und römisch 40 gemäß Paragraph 3, Absatz eins, AsylG 2005 in Verbindung mit Paragraph 34, Absatz 2, AsylG 2005 idgF der Status des Asylberechtigten zuerkannt. Gemäß Paragraph 3, Absatz 5, AsylG 2005 idgF wird festgestellt, dass römisch 40 damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

B)

Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Julia STIEFELMEYER als Einzelrichterin über die Beschwerde des römisch 40 , geb. römisch 40 , StA: Afghanistan, vertreten durch römisch 40 , diese vertreten durch ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, Wattgasse 48/3. Stock, 1170 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 14.01.2016, Zl. römisch 40 , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 15.11.2016 zu Recht erkannt:

A)

Dem Antrag des römisch 40 auf internationalen Schutz vom 08.09.2015 wird stattgegeben und römisch 40 gemäß Paragraph 3, Absatz eins, AsylG 2005 in Verbindung mit Paragraph 34, Absatz 2, AsylG 2005 idgF der Status des Asylberechtigten zuerkannt. Gemäß Paragraph 3, Absatz 5, AsylG 2005 idgF wird festgestellt, dass römisch 40 damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

B)

Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Julia STIEFELMEYER als Einzelrichterin über die Beschwerde des römisch 40 , geb. römisch 40 , StA: Afghanistan, vertreten durch römisch 40 , diese vertreten durch ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, Wattgasse 48/3. Stock, 1170 Wien gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 14.01.2016, Zl. römisch 40 , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 15.11.2016 zu Recht erkannt:

A)

Dem Antrag des römisch 40 auf internationalen Schutz vom 08.09.2015 wird stattgegeben und römisch 40 gemäß Paragraph 3, Absatz eins, AsylG 2005 in Verbindung mit Paragraph 34, Absatz 2, AsylG 2005 idgF der Status des Asylberechtigten zuerkannt. Gemäß Paragraph 3, Absatz 5, AsylG 2005 idgF wird festgestellt, dass römisch 40 damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

B)

Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

römisch eins. Verfahrensgang:

1. Die Erstbeschwerdeführerin, ihr Ehegatte, der Zweitbeschwerdeführer, und ihre vier minderjährigen Kinder, der Drittbeschwerdeführer, der Viertbeschwerdeführer, der Fünftbeschwerdeführer sowie der Sechstbeschwerdeführer, reisten illegal in das Bundesgebiet ein und stellten am 08.09.2015 die gegenständlichen Anträge auf internationalen Schutz. Im Rahmen der Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 09.09.2015 führten die Beschwerdeführer im Beisein eines Dolmetschers der Sprache Dari im Wesentlichen aus, ihre Muttersprache sei Dari. Sie hätten in Afghanistan, in der Provinz Parwan, in römisch 40 gewohnt. Sie seien Angehörige der Volksgruppe der Tadschiken und sunnitische Moslems. Sie seien geflüchtet, weil überall Krieg sei und Bomben explodiert seien. Vor einem Jahr hätten sie den Entschluss zur Ausreise gefasst. Vor 40 Tagen hätten sie schlepperunterstützt die Heimat verlassen. Die finanzielle Situation in Afghanistan sei schlecht gewesen, der Zweitbeschwerdeführer habe als Bauarbeiter seinen Lebensunterhalt bestritten, dies habe ihm jedoch nicht gefallen. In Österreich könne er ein besseres Leben führen.

2. In der Einvernahme am 21.01.2016 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge BFA) gab die Erstbeschwerdeführerin in Anwesenheit eines Dolmetschers der Sprache Dari zu ihrer Person im Wesentlichen an, den oben im Spruch wiedergegebenen Namen zu führen, Staatsangehörige von Afghanistan und sunnitische Muslime zu sein sowie der Volksgruppe der Tadschiken anzugehören. Sie sei 32 Jahre alt, Hausfrau, Gattin des Zweitbeschwerdeführers und habe vier Kinder. Sie sei nie in der Schule gewesen und könne nicht lesen und schreiben. Sie habe in Afghanistan in der Provinz Parwan, römisch 40 , gelebt. Sie habe in Österreich keine Verwandten, mache Deutschkurse und habe auch eine Teilnahmebestätigung.

Zu den Fluchtgründen befragt führte sie aus, die Explosionen, die unsichere Lage und die allgemeine schlechte Situation in Afghanistan habe sie veranlasst, die Heimat zu verlassen. Weiters sei ihr Mann einmal vor zwölf Jahren von Taliban angegriffen worden. Darüber hinaus sei der Weg zur Schule nie sicher gewesen, weshalb die zwei älteren Kinder nur zwei Jahre die Schule im rund 1 km entfernten Dorf besucht hätten. Da sie alles verkauft hätten seien sie nun mittellos. Zur Frage, ob sie ein fluchtauslösendes Ereignis nennen könne, führte die Erstbeschwerdeführerin aus, "Nein. Die Taliban sind in unserer Nähe. Wir haben Angst gehabt, nachdem mein Mann und ich beide nicht lesen und schreiben können, deswegen wollten wir dass unsere Kinder die Schule besuchen dürfen und deshalb sind wir in Europa." Ihre Angaben würden auch für die minderjährigen Kinder gelten, die keine eigenen Fluchtgründe hätten.

Der Zweitbeschwerdeführer führte in seiner Einvernahme am 21.01.2016 vor dem BFA aus, den oben im Spruch wiedergegebenen Namen zu führen, Staatsangehöriger von Afghanistan und sunnitischer Moslem zu sein sowie der Volksgruppe der Tadschiken anzugehören. Er sei 43 Jahre alt, Analphabet und habe als Koch und dann als Bauarbeiter gearbeitet. Er sei der Ehegatte der Erstbeschwerdeführerin und Vater der gemeinsamen vier Kinder. Er habe in Österreich keine Verwandten, mache Deutschkurse und habe auch eine Teilnahmebestätigung.

Zu den Fluchtgründen befragt führte er aus, neben der wirtschaftlich unzufriedenen Lage habe er sich vor den Taliban gefürchtet. Vor zwölf Jahren, als die Taliban an der Macht waren, sei er geschlagen worden. Er habe auf den Koran schwören müssen und dann sei er wieder freigelassen worden. Seither habe er keinen Kontakt mehr zu diesen Leuten, fürchte sich aber vor der schlechten Situation im Land. Als er noch in Afghanistan gewesen sei, hätten die Taliban Kundus und Pol-e-Chomri eingenommen. Dies habe seine Ausreiseentscheidung bestätigt. Wenngleich diese nun von dort wieder vertrieben worden seien, zeige die Situation die allgemeine Unsicherheit. Es gebe im ganzen Land viele Explosionen und somit keine Zukunft für ihn und seine Familie. Da er schon vor zwölf Jahren mit diesen Extremisten zusammengestoßen sei, habe er das Land noch mehr verlassen wollen. Ein fluchtauslösendes Ereignis könne er nicht nennen. Der ursprünglich ausschließliche wirtschaftliche Grund der Ausreise, nämlich ein normales Leben zu führen und nach Europa zu reisen, bleibe natürlich aufrecht. Er habe von den Anschlägen aus den Medien, aber auch von den Nachbarn erfahren. Er selbst sei nie Zeuge solcher Taten gewesen. Im Fall einer Rückkehr könnten seine Kinder keine Schule besuchen, die Gefahr, dass die Taliban kommen könnten, sei immer gegenwärtig. Auch habe er kein Wohnhaus mehr, da er mit dem Erlös aus dessen Verkauf die Flucht bezahlt habe.

3. Mit den oben im Spruch genannten Bescheiden des BFA jeweils vom 14.01.2016, wies das BFA die Anträge der Beschwerdeführer auf internationalen Schutz vom 09.09.2015 gemäß Paragraph 3, Absatz eins, in Verbindung mit Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 13, AsylG ab (Spruchpunkt römisch eins.), erkannte ihnen den Status der Asylberechtigten ebenso wie gemäß Paragraph 8, Absatz eins, in Verbindung mit Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 13, AsylG den Status von subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan nicht zu (Spruchpunkt römisch II.) und erteilte ihnen keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß Paragraphen 57 und 55 AsylG. Ferner wurde gegen die Beschwerdeführer gemäß Paragraph 10, Absatz eins, Ziffer 3, AsylG in Verbindung mit Paragraph 9, BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß Paragraph 52, Absatz 2, Ziffer 2, FPG erlassen. Gemäß Paragraph 52, Absatz 9, FPG wurde festgestellt, dass die Abschiebung der Beschwerdeführer nach Afghanistan gemäß Paragraph 46, FPG zulässig sei (Spruchpunkt römisch III.). Gemäß Paragraph 55, Absatz eins bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise der Beschwerdeführer zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt römisch IV.).

Begründend führte die belangte Behörde aus, die Identität der Beschwerdeführer könne aufgrund mangelnder Dokumente nicht festgestellt werden, diese würden aber als Verfahrensidentität angenommen werden. Die Beschwerdeführer seien Angehörige der Volksgruppe der Tadschiken und stammten aus der Provinz Parwan. Die Erstbeschwerdeführerin sei mit dem Zweitbeschwerdeführer verheiratet und habe vier Kinder. Weiters traf das BFA Feststellungen zur Situation in Afghanistan. Die Nichtzuerkennung des Status von Asylberechtigten begründete es damit, dass die Beschwerdeführer keine asylrelevante Gefährdung glaubhaft gemacht hätten. Subsidiärer Schutz sei den Beschwerdeführern ebenfalls nicht zu gewähren. Abschließend begründete das BFA seine Ausweisungsentscheidung.

Gemäß Paragraph 52, Absatz eins, BFA-VG wurde den Beschwerdeführern ein Rechtsberater amtswegig zur Seite gestellt.

4. Gegen diese Bescheide wurde fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde erhoben. Unter einem wurde eine Bestätigung über die Teilnahme an einem Deutschkurs der Erstbeschwerdeführerin und des Zweitbeschwerdeführers übermittelt.

In der Beschwerde wurde u.a. vorgebracht, der Zweitbeschwerdeführer und seine Familie seien in Afghanistan bedroht und verfolgt worden. Vor ca. zwölf Jahren - als die Taliban an die Macht gekommen seien - sei der Zweitbeschwerdeführer von diesen entführt und gezwungen worden, Namen und Adressen von Kommandanten preiszugeben. Er habe das Haus eines Kommandanten namens römisch 40 verraten und seitdem werde die gesamte Familie vom Kommandanten bedroht. Die Taliban hätten damals das Haus des Kommandanten durchsucht und seine Waffen beschlagnahmt. Der Sohn des Zweitbeschwerdeführers, der Drittbeschwerdeführer, sei mit dem Sohn des Kommandanten zur Schule gegangen und ständigen Bedrohungen "Mein Vater wird sich bei dir und deiner Familie rächen" ausgesetzt gewesen. Vor ca. fünf oder sechs Monaten habe römisch 40 das Haus der Beschwerdeführer aufgesucht und diese mit dem Tod bedroht. Des Weiteren seien die Beschwerdeführer aus ihrer Heimat geflüchtet, weil dort Krieg herrsche. Es komme ständig zu Explosionen und die minderjährigen Beschwerdeführer hätten nicht zur Schule gehen können. Aufgrund der zahlreichen Bombenanschläge sei der Weg nicht sicher gewesen. All dies hätten die Beschwerdeführer in den Einvernahmen vor dem BFA ausführen können, wenn ihnen die nötige Zeit dafür gegeben worden wäre und keine Verständigungsprobleme mit dem Dolmetscher bestünden hätten. So habe es das BFA verabsäumt, der Einvernahme einen Dolmetscher für die Sprache Dari oder Farsi beizuziehen.

5. Mit Schreiben vom 02.03.2016 legte das BFA die Beschwerden und die bezughabenden Verwaltungsakten dem Bundesverwaltungsgericht vor.

6. Mit Schreiben vom 03.03.2016 wurden dem Bundesverwaltungsgericht zahlreiche Empfehlungsschreiben sowie Schulbesuchsbestätigungen bezüglich des Dritt-, Viert-, Fünft- und Sechstbeschwerdeführers übermittelt. Mit Schriftsatz vom 23.09.2016 wurden Bestätigungen über den Besuch eines Deutschkurses hinsichtlich der Erstbeschwerdeführerin und des Zweitbeschwerdeführers, sowie der vier minderjährigen Beschwerdeführer sowie Schulbesuchsbestätigungen des Drittbeschwerdeführers, des Viertbeschwerdeführers und des Fünftbeschwerdeführers vorgelegt.

7. Im Rahmen der Anberaumung der mündlichen Verhandlung für den 15.11.2016 wurden den Beschwerdeführern die aktuellen Länderberichte (Informationsblatt der Staatendokumentation Afghanistan, Wien am 21.1.2016) übermittelt.

8. Am 15.11.2016 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung statt, an der die Beschwerdeführer und die Rechtsvertreterin teilgenommen haben. Das BFA ist der Verhandlung entschuldigt ferngeblieben. Im Rahmen der Verhandlung brachte die Erstbeschwerdeführerin vor, sie sei 34 Jahre alt, afghanische Staatsbürgerin, in der Provinz Parwan, in römisch 40 , geboren, gehöre der Volksgruppe der Tadschiken an und sei sunnitische Muslime. Sie habe vor ca. 17 oder 18 Jahren in Afghanistan traditionell ihren Ehemann römisch 40 geheiratet. Dieser sei der Vater ihrer vier Söhne, römisch 40 (15 Jahre), römisch 40 (14 Jahre), römisch 40 (11 Jahre) und römisch 40 (10 Jahre). römisch 40 sei ihr ältester Sohn und sei zwei Jahre vor römisch 40 geboren. Es dürfte ein Fehler anlässlich der Identitätsaufnahme bei der polizeilichen Erstbefragung passiert sein. römisch 40 habe gearbeitet, römisch 40 , römisch 40 und römisch 40 seien jeweils kurz in die Schule gegangen. Genaueres wisse sie nicht. Sie selbst habe keine Schule besucht und sei Analphabetin. Sie sei Hausfrau gewesen, ihr Ehemann, der lange Zeit als Maurer und die letzten 2-3 Jahre vor der Flucht in einem Restaurant als Koch gearbeitet habe, habe für sie gesorgt. Sie habe keine Verwandten in Afghanistan, zu denen sie engeren Kontakt habe. Ihre Geschwister seien im Iran, auch ihre Eltern seien letztes Jahr in den Iran gegangen. Sie telefoniere zwar alle 2-3 Monate mit ihrer Mutter, wisse aber nicht, wo ihre Verwandten im Iran wohnen würden. Sie habe ihr ganzes Leben in der Provinz Parwan verbracht. Anfangs habe sie in ihrem Elternhaus in römisch 40 , nach der Heirat habe sie mit ihrem Ehemann in römisch 40 gelebt. Sie habe keine Verwandten in Österreich, jedoch viele Freunde, die meisten seien Österreicher.

Zu ihren Fluchtgründen befragt, führte die Erstbeschwerdeführerin aus, dass ihr Ehemann, ein Maurer, vor ca. zwölf Jahren, als die Taliban an der Macht gewesen seien, diesen ihren Nachbarn, der Kommandant gewesen sei, verraten habe. Dieser Kommandant habe ihren Ehemann aufgefordert, seine Waffen im Haus des Kommandanten zu verstecken. Später habe ihr Ehemann diese Waffen den Taliban gezeigt. Danach seien sie von diesem Kommandanten, der - so glaube sie - römisch 40 geheißen habe, bedroht worden. Seit dieser Zeit hätten sie in Angst und Furcht verbracht.

Zu ihren persönlichen Lebensumständen befragt, führte die Erstbeschwerdeführerin aus, sie habe in Afghanistan nur in Begleitung ihres Ehemannes das Haus verlassen dürfen. Wenn sie hinausgegangen sei, habe sie eine Burka tragen müssen. Zu ihrer Integration in Österreich befragt, führte die Erstbeschwerdeführerin aus, sie besuche vormittags regelmäßig einen Deutschkurs, im Anschluss daran bereite sie das Essen für die Kinder vor. Ihre Kinder gingen täglich zur Schule, würden ihre Hausaufgaben machen und sich mit ihren Freunden treffen. Alle vier Kinder würden Fußballspielen. Oft gehe sie allein einkaufen. Sie habe in Österreich das Fahrradfahren gelernt und gehe sehr gerne mit Freunden Rad fahren. Auch zum Hausarzt gehe sie allein, zu einem Facharzt sei sie zwar von einer Betreuung begleitet worden, jedoch ohne ihren Ehemann. Wenn sie in Österreich zum Schwimmen gehe, trage sie einen Badeanzug. Sie wolle in Österreich wie alle anderen Frauen auch arbeiten und zwar als Friseurin. Sie genieße die Freiheiten, die sie hier in Österreich habe und niemals in Afghanistan haben könnte. So könne sie sich hier kleiden wie sie wolle. Sie könne allein einkaufen gehen und sogar Fahrradfahren. In Afghanistan wäre das alles nicht möglich.

Der Zweitbeschwerdeführer führte aus, er sei 44 Jahre alt, in der Provinz Parwan, in römisch 40 in römisch 40 geboren, afghanischer Staatsangehöriger, Tadschike und sunnitischer Moslem. Er sei verheiratet, seine Ehefrau heiße römisch 40 . Er habe sie traditionell geheiratet. Er habe sein ganzes Leben in seinem Heimatdorf verbracht. Er habe keine Schule besucht, aber reichlich Erfahrung als Maurer und Koch, wovon er in Afghanistan gelebt habe. Er habe so viel verdient, um ein durchschnittliches Leben führen zu können. Er habe vier Söhne, römisch 40 (15 Jahre), römisch 40 (14 Jahre), römisch 40 (11 Jahre) und römisch 40 (10 Jahre). römisch 40 sei nicht in die Schule gegangen, die anderen drei Söhne seien nur kurz zur Schule gegangen, da sie diese aufgrund der schlechten Sicherheitslage und weil der Zweitbeschwerdeführer von einem Kommandanten bedroht worden sei, nicht regelmäßig besuchen hätten können.

In Österreich besuche er vormittags einen Deutschkurs, wenn die Kinder nach Hause kommen, würden sie gemeinsam Mittagessen, anschließend wiederhole er, was er vormittags im Kurs gelernt habe. Er kenne einige Österreicher, zu den Afghanen im Ort habe er keinen Kontakt. Er helfe in der Gemeinde, bekomme dafür aber kein Geld. Seine Kinder gingen vormittags zur Schule, am Sonntag würden sie Unterricht von zwei Damen aus dem Dorf erhalten. Ein- bis zweimal in der Woche würden sie Fußballspielen. Seine Frau gehe meistens allein einkaufen, ebenso zum Arzt. Wenn der Zweitbeschwerdeführer etwas für sich selbst kaufen wolle, begleite sie ihn. Dass seine Frau beim Schwimmen lediglich einen Badeanzug trage, sei für ihn kein Problem. Er freue sich für seine Frau, dass sie hier ihre Freiheit habe, in Afghanistan sei sie sehr eingeschränkt gewesen.

Zu seinen Fluchtgründen führte der Zweitbeschwerdeführer aus, er habe in Afghanistan als Maurer gearbeitet, das sei im Dorf bekannt gewesen. In der Nachbarschaft habe ein Kommandant gelebt, namens römisch 40 , in dessen Haus der Zweitbeschwerdeführer auch gearbeitet habe. Als die Taliban sein Heimatdorf eingenommen hätten, hätten sie erfahren, dass der Zweitbeschwerdeführer die Häuser in diesem Dorf kennen würde. Sie hätten ihn aufgefordert, ihnen das Haus des Kommandanten zu zeigen. Die Taliban hätten ihn zusammengeschlagen und gezwungen, ihnen das Haus zu zeigen. Er habe vor ca. 12 Jahren von heute an diesen Kommandanten verraten. In dessen Haus hätten die Taliban drei Kalaschnikows und eine Pistole sichergestellt. Später, als die Taliban gestürzt worden seien, sei dieser Kommandant gekommen und habe den Zweitbeschwerdeführer festnehmen wollen. Aber die Dorfältesten hätten ihn unterstützt und dem Kommandanten erklärt, dass er unschuldig sei, weil die Taliban alle Häuser durchsucht hätten. Deshalb sei er nicht festgenommen worden. Dazwischen sei einige Zeit vergangen. Ca. 7 Jahre nach diesem Vorfall, als der Sohn des Kommandanten, römisch 40 , älter geworden sei, habe er immer wieder den Drittbeschwerdeführer auf dem Schulweg bedroht, dass er ihn töten werde. Als der Drittbeschwerdeführer ihm davon berichtet habe, sei der Zweitbeschwerdeführer zu römisch 40 gegangen und habe ihn gebeten, den Drittbeschwerdeführer in Ruhe zu lassen. Daraufhin sei der Kommandant zum Zweitbeschwerdeführer gekommen und habe ihn und seine Familie bedroht. Er habe gesagt, dass er diese vernichten würde, weil der Zweitbeschwerdeführer seinen Sohn bedroht habe. Dieser Vorfall habe sich etwa einen Monat vor der Ausreise aus Afghanistan ereignet. Nach diesem Gespräch habe er gewusst, dass er an keinem Ort in Afghanistan sicher leben könne und habe beschlossen, Afghanistan zu verlassen. Seit der Bedrohung durch den Sohn des Kommandanten sei die Familie ständig bedroht worden.

Der Drittbeschwerdeführer führte in der mündlichen Verhandlung im Beisein der gesetzlichen Vertreter sowie der Rechtsvertreterin aus, er heiße römisch 40 und sei 15 Jahre alt. Er habe in Afghanistan die Schule besucht, jedoch nur etwa ein bis zwei Jahre, weil dort keine Sicherheit geherrscht habe und er auf dem Schulweg vom Sohn des Kommandanten, römisch 40 , bedroht worden sei, dieser würde seinen Vater töten. Den Grund, weshalb römisch 40 seinen Vater töten wollte, wisse er nicht. Die Sicherheitslage sei in Afghanistan sehr schlecht gewesen. Sie hätten sich dort nicht frei bewegen können. Etwas entfernt sei einmal ein Anschlag durchgeführt worden, bei dem auch Ausländer gewesen sein. Der Drittbeschwerdeführer habe immer Angst gehabt, dass so etwas noch einmal passieren würde.

römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Die Beschwerdeführer sind afghanische Staatsangehörige, Angehörige der Volksgruppe der Tadschiken und gehören der islamisch-sunnitischen Glaubensrichtung an. Ihre Muttersprache ist Dari. Die Erstbeschwerdeführerin ist die Ehefrau des Zweitbeschwerdeführers und die Mutter des minderjährigen Drittbeschwerdeführers, des minderjährigen Viertbeschwerdeführers, des minderjährigen Fünftbeschwerdeführers sowie des minderjährigen Sechstbeschwerdeführers. Die Ehe wurde in Afghanistan geschlossen. Die Erstbeschwerdeführerin wurde in der Provinz Parwan geboren. Sie besuchte keine Schule und verfügt über keine Berufsausbildung. Für den Lebensunterhalt der Erstbeschwerdeführerin und der minderjährigen Kinder sorgte der Zweitbeschwerdeführer, der in Parwan als Koch und Maurer gearbeitet hat.

Die Erstbeschwerdeführerin ist in ihrer Wertehaltung und ihrer Lebensweise an dem in Europa mehrheitlich gelebten Frauen- und Gesellschaftsbild orientiert. Sie lebt in Österreich nicht nach der konservativ-afghanischen Tradition, lehnt die Umstände und Lebensverhältnisse für Frauen in Afghanistan ab und kann sich nicht vorstellen, nach der konservativ-afghanischen Tradition zu leben. Der Dritt- und der Viertbeschwerdeführer besuchen die Neue Mittelschule römisch 40 , der Fünft- und der Sechstbeschwerdeführer besuchen die Volksschule in römisch 40 .

Die Dritt- bis Sechstbeschwerdeführer verfügen über einen österreichischen Freundeskreis.

Auch die Erstbeschwerdeführerin und der Zweitbeschwerdeführer besuchen in Österreich einen Deutschkurs. Die Erstbeschwerdeführerin kümmert sich um den Haushalt und um die Familie. Sie geht alleine einkaufen.

Das Vorbringen der Erstbeschwerdeführerin zum Bestehen einer Verfolgungsgefahr hinsichtlich ihrer Person aufgrund des Umstandes, dass sie eine westlich orientierte Frau ist, ist glaubhaft und wird der Entscheidung als maßgebender Sachverhalt zu Grunde gelegt. Die persönliche Haltung der Erstbeschwerdeführerin zur grundsätzlichen Stellung der Frau in Familie und Gesellschaft steht im eindeutigen Widerspruch zu den in Afghanistan bislang vorherrschenden gesellschaftlich-religiösen Zwängen, denen Frauen dort mehrheitlich unterworfen sind. Die Erstbeschwerdeführerin ist von ihrer persönlichen Wertehaltung her überwiegend an dem in Europa mehrheitlich gelebten, allgemein als "westlich" bezeichnenden Frauen- und Gesellschaftsbild orientiert. Es kann daher im gegenständlichen Fall nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden, dass die Erstbeschwerdeführerin aufgrund dieser persönlichen Wertehaltung einer Verfolgung ausgesetzt.

Die Beschwerdeführer sind strafrechtlich unbescholten.

1.2. Zur Situation im Herkunftsstaat wird Folgendes festgestellt:

Zur aktuellen Lage in Afghanistan werden folgende Auszüge aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom 21.01.2016 zugrunde gelegt:

Verfassung:

Nach dem Sturz des Taliban-Regimes im Jahr 2001 wurde eine neue Verfassung erarbeitet, die schließlich im Januar 2004 ratifiziert wurde (IDEA o.D.) und auf der Verfassung aus dem Jahr 1964 basiert. Bei Ratifizierung sah diese Verfassung vor, dass kein Gesetz gegen die Grundsätze und Bestimmungen des Islam verstoßen darf und dass alle Bürger Afghanistans, Mann und Frau, gleiche Rechte und Pflichten vor dem Gesetz haben (BFA Staatendokumentation 3.2014; vergleiche Max Planck Institute 27.01.2004).

Afghanistans Präsident und CEO:

Am 29.09.2014 wurde Ashraf Ghani als Präsident Afghanistans vereidigt (CRS 12.01.2015). Nach monatelangem Streit hatten sich Ghani und Abdullah auf eine gemeinsame Einheitsregierung geeinigt. Das Abkommen sieht vor, dass für den Zweitplatzierten bei der Wahl der Posten eines bislang nicht vorgesehenen Ministerpräsidenten geschaffen wird (FAZ 15.06.2014). Abdullah, der Verlierer der Präsidentschaftswahl, bekam den Posten des Geschäftsführers der Regierung bzw. "Chief Executive Officer" (CEO) der Regierung (CRS 12.01.2015). Diese per Präsidialdekret eingeführte Position weist Ähnlichkeiten mit der Position eines Premierministers auf (AA 8.2015). Der CEO fungiert quasi als Premierminister, auch wenn eine Verfassungsänderung zur formalen Schaffung des Postens des Premierministers noch ausständig ist (CRS 12.01.2015).

Regierungsbildung:

Obwohl Ghani ursprünglich versprochen hatte, 45 Tage nach seiner Vereidigung eine Regierung zu präsentieren, zeichnete sich bald ab, dass dieses Versprechen nicht eingehalten werden kann, da für die Regierungsbildung in Afghanistan für die Kabinettsposten die Koalitionspartner aus Ghanis und Abdullahs Lager gleichermaßen berücksichtigt werden müssen. Eine Regierung muss die starken regionalen und ethnischen sowie Stammesbindungen und -befindlichkeiten berücksichtigen, soll sie im ganzen Land akzeptiert sein. Ferner beabsichtigte Ghani, die Ministerien nur Personen mit Fachkenntnissen anzuvertrauen und keine bisherigen Minister oder Parlamentarier ins Kabinett aufzunehmen, um so die Voraussetzungen für einen kompetenten Neuanfang zu schaffen. Doch wird die Übung unter solchen Prämissen zusätzlich erschwert. Ghanis Kabinettsliste war in Afghanistan mit Erleichterung aufgenommen worden, weil das Land endlich eine handlungsfähige Regierung braucht. Zwar fragten sich Beobachter wie das Afghanistan Analysts Network einerseits, inwieweit eine junge und recht unerfahrene Regierung den Herausforderungen gewachsen sei. Anderseits wurde Ghanis Festhalten am Versprechen, keine politischen Schwergewichte der Vergangenheit in die Regierung aufzunehmen, durchaus anerkennend kommentiert (NZZ 22.01.2015).

Parlament und Parlamentswahlen:

Die afghanische Nationalversammlung, Shuraye Melli, basiert auf einem Zweikammersystem, das sich in ein Unterhaus, Wolesi Jirga, und ein Oberhaus, Meshrano Jirga, auch Ältestenrat oder Senat genannt, gliedert. Das Unterhaus setzt sich aus 249 Sitzen zusammen, die sich proportional zur Bevölkerungszahl auf die 34 Provinzen verteilen. Verfassungsgemäß sind für Frauen 68 Sitze und für die Minderheit der Kuchi 10 Sitze im Unterhaus reserviert (USDOS 25.06.2015; vergleiche CRS 15.10.2015 und CRS 12.01.2015).

Das Oberhaus setzt sich aus 102 Sitzen zusammen. Zwei Drittel von diesen werden von den gewählten Provinzräten vergeben. Ein Drittel der Sitze, wovon wiederum 50% mit Frauen besetzt werden müssen, vergibt der Präsident selbst, (CRS 12.01.2015; vergleiche CRS 15.10.2015). Zwei der vom Präsidenten zu vergebenden Sitze sind verfassungsgemäß für die Kutschi-Minderheit und zwei weitere für Behinderte bestimmt. Die verfassungsmäßig vorgegebenen Quoten gewährleisten einen Frauenanteil von 25% im Parlament und über 30% in den Provinzräten. Ein Sitz im Oberhaus ist für die Ernennung eines Sikh- oder Hindu-Repräsentanten reserviert (USDOS 25.06.2015).

Eine der wesentlichen Neuerungen, welche die Parlamentswahlen 2005 und 2010 betrafen, war die "single non-transferable vote (SNTV)"-Regelung. Jedem Wahlkreis ist, proportional zur Bevölkerungszahl, mehr als ein Sitz im Parlament zugeteilt. Die Wähler des Wahlkreises können jeweils eine Stimme abgeben. Die Sitze des Wahlkreises gehen an die Kandidaten des Kreises in der Reihenfolge der Anzahl der von ihnen gewonnenen Stimmen. Dieses System ist weltweit sehr selten (UNAMA o.D.; vergleiche NDI 2011; vergleiche CRS 15.10.2015). Durch das System treten die Kandidaten individuell gegeneinander an und erlangen die Sitze nicht über Parteilisten (CRS 15.10.2015).

Die Rolle des Zweikammern-Parlaments (Unterhaus "Wolesi Jirga", Oberhaus "Meshrano Jirga") bleibt trotz wachsenden Selbstbewusstseins der Parlamentarier begrenzt. Zwar beweisen die Abgeordneten mit der kritischen Anhörung und auch Abänderung von Gesetzentwürfen in teils wichtigen Punkten, dass das Parlament grundsätzlich funktionsfähig ist. Generell leidet die Legislative aber nicht nur unter ihrer schwachen Rolle im Präsidialsystem, sondern auch unter dem unterentwickelten Parteiensystem und mangelnder Rechenschaft der Parlamentarier gegenüber ihren Wählern (AA 06.11.2015).

Parteien:

Die afghanische Parteienlandschaft ist wenig entwickelt und mit über 50 registrierten Parteien stark zersplittert. Die meisten dieser Gruppierungen erscheinen jedoch mehr als Machtvehikel ihrer Führungsfiguren denn als politisch-programmatisch gefestigte Parteien. Ethnischer Proporz, persönliche Beziehungen und ad hoc geformte Koalitionen genießen in der Regel mehr Einfluss als politische Organisationen. Die Schwäche des Parteiensystems ist auch auf das Fehlen eines Parteienfinanzierungsgesetzes zurückzuführen sowie auf das Wahlsystem (Direktwahl mit einfacher, nicht übertragbarer Stimme). Reformversuche sind im Gange, werden aber durch die unterschiedlichen Interessenlagen der verschiedenen politischen Lager immer wieder gestört (AA 6.11.2015).

Oppositionsbewegungen und Parteien - ganz gleich ob Kommunisten oder rechtsreligiös - wurden gezwungen, entweder unterzutauchen oder ins Exil zu gehen. Unter einer neuen und formellen Verfassung haben sich seit 2001 früher islamistisch-militärische Fraktionen, kommunistische Organisationen, ethno-nationalistische Gruppen und zivilgesellschaftliche Gruppen zu politischen Parteien gewandelt. Sie repräsentieren einen vielgestaltigen Querschnitt der politischen Landschaft und haben sich in den letzten Jahren zu Institutionen entwickelt. Keine von ihnen ist eine Organisation politischen Glaubens oder Mobilmacher von Wähler/innen, wie es Parteien in reiferen Demokratie sind. Der Terminus Partei umfasst gegenwärtig eine Reihe von Organisationen mit sehr unterschiedlichen organisatorischen und politischen Hintergründen. Trotzdem existieren Ähnlichkeiten in ihrer Arbeitsweise. Einer Anzahl von ihnen war es möglich, die Exekutive und Legislative der Regierung zu beeinflussen, aber nicht immer durch Wahlerfolge (USIP 3.2015).

Die Machtstrukturen in Afghanistan sind vielschichtig und verwoben. Eignung, Befähigung und Leistung spielen oftmals eine untergeordnete Rolle bei der Verteilung politischer bzw. administrativer Ämter. Die Entscheidungen über viele Personalien, auch in entlegenen Provinzen, werden von der Zentralregierung in Kabul, häufig sogar vom Präsidenten getroffen. Im Vielvölkerstaat Afghanistan spielen informelle Beziehungsnetzwerke und der Proporz der Ethnien eine wesentliche Rolle. Die Machtverteilung wird national und auch lokal so austariert, dass die Loyalität einzelner Persönlichkeiten und Gruppierungen gesichert erscheint. Handeln lokale Machthaber entgegen der Regierungspolitik, bleiben Sanktionen allerdings häufig aus. Politische Allianzen werden in der Regel nach pragmatischen Gesichtspunkten geschmiedet. Dadurch kommt es, für Außenstehende immer wieder überraschend, zu Koalitionswechseln und dem Herauslösen von Einzelpersonen aus bestehenden politischen Verbindungen, unabhängig von Parteistrukturen (AA 06.11.2015).

Im Jahr 2009 wurde ein neues Parteiengesetz eingeführt, welches eine Neuregistrierung aller Parteien verlangte und ferner zum Ziel hatte, ihre Zahl zu reduzieren. Anstatt wie bisher die Unterschrift von 700 Mitgliedern vorzuweisen, mussten sie nun 10.000 Unterschriften aus allen Provinzen einbringen. Diese Bedingung reduzierte tatsächlich die Zahl der offiziell registrierten Parteien von mehr als 100 auf 63, trug aber scheinbar nur wenig zur Konsolidierung von Parteiunterstützungsbasen oder institutionalisieren Parteipraktiken bei (USIP 3.2015).

Friedens- und Versöhnungsprozess:

Der afghanische Friedens- und Versöhnungsprozess ist nach einem ersten direkten und öffentlichen Treffen zwischen Regierung und Taliban in diesem Jahr wieder ins Stocken geraten. Die von der RNE sofort nach Amtsantritt konsequent auf den Weg gebrachte Annäherung an Pakistan stagniert, seit die afghanische Regierung Pakistan der Mitwirkung an mehreren schweren Sicherheitsvorfällen in Afghanistan beschuldigte. Im Juli 2015 kam es erstmals zu direkten Vorgesprächen zwischen der afghanischen Regierung und den Taliban über einen Friedensprozess, die aber nach der Enthüllung des jahrelang verschleierten Todes des Taliban-Führers Mullah Omar bereits nach der ersten Runde wieder eingestellt wurden. Beide Seiten haben sich aber grundsätzlich weiter zu Verhandlungen bereit erklärt. Die Reintegration versöhnungswilliger Insurgenten bleibt weiter hinter den Erwartungen zurück, auch wenn bis heute angeblich ca. 10.000 ehemalige Taliban über das "Afghanistan Peace and Reintegration Program" in die Gesellschaft reintegriert wurden (AA 06.11.2015).

Sicherheitslage:

Im Zeitraum 01.08.-31.10.2015 verzeichnete die UNO landesweit 6.601 sicherheitsrelevante Vorfälle. Diese Vorfälle beziehen sich auf Arbeit, Mobilität und Sicherheit von zivilen Akteuren in Afghanistan. Dies bedeutet eine Steigerung von 19% zum Vergleichszeitraum des Jahres 2014. 62% dieser Vorfälle fanden in den südlichen, südöstlichen und östlichen Regionen statt. Im Berichtszeitraum gelang es den Taliban, neben Kunduz City weitere 16 Distriktzentren einzunehmen. Deren Großteil befindet sich im Norden (Badakhshan, Baghlan, Faryab, Kunduz, Sar-e Pul und Takhar), im Westen (Faryab) und im Süden (Helmand und Kandahar) des Landes. Den afghanischen Sicherheitskräften war es jedoch möglich, bis Ende Oktober 13 Distriktzentren wieder zurückzuerobern (UN GASC 10.12.2015).

Im Zeitraum 01.06.-31.7.2015 registrierte die UNO landesweit 6.096 sicherheitsrelevante Vorfälle, ein Rückgang von 4,6% zum Vergleichszeitraum des Vorjahres. Die geographische Reichweite des Konfliktes fokussierte sich hauptsächlich auf die nord-östlichen Regionen rund um Kunduz, Badakhshan und Badghis, im Nordwesten auf die Provinz Faryab und im Südosten auf Nangarhar und im Süden auf Helmand. Der Großteil der Vorfälle wurde in den südlichen und östlichen Teilen des Landes registriert. In Kandahar, Nangarhar, Ghazni, Helmand und Kunar wurden 44.5% aller sicherheitsrelevanten Vorfälle des Berichtszeitraumes registriert (UN GASC 01.09.2015).

Einige Experten haben auf Leistungsverbesserungen der afghanischen Sicherheitskräfte hingewiesen (SCR 9.2015). Ein erhöhtes Operationstempo hat zu einer signifikant höheren Opferzahl unter den afghanischen Sicherheitskräften geführt (+27% im Zeitraum von 01.01.-15.11.2015 im Vergleich zu 2014) (USDOD 12.2015). Ähnliche Zahlen nennt WP, mit 7.000 getöteten und 12.000 verletzten Mitgliedern der afghanischen Sicherheitskräfte (+26% zum Jahr 2014). Im gesamten Jahr 2014 wurde hingegen von 5.000 getöteten afghanischen Polizisten und Soldaten berichtet (SCR 9.2015). Zudem haben die Taliban ihre Angriffe auf Sicherheitskräfte seit Beginn ihrer jährlichen Frühjahrsoffensive im April 2015 erhöht (BBC 29.06.2015).

Die afghanische Regierung behält die Kontrolle über Kabul, größere Transitrouten, Provinzhauptstädte und fast alle Distriktzentren. Die afghanischen Sicherheitskräfte sind im Allgemeinen fähig, die größeren Bevölkerungszentren effektiv zu beschützen, bzw. verwehren es den Taliban, für einen längeren Zeitraum Einfluss in einem Gebiet zu halten. Gleichzeitig haben die Taliban bewiesen, dass sie ländliche Gegenden einnehmen, Schlüsselgebiete bedrohen (z.B. in Helmand) und gleichzeitig high-profile Angriffe in Kabul durchführen können (USDOD 12.2015). Laut Angaben der afghanischen Regierung kontrollieren die Taliban nur vier der mehr als 400 Bezirke landesweit, aber es ist bekannt, dass diese Zahl stark untertrieben ist. Die afghanische Regierung hat außerdem oftmals nur Kontrolle über die Distriktzentren, aber nicht über die ländlichen Gebiete (The Long War Journal 22.09.2015).

Es gab Vorschläge zur Gründung regierungsfreundlicher Milizen - sogenannter lokaler Verteidigungskräfte -, um die afghanischen Sicherheitskräfte zu unterstützen. Diese existieren angeblich bereits in einer Anzahl von Provinzen (UNGASC 10.12.2015).

Es gibt drei Gründe für das Wiederaufleben der Taliban: Erstens das Ende der US-amerikanischen und NATO-Mission Ende 2014 sowie der Abzug der ausländischen Kräfte aus Afghanistan haben den militärischen Druck auf die Taliban verringert. Krisen in anderen Teilen der Welt (Syrien, Irak und Ukraine) nährten bei den Taliban die Hoffnungen auf ein Desinteresse der internationalen Gemeinschaft. Wenn Taliban militärische Stützpunkte, Distriktzentren und Check-Points Afghanistans überrennen, erbeuten sie jedes Mal Waffen für den Kampf gegen die afghanische Regierung. Zweitens vertrieb die pakistanische Militäroperation Zarb-e Azb in den Stammesgebieten Nordwaziristans im Juni 2014 tausende Aufständische - hauptsächlich Usbeken, Araber und Pakistanis -, die nach Afghanistan strömten und in den Rängen der Taliban aufstiegen. Die Taliban lenkten ohnehin eine große Anzahl ihrer eigenen Kämpfer von Pakistan aus. Drittens mangelt es den afghanischen Sicherheitskräften an Ausbildung und Ausstattung, vor allem in den Bereichen Luftstreitkräfte und Aufklärung. Außerdem nützen die Taliban interne Machtkämpfe der Kabuler Zentralregierung und deren scheinbare Schwäche in verschiedenen Bereichen in Kabul aus (BBC 05.01.2016).

Rebellengruppen:

Durch die Talibanoffensiven in den Provinzen Helmand und Kunduz entsteht der Eindruck, dass die afghanischen Sicherheitskräfte die Hauptbevölkerungszentren nicht kontrollieren können. Dies untergräbt das öffentliche Vertrauen, selbst dann, wenn es afghanischen Sicherheitskräften möglich ist, die Zentren zurückerobern, und überschattet die zahlreichen Erfolge der afghanischen Sicherheitskräfte (USDOD 12.2015).

Militärische Operationen im pakistanischen Nordwaziristan haben hunderte gut ausgebildete ausländische Kämpfer nach Afghanistan abgedrängt, wo sie nun die Taliban und den islamischen Staat unterstützen (WP 27.12.2015; vergleiche Pakistan Today 22.12.2015; UN GASC 10.12.2015; Tolonews 21.12.2015).

Doch die Taliban haben auch mit Rückschlägen zu kämpfen. Nach der Nachricht vom Tod Mullah Omars hat sich die Bewegung zersplittert, und Auseinandersetzungen zwischen Talibanführern begünstigen Fortschritte des IS, vor allem im östlichen Afghanistan (DS 06.01.2016).

Taliban und Frühlingsoffensive:

Während der warmen Jahreszeit (ca. Mai - Oktober) spricht man von der "Fighting Season", in der die meist koordinierten Angriffe von Aufständischen, in Gruppenstärke oder stärker, auf Einrichtungen der ANSF (Afghan Security Forces) oder GIROA (Government of Islamic Republic of Afghanistan) stattfinden. Manchmal sind auch Einrichtungen der IC (International Coalition) betroffen. Diese werden aber meist gemieden, da es sich hierbei um sogenannte "harte Ziele" handelt. Gegen die IC werden nach wie vor nicht-konventionelle Mittel eingesetzt (Sprengfallen, Magnetbomben). Außerhalb der "Fighting Season" verlegen kampfwillige Aufständische ihre Aktivtäten in die Städte, da hier die ungünstige Witterung kein Faktor ist (Liaison Officer to Ministry of Interior of GIROA 14.11.2014).

Die Taliban haben signifikante Verluste zu verzeichnen - abgesehen von der temporären Einnahme der Stadt Kunduz war es ihnen nicht möglich, ihre Hauptstrategie und ihre Operationsziele für die Fighting Season 2015 zu erreichen. Auch in Kunduz war es ihnen nicht möglich, das Territorium für einen längeren Zeitraum zu halten. Während der gesamten Fighting Season bewiesen die Taliban Erfahrung in der Durchführung von Angriffen und Bedrohungen von ländlichen Distrikten und zwangen so die afghanischen Sicherheitskräfte in eine reaktive Position (USDOD 12.2015).

Al-Qaida:

Die amerikanischen Behörden gehen von einer Zahl von weniger als 100 Kämpfern der al-Qaida in Afghanistan aus. Die meisten von ihnen sind in den nordöstlichen Provinzen Afghanistans, wie Kunar, aktiv. Manche dieser Kämpfer gehören zu Gruppen, die an al-Qaida angegliedert und in Kunduz aktiv sind (CRS 22.12.2015).

Haqqani-Netzwerk:

Die Gruppe wurde in den späten 1970er Jahren durch Jalaluddin Haqqani gegründet. Sie ist mit al-Qaida und afghanischen Taliban verbündet, sowie mit anderen terroristischen Organisationen in der Region (Khaama Press 16.10.2014). Die Stärke des Haqqani-Netzwerks wird auf 3.000 Kämpfer geschätzt (NYT 17.10.2014).

Obwohl angenommen wird, dass das Netzwerk der al-Qaida näher steht als den Taliban (CRS 09.10.2014), wurde nach der Meldung vom Tod Mullah Omars Siraj Haqqani zum stellvertretenden Talibanführer befördert. Dies signalisiert, dass das Haqqani-Netzwerk auch weiterhin eine wichtige Komponente des Taliban-geführten Aufstandes ist (USDOD 12.2015).

Der Aufstand des Haqqani-Netzwerks ist vermehrt in den östlichen Provinzen Khost, Paktia, Paktika und Kunar vorzufinden (DW 17.10.2014).

Hezb-e Islami Gulbuddin (HIG):

Die radikal-islamistische Rebellengruppe Hezb-e Islami Gulbuddin (HIG) [Anmerkung: auch Hizb-i-Islami Gulbuddin] wird von Mujahed Gulbuddin Hikmatyar geführt (CRS 22.12.2015). Er war ein ehemaliger Verbündeter der USA im Kampf gegen die Besatzungstruppen der Sowjetunion in den 1980er Jahren. Die HIG wird als kleiner Akteur in den Kampfzonen Afghanistans gesehen (CRS 09.10.2014). Sie ist über die Jahre für ihre Grausamkeit bekannt geworden, sodass sogar die Taliban sich von ihr abwendeten (BBC 02.09.2014). Die Gruppe selbst ist ideologisch wie auch politisch mit al-Qaida und den Taliban verbündet. In der Vergangenheit kam es mit den Taliban jedoch zu Kämpfen um bestimmte Gebiete (CRS 09.10.2014).

IS/ISIS/ISIL/Daesh - Islamischer Staat:

Der Islamische Staat hat seinen Einfluss in Afghanistan seit Mitte des Jahres 2014 erhöht. Es wird berichtet, dass der Führer des Islamischen Staates Abu Bakr al-Baghdadi, Berichten zufolge, unter dem Talibanregime in Kabul gelebt und mit al-Qaida kooperiert hat. Die Präsenz der Gruppe in Afghanistan hat sich Anfang des Jahres 2013 aus mehreren kleinen afghanischen Taliban- und anderen Aufständischenfraktionen herausentwickelt (CRS 22.12.2015). Die Präsenz des islamischen Staates hat sich ausgeweitet, als immer mehr Talibanfraktionen dem IS Treue schworen. So kam es zur Einnahme kleiner Gebiete, hauptsächlich im östlichen Afghanistan, durch den IS (CRS 22.12.2015; vergleiche Tolonews 12.07.2015). Ende 2015 gab es Berichte über finanzielle Hilfe des IS für seinen afghanischen Zweig (CRS 22.12.2015). Ehemalige Kämpfer von al-Qaida, Taliban und Haqqani-Netzwerk steigen in den Rängen des IS auf (Pajhwok 26.05.2015).

Der afghanische Geheimdienst NDS hat eine Spezialeinheit damit beauftragt, Razzien gegen den IS durchzuführen (Pajhwok 01.07.2015). Das afghanische Innenministerium konzentriert sich auf bessere Ausbildung und Ausrüstung der nationalen und lokalen Polizei, damit nicht die Notwendigkeit zur Selbstjustiz für Anrainer/innen entsteht (Pajhwok 26.05.2015).

Drogenanbau:

Es ist im Jahr 2015 zu einer Reduzierung der Opiumproduktion um

3.300 Tonnen (48%) gekommen (UN News Centre 14.10.2015).

Zivile Opfer:

Zwischen 01.01. und 30.06.2015 registrierte UNAMA 4.921 zivile Opfer (1.592 Tote und 3.329 Verletzte) - dies deutet einen Rückgang von 6% bei getöteten bzw. von 4% bei verletzten Zivilisten (UNAMA 8.2015).

Konfliktbedingte Gewalt hatte in der ersten Hälfte 2015 Auswirkungen auf Frauen und Kinder. UNAMA verzeichnete 1.270 minderjährige Opfer (320 Kinder starben und 950 wurden verletzt). Das ist ein Anstieg von 23% im Vergleich zu den ersten sechs Monaten 2014. Es gab 559 weibliche Zivilopfer, davon wurden 164 Frauen getötet und 395 verletzt. Das bedeutet einen Anstieg von 13% gegenüber 2014 (UNAMA 8.2015).

Laut UNAMA waren 70% aller zivilen Opfer regierungsfeindlichen Elementen zuzuschreiben, 16% regierungsfreundlichen Kräften (15% den ANSF und regierungsfreundlichen bewaffneten Gruppen, sowie 1% den internationalen militärischen Kräften). UNAMA rechnete 4% der zivilen Opfer Unfällen mit Blindgängern zu (UNAMA 8.2015).

3.436 zivile Opfer (1.213 Tote und 2.223 Verletzte) gehen auf Operationen regierungsfeindlicher Elemente zurück. Das bedeutet einen Rückgang von 3% gegenüber 2014. UNAMA verzeichnete einen Anstieg von 78% bei zivilen Opfern aufgrund von komplexen Angriffen und Selbstmordattentaten, sowie einen Anstieg von individuellen Tötungen. UNAMA registrierte ebenso 46% Rückgang an zivilen Opfern in Bodenkämpfen und 21% Rückgang ziviler Opfer aufgrund von IEDs (improvised explosive devices) (UNAMA 8.2015).

Regierungsfreundliche Kräfte - speziell ANSF - waren auch weiterhin Grund für einen Anstieg bei zivilen Opfern im Jahr 2015. UNAMA registrierte hierzu 796 zivile Opfer (234 wurden getötet und 562 verletzt). Dies deutet einen Anstieg von 60% im Vergleich zum Jahr 2014. Der Großteil dieser zivilen Opfer geht auf Bodenkämpfe regierungsfreundlicher Gruppen, bei denen hauptsächlich Explosivwaffen, wie Mörser, Raketen oder Granaten verwendet wurden. In den ersten sechs Monaten des Jahres 2015 waren regierungsfreundliche Gruppen für mehr zivile Opfer verantwortlich als regierungsfeindliche Elemente. Im Jahr 2015 haben die ANSF ihre Anzahl von Operationen, die am Boden durchgeführt wurden, signifikant erhöht, um den Regierungsbildungsprozess zu unterstützen und Angriffen regierungsfeindlicher Elemente entgegenzuwirken (UNAMA 8.2015).

Die UNAMA verzeichnete 37% Anstieg bei Entführungen von Zivilisten durch regierungsfeindliche Elemente und mehr Morde und Körperverletzungen an den Entführungsopfern. Von 76 entführten Zivilisten wurden im Berichtszeitraum (01.01.-30.06.2015) 62 getötet und 14 verletzt. UNAMA dokumentierte die Entführung von Zivilist/innen durch regierungsfeindliche Elemente für finanzielle Zwecke, zur Einschüchterung der Bevölkerung und um Zugeständnisse von anderen Parteien im Konflikt zu erhalten, z.B. Geiselaustausch (UNAMA 8.2015).

Mitarbeiter/innen internationaler Organisationen und der US-Streitkräfte:

In einem Bericht der norwegischen COI-Einheit Landinfo wurde im September 2015 berichtet, dass zuverlässige Dokumentation von konfliktbezogener Gewalt gegen Afghanen im aktiven Dienst für internationale Organisationen existiert. Andererseits konnte nur eingeschränkte Dokumentation zu konfliktbezogener Gewalt gegen ehemalige Übersetzer, Informanten oder andere Gruppen lokale Angestellte ziviler oder militärischer Organisationen festgestellt werden (Landinfo 09.09.2015). Ferner werden reine Übersetzerdienste, die auch geheime Dokumente umfassen, meist von US-Staatsbürgern mit lokalen Wurzeln durchgeführt, da diese eine Sicherheitszertifizierung benötigen (Liaison Officer to Ministry of Interior of GIROA 14.11.2014).

Grundsätzlich sind Anfeindungen afghanischer Angestellter der US-Streitkräfte üblich, da diese im Vergleich zu ihren Mitbürgern verhältnismäßig viel verdienen. Im Allgemeinen hält sich das aber in Grenzen, da der wirtschaftliche Nutzen für die gesamte Region zu wichtig ist. Tätliche Übergriffe kommen vor, sind aber nicht nur auf ein Arbeitsverhältnis zu ISAF zurückzuführen (Liaison Officer to Ministry of Interior of GIROA 10.11.2014). Des Weiteren bekommen afghanische Angestellte bei den internationalen Streitkräften Uniformen oder Dienstbekleidung, Verpflegung und Zugang zu medizinischer Versorgung nach westlichem Standard. Es handelt sich somit meist um Missgunst. Das Argument der Gefahr im Job für lokale Dolmetscher wurde von den US-Streitkräften im Bereich der SOF (Special Operation Forces), die sehr sensible Aufgaben durchführen, dadurch behoben, dass diesen Mitarbeitern nach einer gewissen Zeit die Mitnahme in die USA angeboten wurde. Dieses Vorgehen wurde von einer militärischen Quelle aus Deutschland bestätigt (Liaison Officer to Ministry of Interior of GIROA 14.11.2014).

Grundversorgung/Wirtschaft:

Für das Jahr 2013 belegte Afghanistan im 'Human Development Index' (HDI) den 169. Platz von mehr als 187 Anmerkung, darunter befanden sich auch einige ex aequo Platzierungen) (UNDP 2014).

Die wirtschaftliche Entwicklung Afghanistans wird trotz Wachstumsraten in der letzten Dekade weiterhin nicht durch ein selbsttragendes Wirtschaftswachstum, sondern durch die Zuflüsse aus der internationalen Gebergemeinschaft stimuliert (AA 8.2015). Die Übergangsphase in Politik und Sicherheit hat die afghanische Wirtschaft stärker beeinträchtigt als erwartet. Das Wirtschaftswachstum ist im Jahr 2014 auf 1,3% gesunken, wobei es im Jahr davor noch 3,7% betrug (WB 10.2015; vergleiche IMF 09.06.2015).

Das Wirtschaftswachstum war zum größten Teil getrieben von Expansion in Industrie (2,4%) und Dienstleistung (2,2%). Private Investitionsaktivitäten zeigten im Jahr 2014 Anzeichen eines Rückgangs, gekennzeichnet durch einen 50%igen Rückgang an neuen Firmenregistrierungen seit dem Jahr 2012. Die Anzahl der neuen Firmenregistrierungen im ersten Halbjahr 2015, die ein Indikator für Investorenvertrauen ist, blieb auf demselben Niveau wie im ersten Halbjahr des Jahres 2014. Eine sanfte Erholung wird für das Jahr 2016 erwartet (WB 2015).

Den größten Anteil am BIP (2014: 21,7 Mrd. USD) hat der Dienstleistungssektor mit 53,5%, gefolgt von der Landwirtschaft mit 27,7% des BIP. Industrieproduktion ist kaum vorhanden. Trotz einer großen Bedeutung des Außenhandels - Afghanistan ist in hohem Maße von Importen abhängig - sind afghanische Produkte bisher auf internationalen sowie regionalen Märkten kaum wettbewerbsfähig (AA 8.2015).

Es wird geschätzt, dass das reale Wachstum des Bruttoinlandprodukts um 3,1% im Jahr 2016 und 3,9% im Jahr 2017 wachsen wird, bedingt durch Verbesserungen im Bereich der Sicherheitslage und eine starke Reformdynamik (WB 10.2015). Wichtige Erfolge wurden im Bereich des Ausbaus der Infrastruktur erzielt. Durch den Bau von Straßen und Flughäfen konnte die infrastrukturelle Anbindung des Landes verbessert werden (AA 8.2015).

Trotz des seit drei Jahren hohen landwirtschaftlichen Produktionsniveaus konnten die starken Landwirtschaftserträge des Jahres 2013 nicht mehr erreicht werden, und so war die Landwirtschaft nicht Teil des Wirtschaftswachstums (WB 10.2015). Die neue Regierung hat die landwirtschaftliche Entwicklung zur Priorität erhoben. Dadurch sollen auch gering qualifizierte Afghaninnen und Afghanen bessere Chancen auf einen Arbeitsplatz bekommen. Insbesondere sollen die landwirtschaftlichen Erzeugnisse Afghanistans wieder eine stärkere Rolle auf den Weltmärkten spielen. Gerade im ländlichen Raum bleiben die Herausforderungen für eine selbsttragende wirtschaftliche Entwicklung angesichts mangelnder Infrastruktur, fehlender Erwerbsmöglichkeiten außerhalb der Landwirtschaft und geringen Ausbildungsstands der Bevölkerung (Analphabetenquote auf dem Land von rund 90%) aber groß. Sicher ist, dass die jährlich rund 400.000 neu auf den Arbeitsmarkt drängenden jungen Menschen nicht vollständig vom landwirtschaftlichen Sektor absorbiert werden können (AA 8.2015).

Große wirtschaftliche Erwartungen werden an die zunehmende Erschließung der afghanischen Rohstoffressourcen geknüpft. In Afghanistan lagern die weltweit größten Kupfervorkommen sowie Erdöl, Erdgas, Kohle, Lithium, Gold, Edelsteine und Seltene Erden. Das seit langem erwartete Rohstoffgesetz wurde im August 2014 verabschiedet. Damit wurden die rechtlichen und institutionellen Rahmenbedingungen für privatwirtschaftliche Investitionen in diesem Bereich verbessert. Entscheidend für Wachstum, Arbeitsplätze und Einnahmen aus dem Rohstoffabbau ist die Umsetzung des Gesetzes. Darüber hinaus müssen Mechanismen zum Einnahmenmanagement etabliert werden. Der Abbau der Rohstoffe erfordert große und langfristige Investitionen in die Exploration und Infrastruktur durch internationale Unternehmen. Bisher sind diese noch kaum im Abbau von Rohstoffen im Land aktiv (AA 8.2015).

Afghanistan bleibt weiterhin der weltweit größte Produzent für Opium, Heroin und Cannabis (AA 8.2015; vergleiche UN GASC 06.09.2015). Rund 2,2 Mio. Afghanen leben mittelbar oder unmittelbar vom Drogenanbau, -handel und -verkauf (AA 8.2015). Trotz einer breit angelegten Strategie verhindern die angespannte Sicherheitslage in den Hauptanbaugebieten im Süden des Landes sowie die weit verbreitete Korruption eine effiziente Bekämpfung des Drogenanbaus (AA 8.2015; vergleiche UN GASC 06.09.2015). Die hohen Gewinnmargen erschweren zudem die Einführung von alternativen landwirtschaftlichen Produkten (AA 8.2015).

Die Internationale Gemeinschaft und Hauptgeber haben ihr Engagement und ihre Partnerschaft für Afghanistan im Rahmen der London Konferenz im Dezember 2014 bestätigt. Sie begrüßen das Engagement der neuen afghanischen Regierung für makroökonomische Stabilität und Reformen, welche Nachhaltigkeit und integratives Wachstum beinhaltet (IMF 5.2015).

Medizinische Versorgung:

Die Datenlage zur medizinischen Versorgung in Afghanistan bleibt äußerst lückenhaft. In vielen Bereichen liegen Daten nur unzuverlässig oder nur ältere statistische Erhebungen der afghanischen Regierung oder der Weltgesundheitsorganisation vor. Besonders betroffen von unzureichender Datenlage sind hierbei die südlichen und südwestlichen Provinzen (AA 16.11.2015). Ferner können sich die im Zuge der Recherche gefundenen Informationen auch widersprechen.

Grundsätzlich hat sich die medizinische Versorgung, insbesondere im Bereich der Grundversorgung, in den letzten zehn Jahren erheblich verbessert, fällt jedoch im regionalen Vergleich weiterhin drastisch zurück (AA 16.11.2015). Auch hat sich seit dem Jahr 2001 der Zugang zur Grundleistung für die afghanische Bevölkerung in fast allen Bereichen erheblich verbessert: der Deckungsgrad medizinischer Gesundheitsversorgung hat sich von 9% im Jahr 2001 auf 80% im Jahr 2011 erweitert (WB 4.2015). Jedoch fällt diese Grundversorgung im regionalen Vergleich weiterhin drastisch zurück (AA 02.03.2015).

Die Sterberate von Kindern unter fünf Jahren ist von 257 auf 165 pro 1.000 Lebendgeburten gesunken, die Säuglingssterblichkeitsrate von 97 auf 77 bei 1.000 Lebendgeburten, und die Müttersterblichkeitsrate ist auf 327 bei 100.000 Lebendgeburten gesunken. Im Vergleich dazu betrug die Müttersterblichkeitsrate im Jahr 2002 noch 1.600. Ferner erhöhte sich die Zahl funktionierender Gesundheitsanstalten von 496 im Jahr 2002 auf 2.000 im Jahr 2012. Proportional dazu erhöhte sich die Zahl der Anstalten mit weiblichem Personal (WB 2015).

In der letzten Dekade hat das afghanische Gesundheitssystem ansehnliche Fortschritte gemacht. Dies aufgrund starker Regierungsführung, einer soliden öffentlichen Gesundheitspolitik, innovativer Servicebereitstellung, sorgfältiger Überwachung und Evaluierung sowie Entwicklungshilfe. Trotz signifikanter Verbesserungen im Bereich des Deckungsgrades und der Qualität der Gesundheitsservices, wie auch einer Reduzierung der Sterberate von Müttern, Säuglingen und Unter-fünf-jährigen, sind die afghanischen Gesundheitsindikatoren weiterhin schlechter als die der Niedrigeinkommensländer, was ferner andeutet, dass die Notwendigkeit besteht, Zugangshindernisse zu Leistungen für Frauen zu beseitigen. Des Weiteren hat Afghanistan eine der höchsten Unterernährungsraten der Welt. Etwa 41% der Kinder unter fünf Jahren leiden unter chronischer Unterernährung. Sowohl Frauen als auch Kinder leiden an Vitamin- und Mineralspiegeldefiziten (WB 4.2015).

Die medizinische Versorgung leidet trotz der erkennbaren und erheblichen Verbesserungen landesweit weiterhin an unzureichender Verfügbarkeit von Medikamenten und Ausstattung der Kliniken, insbesondere aber an fehlenden Ärztinnen und Ärzten, sowie gut qualifiziertem Assistenzpersonal (v.a. Hebammen). Im Jahr 2013 stand 10.000 Einwohnern Afghanistans ca. eine medizinisch qualifiziert ausgebildete Person gegenüber. Auch hier gibt es bedeutende regionale Unterschiede innerhalb des Landes, wobei die Situation in den Nord- und Zentralprovinzen um ein Vielfaches besser ist als in den Süd- und Ostprovinzen (AA 16.11.2015; vergleiche AA 02.03.2015).

Obwohl freieNächster Suchbegriff Gesundheitsdienstleistungen in öffentlichen Einrichtungen zur Verfügung gestellt wurden, können sich viele Haushalte gewisse Kosten für Medikamente oder den Transport zu Gesundheitsvorsorgeeinrichtungen nicht leisten bzw. war es vielen Frauen nicht erlaubt, alleine zu einer Gesundheitseinrichtung zu fahren (USDOS 25.06.2015).

Gemäß der afghanischen Verfassung ist die primäre Gesundheitsversorgung in öffentlichen Einrichtungen, inklusive Medikamente, kostenfrei [Anm.: siehe dazu afghanische Verfassung Artikel 52, (Max Planck Institute 27.01.2004)]. Jedoch sind die Bestände oft erschöpft, und die Patient/innen sind gezwungen, die Medikamente in privaten Apotheken oder am Bazar zu kaufen (IRIN 02.07.2014). Obwohl Qualitätskontrollmaßnahmen für Medikamente im öffentlichen Gesundheitsvorsorgesystem existieren, ist die Umsetzung laut einem US-amerikanischen Bericht schwach. Der Großteil der verschriebenen Medikamente wird verschrieben und privat verkauft. Auch, so der Bericht weiter, gibt es keine Daten zu Pharmazisten, die im privaten Sektor arbeiten. Bis zu 300 in Pakistan ansäßige Unternehmen produzieren Medikamente, die speziell für den Export nach Afghanistan vorgesehen sind, aber den von für Pakistan vorgeschriebenen Standards nicht entsprechen (IJACMEC 10.2014; vergleiche The Guardian 07.01.2015).

Die Behandlung von psychischen Erkrankungen - insbesondere Kriegstraumata - findet, abgesehen von einzelnen Pilotprojekten, nach wie vor nicht in ausreichendem Maße statt. Gleichzeitig leiden viele Afghaninnen und Afghanen unter psychischen Symptomen der Depression, Angststörungen oder posttraumatischer Belastungsstörung (PTBS). In Kabul gibt es zwei psychiatrische Einrichtungen: das Mental Health Hospital mit 100 Betten und die Universitätsklinik Aliabad mit 48 Betten. In Jalalabad und Herat gibt es jeweils 15 Betten für psychiatrische Fälle. In Mazar-e Scharif gibt es eine private Einrichtung, die psychiatrische Fälle stationär aufnimmt. Folgebehandlungen sind oft schwierig zu leisten, insbesondere wenn der Patient oder die Patientin kein unterstützendes Familienumfeld hat. Traditionell mangelt es in Afghanistan an einem Konzept für psychisch Kranke. Sie werden nicht selten in spirituellen Schreinen unter teilweise unmenschlichen Bedingungen "behandelt", oder es wird ihnen in einer "Therapie" mit Brot, Wasser und Pfeffer der "böse Geist ausgetrieben". Es gibt jedoch aktuelle Bemühungen, die Akzeptanz und Kapazitäten für psychiatrische Behandlungsmöglichkeiten zu stärken und auch Aufklärung sowohl über das Internet als auch in Form von Comics (für Analphabeten) zu betreiben. Die Bundesregierung finanziert Projekte zur Verbesserung der Möglichkeiten psychiatrischer Behandlung und psychologischer Begleitung in Afghanistan (AA 16.11.2015).

Behandlung nach Rückkehr:

In den letzten zehn Jahren sind im Rahmen der freiwilligen Rückkehr durch UNHCR 3.5 Mio. afghanische Flüchtlinge zurückgekehrt. Insgesamt sind 5,8 Mio. Afghaninnen und Afghanen aus verschiedenen Teilen der Welt nach Afghanistan zurückgekehrt (DW 19.10.2015). USDOS berichtet, dass in den Jahren von 2002 bis 2014 Finanzierungen verwendet wurden, um Transportkosten und anfängliche Notwendigkeit bei Rückkehr für mehr als 4.7 Mio. zur Verfügung zu stellen (SIGAR 8.2015; vergleiche AA 02.03.2015). Somit hat eine große Zahl der afghanischen Bevölkerung einen Flüchtlingshintergrund (AA 02.03.2015). Im Jahr 2015 sind 50.000 afghanische Flüchtlinge aus Pakistan im Rahmen des Programms der freiwilligen Rückkehr nach Afghanistan zurückgekehrt (DW 19.10.2015).

Im Vergleich zum Vorjahr ist die Zahl der Rückkehrer aus Iran und Pakistan stark gestiegen. 2014 lag die Zahl der Rückkehrer bei knapp 17.000, davon über 12.000 aus Pakistan. Bis Ende Oktober 2015 sind im laufenden Jahr fast 56.000 zurückgekehrt, davon über 53.000 aus Pakistan. Zwei Drittel der Rückkehrer siedeln sich in fünf Provinzen an: Kabul, Nangarhar, Kunduz, Logar und Baghlan (AA 16.11.2015). Laut UNHCR-Afghanistan kehrten im Jahr 2014 insgesamt 17.000 Menschen freiwillig nach Afghanistan zurück (UNHCR 29.10.2015). Die Kapazität der Regierung, Rückkehrer/innen aufzunehmen, war auch weiterhin niedrig. Die Zahl der Rückkehrer/innen während des Jahres 2014 verringerte sich aufgrund von Unsicherheiten in Bezug auf die Sicherheitslage im Rahmen des Post-Transitionszeitraumes und aufgrund des Auslaufens der proof of Residence Card (PoR Card) für afghanische Flüchtlinge in Pakistan (USDOS 25.06.2015). In Pakistan werden etwa 1,5 Mio. afghanische Flüchtlinge, die im Besitz einer PoR Card sind, von UNHCR unterstützt (BFA Staatendokumentation 9.2015).

Die afghanische Regierung kooperierte auch weiterhin mit UNHCR, der Internationalen Organisation für Migration (IOM), sowie anderen humanitären Organisationen, um intern vertriebenen Personen, Flüchtlingen, Rückkehrer/innen und anderen Menschen Schutz und Unterstützung zur Verfügung zu stellen. Regierungsunterstützung für vulnerable Personen, inklusive Rückkehrer/innen aus Pakistan und Iran, war gering, mit einer anhaltenden Abhängigkeit von der internationalen Gemeinschaft. Die Reintegration von Rückkehrer/innen war schwierig. Rückkehrerinnen und Rückkehrer hatten angeblich gleichwertigen Zugang zu Gesundheits-, Bildungs- und anderen Leistungen, obwohl manche Gemeinden, die für Rückkehrer/innen vorgesehen waren, angaben, dass eingeschränkter Zugang zu Transport und Straßen zu größeren, besser etablierten Dörfern und städtischen Zentren fehlte. Dies erschwerte den Zugang zu Dienstleistungen und wirtschaftlichen Möglichkeiten (USDOS 25.06.2015).

In Iran und Pakistan halten sich derzeit noch ca. 3 Mio. afghanische Flüchtlinge auf. Dazu kommen nicht registrierte Afghanen, die von der iranischen Regierung jedoch nicht als Flüchtlinge anerkannt sind. Insbesondere von iranischer Seite, in Teilen auch von Pakistan, werden sie gelegentlich als politisches Druckmittel gegenüber Afghanistan ins Feld geführt. Gleichzeitig gelten die Flüchtlinge auch als günstige Arbeitskräfte. In Afghanistan wird zwischen Rückkehrern aus den Nachbarstaaten Iran und Pakistan (die größte Gruppe afghanischer Flüchtlinge) und freiwilliger Rückkehr oder Abschiebung aus v.a. westlichen Staaten unterschieden. Für Rückkehrer aus den genannten Nachbarländern leistet UNHCR in der ersten Zeit Unterstützung. Bei der Anschlussunterstützung bestehen Probleme in der Koordinierung zwischen humanitären Akteuren und Organisationen der Entwicklungszusammenarbeit, sodass Hilfe nicht immer dort ankommt, wo Rückkehrer sich niedergelassen haben (AA 02.03.2015; vergleiche AA 16.11.2015).

Die Schweiz, Australien, Iran, Norwegen, Pakistan, Dänemark, Frankreich, die Niederlande und Schweden haben mit Afghanistan und dem UNHCR sog. Drei-Parteien-Abkommen zur Regelung der freiwilligen Rückkehr von afghanischen Flüchtlingen in ihr Heimatland geschlossen. Die Abkommen sehen u.a. die Übernahme von Reisekosten, Wiedereingliederungshilfe und Unterstützungsmaßnahmen für besonders schutzbedürftige Flüchtlinge vor. Von Großbritannien, Frankreich, Italien, Dänemark, Norwegen, Schweden und Australien ist bekannt, dass diese Länder abgelehnte Asylbewerber afghanischer Herkunft nach Afghanistan abschieben. Von Norwegen ist bekannt, dass auch Familien mit minderjährigen Kindern abgeschoben werden. Einige Länder arbeiten eng mit IOM in Afghanistan zusammen, insbesondere auch, um die Reintegration zu erleichtern. IOM bietet psychologische Betreuung, Unterstützung bei Reiseformalitäten, Ankunft in Kabul und Begleitung der Reintegration einschließlich Unterstützung bei der Arbeitsplatzsuche an (AA 02.03.2015; vergleiche AA 16.11.2015).

Eine Diskriminierung oder Strafverfolgung aufgrund exilpolitischer Aktivitäten nach Rückkehr aus dem Ausland ist nicht anzunehmen. Auch einige Führungsfiguren der RNE sind aus dem Exil zurückgekehrt, um Ämter bis hin zum Ministerrang zu übernehmen. Präsident Ashraf Ghani selbst verbrachte die Zeit der Bürgerkriege und der Taliban-Herrschaft in den 1990er Jahren weitgehend im pakistanischen und US-amerikanischen Exil (AA 16.11.2015).

Provinz Parwan

Gewalt gegen Einzelne

19

Bewaffnete Konfrontationen und Luftangriffe

63

Selbstmordattentate, IED-Explosionen und andere Explosionen

25

Durchsetzung/Gewährleistung von Sicherheit

38

Vorfälle ohne Bezug auf den Konflikt

6

Andere Vorfälle

3

Insgesamt

154

Im Zeitraum 1.1. -

31.8.2015 wurden in der Provinz Parwan 154 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert (EASO 21.1.2016).

Die strategisch gelegene Provinz Parwan ist eine der bekannteren Provinzen Afghanistans. Sie liegt 64 km nördlich von Kabul. Die Provinz Parwan grenzt an die Provinzen (Maidan) Wardak, Bamyan, Baghlan, Panjshir und Kapisa. Charikar ist die Provinzhauptstadt, während Jabal Saraj, Salang, Sayed Khel, Shinwar, Syiah Gird, Shikh Ali, Ghorband und Shurk Parsa, zu den restlichen Distrikten zählen. (Pajhwok o.D.ae). Die Bevölkerungsanzahl der Provinz wird auf 66.502 geschätzt und die der Provinzhauptstadt Charikar auf 57.746 (UN OCHA 26.8.2015). 70% der Bevölkerung sind ethnische Tadschiken, 18% Pashtunen und 11% Hazara. Die Turkmenen kommen auf 1% (Vertrauliche Quelle 15.9.2015).

Nach der Verschlechterung der Sicherheitslage im Jahre 2009 im Ghorband Valley und anderen Teilen der Provinz, haben die afghanischen Sicherheitskräfte in diversen Operationen unruhige Gegenden geräumt. Der signifikanteste Vorfall, in den Aufständische involviert waren, war ein Angriff auf das Büro des Gouverneurs im Jahr 2011, bei dem 22 Menschen starben und 28 weitere verletzt wurden. Es gibt Berichte zu Infiltration durch den IS in Teilen von Parwan (z.B. Distrikte Shinwari, Sia Gird zbd Koh-e Safi) und Kämpfe mit lokalen regierungsfeindlichen Gruppen. Die lokalen Behörden bestätigten diese Berichte jedoch nicht (Vertrauliche Quelle 15.9.2015).

Frauen in Afghanistan

Während sich die Situation der Frauen seit dem Ende der Taliban-Herrschaft erheblich verbessert hat, bleibt die vollumfängliche Realisierung ihrer Rechte innerhalb der konservativ-islamischen afghanischen Gesellschaft schwierig. Die konkrete Situation von Frauen kann sich allerdings je nach regionalem und sozialem Hintergrund stark unterscheiden (AA 6.11.2015). Es steht außer Frage, dass ein gewisser Fortschritt gemacht wurde, gemeinsam mit Verbesserungen in Richtung Gleichheit. Jedoch waren die Verbesserungen diesbezüglich bescheidener, als ursprünglich erhofft (BFA Staatendokumentation 3.2014).

Gewalt und Diskriminierung gegen Frauen waren auch weiterhin gegeben, teils aufgrund des Wiederauflebens der Tailban und teils aufgrund des großen Einflusses religiöser Traditionalisten. Im November 2014 teilte Präsident Ghani den Mitgliedern der unabhängigen afghanischen Menschenrechtskommission (Afghanistan Independent Human Rights Commission - AIHRC) mit, dass sie die Performance seiner Regierung hinsichtlich Menschenrechtsreformen beobachten können und er versprach, Frauenrechte zu fördern. Frauen, die danach streben sich ins öffentliche Leben einzubringen, werden oftmals als "sittenwidrig" verurteilt und gezielt eingeschüchtert, belästigt und es wird ihnen Gewalt angedroht. Nichtsdestotrotz hat Rula Ghani, die Frau des Präsidenten, eine sichtbare Rolle während der Kampagne geführt. Drei Frauen wurden für das Kabinett der Einheitsregierung mit 27 Mitgliedern vorgeschlagen. Zwei der drei nominierten Frauen wurden vom CEO Abdullah ausgewählt und eine vom Präsidenten (USCIRF 30.4.2015). Die Ehefrau des Präsidenten ist eine libanesische Christin (NZZ 8.7.2014).

Artikel 22 der afghanischen Verfassung besagt, dass jegliche Form von Benachteiligung oder Bevorzugung unter den Bürgern Afghanistan verboten ist. Die Bürger Afghanistans, sowohl Frauen als auch Männer, haben vor dem Gesetz gleiche Rechte und Pflichten (Max Planck Institut 27.1.2004). Ein Meilenstein in dieser Hinsicht wurde durch die Errichtung des afghanischen Ministeriums für Frauenangelegenheiten (MoWA) im Jahr 2001 erreicht (BFA Staatendokumentation 3.2014).

Die politische Partizipation von Frauen ist in ihren Grundstrukturen rechtlich verankert und hat sich auf diesem Wege deutlich verbessert. So sieht die afghanische Verfassung Frauenquoten für das Zweikammerparlament vor (AA 6.11.2015): Für Frauen sind per Verfassung 68 der 249 Sitze im Unterhaus reserviert (USDOS 25.6.2015). Bei den Parlamentswahlen im Jahr 2010 wurden 69 Frauen gewählt, eine mehr als die Quote vorsieht. Etwa 400 Frauen bewarben sich für die Sitze, was in etwa 16% aller Kandidat/innen ausmacht (CRS 12.1.2015). Ein Drittel der 102 Sitze im Oberhaus werden vom Präsidenten vergeben (USDOS 25.6.2015); 17 dieser Sitze sind für Frauen vorgesehen. Derzeit haben Frauen insgesamt 28 Sitze inne (CRS 12.1.2015).

Die im September 2015 von Präsident Ghani initiierten Wahlreformen sehen Frauenquoten von 25 Prozent für Provinz- und Distriktratswahlen vor; zudem sind mindestens zwei von sieben Sitzen in der einflussreichen Wahlkommission (Independent Election Commission) für Frauen vorgesehen. Die afghanische Regierung hat derzeit 4 Ministerinnen (von insgesamt 25 Ministern) (AA 6.11.2015).

Bildung

Afghanistan illustriert, wie ein Land, das aus einem jahrzehntelangen Krieg heraustritt und in einem andauernden Stadium des Konflikts ist, einen Willen besitzt - gemeinsam mit Gebern - Bildung Priorität einzuräumen. Es ist eine Erfolgsgeschichte in der Verbesserung von Zugang und Teilnahme an Bildung - auch für Mädchen (Education for Development 7.7.2015). Denn Bildung für Frauen ist ein Recht, das den Frauen nach dem Fall der Taliban im Jahr 2001 eingeräumt wurde (BFA Staatendokumentation 3.2014). Zum Beispiel hat das afghanische Bildungsministerium gemeinsam mit USAID und anderen Gebern, mehr als 13.000 Schulen errichtet (USAID 28.9.2015; vergleiche USAID 7.2014).

In Bezug auf Vorheriger SuchbegrifffreieNächster Suchbegriff und verpflichtende Bildung besagt Artikel 4 des afghanischen Bildungsgesetzes, das mittlere (elementare) Bildung in Afghanistan verpflichtend ist. Artikel 43 der afghanischen Verfassung besagt, dass alle afghanischen Staatsbürger das Recht auf Bildung haben (BFA Staatendokumentation 3.2014; vergleiche Max Planck Institut 27.1.2004). Weiters ist der Staat verpflichtet, zur gleichmäßigen Verbreitung der Bildung in ganz Afghanistan und zur Sicherung der obligatorischen mittleren Schulbildung effektive Programme zu entwickeln und zu verwirklichen (Max Planck Institut 27.1.2004; vergleiche BFA Staatendokumentation 3.2014).

Im Jahr 2013 betrug die Zahl aller Schüler, die in unterschiedlichen Arten formaler Bildung eingeschrieben waren etwa 8,35 Millionen, davon waren 39% weiblich. Im Jahr 2013 betrug die Zahl der Lehrer/innen 187.000 - davon 32% Frauen. Etwa 72% aller Lehrer sind weiblich, im Primärbereich sind es 17,4%. In vier Provinzen gab es 5% Lehrerinnen und in 80 der 364 Bezirke gab es gar keine Lehrerinnen (Education for Development 7.7.2015). In ländlichen Gegenden ist die Alphabetenrate dreimal niedriger als in urbanen Gebieten (BFA Staatendokumentation 3.2014).

Berufstätigkeit

Obwohl Frauen in einer patriarchalen Gesellschaft wesentliche Fortschritte gemacht haben, sind sie noch immer Strömungen des islamischen Konservativismus und einer Missbilligung durch das Herausfordern traditioneller Geschlechterrollen ausgesetzt (BFA Staatendokumentation 3.2014). In Afghanistan ist die Mobilität von Frauen ohne männliche Erlaubnis oder Begleitung durch soziale Traditionen eingeschränkt. Unbegleitete Frauen sind gemeinhin nicht gesellschaftlich akzeptiert (USDOS 25.6.2015; vergleiche AA 16.11.2015; BFA Staatendokumentation 2.7.2014). Speziell in den ländlichen Gebieten ist die Mobilität außerhalb des Hauses aus kulturellen Gründen limitiert. Daher sind Frauen hauptsächlich in häusliche Aktivitäten involviert. Frauen, die im Haushalt oder der Landwirtschaft arbeiten, beteiligen sich unbezahlt am wirtschaftlichen Wohl des Haushalts. Die Betreuung von Nutztieren ist in Afghanistan traditionell Frauensache. Es existieren regionale Unterschiede vor allem zwischen Stadt und Land, wo ein Großteil der Bevölkerung bezahlt und unbezahlt im Haushalt arbeitet (BFA Staatendokumentation 3.2014). Gleichzeitig ist es für viele Frauen immer noch sehr schwierig, außerhalb des Bildungs- und Gesundheitssektors Vorheriger SuchbegriffBerufe zu ergreifen. Oft scheitern Frauen schon an den schwierigen Transportmöglichkeiten und eingeschränkter Bewegungsfreiheit ohne männliche Begleitung (AA 6.11.2015).

Viele Frauen haben sich in bedeutenden Positionen in den verschiedenen Bereichen von nationaler Wichtigkeit entwickelt, dazu zählen Politik, Wirtschaft und die Zivilgesellschaft. Der weibliche Raum für Führung bleibt eingeschränkt, von Gebern abhängig und ist hauptsächlich in den Städten vertreten. Frauen sind im Privatsektor unterrepräsentiert und haben keine aktive Rolle in der Wirtschaftsproduktion. Unsicherheit, Belästigung, Immobilität, religiöser Extremismus und Korruption sind verbreitet. Begriffe wie zum Beispiel Geschlechtergleichheit werden auch weiterhin missverstanden. Frauen in Führungspositionen werden als bloß symbolisch betrachtet, werden politisch mangelhaft unterstützt, haben schwach ausgebildete Entscheidungs- und Durchsetzungskompetenzen und mangelnden Zugang zu personellen und finanziellen Mitteln (USIP 9.2015). Etwa 24.1% der Regierungsmitarbeiter/innen waren im Jahr 2013 Frauen, im Vergleichszeitraum 2012 waren es 21,1%. Arbeitende Frauen waren, Berichten zufolge, Schwierigkeiten ausgesetzt: sexuelle Belästigung, fehlende Transport- und Kinderbetreuungsmöglichkeiten.

Benachteiligungen bei Lohnauszahlungen existieren im Privatsektor. Journalistinnen, Sozialarbeiterinnen und Polizistinnen berichteten davon, bedroht und misshandelt zu werden (USDOS 25.6.2015).

Frauen in den afghanischen Sicherheitskräften

Polizei und Militär sind Bereiche, in denen die Arbeit von Frauen besonders die traditionellen Geschlechterrollen Afghanistans herausfordert. Der Fall des Taliban-Regimes brachte, wenn auch geringer als zu Beginn erwartet, wesentliche Änderungen für Frauen mit sich. So begannen Frauen etwa wieder zu arbeiten (BFA Staatendokumentation 26.3.2014). Das Innenministerium bemüht sich um die Einstellung von mehr Polizistinnen, allerdings wird gerade im Sicherheitssektor immer wieder über Gewalt gegen Frauen berichtet. Die afghanische Regierung hat sich bei der Verbesserung der Arbeitsbedingungen von Frauen ehrgeizige Ziele gesetzt und plant u. a. in der ersten Jahreshälfte 2016 ein Anti-Diskriminierungspaket für Frauen im öffentlichen Sektor zu verabschieden (AA 6.11.2015).

Die Rekrutierungsprogramme führten bereits zu einer zwar langsamen, aber stetigen Steigerung der Zahl der Mitarbeiterinnen in der ANP. Im Jahr 2005 waren von 53.400 ANP-Angehörigen noch 180 Frauen (BFA Staatendokumentation 26.3.2014). Insgesamt gab es mit Stand Juli 2014 2.074 Polizistinnen (USDOS 25.6.2015).

Obwohl die Chance im Kampf eingesetzt zu werden gering ist, werden die Frauen ausgebildet, um verschiedene Tätigkeiten in der Armee zu übernehmen. Speziell, wenn es um invasive Sicherheitsdurchsuchungen in privaten Häusern geht, sind viele Afghanen entspannter, wenn die Dursuchung von einer Frau durchgeführt wird, besonders wenn es um die Leibesvisitation einer Frau in einer Burqa geht (BFA Staatendokumentation 26.3.2014).

Strafverfolgung und Unterstützung

Obwohl weibliche Partizipation am öffentlichen Leben in Afghanistan seit dem Sturz der Taliban im Jahr 2001 drastisch gestiegen ist, sind die Fortschritte in manchen Bereichen, wie zum Beispiel dem Gesetz, langsam (IWPR 3.12.2015).

Afghanistan verpflichtet sich in seiner Verfassung durch die Ratifizierung internationaler Konventionen und durch nationale Gesetze, die Gleichberechtigung und Rechte der Frauen zu achten und zu stärken. In der Praxis mangelt es jedoch oftmals an der praktischen Umsetzung dieser Rechte (AA 6.11.2015). Viele Frauen sind sich ihrer in der Verfassung garantierten und auch gewisser vom Islam vorgegebenen Rechte nicht bewusst. Eine Verteidigung ihrer Rechte ist in einem Land, in dem die Justiz stark konservativ-traditionell geprägt und überwiegend von männlichen Richtern oder traditionellen Stammesstrukturen bestimmt wird, nur in eingeschränktem Maße möglich (AA 6.11.2015; vergleiche USDOS 25.6.2015 und The Guardian 11.5.2015). Staatliche Akteure aller drei Gewalten sind häufig nicht in der Lage oder auf Grund tradierter Wertevorstellungen nicht gewillt, Frauenrechte zu schützen. Gesetze zum Schutz und Förderung der Rechte von Frauen werden nur langsam umgesetzt. Das Personenstandsgesetz enthält diskriminierende Vorschriften für Frauen, insbesondere in Bezug auf Heirat, Erbschaft und Beschränkung der Bewegungsfreiheit (AA 6.11.2015)

Im Justiz- und Polizeisektor bleiben Frauen weiterhin unterrepräsentiert. So stellen Richterinnen nur etwa 15 % der Richterschaft. Im Juli 2015 scheiterte der Versuch des Präsidenten, eine Richterin am Obersten Gerichtshof einzusetzen, an der Bestätigung der Kandidatin durch das Parlament (AA 6.11.2015).

Viele Gewaltfälle gelangen nicht vor Gericht, sondern werden durch Mediation oder Verweis auf traditionelle Streitbeilegungsformen (Schuren und Jirgas) verhandelt (AA 16.11.2015; vergleiche The Guardian 11.5.2015). Traditionelle Streitbeilegung führt oft dazu, dass Frauen ihre Rechte sowohl im Strafrecht als auch im zivilrechtlichen Bereich wie z.B. im Erbrecht nicht gesetzeskonform zugesprochen werden. Viele Frauen werden darauf verwiesen, den "Familienfrieden" durch Rückkehr zu ihrem Ehemann wiederherzustellen (AA 6.11.2015).

Gleichzeitig führt aber eine erhöhte Sensibilisierung auf Seiten der afghanischen Polizei und Justiz zu einer sich langsam, aber stetig verbessernden Lage der Frauen in Afghanistan. Insbesondere die Schaffung auf Frauen spezialisierte Staatsanwaltschaften in einigen Provinzen hatte positive Auswirkungen (AA 16.11.2015; vergleiche USDOS 25.6.2015):

Die erste EVAW-Einheit (Violence Against Women) wurde im Jahre 2010 durch die afghanische Generalstaatsanwaltschaft initiiert und hat ihren Sitz in Kabul (USDOS 25.6.2015; vergleiche BFA Staatendokumentation 2.7.2014). Die Generalstaatsanwaltschaft erhöhte auch weiterhin die Anzahl der EVAW-Einheiten, die, mit Stand August 2014, mittlerweile in 18 Provinzen existieren. In anderen Provinzen wurden durch die Generalstaatsanwaltschaft den Staatsanwälten Fälle zur Behandlung weitergeleitet. Landesweit sind 283 Ermittler der sogenannten "Female Response Unit" in 33 der 34 Provinzen aktiv (USDOS 25.6.2015). Diese sind zum Großteil mit Polizistinnen besetzt, die Gewalt und Verbrechen gegen Frauen, Kinder und Familien behandeln. Polizistinnen sind darauf trainiert Opfern häuslicher Gewalt zu helfen, jedoch werden sie durch Vorschriften behindert, die verlangen, dass man warten muss, bis sich das Opfer von selbst meldet. Frauen in der afghanischen Polizei und in zivilen Positionen im Innenministerium bieten Vermittlung und Ressourcen zur zukünftigen Vermeidung von häuslicher Gewalt an (USDOS 25.6.2015; vergleiche BFA Staatendokumentation 2.7.2014).

Das Gesetz zur Eliminierung von Gewalt gegen Frauen (EVAW - law) und Kontroversen

Die Streitigkeiten in Bezug auf das Gesetz zur Eliminierung von Gewalt gegen Frauen (Elimination of Violence Against Women - EVAW) unterstreichen, was für ein Drahtseilakt die Verbesserung der rechtlichen Situation von Frauen in Afghanistan ist. Verabschiedet im Jahr 2009, ist es das erste Gesetz, das Gewalt gegen Frauen kriminalisiert (BFA Staatendokumentation 2.7.2014).

Das EVAW-Gesetz führt zum ersten Mal "Vergewaltigung" als kriminelles Vergehen im afghanischen Gesetz ein (BFA Staatendokumentation 2.7.2014; vergleiche USDOS 25.6.2015). Es kriminalisiert Gewalt gegen Frauen, inklusive Vergewaltigung, Körperverletzung oder Verprügelung, Zwangsverheiratung bzw. Kinderheirat, Erniedrigung, Einschüchterung und Entzug des Erbes, jedoch war die Umsetzung eingeschränkt. Im Falle von Vergewaltigung sieht das Gesetz eine Haftstrafe von 16-20 Jahren vor. Sollte die Vergewaltigung mit dem Tod eines Opfers enden, sieht das Gesetz die Todesstrafe vor. Der Straftatbestand der Vergewaltigung beinhaltet nicht Vergewaltigung in der Ehe. Das Gesetz wurde nicht weitgehend verstanden und manche öffentliche und religiöse Gemeinschaften erachteten es als unislamisch (USDOS 26.5.2015).

Der politische Wille das Gesetz umzusetzen und demzufolge seine tatsächliche Anwendung ist jedoch begrenzt. Genauso wie seine allgemeine Bekanntheit, obwohl sich die unabhängige afghanische Menschenrechtskommission (Afghanistan Independent Human Rights Commission - AIHRC), einzelne Gesetzesvollzugsorgane und die Zivilgesellschaft bemühen, diese zu steigern. Teile der Öffentlichkeit und religiöser Kreise erachten das Gesetz nämlich als unislamisch. Somit ist seine erfolgreiche und korrekte Umsetzung auch weiterhin mangelhaft (USDOS 25.6.2015). Laut Angaben von Human Rights Watch, war die Umsetzung des Gesetzes durch die ehemalige afghanische Regierung mangelhaft (HRW 23.3.2015). Eine Erklärung von Frauenrechtsaktivistinnen hierfür ist das Fehlen sozialer Legitimität. EVAW wurde nie vom afghanischen Parlament abgesegnet, sondern durch ein Präsidialdekret bewilligt. Laut Artikel 79 der Verfassung von 2004 ist das statthaft (ein Präsidialdekret ist rechtmäßig, außer es wird vom Parlament ausdrücklich abgelehnt). Auch viele andere Gesetze wurden bereits auf diesem Wege erlassen und sind weiterhin in Kraft (BFA Staatendokumentation 2.7.2014; vergleiche USDOS 25.6.2015). Eine Verabschiedung des EVAW-Gesetzes durch beide Parlamentskammern steht weiterhin aus (AA 16.11.2015). Ferner wird die Abwesenheit von Polizistinnen in der afghanischen Nationalpolizei als Erschwernis gesehen, um das EVAW-Gesetz zu forcieren (HRW 23.3.2015). Wenn rechtliche Behörden sich des EVAW-Gesetzes und dessen Umsetzung jedoch bewusst waren, war es Frauen in manchen Fällen möglich angemessene Hilfe zu erhalten (USDOS 25.6.2015).

Im Juni 2015 repräsentierte die afghanische Regierung einen Nationalen Aktionsplan für die Jahre 2015 - 2022, der die Implementierung der UN Resolution 1325 betrifft (HRW 12.1.2016; vergleiche MfA 30.6.2015). Der Nationale Aktionsplan ist ein Mechanismus, der von vielen Ländern genutzt wird, um die Einhaltung im Sinne der Resolution 1325 zu fördern (HRW 12.1.2016). Übergeordnete Ziele der Resolution 1325 (aus dem Jahr 2000) des UN-Sicherheitsrats, sind die aktive Einbindung von Frauen in allen Phasen der Konfliktprävention und Konfliktbewältigung sowie der Schutz von Frauen und Mädchen vor sexueller Gewalt und Vergewaltigung in bewaffneten Konflikten (AA 18.9.2015; vergleiche UNSC 2000).

Gewalt an Frauen: Vergewaltigung, Ehrenverbrechen und Zwangsverheiratung

Sexualisierte und geschlechtsspezifische Gewalt ist weit verbreitet. Gewalttaten gegen Frauen und Mädchen finden zu über 90% innerhalb der Familienstrukturen statt (AA 6.11.2015). Die AIHRC berichtet, dass mit Stand 1. August 2014, 1.250 Fälle von Gewalt an Frauen gemeldet wurden (USDOS 25.6.2015). Weitestgehend besteht Einigkeit darüber, dass die gestiegenen Zahlen im Wesentlichen darauf zurückzuführen sind, dass solche Straftaten vermehrt angezeigt werden. Die Erkenntnisse sind gleichzeitig bezeichnend für die immer noch mangelhafte Befassung der staatlichen Strafverfolgungsbehörden:

nur 11,5% der Fälle wurden durch die formelle Justiz entschieden. 41% der Fälle wurden durch Mediation gelöst. Darunter fallen jedoch auch die Fälle (48%), in denen die Vorkommnisse von der Geschädigten nicht weiterverfolgt wurden (AA 6.11.2015).

Die AIHRC zeigte sich besorgt über die traditionelle und kulturelle Gewalt, wie Kinder- und Zwangsheirat, die Praxis des Frauenaustausches zur Konfliktschlichtung (baad), Zwangsisolation und Ehrenmorde, die auch weiterhin im Aufstieg begriffen zu sein scheinen. Es ist schwierig exakte Statistiken zu der Verbreitung von Gewalt an Frauen zu erhalten (USDOS 25.6.2015).

Ehrenmorde

Ehrenmorde werden an Frauen von einem - typischerweise männlichen - Familien- oder Stammesmitglied verübt (BFA Staatendokumentation 2.7.2014). Mädchen unter 18 Jahren sind auch weiterhin dem Risiko eines Ehrenmordes ausgesetzt, wenn eine außereheliche sexuelle Beziehung angenommen wird, bei "davonlaufen" vor Zwangsverheiratung oder Opfer eines sexuellen Übergriffs zu werden. (USDOS 25.6.2015).

Die AIHRC gab im November 2013 bekannt, in den vorangegangen zwei Jahren 240 Ehrenmorde registriert zu haben (BFA Staatendokumentation 2.7.2014; vergleiche USDOS 25.6.2015). Die AIHRC gab in ihrem Bericht aus dem Jahre 2013 auch an, dass die Anzahl an Ehrenmorden und sexuellen Übergriffen sich in fast allen Teilen des Landes erhöht hat. Laut diesem Bericht werden 91% der Fälle, die an die AIHRC herangetragen werden, innerhalb eines Jahres an das Justizsystem weitergeleitet. Von diesen Fällen erachtete die AIHRC, dass die legalen Vorgehensweisen in 65% der Fälle "erfolgreich" waren (USDOS 25.6.2015).

Medizinische Versorgung - Gynäkologie

Das Recht auf Familienplanung wird noch von recht wenigen Frauen genutzt. Auch wenn der weit überwiegende Teil der afghanischen Frauen Kenntnisse über Verhütungsmethoden hat, so nutzen jedoch nur etwa 22% (überwiegend in den Städten und gebildetere Schichten) die entsprechenden Möglichkeiten. Viele Frauen gebären Kinder bereits in sehr jungem Alter (AA 6.11.2015).

Weibliche Genitalverstümmelung ist in Afghanistan nicht üblich (AA 6.11.2015) und ist kulturell nicht akzeptiert (USDOS 25.6.2015).

Quellen:

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    AA - Auswärtiges Amt (16.11.2015): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan

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    AA - Auswärtiges Amt (18.9.2015): Frauen, Frieden und Sicherheit, http://www.auswaertigesamt.de/DE/Aussenpolitik/Menschenrechte/Frauenrechte/Frauen-Konfliktpraevention_node.html, Zugriff 16.1.2016

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    HRW - Human Rights Watch (23.3.2015): US: Rights Should Top Afghanistan Summit Agenda,

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    IWPR - Institute for War and Peace Reporting (3.12.2015): Lack of Female Lawyers Hampers Justice in Afghan Province,

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    The Guardian (11.5.2015): 'I just want to go to school': how Afghan law continues to fail child brides, http://www.theguardian.com/global-development/2015/may/11/afghanistanchild-brides-want-to-go-to-school, Zugriff 16.1.2015

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    WB - The World Bank (2015): Afghanistan, http://datatopics.worldbank.org/gender/country/afghanistan, Zugriff 5.11.2015

Kinder

Auch wenn die Menschenrechtssituation von Kindern insgesamt Anlass zur Sorge gibt, hat sich ihre Situation teilweise in den vergangenen Jahren verbessert. So werden mittlerweile rund zwei Drittel aller Kinder eingeschult. Während Mädchen unter der Taliban-Herrschaft fast vollständig vom Bildungssystem ausgeschlossen waren, machen sie von den heute ca. 8 Millionen Schulkindern rund 3 Millionen aus. Der Anteil der Mädchen nimmt jedoch mit fortschreitender Klassen- und Bildungsstufen ab. Den geringsten Anteil findet man im Süden und Südwesten des Landes (Uruzgan, Zabul, Paktika und Helmand) (AA 16.11.2015).

Körperliche Züchtigung und Übergriffe im familiären Umfeld, in Schulen oder durch die afghanische Polizei sind verbreitet. Dauerhafte und durchsetzungsfähige Mechanismen seitens des Bildungsministeriums, um das Gewaltpotenzial von Lehrern zu beobachten oder einzudämmen, gibt es nicht. Gerade in ländlichen Gebieten gehört die Ausübung von Gewalt zu den gebräuchlichen Erziehungsmethoden an Schulen. Das Curriculum für angehende Lehrer beinhaltet Hilfestellung zur Vermeidung eines gewaltsamen Umgangs mit Schülern (AA 16.11.2015).

Vor allem in den Rängen von Armee und Polizei, aber nicht nur dort, ist der sexuelle Missbrauch von Kindern und Jugendlichen in weiten Teilen Afghanistans nach wie vor ein großes Problem. Das Thema ist gesellschaftlich tabuisiert und wird nicht selten unter dem Deckmantel kultureller Gepflogenheiten ("Bacha Bazi", so genannte "Tanzjungen") verschwiegen und verharmlost (AA 16.11.2015; vergleiche USDOS 25.6.2015). Die afghanische Menschenrechtskommission AIHRC hat sich 2014 mit einer nationalen Studie des Themas angenommen. Die Befragung zeigt den weitverbreiteten Missbrauch von Jungen zwischen 10 und 18 Jahren. Ein Großteil der Täter hat keinerlei Unrechtsbewusstsein. Die Jungen werden oft von armen Familien verkauft, sexuell missbraucht, weiter gehandelt oder auch getötet. Die Jungen und ihre Familien werden oft von ihrer sozialen Umgebung verstoßen; eine polizeiliche Aufklärung findet nicht statt. Das Thema wurde jüngst auch von internationalen Medien aufgenommen, als es zu Vorwürfen gegen die US-Armee kam, den sexuellen Missbrauch von Kindern und Jugendlichen in den ANDSF bewusst geduldet zu haben (AA 16.11.2015).

Das von der AIHRC geleitete Komitee zum Thema Bacha Bazi, reichte beim Justizministerium einen Gesetzesentwurf ein, um diese Praxis zu kriminalisieren. Nach intensiver medialer Auseinandersetzung über vermeintliche Misshandlungen durch afghanische Sicherheitskräfte, ordnete der Präsident am 23. September 2015, die Errichtung einer Körperschaft - bestehend aus dem Büro der Generalstaatsanwaltschaft, dem Innenministerium und der AIHRC - zur Untersuchung, Überwachung und Einrichtung eines Überwachungsmechanimus an, um sexuellen Missbrauch von Kindern zu verhindern und die Täter zur Rechenschaft zu ziehen (UN GASC 10.12.2015)

Das Arbeitsgesetz in Afghanistan setzt das Alter für Arbeit mit 18 Jahren fest, erlaubt aber 14-Jährigen als Lehrlinge zu arbeiten, sowie 15-Jährigen (und älter) "einfache Arbeit" zu verrichten. Auch dürfen 16- und 17-Jährige bis zu 35 Stunden pro Woche arbeiten. 14-Jährigen ist es unter gar keinen Umständen erlaubt zu arbeiten. Das Arbeitsgesetz verbietet die Anstellung von Kindern in Bereichen, die ihre Gesundheit gefährden oder sie zu Invaliden machen könnte. Es gibt keine Liste, die gefährliche Jobs definiert (USDOS 25.6.2015).

Afghanistan hat die Konvention zum Schutze der Kinder ratifiziert. Kinderarbeit ist in Afghanistan somit offiziell verboten. Dennoch haben im Jahr 2014 laut AIHRC 51,8% der Kinder auf die eine oder andere Weise gearbeitet. Viele Familien sind auf die Einkünfte, die ihre Kinder erwirtschaften, angewiesen. Daher ist die konsequente Umsetzung eines Kinderarbeitsverbots schwierig. Es gibt allerdings Programme, die es Kindern erlauben sollen, zumindest neben der Arbeit eine Schulausbildung zu absolvieren. Auch ein maximaler Stundensatz und Maßnahmen zum Arbeitsschutz (wie z.B. das Tragen einer Schutzmaske beim Teppichknüpfen) wurden gesetzlich geregelt. Der Regierung fehlt es allerdings an durchsetzungsfähigen Überprüfungsmechanismen dieser gesetzlichen Regelungen. 6,5 Mio. Kinder gelten als Gefahren ausgesetzt (AA 16.11.2015). Allgemein kann gesagt werden, dass schwache staatliche Institutionen die effektive Durchsetzung des Arbeitsrechts hemmen und die Regierung zeigt nur geringe Bemühungen, Kinderarbeit zu verhindern oder Kinder aus ausbeuterischen Verhältnissen zu befreien (USDOS 26.5.2015).

Die Regierung untersuchte mit internationaler Hilfe offiziell alle Rekruten der bewaffneten Kräfte und Polizei und lehnte AnwärterInnen unter 18 Jahren ab. Es gab Berichte über die Rekrutierung von Kindern und deren Einsatz für militärische Zwecke durch die ANSF und regierungsfreundliche Milizen. Im Rahmen eines Aktionsplans der Regierung, setzte die ANP Schritte: 150 neue Mitarbeiter/innen wurden in Bezug auf Altersfeststellungsprozesse ausgebildet, den Start einer Sensibilisierungskampagne in Bezug auf minderjährigen Rekrutierung, die Untersuchung von angeblichen minderjährigen Rekrutierungen und die Errichtung eines Zentrums in manchen Provinzzentren, um Rekrutierungsversuche von Minderjährigen zu dokumentieren. Alle Rekruten müssen sich einer Identitätsfeststellung unterziehen, welche beinhaltet, dass mindestens zwei Gemeinschaftsführer für die Volljährigkeit des Rekruten und dessen Eintrittsberechtigung in die ANSF, bürgen (USDOS 25.6.2015). EASO berichtet, dass die Taliban die Rekrutierungen Minderjähriger bestreiten, jedoch wird davon ausgegangen, dass die Taliban Minderjährigkeit anders definieren (EASO 12.2012).

Das Jugendgesetz besagt, dass Kinder nicht unter denselben Voraussetzungen festgehalten werden dürfen wie Erwachsene. Das Gesetz besagt auch, dass die Verhaftung eines Kindes als letztes Mittel und nur für die kürzestmögliche Zeit vorgenommen werden soll. In einem Bericht aus dem Jahre 2011 wurde festgehalten, dass verhafteten Kindern Basisrechte wie z.B. die Unschuldsvermutung, das Recht auf einen Anwalt, oder das Recht auf Information über die Haftgründe usw. verwehrt wurden. Das Gesetz sieht eine eigene Jugendgerichtsbarkeit vor, limitierte Ressourcen erlauben bisher aber nur Jugendgerichte in sechs Gebieten: Kabul, Herat, Balkh, Kandahar, Jalalabad und Kunduz. In anderen Provinzen, in denen spezielle Gerichte nicht existieren, fallen Kinder unter die Zuständigkeit allgemeiner Gerichte (USDOS 27.2.2014; vergleiche USDOS 25.6.2015).

Laut den Vereinten Nationen wurden in 303 dokumentierten Anschlägen mindestens 159 Kinder getötet und 505 verletzt. Dies deutet einen Rückgang von 10% im Vergleich zum vorherigen Berichtszeitraum an. Zwar ist ein signifikanter Rückgang der Angriffszahl auf Schulen und Bildungspersonal von 41 auf 22 zu verzeichnen gewesen, jedoch führte die Talibanoffensive auf Kunduz zur Schließung von 497 Schulen und verhinderte so den Zugang von 330.000 Kindern (UN GASC 10.12.2015).

Viele Kinder sind unterernährt. Ca. 10% (laut offizieller Statistik 91 von 1.000, laut Weltbank 97 von 1.000) der Kinder sterben vor ihrem fünften Geburtstag. Straßenkinder gehören zu den am wenigsten geschützten Gruppen Afghanistans und sind jeglicher Form von Missbrauch und Zwang ausgesetzt (AA 16.11.2015).

Quellen:

  • Strichaufzählung
    AA - Auswärtiges Amt (16.11.2015): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan,

  • Strichaufzählung
    AA - Auswärtiges Amt (31.3.2014): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan

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    EASO (12.2012): Country of origin information report- Afghanistan Insurgent strategies - intimidation and targeted violence against Afghans,

http://easo.europa.eu/wp-content/uploads/192143_2012_5967_EASO_Afghanistan_II.pdf, Zugriff 17.1.2014

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    UN GASC - UN General Assembly Secretary-General (10.12.2015):

Afghanistan and its implications for international peace and security,

http://www.un.org/en/ga/search/view_doc.asp?symbol=S/2015/942, Zugriff 4.1.2016

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    USDOS - US Department of State (25.6.2015): Country Report on Human Rights Practices 2014 - Afghanistan, http://www.state.gov/j/drl/rls/hrrpt/humanrightsreport/index.htm?year=2014&dlid=236632, Zugriff 13.10.2015

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    USDOS - US Department of State (27.2.2014): Country Report on Human Rights Practices 2013 - Afghanistan, http://www.state.gov/j/drl/rls/hrrpt/humanrightsreport/index.htm#wrapper, Zugriff 7.7.2014

Frauen mit bestimmten Profilen:

Frauen sind besonders gefährdet, Opfer von Misshandlungen zu werden, wenn ihr Verhalten als nicht mit den von der Gesellschaft, der Tradition und sogar vom Rechtssystem auferlegten Geschlechterrollen vereinbar angesehen wird.

Afghanische Frauen, die einen weniger konservativen Lebensstil angenommen haben, beispielsweise solche, die aus dem Exil im Iran oder in Europa zurückgekehrt sind, werden nach wie vor als soziale und religiöse Normen überschreitend wahrgenommen. Als Folge können sie Opfer von häuslicher Gewalt oder anderer Formen der Bestrafung werden, die von der Isolation und Stigmatisierung bis hin zu Ehrenmorden auf Grund der über die Familie, die Gemeinschaft oder den Stamm gebrachte "Schande" reichen. Tatsächliche oder vermeintliche Überschreitungen der sozialen Verhaltensnormen umfassen nicht nur das Verhalten im familiären oder gemeinschaftlichen Kontext, sondern auch die sexuelle Orientierung, das Verfolgen einer beruflichen Laufbahn und auch bloße Unstimmigkeiten über die Art des Auslebens des Familienlebens.

Alleinstehende Frauen oder Frauen ohne männlichen Schutz (mahram) sind weiterhin in Bezug auf eine normale soziale Lebensführung eingeschränkt. Betroffen sind geschiedene, unverheiratete, jedoch nicht jungfräuliche Frauen und Frauen, deren Verlobung gelöst wurde. Außer wenn sie heiraten, was angesichts des gesellschaftlichen Stigmas sehr schwierig ist, sind soziale Unterdrückung und Diskriminierung üblich. Allein lebenden Frauen ohne männliche Unterstützung und Schutz fehlt es infolge der sozialen Einschränkungen, einschließlich der Einschränkungen der Bewegungsfreiheit, grundsätzlich an Mitteln zum Überleben. Dies spiegelt sich im Fall der wenigen Frauen wieder, die ein Frauenhaus aufsuchen konnten. Da es für sie keine Möglichkeit gibt, unabhängig zu leben, sehen sie sich mit einer jahrelangen haftähnlichen Situation im Frauenhaus konfrontiert und entscheiden sich deswegen vielfach für die Rückkehr in die durch Missbrauch geprägte familiäre Situation. Ergebnisse dieser "Versöhnungen" werden nicht weiter beobachtet und Misshandlungen oder Ehrenmorde, die nach der Rückkehr begangen werden, bleiben oft unbestraft. Zwangs- und Kinderheirat werden in Afghanistan nach wie vor weit verbreitet praktiziert und können in unterschiedlichen Formen in Erscheinung treten. Auch ist der Zugang zu Bildung für Mädchen stark eingeschränkt. Darüber hinaus werden Frauenrechtsaktivisten bedroht und eingeschüchtert, insbesondere wenn sie ihre Stimme zu Frauenrechten, der Rolle des Islam oder das Verhalten von Befehlshabern erheben.

Angesichts der weit verbreiteten gesellschaftlichen Diskriminierung und der geschlechtsspezifischen Gewalt können afghanische Frauen und Mädchen - insbesondere in den vom bewaffneten Konflikt betroffenen oder sich unter der faktischen Kontrolle der bewaffneten regierungsfeindlichen Gruppen befindlichen Gebieten - je nach ihrem individuellen Profil und ihren persönlichen Umständen einer Verfolgungsgefahr ausgesetzt sein. Das Abweichen von den konventionellen Rollen oder die Überschreitung der gesellschaftlichen und religiösen Normen kann dazu führen, dass Frauen und Mädchen Gewalt, Schikanierungen und Diskriminierungen ausgesetzt sind. Frauen mit bestimmten Profilen können einer Verfolgungsgefahr auf Grund der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe ausgesetzt sein, beispielsweise Opfer von häuslicher oder anderer Formen schwerwiegender Gewalt, alleinstehende Frauen oder weibliche Familienvorstände, Frauen mit erkennbaren gesellschaftlichen oder beruflichen Rollen wie Journalistinnen, Menschenrechtsaktivistinnen und in der Gemeindearbeit tätige Frauen. Wenn das Abweichen von den traditionellen Rollen als Widerspruch zu den traditionellen Machtstrukturen angesehen wird, kann sich die Verfolgungsgefahr auch auf die Religion oder politische Überzeugung beziehen. Darüber hinaus können Maßnahmen, die die Fähigkeit, den Lebensunterhalt zu verdienen, so stark einschränken, dass das Überleben bedroht ist, oder starke Einschränkungen des Zugangs zur Bildung oder zu Gesundheitsdiensten eine Verfolgung darstellen.

(UNHCR, "Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender" vom 10.11.2009 und vom 06.08.2013; vergleiche UNHCR, "Eligibility Guidelines for Assessing the international protection needs of Asylum-Seekers from Afghanistan", 17.12.2010; Human Rights Watch, "We Have the Promises of the World - Women's Rights in Afghanistan", Dezember 2009)

2. Beweiswürdigung:

Das Vorbringen der Beschwerdeführer wird wie folgt gewürdigt:

2.1. Das Vorbringen eines Asylwerbers ist dann glaubhaft, wenn es vier Grunderfordernisse erfüllt (diesbezüglich ist auf die Materialien zum Asylgesetz 1991 [RV 270 BlgNR 18. GP; Ausschussbericht 328 BlgNR

18. GP] zu verweisen, die wiederum der VwGH-Judikatur entnommen wurden):

1. Das Vorbringen des Asylwerbers ist genügend substantiiert. Dieses Erfordernis ist insbesondere dann nicht erfüllt, wenn der Asylwerber den Sachverhalt sehr vage schildert oder sich auf Gemeinplätze beschränkt, nicht aber in der Lage ist, konkrete und detaillierte Angaben über seine Erlebnisse zu machen.

2. Das Vorbringen muss, um als glaubhaft zu gelten, in sich schlüssig sein. Der Asylwerber darf sich nicht in wesentlichen Aussagen widersprechen.

3. Das Vorbringen muss plausibel sein, d.h. mit den Tatsachen oder der allgemeinen Erfahrung übereinstimmen. Diese Voraussetzung ist u.

a. dann nicht erfüllt, wenn die Darlegungen mit den allgemeinen Verhältnissen im Heimatland nicht zu vereinbaren sind oder sonst unmöglich erscheinen und

4. Der Asylwerber muss persönlich glaubwürdig sein. Das wird dann nicht der Fall sein, wenn sein Vorbringen auf gefälschte oder verfälschte Beweismittel abgestützt ist, aber auch dann, wenn er wichtige Tatsachen verheimlicht oder bewusst falsch darstellt, im Laufe des Verfahrens das Vorbringen auswechselt oder unbegründet einsilbig und verspätet erstattet oder mangelndes Interesse am Verfahrensablauf zeigt und die nötige Mitwirkung verweigert.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in zahlreichen Erkenntnissen betont, wie wichtig der persönliche Eindruck, den das zur Entscheidung berufene Mitglied der Berufungsbehörde im Rahmen der Berufungsverhandlung von dem Berufungswerber gewinnt, ist (siehe z. B. VwGH vom 24.06.1999, 98/20/0435, VwGH vom 20.05.1999, 98/20/0505, u. v.a.m.).

Vorausgeschickt wird, dass im Asylverfahren das Vorbringen des Asylwerbers als zentrales Entscheidungskriterium herangezogen werden muss (so schon VwGH vom 16.01.1987, Zl. 87/01/0230, VwGH vom 15.03.1989, Zl. 88/01/0339, UBAS vom 12.05.1998, Zahl:

203.037-0/IV/29/98 uva.m.)

2.2. Der Verfahrensgang ergibt sich aus den zu den gegenständlichen Rechtssachen vorliegenden Verfahrensakten des BFA und des Bundesverwaltungsgerichts.

2.3. Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit, Muttersprache der Beschwerdeführer sowie zur familiären Situation ergeben sich aus dem diesbezüglich glaubwürdigen Vorbringen der Erstbeschwerdeführerin und des Zweitbeschwerdeführers im Rahmen der Einvernahme vor dem BFA und in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 15.11.2016. Die Identität der Beschwerdeführer kann nicht festgestellt werden.

2.4. Die Feststellung, dass die Erstbeschwerdeführerin als moderne Frau die traditionell begründeten gesellschaftlichen Einstellungen und die sich daraus für den Alltag ergebenden Zwänge gegenüber Frauen im Herkunftsstaat ablehnt, ergibt sich aus ihren glaubwürdigen Angaben und ihrem Auftreten in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht sowie dem persönlichen Eindruck, der von der Erstbeschwerdeführerin in der Verhandlung gewonnen werden konnte. Diese vermochte in der mündlichen Verhandlung zu überzeugen, dass sie in Österreich nicht nach der konservativ-afghanischen Tradition lebt, sondern diese vielmehr ablehnt, und sich aufgrund ihres Aufenthaltes in Österreich an eine Lebensführung ohne religiös motivierte Einschränkungen angepasst hat und sich auch weiter anpassen will. Die Erstbeschwerdeführerin hat die zugrundeliegenden Werte verinnerlicht und lebt auch danach. Sie kleidet sich ohne Orientierung an die traditionellen Kleidungsvorschriften ihres Herkunftsstaates, pflegt Freizeitaktivitäten und möchte am gesellschaftlichen Leben in Österreich teilnehmen. Ihr Leben in Österreich unterscheidet sich - auch in der Freizeitgestaltung - nicht vom Leben, welches andere Frauen in Österreich führen. Sie geht allein einkaufen und möchte in Österreich arbeiten.

Aus all dem ergibt sich, dass die Erstbeschwerdeführerin als selbständige Frau anzusehen ist, die in einer Weise lebt, die nicht mit den traditionell-konservativen Ansichten betreffend die Rolle der Frau in der afghanischen Gesellschaft übereinstimmt. Es ist daher davon auszugehen, dass eine Ablehnung der konservativ-islamischen Wertvorstellungen der Erstbeschwerdeführerin im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan auf Grund ihres Aufenthaltes im Ausland und ihrer Anpassung an das hier bestehende Gesellschaftssystem zumindest unterstellt würde.

Dass die Erstbeschwerdeführerin und der Zweitbeschwerdeführer in Österreich einen Deutschkurs besuchen, ergibt sich aus ihren Angaben in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 15.11.2016. Dass die Beschwerdeführer strafgerichtlich unbescholten sind, ergibt sich aus der Einsichtnahme ins österreichische Strafregister.

In einer Gesamtschau der Angaben der Erstbeschwerdeführerin im gesamten Verlauf des Verfahrens und aus den dargelegten Erwägungen erscheint das Vorbringen der Erstbeschwerdeführerin zu ihrer Furcht vor Verfolgung in Afghanistan als glaubhaft. Es ist daher davon auszugehen, dass der Erstbeschwerdeführerin im Fall der Rückkehr nach Afghanistan mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus asylrelevanten Gründen drohen würde und die staatlichen Einrichtungen Afghanistans nicht in der Lage sein würden, der Erstbeschwerdeführerin vor dieser Verfolgung im ausreichenden Maß Schutz zu bieten.

Die Feststellung, dass der Dritt- und der Viertbeschwerdeführer die Neue Mittelschule römisch 40 , der Fünft- und der Sechstbeschwerdeführer die Volksschule in römisch 40 besuchen, ergibt sich aus den vorgelegten Schulbesuchsbestätigungen.

Dass der Dritt- bis Sechstbeschwerdeführer über einen österreichischen Freundeskreis verfügen, ergibt sich aus den Angaben der Erstbeschwerdeführerin im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 15.11.2016.

Die Feststellungen zur Situation in Afghanistan beruhen auf den angeführten Quellen und wurden in der Beschwerdeverhandlung nicht in Abrede gestellt. Bei den Quellen handelt es sich um Berichte verschiedener anerkannter und teilweise vor Ort agierender Institutionen, die in ihren Aussagen ein übereinstimmendes, schlüssiges Gesamtbild der Situation (auch der Frauen) in Afghanistan ergeben. Angesichts der Seriosität der angeführten Erkenntnisquellen und der Plausibilität der Aussagen besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Darstellung zu zweifeln.

Zu den Gründen, die der Zweitbeschwerdeführer für das Verlassen des Herkunftsstaates angeführt hat, war festzuhalten, dass das behauptete Fluchtvorbringen des Zweitbeschwerdeführers die zuvor dargelegten Anforderungen an ein Vorbringen, um als glaubhaft zu gelten, nicht erfüllt und es demnach nicht als glaubwürdig erachtet werden konnte:

Insofern der Zweitbeschwerdeführer nunmehr im Beschwerdeverfahren erstmals vorbringt, vor ca. zwölf Jahren sei er von den Taliban entführt und gezwungen worden, das Haus des Kommandanten römisch 40 zu verraten, seitdem werde die gesamte Familie vom Kommandanten bzw. dessen Sohn bedroht, ist zu konstatieren, dass diesem Vorbringen keine Glaubhaftigkeit zugesonnen werden kann: So gab er in der Erstbefragung an, er sei mit seiner Familie geflüchtet, weil überall Krieg sei und Bomben explodiert seien. Die finanzielle Situation in Afghanistan sei schlecht gewesen, in Österreich könne er ein besseres Leben führen. In der Einvernahme vor dem BFA am 21.01.2016 ergänzte der Zweitbeschwerdeführer, neben der wirtschaftlich unzufriedenen Lage habe er sich vor den Taliban gefürchtet. Vor zwölf Jahren sei er von diesen geschlagen worden. Er habe auf den Koran schwören müssen und dann sei er wieder freigelassen worden. Seither habe er keinen Kontakt mehr zu diesen Leuten, fürchte sich aber vor der schlechten Situation im Land. Auch die Einnahme von Kundus und Pol-e-Chomri durch die Taliban habe seine Ausreiseentscheidung bestätigt. Wenngleich diese nun von dort wieder vertrieben worden seien, zeige die Situation die allgemeine Unsicherheit. Es gebe im ganzen Land viele Explosionen und somit keine Zukunft für ihn und seine Familie. Im Fall einer Rückkehr könnten seine Kinder keine Schule besuchen, die Gefahr, dass die Taliban kommen könnten, sei immer gegenwärtig. Ein fluchtauslösendes Ereignis konnte er jedoch nicht nennen.

Dies korrespondiert auch mit der Antwort der Erstbeschwerdeführerin auf die Frage, ob sie ein fluchtauslösendes Ereignis nennen könne:

"Nein. Die Taliban sind in unserer Nähe. Wir haben Angst gehabt, nachdem mein Mann und ich beide nicht lesen und schreiben können, deswegen wollten wir dass unsere Kinder die Schule besuchen dürfen und deshalb sind wir in Europa."

Ebenso erscheint auch das Vorbringen des Zweitbeschwerdeführers, der Sohn des Kommandanten, römisch 40 , habe erst etwa 7 Jahre nach dem Vorfall (sohin im Jahr 2011) den Drittbeschwerdeführer bedroht, diesen - wohl an Stelle des Zweitbeschwerdeführers - töten zu wollen, im Zusammenhang mit dem Vorbringen, der Kommandant sei vom Zweitbeschwerdeführer selbst verraten worden unglaubwürdig, zumal der Zweitbeschwerdeführer persönlich vor Ort vom Kommandanten während all der Jahre leicht auffindbar und greifbar gewesen wäre, hat er doch sein ganzes Leben, wie er in der mündlichen Verhandlung ausführte, im Heimatdorf verbracht. Nicht nachvollziehbar ist, warum nicht der Kommandant selbst sondern erst Jahre später dessen Sohn Rache nehmen wolle und auch diese zunächst nicht gegen den Zweitbeschwerdeführer selbst sondern gegen dessen Sohn gerichtet sei.

Soweit die Beschwerdeführer in ihrer Beschwerde ausführen, hätten keine Verständigungsprobleme mit dem Dolmetscher bestanden und wäre ein Dolmetscher der Sprache Dari oder Farsi vom BFA den Einvernahmen beigezogen worden, so hätten die Beschwerdeführer all ihre Fluchtgründe in den Einvernahmen vor dem BFA ausführen können, so ist darauf hinzuweisen, dass die Muttersprache der Beschwerdeführer - wie diese selbst ausführten - Dari ist und bei sämtlichen Einvernahmen der Beschwerdeführer ein Dolmetscher der Sprache Dari anwesend gewesen ist und übersetzt hat. In allen Einvernahmen bestätigten die Beschwerdeführer nach Rückübersetzung der Protokolle mit ihrer Unterschrift die Richtigkeit und Vollständigkeit der Niederschrift.

Die erkennende Richterin geht - wie auch der Verwaltungsgerichtshof vergleiche VwGH 07.12.1988, 88/01/0276,0284; VwGH 02.02.1994, 93/01/1035; VwGH 10.10.1996, 96/20/0361 - davon aus, dass ein spätes, gesteigertes Vorbringen als nicht glaubhaft qualifiziert werden kann, zumal ein tatsächlich verfolgter Asylwerber keine sich bietende Gelegenheit ungenützt vorübergehen lassen würde, ein zentrales entscheidungsrelevantes Vorbringen zu erstatten vergleiche VwGH 07.06.2000, 2000/01/0250).

Somit war im Ergebnis festzustellen, dass der Zweitbeschwerdeführer keine nach der Genfer Flüchtlingskonvention relevanten Fluchtgründe glaubhaft vorbrachte.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß Paragraph 6, BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Eine derartige Regelung wird in den einschlägigen Normen (VwGVG, BFA-VG, AsylG) nicht getroffen und es liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichts-verfahrensgesetz - VwGVG) Bundesgesetzblatt Teil eins, 33 aus 2013, i.d.F. Bundesgesetzblatt Teil eins, 122 aus 2013,, geregelt (Paragraph eins, leg.cit.). Gemäß Paragraph 58, Absatz 2, VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß Paragraph 17, VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Artikel 130, Absatz eins, B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der Paragraphen eins bis 5 sowie des römisch IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, Bundesgesetzblatt Nr. 194 aus 1961,, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, Bundesgesetzblatt Nr. 173 aus 1950,, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, Bundesgesetzblatt Nr. 29 aus 1984,, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Zu A)

Gemäß Paragraph 3, Absatz eins, AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß Paragraphen 4,, 4a oder 5 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung i.S.d. Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) droht. Gemäß Paragraph 3, Absatz 3, AsylG 2005 ist der Asylantrag bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abzuweisen, wenn dem Fremden eine innerstaatliche Fluchtalternative (Paragraph 11, AsylG 2005) offen steht oder wenn er einen Asylausschlussgrund (Paragraph 6, AsylG 2005) gesetzt hat.

Flüchtling i.S.d. Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, GFK (i.d.F. des Artikel eins, Absatz 2, des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge Bundesgesetzblatt 78 aus 1974,) - deren Bestimmungen gemäß Paragraph 74, AsylG 2005 unberührt bleiben - ist, wer sich "aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren."

Zentraler Aspekt dieses Flüchtlingsbegriffs der GFK ist die wohlbegründete Furcht vor Ver-folgung. Wohlbegründet kann eine Furcht nur dann sein, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers und unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist vergleiche VwGH 22.12.1999, 99/01/0334; 21.12.2000, 2000/01/0131; 25.1.2001, 2001/20/0011). Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation (aus Konventionsgründen) fürchten würde vergleiche VwGH 19.12.2007, 2006/-20/0771). Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht; die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH 21.12.2000, 2000/01/0131; 25.1.2001, 2001/20/0011). Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ur-sache in einem der Gründe haben, welche Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, GFK nennt (VwGH 9.9.1993, 93/01/0284; 15.3.2001, 99/20/0128; 23.11.2006, 2005/20/0551); sie muss Ursache dafür sein, dass sich der Asylwerber außerhalb seines Heimatlandes bzw. des Landes seines vorigen Aufenthaltes befindet.

Gemäß Paragraph 3, Absatz 3, Ziffer eins und Paragraph 11, Absatz eins, AsylG 2005 ist der Asylantrag abzuweisen, wenn dem Asylwerber in einem Teil seines Herkunftsstaates vom Staat oder von sonstigen Akteuren, die den Herkunftsstaat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebietes beherrschen, Schutz gewährleistet werden und ihm der Aufenthalt in diesem Teil des Staatsgebietes zugemutet werden kann ("innerstaatliche Fluchtalternative"). Schutz ist gewährleistet, wenn in Bezug auf diesen Teil des Herkunftsstaates keine wohlbegründete Furcht nach Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, GFK vorliegen kann vergleiche zur Rechtslage vor dem AsylG 2005 z.B. VwGH 15.3.2001, 99/20/0036; 15.3.2001, 99/20/0134, wonach Asylsuchende nicht des Schutzes durch Asyl bedürfen, wenn sie in bestimmten Landesteilen vor Verfolgung sicher sind und ihnen insoweit auch zumutbar ist, den Schutz ihres Herkunftsstaates in Anspruch zu nehmen). Damit ist - wie der Verwaltungsgerichtshof zur GFK judiziert - nicht das Erfordernis einer landesweiten Verfolgung gemeint, sondern vielmehr, dass sich die asylrelevante Verfolgungsgefahr für den Betroffenen - mangels zumutbarer Ausweichmöglichkeit innerhalb des Herkunftsstaates - im gesamten Herkunftsstaat auswirken muss (VwGH 9.11.2004, 2003/01/0534). Das Zumutbarkeitskalkül, das dem Konzept einer "inländischen Flucht- oder Schutzalternative" (VwGH 9.11.2004, 2003/01/0534) innewohnt, setzt daher voraus, dass der Asylwerber dort nicht in eine ausweglose Lage gerät, zumal wirtschaftliche Benachteiligungen auch dann asylrelevant sein können, wenn sie jede Existenzgrundlage entziehen (VwGH 8.9.1999, 98/01/0614, 29.3.2001, 2000/20/0539).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vergleiche VwGH 28.3.1995, 95/19/0041; 27.6.1995, 94/20/0836; 23.7.1999, 99/20/0208; 21.9.2000, 99/20/0373; 26.2.2002, 99/20/0509 m.w.N.; 12.9.2002, 99/20/0505; 17.9.2003, 2001/20/0177) ist eine Verfolgungshandlung nicht nur dann relevant, wenn sie unmittelbar von staatlichen Organen (aus Gründen der GFK) gesetzt worden ist, sondern auch dann, wenn der Staat nicht gewillt oder nicht in der Lage ist, Handlungen mit Verfolgungscharakter zu unterbinden, die nicht von staatlichen Stellen ausgehen, sofern diese Handlungen - würden sie von staatlichen Organen gesetzt - asylrelevant wären. Eine von dritter Seite ausgehende Verfolgung kann nur dann zur Asylgewährung führen, wenn sie von staatlichen Stellen infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt nicht abgewendet werden kann (VwGH 22.3.2000, 99/01/0256 m.w.N.).

Von einer mangelnden Schutzfähigkeit des Staates kann nicht bereits dann gesprochen werden, wenn der Staat nicht in der Lage ist, seine Bürger gegen jedwede Übergriffe Dritter präventiv zu schützen (VwGH 13.11.2008, 2006/01/0191). Für die Frage, ob eine ausreichend funktionierende Staatsgewalt besteht - unter dem Fehlen einer solchen ist nicht "zu verstehen, dass die mangelnde Schutzfähigkeit zur Voraussetzung hat, dass überhaupt keine Staatsgewalt besteht" (VwGH 22.3.2000, 99/01/0256) -, kommt es darauf an, ob jemand, der von dritter Seite (aus den in der GFK genannten Gründen) verfolgt wird, trotz staatlichen Schutzes einen - asylrelevante Intensität erreichenden - Nachteil aus dieser Verfolgung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit zu erwarten hat vergleiche VwGH 22.3.2000, 99/01/0256 im Anschluss an Goodwin-Gill, The Refugee in International Law, 2. Auflage [1996] 73; weiters VwGH 26.2.2002, 99/20/0509 m.w.N.; 20.9.2004, 2001/20/0430; 17.10.2006, 2006/20/0120; 13.11.2008, 2006/01/0191). Für einen Verfolgten macht es nämlich keinen Unterschied, ob er auf Grund staatlicher Verfolgung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einen Nachteil zu erwarten hat oder ob ihm dieser Nachteil mit derselben Wahrscheinlichkeit auf Grund einer Verfolgung droht, die von anderen ausgeht und die vom Staat nicht ausreichend verhindert wird. In diesem Sinne ist die oben verwendete Formulierung zu verstehen, dass der Herkunftsstaat "nicht gewillt oder nicht in der Lage" sei, Schutz zu gewähren (VwGH 26.2.2002, 99/20/0509). In beiden Fällen ist es dem Verfolgten nicht möglich bzw. im Hinblick auf seine wohlbegründete Furcht nicht zumutbar, sich des Schutzes seines Heimatlandes zu bedienen vergleiche VwGH 22.3.2000, 99/01/0256; 13.11.2008, 2006/01/0191).

Verfolgungsgefahr kann nicht ausschließlich aus individuell gegenüber dem Einzelnen gesetzten Einzelverfolgungsmaßnahmen abgeleitet werden, vielmehr kann sie auch darin begründet sein, dass regelmäßig Maßnahmen zielgerichtet gegen Dritte gesetzt werden, und zwar wegen einer Eigenschaft, die der Betreffende mit diesen Personen teilt, sodass die begründete Annahme besteht, (auch) er könnte unabhängig von individuellen Momenten solchen Maßnahmen ausgesetzt sein (VwGH 09.03.1999, Zl. 98/01/0370; 22.10.2002, Zl. 2000/01/0322).

Die Voraussetzungen der GFK sind nur bei jenem Flüchtling gegeben, der im gesamten Staatsgebiet seines Heimatlandes keinen ausreichenden Schutz vor der konkreten Verfolgung findet (VwGH 08.10.1980, VwSlg. 10.255 A). Steht dem Asylwerber die Einreise in Landesteile seines Heimatstaates offen, in denen er frei von Furcht leben kann, und ist ihm dies zumutbar, so bedarf er des asylrechtlichen Schutzes nicht; in diesem Fall liegt eine sog. "inländische Fluchtalternative" vor. Der Begriff "inländische Fluchtalternative" trägt dem Umstand Rechnung, dass sich die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung iSd. Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, GFK, wenn sie die Flüchtlingseigenschaft begründen soll, auf das gesamte Staatsgebiet des Heimatstaates des Asylwerbers beziehen muss (VwGH 08.09.1999, Zl. 98/01/0503 und Zl. 98/01/0648).

Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich jedoch, dass die Erstbeschwerdeführerin in ihrem Herkunftsstaat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit aus den in der GFK genannten Gründen verfolgt wird, weil sie eine westlich orientierte Frau ist.

Die Erstbeschwerdeführerin hat glaubhaft dargelegt, dass sie auf Grund ihrer inneren und nach außen hin erkennbaren persönlichen Wertehaltung und wegen ihres Widerstandes gegen die in Afghanistan vorherrschenden Diskriminierungen und Einschränkungen im Fall der Rückkehr nach Afghanistan mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einer Verfolgungsgefahr ausgesetzt sein würde. Das von der persönlichen Wertehaltung der Erstbeschwerdeführerin überwiegend getragene und als westlich zu bezeichnende Frauen- und Gesellschaftsbild steht im völligen Gegensatz zu der in weiten Teilen Afghanistans immer noch vorherrschenden und durch teils bizarre gesellschaftliche und politisch-religiöse Zwänge gekennzeichneten Lebensweise.

Den getroffenen Feststellungen zufolge besteht das Risiko einer frauenspezifischen Gefährdung, bei non-konformem Verhalten (d.h. bei Verstößen gegen gesellschaftliche Normen wie beispielsweise Bekleidungsvorschriften) einer "Bestrafung" ausgesetzt zu sein. Daraus resultierend wäre die Erstbeschwerdeführerin im Fall der Rückkehr nach Afghanistan mit großer Wahrscheinlichkeit mit einer Situation konfrontiert, in der sie in der Ausübung grundlegender Menschenrechte beeinträchtigt wäre, und zwar vor allem dadurch, dass sie in einem Klima ständiger latenter Bedrohung, struktureller Gewalt und unmittelbaren Einschränkungen einer Reihe von Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt sein könnte. So bestehen nach wie vor gesellschaftliche Normen dahingehend, dass Frauen sich nur bei Vorliegen bestimmter Gründe alleine außerhalb ihres Wohnraumes bewegen sollen; widrigenfalls haben Frauen mit Beschimpfungen und Bedrohungen zu rechnen bzw. sind der Gefahr willkürlicher Übergriffe ausgesetzt.

Diese Situation ist auch durch die Aufnahme einer Bestimmung in der neuen Verfassung von Afghanistan über die Gleichheit von Mann und Frau vor dem Gesetz nicht beseitigt, da die praktische Handhabung dieser Vorschrift noch nicht abzusehen ist und überdies im Verfassungsdokument an anderer Stelle vorgesehen ist, dass kein Gesetz gegen den Glauben und die Vorschriften des Islam verstoßen dürfe, was als Rechtfertigung traditionell gesellschaftlicher Vorstellungen über die Rolle der Frau herangezogen werden könnte.

Zwar stellen diese Umstände bzw. diese zu erwartenden Diskriminierungen nicht notwendiger Weise Eingriffe von staatlicher und damit von "offizieller" Seite dar, zumal sie von der gegenwärtigen afghanischen Regierung nicht angeordnet sind. Da das Asylrecht als Ausgleich für fehlenden staatlichen Schutz konzipiert ist (VwGH 13.11.2001, Zl. 2000/01/0098), kommt es aber nicht darauf an, ob die Verfolgungsgefahr vom Staat bzw. von Trägern der Staatsgewalt oder von Privatpersonen (zB von Teilen der lokalen Bevölkerung) ausgeht, sondern vielmehr darauf, ob im Hinblick auf eine bestehende Verfolgungsgefahr ausreichender Schutz besteht vergleiche dazu VwGH 16.04.2002, Zl. 99/20/0483; 14.10.1998, Zl. 98/01/0262). Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist zur Feststellung, ob ein solcher ausreichender Schutz vorliegt - wie ganz allgemein bei der Prüfung des Vorliegens von wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung - ein "Wahrscheinlichkeitskalkül" heranzuziehen (zB VwGH 22.03.2000, Zl. 99/01/0256).

Es ist zu prüfen, ob es der Erstbeschwerdeführerin möglich wäre, angesichts des sie betreffenden Sicherheitsrisikos ausreichenden Schutz im Herkunftsstaat in Anspruch zu nehmen, bzw. ob der Eintritt des zu befürchtenden Risikos - trotz Bestehens von Schutzmechanismen im Herkunftsstaat - wahrscheinlich ist:

Im vorliegenden Fall ist nicht hervorgekommen, dass es der afghanischen Zentralregierung möglich wäre, für die umfassende Gewährleistung grundlegender Rechte und Freiheiten hinsichtlich der Bevölkerungsgruppe der afghanischen Frauen Sorge zu tragen, der afghanische Staat kommt somit seinen Schutzpflichten hinsichtlich dieser Bevölkerungsgruppe meist nicht nach. Ausgehend davon kann die Erstbeschwerdeführerin nicht mit hinreichender Sicherheit damit rechnen, dass sie angesichts des sie als Frau betreffenden Risikos, Opfer von Übergriffen und Einschränkungen zu werden, ausreichenden Schutz im Herkunftsstaat finden kann. Angesichts der dargestellten Umstände ist im Fall der Erstbeschwerdeführerin daher davon auszugehen, dass sie in Afghanistan den Eintritt eines - asylrelevante Intensität erreichenden - Nachteiles aus der befürchteten Verfolgung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit zu erwarten hat.

Im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan wäre die Erstbeschwerdeführerin zunächst mit einer für sie prekären Sicherheitslage konfrontiert. Das bedeutet, dass für sie in fast allen Teilen Afghanistans ein erhöhtes Risiko besteht, Eingriffen in ihre physische Integrität und Sicherheit ausgesetzt zu sein. Den Feststellungen zufolge ist dieses Risiko sowohl als generelle, die afghanischen Frauen betreffende Gefährdung zu sehen (Risiko, Opfer einer Vergewaltigung oder eines sonstigen Übergriffs bzw. Verbrechens zu werden) als auch als spezifische Gefährdung, bei nonkonformem Verhalten (d.h. bei Verstößen gegen gesellschaftliche Normen wie beispielsweise Bekleidungsvorschriften) einer "Bestrafung" ausgesetzt zu sein. Am Beispiel der die Frauen betreffenden Einschränkungen der Bewegungsfreiheit wird anschaulich, dass afghanische Frauen de facto einer Verletzung in grundlegenden Rechten ausgesetzt sind. Es bestehen nach wie vor gesellschaftliche Normen dahingehend, dass Frauen sich nur bei Vorliegen bestimmter Gründe alleine außerhalb ihres Wohnraumes bewegen sollen. Widrigenfalls haben Frauen mit Beschimpfungen und Bedrohungen zu rechnen bzw. sind der Gefahr willkürlicher Übergriffe ausgesetzt. Für die Erstbeschwerdeführerin wirkt sich die derzeitige Situation in Afghanistan so aus, dass sie im Falle einer Rückkehr einem Klima ständiger latenter Bedrohung, struktureller Gewalt und unmittelbaren Einschränkungen und durch das Bestehen dieser Situation einer Reihe von Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt wäre.

Die Erstbeschwerdeführerin unterliegt allerdings einer erhöhten Gefährdung, in Afghanistan dieser Situation ausgesetzt zu sein, weil sie als Frau nicht nach der konservativ-afghanischen Tradition lebt, sondern sich eine Lebensführung angeeignet hat, gegensätzlich zu dem in der afghanischen Gesellschaft weiterhin vorherrschenden traditionell-konservativen Rollenbild der Frau. Der Einschätzung des UNHCR, der Indizwirkung zukommt vergleiche VwGH 16.01.2008, 2006/19/0182), zufolge sind Frauen besonders gefährdet, Opfer von Misshandlungen zu werden, wenn ihr Verhalten als nicht mit den von der Gesellschaft, der Tradition oder sogar vom Rechtssystem auferlegten Geschlechterrollen vereinbar angesehen wird. Afghanische Frauen, die einen weniger konservativen Lebensstil angenommen haben, beispielsweise solche, die aus dem Exil im Iran oder in Europa zurückgekehrt sind, werden nach wie vor als soziale und religiöse Normen überschreitend wahrgenommen. Die Erstbeschwerdeführerin würde dadurch gegenwärtig in Afghanistan als Frau wahrgenommen werden, die sich als nicht konform ihrer durch die Gesellschaft, Tradition und das Rechtssystem vorgeschriebenen geschlechtsspezifischen Rolle benimmt; sie ist insofern einem besonderen Misshandlungsrisiko ausgesetzt vergleiche dazu EGMR, Case N. gegen Schweden, 20.07.2010 Application Nr. 23505/09, ebenfalls unter Hinweis auf UNHCR). Damit droht der Erstbeschwerdeführerin Verfolgung aufgrund einer ihr unterstellten politischen Gesinnung vergleiche dazu auch VwGH, 06.07.2011, 2008/19/0994, wonach "Asyl zu gewähren ist, wenn der von [der Beschwerdeführerin] vorgebrachte, westliche Lebensstil in Afghanistan einer zu den herrschenden politischen und/oder religiösen Normen eingenommene oppositionellen Einstellung gleichgesetzt wird und ihr deshalb Verfolgung [...] droht").

Zudem steht das dargestellte Verfolgungsrisiko auch im Zusammenhang mit der Zugehörigkeit der Erstbeschwerdeführerin zu einer bestimmten sozialen Gruppe vergleiche dazu VwGH 16.04.2002, 99/20/0483; 20.06.2002, 99/20/0172), zumal die persönliche und auch nach außen dargelegte westliche Lebenseinstellung der Erstbeschwerdeführerin im Gegensatz zu der in Afghanistan weiterhin vorherrschenden Situation für Frauen steht. Zwar stellen diese Umstände keine Eingriffe von "offizieller" Seite dar, das heißt, sie sind von der gegenwärtigen afghanischen Regierung nicht angeordnet, andererseits ist es der Zentralregierung auch nicht möglich, für die umfassende Gewährleistung grundlegender Rechte und Freiheiten der afghanischen Frauen Sorge zu tragen. Gegenwärtig besteht in Afghanistan kein funktionierender Polizei- und Justizapparat. Darüber hinaus ist nicht davon auszugehen, dass im Wirkungsbereich einzelner lokaler Machthaber effektive Mechanismen zur Verhinderung von Übergriffen und Einschränkungen gegenüber Frauen bestünden; ganz im Gegenteil, liegt ein derartiges Vorgehen gegenüber Frauen teilweise ganz im Sinne der lokalen Machthaber. Für die Erstbeschwerdeführerin ist damit nicht mit ausreichender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass sie angesichts des sie als Frau westlicher Orientierung betreffenden Risikos, Opfer von Misshandlungen und Einschränkungen zu werden, ausreichenden Schutz im Herkunftsstaat finden könne. Die sie im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan bedrohende Situation ist in ihrer Gesamtheit von asylrelevanter Intensität.

Eine innerstaatliche Fluchtalternative besteht für die Erstbeschwerdeführerin nicht, zumal im gesamten Staatsgebiet von Afghanistan von einer Situation auszugehen ist, wo sie deshalb einem erhöhten Sicherheitsrisiko und den daraus resultierenden Einschränkungen ausgesetzt wäre.

Auf Grund der Ermittlungsergebnisse ist daher davon auszugehen, dass sich die Erstbeschwerdeführerin aus wohlbegründeter Furcht vor asylrelevanter Verfolgung außerhalb Afghanistans befindet und im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

Das Vorliegen eines Asylausschlussgrundes (Artikel 1 Abschnitt D, F der GFK und Paragraph 6, AsylG 2005) oder eines Endigungsgrundes (Artikel 1 Abschnitt C der GFK) ist nicht hervorgekommen.

Gemäß Paragraph 3, Absatz 5, AsylG 2005 war die Entscheidung über die Zuerkennung des Status der Asylberechtigten mit der Feststellung zu verbinden, dass der Fremden damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

Zur Zuerkennung des Status von Asylberechtigten an den Zweit-, Dritt-, Viert-, Fünft- und Sechstbeschwerdeführer:

Stellt ein Familienangehöriger (Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 22,) von

1. einem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist;

2. einem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten (Paragraph 8,) zuerkannt worden ist oder

3. einem Asylwerber einen Antrag auf internationalen Schutz,

so gilt dieser gemäß Paragraph 34, Absatz eins, AsylG 2005 als Antrag auf Gewährung desselben Schutzes.

Gemäß Paragraph 34, Absatz 2, AsylG 2005 hat die Behörde aufgrund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn

1. dieser nicht straffällig geworden ist;

2. die Fortsetzung eines bestehenden Familienlebens im Sinne des Artikel 8 EMRK mit dem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, in einem anderen Staat nicht möglich ist und

3. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung des Asylstatus anhängig ist (Paragraph 7,).

Gemäß Absatz 4, leg. cit. hat die Behörde Anträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind unter einem zu führen, und es erhalten unter den Voraussetzungen der Absätze 2 und 3 alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang. Entweder ist der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wobei die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten vorgeht, es sei denn, alle Anträge wären als unzulässig zurückzuweisen oder abzuweisen. Jeder Asylwerber erhält einen gesonderten Bescheid. Ist einem Fremden der faktische Abschiebeschutz gemäß Paragraph 12 a, Absatz 4, zuzuerkennen, ist dieser auch seinen Familienangehörigen zuzuerkennen.

Familienangehörige sind gemäß Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 22, AsylG 2005, wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Asylwerbers oder eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits im Herkunftsstaat bestanden hat; dies gilt weiters auch für eingetragene Partner, sofern die eingetragene Partnerschaft bereits im Herkunftsstaat bestanden hat.

Die minderjährigen Dritt-, Viert-, Fünft- und Sechstbeschwerdeführer sind ebenso wie der Zweitbeschwerdeführer Familienangehörige der Erstbeschwerdeführerin im Sinne des Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 22, AsylG 2005. Da der Erstbeschwerdeführerin der Status der Asylberechtigten zuerkannt wird, ist sowohl dem Zweitbeschwerdeführer als auch dem minderjährigen Dritt-, Viert-, Fünft- und Sechstbeschwerdeführer daher nach Paragraph 34, Absatz 2, in Verbindung mit Absatz 4, AsylG 2005 der gleiche Schutzumfang zuzuerkennen, zumal diese nicht straffällig geworden sind. Hinweise darauf, dass dem Zweit-, Dritt-, Viert-, Fünft- und Sechstbeschwerdeführer die Fortsetzung des bestehenden Familienlebens mit der Erstbeschwerdeführerin in einem anderen Staat möglich wäre, sind im Verfahren nicht hervorgekommen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß Paragraph 25 a, Absatz eins, VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab vergleiche die oben im Rahmen der rechtlichen Beurteilung zu Spruchteil A angeführten zahlreichen Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes), noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Das Bundesverwaltungsgericht kann sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.

Schlagworte

Asylgewährung von Familienangehörigen, Familienverfahren

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2016:W217.2122497.1.00

Zuletzt aktualisiert am

02.12.2016

Dokumentnummer

BVWGT_20161124_W217_2122497_1_00

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