Verwaltungsgerichtshof (VwGH)

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Entscheidungstext 93/16/0119

Entscheidungsart

Erkenntnis

Dokumenttyp

Entscheidungstext

Geschäftszahl

93/16/0119

Entscheidungsdatum

07.10.1993

Index

yy41 Rechtsvorschriften die dem §2 R-ÜG StGBl 6/1945 zuzurechnen
sind;
20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;
36 Wirtschaftstreuhänder;

Norm

ABGB §1002;
AbgO 1931 §107;
AbgO 1931 §107a Abs1;
AbgO 1931 §107a Abs7;
AbgO 1931 §107e Abs3 Z7;
BAO §321 Abs2;
BAO §83 Abs1;
BAO §83;
BAO §84 Abs1 impl;
BAO §84 Abs1;
BAO §84;
Verhütung von Mißbräuchen auf dem Gebiet der Rechtsberatung 1935 Art2 §1 Z1;
WTBO §33 Abs1 litc;
WTBO §56;
WTBO §71;
  1. BAO § 83 heute
  2. BAO § 83 gültig ab 01.07.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 62/2018
  3. BAO § 83 gültig von 01.01.2013 bis 30.06.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 14/2013
  4. BAO § 83 gültig von 26.03.2009 bis 31.12.2012 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 20/2009
  5. BAO § 83 gültig von 19.04.1980 bis 25.03.2009 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 151/1980
  1. BAO § 83 heute
  2. BAO § 83 gültig ab 01.07.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 62/2018
  3. BAO § 83 gültig von 01.01.2013 bis 30.06.2018 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 14/2013
  4. BAO § 83 gültig von 26.03.2009 bis 31.12.2012 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 20/2009
  5. BAO § 83 gültig von 19.04.1980 bis 25.03.2009 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 151/1980

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Hofrat Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner, Dr. Fellner, Dr. Höfinger und Dr. Kail als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Dr. Wurdinger, über die Beschwerde des X-Vereines in L, vertreten durch Dr. B, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich vom 25. November 1992, Zl. 358/2-10/K-1992, betreffend Ablehnung als Vertreter in Abgabensachen, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid vom 26. Februar 1992 lehnte das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Linz den beschwerdeführenden Verein gemäß Paragraph 84, Absatz eins, BAO als Bevollmächtigten ab.

Die gegen diesen Bescheid erhobene Berufung wurde mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid als unbegründet abgewiesen. Die belangte Behörde ging in der Begründung ihrer Entscheidung davon aus, daß aus den Statuten des Vereines, nach deren Paragraph 2, Litera a, der Zweck des Vereines im besonderen in der Vertretung bei Gerichten, Behörden und Ämtern, soferne nicht die Vertretung durch einen Rechtsanwalt vorgeschrieben sei, sowie in der Beratung und Belehrung der Mitglieder in allen Hausbesitzerangelegenheiten bestehe, nichts für die Beurteilung der Streitfrage zu gewinnen sei. Aus der Bestimmung des Paragraph 83, Absatz eins, BAO, wonach sich die Parteien und ihre gesetzlichen Vertreter durch eigenberechtigte Personen vertreten lassen können, schloß die belangte Behörde vielmehr, daß abgesehen von Wirtschaftstreuhandgesellschaften und anderen in Paragraph 107 a, Absatz 3, Ziffer 3 bis 9 AO bzw. Paragraph 71, WTBO genannten Stellen und Körperschaften, nur physischen Personen die Eignung als Bevollmächtigter zukommen kann. Die in Ziffer 7, des Paragraph 107 a, Absatz 3, AO genannten privatrechtlichen Vereinigungen seien jedoch nur befugt, ihren Mitgliedern Hilfe zu leisten und sie in ihrer Gesamtheit, nicht auch individuell zu vertreten.

Die Behandlung der gegen diesen Bescheid an den Verfassungsgerichtshof erhobenen Beschwerde wurde von diesem Gerichtshof mit Beschluß vom 15. Juni 1993, B 35/93-3, abgelehnt. Mit weiterem Beschluß des Verfassungsgerichtshofes vom 23. Juli 1993, B 35/93-5, wurde die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof antragsgemäß abgetreten.

Vor dem Verwaltungsgerichtshof wird inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides geltend gemacht.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß Paragraph 83, Absatz eins, BAO können sich die Parteien und ihre gesetzlichen Vertreter, sofern nicht ihr persönliches Erscheinen ausdrücklich gefordert wird, durch eigenberechtigte Personen vertreten lassen, die sich durch eine schriftliche Vollmacht auszuweisen haben.

Die Abgabenbehörde hat gemäß Paragraph 84, Absatz eins, BAO solche Personen als Bevollmächtigte abzulehnen, die die Vertretung anderer geschäftsmäßig, wenn auch unentgeltlich betreiben, ohne hiezu befugt zu sein.

Nach Paragraph 71, Absatz eins, WTBO werden die Befugnisse der Rechtsanwälte, Patentanwälte und Notare durch die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes nicht berührt. Gleiches gilt für die Befugnisse von Behörden und Körperschaften des öffentlichen Rechts, soweit sie im Rahmen ihres Aufgabenbereiches Hilfe oder Beistand in Steuersachen im Sinne der Abgabenordnung leisten, sowie der im Paragraph 107 a, Absatz 3, Ziffer 3 bis 9 der Abgabenordnung genannten Personen oder Stellen.

Nach Paragraph 321, Absatz 2, BAO erfahren die gemäß Paragraph 71, WTBO unberührt gebliebenen Befugnisse zur Vertretung vor Abgabenbehörden beziehungsweise zur Hilfe- oder Beistandsleistung in Abgabensachen durch das Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes keine Änderung; dies gilt auch für die im Paragraph 107 a, Absatz 3, Ziffer 3 bis 9 der Abgabenordnung genannten Personen und Stellen.

Gemäß Paragraph 107 a, Absatz eins, Satz 1 Abgabenordnung (AO), DRGBl 1931 römisch eins 161, bedürfen Personen, die geschäftsmäßig Hilfe in Steuersachen leisten, insbesondere Rat in Steuersachen erteilen, dazu der vorherigen Erlaubnis des Finanzamtes. Absatz eins, gilt nach Absatz 3, Ziffer 7, nicht für auf berufständischer oder ähnlicher Grundlage gebildete Vereinigungen oder Stellen, soweit sie im Rahmen ihres Aufgabenbereichs ihren Mitgliedern Hilfe in Steuersachen leisten. Nach Absatz 7, Satz 1 des Paragraph 107 a, AO umfaßte die Erlaubnis nach Absatz eins, Satz 1 nicht die Befugnis, als Bevollmächtigter vor Behörden aufzutreten.

Die Bestimmungen der Paragraphen 83, f BAO regeln das Verhältnis gewillkürter Vertreter des Abgabepflichtigen zu den Abgabenbehörden. Bei einem derartigen Vertreter handelt es sich - sofern dies nicht im Einzelfall ausgeschlossen ist - um den Fall einer direkten Stellvertretung, bei der die Erklärung des Vertreters unmittelbare Wirkungen in der Person des Vertretenen erzeugt vergleiche Koziol-Welser, Grundriß des bürgerlichen Rechts I9 162).

Der beschwerdeführende Verein stützt eine seiner Meinung nach bestehende Vertretungsbefugnis auf Paragraph 107 a, Absatz 3, Ziffer 3 bis 9 AO. Zunächst mag dahingestellt bleiben, ob es sich bei dem beschwerdeführenden Verein, einer privatrechtlich organisierten Vereinigung von Grundbesitzern, wenn schon nicht um eine berufsständische, so doch um eine einer berufsständischen Vereinigung ähnliche private Körperschaft handelt vergleiche das zu einem "Schutzverband" von Steuerzahlern ergangene hg. Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 7. April 1964, 495/63, Slg. 6286/A).

Abgesehen davon, daß im Beschwerdefall von vornherein nur die Ziffer 7, des Paragraph 107 a, Absatz 3, AO als Rechtsgrundlage für das Auftreten des Vereines in Betracht kommt, ist davon auszugehen, daß im Paragraph 321, Absatz 2, BAO hinsichtlich der inkraftbleibenden "Befugnisse zur Vertretung vor Abgabenbehörden beziehungsweise zur Hilfe- und Beistandsleistung in Abgabensachen" auf Paragraph 71, WTBO verwiesen wird. Die letztgenannte Gesetzesstelle sprach in ihrem zweiten Satz die Weitergeltung der Befugnisse unter anderem der im Paragraph 107 a, Absatz 3, Ziffer 7, AO genannten Personen oder Stellen aus.

Der historische Gesetzgeber hat in der Abgabenordnung klar und deutlich zwischen einer Vertretung vor Behörden durch Bevollmächtigte und einer bloßen Hilfeleistung in Steuersachen unterschieden. So war in Paragraph 107, AO die Vertretung gegenüber den Finanzbehörden geregelt vergleiche Kühn, Reichsabgabenordnung2, Stuttgart 1950, S. 86), wobei als Vertreter im wesentlichen Rechtsanwälte, Notare und Steuerberater in Betracht kamen. Hingegen regelte Paragraph 107 a, AO "zur Verhütung von Mißbräuchen auf dem Gebiete der Rechtsberatung" (Gesetz DRGBl 1935 römisch eins 1478) die geschäftsmäßig betriebene INTERNE HILFELEISTUNG in Steuersachen vergleiche Kühn, a.a.O., S. 93). In diesem Sinne waren die nach Absatz eins, des Paragraph 107 a, AO als "Helfer in Steuersachen" zugelassenen Personen nach der ausdrücklichen Bestimmung des folgenden Absatz 7, zur Vertretung vor Behörden, aber auch zu einer bloßen Beistandsleistung vor Behörden nicht befugt.

Nicht anders kann aber der im Paragraph 107 a, Absatz 3, Ziffer 7, AO verwendete Begriff "Hilfe in Steuersachen" verstanden werden. Als eine solche "Hilfe in Steuersachen" kommt somit nur eine im internen Bereich zwischen der Vereinigung (Stelle) und dem Steuerpflichtigen (dem Mitglied der Vereinigung) liegende Tätigkeit in Betracht. In diesem Sinne wird auch in den Bestimmungen der WTBO über die Befugnisse der einzelnen Arten von Wirtschaftstreuhändern, insbesondere z.B. im Paragraph 33, Absatz eins, Litera c, WTBO zwischen Beratung und Hilfeleistung auf dem Gebiete des Abgabenrechtes einerseits und der Vertretung vor den Finanzbehörden des Bundes und der übrigen Gebietskörperschaften ausdrücklich unterschieden. Daraus folgt aber, daß eine "Hilfe in Steuersachen" im Sinne des Paragraph 107 a, Absatz 3, Ziffer 7, AO die Vertretung vor den Abgabenbehörden nicht einschließt.

Auf die vom Beschwerdeführer relevierte Frage, ob unter "eigenberechtigten Personen" im Sinne des Paragraph 83, Absatz eins, BAO auch juristische Personen zu verstehen sind - die belangte Behörde hat diese Frage unter Bezugnahme auf das hg. Erkenntnis vom 28. Juni 1968, 1380/66, verneint -, kommt es daher nicht mehr an. Die diesbezüglichen Ausführungen in der Beschwerdeergänzung, wonach bei verfassungskonformer Interpretation unter den als Vertreter nach Paragraph 83, Absatz eins, BAO in Betracht kommenden Personen neben natürlichen Personen auch juristische Personen zu verstehen sind, gehen damit ins Leere. Im übrigen ist die im gegebenen Zusammenhang vom Beschwerdeführer vertretene Auffassung, im Abgabenverfahren könne auch eine steuerrechtlich völlig unkundige natürliche Person als Parteienvertreter auftreten, insoweit unrichtig, als eine solche Person nicht als geschäftsmäßiger Vertreter für einen von vornherein unbestimmten Personenkreis tätig werden kann.

In der Beschwerdeschrift wird geltend gemacht, die vom Beschwerdeführer ausgeführte Vertretung sei weder berufsmäßig noch entgeltlich erfolgt. Dem ist entgegenzuhalten, daß Voraussetzung für die Ablehnung eines Vertreters nach Paragraph 84, Absatz eins, BAO weder ein "berufsmäßiges" noch ein entgeltliches, sondern vielmehr GESCHÄFTSMÄßIGES Auftreten ist. Dieses Tatbestandsmerkmal der Geschäftsmäßigkeit wird aber schon dann erfüllt, wenn aus den jeweiligen Umständen zu schließen ist, daß sich die Vertretung nicht nur auf einige bestimmte oder zumindest in einem bestimmten Zusammenhang anfallende Vertretungshandlungen bezieht, sondern einen Agendenkreis umfaßt, der verschiedene, nicht näher spezifizierte Vertretungshandlungen mit einer gewissen Häufigkeit erwarten läßt vergleiche das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. Mai 1990, 89/14/0296). Geschäftsmäßig ist somit auch eine unentgeltliche Tätigkeit, soweit sie selbständig und nicht nur gelegentlich, sondern mit einer gewissen Häufigkeit vorgenommen wird vergleiche neuerlich das Erkenntnis Slg. Nr. 6286/A). Daß die Tätigkeit des Beschwerdeführers dieses Tatbestandsmerkmal erfüllt, geht aber aus den im angefochtenen Bescheid zitierten Statuten sowie der Sachverhaltsdarstellung in der Beschwerde und dem Vorbringen in der Beschwerdeergänzung selbst hervor.

Damit ist aber dargelegt, daß im Beschwerdefall der Tatbestand nach Paragraph 84, Absatz eins, BAO erfüllt war. Da somit schon der Inhalt der Beschwerde bzw. der Beschwerdeergänzung erkennen ließ, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war sie gemäß Paragraph 35, Absatz eins, VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1993:1993160119.X00

Im RIS seit

22.10.2001

Zuletzt aktualisiert am

08.02.2010

Dokumentnummer

JWT_1993160119_19931007X00

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